Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 07. März 2014 - Vf. 54-VI/13
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.
Gründe
I.
5. Dezember 2011 (Az. AN 2 K 11.02456).
Mit Urteil vom 31. Juli 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klagen ab. Die Beschwerdeführerin habe die Klausur in Biologie I, die nur einmal wiederholt werden könne, endgültig nicht bestanden. Sie habe den Rücktritt von der Wiederholungsprüfung aufgrund einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit erst mit dem Widerspruchsschreiben vom 4. Dezember 2011 und damit nicht unverzüglich erklärt. Angesichts der Begleitumstände könne sie sich nicht darauf berufen, ihr sei eine Prüfungsunfähigkeit nicht bewusst gewesen. Ein Prüfling sei gehalten, sich bei auftretenden Zweifeln im Hinblick auf ein reduziertes Leistungsvermögen unverzüglich um Aufklärung seines Gesundheitszustands zu bemühen. Der Beschwerdeführerin sei ihr Krankheitszustand laut eigenen Ausführungen seit dem 12. Mai 2011 bekannt gewesen. Sie habe zudem unter ständiger ärztlicher Kontrolle gestanden. Es sei unerfindlich, weshalb sie sich nicht noch rechtzeitig vor der Prüfung am 14. Oktober 2011 auf ihren Gesundheitszustand und ihre Prüfungsfähigkeit habe untersuchen lassen. Ein Abwarten mit der Erklärung des Rücktritts bis nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses sei jedenfalls nicht mehr unverzüglich im Sinn der Prüfungsordnung. Studierende, die eine erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden hätten, seien nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG zu exmatrikulieren. Neben der Klausur in Biologie I habe die Beschwerdeführerin unstreitig auch die Klausur Allgemeine und Anorganische Chemie endgültig nicht bestanden.
(Az. 7 ZB 12.1973). Für die Frage, ob im Fall des nachträglichen Prüfungsrücktritts eine im Prüfungszeitraum unerkannte Prüfungsunfähigkeit vorgelegen habe, komme es nicht auf das subjektive Empfinden der Prüfungsteilnehmerin an. Es sei deren Sache, sich vor Beginn der Prüfung zu vergewissern, ob ihre Leistungsfähigkeit durch Krankheit beeinträchtigt sei. Die Beschwerdeführerin könne dem nicht entgegenhalten, dass sie gehindert gewesen wäre, die sie behandelnden Ärzte in Erlangen wegen der großen Entfernung zu ihrem Heimatort rechtzeitig aufzusuchen. Zur Prüfungsteilnahme habe sie ohnehin an ihren Studienort reisen müssen. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Begrenzung der sogenannten Einzelfachwiederholung auf eine weitere fachliche Teilprüfung mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei, habe der Verwaltungsgerichtshof an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Prüfungswiederholung keine Zweifel. Auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin auch das Fach Allgemeine und Anorganische Chemie endgültig nicht bestanden habe, komme es für die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation nicht an, da hinsichtlich des endgültigen Nichtbestehens der Klausur im Fach Biologie I keine ernstlichen Zweifel bestünden. Im Übrigen müsse für die Exmatrikulation ein Bescheid über das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung noch nicht unanfechtbar sein.
II.
2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hält die Verfassungsbeschwerde wegen Verfristung für unzulässig. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe der Fristversäumung rechtfertigten keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da keiner dieser Gründe ein von ihr nicht zu vertretendes Hindernis darstelle. Unabhängig davon habe sie nicht substanziiert vorgetragen, durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 101 BV verletzt zu sein. Ihr Vorbringen lasse eine Grundrechtsverletzung nicht möglich erscheinen, weil die Begrenzung von Wiederholungsmöglichkeiten bei Prüfungen rechtmäßig sei. Eine darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Fragestellung lasse sich nicht erkennen. Im Übrigen wäre die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Das Erfordernis, eine Prüfungsunfähigkeit unverzüglich geltend zu machen, entspreche einer verhältnismäßigen Berücksichtigung subjektiver Empfindlichkeiten und einer rechtssicheren Ausgestaltung der betreffenden Verfahren.
III.
m. w. N.). Auch der besondere Gleichheitssatz des Art. 118 a BV, demzufolge Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligt werden dürfen (Satz 1) und der Staat sich für gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung einzusetzen hat (Satz 2), enthält eine grundsätzliche Verpflichtung zu Ausgleichsmaßnahmen zugunsten behinderter Prüfungsteilnehmer (vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 118 a Rn. 1 f.; zu Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 262).
