Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 15. Feb. 2019 - L 4 KR 326/17

bei uns veröffentlicht am15.02.2019
vorgehend
Sozialgericht München, S 7 KR 1322/13, 27.04.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. April 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 38.790,11 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung des bei der Beklagten versicherten C. (D.), geb. 1935, in der Zeit vom 02.09.2011 bis 14.12.2011 im von der Klägerin betriebenen Krankenhaus.

Die Klägerin stellte für den stationären Aufenthalt mit Schreiben vom 22.12.2011 der Beklagten nach Abzug der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 280,- Euro einen Betrag in Höhe von 70.206,50 Euro in Rechnung (DRG I26Z - Intensivmedizinische Komplexbehandlung > 552 Aufwandspunkte oder hochaufwändiges Implantat bei hochkomplexer Gewebe-/Hauttransplantation). Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 10.01.2012 darauf hin, dass eine Überprüfung durch den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) in Auftrag gegeben worden sei. Es werde daher um Übersendung der vom SMD angegebenen Unterlagen gebeten. Der SMD forderte von der Klägerin den Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf, den OP-Bericht / histologischen Befund und das Intensivprotokoll incl. SAPS- und TISS-Aufwandspunkten an.

Mit Schreiben vom 08.03.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da von der Klägerin die angeforderten Unterlagen nicht übersandt worden seien, werde davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nicht gegeben seien. Der Behandlungsfall werde mit der DRG I09A vergütet. Von der Beklagten wurde am 08.03.2012 ein Betrag in Höhe von 31.416,39 Euro zur Zahlung angewiesen (vgl. Schreiben der Beklagten vom 23.01.2013).

Mit Schreiben vom 05.07.2012 und 13.08.2012 erbat die Beklagte für die abschließende sozialmedizinische Stellungnahme von der Klinik die tages- und inhaltsbezogene Aufstellung der SAPS- und TISS-Aufwandspunkte und den Kurvenplan/die Fieberkurve sowie die Arztverlaufsdokumentation für die Zeit vom 08.12.2011 bis 14.12.2011.

In seiner Stellungnahme vom 10.01.2013 führte der SMD aus, die stationäre Aufnahme sei wegen rezidivierender Lumboischialgie erfolgt; nach erfolgloser konservativer Behandlung sei eine Dekompression des Spinalkanals durchgeführt worden. Im Verlauf sei ein Tumor des Kolons diagnostiziert worden, es sei eine Hemikolektomie ohne histologischen Malignitätsnachweis durchgeführt worden. Am 21.11.2011 sei ein erneuter Wirbelsäuleneingriff erfolgt. Wegen Kammerflimmern mit Reanimation sei ab 24.11.2011 eine intensivmedizinische Behandlung erfolgt. Bei Ileus sei am 25.11.2011 erneut operiert worden. Nach Stabilisierung und Extubation sei eine Weiterbehandlung auf der Intermediate Care-Station (IMC-Station) vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 bis zur Weiterverlegung in die Rehabilitation erfolgt. Die Auswertung der übersandten TISS- und SAPS-Aufwandspunkte zeige eine Summe von 697 Punkten. Dabei sei der Aufenthalt auf der IMC-Station mitgerechnet. Die personellen und strukturellen Voraussetzungen erfüllten jedoch nicht die Voraussetzungen einer Intensivstation, wie diese im OPS 8-980 gefordert seien. Das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) weise zum OPS 9-200 darauf hin, auf einer IMC-Station seien Leistungen für hochaufwendige Pflegemaßnahmen zu kodieren. Im Umkehrschluss sei festzustellen, dass das DIMDI davon ausgehe, eine IMC sei nicht einer Intensivstation gleichzustellen. Bei Wegfall der ermittelten Aufwandspunkte für die Zeit vom 08.12.2011 bis 14.12.2011 ergebe sich eine Summe von unter 553 Aufwandspunkten und damit die DRG I09A. Bei einem Widerspruch der Klinik müsse von der Verwaltungsseite der Krankenkasse geklärt werden, inwieweit eine IMC-Station einer Intensivstation entsprechend den Vorgaben des OPS-Klassifizierungssystems gleichzusetzen sei.

Der Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin der Klägerin, Dr. W., führte in einem Schreiben vom 15.02.2013 aus, die IMC-Station 3f sei Teil des Zentralen Internistischen Intensivbereichs und in ihrer Funktionsfähigkeit und Personalgestellung an die Intensivstationen 13e und 13fi angeglichen. Es gebe eine kontinuierliche 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegekräften und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren seien.

Auch folgende Voraussetzungen seien erfüllt:

- Schichtdienst durch Pflegepersonal der Intensivstation

- Schichtdienst durch Ärzte der Intensivstation, Facharztpräsenz durch Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Internistische Intensivmedizin.“

- Monitorüberwachung mit Standard „Intensivstation.“

Die ständige ärztliche Anwesenheit rund um die Uhr sei gegeben und durch Dienstplanung belegt. Spezielle intensivmedizinische Prozeduren seien verfügbar und würden analog zu den Stationen 13e und 13fi auch auf der Station 3f nachgewiesen und durchgeführt. Die IMC-Station sei als Teil des Zentralen Intensivbereichs zur Abrechnung der OPS 8-980 berechtigt.

In einer weiteren Stellungnahme des SMD vom 26.03.2013 wies dieser bezugnehmend auf das Schreiben der Klinik vom 15.02.2013 darauf hin, die Personalgestaltung auf der IMC sei nicht exakt ersichtlich, es sei aber gemäß dem Schreiben davon auszugehen, dass die ärztliche Betreuung auf der IMC durch Ärzte der („regulären“) Intensivstation erfolge. Es handele sich nicht um eine medizinische Frage, sondern um eine verwaltungsseitig zu klärende Frage. Ggf. werde eine Anfrage beim DIMDI empfohlen, inwieweit Leistungen auf einer IMC-Station auch als Leistungen einer Intensivstation gemäß den Voraussetzungen des OPS 8-980 abgebildet werden könnten.

In einem Schreiben vom 11.06.2013 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, sie habe den Sachverhalt dem DIMDI unterbreitet. Die Behandlung entspreche danach einer durchgehenden intensivmedizinischen Komplexbehandlung. Die Klinik hatte in ihrer E-Mail an das DIMDI ausgeführt, es gebe einen zentralen internistischen Intensivbereich mit drei Stationen, von denen eine als IMC für nicht beatmete Patienten verwendet werde. In der apparativen Ausstattung unterschieden sich die drei Stationen nicht, auch die kontinuierliche 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch intensivmedizinisch erfahrene Ärzte und Pflegekräfte im Schichtdienst sei auf allen Stationen gegeben. Das DIMDI hatte der Klägerin in einer E-Mail vom 08.05.2013 mitgeteilt, grundsätzlich sei nach den amtlichen Klassifikationen in der jeweils gültigen Version so spezifisch wie möglich zu kodieren. Es gebe beim OPS 8-980 ein Exklusivum, wonach dieser Kode nicht anzuwenden sei für die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organe. Die intensivmedizinische Behandlung (akute Behandlung lebenswichtiger Organe) könne auf einer Intensivstation oder einer IMC-Station durchgeführt werden, wenn die Bedingungen des Kodes erfüllt seien.

Der SMD kam in seiner Stellungnahme vom 15.07.2013 zu der Einschätzung, laut dem Schreiben der Klinik vom 15.02.2013 könnten aufgrund der Struktur der IMC-Station die Mindestmerkmale des OPS 8-980 erfüllt werden. Der OPS spreche explizit von einer Intensivstation. Letztlich sei die Frage verwaltungsseitig zu klären.

Der Bevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2013 auf, den offenen Betrag in Höhe von 38.790,11 Euro zuzüglich Zinsen von 4 Prozentpunkten auszugleichen. Die Kriterien des OPS 8-980 seien erfüllt. Es komme nicht auf die wörtliche Bezeichnung der Station an, sondern darauf, dass die Voraussetzungen einer Intensivstation erfüllt seien. Die Kodierung des OPS auch auf einer IMC-Station habe das DIMDI bestätigt. Die Beklagte lehnte die Begleichung des Betrages ab und verwies auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach es auf den Wortlaut der Kodierregeln ankomme. Eine Änderung des Wortlauts könne beim DIMDI erbeten werden, gelte aber nur für die Zukunft.

Zur Durchsetzung ihrer Forderung hat die Klägerin am 18.11.2013 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie nochmals darauf verwiesen, die Gleichsetzung der IMC mit einer Intensivstation werde hinsichtlich der Kodierung des OPS 8-980 vom DIMDI bejaht. Auch der SMD habe in seinem Schreiben vom 15.07.2013 zum Ausdruck gebracht, dass auf Grund der Struktur der IMC-Station die Mindestmerkmale des OPS 8-980 erfüllt sein könnten. Die Mindestvoraussetzungen des OPS seien auch tatsächlich erfüllt. Der OPS wolle gewährleisten, dass der Patient so behandelt werde, wie es auf der Intensivstation geschehe. Dies sei vorliegend der Fall gewesen.

Die Beklagte hat ausgeführt, es sei nur eine Vergütung in Höhe von 31.416,39 Euro gerechtfertigt (DRG I09A). Das BSG weise darauf hin, dass Abrechnungsbestimmungen streng nach ihrem Wortlaut auszulegen seien. Aus der Berechnungsmatrix aus dem OPS 2011 ergebe sich eindeutig, dass die Anzahl der Aufwandspunkte über die Verweildauer auf der Intensivstation abzubilden sei. Es könne daher für die Abrechnung des OPS 8-980 nur auf die Verweildauer auf der Intensivstation abgestellt werden. Im Übrigen sei laut dem bayerischen Krankenhausplan eine IMC-Station bis heute nicht ausgewiesen.

Das SG hat mit Urteil vom 27.04.2017 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 38.790,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.03.2012 zu zahlen. Die zulässige Klage führe auch in der Sache zum Erfolg. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Klageanspruch auf Zahlung der restlichen Vergütung für die Behandlung des Patienten D. zu.

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus entstehe unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Behandlung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt worden sei und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich sei (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Dies sei zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Höhe des Vergütungsanspruchs der Klinik ergebe sich aus § 17 b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) i.V.m. §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) aus einem diagnosebezogenen, pauschalierenden Vergütungssystem, bestehend aus einer Fallpauschalenvereinbarung (FPV) und einem Fallpauschalenkatalog (G-DRG), hier bezüglich der eingeklagten restlichen Vergütung für die Behandlung des Patienten D. in der im Jahr 2011 geltenden Fassung. Die vertraglichen Fallpauschalen ergäben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien - DKR, hier einschlägig in der Fassung des Jahres 2011 gemeinsam mit dem OPS-301 Version GM 2011) vereinbart hätten. DKR und FPV bildeten den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folge.

In einem als „Grouping“ bezeichneten Prozess würden aus den ermittelten Diagnosen, Operationen und Prozeduren mithilfe eines vom InEK zertifizierten Software-Programms unter Einbeziehung weiterer Variablen (z. B. dem Alter des Patienten, der Verweildauer im Krankenhaus, etc.) eine DRG-Fallpauschale und die dafür zu zahlende Vergütung ermittelt (vgl. im Einzelnen dazu ausführlich das Urteil des BSG vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R). FPV und DKR regelten dabei konkrete Vorgaben für die Eingaben in das Datensystem; ergänzend seien die Fallpauschalen selbst, aber auch die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen, vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R).

