Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 25. Apr. 2019 - W 8 S 19.50295

bei uns veröffentlicht am25.04.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die unter Nr. 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 1. April 2019 verfügte Abschiebungsanordnung bis acht Wochen nach der Entbindung der Antragstellerin am 9. März 2019 wird angeordnet (konkret: bis 4. Mai 2019).

Im Übrigen wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist armenische Staatsangehörige. Sie reiste am 1. März 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 8. März 2019 einen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 19. März 2019 hin erklärten sich die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 29. März 2019 für zuständig.

Mit Bescheid vom 1. April 2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung in die Tschechische Republik wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Am 10. April 2019 erhob die Antragstellerin zu Protokoll der Urkundsbeamtin im Verfahren W 8 K 19.50294 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte im vorliegenden Verfahren:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Zur Begründung brachte die Antragstellerin vor: Sie sei Mutter eines drei Wochen alten Babys. Ihr Ehemann, mit dem sie kirchlich verheiratet sei, lebe mit ihnen hier in Schweinfurt. Er selbst habe noch keine Entscheidung des Bundesamtes erhalten. Sie könne nicht verstehen, weshalb sie allein in die Tschechische Republik zurückkehren solle, während ihr neugeborenes Baby und ihr Ehemann hier bleiben könnten. In Tschechien habe sie ihr erstes Kind in der 20. Schwangerschaftswoche verloren, weil sie unter immensem Stress gestanden habe, da sie in Tschechien von den Leuten aus Armenien, die sie töten wollten, ausfindig gemacht worden sei. Sie sie Operationsschwester in einem Krankenhaus gewesen und habe gesehen, wie ihr Chef, ein Oligarch, vor zwei Jahren einen Mann in seinem Arbeitszimmer erstochen habe. Sie sei daraufhin bei der Polizei gewesen. Das Problem sei jedoch gewesen, dass ihr Chef und die Polizisten gemeinsame Sache gemacht hätten. Sie habe also keine Chance gegen den Chef gehabt. Da man ihr gedroht habe, sie wegen des Gesehenen umzubringen, sei sie aus Armenien in die Tschechische Republik geflüchtet. Dort habe sie dann im Mai 2018 in Prag die Menschen gesehen, die sie aus den vorgenannten Gründen hätten töten wollen. Es seien die ihr von der Krankenhauszeit bereits bekannten Personenschützer ihres Chefs gewesen. Vor lauter Stress habe sie dann ihr Baby verloren. Sie könne daher weder nach Armenien noch in die Tschechische Republik zurück. Sie habe sehr große Angst. Es falle ihr schwer darüber zu reden. Beim Bundesamt habe sie bislang nur erzählt, dass sie ihr Baby verloren habe, nicht aber die Umstände, die dazu geführt hätten. Sie sei auch nicht danach gefragt worden. Ihr Kind sei in Deutschland geboren. Es könne daher nicht in das Land zurück (Tschechien), mit dem es nichts zu tun habe.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 10. April 2019, den Antrag abzulehnen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.50294) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Antragstellerin ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheids vom 1. April 2019 begehrt.

Soweit der Antrag zulässig ist (betreffend Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids), ist er nur im tenorierten Umfang begründet; im Übrigen ist er unbegründet.

Vorliegend besteht ein zeitweises inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hat.

Denn von einer Reiseunfähigkeit ist bis zu einem Zeitraum von acht Wochen nach der Entbindung (hier: Freitag, 9.3.2019) auszugehen, also bis Freitag, den 4. Mai 2019.

Die Bestimmungen über die Mutterschutzfristen im Mutterschutzgesetz (vgl. § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG) sind bei der Frage der rechtlichen Durchführbarkeit einer Abschiebung entsprechend heranzuziehen, so dass im Zeitraum von acht Wochen nach der Entbindung grundsätzlich ein Abschiebungshindernis besteht. Hierdurch sollen Gefahren für Mutter und Kind aufgrund der mit einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung verbundenen physischen und psychischen Belastung vermieden werden. Die Wertungen des Mutterschutzgesetzes sind im Rahmen der Durchführbarkeit von Abschiebungen zu berücksichtigen. Mit dem Beschäftigungsverbot innerhalb der Mutterschutzfrist korreliert ein Abschiebungsverbot, da die psychische und physische Belastung einer Schwangeren in dieser Zeit derart enorm ist, dass es durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung zu einer ernsthaften Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Mutter wie auch des (ungeborenen) Kindes kommen kann (vgl. VG Lüneburg, B.v. 31.1.2019 - 8 B 206/18 - juris; VG Würzburg, B.v. 7.12.2018 - W 10 S 18.50560; B.v. 17.9.2018 - W 2 S 18.50430 - juris; VG Würzburg, B.v. 20.6.2017 - W 8 S 17.50326 - juris; VG München, B.v. 23.8.2018 - M 26 S 18.52227 -juris; VG Düsseldorf, B.v. 30.06.2017 - 8 L 203/17.A - juris; jeweils m.w.N.). Im Hinblick auf Art. 1, 2 und 6 GG ergibt sich aus der vorübergehenden Reiseunfähigkeit der Antragstellerin ein temporäres Abschiebungshindernis auch für das neugeborene Kind.

Da die Reiseunfähigkeit der Antragstellerin lediglich temporär ist und nicht zu einem absoluten Abschiebungshindernis führt, war dem Antrag nur teilweise stattzugeben, soweit die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung für den Zeitraum der Mutterschutzfrist (acht Wochen nach Entbindung am Freitag, den 9.3.2019, also bis Freitag, den 4.5.2019) begehrt.

Soweit die Antragstellerin über die Acht-Wochen-Frist hinaus die Aussetzung der Vollziehung ihrer Abschiebungsanordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens begehrt, bleibt der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hingegen ohne Erfolg.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 1. April 2019 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 im Übrigen rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.

Tschechien ist für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß den Vorschriften der Dublin III-VO zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Tschechiens ergibt sich vorliegend aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO ist der zuständige Mitgliedstaat verpflichtet, einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, wiederaufzunehmen. Die Antragstellerin hat bereits in der Tschechischen Republik einen Asylantrag gestellt und ist vor dessen Entscheidung in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Somit ist die Tschechische Republik verpflichtet, die Antragstellerin wiederaufzunehmen. Die tschechischen Behörden haben auch ausdrücklich ihre Zuständigkeit und ihre Bereitschaft zur Übernahme der Antragstellerin erklärt.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u.a. - NVwZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das tschechische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta (GRCharta) ausgesetzt wären.

Voraussetzung für das Vorliegen systemischer Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO ist, dass die bereits angesprochenen Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK nicht nur in Einzelfällen vorliegen, sondern strukturell bedingt sind. Deshalb liegen systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO erst dann vor, wenn die Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat so defizitär sind, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Von solchen systemischen Schwachstellen im tschechischen Asylsystem ist nach den vorliegenden Erkenntnissen (vgl. nur BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Tschechische Republik, vom 11.4.2018) nicht auszugehen (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2015 - 11 B 15.50111 - juris sowie VG Magdeburg, U.v. 19.10.2017 - 9 A 152/17 - juris; VG Aachen, B.v. 17.8.2017 - 2 L 962/17.A - juris; VG Gelsenkirchen,B.v. 29.6.2017 - 6a L 1878/17.A; VG Ansbach, U.v. 21.1.2016 - AN 14 K 15.50615 - juris; jeweils m.w.N.).

Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ermessensfehlerhaft keinen Gebrauch von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO gemacht hat.

Insbesondere ergibt sich auch nicht aus einer Familienzusammengehörigkeit im Sinne von Art. 10 Dublin III-VO eine Zuständigkeit Deutschlands. Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben nicht standesamtlich verheiratet; vielmehr hätten ihr Lebensgefährte und sie in Tschechien kirchlich geheiratet. Dies macht die Antragstellerin indes nicht zur Familienangehörigen im Sinne der Dublin III-VO. Hierunter falle nach Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO der Ehegatte des Antragstellers oder sein nicht verheirateter Partner, der mit ihm eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedsstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich vergleichbar behandelt werden wie verheiratete Paare. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Antragstellerin ist nicht der Ehegatte ihres Lebensgefährten im Sinne dieser Vorschrift. Sie hat bei ihrer behördlichen Anhörung selbst angegeben, nicht verheiratet zu sein. Nur eine kirchliche Trauung sei erfolgt, aber keine standesamtliche. Die Antragstellerin hat auch im gerichtlichen Verfahren angegeben, „nur“ kirchlich verheiratet zu sein. Danach ist nicht ersichtlich, geschweige denn nachgewiesen, dass es sich bei der kirchlichen Eheschließung um eine nach Maßgabe ausländischer Rechtsordnungen ordnungsgemäß begründete, d.h. eine nach religiösen Bestimmungen geschlossene und von einem anderen Staat anerkannte Ehe handelt. Auch wenn die Antragstellerin offenbar eine dauerhafte Beziehung mit ihrem Lebensgefährten führt, werden nach deutschem Recht bzw. den hiesigen Gepflogenheiten nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich nicht genauso behandelt wie verheiratete Paare. Sowohl im Rahmen des Familienasyls nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als auch im Aufenthaltsrecht ist eine anerkannte Eheschließung erforderlich; eheähnliche Beziehungen reichen nicht aus. Der Schutz des Art. 6 GG greift nur bei rechtsgültig geschlossenen, staatlich anerkannten Ehen, nicht hingegen bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften (so ausdrücklich OVG NRW, B.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris m.w.N. zur Rechtsprechung). Bei dieser Sachlage ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass keine außergewöhnlichen Gründe vorliegen, die sie veranlassen könnten, ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, nicht zu beanstanden (VG Würzburg, B.v. 8.6.2017 - W 8 S 17.50313 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 15.12.2016 - 13 L 3994/16.A - juris).

Abschiebungsverbote hinsichtlich Tschechien nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG bestehen ebenfalls nicht.

Hinsichtlich der vorgetragenen Bedrohungen der Antragstellerin durch die Personenschützer ihres ehemaligen Chefs, die sie auch in Prag gefunden hätten und sie töten wollten, führt nicht zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot. Die Antragstellerin hat weder Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche ersichtlich, dass sie die tschechischen Sicherheitsbehörden um Hilfe ersucht hätte, noch, dass die tschechischen Sicherheitsbehörden nicht in der Lage oder willens wären, sie zu schützen, zumal in der Tschechischen Republik ein rechtsstaatliches System existiert (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Tschechische Republik, vom 11.4.2018).

Auch ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ist nicht gegeben.

Wie bereits ausgeführt besteht zwischen der Antragstellerin und ihrem Lebenspartner keine zivilrechtlich wirksame Ehe und damit auch kein Anspruch auf Wahrung der Familieneinheit, weil der Lebensgefährte kein Familienangehöriger der Antragstellerin im Sinne des Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO ist.

Die Abschiebung ist auch nicht nach § 60a Abs. 2 AufenthG aus rechtlichen Gründen aufgrund der Verlobung bzw. kirchlichen Trauung der Antragstellerin unmöglich, da die Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG lediglich für rechtlich anerkannte, bestehende und gelebte Ehen, nicht jedoch für Verlöbnisse gelten. Eine Ausnahme wegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK kann nur in Betracht kommen, wenn die standesamtliche Eheschließung unmittelbar bevorsteht (VG Stuttgart, B.v. 29.6.2018 - A 5 K 16619/17 - juris). Insofern hat die Antragstellerin nicht substanziiert unter Vorlage von aussagekräftigen Belegen vorgebracht, dass eine Hochzeit etwa unmittelbar bevorsteht (vgl. VG Würzburg, B.v. 19.2.2019 - W 8 S 19.50120 - juris).

Hinsichtlich des dem Bundesamt mittlerweile formell angezeigten Kindes erfasst die Zustimmung der Tschechischen Republik vom 29. März 2019 nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO auch das nachgeborene Kind. Seine Situation ist untrennbar mit der Situation der Antragstellerin verbunden. Das Kind kann daher im Familienverbund mit überstellt werden.

Die Anwesenheit des (angeblichen) Vaters des Kindes und Lebensgefährten der Antragstellerin in Deutschland steht der Abschiebung nach Tschechien rechtlich ebenfalls nicht entgegen. Denn abgesehen davon, dass der Vater zurzeit nicht in einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Antragstellerin und dem Kind zusammen lebt, sondern sich in der Aufnahmeeinrichtung in Bamberg aufzuhalten hat, und abgesehen davon, dass seitens des Vaters bislang weder Vaterschafts- noch Sorgerechtserklärung vorliegen, befindet sich der Vater ebenfalls im Dublin-Verfahren (Folgeverfahren). Die Tschechische Republik hat auf ein Übernahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland vom 3. April 2019 mit Schreiben von 5. April 2019 ihre Bereitschaft zur Übernahme des Vaters/Lebensgefährten erklärt. Infolgedessen könnte der Vater zusammen mit der Antragstellerin und dem Kind nach Tschechien überstellt werden.

Schließlich sind auch keine weitergehenden inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit - über acht Wochen nach der Entbindung hinaus - wurde von der Antragstellerin nicht substanziiert geltend gemacht, geschweige denn in qualifizierte Weise ärztlich bescheinigt.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher für die Zeit nach dem 4. Mai 2019 abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO und § 83b AsylG. Die Antragsgegnerin ist nur zu einem geringen Teil unterlegen, weil das temporäre Abschiebungshindernis ausgehend von der Niederkunft am 9. März 2019 nur noch für einige Tage bis 4. Mai 2019 besteht.

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(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. Sie kann die Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis oder dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt. Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend.

(2) Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist nach der Entbindung). Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen

1.
bei Frühgeburten,
2.
bei Mehrlingsgeburten und,
3.
wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird.
Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nach Satz 1 oder nach Satz 2 um den Zeitraum der Verkürzung der Schutzfrist vor der Entbindung nach Absatz 1 Satz 4. Nach Satz 2 Nummer 3 verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nur, wenn die Frau dies beantragt.

(3) Die Ausbildungsstelle darf eine Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(4) Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn

1.
die Frau dies ausdrücklich verlangt und
2.
nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht.
Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigen. Er darf sie an Sonn- und Feiertagen nur dann beschäftigen, wenn

1.
sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
2.
eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes zugelassen ist,
3.
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
4.
insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht an Sonn- und Feiertagen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen teilnehmen lassen, wenn

1.
sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
2.
die Teilnahme zu Ausbildungszwecken zu dieser Zeit erforderlich ist,
3.
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
4.
insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer von der Antragsgegnerin verfügten Abschiebungsanordnung nach Frankreich.

1. Die am … … 1996 geborene Antragstellerin ist nigerianische Staatsangehörige, dem Volk der Bini zugehörig und christlichen Glaubens. Sie reiste eigenen Angaben zufolge am 22. Oktober 2018 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. Oktober 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) vor. Am 8. November 2018 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Frankreich. Die französischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 22. November 2018 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO.

