Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 18. Juli 2019 - 1 VA 89/19

bei uns veröffentlicht am18.07.2019
vorgehend
Amtsgericht München, 38 HL 381/19, 02.04.2019

Gericht

Bayerisches Oberstes Landesgericht

Tenor

I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird verworfen.

II. Der Geschäftswert wird auf 42.699,77 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Hinterlegerin erstritt ein nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, in dem die Antragstellerin verurteilt wurde, 109.919,06 € nebst Zinsen (hieraus) in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2013 zu zahlen; das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags erklärt. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil beantragte die Hinterlegerin beim Amtsgericht München die Annahme einer Geldsumme von 170.799,09 € zur Hinterlegung; zur Höhe der Summe legte sie Berechnungen vor, nach denen sich der ausgeurteilte Betrag einschließlich Zinsen bis zum 17. April 2019 auf 155.271,90 € belaufe und 110% davon den zu hinterlegenden Betrag ausmache. Als mögliche Empfängerinnen gab die Hinterlegerin sich selbst und die Antragstellerin an. Mit Bescheid vom 2. April 2019 ordnete das Amtsgericht die Annahme dieser Summe zur Hinterlegung an.

Dagegen hat sich die Antragstellerin beschwert. Sie ist der Auffassung, der Hinterlegungsantrag hätte zurückgewiesen werden müssen, weil die Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung durch das Amtsgericht auf einfachen Antrag der Hinterlegerin unzulässig sei; unter Hinweis auf Urteile des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 1997 (MDR 1997, 1163) und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aus dem Jahr 1996 (MDR 1996, 961) vertritt sie die Auffassung, dass die Höhe der Sicherheitsleistung vom Prozessgericht ziffernmäßig bestimmt werden müsse. Die Präsidentin des Amtsgerichts München hat die Beschwerde mit Bescheid vom 6. Mai 2019 zurückgewiesen, welcher der Antragstellerin am 10. Mai 2019 zugestellt worden ist.

Dagegen richtet sich der per Telefax eingelegte Antrag der Antragstellerin vom 28. Mai 2019, mit dem sie daneben beantragt, den Bescheid vom 2. April 2019 „bis zu einer rechtsgültigen Entscheidung auszusetzen“.

II.

Der Antrag in der Hauptsache hat keinen Erfolg. Damit hat sich der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Aussetzungsantrag erledigt.

1. Der Antrag gemäß § 23 EGGVG ist unzulässig.

Er ist zwar gemäß Art. 8 Abs. 3 HintG statthaft, aber schon mangels Antragsbefugnis der Antragstellerin unzulässig.

Nach § 24 Abs. 1 EGGVG ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Die behauptete Verletzung muss sich unmittelbar aus der angegriffenen Maßnahme ergeben (vgl. Lückemann in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 24 EGGVG Rn. 1). Vorliegend beruft sich die Antragstellerin nicht darauf, dass sie durch die Anordnung der Hinterlegungsstelle, eine Geldsumme zur Hinterlegung anzunehmen, in ihren eigenen Rechten verletzt sei.

Die Hinterlegungsanordnung ist als solche auch nicht geeignet, die Antragstellerin in deren eigenen Rechten zu berühren. Diese ist zwar gemäß Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 HintG am Hinterlegungsverfahren beteiligt, weil sie als mögliche Empfängerin der hinterlegten Geldsumme angegeben ist; daraus folgt indes nicht, dass jede Entscheidung im Hinterlegungsverfahren ihre Rechte berührte. Allein der Umstand, dass sie der Auffassung sein mag, die Hinterlegung sei nicht geeignet, die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main herbeizuführen, genügt für die Annahme einer unmittelbaren Beeinträchtigung ihrer Rechte nicht. Eine solche Beeinträchtigung könnte erst vorliegen, wenn ein Vollstreckungsorgan auf der Grundlage der Hinterlegung eine gegen die Antragstellerin gerichtete Vollstreckungsmaßnahme ergreift, die dann mit den gegen sie stattfindenden Rechtsbehelfen angegriffen werden kann.