Die Klägerin habe die Behandlung des Patientin D. zutreffend kodiert und abgerechnet. Einzig streitige Frage zwischen den Beteiligten sei, ob bei der Ermittlung der Aufwandspunkte nach SAPS und TISS im Rahmen des Kodes OPS 8-980 auch der Aufenthalt und die Therapie des Patienten D. auf der IMC-Station im Krankenhaus der Klägerin vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 zugrunde gelegt werden dürfe. Dies sei nach Auffassung des Gerichts der Fall.

Nach § 301 Abs. 2 Satz 2 SGB V sei das DIMDI vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragt, die Operationen und sonstigen Prozeduren nach einem Schlüssel zu verschlüsseln. Das DIMDI bestimme also, welche Voraussetzungen für die Verschlüsselung einer bestimmten Prozedur (Kode) und einen konkreten Vergütungsanspruch vorliegen müssten. Im Rahmen des § 301 Abs. 2 SGB V habe es die Pflicht, für eine sachgerechte Handhabung der Verschlüsselungshinweise zu sorgen (vgl. auch BSG, Urteil vom 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R).

Der OPS 8-980 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)) in der Version des OPS-301 GM 2011 enthalte folgende Mindestmerkmale:

- Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen.

- Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“ (Sofern die Zusatzweiterbildung noch nicht vorliegt, ist zur Aufrechterhaltung bereits bestehender Versorgungsangebote übergangsweise bis zum Jahresende 2012 eine vergleichbare mehrjährige Erfahrung in der Intensivmedizin ausreichend).

- Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein.

- Die Anzahl der Aufwandspunkte errechnet sich aus der Summe des täglichen SAPS II (ohne Glasgow Coma Scale) über die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation.

- Die zu verwendenden Parameter des SAPS II und des TISS sind in den Hinweisen für die Benutzung des OPS zu finden.

- Spezielle intensivmedizinische Prozeduren, wie Transfusion von Plasma und Plasmabestandteilen, Plasmapherese und Immunadsorption, Maßnahmen im Rahmen der Reanimation u.a. sind gesondert zu kodieren.

- Dieser Kode ist für Patienten, die bei stationärer Aufnahme das 14. Lebensjahr vollendet haben, anzugeben.

Diese Mindestmerkmale des OPS 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung) seien hier erfüllt gewesen. Die zweimalige Verwendung des Begriffes „Intensivstation“ im Rahmen der Mindestmerkmale des OPS 8-980 stehe aus Sicht des Gerichts der Anwendung dieses OPS im vorliegenden Fall während der Behandlung auf der IMC-Station vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 nicht entgegen. Vielmehr komme es auf die strukturelle Aufgabe der IMC-Station im konkreten Fall als Intensivstation und die Art und Weise der vorliegend durchgeführten Behandlung als intensivmedizinische Komplexbehandlung an.

Zwar stütze sich die Beklagte darauf, das BSG weise in seiner Rechtsprechung darauf hin, dass Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben seien (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2001, B 3 KR 1/01 R; Urteil vom 18.09.2008, B 3 KR 15/07 R; Urteil vom 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R). Bei Vergleich mit den Fallgestaltungen, wie sie den entsprechenden Urteilen des BSG zugrunde gelegen hätten, gehe das Gericht jedoch nicht davon aus, dass das BSG dabei eine solch strenge Wortlautauslegung im Auge gehabt habe, wie sie die Beklagte vorliegend angewandt wissen wolle. Die Fallgestaltungen seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Das BSG habe auch ausgeführt, dass eine systematische Interpretation der Vorschriften im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen könne, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (vgl. BSG, Urteil v. 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R).

IMC bzw. Intensivüberwachungspflege sei üblicherweise das Bindeglied zwischen der Intensivstation und den Normalstationen eines Krankenhauses. Innerhalb der Aufgabenstellung werde zwischen interdisziplinären oder fachspezifischen IMC-Stationen unterschieden. Das Leistungsprofil umfasse Diagnostik, Therapie, Überwachung und Pflege. Der Leistungsumfang einer IMC werde von verschiedenen Faktoren bestimmt. Entscheidend seien die Größe eines Krankenhauses, dessen Fachdisziplinen und nicht zuletzt der Qualifikationsstand der Ärzte und Fachpflegekräfte (Fachkrankenpflegekraft für Intensivpflege und Anästhesie) bzw. Fachpflegekräfte des jeweiligen Fachgebietes. Bedingt durch den starken Leistungszuwachs und die Etablierung moderner und zunehmend auch aufwendiger Behandlungsverfahren, sei es in den letzten Jahren (Stand 2012) zu einer umfangreichen Aufgabenerweiterung gekommen. Neben der Intensivüberwachung seien auch die nicht-invasiven Beatmungsverfahren, die Nierenersatzverfahren (Dialyse) innerhalb der „Chronikerdialyse“ und auch die Gabe von Katecholaminen gängige Behandlungsmethoden. Nicht wenige IMC Stationen böten ein volles intensivmedizinisches Spektrum außerhalb der invasiven Beatmungs- und extrakorporalen Verfahren. Diese Stationen sollten allerdings der Intensivmedizin zugeordnet sein und auch von dort koordiniert werden (vgl. das Internet-Lexikon unter www.flexikon.doccheck.com zum Stichwort IMC).

Die Klägerin habe mehrfach dargelegt, dass die IMC-Station 3f Teil des Zentralen Internistischen Intensivbereichs des Klinikums S. sei und in ihrer Funktionsfähigkeit und Personalgestellung an die Intensivstationen 13e und 13fi angeglichen sei. Es sei eine kontinuierliche 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegekräften und Ärzten gegeben, die in der Intensivmedizin erfahren seien und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen würden. Es finde ein Schichtdienst durch Pflegepersonal der Intensivstation und durch Ärzte der Intensivstation statt; Facharztpräsenz durch Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Internistische Intensivmedizin“ sei genauso gegeben wie eine Monitorüberwachung mit dem Standard „Intensivstation“. Eine ärztliche Leitung des Bereichs mit der Zusatzqualifikation „Internistische Intensivmedizin“ mit zusätzlicher Ausbildungsbefugnis für die Erlangung der Zusatzbezeichnung sei vorhanden. Ständige ärztliche Anwesenheit sei rund um die Uhr gegeben und durch Dienstplanung belegt. Spezielle intensivmedizinische Prozeduren seien verfügbar und würden wie in den Stationen 13e und 13fi auch auf der Station 3f nachgewiesen und durchgeführt (vgl. Schreiben von Dr. W. vom 15.02.2013). Nach Vorlage dieses Schreibens sei auch der SMD (Stellungnahme vom 26.03.2013) davon ausgegangen, dass die ärztliche Betreuung auf der IMC-Station durch Ärzte der Intensivstationen erfolge. Insofern sei der SMD von seiner vorhergehenden - ohnehin ohne nähere Darstellung, aus welchen Gründen getroffenen - Einschätzung in der Stellungnahme vom 10.01.2013 abgerückt, wonach die personellen und strukturellen Voraussetzungen der IMC-Station nicht die Voraussetzungen des OPS 8-980 erfüllten. In seiner Stellungnahme vom 15.07.2013 komme der SMD zur Einschätzung, aufgrund des Schreibens der Klinik vom 15.02.2013 könnten nach der Struktur der IMC-Station die Mindestmerkmale des OPS 8-980 erfüllt sein, der Wortlaut spreche allerdings von einer Intensivstation. Auch die Darstellung des Klinikums S. im Internet (www.klinikum-m..de/krankenhaus/S./kardiologie-pneumologie-S./diagnostik-behandlung/intensivmedizin-intensiv-station/) decke sich mit den Angaben des Oberarztes Dr. W. im Schreiben vom 15.02.2013. Danach werde im internistischen Intensivbereich auf drei Intensiveinheiten mit insgesamt 27 Betten und Internistischem Schockraum Intensivtherapie erbracht. Das Gericht habe nach den vorliegenden Unterlagen keinen Zweifel daran, dass die IMC-Station am Klinikum S. der Klägerin in der personellen und apparativen Ausstattung den anderen beiden „regulären“ Intensivstationen entspreche, so dass sie von ihrer medizinischen Funktion und der Ausstattung her einer Intensivstation gleichkomme. Einziger Unterschied zur „regulären“ Intensivstation sei, dass die IMC-Station tatsächlich für nicht (mehr) beatmete Patienten verwendet werde (wenn auch entsprechende apparative Ausstattung vorhanden sei, vgl. E-Mail des Klinikums S. an das DIMDI vom 26.04.2013). Eine künstliche Beatmung sei jedoch nur einer von mehreren möglichen TISS-Parametern, wie sie im Core-10-TISS (die 10 aufwändigsten Parameter des TISS-28-Kataloges, vgl. Hinweise des DIMDI zum OPS 8-980 Version 2011 „Berechnung der Aufwandspunkte für die Intensivmedizinische Komplexbehandlung bei Erwachsenen (SAPS, TISS)“) aufgeführt seien, so dass nicht davon auszugehen sei, dass sich die Intensivtherapie im Rahmen des OPS 8-980 ausschließlich über die Beatmung definiere. Die Klinik der Klägerin habe die Anzahl der Aufwandspunkte auch in der Zeit vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 aus der Summe des täglichen SAPS II plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen aus dem TISS-Katalog entsprechend den Hinweisen für die Benutzung des OPS ermittelt. Die ermittelten Aufwandspunkte seien auch von der Beklagten bzw. dem SMD nicht (mehr) in Frage gestellt worden. Auch den handschriftlichen Vermerken in der Verwaltungsakte der Beklagten „bei Anerkennung ges. Aufenthalt (Intensiv + IMC) / OPS (> 553 Punkte eindeutig ok“ und „Überprüfung OPS 8-980 (sehr geringes Potential)“ lasse sich entnehmen, dass die Beklagte letztlich nur die fehlende Bezeichnung der IMC-Station als Intensivstation gegen die Anwendung des OPS 8-980 ins Feld führe.

Das DIMDI als Herausgeber des OPS selbst habe in seiner E-Mail vom 08.05.2013 gegenüber der Klinik der Klägerin ebenfalls bestätigt, dass die intensivmedizinische Behandlung auch auf einer Intermediate-Care-Station durchgeführt werden könne, wenn die Bedingungen des Kodes OPS 8-980 erfüllt seien und nicht nur eine Intensivüberwachung vorgelegen habe. Mit der Klägerin und dem DIMDI gehe das Gericht davon aus, dass vorliegend aufgrund der Erfüllung aller Mindestmerkmale der OPS 8-980 auch hinsichtlich der intensivmedizinischen Behandlung im Zeitraum vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 auf der IMC-Station die Anwendung dieses OPS gerechtfertigt gewesen sei und die entsprechend ermittelten Aufwandspunkte zusätzlich zu berücksichtigen gewesen seien. Dass hier nur eine Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (< 24 Stunden) Intensivbehandlung bzw. eine nur kurzfristige (< 24 Stunden) Stabilisierung des Patienten nach operativen Eingriffen (s. Exklusivum zum OPS 8-980) stattgefunden habe, sei von der Beklagten selbst nicht angeführt worden. Dem Grouper-Fallbogen lasse sich auch entnehmen, dass in den letzten Tagen vor der Verlegung des Patienten D. vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 noch verschiedene (diagnostische) Maßnahmen erfolgt seien und nicht eine reine Intensivüberwachung stattgefunden habe. Hieran habe auch der Arzt des SMD nach Vorlage der tages- und inhaltsbezogenen Aufstellung der SAPS- und TISS-Aufwandspunkte sowie der Arztverlaufsdokumentation keine Zweifel geäußert und darauf hingewiesen, die Auswertung der übersandten TISS- und SAPS-Aufwandspunkte zeige eine von der Klinik ermittelte Summe von 697 Punkten. Dies entspreche dem OPS 8-980.2 (553 bis 1104 Aufwandspunkte), wie er von der Klinik kodiert worden sei.

