Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2015 - 11 B 15.50111

published on 17/08/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2015 - 11 B 15.50111
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Verwaltungsgericht Würzburg, W 7 K 14.30090, 15/12/2014

Gericht

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Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Dezember 2014 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Beschluss ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige und reisten mit einem von der Tschechischen Botschaft in Donezk ausgestellten Schengen-Visum (gültig vom 5.5.2011 bis 2.6.2011) am 5. Mai 2011 in die Tschechische Republik ein. Sie reisten am 6. Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland weiter und stellten am 26. Mai 2011 Asylanträge. Als Asylgründe gaben sie an, der Kläger zu 1 leide an gesundheitlichen Problemen und die wirtschaftliche Situation sei sehr schwierig. Mit Bescheid vom 13. September 2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung in die Tschechische Republik an. Die Kläger wurden in der Folgezeit in die Tschechische Republik rücküberstellt und führten dort ein Asylverfahren durch, das nach ihren Angaben am 21. Februar 2013 negativ abgeschlossen wurde.

Am 24. Februar 2013 reisten sie erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 25. Februar 2013 Anträge auf Asyl. Bei der Anhörung zu den Gründen ihres Asylfolgeantrags am 25. Februar 2013 gaben sie an, sie seien aufgrund eines Geschäfts zwischen einem deutschen und ukrainischen Unternehmen, dessen Manager der Kläger zu 1 gewesen sei, erpresst und bedroht worden. Es sei in Deutschland noch ein Gerichtsverfahren zwischen den Unternehmen anhängig. Der Kläger zu 1 sei im Besitz von Informationen über tatsächliche Gründe, warum das Geschäft nicht zustande gekommen sei, die im Gericht nicht zur Sprache gekommen seien. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen an die Tschechische Republik. Die tschechischen Behörden stimmten am 18. Dezember 2013 der Rückübernahme der Kläger nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO zu.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 lehnte das Bundesamt die erneuten Anträge auf Durchführung von Asylverfahren ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung in die Tschechische Republik an (Nr. 2). Die Tschechische Republik sei für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig. Es seien keine außergewöhnlichen humanitären Gründe ersichtlich, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben. Die Asylanträge würden materiell nicht geprüft.

Mit Beschluss vom 26. Februar 2014 ordnete das Verwaltungsgericht Würzburg die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 27. Januar 2014 erhobenen Klage an (Az. W 7 S 14.30091).

Im Klageverfahren beantragten die Kläger zuletzt, den Bescheid vom 27. Januar 2014 aufzuheben. Mit dem angefochtenen Urteil gab das Verwaltungsgericht diesem Antrag statt. Es liege eine unangemessen lange Verfahrensdauer vor, die zu einem Anspruch der Kläger auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO führe. Zwar gäbe es für ein Wiederaufnahmeersuchen in der Dublin II-VO keine Frist, die Beklagte habe aber keinerlei Ausführungen zur Ursache der langen Bearbeitungszeit gemacht und auch keine Ermessenserwägungen nachgeschoben, weshalb sie trotz der langen Verfahrensdauer davon absehe, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Es bestehe daher eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Die Verpflichtung zum Selbsteintritt bedeute dabei ausschließlich, dass der Asylantrag der Kläger durch die Beklagte zu prüfen sei. Handele es sich um einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG, müsse die Beklagte zuerst prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen und sich dazu Kenntnis vom Inhalt des Asylvorbringens in Tschechien verschaffen und eine Anhörung der Kläger zu ihrem materiellen Asylvorbringen durchführen.

Mit Beschluss vom 30. April 2015 (11 ZB 14.50038) hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung wegen Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung zugelassen.

