Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - L 19 R 399/14

bei uns veröffentlicht am05.07.2017
vorgehend
Sozialgericht Würzburg, S 14 R 1290/10, 14.09.2011

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger auf seinen Antrag vom 31.12.2009 hin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.

Nach eigenen Angaben begann der 1951 geborene Kläger im August 1965 eine Schmiedelehre, schloss die Ausbildung ab und übte diesen Beruf bis Februar 1971 aus. Danach machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker und war - mit Unterbrechungen - bis März 1977 in diesem Beruf tätig. Es folgten Tätigkeiten als Sicherheitstechniker, Versuchstechniker und Lehrkraft an der Städtischen Berufsfachschule für Maschinenbau in J-Stadt. Nach Absolvieren einer pädagogischen Ausbildung legte er 1988 die Anstellungsprüfung als gewerblicher Fachlehrer mit Erfolg ab und war danach in diesem Beruf tätig, seit 12.09.1989 versicherungsfrei als Beamter.

Am 27.09.1967 erlitt der Kläger als Berufsschüler einen Wegeunfall mit u.a. Gehirnerschütterung, Unterkieferbruch, Unterschenkelbruch und Verletzung des rechten Armes. Die gesundheitlichen Unfallfolgen wurden u.a. chirurgisch durch Priv.-Doz. Dr. P. am 03.10.1972 (Abschluss 02.12.1972), nervenärztlich durch Dr. S. am 12.12.1972 und durch Dr. K./Dr. H. am 28.11.1973 begutachtet und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 angenommen. Neuerliche Gutachten wurden durch den Chirurgen Dipl.Med. W. am 30.07.1996, den Nervenarzt Dr. G. am 01.08.1996, den HNO-Arzt Dr. H. am 14.08.1996 und den Orthopäden Dr. A. am 18.05.1998 erstellt. Ärztliche Atteste wurden u.a. von Prof. Dr. G. von der Chirurgischen Klinik der Universität E. am 09.03.1998 und von Dr. P. am 24.01.2001 ausgestellt.

Am 08.03.2001 erfolgte im Unterricht an der Staatlichen Berufsschule I in E-Stadt ein tätlicher Angriff eines Schülers auf den Kläger, der zu gesundheitlichen Folgeerscheinungen führte und als Dienstunfall angesehen wurde.

Im September 2001 wurde eine stationäre psychosomatische Behandlung des Klägers in der Psychosomatischen Klinik W. abgebrochen; die Therapie der schweren posttraumatischen Belastungsstörung mit mittelgradiger depressiver Episode erfolgte im Anschluss ambulant beim Nervenarzt Dr. K..

Am 07.03.2002 wurde der Kläger von der Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. B. für ein Gutachten im Gerichtsverfahren S 5 SB 572/99 untersucht. Am 21.03.2002 wurde ein Kurzgutachten von der Medizinaloberrätin Dr. K. vom Gesundheitsamt in G-Stadt erstellt und am 16.05.2002 äußerte sich Dr. S. zur Begutachtung der Dienstfähigkeit. In den Unfallstreitsachen S 11 U 413/98 und S 11 U 147/99 B wurde ein neurologisches Gutachten des Dr. M. vom 23.04.2002 vorgelegt. Hierbei wurde - soweit es Gegenstand der jeweiligen Befassung war - eine persistierende posttraumatische Belastungsstörung bzw. neurotische Störung mit depressiven Zügen beschrieben.

Der Kläger wurde durch Urkunde des Freistaates Bayern vom 23.08.2002 in den Ruhestand versetzt, wobei das weitere Vorliegen dieser Voraussetzungen durch Nachkontrollen geprüft wurde.

Der behandelnde Nervenarzt Dr. K. berichtete in einem Attest vom 21.10.2002 und sah die Prognose eher ungünstig. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Auswirkungen des Dienstunfalls wurde der Kläger am 29.04., 08.05. und 17.06.2003 für ein Gutachten durch Prof. Dr. K. und Dr. H. am Klinikum der Universität J-Stadt auf psychiatrischem Fachgebiet untersucht. Eine erneute Äußerung von Dr. S. datierte vom 12.08.2004. Ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. K. geht auf Untersuchungen vom 14.11. und 30.11.2006 zurück. Darin wurde jeweils das Fortbestehen der posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt, wobei eine Überlagerung mit psychischen Konflikten bei und im Gefolge der Scheidung zu beobachten war. Die Durchführung einer Psychotherapie wurde nach wie vor angeraten und als erfolgversprechend eingeschätzt. Ein weiteres Attest wurde von Dr. K. am 27.02.2007 ausgestellt und bestätigte die vorliegende Schwere der psychischen Erkrankung.

Ab Ende 2007 bemühte sich der Kläger verstärkt um eine zumindest stundenweise Wiederbeschäftigung als Fachlehrer, wobei er zunächst ein Attest des Dr. K. vom 22.01.2008 vorlegte, das eine Besserung der depressiven Erkrankung bestätigte. Im Attest des Dr. K. vom 10.06.2008 wurde von einer fast vollständigen Rückbildung der Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung gesprochen.