Im Rahmen des persönlichen Gesprächs vor dem Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrages vom 30. Oktober 2018 gab die Antragstellerin unter anderem an, sie habe ihr Herkunftsland erstmalig Ende 2012 verlassen und habe in Frankreich am 6. Februar 2016 internationalen Schutz beantragt, der jedoch abgelehnt worden sei. Sie habe in Frankreich für eine „Madame“ als Prostituierte gearbeitet. Diese habe ihre Ausreise aus Nigeria organisiert, wofür sie ihr noch Geld schulde. Sie habe der Madame einen „Juju - Schwur“ geleistet, dass sie nie den Namen der Madame an die Polizei weitergeben werde, nicht weglaufen werde und das geschuldete Geld zurückzahlen müsse, andernfalls werde sie sterben. Die Madame habe sie geschlagen und ihr gedroht, sie umzubringen, wenn sie ihr kein Geld gebe. Sie habe entkommen können und sei nach Deutschland geflüchtet. Die Antragstellerin gab weiterhin an, schwanger zu sein.

Mit Bescheid vom 27. November 2018, der Antragstellerin zugestellt am 29. November 2018, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2) und ordnete die Abschiebung der Antragstellerin nach Frankreich an (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da Frankreich aufgrund des dort gestellten und angelehnten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO zuständig sei. Sollte die Antragstellerin entgegen der bisherigen Erkenntnislage in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten haben, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit der Asylanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach Erkenntnissen des Bundesamts nicht vor. Die Gefährdungssituation der Antragstellerin sei im Vergleich zu Deutschland nicht höher einzustufen, da eine weitere Kontaktaufnahme durch die Madame nicht zu erwarten sei. Es lägen dem Bundesamt auch keine Anhaltspunkte einer mangelnden Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des französischen Staates vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Frankreich führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorläge, da die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nicht erfüllt seien. Ebenso fehlten Gründe für eine Annahme, dass bei Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 4 EU-Grundrechtecharta vorläge. Weiterhin bestünden in Frankreich keine systemischen Mängel, welche die Sicherheitsvermutung widerlegen würden. Die dortigen Aufnahmeeinrichtungen entsprächen internationalen Standards, ein Zugang zum Asylverfahren, zu medizinischer Versorgung sowie juristischer Unterstützung sei gewährleistet. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Bescheid vom 27. November 2018 Bezug genommen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 5. Dezember 2018 zur Niederschrift des Urkundsbeamten Klage (W 10 K 18.50559) und beantragte zugleich im vorliegenden Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung verweist die Antragstellerin insbesondere auf ihre beim Bundesamt vorgetragenen Gründe.

Wegen der Ausführungen der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt, die Akten im Verfahren W 10 K 18.50559, die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

II.

Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids betrifft, ist er zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung nach Frankreich ist zulässig. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anordnen. Eine Klage gegen die Abschiebungsanordnung entfaltet von Gesetzes wegen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag ist daher statthaft und wurde innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt.

2. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids keine Zweifel. Das Gericht geht davon aus, dass in Frankreich zum aktuellen Zeitpunkt keine systemischen Mängel bestehen, die zu einer Unmöglichkeit der Überstellung führen würden (unter b)). Im Falle der Antragstellerin besteht voraussichtlich auch kein Abschiebungshindernis (unter c)). Daher überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerin in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Bewertung.

a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Absatz 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Lässt sich anhand dieser Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Die Antragstellerin hat ausweislich des in der Behördenakte befindlichen Eurodac-Treffers bereits in Frankreich einen Asylantrag gestellt, so dass die französischen Behörden für die Prüfung des Antrags zuständig sind. Daher haben sich die französischen Behörden unter Verweis auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO mit der Rücküberstellung der Antragstellerin nach Frankreich einverstanden erklärt.

Da das Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO an Frankreich gerichtet wurde, ist die Zuständigkeit auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen. Auch auf Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin III-VO ergibt sich keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin.

b) Ein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht aus der rechtlichen Unmöglichkeit der Überstellung nach Frankreich. Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO besteht ein Überstellungshindernis, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem zu überstellenden Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU - Grundrechtecharta mit sich bringen. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das in Art. 4 der EU - Grundrechtecharta enthaltene Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von fundamentaler Bedeutung ist und aufgrund der engen Verbindung zur Achtung der Würde des Menschen (Art. 1 der EU - Grundrechtecharta) und seines daraus resultierenden absoluten Charakters auch in Dublin - Verfahren vollumfänglich beachtet werden muss (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417; U.v. 5.4.2016 - C-404/15, C-659/15 - NJW 2016, 1709 Rn. 85, 86; U.v. 16.2.2017 - C-578/16 - NVwZ 2017, 691 Rn. 59).

Das gemeinsame Europäische Asylsystem fußt auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“ bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 79). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80). Hierbei handelt es sich zwar um eine widerlegliche Vermutung. Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind allerdings hoch. Im Hinblick auf das Ziel der Dublin III-VO, zügig und effektiv den für das Asylverfahren zuständigen Staat zu bestimmen, können geringfügige Verstöße hierfür nicht ausreichen. Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss vielmehr ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller defizitärer Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU - Grundrechtecharta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 29.1.2018 - 10 LB 82/17 - juris Rn. 34 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem zu überstellenden Mitgliedstaat nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR,B.v. 2.4.2013 - 27725/10 - ZAR 2013, 336, 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthalte, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihnen dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Dublin - Überstellung stünden nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.

Entsprechend vorstehender Ausführungen geht das Gericht auf Basis einer Gesamtwürdigung nach dem aktuellen Erkenntnisstand und im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) - auch unter Berücksichtigung der Schwangerschaft der Antragstellerin - nicht davon aus, dass das Asylverfahren in Frankreich unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung der durch Art. 4 der EU - Grundrechtecharta gewährleisteten Rechte führen.

Frankreich ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat im Sinne der Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylG. Es ist davon auszugehen, dass das Asylrecht in Frankreich im Wesentlichen internationalen und europäischen Standards entspricht. Asylbewerber haben in Frankreich entsprechend dem Grundrecht auf Asyl Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten.

Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf eine monatliche Beihilfe sowie kostenlose medizinische Versorgung, sobald die Asylbewerber die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten. Die Versorgungsleistungen stehen in gleicher Weise auch Dublin - Rückkehrern zur Verfügung. Solange sich die Asylbewerber in Frankreich aufhalten, besteht dieser Anspruch auch noch nach Ablehnung des Asylantrags weiter. Die Gesundheitsfürsorge in Frankreich ist umfassend und auf hohem Niveau. Dem Gericht sind keine Erkrankungen bekannt, die in Frankreich nicht behandelt werden können, so dass nicht zweifelhaft ist, dass während der Schwangerschaft der Antragstellerin, auch im Falle von Komplikationen, medizinische Hilfe gewährleistet ist.

Grundsätzlich werden ausreichende Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende und Dublin - Rückkehrer in verschiedenen staatlichen Unterkünften sichergestellt. Frankreich verfügt über eine Gesamtkapazität von etwa 56.000 Unterbringungsplätzen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Frankreich, Stand: 29.1.2018 m.w.N.). Vulnerable Personen, wie beispielsweise Familien mit Kleinkindern, Schwangere oder Alte, werden in der Regel in Einrichtungen der Centre d´Accueil pour Demandeurs d´Asile (CADA) untergebracht, die es ermöglichen, besondere Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen zu berücksichtigen. Auch wenn spezifische Bedürfnisse vulnerabler Personen nicht in jedem Fall beachtet werden (können) und es in Einzelfällen zu vorübergehender Obdachlosigkeit von Asylbewerbern kommen kann, sind diese defizitären Umstände gleichwohl noch nicht als generelle systemische Mängel in Frankreich zu qualifizieren, zumal die Annahme von Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend den oben genannten Maßgaben an hohe Anforderungen geknüpft ist. Der maßgebliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit muss sich auf Basis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ergeben und sich nicht nur auf einzelne Mängel des Systems beziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der französische Staat geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Aufnahmekapazitäten auch weiterhin zu erhöhen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Frankreich, Stand: 29.1.2018 m.w.N.).

Das Gericht teilt daher die Einschätzung zahlreicher anderer Verwaltungsgerichte, dass Frankreich über ausreichende Unterbringungskapazitäten sowie ein funktionsfähiges, richtlinienkonformes Asyl - und Aufnahmeverfahren verfügt, das im Normalfall gewährleisten kann, dass Asylbewerber nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen müssen (vgl. VG Augsburg, B.v. 25.6.2018 - Au 6 S 18.50604 - juris Rn. 30; B.v. 15.5.2018 - Au 5 K 17.50557 - juris Rn. 31; VG München, U.v. 24.11.2015 - M 12 K 15.50786 - juris Rn. 36 ff.; B.v. 30.12.2015 - M 12 S 15.50773 - juris Rn. 25 ff.; B.v. 29.7.2016 - M 1 S 16.50357 - juris Rn. 15; VG Saarlouis, B.v. 4.1.2018 - 5 L 2332/17 - juris Rn. 26 ff.; VG Gelsenkirchen, B.v. 16.12.2014 - 6a L 1815/14.A - juris Rn. 10; VG Bayreuth, U.v. 18. 12. 2014 - B 3 K 14.50103 - juris Rn. 23; SächsOVG, B.v. 10.5.2016 - 5 A 380/15.A - juris Rn. 13). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Annahme systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend der obigen Ausführungen an hohe Anforderungen geknüpft ist. Weder der UNHCR noch namhafte sachverständige Institutionen oder Nicht-Regierungsorganisationen haben eine Empfehlung dahingehend ausgesprochen, Asylbewerber aufgrund der dort herrschenden Bedingungen nicht nach Frankreich zu überstellen.

Weiterhin liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten.

c) Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass im Fall der Antragstellerin zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Frankreich oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse nicht bestehen, ist nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht zu beanstanden.

Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Gestalt einer Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn entweder keine Transportfähigkeit besteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne). Eine Reiseunfähigkeit kann beispielsweise im Falle einer Risikoschwangerschaft angenommen werden, für die sich jedoch keine Anhaltspunkte aus den vorliegenden Unterlagen ergeben.

Die Schwangerschaft der Antragstellerin begründet vorliegend auch (noch) keine temporäre rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung, da sich die Antragstellerin nicht innerhalb der Mutterschutzfrist befindet. Nach § 3 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) dürfen werdende Mütter in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden; das Beschäftigungsverbot dauert in der Regel bis 8 Wochen nach der Entbindung, § 6 Abs. 1 MuSchG. Die Wertungen des Mutterschutzgesetzes sind auch im Rahmen der Durchführbarkeit von Abschiebungen zu berücksichtigen (so auch VG Würzburg, B.v. 17.9.2018 - W 2 S 18.50430 - BeckRS 2018, 28103; VG München, B.v. 23.8.2018 - M 26 S 18.52227 - BeckRS 2018, 22654). Mit dem Beschäftigungsverbot innerhalb der Mutterschutzfrist korreliert ein Abschiebungsverbot, da die psychische und physische Belastung einer Schwangeren in dieser Zeit derart enorm ist, dass es durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung zu einer ernsthaften Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Mutter wie auch des ungeborenen Kindes kommen kann. Als voraussichtlicher Entbindungstermin der Antragstellerin wurde der 24. Februar 2019 errechnet, so dass die Mutterschutzfrist vorliegend noch nicht begonnen hat und auch nicht kurz bevorsteht.

Letztlich liegen voraussichtlich auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse vor. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Soweit die Antragstellerin im Rahmen der Antragsbegründung vorträgt, sie fürchte aufgrund der Drohungen durch eine „Madame“ in Frankreich um ihr Leben und das Leben ihres ungeborenen Kindes, begründet dies kein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Dem betroffenen Ausländer muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den bezeichneten Rechtsgütern drohen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 Rn. 20). Vorliegend fehlt es an einer konkreten Gefahr. Die Antragstellerin kann sich in Bedrohungssituationen an die französischen Sicherheitsbehörden wenden. Es ist mangels abweichender Anhaltspunkte nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin durch die Polizei, deren Hilfe die Antragstellerin eigenen Angaben zufolge bisher nicht in Anspruch genommen hat, nicht ausreichend Unterstützung und Schutz erhalten würde.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch den ihrer Madame geleisteten „Juju - Schwur“ nicht fürchten muss. Ausweislich zahlreicher Presseberichte (vgl. beispielsweise https://www.nationalhelm.co/ 2018/03/ososomaye-traditional-palace-juju-used-by-oba-of-benin-to-revoke curses.html, abgerufen am 7. Dezember 2018) hat das spirituelle Oberhaupt von Benin - City, Oba Ewuare II, am 9. März 2018 in einer bedeutenden Zeremonie alle Voodoo - Schwüre gegen alle Menschenhandelsopfer aus Edo State/Nigeria, durch welche diese an den Täter gebunden werden, aufgehoben. Er verfluchte zugleich alle Juju - Priester, die in Zukunft dieses Ritual an Opfern der Menschenhändler abhalten.

Die Abschiebung der Antragsteller nach Frankreich ist somit sowohl tatsächlich möglich als auch rechtlich zulässig.

3. Da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Der Antrag war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die am … … 1980 in Bouake/Elfenbeinküste geborene Antragstellerin wurde am 6. Mai 2018 erkennungsdienstlich erfasst und äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 8. Mai 2018 schriftlich Kenntnis erlangte. Am 25. Juni 2018 stellte sie einen förmlichen Asylantrag.

Eine Eurodac-Abfrage vom 8. Mai 2018 ergab für die Antragstellerin keine Treffer. Ein Abgleich im Visa-Informationssystem ergab, dass der Antragstellerin am 16. Januar 2018 von französischen Konsulat in Abidjan ein 20 Tage gültiges Schengen-Visum ausgestellt wurde.

Im Rahmen von Anhörungen vor dem Bundesamt am 25. Juni 2018 und am 28. Juni 2018 bestätigte die Antragstellerin, dass ihr im Januar 2018 ein französisches Visum ausgestellt worden sei, mit dem sie im Januar 2018 auf dem Luftweg nach Frankreich eingereist sei. Sie habe sich nur eine Nacht in Frankreich aufgehalten und sei dann nach Deutschland weitergereist. Sie habe dort keinen Asylantrag gestellt. Sie könne in Frankreich ihre Asylgründe nicht vortragen, weil es dort viele Afrikaner aus der Elfenbeinküste gebe. Ihre Familie aus der Elfenbeinküste habe auch Kontakt zu französischen ivorischen Landsleuten. Sie wüssten Bescheid, was der Antragstellerin in der Elfenbeinküste passiert sei. Es könne sein, dass diese Leute ihrer Familie ausrichten würden, dass die Antragstellerin in Frankreich sei. Das wolle die Antragstellerin nicht. Sie sei in Deutschland schwanger geworden. Der Vater des Kindes sei seit zehn Jahren in Deutschland. Sie habe ihn in Essen kennengelernt.

Am 29. Juni 2018 stellte das Bundesamt, gestützt auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO, ein Aufnahmegesuch an Frankreich. Die französischen Behörden nahmen das Aufnahmegesuch mit Schreiben vom 10. September 2018 an.