Die Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, die Kläger könnten nach der Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats zur Wiederaufnahme ihrer Überstellung in diesen Mitgliedstaat nur mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten. Solche Mängel würden in der Tschechischen Republik aber nicht vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Asylbegehren der Kläger stütze sich auf Ereignisse, die erst nach dem 21. Februar 2013 und damit nach Abschluss des Asylverfahrens in der Tschechischen Republik eingetreten seien. Die Beklagte habe diese Ereignisse nie bestritten, der diesbezügliche Vortrag sei daher als wahr zu unterstellen. In der Tschechischen Republik lägen darüber hinaus systemische Mängel im Asylverfahren vor, da ein rechtsstaatliches Verfahren dort nicht durchgeführt worden sei. Den Klägern sei ein Merkblatt ausgehändigt worden, dass sie bei einer weiteren Antragstellung sofort abgeschoben werden würden. Es habe daher keine Chance bestanden, die neuen Asylgründe einer effektiven Überprüfung zuzuführen. Die Anwendung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2014 (13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628) führe im Falle der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu unerträglichen Ergebnissen und zu einer Verletzung der Kläger in ihren Grundrechten aus Art. 16a GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Sie seien schlechter gestellt, als wenn sie kein Rechtsmittel eingelegt hätten. Die Kläger hätten darauf vertraut, dass die Beklagte nach so langer Zeit ihr Selbsteintrittsrecht ausüben werde.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2015 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung nach § 130a VwGO angehört und die Erkenntnisquellen zur Situation in der Tschechischen Republik gemäß der Liste vom 16. Juli 2015 in das Verfahren eingeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Über die Berufung konnte das Gericht durch Beschluss nach § 130a VwGO entscheiden, da die Beteiligten dazu angehört wurden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ist der Bescheid des Bundesamts vom 27. Januar 2014 rechtmäßig und die Klage deshalb unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Dezember 2014 abzuweisen.

I. Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Kläger durch den Bescheid vom 27. Januar 2014 nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Asylbegehren der Kläger nach § 27a AsylVfG behandelt hat und der Bescheid in seiner Nr. 1 eine Ablehnung der Asylbegehren als unzulässig beinhaltet, denn die Beklagte hat die Zuständigkeit der Tschechischen Republik für die Durchführung der Asylverfahren angenommen und ausdrücklich keine materielle Prüfung durchgeführt.

Ein Asylantrag ist nach § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich z. B. aus den Kriterien in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergeben. Hier ist nach der Dublin II-VO die Tschechische Republik nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig. Besitzt der Asylbewerber zum Zeitpunkt der Stellung des Asylantrags (Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO) ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung seines Asylantrags zuständig, der dem Asylbewerber das Visum erteilt hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Kläger erhielten von der Tschechischen Botschaft in Donezk für den Zeitraum 5. Mai 2011 bis 2. Juni 2011 gültige Schengen-Visa, mit denen sie in die Europäische Union eingereist sind und stellten am 26. Mai 2011 erstmals Asylanträge. Nachdem für die Kläger auch ein Asylverfahren in der Tschechischen Republik durchgeführt wurde, sind für das Verfahren zur Wiederaufnahme die Vorschriften des Art. 16 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 20 Dublin II-VO anwendbar.

2. Die Kläger können der Überstellung in die Tschechische Republik auch nicht damit entgegentreten, dass ihnen ein Anspruch auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zustehe oder die Beklagte aus anderen Gründen zuständig geworden sei, denn die Tschechische Republik hat der Überstellung zugestimmt (a), es bestehen keine systemischen Mängel im Asylsystem in Tschechien (b), eine von Grundrechten überlagerte Ausnahmesituation ist nicht gegeben (c) und die Überstellungsfrist ist nicht abgelaufen (d).

a) Nach der Zustimmung eines gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaats zur Überstellung eines Asylbewerbers kann dieser der Überstellung nur noch mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem aufnehmenden Mitgliedstaat entgegentreten (vgl. zu Art. 10 Abs. 2 Dublin II-VO EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60; vgl. auch BVerwG, B.v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628 Rn. 37). Weitere Überprüfungsmaßnahmen würden das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entgegen den wohlverstandenen Interessen des Asylbewerbers und der Mitgliedstaaten verzögern, ohne dass ersichtlich wäre, welche Nachteile dem Asylbewerber daraus erwachsen könnten, dass er in den nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaat überstellt wird. Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats hat der Asylbewerber insbesondere keinen Anspruch darauf, dass sein Asylbegehren in dem von ihm gewünschten Mitgliedstaat geprüft wird. Eine Rechtsverletzung des Asylbewerbers durch die Bestimmung eines zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO ist deshalb ausgeschlossen, solange dort keine systemischen Mängel im Asylsystem bestehen. Dieses Ergebnis wird auch durch Sinn und Zweck der Dublin II-VO getragen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll die Dublin II-VO insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf der Annahme beruht, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten. Aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens soll die Behandlung der Asylanträge rationalisiert und verhindert werden, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen (EuGH, U.v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 52 f.). Dies bezweckt hauptsächlich, dass die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigt wird (EuGH, U.v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 53). Sind sich die beteiligten Mitgliedstaaten im Falle des Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO einig, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, dann ist ein Anspruch des Asylbewerbers auf eine abweichende Entscheidung regelmäßig nicht gegeben, da damit nur eine weitere Verzögerung der Behandlung seines Asylbegehrens einhergehen würde. Ein solcher Fall liegt hier vor, da die Tschechische Republik gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig ist und ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme gegeben hat.

b) Es besteht auch keine Pflicht der Beklagten, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin II-VO fortzusetzen und ggf. eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin II-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem der Tschechischen Republik bestehen nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCH) ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B.v. 6.6.2014 a. a. O. Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (OVG Lüneburg, B.v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 - juris).