Der vorliegende Rechtsstreit begann damit, dass der Kläger am 31.12.2009 der Beklagten ein auf den 30.12.2009 datiertes Telefaxschreiben übersandte, wonach er unter Vorbehalt rückwirkend ab 01.09.2002 einen Rentenantrag stelle. In der Folgezeit bat er die Beklagte mehrmals um Fristverlängerung zur Nachreichung der Formblatt-Rentenanträge. Er möchte noch bis zum Beginn des neuen Schuljahres warten. Die Beklagte teilte dem Kläger am 23.04.2010 fernmündlich mit, dass er gar keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben könnte, weil er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt hätte.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28.04.2010 lehnte die Beklagte den formlosen Rentenantrag ab, da der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt habe. Ausgehend vom Datum der Antragstellung seien im maßgeblichen 5-Jahres-Zeitraum keine Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Gleiches gelte für einen angenommenen Versicherungsfall vom 01.09.2002. Eine medizinische Prüfung sei deshalb nicht erfolgt.

Hiergegen legte der Kläger am 11.05.2010 Widerspruch ein. Er legte ein Schreiben des Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes über eine Unfallrente aus einem Unfall vom 27.09.1967 vor. Weiter gab er an, dass er ab 01.09.2002 aus seiner Unterrichtstätigkeit in den Ruhestand versetzt worden sei. Der Kläger machte geltend, dass ein Leistungsfall bereits am 27.09.1967 eingetreten sei und darüber hinaus von ihm Anträge auf Schwerbehinderung bzw. Erhöhung der MdE im Jahr 1990 gestellt worden seien, so dass auch hier ein Leistungsfall gegeben sein könnte. Weiter machte der Kläger geltend, dass aufgrund des Arbeitsunfalles die Regelung zu den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gegenstandslos sein könne. Erwogen werde ferner, Kindererziehungszeiten zu beantragen. Ein entsprechendes Formblatt hierfür wurde dann am 20.05.2010 eingereicht.

Am 16.07.2010 gingen Formblatt-Anträge des Klägers ein, in denen er eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 03.03.1968 sowie eine Altersrente ab 01.03.2001 beantragte. Der Kläger gab an, dass er ab 12.09.1989 keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr gezahlt habe, da er sich in einem Beamtenverhältnis befunden habe. Die Schwerbehinderteneigenschaften lägen bei ihm ab 01.02.2002 vor. Die gesetzliche Unfallversicherung habe ihm vom 03.03.1968 bis 31.08.1969 sowie vom 01.01.1989 fortlaufend eine Unfallrente gezahlt. Der Kläger verwies zusätzlich auf ein Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.12.2002 im Verfahren S 5 SB 572/99, in dem ihm eine Schwerbehinderung mit einem GdB von 50 ab Februar 2002 zuerkannt worden sei. Auf Nachfrage teilte der Kläger mit, dass er nach 1967 in Vollzeit gearbeitet habe. Ab Oktober 2010 nahm der Kläger zusätzlich eine Behandlung bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. auf.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.04.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2010 zurück. Zu Recht werde vom Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausgegangen.

Hiergegen hat der Kläger am 29.12.2010 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben, die unter dem Az. S 14 R 1290/10 geführt worden ist. Mit Bescheid vom 27.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2011 hat die Beklagte den Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte ebenfalls abgelehnt und der Kläger hat im Anschluss daran am 06.06.2011 eine weitere Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben, die unter dem Az. S 14 R 641/11 geführt worden ist.

Der Kläger hat geltend gemacht, dass bei ihm seit 03.03.1968 eine Schwerbehinderung mit 40% Unfallrente und Antrag beim Arbeitsamt vorgelegen habe. Die Beklagte hat im Verfahren S 14 R 641/11 einen Versicherungsverlauf des Klägers vom 20.07.2011 übersandt. Mit Schreiben vom 24.01.2011 im Verfahren S 14 R 1290/10 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung noch nicht vollständig vorgelegt worden sei. Aber selbst wenn der Kläger dies nachhole und die Zeiten anerkannt würden, würde dies nicht zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) führen.

Der Kläger hat vorgebracht, dass bei ihm ein Tatbestand vorliege, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt wurde und deshalb die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen entbehrlich seien. Er sei am 08.03.2001 Opfer eines Gewaltangriffes im Rahmen der Ausübung der beruflichen Tätigkeit geworden. Er sei deshalb auch wegen Dienstunfähigkeit zum 01.09.2002 pensioniert worden.

In einem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.09.2011 hat das Sozialgericht das anhängige Streitverfahren S 14 R 1290/10 mit dem Verfahren S 14 R 641/11 verbunden. Außerdem hat der Kläger in dem Termin eine Nachzahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung beantragt.

Mit Urteil vom 14.09.2011 hat das Sozialgericht - unter dem Az. S 14 R 641/11 - die beiden verbundenen Klagen abgewiesen: Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung seien weder für die Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, noch für die Altersrente wegen Schwerbehinderung erfüllt.

Am 24.11.2011 haben die Bevollmächtigten des Klägers mittels Telefaxschreiben beim Bayer. Landessozialgericht Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Der Senat hat mit Beschluss vom 24.04.2014 die durch Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2011 verbundenen Verfahren wieder getrennt. Der Rechtsstreit bezüglich der Altersrente für Schwerbehinderte ist unter dem Az. L 20 R 1051/11 fortgeführt worden. Der hier streitgegenständliche Berufungsantrag hinsichtlich der Versagung der Erwerbsminderungsrente hat zunächst das Az. L 20 R 399/14 erhalten und ist später - ab dem 01.01.2017 - dem 19. Senat zur weiteren Bearbeitung zugewiesen worden.