Mit Bescheid vom 3. September 2018, der Antragstellerin am 4. September 2018 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Frankreich aufgrund des von Frankreich ausgestellten Visums für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Auf die weitere Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Am 11. September 2018 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 2 K 18.50430 Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2018 erheben und zugleich im vorliegenden Verfahren beantragen:

Die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. September 2018 zum Az.: 7486794-231 enthaltene Abschiebungsandrohung erhobene Klage wird insoweit angeordnet, als „dem Antragsteller“ darin die Abschiebung nach Frankreich angedroht wird.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wurde die Kopie einer Vaterschaftsanerkennung und gemeinsamen Sorgerechtserklärung vom 10. September 2018 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Vater des von der Antragstellerin erwarteten Kindes ein guineischer Staatsangehöriger ist, der über eine Fiktionsbescheinigung als derzeitigen Aufenthaltstitel verfügt. Errechneter Geburtstermin ist laut Sorgerechtserklärung der 23. November 2018.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Sofort- und Hauptsacheverfahren sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakte des Bundesamtes, welche dem Gericht in elektronischer Form vorliegt, Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere firstgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) erhoben, jedoch unbegründet.

Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des in der Hauptsache angefochtene Bescheid vom 3. September 2018 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) derzeit (noch) rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Somit überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen.

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dabei sind sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse (BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris) zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen oder Duldungsgründen (BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - juris). Die Voraussetzungen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung liegen hier vor. Aus der Behördenakte, insbesondere aus den Angaben der Antragstellerin wird ersichtlich, dass die Antragstellerin mit einem Visum in Frankreich eingereist ist. Frankreich ist daher gemäß Art. 12 Abs. 4 Uabs. 1 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrages der Antragstellerin zuständig. Diese Zuständigkeit hat Frankreich anerkannt.

Die Überstellung an Frankreich ist auch nicht rechtlich unmöglich i.S.d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C 411/10 u.a. - juris). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der rücküberstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta zufolge hätten.

Für das Gericht ergeben sich - auch unter Berücksichtigung der bei der Antragstellerin nachgewiesenen Schwangerschaft - nach den vorliegenden Erkenntnissen keine Anhaltspunkte dafür, dass in Frankreich generelle systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden (vgl. VG Würzburg, B.v. 31.5.2017 - W 8 S 17.50301; B.v. 18. Juni 2018 - W 2 S 18.50265 - juris). Das Gericht folgt - insbesondere im Hinblick auf die bezüglich der Schwangerschaft eventuell notwendigen medizinischen Betreuung - der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Es sind auch keine Anhaltspunkte für innerstaatliche oder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Frankreich ersichtlich.

Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, sind derzeit ebenfalls nicht erkennbar. Weder die Schwangerschaft als solche, noch die bloße Abgabe einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung durch den mit Fiktionsbescheinigung ausgewiesenen Vater führen ohne weiteres zu einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung.

Schon aufgrund der jedenfalls derzeit vorhandenen räumlichen Trennung zwischen der in Schweinfurt zugewiesenen Antragstellerin und dem in Essen ansässigen Vater des Kindes kann - bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes alleine möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage - jedenfalls nicht ausschließlich anhand der vorgelegten Sorgeerklärung von einer gelebten Beistands- und Umgangsgemeinschaft ausgegangen werden.

Denn weder aus dem Vortrag der Antragstellerin noch aus den beigezogenen Behördenakten geht hervor, dass es bei der Schwangerschaft der Antragstellerin um eine sog. Risikoschwangerschaft handelt und sie - auch vorgeburtlich - auf die dauerhafte Unterstützung und Anwesenheit des Kindsvaters angewiesen wäre. Insoweit kann offen bleiben, ob und unter welchen Umständen sich aus dem vorläufigen Aufenthaltsstatus, den die Fiktionsbescheinigung des Kindsvaters vermittelt, sich für die Antragstellerin und ihr ungeborenes Kind ein Aufenthaltsrecht ableiten ließe, dessen Vorwirkung eine Abschiebung nach Frankreich verhindern würde.

Jedenfalls nach summarischer Prüfung der derzeit vorliegenden Sach- und Rechtslage erscheint eine (temporäre) Trennung der werdenden Mutter und des Kindsvaters nicht als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK. Es dürfte der Antragstellerin, dem Kindsvater und dem ungeborenen Kind zumutbar sein, die aufenthaltsrechtlich notwendigen Schritte zur Erwirkung eines entsprechenden Aufenthaltsrechtes von Frankreich aus zu betreiben. Insbesondere erscheint es nicht unverhältnismäßig, ein entsprechendes Visumsverfahren abzuwarten.

Das Gericht weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass mit dem in Kürze beginnenden gesetzlichen Mutterschutz der Antragstellerin absehbar Umstände eintreten werden, die die Durchführung einer Abschiebung rechtlich unmöglich machen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch bestehen nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aktuell keine rechtlichen wie tatsächlichen Hinderungsgründe für eine Abschiebung nach Frankreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. Juni 2017 (W 8 S 17.50315) wird insoweit abgeändert, als die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die unter Nr. 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 31. Mai 2017 verfügte Abschiebungsanordnung bis acht Wochen nach Niederkunft der Antragstellerin zu 2) bzw. nach sonstiger Beendigung der Schwangerschaft angeordnet wird.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Beteiligten haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Das Gericht lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (W 8 K 17.50316) gegen einen Dublin Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. Mai 2017 mit Beschluss vom 9. Juni 2017 im Verfahren W 8 S. 17.50315 ab. Unter Nr. 3 des Bescheides vom 31. Mai 2017 wurde die Abschiebung der Antragsteller in die Tschechische Republik angeordnet.

Am 16. Juni 2017 ließen die Antragsteller beantragen,

  • 1.die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. Juni 2017 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. Mai 2017, zugestellt am 6. Juni 2017 (Az. BAMF: …*) gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO wiederherzustellen;

  • 2.der Antragsgegnerin – auch vorab telefonisch – aufzugeben, Abschiebemaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag zu unterlassen.

Zur Begründung ließen die Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Nunmehr lägen veränderte Umstände vor. Bei der Antragstellerin zu 2) bestehe nun aufgrund der Risikoschwangerschaft Reiseunfähigkeit. Die Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 2) werde durch das nunmehr vorgelegte Attest vom 16. Juni 2017 substanziiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akten der Verfahren W 8 S. 17.50315 und W 8 K 17.50316) und die beigezogene Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Abänderung des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlussesvom 9. Juni 2016 (W 8 S. 17.50315 ist (nur) zulässig, soweit er sich auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides bezieht (vgl. auch § 123 Abs. 5 VwGO), und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO).

Vorliegend besteht ein zeitweises inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hat. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von den Antragstellern nunmehr substanziiert geltend gemacht.

Denn die Antragsteller haben nunmehr ein fachärztliches Attest betreffend die Antragstellerin zu 2) mit folgender Diagnose vorgelegt: 1. Gravidität 10. SSW; 2. Z. n. septischem Abort bei Geminigravidität mens VI 2016; 3. Z. n. nach Spontanpartus 2010 und 2012. Therapieempfehlung: Weitere ambulante Schwangerschaftsvorsorge. Nach dem ersten Trimenon Empfehlung zum Muttermundverschluss nach Saling. Die aktuelle Schwangerschaft ist als Risikoschwangerschaft einzustufen, es besteht Reiseunfähigkeit.

Auch wenn das Attest immer noch nicht voll den Vorgaben des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG entspricht, hat das Gericht keinen Zweifel, dass die vom Frauenarzt gestellte Diagnose zutrifft und eine Risikoschwangerschaft besteht, die zur (vorübergehenden) Reiseunfähigkeit führt. Hinzu kommt, dass sich ebenfalls im vorgelegten Mutterschaftspass sowohl eine Gemini-Frühgeburt im Jahr 2016 als auch die Fehlgeburten im Jahr 2010 und 2012 belegt finden und dort weiter die Empfehlung zum Muttermundverschluss nach Saling aufgeführt ist. Ausgehend von diesen Feststellungen hat das Gericht keine Zweifel, dass bei der Antragstellerin zu 2) eine Risikoschwangerschaft vorliegt und bei einer Reise bzw. Überstellung nach Tschechien zum jetzigen Zeitpunkt eine konkrete und ernsthafte Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Mutter oder des ungeborenen Kindes (etwa infolge einer erneuten Früh- oder Fehlgeburt) beachtlich wahrscheinlich ist, sodass eine Überstellung nach Tschechien gegenwärtig nicht zumutbar ist. Auch wenn das ärztliche Attest nicht konkret auf mögliche Folgen einer Abschiebung eingeht, sprechen sowohl die früheren Fehlgeburten bzw. Komplikationen bei den früheren Geburten und die Empfehlung zum Muttermundverschluss für die Korrektheit der fachärztlich festgestellten Reiseunfähigkeit.

Die schwangerschaftsbedingte Reiseunfähigkeit begründet indes kein absolutes, sondern nur ein vorübergehendes Abschiebungshindernis. Laut Mutterschaftspass ist die Niederkunft am … 2017 (… 2017) zu erwarten. Von einer Reiseunfähigkeit ist bis zu einem Zeitraum von acht Wochen nach der Entbindung/Niederkunft bzw. nach sonstiger Beendigung der Schwangerschaft auszugehen. Denn die Bestimmungen über die Mutterschutzfristen im Mutterschutzgesetz (vgl. § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz) sind bei der Frage der rechtlichen Durchführbarkeit einer Abschiebung entsprechend heranzuziehen, so dass im Zeitraum von acht Wochen nach der Entbindung grundsätzlich ein Abschiebungshindernis besteht (vgl. VG Würzburg, U.v. 27.6.2016 – W 2 K 16.50065 – juris; VG Ansbach, B.v. 24.11.2015 – AN 14 S. 15.50402 – juris, jeweils m.w.N.).

Im Hinblick auf Art. 1, 2 und 6 GG ergibt sich aus der vorübergehenden Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 2) ein temporäres Abschiebungshindernis für alle Antragsteller, so dass insoweit eine Abschiebung zum jetzigen Zeitpunkt insgesamt nicht durchgeführt werden kann. Ist die Abschiebung der Antragstellerin zu 2) vorübergehend rechtlich unmöglich, so liegt auch bei den Antragstellern zu 1) sowie 3) und 4) ein solches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis vor. Eine Trennung der Familieneinheit wäre gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO und gemäß dem in Art. 6 GG und Art. 8 EMRK gewährleisteten Schutz der Ehe und Familie unzulässig. Die Familienbindung der Antragstellerin zu 2) zu ihrem Ehemann sowie zu ihren Kindern unterfallen dem entsprechenden Schutz (vgl. VG Würzburg, U.v. 27.6.2016 – W 2 K 16.50065 – juris; VG Ansbach, B.v. 24.11.2015 – AN 14 S. 15.50402 – juris, jeweils m.w.N.).

Da die schwangerschaftsbedingte Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 2) lediglich temporär ist und nicht zu einem absoluten Abschiebungshindernis führt, war dem Abänderungsantrag nur teilweise stattzugeben, soweit die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung für den Zeitraum der Mutterschutzfrist (acht Wochen nach Entbindung/Niederkunft bzw. sonstige Beendigung der Schwangerschaft) begehren. Soweit die Antragsteller über die Acht-Wochen-Frist hinaus die Aussetzung der Vollziehung ihrer Abschiebungsanordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens begehren, bleibt der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bzw. nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hingegen ohne Erfolg. Insoweit ist die Abschiebungsanordnung rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylG. Die hälftige Kostenteilung orientiert sich am Grad des jeweiligen Obsiegens bzw. Verlierens. Einerseits lässt sich kein endgültiges, sondern nur ein vorübergehendes Abschiebungshindernis durch die schwangerschaftsbedingte Reiseunfähigkeit feststellen; andererseits besteht das Abschiebungshindernis ausgehend von der geplanten Niederkunft im Dezember 2017 und den zusätzlich danach folgenden acht Wochen doch für geraume Zeit.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die in Nummer 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. Juli 2018 verfügte Abschiebungsanordnung nach Italien wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die Darstellung im Bescheid des Bundesamts vom 8. Juli 2018 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Antragstellerin hat am 17. Juli Klage gegen den genannten Bescheid des Bundesamts erhoben. Zugleich beantragt sie:

Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien wird die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.

Dem Bundesamt und dem Gericht wurde ein Mutterpass über die Schwangerschaft der Antragstellerin vorgelegt. Zudem wurde ausgeführt, dass sich der Vater des Kindes ebenfalls in Deutschland befinde und die Vaterschaft anerkannt habe. Ein Termin für die Abgabe einer Sorgerechtserklärung sei bereits vereinbart.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet, da mit Beginn der Mutterschutzfrist im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) ein Abschiebungshindernis besteht.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Über den engeren Kreis der durch die Dublin-III VO vorgegebenen Zuständigkeitsaspekte hinaus ist eine Abschiebungsanordnung – schon im Hinblick darauf, dass § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verlangt, dass die Abschiebung „durchgeführt werden kann“ – dann ausgeschlossen, wenn inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, wie sie in § 60a Abs. 2 AufenthG niedergelegt sind, vorliegen (BayVGH B.v. 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris Rn. 4; BayVGH B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4).

Im Falle einer Schwangerschaft der abzuschiebenden Ausländerin ist eine auf ein Abschiebungshindernis zurückzuführende Reiseunfähigkeit nicht nur dann anzunehmen, wenn eine Risikoschwangerschaft durch ärztliche Atteste nachgewiesen ist, sondern vielmehr auch dann, wenn die Niederkunft unmittelbar bevorsteht oder gerade stattgefunden hat. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Einheit der Rechtsordnung bereits aus den gesetzlichen Schutzvorschriften der §§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) (VG München, B.v. 19.07.2016 – M 12 S 16.50456 – juris Rn. 33). In Anlehnung daran beginnt der Abschiebungsschutz sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und endet acht bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der vorgelegten Kopie des Mutterpasses als voraussichtlicher Entbindungstermin der 15. September 2018, so dass sich die Antragstellerin derzeit im gesetzlichen Mutterschutz befindet.

Dem zufolge war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, obwohl das dargelegte inlandsbezogene Abschiebungshindernis ein nur vorübergehendes ist und nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfristen eine Abschiebung der Antragstellerin möglicherweise wieder in Betracht kommt. Der Antragsgegnerin bleibt es unbenommen, nach Ablauf der Mutterschutzfrist einen Antrag gem. § 80 Abs. 7 VwGO zu stellen.

Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Dezember 2014 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Beschluss ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige und reisten mit einem von der Tschechischen Botschaft in Donezk ausgestellten Schengen-Visum (gültig vom 5.5.2011 bis 2.6.2011) am 5. Mai 2011 in die Tschechische Republik ein. Sie reisten am 6. Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland weiter und stellten am 26. Mai 2011 Asylanträge. Als Asylgründe gaben sie an, der Kläger zu 1 leide an gesundheitlichen Problemen und die wirtschaftliche Situation sei sehr schwierig. Mit Bescheid vom 13. September 2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung in die Tschechische Republik an. Die Kläger wurden in der Folgezeit in die Tschechische Republik rücküberstellt und führten dort ein Asylverfahren durch, das nach ihren Angaben am 21. Februar 2013 negativ abgeschlossen wurde.

Am 24. Februar 2013 reisten sie erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 25. Februar 2013 Anträge auf Asyl. Bei der Anhörung zu den Gründen ihres Asylfolgeantrags am 25. Februar 2013 gaben sie an, sie seien aufgrund eines Geschäfts zwischen einem deutschen und ukrainischen Unternehmen, dessen Manager der Kläger zu 1 gewesen sei, erpresst und bedroht worden. Es sei in Deutschland noch ein Gerichtsverfahren zwischen den Unternehmen anhängig. Der Kläger zu 1 sei im Besitz von Informationen über tatsächliche Gründe, warum das Geschäft nicht zustande gekommen sei, die im Gericht nicht zur Sprache gekommen seien. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen an die Tschechische Republik. Die tschechischen Behörden stimmten am 18. Dezember 2013 der Rückübernahme der Kläger nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO zu.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 lehnte das Bundesamt die erneuten Anträge auf Durchführung von Asylverfahren ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung in die Tschechische Republik an (Nr. 2). Die Tschechische Republik sei für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig. Es seien keine außergewöhnlichen humanitären Gründe ersichtlich, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben. Die Asylanträge würden materiell nicht geprüft.

Mit Beschluss vom 26. Februar 2014 ordnete das Verwaltungsgericht Würzburg die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 27. Januar 2014 erhobenen Klage an (Az. W 7 S 14.30091).

Im Klageverfahren beantragten die Kläger zuletzt, den Bescheid vom 27. Januar 2014 aufzuheben. Mit dem angefochtenen Urteil gab das Verwaltungsgericht diesem Antrag statt. Es liege eine unangemessen lange Verfahrensdauer vor, die zu einem Anspruch der Kläger auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO führe. Zwar gäbe es für ein Wiederaufnahmeersuchen in der Dublin II-VO keine Frist, die Beklagte habe aber keinerlei Ausführungen zur Ursache der langen Bearbeitungszeit gemacht und auch keine Ermessenserwägungen nachgeschoben, weshalb sie trotz der langen Verfahrensdauer davon absehe, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Es bestehe daher eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Die Verpflichtung zum Selbsteintritt bedeute dabei ausschließlich, dass der Asylantrag der Kläger durch die Beklagte zu prüfen sei. Handele es sich um einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG, müsse die Beklagte zuerst prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen und sich dazu Kenntnis vom Inhalt des Asylvorbringens in Tschechien verschaffen und eine Anhörung der Kläger zu ihrem materiellen Asylvorbringen durchführen.

Mit Beschluss vom 30. April 2015 (11 ZB 14.50038) hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung wegen Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung zugelassen.

Die Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, die Kläger könnten nach der Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats zur Wiederaufnahme ihrer Überstellung in diesen Mitgliedstaat nur mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten. Solche Mängel würden in der Tschechischen Republik aber nicht vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Asylbegehren der Kläger stütze sich auf Ereignisse, die erst nach dem 21. Februar 2013 und damit nach Abschluss des Asylverfahrens in der Tschechischen Republik eingetreten seien. Die Beklagte habe diese Ereignisse nie bestritten, der diesbezügliche Vortrag sei daher als wahr zu unterstellen. In der Tschechischen Republik lägen darüber hinaus systemische Mängel im Asylverfahren vor, da ein rechtsstaatliches Verfahren dort nicht durchgeführt worden sei. Den Klägern sei ein Merkblatt ausgehändigt worden, dass sie bei einer weiteren Antragstellung sofort abgeschoben werden würden. Es habe daher keine Chance bestanden, die neuen Asylgründe einer effektiven Überprüfung zuzuführen. Die Anwendung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2014 (13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628) führe im Falle der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu unerträglichen Ergebnissen und zu einer Verletzung der Kläger in ihren Grundrechten aus Art. 16a GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Sie seien schlechter gestellt, als wenn sie kein Rechtsmittel eingelegt hätten. Die Kläger hätten darauf vertraut, dass die Beklagte nach so langer Zeit ihr Selbsteintrittsrecht ausüben werde.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2015 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung nach § 130a VwGO angehört und die Erkenntnisquellen zur Situation in der Tschechischen Republik gemäß der Liste vom 16. Juli 2015 in das Verfahren eingeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Über die Berufung konnte das Gericht durch Beschluss nach § 130a VwGO entscheiden, da die Beteiligten dazu angehört wurden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ist der Bescheid des Bundesamts vom 27. Januar 2014 rechtmäßig und die Klage deshalb unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Dezember 2014 abzuweisen.

I. Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Kläger durch den Bescheid vom 27. Januar 2014 nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Asylbegehren der Kläger nach § 27a AsylVfG behandelt hat und der Bescheid in seiner Nr. 1 eine Ablehnung der Asylbegehren als unzulässig beinhaltet, denn die Beklagte hat die Zuständigkeit der Tschechischen Republik für die Durchführung der Asylverfahren angenommen und ausdrücklich keine materielle Prüfung durchgeführt.

Ein Asylantrag ist nach § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich z. B. aus den Kriterien in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergeben. Hier ist nach der Dublin II-VO die Tschechische Republik nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig. Besitzt der Asylbewerber zum Zeitpunkt der Stellung des Asylantrags (Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO) ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung seines Asylantrags zuständig, der dem Asylbewerber das Visum erteilt hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Kläger erhielten von der Tschechischen Botschaft in Donezk für den Zeitraum 5. Mai 2011 bis 2. Juni 2011 gültige Schengen-Visa, mit denen sie in die Europäische Union eingereist sind und stellten am 26. Mai 2011 erstmals Asylanträge. Nachdem für die Kläger auch ein Asylverfahren in der Tschechischen Republik durchgeführt wurde, sind für das Verfahren zur Wiederaufnahme die Vorschriften des Art. 16 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 20 Dublin II-VO anwendbar.

2. Die Kläger können der Überstellung in die Tschechische Republik auch nicht damit entgegentreten, dass ihnen ein Anspruch auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zustehe oder die Beklagte aus anderen Gründen zuständig geworden sei, denn die Tschechische Republik hat der Überstellung zugestimmt (a), es bestehen keine systemischen Mängel im Asylsystem in Tschechien (b), eine von Grundrechten überlagerte Ausnahmesituation ist nicht gegeben (c) und die Überstellungsfrist ist nicht abgelaufen (d).

a) Nach der Zustimmung eines gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaats zur Überstellung eines Asylbewerbers kann dieser der Überstellung nur noch mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem aufnehmenden Mitgliedstaat entgegentreten (vgl. zu Art. 10 Abs. 2 Dublin II-VO EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60; vgl. auch BVerwG, B.v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628 Rn. 37). Weitere Überprüfungsmaßnahmen würden das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entgegen den wohlverstandenen Interessen des Asylbewerbers und der Mitgliedstaaten verzögern, ohne dass ersichtlich wäre, welche Nachteile dem Asylbewerber daraus erwachsen könnten, dass er in den nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaat überstellt wird. Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats hat der Asylbewerber insbesondere keinen Anspruch darauf, dass sein Asylbegehren in dem von ihm gewünschten Mitgliedstaat geprüft wird. Eine Rechtsverletzung des Asylbewerbers durch die Bestimmung eines zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO ist deshalb ausgeschlossen, solange dort keine systemischen Mängel im Asylsystem bestehen. Dieses Ergebnis wird auch durch Sinn und Zweck der Dublin II-VO getragen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll die Dublin II-VO insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf der Annahme beruht, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten. Aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens soll die Behandlung der Asylanträge rationalisiert und verhindert werden, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen (EuGH, U.v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 52 f.). Dies bezweckt hauptsächlich, dass die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigt wird (EuGH, U.v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 53). Sind sich die beteiligten Mitgliedstaaten im Falle des Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO einig, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, dann ist ein Anspruch des Asylbewerbers auf eine abweichende Entscheidung regelmäßig nicht gegeben, da damit nur eine weitere Verzögerung der Behandlung seines Asylbegehrens einhergehen würde. Ein solcher Fall liegt hier vor, da die Tschechische Republik gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig ist und ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme gegeben hat.

b) Es besteht auch keine Pflicht der Beklagten, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin II-VO fortzusetzen und ggf. eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin II-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem der Tschechischen Republik bestehen nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCH) ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B.v. 6.6.2014 a. a. O. Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (OVG Lüneburg, B.v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 - juris).

Die Kläger haben im Berufungsverfahren keine systemischen Mängel im tschechischen Asylsystem dargelegt. Soweit sie vortragen, sie hätten bei Abschluss des Asylverfahrens ein Dokument ausgehändigt bekommen, wonach bei einer weiteren Antragstellung eine sofortige Abschiebung drohe, sind damit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens dargelegt. Nach Art. 7 Abs. 2 der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Asylverfahrens der Kläger in Tschechien geltenden Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (RL 2005/85/EG ABl L 326 S. 13) kann eine Ausnahme von der Berechtigung zum Verbleib im Mitgliedstaat während der Prüfung des Antrags gemacht werden, wenn gemäß den Art. 32 und 34 der RL 2005/85/EG ein Folgeantrag nicht weiter geprüft wird. Es stellt keinen Mangel im Asylverfahren dar, wenn ein Mitgliedstaat von dieser Ausnahmemöglichkeit Gebrauch macht und die Asylbewerber darauf hinweist. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Tschechische Republik die RL 2005/85/EG (oder die zum 20.7.2015 teilweise umzusetzende Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABl L 180 S. 60) nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat oder das Verfahren nicht nach den entsprechenden nationalen Bestimmungen durchgeführt wird.

Auch den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lassen sich gravierende Mängel im Asylverfahren der Tschechischen Republik nicht entnehmen. Der „Country Report on Human Rights Practices 2014 - Czech Republic“ des US Department of State stellt fest, dass die Dauer des Asylverfahrens im Vergleich der letzten Jahre weiter reduziert werden konnte. Es gäbe aber noch Berichte hinsichtlich überlanger Inhaftierungen vor Abschiebungen oder freiwilliger Ausreise, wobei zwei konkrete Fälle genannt werden. In dem Bericht des UNHCR vom April 2012 „Excerpts of Concluding Observations and Recommendations from UN Treaty Monitoring bodies - Universal Periodic Review: Czech Republic” wird ausgeführt, durch die letzte Rechts-änderung seien Fortschritte bei der Inhaftierung von minderjährigen Asylsuchenden gemacht worden. Allerdings gäbe es noch Defizite beim Zugang zur Schulbildung für unter 16-Jährige. Der weitere Bericht des UNHCR vom April 2012 „Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Czech Republik” empfiehlt ebenfalls, die Regularien hinsichtlich der Inhaftierung zu überarbeiten, um sicherzustellen, dass Asylsuchende und insbesondere minderjährige Asylbewerber in Zukunft nicht mehr inhaftiert werden.

Bezüglich der Inhaftierung von Asylbewerbern sind dem „Synthesis Report - The Use of Detention and Alternatives to Detention in the Context of Immigration Policies, 2014“ des European Migration Network (weiterhin Synthesis Report - Detention) wesentliche Verbesserungen in der Tschechischen Republik zu entnehmen. In den Unterbringungseinrichtungen sind die medizinische Versorgung, Freizeitmöglichkeiten, Schulbildung und Kontakt mit Rechtsanwälten gewährleistet (Synthesis Report - Detention: Annex 3 Detention conditions and other quality criteria, Table A3.B). Unbegleitete minderjährige Asylbewerber dürfen nicht inhaftiert werden (Synthesis Report - Detention, Nr. 3.2.1). Auch andere schutzbedürftige Personen (z. B. Familien mit behinderten Kindern, Schwangere) werden nicht inhaftiert (Synthesis Report - Detention, Nrn. 3.2.2 bis 3.2.4). Insgesamt ist die Zahl der inhaftierten Drittstaatsangehörigen in der Tschechischen Republik von 1.177 im Jahr 2009 kontinuierlich zurückgegangen. Im Jahr 2012 waren noch 320 und im Jahr 2013 352 Personen inhaftiert (Synthesis Report - Detention, Annex 4 Statistics, Table A4.A) und auch die Inhaftierungsdauer ist auf 51 Tage im Jahr 2013 gesunken (Synthesis Report - Detention Annex 4 Statistics, Table A4.C). Demgegenüber ist die Zahl der Asylbewerber von 2010 bis 2013 relativ konstant geblieben ist (vgl. EASO, Annual Report on the Situation of Asylum in the European Union, July 2015, Annex D1).

Es ist damit nicht ersichtlich, dass im Asylsystem der Tschechischen Republik systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den tschechischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen der Asylsuchenden führen würden.

c) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Kläger einzutreten oder erneut über einen Selbsteintritt zu entscheiden. Insbesondere ergibt sich eine solche Pflicht nicht daraus, dass die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zehn Monate gedauert hat. Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 37). Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, muss im Falle der Unmöglichkeit der Überstellung eines Antragstellers an den ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständig bestimmten Mitgliedstaat nur darauf achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird und erforderlichenfalls den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 35). Mit dieser Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, denn hier ist - wie oben ausgeführt - die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nach der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats unmöglich geworden, sondern weiterhin möglich.

Selbst wenn durch die lange Dauer des Verfahrens bis zur Bestimmung der Tschechischen Republik als zuständigen Mitgliedstaat eine Verschlimmerungen von Grundrechtsverletzungen der Kläger eingetreten wäre, hätte sich diese Situation durch die nunmehr erfolgte Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erledigt. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung könnte durch die lange Verfahrensdauer nicht mehr hervorgerufen werden, denn nunmehr steht der zuständige Mitgliedstaat fest und das Verfahren kann zügig fortgesetzt werden. Weitere Maßnahmen nach der Bestimmung und Zustimmung des zuständigen Mitgliedstaats würden das Verfahren nur weiter verzögern und damit den Interessen aller Beteiligten an einem zügigen Verfahren zuwider laufen. Im Übrigen ist für eine nur ausnahmsweise anzunehmende Pflicht zum Selbsteintritt auch erforderlich, dass nicht nur die Verletzung von Verfahrensrechten im Raum steht, sondern der Betreffende durch die lange Verfahrensdauer auch in anderen Grundrechten verletzt wird.

Die Beklagte hat auch keinen dahingehenden Vertrauenstatbestand gesetzt, dass sie aufgrund des längeren Zeitablaufs bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs an die Tschechische Republik nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst eintreten werde. Woraus die Kläger ein solches Vertrauen ableiten möchten ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO ist noch nicht abgelaufen, da das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2014 (W 7 S 14.30091) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat. Die Überstellungsfrist beginnt nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO mit der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Damit beginnt die Überstellungsfrist im zweiten Fall erst zu laufen, wenn über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden ist und der Durchführung der Überstellung keine Gründe entgegenstehen (vgl. EuGH, U.v. 29.1.2009 - C-19/08 „Petrosian“ - Slg. 2009, I-495 Rn. 42 ff.). Dies ist erst der Fall, wenn Rechtskraft eingetreten ist (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 - 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 Rn. 33).

Durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sind die Kläger auch nicht schlechter gestellt als andere Asylbewerber. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat zur Folge, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollstreckt werden kann und eine Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat deshalb bis zur rechtskräftigen Entscheidung ausscheidet. Die Kläger müssen nicht in einem anderen Mitgliedstaat den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten. Eine Verletzung von Art. 16a Abs. 1 GG, auf den sich die Kläger in der vorliegenden Konstellation im Übrigen schon nach Art. 16a Abs. 2 GG nicht berufen können, und Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht ersichtlich.

3. Soweit die Kläger vortragen, sie machten nach Abschluss des Asylverfahrens in der Tschechischen Republik entstandene Asylgründe geltend und die Gründe müssten als wahr unterstellt werden, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Die Kläger haben einen Anfechtungsantrag gestellt und begehren die Aufhebung des Bescheids vom 27. Januar 2014. Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens sind deshalb nicht entscheidungserheblich. Es ist daher in jedem Fall die Aufgabe der Behörden des zuständigen Mitgliedstaats, anhand des Vorbringens der Kläger zu prüfen, ob nachträglich entstandene oder bekannt gewordene Gründe für ein Wiederaufgreifen des rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahrens vorliegen.

4. Auch die Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids ist nach § 34a AsylVfG rechtmäßig, denn die Kläger sollen in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat abgeschoben werden und der Abschiebung stehen keine Hindernisse entgegen.

II.

Die Kosten beider Instanzen sind nach § 154 Abs. 1 VwGO von den Klägern zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

III.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland.

2

Die Kläger sind Eheleute und nach eigenen Angaben syrische Staatsangehörige islamischen Glaubens und arabischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten auf dem Landweg kommend am 05.03.2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 06.03.2017 ihre Asylanträge, die sie auf die Feststellung von Flüchtlingsschutz beschränkten. Die Beklagte erzielte zu den Klägern in ihrem System VIS-Treffer, wonach die Kläger Visa für die Tschechische Republik hatten (vgl. Bl. 3 der Beiakte). In ihrer Anhörung zur Zulässigkeit ihrer Anträge bei der Beklagten am gleichen Tag gaben die Kläger übereinstimmend an, zuvor mit einer Arbeitserlaubnis im Libanon gelebt zu haben und von dort mittels ihnen von der Tschechischen Republik ausgestellter Visa im Februar 2017 nach Prag geflogen zu sein. Dort lebe ein Teil der Verwandten der Klägerin, bei diesen befänden sich auch noch ihre Pässe. Die Klägerin gab ferner an, gesundheitliche Beschwerden mit ihrer Gebärmutter zu haben, sie müsse Medikamente nehmen, eine ärztliche Bescheinigung hierüber habe sie nicht. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten in Deutschland seien besser als in der Tschechischen Republik. Mit Schreiben vom 05.04.2017 ersuchte die Beklagte die Tschechische Republik um Aufnahme der Kläger unter Bezugnahme auf Art. 12 Dublin-III-VO und die erteilten Schengen-Visa. Die Tschechischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 05.05.2017 ihre Zustimmung und Zuständigkeit für die Asylanträge der Kläger (vgl. Bl. 145 f. d. Beiakte). Mit Bescheid vom 07.06.2017 lehnte die Beklagte die Asylanträge als unzulässig und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab (Ziff. 1. und 2.) und ordnete die Abschiebung der Kläger in die Tschechische Republik an (Ziff. 3.); die Nummer 4 des Bescheides enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes. Ihre ablehnende und auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gestützte Entscheidung begründete sie damit, dass der Mitgliedsstaat Tschechien für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig sei und seine insoweitige Bereitschaft erklärt habe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor, denn die derzeitigen humanitären Bedingungen in der Tschechischen Republik würden nicht zu der Annahme einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen. Dem Vortrag der Kläger seien keine Gründe zu entnehmen, welche die Feststellung von Abschiebungsverboten rechtfertigen würden.

3

Hiergegen haben die Kläger am 22.06.2017 Klage erhoben und sich zur Begründung auf ihr Vorbringen in der Anhörung bezogen; die angekündigte weitere Klagebegründung ist nicht erfolgt.

4

Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß (vgl. Bl. 1 f. d. Gerichtsakte),

5

den Bescheid der Beklagten vom 07.06.2017 aufzuheben,

6

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote festzustellen.

7

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich (vgl. Bl. 14 d. Gerichtsakte),

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie verteidigt ihren streitbefangenen Bescheid.

10

Mit Beschluss vom 11.07.2017 hat die Kammer das Verfahren der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 27.06.2017 hat die Einzelrichterin in dem Verfahren 9 B 153/17 MD den zugleich mit der Klageerhebung gestellten Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abgelehnt (vgl. Bl. 18 ff. der Gerichtsakte).

11

Die Einzelrichterin hat durch Gerichtsbescheid vom 01.08.2017 die Klage abgewiesen (vgl. Bl. 38 ff. der Gerichtsakte), hiergegen haben die Kläger mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 15.08.2017 mündliche Verhandlung beantragt, eine weitere Stellungnahme ist nicht erfolgt. Die Kläger haben sich sodann mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12.10.2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, die Beklagte in ihrer allgemeinen Prozesserklärung an den Präsidenten des VG Magdeburg vom 25.02.2016.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese sowie die bei der Kammer zur Tschechischen Republik geführten Erkenntnismittel waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

13

Die Einzelrichterin war gemäß § 74 Abs. 1 Asyl durch den Beschluss der Kammer vom 11.07.2017 zur Entscheidung berufen. Sie konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt, § 101 Abs. 2 VwGO.

I.

14

Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben, § 74 Abs. 1 Hs. 1 AsylG. Das von den Klägern in ihrer Klageschrift formulierte Begehren war gemäß § 88 VwGO dahin auszulegen, dass sie im Wege der Anfechtung die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides anstreben. Denn mit ihrem Vorbringen begehren sie die Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland. Mit der Aufhebung des Bescheides würden ihre Asylverfahren in den Stand vor der streitgegenständlichen (ablehnenden) Entscheidung zurück versetzt werden.

15

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 07.06.2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

16

1. Die Beklagte hat zu Recht die Asylanträge der Kläger als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG abgelehnt. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31; sog. Dublin-III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

17

a) Die Tschechische Republik ist als Mitgliedstaat, in welchen die Kläger nach eigenem Vortrag und ausweislich des im Verwaltungsvorgang der Beklagten enthaltenen VIS-Dokuments mittels eines Schengen-Visums legal eingereist sind, für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Die Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren richtet sich vorliegend nach der Dublin-III-VO. Art. 3 Abs. 1 der Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Tschechische Republik für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Besitzt ein Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates einreisen konnte, so sind gemäß Art. 12 Abs. 4 UA 1 Dublin-III-VO die Absätze 1, 2 und 3 des Artikels anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten nicht verlassen hat. So liegt es hier: Die Kläger sind mit Visa, deren Gültigkeit vom 10.02.2017 - 10.03.2017 bestand, in die Tschechische Republik eingereist. Eine Erneuerung oder Verlängerung der Visa ist nicht erfolgt. Gemäß des so für anwendbar erklärten Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedsstaat für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig, der das Visum erteilt hat. Die Visa der Kläger wurden ihnen von der Tschechischen Republik erteilt.

18

b) Die Zuständigkeit der Tschechischen Republik ist auch nicht wieder aus verfahrensbezogenen Gründen entfallen, denn die Beklagte hat die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 04.05.2017 innerhalb der dreimonatigen Frist des Art. 21 Abs. 1 UA 1 Dublin-III-VO um Aufnahme der Kläger ersucht. Danach hat der Mitgliedsstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedsstaat, den er für die Prüfung des Antrages für zuständig hält, so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Abs. 2 zu ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen. Die Kläger haben ihre Asylanträge am 06.03.2017 gestellt; das Aufnahmegesuch der Beklagten erging knapp einen Monat später unter dem 05.04.2017. Dieses haben die tschechischen Behörden fristgerecht (vgl. Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO) mit Schreiben vom 05.05.2017 positiv beantwortet. Diese Zustimmungserklärung mit der Folge einer ausschließlichen Zuständigkeit der Tschechischen Republik zur Prüfung der Asylanträge der Kläger entfaltet dabei konstitutive Wirkung (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 22.3.2016 - 1 C 10.15 -, juris), da der prüfende Mitgliedstaat damit das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Zuständigkeitsnorm bestätigt und eine (zeitlich befristete) Zusage für die Prüfung des Asylbegehrens des jeweiligen Antragstellers erteilt.

19

c) Die Zuständigkeit der Beklagten ist auch nicht dadurch begründet, dass eine Überstellung der Kläger gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO wegen systemischer Mängel im tschechischen Asylsystem und den Aufnahmebedingungen unmöglich wäre. Ein derartiger Wechsel der nach den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin-III-VO begründeten Zuständigkeit kommt in Betracht, wenn gemäß Art. 3 Abs. 2, Unterabsätze 2 und 3 Dublin-III-VO wesentliche Gründe für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller im eigentlich nach Kapitel III der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, und sich zudem auch nicht die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats anhand der Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO feststellen lässt. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger im Falle einer Abschiebung dorthin infolge systemischer Schwachstellen des tschechischen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wären.

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aa) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. C-493/10 - und Urt. v. 14.11.2013 - C-4/11 -; beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Platz, Urt. v. 21.02.2014 - 10 A 10656/13 -, juris), wobei nicht jede Verletzung eines Grundrechts und jeder geringe Verstoß gegen gemeinsame Vorschriften geeignet ist, das Dublin-System in Frage zu stellen (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 21.01.2014 - 3 B 6802/13-, juris). Beurteilungsgrundlage bilden die Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn.90 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse geboten, wobei bei der unterschiedlichen Behandlung von bestimmten Personengruppen vorrangig auf die Verhältnisse für diejenige Gruppe abzustellen ist, welcher der Asylbewerber angehört; gleichwohl sind auch die Umstände, die andere Gruppenangehörige betreffen, mittelbar für die Beurteilung systemischer Mängel geeignet (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014 - 1 A 21/12 -, juris). Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. hierzu Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Werden Dublin-Rückkehrer - ebenso wie Asylbewerber - regelmäßig in Haft genommen, so sind die einer solchen Behandlung zugrunde liegenden Umstände in den Blick zu nehmen. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (- 30696/10 -) hat der EGMR eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher in Haftzentren ohne Angabe von Gründen, eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte. Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung deshalb, weil Artikel 3 EMRK die Staaten verpflichte, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige. Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu (zitiert nach VG Düsseldorf, Beschl. v. 16.06.2014 - 13 L 141/14 -, juris). Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, Beschl. v. 14.03.2013 - 4 L 44/13 -; BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 -; alle juris).

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bb) Anhand der oben erörterten Kriterien des Konzepts der normativen Vergewisserung geht das Gericht vorliegend davon aus, dass bezüglich der Tschechischen Republik zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keine ernst zu nehmenden oder hinsichtlich ihrer Schwere noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel bestehen. Dabei ist voranzustellen, dass auch unter Zuhilfenahme der über das Internet zu erlangenden Erkenntnisse nahezu keine verwertbaren aktuellen Informationen zu den Begrifflichkeiten „Tschechische Republik, systemische Mängel, Dublin“ auffindbar sind. Der UNHCR hat keine Berichte oder Stellungnahmen veröffentlicht, die systemische Mängel im tschechischen Asylsystem aufzeigen. Es gibt auch keine entsprechende Bitte des UNHCR, von Überstellungen in die Tschechische Republik abzusehen. Auch über das European Country of Origin Network (ecoi.net) sind keine Informationen dazu auffindbar, dass das tschechische Asylsystem die Antragsteller einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung aussetzen würde. Soweit noch 2012 durch den UNHCR diverse Schwierigkeiten für Ausländer im tschechischen Asylverfahren aufgezeigt wurden (vgl. Being a refugee. How refugees and asylum-seekers experience life in Central Europe, ab S. 15 ff., abrufbar unter: http://refworld.org/docid/4f02fa252.html) sind solche Angaben für die Folgejahre und insbesondere eine Verschlechterung der Unterbringung und Versorgungslage nicht auffindbar. Nicht für die Annahme eines systemischen Mangels im tschechischen Asylsystem spricht der den Medien zu entnehmende Umstand, dass der tschechische Staat gemeinsam mit den anderen sog. Visegard-Staaten gegen eine von anderen Mitgliedsstaaten und der EU geforderte Aufnahmequote votiert hat (vgl. Adéla Jurecková in: Heinricht Böll Stiftung: Refugees in the Czech Republic? Not a trace – but still a problem, Art. v. 24.05.2016, abrufbar unter: https://www.boell.de/en/2016/05/24/refugees-czech-republic-not-trace-still-problem; The Irish Times: EU warns Czech Republic over refusal to accept refugees, Artikel vom 09.06.2017, abrufbar unter: http://www.irishtimes.com/news/world/europe/eu-warns-czech-republic-over-refusal-to-accept-refugees-1.3114112; hierzu auch Zeit online, Art. v. 13.06.2017: EU geht rechtlich gegen Ungarn, Polen und Tschechien vor, abrufbar unter: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/fluechtlinge-eu-geht-rechtlich-gegen-ungarn-polen-und-tschechien-vor). Denn diese Weigerung bezieht sich auf die Umverteilung der in Griechenland und Italien angekommenen Flüchtlinge, gibt hingegen keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass hieraus eine erhebliche Beeinträchtigung der bereits in Tschechien lebenden Antragsteller oder derjenigen resultiert, für deren Asylverfahren sich der Staat auf der Grundlage der Dublin-III-VO und ohne anderweitige Verpflichtung für zuständig erklärt hat. Die aktuelle Rechtsprechung stimmt darin überwiegend überein, dass das österreichische Asylsystem auch mit den aufgezeigten Defiziten als EU-konform zu bewerten ist (vgl. u. a. Bayrischer VGH bereits mit Beschl. v. 17.08.2015 - 11 B 15.50111 -; BVwG Österreich, Urt. v. 08.09.2016 - W235 2130 102-1 -; VG Würzburg, Beschl. v. 28.06.2017 - W 8 S 17.50344 -; VG München, Beschl. v. 09.01.2017 - M 8 S 16.51195 -; alle juris). Dem schließt sich das erkennende Gericht mit den vorstehenden Erwägungen an.