Aus der Aussage des DIMDI, der OPS 9-200 (hochaufwendige Pflege von Erwachsenen) könne auf einer IMC-Station, nicht dagegen auf einer Intensivstation kodiert werden, ergebe sich keine andere Bewertung der Rechtslage. Das DIMDI habe lediglich darauf hingewiesen, dass, wenn Punkte aus den Bereichen 8-980 angerechnet würden, für diesen Patienten am selben Kalendertag keine Punkte aus dem Pflegekomplexmaßnahmenscore (PKMS) für den Bereich 9-20 (Hochaufwendige Pflege) geltend gemacht werden könnten (vgl. E-Mail vom 08.05.2013). Dies sei vorliegend ausweislich der Grouper-Falldaten der Klägerin aber auch nicht erfolgt. Der OPS 9-200 sei im streitgegenständlichen Fall nicht kodiert worden.

Zuletzt stehe auch die von der Beklagten noch angeführte Tatsache, dass im Krankenhausplan des Freistaates Bayern (hier maßgeblich zum Stand: 1. Januar 2011, 36. Fortschreibung) die IMC-Station am Klinikum S. nicht ausgewiesen gewesen sei, der Anwendung des OPS 8-980 nicht entgegen. Die Krankenhausplanung des Freistaats Bayern diene dem Ziel, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung durch ein funktional abgestuftes und effizient strukturiertes Netz einander ergänzender Krankenhäuser freigemeinnütziger, privater und öffentlich-rechtlicher Träger in Bayern zu sichern. Die fehlende Aufnahme der IMC-Station in den Krankenhausplan entspreche der Zielsetzung der bayerischen Krankenhausplanung, in die interne Organisation und Struktur der Krankenhäuser gerade nicht einzugreifen; sie habe mit der Frage der zutreffenden Kodierung und Vergütung des streitgegenständlichen Behandlungsfalles nichts zu tun.

Der Anspruch auf Verzugszinsen seit 08.03.2012 ergebe sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr.3 BGB in entsprechender Anwendung und § 12 Nr.1 der Pflegesatzvereinbarung 2011 zwischen den Beteiligten.

Die Beklagte hat am 19.05.2017 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das SG habe rechtsfehlerhaft die IMC-Station einer Intensivstation im Hinblick auf die Kodierfähigkeit der streitigen OPS 8-980 gleichgestellt. Es verkenne die Rechtsprechung des BSG, wonach OPS streng nach dem Wortlaut zu verstehen und anzuwenden seien. Das Mindestmerkmal des OPS 8-980 „Intensivstation“ sei vorliegend gerade nicht erfüllt. Der Wortlaut spreche ausdrücklich und zweifelsfrei von einer Intensivstation. Die Anzahl der Aufwandspunkte für die Anwendung des OPS dürfe auch nur auf einer Intensivstation gesammelt werden. Die Punktezahl sei vorliegend von 697 auf unter 553 zu korrigieren. Es ergebe sich die DRG I09A.

Dies bestätige auch ein Blick auf den OPS 9-200 und die Kommentierung des DIMDI hierzu, wonach auf einer IMC-Station Leistungen für hochaufwendige Pflegemaßnahmen zu kodieren seien, die nicht auf der Intensivstation erbracht würden. Die Intensivstation sei gerade nicht der IMC-Station gleichzusetzen. IMC-Stationen seien gedacht für Patienten mit hohem Überwachungs- und Betreuungsaufwand, die nicht intensivpflichtig seien. Das SG habe den Unterschied zwischen Intensiv- und IMC-Station offensichtlich verkannt.

Die Klägerin hat ausgeführt, die wortgetreue Befolgung der Vergütungsregelungen diene lediglich der Vermeidung der analogen Abrechnung. Das SG habe zutreffend ausgeführt, es komme hinsichtlich der Abrechnung der streitgegenständlichen OPS nicht darauf an, ob die Station als Intensivstation bezeichnet werde, sondern darauf, ob eine Intensivbehandlung stattgefunden habe. Dies habe im vorliegenden Fall unstrittig vorgelegen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. April 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung von 38.790,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Das SG hat zu Recht der Klage stattgegeben. Auf die ausführliche Urteilsbegründung des angefochtenen Urteils wird verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das SG nicht den Unterschied zwischen Intensivstation und IMC-Station verkannt. Es ist vielmehr zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mindestmerkmale des OPS 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung) im hier streitgegenständlichen Fall der Behandlung des Versicherten D. in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus erfüllt sind und die zweimalige Verwendung des Begriffes „Intensivstation“ im Rahmen der Mindestmerkmale des OPS 8-980 der Anwendung dieses OPS im vorliegenden Fall für die Behandlung auf der IMC-Station vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 nicht entgegensteht. Es hat weiter richtig darauf hingewiesen, dass es auf die strukturelle Aufgabe der IMC-Station im konkreten Fall als Intensivstation und die Art und Weise der vorliegend durchgeführten Behandlung als intensivmedizinische Komplexbehandlung ankommt.

Die OPS 8-980 setzt auch bei der nach Rechtsprechung des BSG anzuwendenden strengen Wortauslegung der Vergütungsregelung gerade nicht den Aufenthalt in einer als solchen bezeichneten Intensivstation voraus. Vielmehr sind die Anforderungen an die apparative und personelle Ausgestaltung der Einheit, für die eine Anwendbarkeit der OPS 8-980 gegeben ist, in der Vergütungsregelung im Einzelnen festgelegt. Für den Aufenthalt in Intensivstationen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist die Komplexziffer nicht anwendbar. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation nicht gewährleistet ist. So kann nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R) die intensivmedizinische Komplexbehandlung im Sinne des OPS-Kodes 8-980 nicht abgerechnet werden, wenn nach der Organisationsstruktur des Krankenhauses der ärztliche Bereitschaftsdienst nachts und am Wochenende nicht ausschließlich für die Versorgung der Patienten der Intensivstation, sondern auch für diejenige der Patienten der Normalstation zuständig ist und deshalb die ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation nicht gewährleistet ist. Damit wird deutlich, dass der Begriff „Intensivstation“ nicht für sich genommen eine Station beschreibt, die über bestimmte personelle und apparative Einrichtungen verfügt, sondern dass es sich lediglich um einen nichttechnischen Begriff handelt.

Auch bei dem Begriff „Intermediate-Care-Station“ handelt es sich gerade nicht um einen genau definierten Begriff. Vielmehr ergibt sich aus den Empfehlungen zur Ausstattung und der Struktur einer Intermediate Care Station der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dass eine Abgrenzung zu Intensivstationen schwierig ist. Die DIVI führt zur Definition der IMC-Station aus, diese sei geeignet für die Überwachung und Behandlung von Patienten mit mäßiger oder potentiell schwerwiegender Instabilität physiologischer Parameter, die eine apparative Überwachung und Organunterstützung, aber keinen Organersatz benötigten. Dies umfasse Patienten, die weniger als normale Intensivtherapie/ -pflege benötigten, aber mehr, als auf der Normalpflegestation möglich sei. Sie solle nicht eine Intensivstation ersetzen. Naturgemäß könne es Überschneidungen mit den anderen Stationsformen geben; ob bestimmte Formen der Organunterstützung auf einer IMCanstatt auf einer Intensivstation durchgeführt werden könnten, hänge von weiteren Überlegungen ab. Die IMC-Stationen hätten die Aufgabe, Patienten zu versorgen, deren Behandlung so schwerwiegend und/oder aufwändig sei, dass sie eine ständige oder engmaschige Überwachung erfordere. Dabei handele es sich um Patienten, deren Zustand einen oder mehrere Organausfälle erwarten lasse, oder deren Zustand nach einem oder mehreren Organausfällen zu ernst oder instabil für eine Rückverlegung in eine Normalstation sei und die deshalb ein kontinuierliches Monitoring benötigten. Dies umfasse die Prävention, Diagnostik und Behandlung von allen medizinischen und chirurgischen Krankheiten, welche zum Versagen von Vitalfunktionen führen könnten. Die IMC könne auch hochspezialisierte, beispielsweise neurologische oder kardiologische Behandlungen („stroke unit“, „coronary care unit“, etc.) anbieten, um den bestmöglichen Behandlungsstandard zu garantieren.

Es sei ersichtlich, dass es im Übergang zwischen den 3 Stationsbereichen (Intensivstation, IMC-Station, Normalstation) ein kontinuierliches Spektrum an Krankheitsschwere und Behandlungsbedarf und -aufwand gebe und eine scharfe Grenzziehung nicht generell möglich sei. Neben anderen Faktoren hänge die Zuordnung von Patienten darüber hinaus von den jeweiligen Strukturen und Ausstattungen und den damit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Krankenhäuser bzw. Stationen ab. So hätten die personelle Ausstattung und die Qualifikation des eingesetzten Personals, ihre apparative Ausstattung, die räumlichen Gegebenheiten und Erfahrung des Personals erheblichen Einfluss auf die Behandlungsmöglichkeiten. Die Übergänge zwischen IMC- und Intensivstation seien fließend. Die Abgrenzung verlaufe gänzlich unscharf.

Abzustellen ist dabei auf den konkreten Einzelfall. Das SG hat deutlich herausgearbeitet, dass vorliegend die Voraussetzungen der OPS 8-980 gegeben waren. Sowohl aus der Homepage der Klinik als auch aus der an das DIMDI gerichteten E-Mail der Klinik ist ersichtlich, dass die IMC-Station Teil eines zentralen internistischen Intensivbereichs mit drei Stationen ist. Die Klinik hat in ihrer E-Mail darauf hingewiesen, dass eine dieser drei Stationen - die IMC-Station - für nicht beatmete Patienten verwendet wird.

Die apparative und personelle Struktur der IMC-Station in der Klinik der Klägerin erfüllt unstreitig die Voraussetzungen, die in der streitgegenständlichen OPS aufgeführt sind. Dies hat die Klinik mehrfach dargelegt, dies ist vom SMD bestätigt worden und wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Insbesondere sind eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen, und eine Facharztpräsenz durch Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „internistische Intensivmedizin“ gegeben und eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Station gewährleistet.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, ob die übrigen Voraussetzungen der OPS gegeben sind, worauf das SG deutlich hingewiesen hat. So hat weder die Beklagte ausgeführt noch der SMD in seinen Gutachten dargelegt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Behandlung lediglich um eine Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (< 24 Stunden) Intensivbehandlung bzw. eine nur kurzfristige (< 24 Stunden) Stabilisierung des Patienten nach operativen Eingriffen gehandelt hat. Auch ist den Ausführungen des SMD zu entnehmen, dass die von der Klinik ermittelten Aufwendungspunkte bei Anerkennung des gesamten Aufenthaltes (Intensivstation und IMC) korrekt sind.