Während der Laufzeit des Berufungsverfahrens ist dem Kläger von der Beklagten mit Bescheid vom 14.08.2014 - rückwirkend zum 01.08.2011 - eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden. Der Kläger hat im Folgenden diesen Bescheid angefochten und geltend gemacht, dass ihm diese Altersrente so nicht auszuzahlen sei; er hat dies mit Auswirkungen auf seine Pensionsleistungen begründet. Die Rentenzahlungen sind nach Angaben des Klägers in der Folgezeit zwar erfolgt, doch in vollem Umfang auf seine Pension angerechnet worden. Der Rechtsstreit L 20 R 1051/11 ist durch ein am 07.07.2015 eingegangenes Telefax-Schreiben des Klägers für erledigt erklärt worden.

Hinsichtlich der beantragten Nachzahlung der freiwilligen Beiträge und der Anerkennung der Kindererziehungszeiten hat sich die Beklagte am 21.03.2012 geäußert und auf ihre Bescheide vom 30.12.2011 und 17.01.2012 verwiesen; Zeiten seien nicht anzuerkennen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 17.04.2012 ausgeführt, dass nach den beratungsärztlichen Überprüfungen ein Versicherungsfall vor 2001 nicht anzunehmen sei. Quantitativ leistungsmindernd dürfte erst die posttraumatische Belastungsstörung nach tätlichem Angriff im März 2001 gewesen sein. Hier wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

In einem parallelen Rechtsstreit beim Sozialgericht Würzburg S 8 R 796/12 hat die Beklagte mit Schreiben vom 15.01.2013 ein Vergleichsangebot unterbreitet, wonach die Beklagte eine rückwirkende Nachzahlung freiwilliger Beiträge ab 01.10.1989 zulassen würde. Dieses Anerkenntnis ist vom Kläger im Termin vom 25.03.2013 angenommen worden.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 29.05.2013 mitgeteilt, dass die Einwände gegen die Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr aufrechterhalten würden, sondern über § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dies als erfüllt angesehen werde. Nach Aktenlage erscheine ein Leistungsfall März 2001 für den Bezugsberuf möglich. Unklar sei, ob aktuell Befunde auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegen würden, die eine quantitative Leistungsminderung im Bezugsberuf oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bedingen würden. In der Regel heile eine posttraumatische Belastungsstörung in der Folgezeit wieder ab. Befunde, die eine valide Leistungsbeurteilung aus nervenärztlicher Sicht ermöglichen würden, würden seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht vorliegen. Ergänzend hat die Beklagte für beide bisher näher diskutierten Zeitpunkte eines möglichen medizinischen Leistungsfalls, nämlich den 27.09.1967 und den 08.03.2001, Probeberechnungen über die zugehörige Rentenhöhe durchgeführt, wobei der frühestmögliche Rentenbeginn in beiden Fällen der 01.12.2009 wäre.

Der Kläger hat nunmehr geltend gemacht, dass er schon in der Tätigkeit als Schmied nicht voll leistungsfähig gewesen sei und auch als Konstruktionstechniker leistungsgehemmt gewesen sei. Die Tätigkeit als Lehrkraft habe er als 2/3-Tätigkeit bzw. mit 16 aus 27 Stunden durchgeführt.

Am 30.05.2011 hat die behandelnde Psychiaterin Dr. A. attestiert, dass sich beim Kläger bei einer deutlichen Besserung der Symptomatik der dringende Wunsch eingestellt habe, seine berufliche Tätigkeit als Berufsschullehrer in Teilzeit wieder aufzunehmen, was fachärztlicherseits befürwortet werde. Bei dem noch anstehenden stationären Aufenthalt in einer Reha-Klinik handele es sich um eine unfallbedingte Heilbehandlung; die Aufnahme in der Klinik H. sei für Mitte Juli 2011 geplant.

Der Kläger hat einen Abschlussbericht über eine stationäre Behandlung vom 29.08.2011 bis 27.09.2011 in der Psychosomatischen Klinik H. GmbH in Bad K. vorgelegt. Danach wurde die Arbeitsfähigkeit des Klägers als weiterhin eingeschränkt angesehen, aber eine behutsame stufenweise Wiedereingliederung empfohlen.

Mit Schreiben vom 28.06.2012 hat die Regierung von Oberfranken dem Kläger mitgeteilt, dass er nach dem Ende seiner Aushilfsbeschäftigung im laufenden Schuljahr nicht weiterbeschäftigt würde. Er werde den pädagogischen und fachlichen Anforderungen nicht mehr gerecht. Eine Wiederaufnahme ins aktive Beamtenverhältnis sei bereits durch Bescheid und Widerspruchsbescheid abgelehnt worden. Nachdem der Kläger durch tragische Weise an der Ausübung seines Dienstes dienstunfähig geworden sei, sei die Bereitschaft vorhanden gewesen, trotz erheblicher Bedenken einen Arbeitsvertrag anzubieten, wobei schon ersichtlich gewesen sei, wie schwer der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach so langer Pause und vorliegender Krankheitsgeschichte werden würde.

Die Klägerseite hat Hinweise auf Ermittlungsansätze in umfangreicher Form gegeben.

Der seinerzeit zuständige Senat hat vielfach ärztliche Unterlagen angefordert und dabei folgende Hinweise zum Behandlungsumfang erhalten: Bei Dr. D. ist der Kläger im Januar 2002 letztmalig vorstellig geworden. Bei Dr. F. ist der Patient nicht bekannt. Bei Dr. G. ist eine Behandlung - ausschließlich - im Juni 2014 bestätigt worden. Dr. K. hat am 16.09.2014 über die Behandlung des Klägers, die von Mai 2001 bis September 2010 erfolgt sei, berichtet. Dr. A. hat eine durchgehende Behandlung ab Oktober 2010 angegeben.