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Die Kläger selbst haben zum Vorliegen systemischer Mängel im Asylsystem nichts vorgetragen. Zwar haben sie noch keinen förmlichen Asylantrag in der Tschechischen Republik gestellt; allerdings beschränkte sich ihr Vorbringen zu den Gründen, aus welchen ihnen eine Rückkehr zum Betreiben eines Asylverfahrens dort unmöglich sei, darauf, dass die Behandlung dort schlecht sei; näher erläutert haben sie ihre Auffassung nicht.

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d) Mit dem Vorstehenden sind keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass die Beklagte vorliegend zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO verpflichtet wäre. Zwar kann danach jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin III-VO festgesetzten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Ausübung dieser Befugnis ist an keine besondere Bedingung geknüpft; vielmehr kann sich jeder Mitgliedstaat im Rahmen des ihm damit eingeräumten Ermessens aus politischen, humanitären oder praktischen Erwägungen bereiterklären, einen Asylantrag zu prüfen, auch wenn er hierfür nach den in der Verordnung vorgesehenen Kriterien nicht zuständig ist. Ein Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts besteht hingegen nur in dem Fall, dass sich jede anderweitige Entscheidung als rechtswidrig erweisen würde, das Ermessen der Beklagten also auf null reduziert ist. Dafür, dass diese Voraussetzungen für die Kläger erfüllt sind, ist nichts ersichtlich.

24

Verbleibt es damit bei der Zuständigkeit des tschechischen Staates für das Asylverfahren der Kläger, war die Beklagte nicht gehalten, die Asylanträge materiell zu prüfen. Mit dem Vorstehenden kommt die Gewährung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzes mangels Zuständigkeit der Beklagten bereits nicht in Betracht.

25

2. Die Abschiebungsanordnung beruht zutreffend auf § 34 a Abs. 1 S. 1 AsylG. Soll ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. In diesem Sinne bestimmt § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG, dass in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge auch darüber zu befinden ist, ob die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Neben diesen „zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten”, hier also solchen bezüglich der Tschechischen Republik, umfasst die Prüfung auch der Abschiebung entgegenstehender inländischer Vollzugshindernisse. § 34 a AsylG bestimmt nämlich ausdrücklich, dass das Bundesamt die Abschiebung anordnet „sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann”. Die Abschiebungsanordnung - als Festsetzung eines Zwangsmittels - darf damit erst ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung nach § 26 a oder § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i. V. m. § 34 a AsylG erfüllt sind. Mithin hat das zuständige Bundesamt unter anderem zu prüfen, ob die Abschiebung in den Drittstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden Gründen - wenn auch nur vorübergehend - rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 -, juris). Anhaltspunkte für zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote hinsichtlich der Tschechischen Republik (§ 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG) sind weder ersichtlich noch ergeben sich diese aus dem Vortrag der Kläger. Auf die zutreffenden Ausführungen des Bescheides vom 07.06.2017 (Seiten 2-5), die das Gericht sich zu Eigen macht (§ 77 Abs. 2 AsylG), wird verwiesen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein inländisches Vollzugshindernis i. S. d. § 60 a Abs. 2 AufenthG. Soweit die Klägerin dahingehend vorgetragen hat, dass sie gesundheitliche und behandlungsbedürftige Beschwerden habe, ergibt sich allein aus diesem Umstand keine relevante Reiseunfähigkeit der Kläger.

26

3. Die Verhängung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes beruht auf §§ 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 75 Nr. 12 AufenthG. Ermessensfehler sind nicht erkennbar, insbesondere ist das Ermessen erkannt und ausgeübt worden (§ 114 Abs. 1 VwGO).

II.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden

nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger, geb. am ... 1989, wendet sich gegen eine Abschiebungsanordnung nach Litauen.

Er ist ukrainischer Staatsangehöriger, mit ukrainischer volks- und christlich-orthodoxer Religionszugehörigkeit und reiste nach eigenen Angaben am 31. März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 13. Mai 2015 stellte er Asylantrag.

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durch-führung des Asylverfahrens am 30. Juni 2015 erklärte der Kläger, dass er im Besitz eines litauischen Visums sei. Dieses sei am 23. März 2015 ausgestellt worden. Gefragt nach seinem gesundheitlichen Zustand erklärte er, dass er keine akuten Erkrankungen habe und an keiner Behinderung leide. Er habe nur einen Fahrradunfall am 24. Juni 2015 erlitten und dadurch eine Gelenk-Sprengung an der linken Schulter. In der Zeit vom 25. Juni - 29. Juni 2015 sei er deswegen in stationärer Behandlung gewesen. In 2 Wochen müssten die Fäden gezogen werden, nach 3 Monaten werde die Metallplatte aus der Schulter herausgenommen. Medikamente müsse er nicht einnehmen. Seinen Asylantrag wolle er nicht in Litauen bearbeitet haben, weil er dort niemanden kenne. In Deutschland habe er seine Mutter, die er brauche und die auch ihn brauche.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - Abgleich der Fingerabdrücke bzw. Visum - lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).

Das Bundesamt richtete mit Schreiben vom 7. August 2015 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Litauen. Die litauischen Behörden erklärten daraufhin mit Schreiben vom 27. August 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 25. November 2015, dem Kläger am 28. November 2015 zugestellt, wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Litauen angeordnet.

Der Kläger erhob über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2015, dem Gericht am 23. Dezember 2015 zugegangen, Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 25. November 2015 und stellte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.

Zur Begründung trägt er vor, dass systemische Mängel in Litauen bestünden. Dadurch bestehe die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Zudem bestehe für den Kläger die Gefahr, dass sein Fall in Litauen nicht grundlegend geprüft werde und er in die Ukraine abgeschoben werde. Zudem lebe seine Mutter in der Bundesrepublik. Nach der Flucht aus der Kriegssituation in der Ukraine sei sie die einzige Ansprechperson. Er sei auf ihre Unterstützung angewiesen. Die Risiken einer Abschiebung nach Litauen seien derart schwerwiegend, dass das Interesse an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung das Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiege.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 7. Januar 2016 wurde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt.

Eine weitere Begründung der Klage erfolgte nach dem Beschluss vom 7. Januar 2016 durch den Kläger nicht mehr.

Der Kläger beantragt:

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. November 2015 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren fortzuführen und den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts vom 25. November 2015.

Die Beklagte verzichtete mit Schriftsatz vom 21. Januar 2016, der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Januar 2016 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der weiteren Ausführungen auf die vorliegende Gerichts- sowie die Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten jeweils mit Schriftsatz der Beklagten vom 21. Januar 2016 bzw. des Klägers vom 26. Januar 2016 ihr Einverständnis hierzu gemäß § 101 Abs. 2 VwGO erteilt haben.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die im Bescheid vom 25. November 2015 enthaltene und sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nach Litauen ist auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags des Klägers nicht zu beanstanden.

Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn feststeht, dass sie auch durchgeführt werden kann. Hierbei bedarf es nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG einer vorherigen Androhung und Fristsetzung nicht. Dem liegt zugrunde, dass das Bundesamt den Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylG zu Recht als unzulässig abgelehnt hat. Die litauischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 27. August 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO. Die Frist von 3 Monaten nach dem Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist gewahrt.

Damit treffen den Staat Litauen die Pflichten aus Art. 18 Dublin III-VO, insbesondere ist Litauen gemäß Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Dublin III-VO verpflichtet, den Kläger innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Die Überstellung kann insoweit noch erfolgen.

Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht konkret vorgetragen.

Hierbei ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist, da es sich bei Litauen um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG bzw. § 26a AsylG handelt.

Die Dublin III-VO ist die grundlegende Vorschrift auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zu-ständigen Mitgliedsstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zur gewährleisten (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 19.03.2014, Az.: 10 B 6/14 m. w. N., juris). Dieses gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, Rechtssache: RS: C-411/10 und C-493/10, juris).Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn dieser zuständige Mitgliedsstaat sog. „systemische Mängel“ des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufweist, so dass die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 10.12.2013, RS: 10-394/12, juris). Diese Rechtsprechung mündete in Art. 3 Abs. 2 der Dublin III-VO, der bestimmt, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird.

Solche systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO liegen entgegen der Auffassung des Klägers erst dann vor, wenn die bereits angesprochenen Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK nicht nur in Einzelfällen vorliegen, sondern strukturell bedingt sind. Deshalb setzen systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO voraus, dass die Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat so defizitär sind, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die konkrete Gefahr einer gegen die Grundrechte verstoßenden Behandlung im zuständigen Staat aus der grundsätzlichen Behandlung der Asylbewerber heraus ergeben muss, die eben systemisch angelegt sein muss, dass also eine Verletzung von Grundrechten in einem Einzelfall nicht zur Aktivierung des Selbsteintritts ausreicht (BVerwG, B. v. 6.6.2014, Az.: 10 B 25/14, juris). Diese Defizite müssen des Weiteren in der Art und Weise offensichtlich sein, dass sie im überstellenden Mitgliedsstaat allgemein bekannt sein müssen (EUGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) und im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaats angelegt sein oder die Vollzugspraxis dort strukturell prägen, so dass sie des Weiteren aufgrund ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit aus Sicht der zuständigen Behörden und Gerichte verlässlich zu prognostizieren sind (BVerwG v. 6.6.2014, a. a. O., m. w. N.).

Im vorliegenden Fall ist nicht von solchen systemischen Schwachstellen auszugehen.

Hierzu wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zu-treffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 25. November 2015 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen.

Insbesondere sind für das Gericht keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Litauen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen.

Ergänzend ist noch auszuführen, dass auch nach der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Litauen tatsächlich nicht vorliegen (VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juni 2015, - 13 L 1896/15.A - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 13. Januar 2015 - RO 9 S 14.50347 -, juris, mit weiteren Hinweisen des Österreichischen Asylgerichtshofs). Das Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen gewesen wären, liegen nicht vor. Der Kläger ist hinsichtlich der weiteren Behandlung seiner Verletzung an der linken Schulter auf die umfassenden medizinischen Versorgungsmöglichkeiten in Litauen zu verweisen.

Der Kläger ist zudem, wie das Bundesamt richtigerweise in seinem Bescheid vom 25. November 2015 ausgeführt hat, volljährig, unverheiratet und kinderlos. Familienangehörige im Sinne des Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO sind nicht erkennbar. Es wurde nicht vorgetragen, dass er von verwandten Personen, wie zum Beispiel seiner Mutter, die nach eigenen Angaben des Klägers in Deutschland lebe, aufgrund eines Krieges, einer bürgerkriegsähnlichen Situation oder der anschließenden Flucht getrennt worden sei, so dass bereits keine Familieneinheit im Heimatland bestanden hat, welche es wieder herzustellen gelte.

Der Antrag ist daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Er reiste am 19. Dezember 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23. Januar 2017 einen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 16. März 2017 reagierten die tschechischen Behörden bislang nicht.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Tschechien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Am 1. Juni 2017 ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 17.50312 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen: Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates stehe nicht fest. Anhaltspunkte genügten nicht. Ein so genannter EURODAC-Treffer sei strukturell nicht in der Lage, die Zuständigkeit eines anderen Staats zu belegen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf nicht näher bezeichneter Auskünfte der Behörden des Abschiebungszielstaats beziehe, führe dies nicht zu einer geringeren Prüfungstiefe. Dies gelte auch für die Behauptung, es sei die Einreise mit einem Visum erfolgt. Weiter bestehe Anlass, vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen. Der Antragsteller und seine Verlobte hätten in Armenien bereits kirchlich geheiratet, seien also in ihrem sozialen Umfeld als vollwertige verheiratete Eheleute angesehen. Sie betrieben gegenwärtig die standesamtliche Eheschließung in Deutschland. Die Verlobte verfüge über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht aus Art. 23a AufenthG.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 17.50312) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO - betreffend die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids - ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 19. Mai 2017 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.

Tschechien ist für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß den Vorschriften der Dublin III-VO zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Tschechiens ergibt sich vorliegend aus Art. 12 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 7 Dublin III-VO. Das Gericht hat keine Zweifel, dass der Antragsteller ein gültiges Schengen-Visum hatte Der Antragsteller hat bei seiner Anhörung am 17. Januar 2017 selbst eingeräumt, dass er zum tschechischen Visum-Center sei und innerhalb einer Woche seinen Pass mit einem Visum für Tschechien bekommen habe. Er sei mit dem Visum nach Prag geflogen, habe sich dort zehn Tage aufgehalten und sei dann mit dem Bus nach Deutschland gereist.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u.a. - NVwZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das tschechische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta (GRCharta) ausgesetzt wären. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im tschechischen Asylsystem (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2015 - 11 B 15.50111 - juris), zumal der Antragsteller nichts Dahingehendes vorgebracht hat.

Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ermessensfehlerhaft keinen Gebrauch von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin III-VO gemacht hat. Konkret sind insbesondere keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich, die in Tschechien nicht behandelt bzw. weiterbehandelt werden könnten.

Weiter sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde vom Antragsteller nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Schließlich ergibt sich auch nicht aus einer Familienzusammengehörigkeit im Sinne von Art. 10 Dublin III-VO eine Zuständigkeit Deutschlands. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben nicht standesamtlich verheiratet; vielmehr hätten seine Verlobte und er in Armenien kirchlich geheiratet. Dies macht den Antragsteller indes nicht zum Familienangehörigen im Sinne der Dublin III-VO. Hierunter falle nach Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO der Ehegatte des Antragstellers oder sein nicht verheirateter Partner, der mit ihm eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedsstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich vergleichbar behandelt werden wie verheiratete Paare. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Antragsteller ist nicht der Ehegatte seiner Verlobten im Sinne dieser Vorschrift. Er hat selbst bei seiner behördlichen Anhörung angegeben, nicht verheiratet zu sein. Er habe nur eine kirchliche Trauung hinter sich, aber keine standesamtliche. Nach armenischem Recht sei er also nicht verheiratet. Der Antragsteller hat auch im gerichtlichen Verfahren angegeben, „nur“ kirchlich verheiratet zu sein. Eine standesamtliche Heirat werde betrieben. Eine Heiratsurkunde wurde indes nicht vorgelegt. Danach ist nicht ersichtlich, geschweige denn nachgewiesen, dass es sich bei der kirchlichen Eheschließung in Armenien um eine nach Maßgabe ausländischer Rechtsordnungen ordnungsgemäß begründete, d.h. eine nach religiösen Bestimmungen geschlossene und von einem anderen Staat anerkannte Ehe handelt. Auch wenn der Antragsteller offenbar eine dauerhafte Beziehung in Deutschland mit seiner Verlobten führt, werden nach deutschem Recht bzw. den hiesigen Gepflogenheiten nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich nicht vergleichbar behandelt wie verheiratete Paare. Sowohl im Rahmen des Familienasyls nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als auch im Aufenthaltsrecht ist eine anerkannte Eheschließung erforderlich; eheähnliche Beziehungen reichen nicht aus. Der Schutz des Art. 6 GG greift nur bei rechtsgültig geschlossenen, staatlich anerkannten Ehen, nicht hingegen bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften (so ausdrücklich OVG NRW, B.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris m.w.N. zur Rechtsprechung). Bei dieser Sachlage ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass keine außergewöhnlichen Gründe vorliegen, die sie veranlassen könnten, ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, nicht zu beanstanden (VG Düsseldorf, B.v. 15.12.2016 - 13 L 3994/16.A - juris).