2. Die Angriffe der Antragstellerin sind im Übrigen auch in der Sache nicht begründet.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main steht in Übereinstimmung mit den Regelungen des § 709 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I. S. 1887). Nach dessen Satz 2 genügt es bei der Vollstreckung wegen einer Geldforderung, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird; die Angabe einer bestimmten Höhe der Sicherheitsleistung im Urteil ist damit entbehrlich. Die von der Antragstellerin angegebenen älteren Entscheidungen sind obsolet.

Fehl geht auch die von der Antragstellerin in deren Schreiben vom 28. Mai 2019 (Bl. 24 d. A.) geäußerte Auffassung, dass bei der Hinterlegungssumme keine Vorsorge für Zinsausfall und Kosten für die - von ihr angerufene - zweite Instanz getroffen sei. Denn derartige Schäden aus der erfolgten Vollstreckung abzudecken ist die Funktion des im Verhältnis zum zu vollstreckenden Betrag festgesetzten Aufschlags (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2014, VII ZB 16/13, NJW 2015, 77 Rn. 19).

III.

Die Verpflichtung der Antragstellerin zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich unmittelbar aus § 22 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 19 GNotKG. Für die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten der in der Sache unterliegenden Antragstellerin nach § 30 Satz 1 EGGVG gibt es keine Veranlassung.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 1 GNotKG. Die Antragstellerin verfolgt lediglich die vorübergehende Hemmung der Vollstreckbarkeit des 1 VA 89/19 - Seite 5 landgerichtlichen Urteils, so dass ihr maßgebliches wirtschaftliches Interesse hinter der Hinterlegungssumme zurückbleibt. Der Senat übt sein ihm durch die genannte Vorschrift eingeräumtes Ermessen dahin aus, dass er den Wert auf ein Viertel der hinterlegten Summe schätzt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 36 Allgemeiner Geschäftswert


(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit sich in einer nichtvermögensrec

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 1 Geltungsbereich


(1) Soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Gerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und durch die Notare für ihre Amtstätigkeit nur nach diesem Gesetz erhoben. (

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 18. Juli 2019 - 1 VA 89/19

bei uns veröffentlicht am 18.07.2019

Tenor I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird verworfen. II. Der Geschäftswert wird auf 42.699,77 € festgesetzt. Gründe I. Die Hinterlegerin erstritt ein nicht rechtskräftiges Urteil d

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2014 - VII ZB 16/13

bei uns veröffentlicht am 13.11.2014

Tenor Die Rechtsbeschwerde der Schuldner gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15./21. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 18. Juli 2019 - 1 VA 89/19

bei uns veröffentlicht am 18.07.2019

Tenor I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird verworfen. II. Der Geschäftswert wird auf 42.699,77 € festgesetzt. Gründe I. Die Hinterlegerin erstritt ein nicht rechtskräftiges Urteil d

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Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schuldner gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15./21. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Schuldner haben die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Gläubiger haben am 13. Mai 2011 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Berufungsurteils des Oberlandesgerichts F. vom 13. April 2011 beantragt, mit dem die Schuldner zur Zahlung von 6.047.796,30 € nebst 4 % Zinsen aus einem Betrag von 270.941,93 € seit dem 23. Februar 1996 bis zum 18. Februar 1998, aus einem Betrag von 2.709.370,60 € seit dem 19. Februar 1998 bis zum 22. April 2001 und aus 6.047.796,30 € seit dem 23. April 2001 verurteilt worden waren. Nummer 5 des Urteilstenors lautet auszugsweise: "Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten."

2

Nachdem die Schuldner mitgeteilt hatten, dass sie zwei Prozessbürgschaften über insgesamt 9.877.343,10 € gestellt hatten, hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - mit Beschluss vom 20. Januar 2012 den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen.

3

Hiergegen haben die Gläubiger sofortige Beschwerde eingelegt unter anderem mit der Begründung, die gestellte Sicherheit sei angesichts der Hauptforderung von 6.047.796,30 €, bis 14. März 2012 aufgelaufener Zinsen (3.000.761,71 €) und der Verpflichtung, 110 % des Vollstreckungsbetrages leisten zu müssen (Gesamtbetrag somit 9.953.413,81 €), unzureichend.