Auch der erneute Hinweis auf die Ausführungen des DIMDI zur OPS 9-200 führt zu keinem anderen Ergebnis. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass die OPS 9-200 von der Klägerin nicht abgerechnet worden ist. Aus der Anlage zum OPS 2011 ergibt sich für die Abrechnung der OPS 9-200 im Übrigen, dass die OPS - entgegen der Ausführungen der Beklagten - im Jahr 2011 nur auf der „Normalstation“ zu kodieren war. Im Jahr 2011 waren nach der Anlage keine Kalendertage auf Intensivstationen,

Überwachungseinheiten, IMC-Stationen, Stroke units etc. für die Kodierung heranzuziehen. Die von der Beklagten zitierte Stellungnahme des DIMDI bezieht sich gerade nicht auf die für die Abrechnung der stationären Behandlung im vorliegende Fall anzuwendende OPS-Version 2011 und ist bereits aus diesem Grund vorliegend nicht heranziehbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 1, 2 SGG.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG i.v.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 39 Krankenhausbehandlung


(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

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(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 301 Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen


(1) Die nach § 108 zugelassenen Krankenhäuser oder ihre Krankenhausträger sind verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung folgende Angaben im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitte

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Bundessozialgericht Urteil, 28. Nov. 2013 - B 3 KR 33/12 R

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 18. Juli 2013 - B 3 KR 25/12 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 08. Nov. 2011 - B 1 KR 8/11 R

bei uns veröffentlicht am 08.11.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

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(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

8

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

9

2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

10

a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

11

b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

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3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

13

a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

14

b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

15

aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

16

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

17

bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

18

Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

19

cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

20

Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

21

Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

22

Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

23

In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

24

Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

25

dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

26

Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

27

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

28

c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die nach § 108 zugelassenen Krankenhäuser oder ihre Krankenhausträger sind verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung folgende Angaben im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln:

1.
die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 10 sowie das krankenhausinterne Kennzeichen des Versicherten,
2.
das Institutionskennzeichen der Krankenkasse und des Krankenhauses sowie ab dem 1. Januar 2020 dessen Kennzeichen nach § 293 Absatz 6,
3.
den Tag, die Uhrzeit und den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, bei einer Änderung der Aufnahmediagnose die nachfolgenden Diagnosen, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung, bei Kleinkindern bis zu einem Jahr das Aufnahmegewicht,
4.
bei ärztlicher Verordnung von Krankenhausbehandlung die Arztnummer des einweisenden Arztes, bei Verlegung das Institutionskennzeichen des veranlassenden Krankenhauses, bei Notfallaufnahme die die Aufnahme veranlassende Stelle,
5.
die Bezeichnung der aufnehmenden Fachabteilung, bei Verlegung die der weiterbehandelnden Fachabteilungen,
6.
Datum und Art der im oder vom jeweiligen Krankenhaus durchgeführten Operationen und sonstigen Prozeduren,
7.
den Tag, die Uhrzeit und den Grund der Entlassung oder der Verlegung, bei externer Verlegung das Institutionskennzeichen der aufnehmenden Institution, bei Entlassung oder Verlegung die für die Krankenhausbehandlung maßgebliche Hauptdiagnose und die Nebendiagnosen,
8.
Aussagen zur Arbeitsfähigkeit und Vorschläge zur erforderlichen weiteren Behandlung für Zwecke des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a mit Angabe geeigneter Einrichtungen und bei der Verlegung von Versicherten, die beatmet werden, die Angabe der aufnehmenden Einrichtung sowie bei der Entlassung von Versicherten, die beatmet werden, die Angabe, ob eine weitere Beatmung geplant ist,
9.
die nach den §§ 115a und 115b sowie nach dem Krankenhausentgeltgesetz und der Bundespflegesatzverordnung berechneten Entgelte,
10.
den Nachweis über die Erfüllung der Meldepflicht nach § 36 des Implantateregistergesetzes.
Die Übermittlung der medizinischen Begründung von Verlängerungen der Verweildauer nach Satz 1 Nr. 3 sowie der Angaben nach Satz 1 Nr. 8 ist auch in nicht maschinenlesbarer Form zulässig.

(2) Die Diagnosen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und 7 sind nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der jeweiligen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung zu verschlüsseln. Die Operationen und sonstigen Prozeduren nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 sind nach dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen Schlüssel zu verschlüsseln; der Schlüssel hat die sonstigen Prozeduren zu umfassen, die nach § 17b und § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes abgerechnet werden können. In dem Operationen- und Prozedurenschlüssel nach Satz 2 können durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auch Voraussetzungen für die Abrechnung der Operationen und sonstigen Prozeduren festgelegt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit gibt den Zeitpunkt der Inkraftsetzung der jeweiligen Fassung des Diagnosenschlüssels nach Satz 1 sowie des Prozedurenschlüssels nach Satz 2 im Bundesanzeiger bekannt; es kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beauftragen, den in Satz 1 genannten Schlüssel um Zusatzkennzeichen zur Gewährleistung der für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen notwendigen Aussagefähigkeit des Schlüssels sowie um Zusatzangaben für seltene Erkrankungen zu ergänzen. Von dem in Satz 4 genannten Zeitpunkt an sind der Diagnoseschlüssel nach Satz 1 sowie der Operationen- und Prozedurenschlüssel nach Satz 2 verbindlich und für die Abrechnung der erbrachten Leistungen zu verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann bei Auslegungsfragen zu den Diagnosenschlüsseln nach Satz 1 und den Prozedurenschlüsseln nach Satz 2 Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vornehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen. Für das Verfahren der Festlegung des Diagnoseschlüssels nach Satz 1 sowie des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach Satz 2 gibt sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Verfahrensordnung, die der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf und die auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu veröffentlichen ist.

(2a) Die Krankenkassen haben den nach § 108 zugelassenen Krankenhäusern einen bestehenden Pflegegrad gemäß § 15 des Elften Buches eines Patienten oder einer Patientin unverzüglich zu übermitteln, sobald ihnen das Krankenhaus anzeigt, dass es den Patienten oder die Patientin zur Behandlung aufgenommen hat. Während des Krankenhausaufenthaltes eines Patienten oder einer Patientin haben die Krankenkassen dem Krankenhaus Änderungen eines bestehenden Pflegegrades des Patienten oder der Patientin sowie beantragte Einstufungen in einen Pflegegrad durch einen Patienten oder eine Patientin zu übermitteln. Die Übermittlung nach den Sätzen 1 und 2 hat im Wege elektronischer Datenübertragung zu erfolgen.

(3) Das Nähere über Form und Inhalt der erforderlichen Vordrucke, die Zeitabstände für die Übermittlung der Angaben nach Absatz 1 und das Verfahren der Abrechnung sowie ein Verfahren zur Übermittlung eines Antrages auf Anschlussrehabilitation durch das Krankenhaus auf Wunsch und mit Einwilligung der Versicherten, jeweils im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern sowie das Nähere zum Verfahren und zu den Zeitabständen der Übermittlung im Wege elektronischer Datenübertragungen nach Absatz 2a vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder den Bundesverbänden der Krankenhausträger gemeinsam.

(4) Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 oder § 111c besteht, sind verpflichtet den Krankenkassen bei stationärer oder ambulanter Behandlung folgende Angaben im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln:

1.
die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 10 sowie das interne Kennzeichen der Einrichtung für den Versicherten,
2.
das Institutionskennzeichen der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung und der Krankenkasse,
3.
den Tag der Aufnahme, die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Behandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung,
4.
bei ärztlicher Verordnung von Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen die Arztnummer des einweisenden Arztes,
5.
den Tag, die Uhrzeit und den Grund der Entlassung oder der externen Verlegung sowie die Entlassungs- oder Verlegungsdiagnose; bei externer Verlegung das Institutionskennzeichen der aufnehmenden Institution,
6.
Angaben über die durchgeführten Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen sowie Vorschläge für die Art der weiteren Behandlung mit Angabe geeigneter Einrichtungen,
7.
die berechneten Entgelte.
Die Übermittlung der medizinischen Begründung von Verlängerungen der Verweildauer nach Satz 1 Nr. 3 sowie Angaben nach Satz 1 Nr. 6 ist auch in nicht maschinenlesbarer Form zulässig. Für die Angabe der Diagnosen nach Satz 1 Nr. 3 und 5 gilt Absatz 2 entsprechend. Absatz 3 gilt entsprechend.

(4a) Einrichtungen, die Leistungen nach § 15 des Sechsten Buches und nach § 33 des Siebten Buches erbringen, sind auf Anforderung der zuständigen Krankenkasse verpflichtet, dieser bei Erwerbstätigen mit einem Anspruch auf Krankengeld nach § 44 für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Krankenkassen, die im Zusammenhang mit der Bestimmung der Dauer des Krankengeldanspruchs und der Mitteilung an den Arbeitgeber über die auf den Entgeltfortzahlungsanspruch des Versicherten anrechenbaren Zeiten stehen, sowie zur Zuständigkeitsabgrenzung bei stufenweiser Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach den §§ 44, 71 Absatz 5 des Neunten Buches und § 74 folgende Angaben zu übermitteln:

1.
die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 2 bis 6,
2.
das Institutionskennzeichen der Einrichtung,
3.
den Tag der Aufnahme, den Tag und den Grund der Entlassung oder der externen Verlegung sowie die Entlassungs- oder Verlegungsdiagnose,
4.
Aussagen zur Arbeitsfähigkeit,
5.
die zur Zuständigkeitsabgrenzung bei stufenweiser Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach den §§ 44, 71 Absatz 5 des Neunten Buches sowie nach § 74 erforderlichen Angaben.
Die Übermittlung erfolgt im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern. Für die Angabe der Diagnosen nach Satz 1 Nummer 3 gilt Absatz 2 entsprechend. Das Nähere über Form und Inhalt der erforderlichen Vordrucke, die Zeitabstände für die Übermittlung der Angaben nach Satz 1 und das Verfahren der Übermittlung vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemeinsam mit den für die Wahrnehmung der Interessen der Rehabilitationseinrichtungen nach dem Sozialgesetzbuch maßgeblichen Bundesverbänden.

(5) Die ermächtigten Krankenhausärzte sind verpflichtet, dem Krankenhausträger im Rahmen des Verfahrens nach § 120 Abs. 1 Satz 3 die für die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen erforderlichen Unterlagen zu übermitteln; § 295 gilt entsprechend. Der Krankenhausträger hat den kassenärztlichen Vereinigungen die Abrechnungsunterlagen zum Zweck der Abrechnung vorzulegen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 26 859,15 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von weiteren 26 859,15 Euro.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient S. (Versicherter) wurde in der Zeit vom 5.1. bis zum 7.5.2008 stationär in dem von der Klägerin betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen (§ 108 SGB V) Krankenhaus "Z." in L. behandelt. Die Behandlung erfolgte auf der Intensivstation, auf der montags bis freitags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr ein Arzt ständig anwesend ist. In der übrigen Zeit, dh alltags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende, ist ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die gesamte Abteilung für Innere Medizin einschließlich der darin eingegliederten Intensivstation zuständig. Die Klägerin stellte der Beklagten am 9.5.2008 einen Betrag von 131 629,89 Euro in Rechnung, legte dabei den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Version 2008) 8-980.8 - Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) - zu Grunde und rechnete die Fallpauschale nach der Diagnosis Related Group (DRG) A07C ab. Die Beklagte wies die Rechnung am 15.5.2008 im Wege des Datenaustausches zurück, weil die strukturellen Voraussetzungen zur Abrechnung der Prozedur 8-980.8 nicht gegeben seien. Sie verwies auf ein bereits am 26.7.2007 erstelltes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), wonach es in dem Krankenhaus keinen Schichtdienst und keinen Bereitschaftsdienst der Stufe D ausschließlich für die Intensivstation gebe. Die diensthabenden Ärzte seien nachts und an den Wochenenden über die Intensivstation hinaus für die gesamte Abteilung für Innere Medizin zuständig.