IV.
Das Grundrecht der Handlungsfreiheit, das auch den beruflichen Bereich einschließlich der Zulassung zu Prüfungen umfasst, steht unter einem allgemeinen Gesetzesvorbehalt, wobei zu den Gesetzen im Sinn des Art. 101 BV auch Satzungen gehören (VerfGH vom 27.1.1994 - Vf. 14-VII-92 - juris Rn. 66). Art. 101 BV setzt dem Normgeber allerdings Schranken beim Erlass von Rechtsvorschriften, die die Freiheits- und Berufssphäre begrenzen. Das als Freiheitsbeschränkung gewählte Mittel muss zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein und darf die Handlungsfreiheit des Betroffenen nicht in unzumutbarer Weise einschränken. Daraus folgt, dass auch Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der angestrebten Berufstätigkeit stehen dürfen (VerfGH vom 28.1.1988 VerfGHE 41, 4/8 f.; vom 24.2.1988 VerfGHE 41, 17/21; vom 27.1.1994 Vf. 14-VII-92 - juris Rn. 66).
Hinsichtlich der zur Grundlagen- und Orientierungsprüfung gehörenden Prüfungsteile durfte die FAU entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ohne Verstoß gegen Art. 101 BV davon ausgehen, dass nach zweimaligem Scheitern regelmäßig mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die betreffenden Kandidaten für die Fortsetzung des Studiums und für die Ausübung eines dem Studium entsprechenden Berufs nicht geeignet sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Verfassungsgerichtshof bei der Überprüfung solcher Bestimmungen Grenzen gesetzt sind. Die Einschätzung des universitären Normgebers, dass die Einzelprüfungen der Grundlagen- und Orientierungsprüfung nach Inhalt, Umfang und Bewertungsverfahren aussagekräftig genug sind, um jedenfalls für den Regelfall nach zwei Fehlversuchen sichere Rückschlüsse auf die mangelnde Eignung des Studierenden zu ermöglichen, beruht auf fachbezogenen Erwägungen und Wertungen. Diese könnten vom Verfassungsgerichtshof nur korrigiert werden, wenn sie offensichtlich fehlerhaft wären oder der verfassungsrechtlichen Wertordnung widersprächen (vgl. VerfGHE 41, 4/9 m. w. N.). Eine solche Feststellung lässt sich hier nicht treffen.
V.
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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.
(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.
(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderung und -verfahren sind so zu gestalten, daß die Abschlußprüfung innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. Prüfungsordnungen müssen die Inanspruchnahme der Schutzfristen des § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Fristen der landesrechtlichen Regelungen über die Elternzeit ermöglichen. Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer geltenden Prüfungsordnung insbesondere verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 6 nicht entspricht.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
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Der Beschluss des Amtsgerichts Gummersbach vom 6. März 2009 - 82 Ls-114 Js 87/05-55/08 - verletzt Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes.
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...
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Ausschluss eines anwaltlichen Beistands von der Zeugenvernehmung.
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I.
- 2
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1. In einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Gummersbach, welches Korruptionsvorwürfe in der Energiewirtschaft zum Gegenstand hatte, wurde der Beschwerdeführer als Zeuge geladen. Er erschien mit einem zuvor mandatierten Rechtsanwalt.
- 3
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Ausweislich des Sitzungsprotokolls gestaltete sich der Verfahrensablauf wie folgt:
- 4
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Aufruf des Zeugen G.
- 5
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Der Zeuge G. erschien in Begleitung seines Zeugenbeistands Rechtsanwalt Dr. V. Herr Rechtsanwalt Dr. V. erklärte, dass sein Mandant, Herr Rechtsanwalt G., eine Unterstützung bei seiner Aussage im Hinblick auf § 55 StPO benötige und wünsche.
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Es wurde Gelegenheit zu Stellungnahmen gegeben.
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Die Staatsanwaltschaft sah unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung und des § 55 StPO keine Veranlassung, Herrn Rechtsanwalt Dr. V. als Zeugenbeistand zuzulassen.
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Das Gericht zog sich um 10:09 Uhr zur Beratung zurück.