4

Die Schuldner hatten zudem Vollstreckungsgegenklage erhoben. Nach Vorlage eines den Annahmeverzug der Schuldner beseitigenden Angebots haben die Gläubiger die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung anerkannt. Das Oberlandesgericht F. erklärte daraufhin die Zwangsvollstreckung aus seinem Berufungsurteil vom 13. April 2011 durch Anerkenntnisurteil vom 6. Juni 2012 für unzulässig. Danach haben die Gläubiger das Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt. Die Schuldner sind der Erledigung entgegen getreten und haben die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt.

5

Das Beschwerdegericht hat die Erledigung des Verfahrens festgestellt, die Kosten des Verfahrens den Schuldnern auferlegt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

6

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

7

1. Das Beschwerdegericht ist - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - der Auffassung, dass die von den Schuldnern gestellte Sicherheit in Höhe von 9.877.343,10 € nicht geeignet gewesen sei, die Zwangsvollstreckung der Gläubiger abzuwenden, weil hierfür eine Sicherheitsleistung von mindestens 9.953.413,81 € erforderlich gewesen sei.

8

Im Tenor der der Vollstreckung zugrunde liegenden Entscheidung des Oberlandesgerichts F. vom 13. April 2011 sei die Abwendung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abhängig gemacht worden (§ 711 Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO). Letzterer setze sich aus der Hauptforderung, den bislang aufgelaufenen und den zukünftigen Zinsen sowie den Anwalts- und Gerichtskosten zusammen. Der Zuschlag von 10 % diene dem Schutz des Gläubigers vor weiteren Schäden, die durch den Vollstreckungsaufschub entstehen könnten, nicht aber der Absicherung der aufgelaufenen und zukünftigen Zinsen und Kosten. Die vereinzelt auch in der Literatur vertretene Rechtsmeinung der Schuldner, der "aus dem Urteil zu vollstreckende Betrag" umfasse nur die Hauptforderung und der Zuschlag decke die Zinsen und etwaige Kosten ab, sei angesichts des eindeutigen Wortlautes des Gesetzes und ausweislich der Gesetzesbegründung abzulehnen. Vielmehr verdeutliche gerade der vorliegende Fall, dass die nach Schuldneransicht zu stellende Sicherheit (110 % von 6.047.796,30 € = 6.652.575,90 €) dem Schutz der Gläubiger nicht gerecht werde, denen bereits Forderungen in Höhe von über 9 Mio. € zugestanden hätten.

9

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.

10

Der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens nach einseitiger Erledigungserklärung der Gläubiger ist begründet, weil die sofortige Beschwerde begründet gewesen wäre. Der Antrag der Gläubiger auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durfte nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass die Schuldner die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nach § 711 Satz 2 in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO angeordnete Sicherheit in ausreichender Höhe geleistet hätten.

11

a) Die Anordnung der Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung für die Schuldner aus dem vorläufig vollstreckbaren Titel des Oberlandesgerichts F. vom 13. April 2011 entspricht in ihrem Wortlaut der gesetzlichen Vorgabe in § 711 Satz 2 in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO. Danach ist die Sicherheit "in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten".

12

Streitig ist, ob mit diesem Betrag nur die Hauptforderung gemeint ist und der prozentuale Zuschlag auch Zinsen und Kosten abdecken soll (so MünchKommZPO/Krüger, 2. Aufl., ZPO-Reform, § 709 Rn. 3; MünchKommZPO/Götz, 4. Aufl., § 709 Rn. 5; OLG Celle, NJW 2003, 73) oder ob damit die aus dem Urteil insgesamt zu vollstreckende Forderung mit Hauptforderung, Zinsen und Kosten erfasst sein soll (so Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 709 Rn. 5; Gehrlein, MDR 2003, 421, 429). Nach dieser Ansicht deckt der prozentuale Zuschlag nur den möglichen weiteren Vollstreckungs- bzw. Verzögerungsschaden ab.

13

Letzteres ist richtig.