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

 
1. Der Antrag des Antragstellers, eines syrischen Staatsangehörigen,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage (A 5 K 16618/17) gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22.09.2017 anzuordnen,
ist zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 VwGO i.V.m. §§ 34a Abs. 2 Satz 1, 75 Abs. 1 AsylG), jedoch nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO anordnen, wenn bei der vom Gericht zu treffenden Abwägung zwischen den berührten öffentlichen und privaten Belangen das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Abschiebung das öffentliche Interesse an deren sofortigen Vollzug überwiegt.
Im vorliegenden Fall erweist sich die vom Bundesamt gemäß § 34a Abs. 1 AsylG verfügte - und gemäß § 75 Abs. 1 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbare - Abschiebungsanordnung nach Rumänien bei der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig, so dass das private Interesse des Antragstellers, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet zu verbleiben, hinter dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung zurückzustehen hat.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1) an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat (§ 34a Abs. 1 Satz 2 AsylG). Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht (§ 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG). Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der „Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist“ (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) [im Folgenden: Dublin III-VO] für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Rumänien ist vorliegend nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig. Denn der Antragsteller ist laut den zwei Eurodac-Treffern Rumänien - Kategorie 1 - am 26.03.2017 in Rumänien erkennungsdienstlich behandelt worden und hat einen Asylantrag gestellt. Zwar hat der Antragsteller angegeben, er habe in Rumänien keinen Asylantrag gestellt. Diese Angaben sind jedoch nicht glaubhaft, da er bei seiner Anhörung in Österreich am 19.06.2017 angegeben hat, dass er in Rumänien - gegen seinen Willen - einen Asylantrag gestellt habe. Die anderes lautenden Angaben bei seiner Anhörung in Deutschland sind damit als Schutzbehauptungen einzuordnen.
Anhaltspunkte dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig geworden sein könnte, bestehen nicht. Insbesondere hat die Antragsgegnerin am 08.09.2017 ein Wiederaufnahmeersuchen rechtzeitig gestellt (Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO) und Rumänien hat mit Schreiben vom 21.09.2017 der Aufnahme des Antragstellers fristgerecht zugestimmt (Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO). Auch die durch die Stellung des Eilantrags am 18.10.2017 unterbrochene Überstellungsfrist von sechs Monaten (Art. 29 Dublin III-VO) ist eingehalten.
Die Erkenntnisse der Antragsgegnerin aus der Eurodac-Abfrage sind auch zulässig und verwertbar (so auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2018 - 22 L 5913/17.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 13.12.2017 - 12a L 3499/17.A -; VG Köln, Beschluss vom 07.12.2017 - 5 L 4378/17.A -, alle juris; Prof. Dr. Uwe Berlit: Nichtverwertbarkeit der Zugriffe auf das EURODAC-System?, in: ZAR 2018, 69). Entgegen der mit Verweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 21.09.2017 - 6 L 3805/17.WI.A - (beck-online) vertretenen Auffassung des Antragstellers deutet nichts darauf hin, dass die Abfrage dieser Ergebnisse aus dem Eurodac-Datenbestand von einer nicht zugriffsberechtigten Stelle vorgenommen worden wäre. Die nach Maßgabe des Art. 27 Abs. 2 der „Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 1-30, [im Folgenden: Eurodac-VO] zugriffsberechtigten nationalen Dienststellen werden von den Mitgliedstaaten benannt. Nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 Eurodac-VO veröffentlicht die zuständige Agentur die konsolidierte Fassung der Liste der von den Mitgliedstaaten benannten Dienststellen im Amtsblatt der Europäischen Union und im Falle von Änderungen jedes Jahr online eine aktualisierte und konsolidierte Fassung der Liste. Ausweislich der letzten von der zuständigen Agentur (European Agency for the operational management of large-scale IT systems in the area of freedom, security and justice, kurz: eu-LISA) veröffentlichten Liste vom April 2017 (abrufbar unter: http://www.eulisa.europa.eu/Publications/p_reports/Pages/default.aspx?RID=51) sind sowohl das Bundesamt als Behörde als auch diverse Untergliederungen des Bundesamtes (z.B. Referate und Außenstellen) sowie kommunale Dienststellen (z. B. Ausländerbehörden, Registrierungsstellen und Erstaufnahmeeinrichtungen) als zugriffsberechtigt benannt. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Zuständigkeit der deutschen Behörden zur Datenerhebung und weiteren -verarbeitung nach deutschem Recht. Dies gilt auch in Ansehung der vom Verwaltungsgericht Wiesbaden im oben genannten Beschluss vom 21.09.2017 zur Grundlage rechtlicher Bedenken gemachten Tatsache, dass die auf § 88 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AsylG beruhende „Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsbestimmungsverordnung“ vom 02.04.2008 (AsylZBV), auf die „Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von "Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens“ [im Folgenden: Eurodac-VO a.F.] Bezug nimmt, die mittlerweile nicht mehr in Kraft ist. Denn mit Art. 45 der Eurodac-VO wird nicht nur die Eurodac-VO a.F. aufgehoben, sondern auch ausdrücklich bestimmt, dass Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung als Bezugnahmen auf diese Verordnung gelten. Hierdurch ist eine dynamische Bezugnahme auf die nunmehr geltenden Bestimmungen der Eurodac-VO gewährleistet (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2018 - 22 L 5913/17.A -, juris). Dies ist auch unionsrechtlich geboten, um den Pflichten der Bundesrepublik Deutschland im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem nachkommen zu können. Doch selbst wenn eine nach nationalem Recht unzuständige Stelle die Eurodac-Abfrage gemacht hätte, würde dies noch nicht zu einem Verwertungsverbot oder einem subjektiv-öffentlichen Recht des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führen, da nach einer Abwägung das Interesse des Antragstellers, ihn nicht nach Rumänien abzuschieben, hinter dem öffentlichen (unionsrechtlichen) Interesse der effektiven Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zurückstehen muss.
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Die Bundesrepublik Deutschland ist auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig geworden. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO sieht vor, dass der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortsetzt, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 Dublin III-VO der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils juris; im Anschluss an EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12 - , juris Rn. 60 und 62). Im Rahmen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems gilt grundsätzlich die Vermutung, dass Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte nach Art. 6 Abs. 1 EUV entsprechend behandelt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C 411/10 und C-493/10 -, juris).
11 
Systemische Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Rumänien sind für das Gericht nicht erkennbar (wie hier: VG Ansbach, Beschluss vom 14.02.2018 - AN 17 S 18.50128 -; VG Augsburg, Beschluss vom 10.11.2017 - Au 5 S 17.50352 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12.08.2016 - 12 L 2625/16.A -; VG Ansbach, Beschluss vom 30.09.2015 - AN 3 S 15.50375 -, alle juris; a.A.: VG Köln, Beschluss vom 31.03.2015 - 20 L 211/15.A -; VG Schwerin, Beschluss vom 27.03.2015 - 3 B 236/15 As -, alle juris).
12 
Das Auswärtige Amt schreibt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 05.12.2017 (GZ: 508-516.80/49833) u.a.: Das rumänische Asylverfahren, auch von im Dublin-Verfahren rücküberstellten Personen, basiert auf den einschlägigen Richtlinien der EU und orientiert sich rechtlich und tatsächlich an den damit verbundenen europäischen Standards. Erkenntnisse über Abweichungen in der Praxis liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Der Antragsteller hat abhängig von der Art des Antrags (Gewährung internationalen Schutzes, Folgeantrag etc.) und von dem durchgeführten Verfahren zur Bearbeitung des Antrags ein Recht auf mindestens einen Rechtsbehelf (Klage/ Klage und Berufung) gegen im Verwaltungsverfahren getroffene ablehnende Entscheidungen. Diese Möglichkeiten des Rechtsschutzes sind im Asylgesetz Nr. 122/2006 geregelt. Informationen über Verfahrensmängel bezüglich des Art. 47 GR-Charta (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht) oder Beschwerden Betroffener liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Erkenntnisse über Abweichungen von rechtsstaatlichen Grundsätzen und europäischen Richtlinien im rumänischen Asylsystem, sowohl rechtliche, als auch tatsächliche, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Asylantragsteller haben laut Asylgesetz Nr. 122/2006 (nachträglich überarbeitet und ergänzt) Anspruch auf medizinische Primärversorgung und notfallbedingte Krankenhausversorgung sowie auf medizinische Versorgung und kostenlose Behandlung bei chronischen und akuten Krankheiten. Ein Asylantragsteller hat demzufolge Zugang zur medizinischen Versorgung und kostenlosen Behandlung gemäß Befund. Für die Fortsetzung einer zum Zeitpunkt der Überstellung in Deutschland begonnenen medizinischen Behandlung muss der Asylantragsteller alle medizinischen Unterlagen über die erfolgten Untersuchungen, den Befund, Beginn sowie die durchgeführte spezifische medizinische Behandlung vorlegen. Asylantragsteller mit besonderen medizinischen Behandlungsbedürfnissen können in Aufnahmeeinrichtungen der Einwanderungsbehörde mit medizinischem Fachpersonal, das die Durchführung der Behandlung und den weiteren medizinischen Verlauf der Patienten verfolgt, untergebracht werden. Zusätzlich zu den durch den rumänischen Staat über den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds gewährten Leistungen werden Projekte mithilfe von NROs zur Unterstützung Asylantragsteller mit besonderen Bedürfnissen durchgefühlt. Die monatlichen staatlichen Ausgaben pro Asylantragsteller in Rumänien betragen 1.150 Lei (entspricht ca. 261 EUR), von denen der Antragsteller 10 Lei pro Tag, also. ca. 68 EUR monatlich bar ausgezahlt erhält. Die nicht ausgezahlten Beträge decken Kosten für Unterbringung und sonstige Versorgung (ärztlich, sozial etc.). Personen und Familien, deren monatliches pro-Kopf-Einkommen bei 200 Lei (ca. 44 EUR) oder darunter liegt, erhalten abhängig von den individuellen Umständen finanzielle Unterstützung und Sozialleistungen (u. a. Befreiung von der Steuerpflicht, kostenlos Strom und Heizung) vom rumänischen Staat. Das Recht auf Zugang zum rumänischen Arbeitsmarkt besteht bereits nach dreimonatigem Aufenthalt, auch wenn das Asylverfahren noch anhängig ist. Erlaubt sind sowohl selbstständige Arbeit als auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse. Die nach Rumänien rücküberstellten Asylbewerber genießen alle im Asylgesetz Nr. 122/2006 (nachträglich ergänzt und überarbeitet) festgelegten Rechte, dazu zählt auch die Unterkunft in einer offenen Aufnahmeeinrichtung der Einwanderungsbehörde. Sonder- und Zusatzleistungen in Bezug auf Wohnraum, Sachleistungen, Geldleistungen, medizinische Versorgung und integrative Förderung werden für besonders Schutzbedürftige, darunter auch Familien mit Babys, Kleinkindern oder Minderjährigen oder unbegleitete Minderjährige, tatsächlich gewährt. Die Unterbringung und Versorgung in Aufnahmeeinrichtungen erfolgt im Familienverband und getrennt von anderen Gruppen. Die Unterbringung außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen erfolgt in geeigneten Wohnungen oder Häusern. Mietzuschüsse, auch im Rahmen EU-geförderter Projekte, werden gewährt. Die Unterbringung von international Schutzsuchenden in gesonderten geschlossenen Räumlichkeiten erfolgt nur in bestimmten gesetzlichen Situationen, wenn zum Beispiel das Risiko besteht, dass sich der Schutzsuchende dem Verfahren entzieht, oder wenn dieser die nationale Sicherheit gefährdet. Diese Maßnahme findet keine Anwendung im Falle minderjähriger Asylbewerber. Unabhängig von der Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen sorgen die rumänischen Behörden für die Einhaltung des Prinzips der Familieneinheit und des Kindeswohls aufgrund geltendem EU- und nationalem Recht. Die Aufnahmeeinrichtungen sehen gesonderte Unterkunftsbedingungen für Familien mit Minderjährigen vor. In geschlossenen Einrichtungen erfolgt ebenso die getrennte Unterbringung von allein reisenden Männern und Frauen sowie nach unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten und Ethnien, sofern erforderlich.
13 
Zwar gibt es eine Veröffentlichung kirchlicher Organisationen und von Pro Asyl aus dem Jahr 2012 u.a. zu Rumänien (Flüchtlinge im Labyrinth, Die vergebliche Suche nach Schutz im europäischen Dublin-System, S. 22 und 23), wonach ein faires, den EU-Richtlinien entsprechendes Asylverfahren in Rumänien nicht existiere. Flüchtlinge würden sehr schlecht über das Asylverfahren informiert, sie hätten meist weder für die Beratung noch für die Anhörung selbst Zugang zu Dolmetschern, würden bei einer Ablehnung des Asylantrags bis zu ihrer Abschiebung oft monatelang inhaftiert, selbst Flüchtlinge mit Schutzstatus kämen auf unbegrenzte Zeit ins Gefängnis und ein Asylantragsteller müsse in Rumänien von umgerechnet 85 Cent pro Tag leben, was nicht zur Deckung existenzieller Bedürfnisse ausreiche. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Rumänien aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkreten Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigender Behandlung droht. Denn Pro Asyl nennt als Quelle lediglich nicht näher bezeichnete „Berichte des UNHCR und anderer Organisationen" sowie „Berichte von Flüchtlingen“. Es ist daher schon nicht ersichtlich, woher Pro Asyl seine Informationen bezieht und ob diese verlässlich die Situation in Rumänien widerspiegeln. Weiter wird als Quelle der Bericht eines in Rumänien abgelehnten Asylbewerbers genannt, der im Anschluss in Deutschland ein Asylverfahren erreichen und dafür die Verletzung seiner Rechte in Rumänien vor Gericht geltend machen wollte. Der Erlebnisbericht eines einzelnen Asylbewerbers ist keine ausreichende Grundlage für die Feststellung systemischer Mängel in Rumänien, zumal die betreffende Person aufgrund des laufenden Gerichtsverfahrens in Deutschland ein Interesse daran gehabt haben könnte, die Zustände in Rumänien schlechter darzustellen, als sie es waren (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 10.04.2015 - 8 AE 750/15 -, juris). Dass die den Asylsuchenden und anerkannten Schutzberechtigten zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel defizitär seien, rechtfertigt keine andere Bewertung. Die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Situation schlechter ist als in Deutschland, reicht nicht aus, um die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK vorgegeben wird, zu überschreiten. Der Antragsteller muss sich auf den in Rumänien für alle dortigen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem Niveau in Deutschland nicht entspricht (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 30.09.2015 - AN 3 S 15.50375 -, juris Rn. 28 f.; VG Regensburg, Urteil vom 17.06.2015 - RO 4 K 15.50311 -, juris Rn. 30). Hinzu kommt, dass es sich bei dem genannten Bericht um eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2012 handelt, welche nicht mehr zur Beurteilung der aktuellen Situation geeignet sein dürfte. Dies zeigt sich schon daran, dass nach der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 05.12.2017 (s.o.) jedem Asylbewerber pro Monat umgerechnet ca. 68 EUR ausbezahlt werden, also pro Tag etwa 2 EUR zur Verfügung stehen und nicht mehr lediglich 85 Cent.
14 
Soweit der Antragsteller angegeben hat, er sei in Rumänien geschlagen, beschimpft und gefoltert worden, ist hieraus nicht ableitbar, dass dies nach einer Überstellung nach Rumänien und Übergabe an die rumänischen Behörden wieder passieren wird. Außerdem hätte sich der Antragsteller hiergegen auch bei den rumänischen Behörden beschweren und den dortigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Soweit er weiter vorgetragen hat, dass in dem Camp unhygienische Zustände geherrscht hätten, wird dies durch die vorhandenen Erkenntnismittel nicht bestätigt.
15 
Im Übrigen wird auf die umfangreichen Ausführungen im Bescheid des österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2017 (Bundesamtsakte AS 98) und in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts der Republik Österreich vom 18.07.2017 (Bundesamtsakte AS 128) verwiesen.
16 
Es liegen zudem keine zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor und der Abschiebung stehen auch keine sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Gründe im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG entgegen.
17 
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers vorgetragen hat, dass er wegen seines Gesundheitszustands nicht nach Rumänien könne, liegt kein Abschiebungsverbot aufgrund einer Erkrankung vor, denn es bleibt bei dieser Behauptung, ohne hierzu konkreter vorzutragen. Eine konkrete Erkrankung hat der Antragsteller weder vorgetragen noch nachgewiesen. Soweit er in seiner Anhörung über die Zulässigkeit des Asylantrags am 19.09.2017 beim Bundesamt angegeben hat, er habe Schmerzen in der Brust, ist nicht von einer schwerwiegenden Erkrankung auszugehen, die sich in Rumänien alsbald verschlechtern könnte. Denn nach Angaben des Antragstellers war er deswegen in Deutschland bei einem Arzt, der jedoch nur gesagt habe, dass er zu viel rauchen würde. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller derzeit gesundheitliche Probleme mit seiner Schulter hat, an welcher er in Rumänien verletzt worden sein soll.
18 
Ein Abschiebungsverbot liegt auch nicht deshalb vor, weil der Antragsteller angegeben hat, er habe in Rumänien Angst vor dem Schleuser. Denn der Antragsteller könnte hierfür die Hilfe der rumänischen Polizei in Anspruch nehmen.
19 
Die Abschiebung ist auch nicht nach § 60a Abs. 2 AufenthG aus rechtlichen Gründen aufgrund der Verlobung des Antragstellers mit Frau XXX unmöglich, da die Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG lediglich für bestehende und gelebte Ehen, nicht jedoch für Verlöbnisse gelten. Eine Ausnahme wegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK kann nur in Betracht kommen, wenn die Eheschließung unmittelbar bevorsteht. Unmittelbar steht die Eheschließung grundsätzlich nur dann bevor, wenn ein zeitnaher Eheschließungstermin feststeht oder zumindest verbindlich bestimmbar ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 11.03.2010 - 19 CE 10.364 -, juris Rn. 3; Sächs. OVG, Beschluss vom 08.02.2005 - 3 BS 426/04 -, juris). Fehlt es an einem solchen Eheschließungstermin, kann ein unmittelbares Bevorstehen der Eheschließung ausnahmsweise schon dann bejaht werden, wenn das Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Ehevoraussetzungen nachweislich erfolgreich abgeschlossen ist und die Eheschließung sich nur aus nicht in der Sphäre der Verlobten liegenden Gründen verzögert (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 07.07.2010 - 8 ME 139/10 -, juris). Im vorliegenden Fall wurde vom Antragsteller zuletzt mit Schreiben vom 09.02.2018 vorgetragen, dass dieser und seine Verlobte sich derzeit um die Beschaffung der Unterlagen, welche für die standesamtliche Hochzeit in Deutschland von Nöten sind, bemühen würden. Damit wurde weder ein zeitnaher Eheschließungstermin genannt noch Nachweise für einen erfolgreichen Abschluss des Verwaltungsverfahrens zur Prüfung der Ehevoraussetzungen erbracht.
20 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
21 
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war ebenfalls abzulehnen. Nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO besteht ein Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn ein Beteiligter die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung hatte vorliegend keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (s.o.).
22 
4. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Er reiste am 22. Oktober 2018 erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein, nachdem er zuvor am 18. September 2018 im Rahmen eines Dublin-Verfahrens nach Italien überstellt worden war.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte - EURODAC-Treffer, Zustimmung der italienischen Behörden im Vorverfahren - für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 11. Januar 2019 erklärten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 14. Januar 2019 ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2019 ordnete die Antragsgegnerin die Abschiebung nach Italien an (Nr. 1). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 24 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 2).