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Die Sitzung wurde um 10:18 Uhr mit allen Prozessbeteiligten wie vor der Unterbrechung fortgesetzt.
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Es erging folgender Gerichtsbeschluss:
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b.u.v.
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Es wird festgestellt, dass der Zeuge nicht berechtigt ist, einen Zeugenbeistand zu seiner Vernehmung hinzuzuziehen.
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Rechtsanwalt Dr. V. beantragte zu diesem Beschluss rechtliches Gehör.
- 14
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Das rechtliche Gehör wurde Herrn Rechtsanwalt Dr. V. gewährt, er gab eine Erklärung ab.
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Die Erklärung wurde durch das Gericht zur Kenntnis genommen.
- 16
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Herr Rechtsanwalt Dr. V. erklärte für den Zeugen, dass dieser sich das Recht vorbehalte, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Rechtsanwalt Dr. V. nahm im Zuschauerraum des Sitzungssaales Platz.
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Einvernahme des Zeugen G.: …
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2. Die hiernach eingelegte Beschwerde verwarf das Landgericht Köln durch Beschluss vom 14. April 2009 als unzulässig.
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3. Durch Urteil des Amtsgerichts Gummersbach vom 27. April 2009 wurden die vier Angeklagten des Ausgangsverfahrens wegen Vorteilsannahme und Beihilfe zur Vorteilsannahme und in Einzelfällen wegen Untreue zu Geldstrafen verurteilt. Das Berufungsverfahren ist vor dem Landgericht Köln anhängig.
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4. Mit der fristgerecht eingereichten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Er sei deshalb mit einem Rechtsanwalt erschienen, da er befürchtete, sich oder seiner Arbeitgeberin durch seine Aussage zu dem Problemkomplex "Korruptionsverdacht in der Energiewirtschaft" ungewollt zu schaden. Die Frage des Vorsitzenden, ob er sich durch die bevorstehende Vernehmung konkret der Gefahr ausgesetzt sehe, von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen zu müssen, habe der Beschwerdeführer aus Angst, ein de-facto-Geständnis potentieller eigener Straftaten abzugeben, durch seinen Rechtsanwalt verneinen lassen. Der Schutz des fairen Verfahrens sei jedoch nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Zeuge erwäge, sich auf § 55 StPO zu berufen. Für den Ausschluss des Zeugenbeistands fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Dieser sei zudem zur Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig gewesen. Es habe keine Gefahr bestanden, dass der Beistand seine Rechte missbrauchen werde.
- 21
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5. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der Bundesgerichtshof sowie der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Generalbundesanwalt hält die Verfassungsbeschwerde nach dem vorgetragenen Sachverhalt für zulässig und begründet.
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II.
- 22
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Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zum Recht eines Zeugen auf Zuziehung eines anwaltlichen Beistands hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 38, 105; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. April 2000 - 1 BvR 1331/99 -, NStZ 2000, S. 434 <435>). Danach ist die zulässige Verfassungsbeschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Sinn offensichtlich begründet.
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Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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1. Die diesem immanente Forderung nach verfahrensmäßiger Selbständigkeit des in ein justizförmiges Verfahren hineingezogenen Bürgers bei der Wahrnehmung ihm eingeräumter prozessualer Rechte und Möglichkeiten gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten gebietet es, auch dem Zeugen grundsätzlich das Recht zuzubilligen, einen Rechtsbeistand seines Vertrauens zu der Vernehmung hinzuzuziehen, wenn er das für erforderlich hält, um von seinen prozessualen Befugnissen selbständig und seinen Interessen entsprechend sachgerecht Gebrauch zu machen. Die Lage des Zeugen, der sich in Erfüllung seiner allgemeinen staatsbürgerlichen Zeugenpflichten der Gefahr eigener Verfolgung aussetzt, weist enge Bezüge zu der Situation des Beschuldigten auf (vgl. BVerfGE 38, 105 <112>). Im Gegensatz zu diesem unterliegt der Zeuge jedoch grundsätzlich der Aussage- und Wahrheitspflicht mit den sie sichernden Zwangsmitteln und Strafandrohungen. Er darf Belastendes nicht bloß verschweigen, sondern muss ausdrücklich ablehnen, ihm gefährlich erscheinende Fragen zu beantworten mit den damit verbundenen ungünstigen Auswirkungen gegenüber Verfahrensbeteiligten und Öffentlichkeit. Frei vom Aussagezwang ist dieser Zeuge erst, wenn er selbständig und sachgerecht über die Ausübung oder Nichtausübung des Auskunftsverweigerungsrechts entscheiden kann (vgl. BVerfGE 38, 105 <113>).