In einem weiteren Rechtsstreit beim SG (S 3 R 361/16) hat der Kläger eine Korrektur von rentenrechtlichen Werten sowie von Zeiten der Arbeitslosigkeit eingeklagt.

Der Senat hat eine Reihe von Unterlagen aus anderen Verfahren in den Rechtsstreit eingeführt, aus denen u.a. Folgendes zu ersehen ist:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Bayer. Verwaltungsgericht J-Stadt, Az.) ist es um die Erhöhung des Unfallausgleiches für den mit Bescheid vom 19.04.2001 als Dienstunfall anerkannten Vorfall vom 08.03.2001 gegangen, wobei allerdings ein die Sache abschließendes Ergebnis nicht vorliegt.

Im Schwerbehindertenrechtsstreit (Sozialgericht Würzburg, Az. S 11 SB 64/16) ist eine neurologisch-psychosomatische Begutachtung mit Untersuchung des Klägers am 13.05.2016 durch Frau Dr. von B. erstellt worden. Dieser haben Befundberichte des Dr. K. vom 19.11.2015 und der Dr. A. vom 04.04.2016 vorgelegen. Eine Änderung des festzustellenden MdE (gemeint wohl GdB) sei schätzweise ab Januar 2010 anzunehmen, wobei die Einzel-Erwerbsminderung von 70 für die psychischen Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit anhaltender schwerer Depression und Störung der Affektkontrolle sowie Persönlichkeitsakzentuierung mit demonstrativ histrionischen und depressiven Zügen zuzuerkennen sei.

Aus den Personalakten des Klägers bei der Regierung von Oberfranken ist ersichtlich, dass Dr. S. am 09.02.2010 eine weitere Stellungnahme zu einem Untersuchungsauftrag wegen Reaktivierung des Klägers in das Beamtenverhältnis abgegeben hat und ausgeführt hat, dass eine weitere persönliche Begutachtung erst dann sinnvoll erscheine, wenn anhand einer Leistungsbeurteilung unter stationären Bedingungen in einer psychiatrischen oder psychosomatischen Klinik verdeutlicht werden könne, dass die Gefahr eines Wiederauftretens der ursprünglichen Symptomatik nach einer Reaktivierung nicht mehr bestehe. Der Kläger hat dann am 03.11.2011 darauf hingewiesen, dass seine Krankenhausbehandlung mittlerweile erfolgreich abgeschlossen sei, woraufhin Dr. S. mit Schreiben vom 24.11.2011 geantwortet hat, dass nach dem Abschlussbericht der Klinik die Arbeitsfähigkeit als weiter eingeschränkt angesehen werde und eine behutsame stufenweise Wiedereingliederung empfohlen werde. Wenn auch die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers in Kenntnis des Abschlussberichtes nicht ausgeräumt seien, scheine nun eine vorsichtige Arbeitserprobung unter fachärztlicher Kontrolle möglich. Es solle mit einem unterhälftigen Einsatz, ggf. mit acht Wochenstunden, begonnen werden. In der Folgezeit ist vom Kläger eine fachärztliche Bescheinigung der Dr. A. vom 29.05.2012 vorgelegt worden, wonach der Kläger zum Beginn des zweiten Halbjahres 2011/2012 seine Arbeit in Teilzeit wieder aufgenommen habe, was zur weiteren Stabilisierung des Befindens geführt habe. Aus fachärztlicher Sicht sei die gewünschte Steigerung der Anzahl der Unterrichtsstunden auf 14 Wochenstunden zu befürworten. Nicht in dem Aktenauszug enthalten ist das bereits anderweitig vorgelegte Schreiben der Regierung von Oberfranken vom 28.06.2012, mit dem diese die Fortführung und beantragte Ausweitung der Aushilfsbeschäftigung zur Wiedereingliederung abgelehnt hat.

Auf Veranlassung des Senates ist der Kläger am 24.08.2016 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M. I. ambulant zur Gutachtenerstellung untersucht worden. Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.11.2016 ausgeführt, dass nach Aktenlage nach dem Unfall 1967 lediglich für drei Monate Arbeitsunfähigkeit bestanden habe und im Anschluss eine vollschichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchgängig möglich gewesen sei bis zum Dienstunfall am 08.03.2001. Hier könne aus der Aktenlage eine andauernde Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung als gut dokumentiert angenommen werden, wie es sich aus den Gutachten der Dres. M. und H./K. entnehmen lasse. Hieraus sei auch eine befristete länger dauernde Erwerbsminderung abzuleiten: Ab 2001 bis ca. 2008 sei dem Kläger nur eine weniger als 3-stündige Tätigkeit zumutbar gewesen. Die Behandlungsmöglichkeiten seien in dem Zeitraum ausgeschöpft worden und dennoch habe vom Kläger das Krankheitsbild mit Krankheitswert nicht durch zumutbare Willensanstrengung überwunden werden können. Seit etwa Anfang 2008 sei vom Kläger Beschwerdefreiheit angegeben worden, wie aus den Berichten des Dr. K. vom 22.01.2008 und der Dr. A. vom 18.10.2010 zu ersehen sei. Die Feststellung der Leistungsfähigkeit werde in der Dokumentation meist lediglich auf den ausgeübten Beruf als Berufschullehrer bezogen, sei jedoch für den allgemeinen Arbeitsmarkt als mindestens sechs Stunden arbeitstäglich anzunehmen. In qualitativer Hinsicht hätten Einschränkungen hinsichtlich des Umgangs mit Kundenkontakten, hinsichtlich stressbehafteter Tätigkeiten und hinsichtlich Führungsaufgaben vorgelegen. In psychiatrischer Hinsicht sei nach der aktuellen Untersuchung keine Diagnose aus dem ICD-10-Katalog zu stellen. Eine vorübergehende Phase einer rezidivierenden depressiven Episode, wie sie im Gutachten der Dr. von B. dokumentiert sei, sei für den Zeitraum Mitte 2015 bis Anfang 2016 anzunehmen und bedinge keine Erwerbsminderung. Bei durch Unterlagen belegter Beschwerdefreiheit des Klägers in der Zeit 2008 bis 2010 könne eine anhaltende depressive Episode nicht diagnostiziert werden.