Am 15. Februar 2019 erhob der Antragsteller im Verfahren W 8 K 19.50119 zu Protokoll Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte im vorliegenden Verfahren:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.50119) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Antragstellers ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass er in die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nummer 1 des Bundesamtsbescheides vom 5. Februar 2019 begehrt.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO - betreffend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides - ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 5. Februar 2019 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 1 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.

Italien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Italien ist nach Art. 18 Buchst. b und d zuständig. Die italienischen Behörden haben mit Schreiben vom 14. Januar 2019 ausdrücklich ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO erklärt. Das Wiederaufnahmegesuch erfolgte auch fristgerecht gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO (vgl. dazu auch OVG NRW, B.v. 31.1.2019 - 11 A 1458/15.A; VG München, B.v. 24.1.2019 - M 9 S 17.51556 - juris).

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.

Die Überstellung nach Italien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer. Grundsätzlich erhalten auch Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung. Sofern sie einen Asylantrag stellen, wird ein Asylverfahren durchgeführt bzw. ein bereits anhängiges Verfahren wird fortgesetzt. Aktuelle Erkenntnisse, auf die Bezug genommen wird, liegen diesbezüglich der zitierten Rechtsprechung zugrunde (vgl. neben der schon im streitgegenständlichen Bescheid zitierten Rechtsprechung insbesondere noch VG München, B.v. 24.1.2019 - M 9 S 17.51556 - juris; B.v. 23.1.2019 - M 9 S 17.52280 - juris; B.v. 8.1.2019 - M 9 S 17.51617 - juris; Ge.v. 7.11.2018 - M 1 K 17.53666 und M 1 K 17.51257 - juris; U.v. 30.10.2018 - M 1 K 17.52005 - juris; B.v. 17.10.2018 - M 1 S 17.52238 - juris; VG Berlin, G.v. 9.1.2019 - 34 K 1131.17 A - juris; VG Hannover, B.v. 14.1.2019 - 5 B 5153/18 - juris; OVG NRW, B.v. 7.1.2019 - 13 A 888.18.A -juris; VG Augsburg, U.v. 30.10.2018 - Au 6 K 18.50780 - juris; VG Stade, B.v. 26.10.2018 - 1 B 2047/18 - juris; NdsOVG, B.v. 6.8.2018 - 10 LA 320/18 - juris; B.v. 6.6.2018 - 10 LB 167/18 - NVwZ-RR 2018, 909 - juris; VG Würzburg, U.v. 5.7.2018 - W 2 K 17.50701 - juris).

Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende im Einzelfall während der Bearbeitung ihres Asylantrages in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen der Mitgliedsstaaten vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Rechtsverletzung im Schutzbereich von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GR-Charta mit den dafür notwendigen Schweregrad nahelegt (neben der oben zitierten Rechtsprechung auch noch OVG NRW, U.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris, Rn. 41 ff.)

Auch die gegenwärtige Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, welcher eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigender Behandlungen durch Italien wird erst dann überschritten, wenn auf eine erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann nicht ausgegangen werden (vgl. VG München, B.v.14.3.2017 - M 9 S 17.50285 - juris; B.v. 2.5.2017 - M 9 S 17.50821 - juris).

Denn in Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (BFA, Bundesamt für das Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Italien vom 27.9.2018, S. 6). Auch aus der jüngeren und jüngsten Entwicklung in diesem Jahr ergibt sich nichts Gegenteiliges. So hat sich die Zahl der Unterbringungsplätze bei gleichzeitig zurückgehenden Asylanträgen und Asylverfahren in Italien sowie zurückgehender Zahl von Personen in den staatlichen Unterbringungseinrichtungen deutlich erhöht (vgl. VG München, Ge.v. 7.11.2018 - M 1 K 17.53666 und M 1 K 17.51257 - juris; U.v. 30.10.2018 - M 1 K 17.52005 - juris; VG Stade, B.v. 16.10.2018 - 1 B 2047/18 - juris; m.w.N.; siehe auch BFA, Bundesamt für das Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Italien vom 27.9.2018, S. 6 f. und 12 f.). In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell von Dublin-Rückkehrern. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert. Dublin-Rückkehrer haben letztlich einen durchsetzbaren Unterkunftsanspruch. Ihnen droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit, weil sie auch faktisch in der Regel einen Zugang zu Wohnraum haben. Dublin-Rückkehrer haben bei ihrer Ankunft in Italien je nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften. Zur Durchsetzung des Unterkunftsanspruchs müssen Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen sind, zum Zweck der förmlichen Registrierung wieder zu den für ihr Asylverfahren bzw. ihre Unterbringung zuständigen Stellen reisen. Dazu erhalten sie am Flughafen entsprechende Informationen. Dass in Einzelfällen auch Dublin-Rückkehrer obdachlos werden können, ändert nichts an der Verneinung des Vorliegens systemischer Mängel (vgl. VG München, B.v. 24.1.2019 - M 9 S 17.51556 - juris; B.v. 23.1.2019 - M 9 S 17.52280 - juris; B.v. 18.1.2019 - M 9 S 17.51617 - juris; VG Hannover, B.v. 14.1.2019 - 5 B 5153/18 - juris; VG Berlin, G.v. 9.1.2019 - 34 K 1131.17 A - juris; OVG NRW, B.v. 7.1.2019 - 13 A 888/18.A -juris; NdsOVG, B.v. 6.6.2018 - 10 LB 167/18 - NVwZ-RR 2018, 909; VG Würzburg, U.v. 5.7.2018 - W 2 K 17.50701 - juris).

Dem Antragsteller ist es zuzumuten, sich den Anforderungen des italienischen Asyl- und Aufnahmeverfahrens zu unterwerfen.

Auch ein möglicher Politikwechsel der aktuellen italienischen Regierung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Belastbare Rückschlüsse auf ein künftiges Verhalten der italienischen Behörden, gerade auch im Hinblick auf Dublin-Rückkehrer, sind zurzeit noch nicht verlässlich möglich (NdsOVG, B.v. 6.8.2018 - 10 LA 320/18 - juris). Die Änderungen infolge des Salvini-Dekrets, gerade durch Wegfall der SPRAR-Unterbringungsplätze führt nicht zu systemischen Mängeln gerade angesichts des Rückgangs der Flüchtlingszahlen, zumal weiterhin nicht davon auszugehen ist, dass der italienische Staat mit Gleichgültigkeit reagiert, sondern auch entsprechende Maßnahmen zur Bewältigung von Obdachlosigkeit trifft (VG Hannover, B.v. 14.1.2019 - 5 B 5153/18 - juris; VG Berlin, G.v. 9.1.2019 - 34 K 1131.17 A - juris).

Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich nach alledem auch nicht mit Blick auf die konkrete Situation des Antragstellers annehmen. Vielmehr geht das Gericht von einer hinreichenden Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeit in Italien aus. Vor diesem Hintergrund stehen einer Überstellung auch keine grundsätzlichen europa- bzw. verfassungsrechtlichen Gründe entgegen (vgl. BVerfG, B.v. 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 - DVBl 2018, 370).

Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen ebenso wenig vor wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Der Verweis des Antragstellers auf seine in der Bundesrepublik Deutschland lebende Verlobte - zu der er keine näheren Angaben gemacht hat - ist im Dublin-System im vorliegenden Fall unerheblich. Bei seiner Verlobten handelt es sich nicht um eine Familienangehörige i.S.d. Art. 2 Buchst. g Dublin-III VO. Art. 16 Abs. 1 Dublin-III VO ist ebenfalls nicht anwendbar, da die Verlobte anders als die Verwandten des Antragsstellers in der Norm nicht genannt wird. Von einer familiären Bindung bereits im Herkunftsstaat ist nichts bekannt. Somit besteht zwischen der angekündigten Eheschließung des Antragstellers und seinem Asylverfahren kein Sachzusammenhang, der eine asylrechtliche Familienzusammenführung geböte. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III VO setzt demgegenüber außergewöhnliche humanitäre Gründe voraus, da es nicht dazu dienen soll, das Zuständigkeitssystem der Dublin-III VO - insbesondere auch im Hinblick auf die darin enthaltenen Regelungen zu den Voraussetzungen der Familienzusammenführung - auszuhöhlen. Eine beabsichtigte Eheschließung in der Bundesrepublik führt damit nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null (VG Augsburg, B.v. 28.9.2018 - Au 6 S 18.50756 - juris).

Auch sonst liegen beim Antragsteller weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG - bezogen auf Italien - noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor. Das Vorbringen des Antragstellers, dass sich seine Verlobte in Deutschland aufhalte und er seine Anerkennung und Eintragung als Architekt von der Bayerischen Architektenkammer erwarte, er stehe kurz vor mehreren Vorstellungsgesprächen, ändert nichts daran. Denn wie bereits ausgeführt, gibt es nach der Dublin III-VO gerade kein „Forum Shopping“ bzw. „asylum shopping“ dergestalt, dass der Betroffene ein Recht darauf habe, sich einen Mitgliedsstaat für die Prüfung seines Asylantrags auszusuchen, der beispielsweise ein besseres soziales Sicherungssystem oder bessere Unterbringungsmöglichkeiten oder bessere Arbeitsmöglichkeiten bietet (vgl. VG München, B.v. 24.1.2019 - M 9 S 17.51556 - juris m.w.N.).

Die Abschiebung ist auch nicht nach § 60a Abs. 2 AufenthG aus rechtlichen Gründen aufgrund der angeblichen Verlobung des Antragstellers unmöglich, da die Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG lediglich für bestehende und gelebte Ehen, nicht jedoch für Verlöbnisse gelten. Eine Ausnahme wegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK kann nur in Betracht kommen, wenn die Eheschließung unmittelbar bevorsteht (VG Stuttgart, B.v. 29.6.2018 - A 5 K 16619/17 - juris). Insofern hat der Antragsteller nicht substanziiert unter Vorlage von aussagekräftigen Belegen vorgebracht, dass eine Hochzeit etwa unmittelbar bevorstehe.

Nach alledem ist die Abschiebung des Antragstellers nach Italien rechtlich zulässig und möglich.

Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.