3

Mit ihrer am 21.8.2008 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Intensivstation sei in die Hauptfachabteilung Innere Medizin eingegliedert, so dass alle diensthabenden Ärzte der Hauptfachabteilung, die die Intensivstation mitversorgten, die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen würden und im Übrigen auch in der Intensivmedizin erfahren seien. Bei den Mindestmerkmalen des OPS-Kodes 8-980 handele es sich nicht um allgemein gültige Voraussetzungen, die krankenhausbezogen anzuwenden seien, sondern um reine Abrechnungsvoraussetzungen für den jeweiligen Behandlungsfall. Bei der Behandlung des Versicherten seien diese Anforderungen erfüllt worden, wie sich aus der Auswertung der Dokumentation über die gesamte Belegung der Intensivstation in der Zeit der Behandlung des Versicherten ergebe. Zudem sei die Beklagte nach § 275 Abs 1c SGB V mit sämtlichen Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung ausgeschlossen, da sie auf eine Einzelfallprüfung durch den MDK verzichtet habe. Die Beklagte hat die Forderung der Klägerin auf Basis der DRG-Fallpauschale A07D in Höhe von 104 770,74 Euro anerkannt, sodass nur noch ein Differenzbetrag von 26 859,15 Euro offen steht.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.3.2011) und zur Begründung ausgeführt, nach den Anwendungshinweisen zum Kode 8-980 müssten kumulativ vorliegen zum einen eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren seien und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen, und zum anderen die Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation. Letzteres Merkmal sei auf der Intensivstation im Krankenhaus der Klägerin nicht erfüllt gewesen. Sichergestellt sei außerhalb der Zeiten von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr montags bis freitags nur eine ständige akute ärztliche Behandlungsbereitschaft, nicht aber die ständige ärztliche Anwesenheit. Der Bereitschaftsarzt habe nämlich nach der Dienststruktur zu diesen Zeiten auch die Patienten der Normalstation der Inneren Abteilung zu betreuen und müsse die dort anfallenden ärztlichen Aufgaben übernehmen. Es komme nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Arzt tatsächlich ständig auf der Intensivstation anwesend gewesen sei. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen auch nicht gemäß § 275 Abs 1c SGB V ausgeschlossen, da das Vorliegen der strukturellen Abrechnungsvoraussetzungen unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall auf Grund der allgemeinen Organisation des Krankenhauses zu beurteilen sei.

5

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 19.1.2012) und in Ergänzung zum SG ausgeführt, mit der Pflicht zur Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation sei es nicht vereinbar, dass der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen müsse. Es handelte sich dabei um eine Strukturvoraussetzung, die wegen des erhöhten Personalbedarfs die höhere Vergütung rechtfertige. Auf die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall komme es mithin nicht an, zumal sich diese im Nachhinein auch kaum klären ließen.

6

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie macht geltend, es sei unzulässig, Mindestanforderungen an die Strukturqualität eines Krankenhauses durch "Hinweise" im Rahmen der Definition einer Prozedur nach dem OPS vorzugeben. Die tatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Einzelfalles seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, weil das LSG das Mindestmerkmal "Gewährleistung ständiger ärztlicher Anwesenheit auf der Intensivstation" als allgemeine krankenhausbezogene Strukturvoraussetzung angesehen und zudem falsch ausgelegt habe. Außerdem hätte die gesetzliche Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c SGB V beachtet werden müssen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.1.2012 und des SG Speyer vom 30.3.2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 26 859,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 26.5.2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hält das Berufungsurteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des OPS-Kodes 8-980 nicht erfüllt waren und deshalb die DRG-Fallpauschale A07C nicht abgerechnet werden konnte.

10

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Leistungserbringers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der (restlichen) Vergütung für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

11

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs, dessen rechnerische Höhe nicht im Streit steht, ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V iVm § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 und § 9 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen(Krankenhausentgeltgesetz in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (FPV 2008) nebst Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2008 und dem am 1.1.2000 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrag (KBV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V für das Land Rheinland-Pfalz vom 19.11.1999 sowie der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2008.

12

a) Nach § 109 Abs 4 S 2 SGB V sind zugelassene Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Inanspruchnahme der Behandlung durch den Versicherten löst - unabhängig von einer Kostenzusage - einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem gesetzlichen Krankenversicherungsträger aus, wenn die stationäre Versorgung iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 12).

13

b) Die Krankenhausleistungen werden nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG ua mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog(§ 9 KHEntgG) abgerechnet. Dieser umfasst gemäß § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG insbesondere den Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Abs 1 KHG. Der im Jahr 2008 maßgebliche Fallpauschalen-Katalog ist in der Anlage 1 der FPV 2008 enthalten.

14

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) verschlüsselt(§ 301 Abs 2 S 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 16).

15

3. Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen. Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der Kodierrichtlinien in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; stRspr). Diese Auslegungs- und Anwendungsprinzipien für die vereinbarten Vergütungsregelungen gelten in vergleichbarer Weise auch für die vom DIMDI erteilten "Hinweise" zur Auslegung und Anwendung einzelner OPS-Kodes. Denn das DIMDI hat nach § 301 Abs 2 SGB V die Pflicht, für eine sachgerechte Handhabung der Verschlüsselungshinweise zu sorgen. Dazu muss es die tägliche Praxis beobachten und durch regelmäßige Anpassung seiner Hinweise zu den diversen OPS-Kodes beobachtete Lücken und Unklarheiten beseitigen (vgl Didong in: juris Praxiskommentar, SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 10).

16

4. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 26 859,15 Euro. Ein Vergütungsanspruch der Klägerin für die Behandlung des Versicherten bestand nur in der Höhe, wie der Anspruch zwischenzeitlich durch die Beklagte aufgrund der Abrechnung der Fallpauschale A07D anerkannt und erfüllt wurde. Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durchgeführte Behandlung die Voraussetzungen des Kodes 8-980.8, mit dem die von der Klägerin beanspruchte DRG-Fallpauschale A07C angesteuert wird, nicht erfüllt.

17

a) Nach dem Kode 8-980 ist die intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) zu verschlüsseln. Hierunter fällt nach dem Wortlaut des Kodes die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (< 24 Stunden) Intensivbehandlung sowie die kurzfristige (< 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach operativen Eingriffen. Unter den "Hinweisen" des DIMDI finden sich die Mindestmerkmale zur Kodierung dieser Prozedur. Danach müssen unter anderem folgende Mindestmerkmale kumulativ vorliegen:

"(1)   

Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen.

(2)     

Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein".

18

aa) Dieses zweite Merkmal ist auf der Intensivstation im Krankenhaus der Klägerin nicht erfüllt. Nach den auf deren eigenem Vortrag beruhenden Feststellungen des LSG war im Behandlungszeitraum planmäßig lediglich montags bis freitags zwischen 8.00 und 16.30 Uhr ein Arzt auf der Intensivstation anwesend. In der übrigen Zeit, dh alltags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende, ist ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die gesamte Abteilung für Innere Medizin einschließlich der Intensivstation eingerichtet. Das genügt bei wortgetreuer Anwendung des Kodes 8-980 den Voraussetzungen nicht, weil durch diesen umfassenden Bereitschaftsdienst die ständige Anwesenheit eines Arztes gerade auf der Intensivstation nicht "gewährleistet", also allgemein sichergestellt ist. Das wäre nur bei einem Bereitschaftsdienst der Stufe D ausschließlich für die Intensivstation der Fall. Im Krankenhaus der Klägerin ist hingegen - auch wenn die Intensivstation nach den Ausführungen der Klägerin im Bereitschaftsdienst vorrangig zu betreuen ist - nur die ständige akute ärztliche Behandlungsbereitschaft sichergestellt. Zu dem Merkmal der "akuten Behandlungsbereitschaft" muss das Merkmal der "ständigen ärztlichen Anwesenheit" nach dem eindeutigen Wortlaut des Kodes notwendig hinzutreten. Von einer ständigen ärztlichen Anwesenheit gemäß dem zweiten Mindestmerkmal kann aber nicht gesprochen werden, wenn ein Arzt auf der Intensivstation nicht durchgehend, sondern nur im Notfall bzw nach Bedarf anwesend ist. So liegt es indes im Krankenhaus der Klägerin. Der Bereitschaftsdienst hat nämlich nach der Dienststruktur auch die Patienten der Normalstation der Inneren Abteilung zu betreuen und muss die dort anfallenden ärztlichen Aufgaben übernehmen. Während eines solchen Einsatzes ist er auf der Intensivstation planmäßig nicht anwesend. Soweit die Klägerin auf die Auslegungshinweise des DIMDI verweist, wonach der Arzt die Intensivstation auch verlassen könne, wenn er nur innerhalb kürzester Zeit handlungsfähig am Patienten sei, übersieht sie die weitere Erläuterung, dass eine ständige Anwesenheit dann nicht anzunehmen sei, wenn der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle weitere Aufgaben übernehmen müsse, wie etwa eine Normalstation zu betreuen. Dieser Auslegungshinweis entspricht dem Wortlaut des Kodes, der auf die "Gewährleistung" der ständigen Anwesenheit und damit auf eine Planungs- und Strukturkomponente abstellt. Es kommt daher entgegen der Ansicht der Klägerin für die Verschlüsselbarkeit des Kodes 8-980 nicht darauf an, ob im Einzelfall einer bestimmten Behandlung ein Arzt wegen des hohen Arbeitsanfalls auf der Intensivstation tatsächlich ständig anwesend war. Wäre dieser Umstand maßgeblich, so dürfte die Definition der Mindestmerkmale des Kodes die Worte "muss gewährleistet sein" nicht enthalten. Eine "Gewährleistung" der ständigen ärztlichen Anwesenheit ist nur bei einer dies unter allen - vorhersehbaren - Umständen sicherstellenden, speziell auf die Intensivstation bezogenen Bereitschaftsdienstplanung des Krankenhauses gegeben.

19

bb) Aus diesem Grund ist auch die zur Akte gereichte Aufstellung über die Belegung der Intensivstation im Zeitraum der Behandlung des Versicherten für die Kodierung der Prozedur 8-980 unerheblich. Es bedarf daher keiner weiteren Ermittlungen, ob das Vorbringen der Klägerin, aus der Belegung ergebe sich eine so hohe Inanspruchnahme der Ärzte, dass faktisch eine ständige Anwesenheit gewährleistet gewesen sei, den Tatsachen entspricht. Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens ergeben sich allerdings bei Berücksichtigung des Umkehrschlusses: Wenn der Arzt während des Bereitschaftsdienstes tatsächlich ständig auf der Intensivstation anwesend gewesen wäre, hätten die sonstigen Patienten der Abteilung für Innere Medizin wochentags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am gesamten Wochenende keine ärztliche Betreuung erfahren, was schlechthin nicht vorstellbar ist.