Die Klägerseite hat moniert, dass die Gutachtensdauer kürzer als angegeben gewesen sei, auch hätte sich in das Gutachten eine ganze Reihe von Ungenauigkeiten eingeschlichen: So würden der Ablauf des Tatgeschehens und die hieraus resultierenden Folgen nicht den vom Kläger getätigten Angaben entsprechen. Es sei fragwürdig, wieso aus aktueller Sicht überhaupt eine Behandlung auf psychiatrischer und psychologischer Ebene stattfinde, wenn diese nach dem Gutachten anscheinend überflüssig sei. Deshalb sollten die behandelnden Ärzte hierzu gehört werden, dass die aktuelle Medikation und Behandlung des Klägers aufgrund der gestellten Diagnosen aktuell zwingend notwendig sei. Im Gutachten würde auch die Tatsache außer Acht gelassen, dass aufgrund des Unfalls von 1967 bis heute andauernde Schmerzen im Kiefergelenk und im Gaumen vorliegen würden und der Kläger seit Jahren schwerhörig sei. Der Vorwurf des Verdachts auf Verdeutlichungstendenzen auf psycho-pathologischer Ebene werde ausdrücklich zurückgewiesen. Gerade die aus Sicht des Gutachters bestätigte Tatsache, dass der Kläger das Krankheitsbild mit Krankheitswert im Zeitraum zwischen den tätlichen Angriffen und dem Jahr 2008 nicht durch zumutbare Willensanstrengung habe überwinden können, bedeute, dass das schwere psychopathologische Erkrankungsbild des Klägers bis heute noch vorliege.

Der Senat hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme bei M. I. eingeholt. Dieser hat am 30.04.2017 ausgeführt, dass er zu Beginn einer Begutachtung regelmäßig und auch in diesem Fall auf seine erforderliche Objektivität hingewiesen habe. Die Angaben des Klägers in dem Gutachten seien so dokumentiert, wie sie aufgezeichnet worden seien. Der Kläger habe eine Objektivierung der beschriebenen diffusen Kraftminderung mittels Elektromyographie abgelehnt. Der Zeitraum einer Besserung ab 2008 gründe sich auf das Aufzeigen von Perspektiven im Rahmen der Begutachtung vom Januar 2007 mit der Aussage, dass die Wiederaufnahme einer regelmäßigen Arbeitstätigkeit über die Vermittlung einer festen Tagesstruktur wahrscheinlich insgesamt für die psychische Situation des Klägers günstig wäre. Damals sei noch eine längerfristige stationäre Psychotherapie vorgeschlagen worden. Im Zeitraum von 2008 bis 2012 seien nur die im Gutachten beschriebenen Einschränkungen von sozialmedizinischer Relevanz gegeben gewesen. Auch die über den zeitlichen Verlauf vorhandenen Phasen einer Verschlechterung im psychischen Befinden würden diesen Sachverhalten nicht widersprechen.

Am 02.05.2017 hat die behandelnde Psychiaterin des Klägers, Dr. A., eine fachärztliche Stellungnahme abgegeben. Danach sei es Anfang 2012 zu einer wesentlichen Verschlechterung gekommen. Es sei eine Medikation verordnet worden und ab 29.02.2012 sei ein Arbeitsversuch von sechs Stunden wöchentlich unternommen worden mit dem Ziel, die Arbeitszeit auf 13 Stunden pro Woche zu steigern. Es seien jedoch eine ausgeprägte Erschöpfbarkeit und Schlafstörungen berichtet worden, so dass der Arbeitsversuch wegen unzureichender Leistungsfähigkeit aus Sicht des Arbeitgebers beendet worden sei. Bei weiterer Verschlechterung der Symptomatik im Sinne von Stimmungsschwankungen, ausgeprägten Schlafstörungen, aufgehobener Belastbarkeit, teilweise Beziehungsideen mit Gereiztheit sei die Medikation umgestellt worden und es habe sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau erzielen lassen. Es sei festzustellen, dass der Kläger aufgrund der Symptomatik erheblich eingeschränkt in der Lebensführung sei im Sinne einer Vita reducta.

