Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte anstelle seiner derzeit bezogenen Altersrente hat.
Der 1950 geborene Kläger gab der Beklagten am 17.01.2012 Auskünfte zur Prüfung der Vertrauensschutzregelungen und legte in diesem Zuge seinen Altersteilzeitvertrag mit der Firma L. GmbH vor. Ein weiteres Mal legte er diese Unterlagen vor, als er am 21.11.2013 einen Antrag auf Altersrente nach Altersteilzeit als Vollrente ab dem 01.01.2014 stellte. Dieser Antrag wurde elektronisch gestellt, was die Bediensteten der Gemeinde A-Stadt bestätigten. Eine telefonische Rückfrage zu den Einkünften des Klägers bis Rentenbeginn erfolgte am 26.11.2013. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 07.01.2014 die beantragte Altersrente. Die Rentenhöhe der laufenden Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit beträgt 1.006,41 Euro.
Mit Schreiben vom 15.08.2014 wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit Rentenbeginn ab 01.07.2014. Vermerkt wurde, dass der Kläger trotz Hinweis auf § 34 Abs. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SBG VI) auf eine Antragstellung bestanden habe.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20.08.2014 ab, weil der Kläger bereits eine Altersrente beziehe und nach bindender Bewilligung oder Bezug einer Altersrente ein Wechsel in eine andere Altersrente nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 03.09.2014 Widerspruch ein und machte geltend, dass er die Voraussetzungen des § 236b SGB VI erfüllt habe. Er verwies weiter auf die Übergangsregelung in § 15h gemäß Bundesgesetzblatt (BGBl) vom 23.06.2014 (korrekt: Nr. 27 vom 26.06.2014, S. 790):
§ 15h Altersteilzeitgesetz
Übergangsregelung zum Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung
Abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 2 erlischt der Anspruch auf die Leistungen nach § 4 nicht, wenn mit der Altersteilzeit vor dem 1. Januar 2010 begonnen worden ist und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2014 zurück. Die Übergangsregelung des § 15h zum Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sei nicht einschlägig. Maßgeblich sei der Leistungsausschluss in § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 22.10.2014 am 23.10.2014 Klage zum Sozialgericht Bayreuth eingelegt. Eine weitere Klageerhebung durch die Bevollmächtigten des Klägers ist nach dem Hinweis auf die doppelte Klageerhebung zurückgenommen worden (S 7 R 813/14). Der Kläger hat geltend gemacht, die Intention der Änderung von § 34 Abs. 4 SGB VI im Jahr 2008 sei gewesen, dass verhindert werde, dass Altersrentenbezieher, die zunächst nur die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Altersrente mit Abschlägen erfüllten und diese Rente auch beantragt und bewilligt erhielten, zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem sie dann die Voraussetzungen für eine Altersrente ohne Abschlag erfüllten, in diese Altersrente ohne Abschlag wechseln können. Beim Kläger liege der Fall jedoch anders. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Bewilligung der Altersrente nach Altersteilzeit mit Abschlag bereits die Voraussetzungen für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte erreicht gehabt. Ein derartiger Fall sei von dem Willen des § 34 Abs. 4 SGB VI nicht erfasst. Es sei ungerecht, dass Personen, die an sich bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Rente erfüllt hätten, jedoch weil es diese Regelung noch nicht gebe, zunächst auf eine Rente mit Abschlägen zurückgreifen müssten, von den Früchten ihrer Lebensleistung ausgeschlossen würden. § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI könne in der derzeit geltenden Fassung keinen Bestand haben.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber keine Neuregelung bezüglich einer Nichtanwendung von § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI auf die neugeschaffene Altersrente getroffen habe. Die Klägerseite hat argumentiert, dass der Gesetzgeber diese Regelungslücke nicht bedacht habe. Personen, die die Voraussetzungen bereits zu einem Zeitpunkt erfüllt gehabt hätten, zu dem es die neue Rente noch nicht gegeben habe und die deswegen auf eine andere Rentenart angewiesen gewesen waren, würden ohne sachlichen Grund schlechter gestellt und damit ungleich behandelt gegenüber dem Personenkreis, der ohne auf eine andere Rente in der Vergangenheit bereits angewiesen zu sein, die Rente erst jetzt beantrage.
Das Sozialgericht Bayreuth hat in einem Erörterungstermin vom 13.04.2015 auf bereits vorliegende - negative - Entscheidungen hingewiesen. Die Klägerseite hat weiter argumentiert, dass die Anwendung des § 34 Abs. 4 SGB VI in den von dem Sozialgericht Bayreuth herangezogenen Entscheidungen nicht den Fall betroffen habe, dass bereits bei Rentenantragstellung die - zukünftigen - Voraussetzungen erfüllt gewesen wären. Es bestehe also eine regelungsbedürftige Gesetzeslücke.