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Das Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet dem Zeugen jedoch nicht schlechthin ein allgemeines Recht auf Rechtsbeistand. Mit dem Postulat der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege ist es nicht vereinbar, die Mitwirkung eines Rechtsbeistands in jedem Fall und ohne jede Einschränkung zu dulden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt vielmehr eine Abwägung zwischen dem Anspruch des Zeugen und dem öffentlichen Interesse an der Effizienz des Strafprozesses, die die Behörden und Gerichte unter Beachtung aller persönlichen und tatsächlichen Umstände des Einzelfalles vorzunehmen haben. Für die Hinzuziehung eines Rechtsbeistands bedarf es daher einer besonderen rechtsstaatlichen Legitimation, die sich in unterschiedlicher Ausprägung aus der jeweiligen besonderen Lage des Zeugen, insbesondere aus den ihm im eigenen Interesse eingeräumten prozessualen Befugnissen bei der Erfüllung der allgemeinen staatsbürgerlichen Zeugenpflichten ergibt (vgl. BVerfGE 38, 105 <118>).
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2. Diesen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses eines Zeugenbeistands entspricht die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts Gummersbach nicht.
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Es fehlt an einer Abwägung zwischen den Interessen des Zeugen und denen des Staates an der Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege. Unabhängig von der Frage, wie sich bereits das Fehlen einer expliziten Rechtsgrundlage für den Ausschluss eines Zeugenbeistands (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. April 2000 - 1 BvR 1331/99 -, NStZ 2000, S. 434 <435>; zur Untauglichkeit des § 68b StPO a.F. als Rechtsgrundlage vgl. BTDrucks 13/7165, S. 8; 16/12098, S. 10, 15; Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2008, § 68b Rn. 1) im Rahmen der Prüfung des fairen Verfahrens auswirkt, ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die Zurückweisung des Beistands zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege erforderlich war. Ein Anwalt kann von der Vertretung des Zeugen dann ausgeschlossen werden, wenn seine Teilnahme erkennbar dazu missbraucht wird, eine geordnete und effektive Beweiserhebung zu erschweren oder zu verhindern und damit das Auffinden einer materiell richtigen und gerechten Entscheidung zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 38, 105 <120>). Anhaltspunkte hierfür sind in der angegriffenen Entscheidung nicht aufgezeigt.
- 28
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a) Eine Abwägung ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Zeuge vor Beginn seiner Vernehmung keine näheren Angaben zum Grund der Hinzuziehung eines Beistands machte, sondern sich zunächst lediglich pauschal auf § 55 StPO berief. Nicht der Zeuge muss deren Notwendigkeit darlegen; der Ausschluss des Beistands bedarf der Rechtfertigung (vgl. auch Rogall, in: Systematischer Kommentar zur StPO, 62. Lieferung [Juli 2009], Vor § 48 Rn. 108; vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 307/83 -, NStZ 1983, S. 374 <375>). Maßgebend ist, ob der Zeuge die Mitwirkung des Beistands für erforderlich hält, um seine prozessualen Rechte wahrzunehmen. Diese sind vielgestaltig: neben dem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO fallen hierunter auch das Beanstandungsrecht bei Fragen, die unter § 68a StPO fallen sowie solchen, die unzulässig, ungeeignet sind oder nicht zur Sache gehören, § 241 Abs. 2 StPO. Ferner Anträge auf Ausschluss der Öffentlichkeit, §§ 171b, 172 GVG, z.B. zur Wahrung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses, Anträge auf Ausschluss des Beschuldigten, § 247 StPO, das Recht auf Abgabe eines zusammenhängenden Berichts, § 69 Abs. 1 Satz 1 StPO, die Einflussnahme bei der Protokollierung sowie generell die Vermeidung von Aussagefehlern und Missverständnissen (vgl. BVerfGE 38, 105 <117>; Thomas, NStZ 1982, S. 489 <492>; Krey, in: Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 239 <260f.>). Diese weiteren Rechte des Zeugen lassen sich als zukünftiges prozessuales Geschehen zwar nahezu immer abstrakt, höchst selten aber konkret vorhersehen (vgl. Thomas, a.a.O.). Selbst wenn der Zeuge seine Rechte kennt, kann er sich somit in der Mehrzahl der Fälle vor seiner Vernehmung lediglich pauschal hierauf berufen, wodurch eine konkrete Begründungspflicht regelmäßig keine nähere Sachverhaltsaufklärung ermöglicht. Vom Zeugen entsprechende Ausführungen zum Grund des Erscheinens in Begleitung eines Rechtsbeistands zu verlangen, würde ihn auch der Gefahr aussetzen, solche Angaben zu machen, vor deren Offenbarung im Rahmen der Vernehmung ihn § 55 StPO gerade schützen will (vgl. Lüdeke, Der Zeugenbeistand, 1995, S. 56).