Vorgelegt worden ist auch ein ärztliches Attest des Dr. K. ebenfalls vom 02.05.2017: Bei genauerer Analyse der gesamten Befunde habe sich beim Kläger eine Leistungsunfähigkeit - auch im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung - eingestellt und zwar auf Dauer. Es würden globale Fähigkeitsstörungen hinsichtlich Stressresistenz, Kommunikationsfähigkeit, Interaktionsverhalten, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit vorliegen, die eine Berufstätigkeit auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seit Herbst 2002 unmöglich machten. Die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung seien somit gegeben. Dr. R. vom Gesundheitsamt H. hat am 11.05.2017 - ohne weitere Bezugnahme - die Stellungnahme abgegeben, dass er die Einlassungen des Dr. K. bestätige.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2010 und das Urteil des Sozialgericht Würzburg vom 14.09.2011, soweit es hinsichtlich dieser Bescheide erging, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.12.2009 auf Dauer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise Frau Dr. A. zu laden über H- Straße 63, G-Stadt als Zeugin zum Beweis der Tatsache, dass das Krankheitsbild mit Krankheitswert zu keinem Zeitpunkt dauerhaft und endgültig überwunden wurde, vor allem nicht im Zeitraum von 2008 bis 2012. Weiter hilfsweise wird beantragt, Herrn Dr. R. zu laden über das Landratsamt H., G-Straße 14, G-Stadt als Zeuge zum Beweis der Tatsache, dass das Krankheitsbild mit Krankheitswert zu keinem Zeitpunkt dauerhaft und endgültig überwunden wurde, insbesondere auch nicht im Zeitraum von 2008 bis 2012.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2011, soweit sie sich nicht bereits im Verfahren L 20 R 1051/11 erledigt hat, zurückzuweisen.

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen weiteren Gerichtsakten S 14 R 641/11 und L 20 R 1051/11 Bezug genommen. Der Senat hatte außerdem beigezogen die Rentenakte der Beklagten, die Personalakten des Klägers bei der Regierung von Oberfranken, Unterlagen der Kommunalen Unfallversicherung in Bayern zum Unfall vom 27.09.1967, die Schwerbehindertenakte des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Unterfranken Versorgungsamt, die Akte des Sozialgerichts Würzburg zum Schwerbehindertenrechtstreit S 11 SB 64/16 sowie die Akte des Bayer. Verwaltungsgerichts J-Stadt zum Az. ... Auch hierauf wird Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers kann nicht verneint werden, selbst wenn es bisher keine Belege für ein finanzielles Interesse des Klägers im Gefolge der von ihm geäußerten Hoffnung, dass eine Erwerbsminderungsrente nicht in vollem Umfang mit der Pension verrechnet werde, gibt. Der Kläger hat jedenfalls ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung darüber, ob ihm ein Rentenanspruch gegenüber der Beklagten zusteht oder nicht.

Gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

  • 1.voll erwerbsgemindert sind,

  • 2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

  • 3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Nach dieser Vorschrift ist ein eventueller Rentenanspruch auf die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze begrenzt. Im Fall des Klägers - Geburtsjahrgang 1951 - ist die Regelaltersgrenze nach § 235 Abs. 2 SGB VI bei 65 Jahren 5 Monaten gelegen. Damit ergibt sich, dass beim Kläger ab 15.12.2016 die Regelaltersgrenze erreicht bzw. überschritten war, so dass eine evtl. danach eintretende volle Erwerbsminderung ohne rentenrechtliche Bedeutung wäre und auch Ermittlungen zu einer möglichen Verschlechterung der medizinischen Situation entbehrlich sind.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat der Kläger nach der nachträglichen Zulassung durch die Beklagte zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen über § 241 Abs. 2 SGB VI für alle in Frage kommenden Zeitpunkte eines medizinischen Leistungsfalls erfüllt. Der Kläger hat offensichtlich die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI), d.h. 60 Kalendermonaten, mit Beitragszeiten zurückgelegt und damit die Bedingung aus § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI erfüllt. Die allgemeine Wartezeit war beim Kläger darüber hinaus bereits schon vor dem 01.01.1984 erfüllt gewesen (175 Kalendermonate Pflichtbeitragszeit), so dass für ihn die Schutzvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI zum Tragen kommt. Nach dieser Vorschrift entfällt die weitere Bedingung aus § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, die der Kläger in Ermangelung von Pflichtbeitragszahlung während seiner aktiven Beamtenzeit und der nachfolgenden Pensionierung nicht hätte erfüllen können. Allerdings erfolgt dies nur unter der Bedingung, dass sämtliche Kalendermonate vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs. 2 Satz 1Nr. 1 bis 6 SGB VI) belegt sind oder noch belegt werden können (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Dies ist beim Kläger nach dem Ergebnis des Rechtsstreites S 8 R 796/12 der Fall.

Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist nach den einhelligen ärztlichen Darlegungen in der Zeit ab dem traumatischen Ereignis am 08.03.2001 nur noch unter 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsatzfähig gewesen. Eine Differenzierung in eine anfängliche Zeit der Arbeitsunfähigkeit und den erst verzögerten Eintritt von Erwerbsminderung im Herbst 2002, wie sie Dr. K. in seiner aktuellen Stellungnahme andeutet, sieht der Senat nicht als geboten an. Ärztliche Feststellungen zu einem Eintritt einer dauerhaften zeitlichen Einschränkung auf weniger als 3 Stunden täglich bereits zu einem Zeitpunkt vor März 2001 - etwa im Zusammenhang mit dem Unfall 1967 - liegen in keiner Weise vor und auch die tatsächlichen Geschehensabläufe mit einer umfangreichen beruflichen Tätigkeit des Klägers sprechen dagegen.

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger bis zum 07.03.2001 in der Lage gewesen, wenigstens 6 Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, mit geringen Einschränkungen seiner Handfunktion und seiner Belastbarkeit; letzteres im Zusammenhang mit längerdauernden Schmerzempfindungen.