Die Kläger haben im Berufungsverfahren keine systemischen Mängel im tschechischen Asylsystem dargelegt. Soweit sie vortragen, sie hätten bei Abschluss des Asylverfahrens ein Dokument ausgehändigt bekommen, wonach bei einer weiteren Antragstellung eine sofortige Abschiebung drohe, sind damit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens dargelegt. Nach Art. 7 Abs. 2 der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Asylverfahrens der Kläger in Tschechien geltenden Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (RL 2005/85/EG ABl L 326 S. 13) kann eine Ausnahme von der Berechtigung zum Verbleib im Mitgliedstaat während der Prüfung des Antrags gemacht werden, wenn gemäß den Art. 32 und 34 der RL 2005/85/EG ein Folgeantrag nicht weiter geprüft wird. Es stellt keinen Mangel im Asylverfahren dar, wenn ein Mitgliedstaat von dieser Ausnahmemöglichkeit Gebrauch macht und die Asylbewerber darauf hinweist. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Tschechische Republik die RL 2005/85/EG (oder die zum 20.7.2015 teilweise umzusetzende Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABl L 180 S. 60) nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat oder das Verfahren nicht nach den entsprechenden nationalen Bestimmungen durchgeführt wird.

Auch den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lassen sich gravierende Mängel im Asylverfahren der Tschechischen Republik nicht entnehmen. Der „Country Report on Human Rights Practices 2014 - Czech Republic“ des US Department of State stellt fest, dass die Dauer des Asylverfahrens im Vergleich der letzten Jahre weiter reduziert werden konnte. Es gäbe aber noch Berichte hinsichtlich überlanger Inhaftierungen vor Abschiebungen oder freiwilliger Ausreise, wobei zwei konkrete Fälle genannt werden. In dem Bericht des UNHCR vom April 2012 „Excerpts of Concluding Observations and Recommendations from UN Treaty Monitoring bodies - Universal Periodic Review: Czech Republic” wird ausgeführt, durch die letzte Rechts-änderung seien Fortschritte bei der Inhaftierung von minderjährigen Asylsuchenden gemacht worden. Allerdings gäbe es noch Defizite beim Zugang zur Schulbildung für unter 16-Jährige. Der weitere Bericht des UNHCR vom April 2012 „Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Czech Republik” empfiehlt ebenfalls, die Regularien hinsichtlich der Inhaftierung zu überarbeiten, um sicherzustellen, dass Asylsuchende und insbesondere minderjährige Asylbewerber in Zukunft nicht mehr inhaftiert werden.

Bezüglich der Inhaftierung von Asylbewerbern sind dem „Synthesis Report - The Use of Detention and Alternatives to Detention in the Context of Immigration Policies, 2014“ des European Migration Network (weiterhin Synthesis Report - Detention) wesentliche Verbesserungen in der Tschechischen Republik zu entnehmen. In den Unterbringungseinrichtungen sind die medizinische Versorgung, Freizeitmöglichkeiten, Schulbildung und Kontakt mit Rechtsanwälten gewährleistet (Synthesis Report - Detention: Annex 3 Detention conditions and other quality criteria, Table A3.B). Unbegleitete minderjährige Asylbewerber dürfen nicht inhaftiert werden (Synthesis Report - Detention, Nr. 3.2.1). Auch andere schutzbedürftige Personen (z. B. Familien mit behinderten Kindern, Schwangere) werden nicht inhaftiert (Synthesis Report - Detention, Nrn. 3.2.2 bis 3.2.4). Insgesamt ist die Zahl der inhaftierten Drittstaatsangehörigen in der Tschechischen Republik von 1.177 im Jahr 2009 kontinuierlich zurückgegangen. Im Jahr 2012 waren noch 320 und im Jahr 2013 352 Personen inhaftiert (Synthesis Report - Detention, Annex 4 Statistics, Table A4.A) und auch die Inhaftierungsdauer ist auf 51 Tage im Jahr 2013 gesunken (Synthesis Report - Detention Annex 4 Statistics, Table A4.C). Demgegenüber ist die Zahl der Asylbewerber von 2010 bis 2013 relativ konstant geblieben ist (vgl. EASO, Annual Report on the Situation of Asylum in the European Union, July 2015, Annex D1).