20

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das DIMDI auch berechtigt, Mindestmerkmale zur Strukturqualität für die OPS-Kodierungen vorzugeben. Die Festlegung der Mindestanforderungen an die Strukturqualität ist nicht dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) vorbehalten. GBA und DIMDI haben völlig unterschiedliche Aufgaben. Der GBA ist das zentrale Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung und hat seine Hauptaufgabe darin, die medizinische Versorgung in Deutschland zu steuern. Das DIMDI wiederum hat seine Hauptaufgabe in der Herausgabe von amtlichen Klassifikationen, wie ua die OPS-Kodierungen für Operationen und sonstige Prozeduren gemäß § 301 Abs 2 SGB V. Diese werden als Grundlage für das Entgeltsystem in Klinik und Praxis (DRG-System) und für den elektronischen Datenaustausch in der Medizin benötigt. Der GBA legt also ua - sektorübergreifend - die grundsätzlichen Qualitätsanforderungen an medizinische Behandlungen zu Lasten der Krankenkassen fest, wohingegen das DIMDI bestimmt, welche Voraussetzungen für die Verschlüsselung einer bestimmten Prozedur (Kode) und einen konkreten Vergütungsanspruch vorliegen müssen. Die Pflicht des GBA, gemäß § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V die Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen, bezieht sich nur auf grundlegende medizinische Anforderungen an die Leistungserbringer und nicht auf konkrete Vergütungsvoraussetzungen. Das DIMDI kann daher sehr wohl auch strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen für die jeweilige Prozedur (hier: Mindestmerkmale des OPS-Kodes 8-980) festlegen. Das Urteil des LSG beruht folglich nicht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang übrigens, weshalb die Klägerin das erste Kodemerkmal ("Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen") als "prozedurbezogenes Mindestmerkmal" klassifiziert und das zweite Merkmal ("Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein") demgegenüber als Mindestanforderung an die Strukturqualität einordnet. Beide Merkmale erfordern nämlich gleichermaßen eine Bereitstellung von Ressourcen durch das Krankenhaus, sodass schon der Begründungsansatz der Klägerin nicht trägt.

21

5. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass die Beklagte eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK hätte einleiten müssen, hierfür aber die Frist des § 275 Abs 1c SGB V versäumt habe und deshalb mit ihren Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung des Behandlungsfalles ausgeschlossen sei. Ob in einem Krankenhaus die ständige ärztliche Anwesenheit im oben dargestellten Sinne gewährleistet ist, ist als strukturelle Abrechnungsvoraussetzung des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhauses zu beurteilen. Ist dies wie im Krankenhaus der Klägerin nicht der Fall, so ist die Kodierung einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung von vornherein ausgeschlossen. Einer der in § 275 Abs 1 S 1 SGB V abschließend aufgeführten Begutachtungsanlässe liegt nicht vor. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalles, zu deren Klärung der MDK eingeschaltet werden muss. Den Einwand der unrichtigen Rechnungsstellung als solchen hat die Beklagte indes zeitnah erhoben, sodass dessen Geltendmachung jedenfalls auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen rechtsmissbräuchlich (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB) ist.

22

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

14

5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

24

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 26 859,15 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von weiteren 26 859,15 Euro.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient S. (Versicherter) wurde in der Zeit vom 5.1. bis zum 7.5.2008 stationär in dem von der Klägerin betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen (§ 108 SGB V) Krankenhaus "Z." in L. behandelt. Die Behandlung erfolgte auf der Intensivstation, auf der montags bis freitags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr ein Arzt ständig anwesend ist. In der übrigen Zeit, dh alltags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende, ist ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die gesamte Abteilung für Innere Medizin einschließlich der darin eingegliederten Intensivstation zuständig. Die Klägerin stellte der Beklagten am 9.5.2008 einen Betrag von 131 629,89 Euro in Rechnung, legte dabei den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Version 2008) 8-980.8 - Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) - zu Grunde und rechnete die Fallpauschale nach der Diagnosis Related Group (DRG) A07C ab. Die Beklagte wies die Rechnung am 15.5.2008 im Wege des Datenaustausches zurück, weil die strukturellen Voraussetzungen zur Abrechnung der Prozedur 8-980.8 nicht gegeben seien. Sie verwies auf ein bereits am 26.7.2007 erstelltes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), wonach es in dem Krankenhaus keinen Schichtdienst und keinen Bereitschaftsdienst der Stufe D ausschließlich für die Intensivstation gebe. Die diensthabenden Ärzte seien nachts und an den Wochenenden über die Intensivstation hinaus für die gesamte Abteilung für Innere Medizin zuständig.

3

Mit ihrer am 21.8.2008 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Intensivstation sei in die Hauptfachabteilung Innere Medizin eingegliedert, so dass alle diensthabenden Ärzte der Hauptfachabteilung, die die Intensivstation mitversorgten, die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen würden und im Übrigen auch in der Intensivmedizin erfahren seien. Bei den Mindestmerkmalen des OPS-Kodes 8-980 handele es sich nicht um allgemein gültige Voraussetzungen, die krankenhausbezogen anzuwenden seien, sondern um reine Abrechnungsvoraussetzungen für den jeweiligen Behandlungsfall. Bei der Behandlung des Versicherten seien diese Anforderungen erfüllt worden, wie sich aus der Auswertung der Dokumentation über die gesamte Belegung der Intensivstation in der Zeit der Behandlung des Versicherten ergebe. Zudem sei die Beklagte nach § 275 Abs 1c SGB V mit sämtlichen Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung ausgeschlossen, da sie auf eine Einzelfallprüfung durch den MDK verzichtet habe. Die Beklagte hat die Forderung der Klägerin auf Basis der DRG-Fallpauschale A07D in Höhe von 104 770,74 Euro anerkannt, sodass nur noch ein Differenzbetrag von 26 859,15 Euro offen steht.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.3.2011) und zur Begründung ausgeführt, nach den Anwendungshinweisen zum Kode 8-980 müssten kumulativ vorliegen zum einen eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren seien und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen, und zum anderen die Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation. Letzteres Merkmal sei auf der Intensivstation im Krankenhaus der Klägerin nicht erfüllt gewesen. Sichergestellt sei außerhalb der Zeiten von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr montags bis freitags nur eine ständige akute ärztliche Behandlungsbereitschaft, nicht aber die ständige ärztliche Anwesenheit. Der Bereitschaftsarzt habe nämlich nach der Dienststruktur zu diesen Zeiten auch die Patienten der Normalstation der Inneren Abteilung zu betreuen und müsse die dort anfallenden ärztlichen Aufgaben übernehmen. Es komme nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Arzt tatsächlich ständig auf der Intensivstation anwesend gewesen sei. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen auch nicht gemäß § 275 Abs 1c SGB V ausgeschlossen, da das Vorliegen der strukturellen Abrechnungsvoraussetzungen unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall auf Grund der allgemeinen Organisation des Krankenhauses zu beurteilen sei.

5

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 19.1.2012) und in Ergänzung zum SG ausgeführt, mit der Pflicht zur Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation sei es nicht vereinbar, dass der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen müsse. Es handelte sich dabei um eine Strukturvoraussetzung, die wegen des erhöhten Personalbedarfs die höhere Vergütung rechtfertige. Auf die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall komme es mithin nicht an, zumal sich diese im Nachhinein auch kaum klären ließen.

6

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie macht geltend, es sei unzulässig, Mindestanforderungen an die Strukturqualität eines Krankenhauses durch "Hinweise" im Rahmen der Definition einer Prozedur nach dem OPS vorzugeben. Die tatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Einzelfalles seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, weil das LSG das Mindestmerkmal "Gewährleistung ständiger ärztlicher Anwesenheit auf der Intensivstation" als allgemeine krankenhausbezogene Strukturvoraussetzung angesehen und zudem falsch ausgelegt habe. Außerdem hätte die gesetzliche Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c SGB V beachtet werden müssen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.1.2012 und des SG Speyer vom 30.3.2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 26 859,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 26.5.2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hält das Berufungsurteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des OPS-Kodes 8-980 nicht erfüllt waren und deshalb die DRG-Fallpauschale A07C nicht abgerechnet werden konnte.

10

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Leistungserbringers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der (restlichen) Vergütung für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

11

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs, dessen rechnerische Höhe nicht im Streit steht, ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V iVm § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 und § 9 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen(Krankenhausentgeltgesetz in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (FPV 2008) nebst Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2008 und dem am 1.1.2000 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrag (KBV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V für das Land Rheinland-Pfalz vom 19.11.1999 sowie der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2008.

12

a) Nach § 109 Abs 4 S 2 SGB V sind zugelassene Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Inanspruchnahme der Behandlung durch den Versicherten löst - unabhängig von einer Kostenzusage - einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem gesetzlichen Krankenversicherungsträger aus, wenn die stationäre Versorgung iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 12).

13

b) Die Krankenhausleistungen werden nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG ua mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog(§ 9 KHEntgG) abgerechnet. Dieser umfasst gemäß § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG insbesondere den Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Abs 1 KHG. Der im Jahr 2008 maßgebliche Fallpauschalen-Katalog ist in der Anlage 1 der FPV 2008 enthalten.

14

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) verschlüsselt(§ 301 Abs 2 S 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 16).

15

3. Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen. Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der Kodierrichtlinien in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; stRspr). Diese Auslegungs- und Anwendungsprinzipien für die vereinbarten Vergütungsregelungen gelten in vergleichbarer Weise auch für die vom DIMDI erteilten "Hinweise" zur Auslegung und Anwendung einzelner OPS-Kodes. Denn das DIMDI hat nach § 301 Abs 2 SGB V die Pflicht, für eine sachgerechte Handhabung der Verschlüsselungshinweise zu sorgen. Dazu muss es die tägliche Praxis beobachten und durch regelmäßige Anpassung seiner Hinweise zu den diversen OPS-Kodes beobachtete Lücken und Unklarheiten beseitigen (vgl Didong in: juris Praxiskommentar, SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 10).

16

4. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 26 859,15 Euro. Ein Vergütungsanspruch der Klägerin für die Behandlung des Versicherten bestand nur in der Höhe, wie der Anspruch zwischenzeitlich durch die Beklagte aufgrund der Abrechnung der Fallpauschale A07D anerkannt und erfüllt wurde. Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durchgeführte Behandlung die Voraussetzungen des Kodes 8-980.8, mit dem die von der Klägerin beanspruchte DRG-Fallpauschale A07C angesteuert wird, nicht erfüllt.

17

a) Nach dem Kode 8-980 ist die intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) zu verschlüsseln. Hierunter fällt nach dem Wortlaut des Kodes die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (< 24 Stunden) Intensivbehandlung sowie die kurzfristige (< 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach operativen Eingriffen. Unter den "Hinweisen" des DIMDI finden sich die Mindestmerkmale zur Kodierung dieser Prozedur. Danach müssen unter anderem folgende Mindestmerkmale kumulativ vorliegen:

"(1)   

Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen.

(2)     

Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein".