Die volle Erwerbsminderung ist aus Sicht des Senats beim Kläger bis Ende 2007 als belegt anzusehen. Danach ist eine deutliche Besserung dokumentiert mit nahezu Symptomfreiheit und Anstieg der Belastbarkeit. Dies hat sogar den zeitweiligen Einsatz im zuvor ausgeübten Beruf zugelassen, obwohl gerade damit die stärksten Belastungsauslöser verbunden waren. Die Berufsausübung wurde von den behandelnden Ärzten seinerzeit auch nicht als problematisch beschrieben, sondern eine weitere Steigerung der Einsatzzeit befürwortet. Dass seitens der Beschäftigungsstelle dies kritischer gesehen wurde - vor allem auch wegen Problemen im Zusammenhang mit einer Entkoppelung vom aktuellen Fachstand -, führt nicht dazu, dass damit der Fortbestand oder das Wiedereintreten von voller Erwerbsminderung belegt wäre. Am Vorrang der wiederholten und über einen längeren Zeitraum erfolgten zeitnahen ärztlichen Ausführungen ändert sich auch nichts dadurch, wenn aktuell die Besserungsphasen pauschal negiert werden (Dr. K. am 02.05.2017) oder die tatsächlichen Wiedereingliederungsversuche als problematischer beschrieben werden (Dr. A. am 02.05.2017). Andeutungen der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung, dass es sich seinerzeit um tendenzgeleitete ärztliche Angaben gehandelt haben könnte, überzeugen nicht; zu bedenken ist auch, dass andernfalls die Aussagequalität der Angaben der behandelnden Ärzte wesentlich verschlechtert und entwertet wäre und der Kläger dann erhebliche Probleme beim Nachweis der damaligen gesundheitlichen Situation haben dürfte. Ab Januar 2008 ist eine Einschränkung der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter 3 Stunden nicht mehr anzunehmen, wenn die behandelnden Ärzte sogar einen mehrstündigen Einsatz im - wie zu bedenken gegeben - besonders belasteten - weil mit der Traumasituation konfrontierenden - Beruf des Berufsschullehrers für gesundheitlich verantwortbar angesehen hatten. Eine volle Erwerbsminderung hat beim Kläger in dieser Zeit sicherlich nicht bestanden.

Soweit im Gefolge des Scheiterns der Wiederaufnahme des Berufes und der sich ausweitenden familiären Probleme erneute psychische Belastungsreaktionen des Klägers zu beobachten gewesen waren, hat es sich nach den Darlegungen des Gutachters M. I. hierbei um behandelbare und erfolgreich - zumindest im Sinne einer Besserung - behandelte Erkrankungen gehandelt, die keine dauerhaften Einschränkungen quantitativer Art mit sich gebracht haben. Der Senat folgt dieser Auffassung. Dem widersprechen die Gutachtensergebnisse der Dr. von B. nicht, da dieser nicht die umfangreichen Unterlagen wie M. I., sondern in erster Linie aktuelle Angaben der Behandler Dr. A. und Dr. K. zur Verfügung gestanden hatten. Diese verzerren in ihren aktuellen Darlegungen jedoch eindeutig den medizinischen Verlauf ins Negative, ohne die Gründe dafür auch nur zu diskutieren. Die gesundheitlichen Einschränkungen haben nämlich nicht durchgängig so vorgelegen, wie sich aus ihren eigenen Attesten in der Zeit von 2008 bis 2011 entnehmen lässt. Selbst wenn sie unter Einbezug heutiger Erkenntnisse manche damalige Einschätzung revidieren wollten, müssten sie dies ganz anders psychodynamisch darlegen. So verbleibt nur eine inkonsistente Darstellung, die sich als Nachweis einer neuerlichen Verschlechterung aus Sicht des Senats nicht eignet und auch vom Gutachter M. I. so nicht nachvollzogen worden ist. Somit sind beim Kläger nach 2008 zwar mit Arbeitsunfähigkeit verbundene akute Erkrankungen bzw. Verschlechterungen ersichtlich, eine dauerhafte oder längerdauernde Auswirkung auf die zeitliche Einsatzfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben ist jedoch nicht nachgewiesen.

Da die gutachterlichen Ergebnisse in dieser Zeit auch eine dauerhafte zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von weniger als 6 Stunden, aber mehr als 3 Stunden - d.h. teilweise Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI - nicht bestätigt haben, scheidet neben der teilweisen Erwerbsminderung auch die volle Erwerbsminderung, die sich bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hätte ergeben können (vgl. BSG, Beschluss vom 10.12.1976, Az. GS 2/75 u.a. - nach juris), aus.

Zwar kann in bestimmten Ausnahmefällen eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung auch dann erfolgen, wenn die in § 43 Abs. 2 SGB VI geforderte quantitative Einschränkung nicht besteht; dazu müssten jedoch die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten sog. Katalogfall erfüllt sein, was aus Sicht des Senates nicht der Fall ist. Für die Prüfung ist nach dem BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R - nach juris) mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn 37 mwN).

Für den Senat ergeben sich - außerhalb des Zeitraums von ca. Mitte März 2001 bis Ende Dezember 2007 - bereits keine ernsthaften Zweifel an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da fast alle Arbeitsfelder als grundsätzlich geeignet anzuführen wären. Zwar kommen zu den Beschränkungen der psychischen Leistungskapazität noch geringere Einschränkungen der körperlichen Funktionen als Spätfolgen des Unfalls von 1967 hinzu. Aber selbst wenn man zur Annahme der ernstlichen Zweifel gelangen würde, so stellen jedenfalls die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sich nicht als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit und auch nicht als Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen dar. Eine solche Summierung würde voraussetzen, dass zu den Einschränkungen der Belastbarkeit, wie sie üblicherweise bei physisch und teilweise psychisch geschwächten Erwerbsfähigen zu beobachten sind, besondere weiter reichende Einschränkungen hinzutreten. Die beim Kläger festgestellten Einschränkungen sind dagegen gerade nicht so weitgehend, insbesondere sind die Einschränkungen der Sinneswahrnehmung moderat. Hinzu kommt, dass der Kläger bei Ausübung einer beruflichen Tätigkeit auf intellektuelle Ressourcen zurückgreifen könnte.