14

aa) Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der "auf Grund des Urteils vollstreckbare Betrag" Bemessungsgrundlage für die Sicherheit. Das sind neben der Hauptforderung auch Nebenforderungen, insbesondere bereits aufgelaufene Zinsen, die bis zur Vollstreckung angefallen sind, oder auch die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie bereits durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss beziffert sind. Alle diese Beträge können (nur) auf Grund des Urteils vollstreckt werden.

15

Es besteht kein Anlass, die Vorschrift einschränkend auszulegen.

16

bb) Die nach dem Gesetz vorgesehene Sicherheitsleistung eines Schuldners zur Abwendung einer Vollstreckung unterscheidet sich von einer vom Gläubiger nach § 709 Satz 2 ZPO direkt oder in Verbindung mit § 711 Satz 2 ZPO zu leistenden Sicherheit dadurch, dass dort Sicherheit im Verhältnis zur Höhe des "jeweils zu vollstreckenden Betrages", hier dagegen des "vollstreckbaren Betrages" zu leisten ist. Hiermit ist ausgedrückt, dass der Schuldner im Gegensatz zum Gläubiger keine Möglichkeit bekommen soll, Teilsicherheiten (zur teilweisen Abwendung einer Vollstreckung) zu leisten. Da der Gläubiger in den Fällen des § 708 Nr. 4 - 11 ZPO ohne Sicherheitsleistung vollstrecken darf, ist es gerechtfertigt, vom Schuldner zu verlangen, dass er in Höhe des gesamten vollstreckbaren Betrages Sicherheit leistet, wenn er die Zwangsvollstreckung nach § 711 ZPO abwenden will (vgl. BT-Drucks. 14/6036, S. 125).

17

Der im Sinne von § 709 Satz 2 ZPO "zu vollstreckende Betrag" ist dagegen dann mit dem aus dem Urteil "vollstreckbaren Betrag" identisch, wenn der Gläubiger die Geldforderung aus einem Urteil nicht nur teilweise, sondern vollständig vollstrecken möchte. Es macht für keinen Beteiligten einen Unterschied, ob es sich hierbei um Hauptforderungen oder Nebenforderungen, etwa bezifferte Kosten oder Zinsen, oder die in einem Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 794 Abs. 1 Nr. 2, § 795a, § 798 ZPO) festgesetzten Kosten des Rechtsstreits handelt. Mindestens in Höhe der tatsächlich vollstreckten Gesamtsumme soll im Fall des § 709 Satz 2 ZPO die unter Umständen notwendige Rückzahlung an den Schuldner abgesichert werden. In eben dieser Höhe soll im Fall der Abwendung der möglichen Vollstreckung nach § 711 Satz 2 ZPO gesichert sein, dass der Betrag bei einer späteren Vollstreckung durch den Gläubiger realisiert werden kann.

18

cc) Dieser Zielsetzung entspricht es am besten, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung nach diesen Beträgen bestimmt wird. Ein solches Verfahren begegnet auch keinen Schwierigkeiten. Der Gläubiger kann bei seinem Vollstreckungsantrag die konkrete zu diesem Zeitpunkt vollstreckbare Gesamtsumme (einschließlich etwaiger bis hierhin aufgelaufener titulierter Zinsen) aus dem Urteil (gegebenenfalls in Verbindung mit einem Kostenfestsetzungsbeschluss) errechnen und eine von ihm nach § 709 Satz 2 ZPO zu leistende Sicherheit damit genau bestimmen. Das Vollstreckungsorgan kann ebenso überprüfen, ob eine geleistete Sicherheit ausreicht. Der Schuldner, der zur Abwendung der Vollstreckung eine Sicherheit nach § 711 Satz 2 ZPO stellen will, kann ebenfalls (gegebenenfalls in Verbindung mit einem Kostenfestsetzungsbeschluss) errechnen, welcher Gesamtbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt vollstreckbar ist oder sein wird. Um zukünftige Vollstreckungen vorsorglich abzuwenden, muss er allerdings bei titulierten laufenden Zinsen auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt abstellen. Das ist ihm zuzumuten. Es obliegt dann ihm, notfalls bei Zeitablauf seine Sicherheiten zu erhöhen oder neue weitere Sicherheiten zu stellen, sofern er nicht sofort eine entsprechende dynamische Sicherheit stellt, die sich laufend erhöht. Auch hier kann das Vollstreckungsorgan ohne weiteres überprüfen, ob eine gegebene Sicherheit ausreicht.