18

aa) Dieses zweite Merkmal ist auf der Intensivstation im Krankenhaus der Klägerin nicht erfüllt. Nach den auf deren eigenem Vortrag beruhenden Feststellungen des LSG war im Behandlungszeitraum planmäßig lediglich montags bis freitags zwischen 8.00 und 16.30 Uhr ein Arzt auf der Intensivstation anwesend. In der übrigen Zeit, dh alltags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende, ist ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die gesamte Abteilung für Innere Medizin einschließlich der Intensivstation eingerichtet. Das genügt bei wortgetreuer Anwendung des Kodes 8-980 den Voraussetzungen nicht, weil durch diesen umfassenden Bereitschaftsdienst die ständige Anwesenheit eines Arztes gerade auf der Intensivstation nicht "gewährleistet", also allgemein sichergestellt ist. Das wäre nur bei einem Bereitschaftsdienst der Stufe D ausschließlich für die Intensivstation der Fall. Im Krankenhaus der Klägerin ist hingegen - auch wenn die Intensivstation nach den Ausführungen der Klägerin im Bereitschaftsdienst vorrangig zu betreuen ist - nur die ständige akute ärztliche Behandlungsbereitschaft sichergestellt. Zu dem Merkmal der "akuten Behandlungsbereitschaft" muss das Merkmal der "ständigen ärztlichen Anwesenheit" nach dem eindeutigen Wortlaut des Kodes notwendig hinzutreten. Von einer ständigen ärztlichen Anwesenheit gemäß dem zweiten Mindestmerkmal kann aber nicht gesprochen werden, wenn ein Arzt auf der Intensivstation nicht durchgehend, sondern nur im Notfall bzw nach Bedarf anwesend ist. So liegt es indes im Krankenhaus der Klägerin. Der Bereitschaftsdienst hat nämlich nach der Dienststruktur auch die Patienten der Normalstation der Inneren Abteilung zu betreuen und muss die dort anfallenden ärztlichen Aufgaben übernehmen. Während eines solchen Einsatzes ist er auf der Intensivstation planmäßig nicht anwesend. Soweit die Klägerin auf die Auslegungshinweise des DIMDI verweist, wonach der Arzt die Intensivstation auch verlassen könne, wenn er nur innerhalb kürzester Zeit handlungsfähig am Patienten sei, übersieht sie die weitere Erläuterung, dass eine ständige Anwesenheit dann nicht anzunehmen sei, wenn der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle weitere Aufgaben übernehmen müsse, wie etwa eine Normalstation zu betreuen. Dieser Auslegungshinweis entspricht dem Wortlaut des Kodes, der auf die "Gewährleistung" der ständigen Anwesenheit und damit auf eine Planungs- und Strukturkomponente abstellt. Es kommt daher entgegen der Ansicht der Klägerin für die Verschlüsselbarkeit des Kodes 8-980 nicht darauf an, ob im Einzelfall einer bestimmten Behandlung ein Arzt wegen des hohen Arbeitsanfalls auf der Intensivstation tatsächlich ständig anwesend war. Wäre dieser Umstand maßgeblich, so dürfte die Definition der Mindestmerkmale des Kodes die Worte "muss gewährleistet sein" nicht enthalten. Eine "Gewährleistung" der ständigen ärztlichen Anwesenheit ist nur bei einer dies unter allen - vorhersehbaren - Umständen sicherstellenden, speziell auf die Intensivstation bezogenen Bereitschaftsdienstplanung des Krankenhauses gegeben.

19

bb) Aus diesem Grund ist auch die zur Akte gereichte Aufstellung über die Belegung der Intensivstation im Zeitraum der Behandlung des Versicherten für die Kodierung der Prozedur 8-980 unerheblich. Es bedarf daher keiner weiteren Ermittlungen, ob das Vorbringen der Klägerin, aus der Belegung ergebe sich eine so hohe Inanspruchnahme der Ärzte, dass faktisch eine ständige Anwesenheit gewährleistet gewesen sei, den Tatsachen entspricht. Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens ergeben sich allerdings bei Berücksichtigung des Umkehrschlusses: Wenn der Arzt während des Bereitschaftsdienstes tatsächlich ständig auf der Intensivstation anwesend gewesen wäre, hätten die sonstigen Patienten der Abteilung für Innere Medizin wochentags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am gesamten Wochenende keine ärztliche Betreuung erfahren, was schlechthin nicht vorstellbar ist.

20

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das DIMDI auch berechtigt, Mindestmerkmale zur Strukturqualität für die OPS-Kodierungen vorzugeben. Die Festlegung der Mindestanforderungen an die Strukturqualität ist nicht dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) vorbehalten. GBA und DIMDI haben völlig unterschiedliche Aufgaben. Der GBA ist das zentrale Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung und hat seine Hauptaufgabe darin, die medizinische Versorgung in Deutschland zu steuern. Das DIMDI wiederum hat seine Hauptaufgabe in der Herausgabe von amtlichen Klassifikationen, wie ua die OPS-Kodierungen für Operationen und sonstige Prozeduren gemäß § 301 Abs 2 SGB V. Diese werden als Grundlage für das Entgeltsystem in Klinik und Praxis (DRG-System) und für den elektronischen Datenaustausch in der Medizin benötigt. Der GBA legt also ua - sektorübergreifend - die grundsätzlichen Qualitätsanforderungen an medizinische Behandlungen zu Lasten der Krankenkassen fest, wohingegen das DIMDI bestimmt, welche Voraussetzungen für die Verschlüsselung einer bestimmten Prozedur (Kode) und einen konkreten Vergütungsanspruch vorliegen müssen. Die Pflicht des GBA, gemäß § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V die Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen, bezieht sich nur auf grundlegende medizinische Anforderungen an die Leistungserbringer und nicht auf konkrete Vergütungsvoraussetzungen. Das DIMDI kann daher sehr wohl auch strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen für die jeweilige Prozedur (hier: Mindestmerkmale des OPS-Kodes 8-980) festlegen. Das Urteil des LSG beruht folglich nicht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang übrigens, weshalb die Klägerin das erste Kodemerkmal ("Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen") als "prozedurbezogenes Mindestmerkmal" klassifiziert und das zweite Merkmal ("Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein") demgegenüber als Mindestanforderung an die Strukturqualität einordnet. Beide Merkmale erfordern nämlich gleichermaßen eine Bereitstellung von Ressourcen durch das Krankenhaus, sodass schon der Begründungsansatz der Klägerin nicht trägt.

21

5. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass die Beklagte eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK hätte einleiten müssen, hierfür aber die Frist des § 275 Abs 1c SGB V versäumt habe und deshalb mit ihren Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung des Behandlungsfalles ausgeschlossen sei. Ob in einem Krankenhaus die ständige ärztliche Anwesenheit im oben dargestellten Sinne gewährleistet ist, ist als strukturelle Abrechnungsvoraussetzung des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhauses zu beurteilen. Ist dies wie im Krankenhaus der Klägerin nicht der Fall, so ist die Kodierung einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung von vornherein ausgeschlossen. Einer der in § 275 Abs 1 S 1 SGB V abschließend aufgeführten Begutachtungsanlässe liegt nicht vor. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalles, zu deren Klärung der MDK eingeschaltet werden muss. Den Einwand der unrichtigen Rechnungsstellung als solchen hat die Beklagte indes zeitnah erhoben, sodass dessen Geltendmachung jedenfalls auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen rechtsmissbräuchlich (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB) ist.

22

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 26 859,15 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von weiteren 26 859,15 Euro.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient S. (Versicherter) wurde in der Zeit vom 5.1. bis zum 7.5.2008 stationär in dem von der Klägerin betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen (§ 108 SGB V) Krankenhaus "Z." in L. behandelt. Die Behandlung erfolgte auf der Intensivstation, auf der montags bis freitags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr ein Arzt ständig anwesend ist. In der übrigen Zeit, dh alltags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende, ist ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die gesamte Abteilung für Innere Medizin einschließlich der darin eingegliederten Intensivstation zuständig. Die Klägerin stellte der Beklagten am 9.5.2008 einen Betrag von 131 629,89 Euro in Rechnung, legte dabei den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Version 2008) 8-980.8 - Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) - zu Grunde und rechnete die Fallpauschale nach der Diagnosis Related Group (DRG) A07C ab. Die Beklagte wies die Rechnung am 15.5.2008 im Wege des Datenaustausches zurück, weil die strukturellen Voraussetzungen zur Abrechnung der Prozedur 8-980.8 nicht gegeben seien. Sie verwies auf ein bereits am 26.7.2007 erstelltes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), wonach es in dem Krankenhaus keinen Schichtdienst und keinen Bereitschaftsdienst der Stufe D ausschließlich für die Intensivstation gebe. Die diensthabenden Ärzte seien nachts und an den Wochenenden über die Intensivstation hinaus für die gesamte Abteilung für Innere Medizin zuständig.

3

Mit ihrer am 21.8.2008 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Intensivstation sei in die Hauptfachabteilung Innere Medizin eingegliedert, so dass alle diensthabenden Ärzte der Hauptfachabteilung, die die Intensivstation mitversorgten, die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen würden und im Übrigen auch in der Intensivmedizin erfahren seien. Bei den Mindestmerkmalen des OPS-Kodes 8-980 handele es sich nicht um allgemein gültige Voraussetzungen, die krankenhausbezogen anzuwenden seien, sondern um reine Abrechnungsvoraussetzungen für den jeweiligen Behandlungsfall. Bei der Behandlung des Versicherten seien diese Anforderungen erfüllt worden, wie sich aus der Auswertung der Dokumentation über die gesamte Belegung der Intensivstation in der Zeit der Behandlung des Versicherten ergebe. Zudem sei die Beklagte nach § 275 Abs 1c SGB V mit sämtlichen Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung ausgeschlossen, da sie auf eine Einzelfallprüfung durch den MDK verzichtet habe. Die Beklagte hat die Forderung der Klägerin auf Basis der DRG-Fallpauschale A07D in Höhe von 104 770,74 Euro anerkannt, sodass nur noch ein Differenzbetrag von 26 859,15 Euro offen steht.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.3.2011) und zur Begründung ausgeführt, nach den Anwendungshinweisen zum Kode 8-980 müssten kumulativ vorliegen zum einen eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren seien und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen, und zum anderen die Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation. Letzteres Merkmal sei auf der Intensivstation im Krankenhaus der Klägerin nicht erfüllt gewesen. Sichergestellt sei außerhalb der Zeiten von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr montags bis freitags nur eine ständige akute ärztliche Behandlungsbereitschaft, nicht aber die ständige ärztliche Anwesenheit. Der Bereitschaftsarzt habe nämlich nach der Dienststruktur zu diesen Zeiten auch die Patienten der Normalstation der Inneren Abteilung zu betreuen und müsse die dort anfallenden ärztlichen Aufgaben übernehmen. Es komme nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Arzt tatsächlich ständig auf der Intensivstation anwesend gewesen sei. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen auch nicht gemäß § 275 Abs 1c SGB V ausgeschlossen, da das Vorliegen der strukturellen Abrechnungsvoraussetzungen unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall auf Grund der allgemeinen Organisation des Krankenhauses zu beurteilen sei.

5

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 19.1.2012) und in Ergänzung zum SG ausgeführt, mit der Pflicht zur Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation sei es nicht vereinbar, dass der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen müsse. Es handelte sich dabei um eine Strukturvoraussetzung, die wegen des erhöhten Personalbedarfs die höhere Vergütung rechtfertige. Auf die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall komme es mithin nicht an, zumal sich diese im Nachhinein auch kaum klären ließen.