Es ist damit nicht ersichtlich, dass im Asylsystem der Tschechischen Republik systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den tschechischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen der Asylsuchenden führen würden.

c) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Kläger einzutreten oder erneut über einen Selbsteintritt zu entscheiden. Insbesondere ergibt sich eine solche Pflicht nicht daraus, dass die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zehn Monate gedauert hat. Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 37). Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, muss im Falle der Unmöglichkeit der Überstellung eines Antragstellers an den ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständig bestimmten Mitgliedstaat nur darauf achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird und erforderlichenfalls den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 35). Mit dieser Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, denn hier ist - wie oben ausgeführt - die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nach der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats unmöglich geworden, sondern weiterhin möglich.

Selbst wenn durch die lange Dauer des Verfahrens bis zur Bestimmung der Tschechischen Republik als zuständigen Mitgliedstaat eine Verschlimmerungen von Grundrechtsverletzungen der Kläger eingetreten wäre, hätte sich diese Situation durch die nunmehr erfolgte Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erledigt. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung könnte durch die lange Verfahrensdauer nicht mehr hervorgerufen werden, denn nunmehr steht der zuständige Mitgliedstaat fest und das Verfahren kann zügig fortgesetzt werden. Weitere Maßnahmen nach der Bestimmung und Zustimmung des zuständigen Mitgliedstaats würden das Verfahren nur weiter verzögern und damit den Interessen aller Beteiligten an einem zügigen Verfahren zuwider laufen. Im Übrigen ist für eine nur ausnahmsweise anzunehmende Pflicht zum Selbsteintritt auch erforderlich, dass nicht nur die Verletzung von Verfahrensrechten im Raum steht, sondern der Betreffende durch die lange Verfahrensdauer auch in anderen Grundrechten verletzt wird.

Die Beklagte hat auch keinen dahingehenden Vertrauenstatbestand gesetzt, dass sie aufgrund des längeren Zeitablaufs bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs an die Tschechische Republik nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst eintreten werde. Woraus die Kläger ein solches Vertrauen ableiten möchten ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO ist noch nicht abgelaufen, da das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2014 (W 7 S 14.30091) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat. Die Überstellungsfrist beginnt nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO mit der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Damit beginnt die Überstellungsfrist im zweiten Fall erst zu laufen, wenn über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden ist und der Durchführung der Überstellung keine Gründe entgegenstehen (vgl. EuGH, U.v. 29.1.2009 - C-19/08 „Petrosian“ - Slg. 2009, I-495 Rn. 42 ff.). Dies ist erst der Fall, wenn Rechtskraft eingetreten ist (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 - 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 Rn. 33).

Durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sind die Kläger auch nicht schlechter gestellt als andere Asylbewerber. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat zur Folge, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollstreckt werden kann und eine Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat deshalb bis zur rechtskräftigen Entscheidung ausscheidet. Die Kläger müssen nicht in einem anderen Mitgliedstaat den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten. Eine Verletzung von Art. 16a Abs. 1 GG, auf den sich die Kläger in der vorliegenden Konstellation im Übrigen schon nach Art. 16a Abs. 2 GG nicht berufen können, und Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht ersichtlich.

3. Soweit die Kläger vortragen, sie machten nach Abschluss des Asylverfahrens in der Tschechischen Republik entstandene Asylgründe geltend und die Gründe müssten als wahr unterstellt werden, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Die Kläger haben einen Anfechtungsantrag gestellt und begehren die Aufhebung des Bescheids vom 27. Januar 2014. Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens sind deshalb nicht entscheidungserheblich. Es ist daher in jedem Fall die Aufgabe der Behörden des zuständigen Mitgliedstaats, anhand des Vorbringens der Kläger zu prüfen, ob nachträglich entstandene oder bekannt gewordene Gründe für ein Wiederaufgreifen des rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahrens vorliegen.

4. Auch die Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids ist nach § 34a AsylVfG rechtmäßig, denn die Kläger sollen in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat abgeschoben werden und der Abschiebung stehen keine Hindernisse entgegen.

II.

Die Kosten beider Instanzen sind nach § 154 Abs. 1 VwGO von den Klägern zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

III.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.