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Den Interessen an einer effektiven Strafverfolgung und einem geordneten, auf die Wahrheitsfindung fokussierten Ablauf der Hauptverhandlung ist dann Rechnung getragen, wenn der Beistand bei einer Gefährdung dieser Ziele ausgeschlossen werden kann. Um dies zu ergründen, ist das Gericht durchaus befugt, die Umstände der Hinzuziehung eines Zeugenbeistands aufzuklären und entsprechende Fragen sowohl an den Zeugen als auch an dessen Beistand zu stellen, da es erst hierdurch in die Lage versetzt wird, etwaige Ausschlussgründe - jetzt gemäß § 68b Abs. 1 StPO - zu prüfen. Demgegenüber trifft den Zeugen grundsätzlich keine Rechtfertigungspflicht für das Erscheinen in Begleitung eines Rechtsbeistands. Eine Beeinträchtigung der effektiven Strafverfolgung besteht in der Regel nicht bereits dann, wenn der Zeuge keine Angaben zur eigentlichen Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Beistands macht (vgl. König, in: Festschrift für Riess, 2002, S. 243 <245>; BGH, Urteil vom 20. April 1989 - 4 StR 69/89 -, juris, Rn. 8).
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b) Die Verneinung der Frage, ob der Beschwerdeführer davon ausgehe, sich im Rahmen der bevorstehenden Vernehmung auf § 55 StPO zu berufen, vermag einen Ausschluss des Zeugenbeistands nicht zu rechtfertigen (vgl. Rogall, in: Systematischer Kommentar zur StPO, 62. Lieferung [Juli 2009], Vor § 48 Rn. 108). Bei § 55 Abs. 1 StPO handelt es sich nicht um ein generelles Aussageverweigerungs-, sondern um ein auf einzelne Fragen beschränktes Auskunftsverweigerungsrecht. Es gibt dem Zeugen die situative Befugnis, einzelne Fragen nicht zu beantworten (vgl. Rogall, in: Systematischer Kommentar zur StPO, 62. Lieferung [Juli 2009], § 55 Rn. 20, zur Ausnahme s. Rn. 51; Ignor/Bertheau, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2008, § 55 Rn. 5). Zwar ist es möglich, dass der Zeuge schon vor seinem Bericht (§ 69 Abs. 1 StPO) allein anhand des ihm mitgeteilten Beweisthemas die Gefahr einer Selbstbelastung erkennen und die Auskunft über einzelne Tatsachen, Sachverhaltskomplexe oder in Gänze verweigern kann. Vom letzteren Fall abgesehen, wird der Zeuge im Verhör (§ 69 Abs. 2 StPO) jedoch erst im Einzelfall je nach dem Inhalt an ihn gestellter Fragen entscheiden können, ob er sich durch deren Beantwortung der Gefahr eigener strafrechtlicher Verfolgung aussetzt (vgl. Rogall, in: Systematischer Kommentar zur StPO, 62. Lieferung [Juli 2009], § 55 Rn. 34). Es ist ihm daher grundsätzlich unmöglich, ex ante ein etwaiges Eingreifen des Auskunftsverweigerungsrechts zu prognostizieren. Inwiefern im vorliegenden Fall, auch mit Blick auf die Profession des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt, etwas anderes gelten könnte, hat das Amtsgericht nicht dargelegt.
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3. Da der angegriffene Beschluss keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr zeitigt, ist neben der Feststellung nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 95 Abs. 2 BVerfGG kein Raum (vgl. BVerfGE 42, 212 <222>; 44, 353 <354, 383>; 96, 44 <55 f.>).
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Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 und § 14 Abs. 1 RVG.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.