6

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie macht geltend, es sei unzulässig, Mindestanforderungen an die Strukturqualität eines Krankenhauses durch "Hinweise" im Rahmen der Definition einer Prozedur nach dem OPS vorzugeben. Die tatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Einzelfalles seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, weil das LSG das Mindestmerkmal "Gewährleistung ständiger ärztlicher Anwesenheit auf der Intensivstation" als allgemeine krankenhausbezogene Strukturvoraussetzung angesehen und zudem falsch ausgelegt habe. Außerdem hätte die gesetzliche Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c SGB V beachtet werden müssen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.1.2012 und des SG Speyer vom 30.3.2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 26 859,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 26.5.2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hält das Berufungsurteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des OPS-Kodes 8-980 nicht erfüllt waren und deshalb die DRG-Fallpauschale A07C nicht abgerechnet werden konnte.

10

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Leistungserbringers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der (restlichen) Vergütung für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

11

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs, dessen rechnerische Höhe nicht im Streit steht, ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V iVm § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 und § 9 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen(Krankenhausentgeltgesetz in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (FPV 2008) nebst Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2008 und dem am 1.1.2000 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrag (KBV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V für das Land Rheinland-Pfalz vom 19.11.1999 sowie der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2008.

12

a) Nach § 109 Abs 4 S 2 SGB V sind zugelassene Krankenhäuser im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Inanspruchnahme der Behandlung durch den Versicherten löst - unabhängig von einer Kostenzusage - einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem gesetzlichen Krankenversicherungsträger aus, wenn die stationäre Versorgung iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 12).

13

b) Die Krankenhausleistungen werden nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG ua mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog(§ 9 KHEntgG) abgerechnet. Dieser umfasst gemäß § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG insbesondere den Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Abs 1 KHG. Der im Jahr 2008 maßgebliche Fallpauschalen-Katalog ist in der Anlage 1 der FPV 2008 enthalten.

14

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) verschlüsselt(§ 301 Abs 2 S 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 16).

15

3. Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen. Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der Kodierrichtlinien in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; stRspr). Diese Auslegungs- und Anwendungsprinzipien für die vereinbarten Vergütungsregelungen gelten in vergleichbarer Weise auch für die vom DIMDI erteilten "Hinweise" zur Auslegung und Anwendung einzelner OPS-Kodes. Denn das DIMDI hat nach § 301 Abs 2 SGB V die Pflicht, für eine sachgerechte Handhabung der Verschlüsselungshinweise zu sorgen. Dazu muss es die tägliche Praxis beobachten und durch regelmäßige Anpassung seiner Hinweise zu den diversen OPS-Kodes beobachtete Lücken und Unklarheiten beseitigen (vgl Didong in: juris Praxiskommentar, SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 10).

16

4. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 26 859,15 Euro. Ein Vergütungsanspruch der Klägerin für die Behandlung des Versicherten bestand nur in der Höhe, wie der Anspruch zwischenzeitlich durch die Beklagte aufgrund der Abrechnung der Fallpauschale A07D anerkannt und erfüllt wurde. Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durchgeführte Behandlung die Voraussetzungen des Kodes 8-980.8, mit dem die von der Klägerin beanspruchte DRG-Fallpauschale A07C angesteuert wird, nicht erfüllt.

17

a) Nach dem Kode 8-980 ist die intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) zu verschlüsseln. Hierunter fällt nach dem Wortlaut des Kodes die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (< 24 Stunden) Intensivbehandlung sowie die kurzfristige (< 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach operativen Eingriffen. Unter den "Hinweisen" des DIMDI finden sich die Mindestmerkmale zur Kodierung dieser Prozedur. Danach müssen unter anderem folgende Mindestmerkmale kumulativ vorliegen:

"(1)   

Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen.

(2)     

Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein".

18

aa) Dieses zweite Merkmal ist auf der Intensivstation im Krankenhaus der Klägerin nicht erfüllt. Nach den auf deren eigenem Vortrag beruhenden Feststellungen des LSG war im Behandlungszeitraum planmäßig lediglich montags bis freitags zwischen 8.00 und 16.30 Uhr ein Arzt auf der Intensivstation anwesend. In der übrigen Zeit, dh alltags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende, ist ein Bereitschaftsdienst der Stufe D für die gesamte Abteilung für Innere Medizin einschließlich der Intensivstation eingerichtet. Das genügt bei wortgetreuer Anwendung des Kodes 8-980 den Voraussetzungen nicht, weil durch diesen umfassenden Bereitschaftsdienst die ständige Anwesenheit eines Arztes gerade auf der Intensivstation nicht "gewährleistet", also allgemein sichergestellt ist. Das wäre nur bei einem Bereitschaftsdienst der Stufe D ausschließlich für die Intensivstation der Fall. Im Krankenhaus der Klägerin ist hingegen - auch wenn die Intensivstation nach den Ausführungen der Klägerin im Bereitschaftsdienst vorrangig zu betreuen ist - nur die ständige akute ärztliche Behandlungsbereitschaft sichergestellt. Zu dem Merkmal der "akuten Behandlungsbereitschaft" muss das Merkmal der "ständigen ärztlichen Anwesenheit" nach dem eindeutigen Wortlaut des Kodes notwendig hinzutreten. Von einer ständigen ärztlichen Anwesenheit gemäß dem zweiten Mindestmerkmal kann aber nicht gesprochen werden, wenn ein Arzt auf der Intensivstation nicht durchgehend, sondern nur im Notfall bzw nach Bedarf anwesend ist. So liegt es indes im Krankenhaus der Klägerin. Der Bereitschaftsdienst hat nämlich nach der Dienststruktur auch die Patienten der Normalstation der Inneren Abteilung zu betreuen und muss die dort anfallenden ärztlichen Aufgaben übernehmen. Während eines solchen Einsatzes ist er auf der Intensivstation planmäßig nicht anwesend. Soweit die Klägerin auf die Auslegungshinweise des DIMDI verweist, wonach der Arzt die Intensivstation auch verlassen könne, wenn er nur innerhalb kürzester Zeit handlungsfähig am Patienten sei, übersieht sie die weitere Erläuterung, dass eine ständige Anwesenheit dann nicht anzunehmen sei, wenn der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle weitere Aufgaben übernehmen müsse, wie etwa eine Normalstation zu betreuen. Dieser Auslegungshinweis entspricht dem Wortlaut des Kodes, der auf die "Gewährleistung" der ständigen Anwesenheit und damit auf eine Planungs- und Strukturkomponente abstellt. Es kommt daher entgegen der Ansicht der Klägerin für die Verschlüsselbarkeit des Kodes 8-980 nicht darauf an, ob im Einzelfall einer bestimmten Behandlung ein Arzt wegen des hohen Arbeitsanfalls auf der Intensivstation tatsächlich ständig anwesend war. Wäre dieser Umstand maßgeblich, so dürfte die Definition der Mindestmerkmale des Kodes die Worte "muss gewährleistet sein" nicht enthalten. Eine "Gewährleistung" der ständigen ärztlichen Anwesenheit ist nur bei einer dies unter allen - vorhersehbaren - Umständen sicherstellenden, speziell auf die Intensivstation bezogenen Bereitschaftsdienstplanung des Krankenhauses gegeben.

19

bb) Aus diesem Grund ist auch die zur Akte gereichte Aufstellung über die Belegung der Intensivstation im Zeitraum der Behandlung des Versicherten für die Kodierung der Prozedur 8-980 unerheblich. Es bedarf daher keiner weiteren Ermittlungen, ob das Vorbringen der Klägerin, aus der Belegung ergebe sich eine so hohe Inanspruchnahme der Ärzte, dass faktisch eine ständige Anwesenheit gewährleistet gewesen sei, den Tatsachen entspricht. Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens ergeben sich allerdings bei Berücksichtigung des Umkehrschlusses: Wenn der Arzt während des Bereitschaftsdienstes tatsächlich ständig auf der Intensivstation anwesend gewesen wäre, hätten die sonstigen Patienten der Abteilung für Innere Medizin wochentags vor 8.00 Uhr und nach 16.30 Uhr sowie am gesamten Wochenende keine ärztliche Betreuung erfahren, was schlechthin nicht vorstellbar ist.

20

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das DIMDI auch berechtigt, Mindestmerkmale zur Strukturqualität für die OPS-Kodierungen vorzugeben. Die Festlegung der Mindestanforderungen an die Strukturqualität ist nicht dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) vorbehalten. GBA und DIMDI haben völlig unterschiedliche Aufgaben. Der GBA ist das zentrale Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung und hat seine Hauptaufgabe darin, die medizinische Versorgung in Deutschland zu steuern. Das DIMDI wiederum hat seine Hauptaufgabe in der Herausgabe von amtlichen Klassifikationen, wie ua die OPS-Kodierungen für Operationen und sonstige Prozeduren gemäß § 301 Abs 2 SGB V. Diese werden als Grundlage für das Entgeltsystem in Klinik und Praxis (DRG-System) und für den elektronischen Datenaustausch in der Medizin benötigt. Der GBA legt also ua - sektorübergreifend - die grundsätzlichen Qualitätsanforderungen an medizinische Behandlungen zu Lasten der Krankenkassen fest, wohingegen das DIMDI bestimmt, welche Voraussetzungen für die Verschlüsselung einer bestimmten Prozedur (Kode) und einen konkreten Vergütungsanspruch vorliegen müssen. Die Pflicht des GBA, gemäß § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V die Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen, bezieht sich nur auf grundlegende medizinische Anforderungen an die Leistungserbringer und nicht auf konkrete Vergütungsvoraussetzungen. Das DIMDI kann daher sehr wohl auch strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen für die jeweilige Prozedur (hier: Mindestmerkmale des OPS-Kodes 8-980) festlegen. Das Urteil des LSG beruht folglich nicht auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang übrigens, weshalb die Klägerin das erste Kodemerkmal ("Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen") als "prozedurbezogenes Mindestmerkmal" klassifiziert und das zweite Merkmal ("Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein") demgegenüber als Mindestanforderung an die Strukturqualität einordnet. Beide Merkmale erfordern nämlich gleichermaßen eine Bereitstellung von Ressourcen durch das Krankenhaus, sodass schon der Begründungsansatz der Klägerin nicht trägt.

21

5. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass die Beklagte eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK hätte einleiten müssen, hierfür aber die Frist des § 275 Abs 1c SGB V versäumt habe und deshalb mit ihren Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung des Behandlungsfalles ausgeschlossen sei. Ob in einem Krankenhaus die ständige ärztliche Anwesenheit im oben dargestellten Sinne gewährleistet ist, ist als strukturelle Abrechnungsvoraussetzung des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhauses zu beurteilen. Ist dies wie im Krankenhaus der Klägerin nicht der Fall, so ist die Kodierung einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung von vornherein ausgeschlossen. Einer der in § 275 Abs 1 S 1 SGB V abschließend aufgeführten Begutachtungsanlässe liegt nicht vor. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalles, zu deren Klärung der MDK eingeschaltet werden muss. Den Einwand der unrichtigen Rechnungsstellung als solchen hat die Beklagte indes zeitnah erhoben, sodass dessen Geltendmachung jedenfalls auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen rechtsmissbräuchlich (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB) ist.

22

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.