Hilfsweise werde gelten gemacht, dass dem Kläger jedenfalls ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite stünde, denn zum Zeitpunkt als der Kläger die Altersrente nach Altersteilzeit beantragt gehabt habe, sei es so gut wie sicher gewesen, dass die „Rente mit 63“ alsbald kommen würde. Der Kläger hätte nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nach Altersteilzeit noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, so dass er sich in jedem Fall dafür entschieden hätte, Arbeitslosengeld bis zum Erreichen der Altersrente ohne Abschlag in Anspruch zu nehmen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 03.07.2015 durch Gerichtsbescheid entschieden. Es hat die Klage abgewiesen, da die Beklagte die geltende Rechtslage zutreffend umgesetzt habe und gegen die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen würden. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, die zum 01.07.2014 in Kraft getretene Regelung des § 236b SGB VI auch auf Bestandsrentner auszudehnen (Hinweis auf Entscheidungen des LSG Baden Württemberg - Urteil vom 21.05.2015, Az. L 5 R 5334/14 - und des LSG Bayern - Urteil vom 17.08.2011, Az. L 20 R 548/10). Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch lasse sich nicht begründen. Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte sei erst zum 01.07.2014 in Kraft getreten. Die Beklagte sei keinesfalls verpflichtet, ungefragt über spätere mögliche Rechtsänderungen zu beraten. Maßgeblich sei allein das zum Zeitpunkt der Beratung geltende Recht.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 29.07.2015 am 30.07.2015 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Ansicht des Sozialgerichts, dass der Gesetzgeber absichtsvoll § 34 SGB VI bei Einführung der Rente für besonders langjährig Versicherte nicht geändert habe, könne nicht beigepflichtet werden. Bei seiner Einführung habe § 34 Abs. 4 SGB VI eine völlig andere Intention gehabt. Es liege die beschriebene Regelungslücke vor, die von der Rechtsprechung zu füllen sei. Auch sei zum Zeitpunkt der Antragstellung im November 2013 absehbar gewesen, dass die Rente für besonders langjährig Versicherte in den nächsten Monaten in Kraft treten würde. Dies hätte die Verpflichtung zur Beratung ausgelöst.
Mit Beschluss des Senats vom 09.01.2017 ist die Berufung dem Berichterstatter übertragen worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.07.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01.08.2014 Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.07.2015 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte hat.
Der Senat folgt der Entscheidung des Sozialgerichts Bayreuth im Gerichtsbescheid vom 03.07.2015, nimmt hierauf ausdrücklich Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass zwischenzeitlich weitere Entscheidungen vorliegen, in denen die Rechtmäßigkeit der Anwendung von § 34 Abs. 4 SGB VI auf den beantragten Wechsel von einer Bestandsrente mit Abschlägen auf eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte bejaht wird (so etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.08.2015, Az. L 6 R 114/15 und zugehöriger Beschluss des BSG vom 30.12.2015 über die Nichtzulassungsbeschwerde; Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 16.12.2015, Az. 1 BvR 2408/15).
Eine Stichtagsregelung ist nicht nur dann verfassungskonform und stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) dar, wenn ab einem bestimmten Stichtag für zukünftige Sozialleistungen eine Verschlechterung der Rechtslage eingeführt wird, sondern auch wenn eine verbesserte Sozialleistung erst für zukünftige Leistungsfälle und nicht für den am Stichtag schon bestehenden Leistungsbezug eingeführt wird. Aus Sicht des Senates ist es gerichtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in der Vergangenheit Einschränkungen beim Rentenbezug durch die Einführung von Abschlägen vorgenommen hatte und dies nun teilweise durch neue Rentenformen wieder rückgängig macht, ohne dass dies nahtlos auf den Zeitpunkt der Einführung der Einschränkungen zurückwirken würde. Die Rückabwicklung bestehender Renten würde einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen, so dass die diesbezügliche Positionierung des Gesetzgebers begründet erscheint. Der betroffene Personenkreis ist auch nicht so klein, dass es sich um ein nicht zu vertretendes Sonderopfer handeln würde, wie dies etwa der Fall sein könnte, wenn zwischen Verschlechterung und Wiederherstellung des früheren Zustandes nur wenige Monate liegen würden und die kurze Aufeinanderfolge von Stichtagen zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung derjenigen, die in den Zwischenzeitraum fallen, führen würde. Eine solche Situation ist vorliegend nicht gegeben, da zwischen der Einführung von Rentenabschlägen und der Neuschaffung der Rente für besonders langjährige Versicherte mehrere Jahre liegen und es sich auch nicht um unmittelbar gegensätzliche rechtliche Regelungen handelt.
Die Zahlung einer Rente mit Abschlägen nur für eine kurze Bezugszeit und die anschließende abschlagsfreie Zahlung sind dem Rentensystem fremd, da die Abschlagsberechnung auf einer versicherungsmathematischen Grundlage die Streckung des Bezugszeitraums umsetzt.
Zur Argumentation des Klägers, dass sich sein Anspruch jedenfalls aus dem hilfsweise geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergebe, ist anzumerken, dass - wie im Gerichtsbescheid vom 03.07.2015 zutreffend dargestellt - keinerlei Beratungspflicht der Sozialleistungsträger im Hinblick auf zukünftige Gesetzesvorhaben, deren Zustandekommen und Wortlaut noch nicht bekannt ist, besteht. Selbst wenn schon Ende 2013 eine gewisse Erwartung geherrscht haben mag, dass eine zusätzliche Altersrente für besonders langjährig Versicherte eingeführt werden könnte, ist aus dem parlamentarischen Beratungsprozess ersichtlich, dass konkretere Pläne erstmals im Januar 2014 vorgestellt wurden und danach noch bis in den Mai und Juni 2014 vielzählige Änderungsvarianten diskutiert wurden, insbesondere was die Berücksichtigung von Zeiten für die zugehörige Wartezeit betraf. Eine Beratung war daher nicht nur abstrakt nicht geboten, sondern auch bei der konkret unklaren Lage schlichtweg nicht möglich. Zusätzlich wäre aber auch die Kausalität des behaupteten Beratungsmangels auf die Rentenbeantragung fraglich, da bereits bei der seinerzeit geltenden Gesetzeslage durch einen späteren Rentenbeginn geringere Abschläge zum Tragen gekommen wären, ohne dass der Kläger - warum auch immer - von einer späteren Rentenantragstellung Gebrauch gemacht hätte. Auch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lässt sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Rente für besonders langjährige Versicherte nicht begründen.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind somit nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.