19

dd) Ein etwaiger verhältnismäßiger Aufschlag auf diese zu vollstreckenden oder vollstreckbaren Beträge muss dann nur weitere denkbare Schäden aus der erfolgten Vollstreckung (§ 709 Satz 2 ZPO) oder der verursachten Verzögerung (§ 711 Satz 2 ZPO) abdecken. Dieses Verfahren entspricht auch der Gesetzesbegründung im Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 14/6036, S. 125) zu § 709 Satz 2 ZPO: "Die vorgeschlagene Regelung lässt nunmehr zu, dass Urteile, die wegen einer Geldforderung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich eines prozentualen Zuschlags für Schäden des Schuldners, die über den beigetriebenen Betrag hinausgehen, für vollstreckbar erklärt werden können. Damit wird die Tenorierung im Bereich der Vollstreckbarkeitsentscheidung erheblich erleichtert." Hierauf nimmt die Begründung des Rechtsausschusses zu § 711 Satz 2 ZPO (BT-Drucks. 14/6036, S. 125) Bezug: "Der neu eingefügte Satz 2 ermöglicht auch in den Fällen des § 711 ZPO eine vereinfachte Bestimmung der Sicherheitsleistung."

20

b) Im vorliegenden Fall war die von den Schuldnern geleistete Sicherheit nicht ausreichend, um den gesamten vollstreckbaren Betrag aus dem Urteil des Oberlandesgerichts F. vom 13. April 2011 zu sichern. Denn die Hauptforderung und die aufgelaufenen Zinsen beliefen sich bis zur antragszurückweisenden

Entscheidung des Amtsgerichts auf 9.012.106 €. 110 % hiervon ergibt 9.913.316 €. Die Prozessbürgschaften der Schuldner beliefen sich jedoch lediglich auf den Gesamtbetrag von 9.877.343,10 €.

21

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick                     Halfmeier                       Kartzke

          Jurgeleit                       Graßnack

(1) Soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Gerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und durch die Notare für ihre Amtstätigkeit nur nach diesem Gesetz erhoben.

(2) Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 1 sind auch

1.
Verfahren nach den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes,
2.
Verfahren nach § 51b des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
3.
Verfahren nach § 26 des SE-Ausführungsgesetzes,
4.
Verfahren nach § 10 des Umwandlungsgesetzes,
5.
Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz,
6.
Verfahren nach den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes über den Ausschluss von Aktionären,
7.
Verfahren nach § 8 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie,
8.
Angelegenheiten des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen,
9.
Verfahren nach der Verfahrensordnung für Höfesachen,
10.
Pachtkreditsachen nach dem Pachtkreditgesetz,
11.
Verfahren nach dem Verschollenheitsgesetz,
12.
Verfahren nach dem Transsexuellengesetz,
13.
Verfahren nach § 84 Absatz 2 und § 189 des Versicherungsvertragsgesetzes,
14.
Verfahren nach dem Personenstandsgesetz,
15.
Verfahren nach § 7 Absatz 3 des Erbbaurechtsgesetzes,
16.
Verteilungsverfahren, soweit sich die Kosten nicht nach dem Gerichtskostengesetz bestimmen,
17.
Verfahren über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Willenserklärung und die Bewilligung der Kraftloserklärung von Vollmachten (§ 132 Absatz 2 und § 176 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),
18.
Verfahren über Anordnungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten,
19.
Verfahren nach den §§ 23 bis 29 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz,
20.
Verfahren nach § 138 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes und
21.
gerichtliche Verfahren nach § 335a des Handelsgesetzbuchs.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind. In Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen werden Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die landesrechtlichen Kostenvorschriften unberührt für

1.
in Landesgesetzen geregelte Verfahren und Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie
2.
solche Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden oder Notare zuständig sind.

(6) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.