Die mit dem Hauptantrag vom Kläger angestrebte Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung kann nach dem bisher Festgestellten nicht erfolgen.

Außerhalb der Zeit vom 08.03.2001 bis längstens 07.01.2008 fehlt es am Nachweis der medizinischen Voraussetzungen für volle Erwerbsminderung. Eine erneute Verschlechterung der Gesundheit des Klägers wird von Dr. A. heute auf Anfang 2012 beschrieben, während sie zeitnah im Mai 2012 noch eine fortgesetzte Besserung beschrieben hatte; diese Widersprüche mindern der Wert dieser Einschätzung erheblich. Ein Verschlechterungsnachweis wäre somit höchstens ab der Untersuchung bei Dr. von B. am 13.05.2016 vorstellbar, was bei dem Regelfall einer Zeitrente wegen § 101 Abs. 1 SGB VI erst eine Leistungsgewährung ab 01.11.2016 ermöglichen würde. An beiden Zeitpunkten stünde einer Rentengewährung aber zusätzlich § 34 Abs. 4 SGB VI entgegen, weil es sich um einen nachträglichen Wechsel von einer Altersrente in eine Rente wegen Erwerbsminderung handeln würde. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bewilligung der Altersrente wegen Schwerbehinderung bereits bindend geworden ist oder nicht, für die Zeit des Bezugs dieser Rente, der auch vom Kläger bestätigt worden ist und rückwirkend für die Zeit ab November 2011 erfolgt ist.

Für die Zeit vom 08.03.2001 bis längstens 07.01.2008 scheitert die Rentengewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung am fehlenden Rentenantrag: Nach § 99 Abs. 2 SGB VI käme bei Stellung des Rentenantrags am 31.12.2009 für einen Leistungsfall ab 08.03.2001 grundsätzlich eine Rentenleistung ab 01.12.2009 in Betracht; da zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits die medizinischen Voraussetzungen nicht mehr nachgewiesen waren, konnte keine Rentengewährung erfolgen. Auch eine Anwendung von § 116 Abs. 2 SGB VI kam nicht in Betracht; nach den Unterlagen handelte es sich bei dem stationären Aufenthalt in der Klinik W. um eine Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse.

Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI scheitert daran, dass außerhalb der Zeit in der sogar volle Erwerbsminderung vorgelegen hatte, eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens auf weniger als 6 Stunden täglich - wie dargestellt - nicht nachgewiesen war. § 43 Abs. 3 SGB VI schließt bei einem Einsatzvermögen von mehr als 6 Stunden täglich eine Erwerbsminderung im rentenrechtlichen Sinn aus.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die weiter hilfsweise geltend gemachte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Zwar gehört der Kläger auf Grund seines Geburtsjahrganges zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI grundsätzlich erfassten Personenkreis. Er ist jedoch nicht berufsunfähig im Sinne dieser Vorschrift.

Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Nach dem zuvor Dargelegten hatte sich die Prüfung des Vorliegens von Berufsunfähigkeit auf den Zeitraum von Dezember 2009 (frühestmöglicher Rentenbeginn wegen § 99 Abs. 2 SGB VI) bis 1. November 2011 (letzter Rentenbeginn wegen § 34 Abs. 4 SGB VI) zu konzentrieren.

Der Kläger hat ursprünglich den Beruf eines Schmieds erlernt. Dieser ist im Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 240 SGB VI, Rn. 24, 101, 102 mwN aus der Rechtsprechung) eindeutig der Ebene der Facharbeiter zuzuordnen. Ausgehend von dieser Tätigkeit würde der Kläger dann berufsunfähig sein, wenn er weder diesen Beruf, noch eine andere Facharbeitertätigkeit (gleiche Stufe) noch eine angelernte Tätigkeit (nächstniedrigere Stufe) ausüben könnte. Eine Verweisung auf ungelernte Tätigkeiten wäre unter dieser Prämisse ausgeschlossen.

Der Kläger hat diese Tätigkeit jedoch zwischenzeitlich aufgegeben. Soweit er die Berufsaufgabe aus dem Unfall vom September 1967 abzuleiten versucht und damit das Vorliegen von Berufsunfähigkeit begründen will, scheitert dies schon daran, dass er seinerzeit noch keinen Berufsschutz hatte, sondern diesen erst mit der Gesellenprüfung und der Beschäftigung im Beruf erworben hatte. Die Tätigkeit als Fachlehrer im Beamtenstatus ist nicht geeignet, den Berufsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. Trotz der relativ geringen Dauer der vorherigen Beschäftigung als angestellter Fachlehrer, die die letzte versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit darstellte, sieht der Senat die Zeit der Ausübung als ausreichend dafür an, diese Tätigkeit als die im Gesetz genannte, dem beruflichen Werdegang entsprechende, „bisherige Berufstätigkeit“ anzusehen.

Für diese Tätigkeit war neben dem Abschluss einer Facharbeiterausbildung und Berufserfahrung ein einjähriger Qualifizierungskurs im Bereich der Pädagogik erforderlich. Nach § 5 der damals geltenden bayerischen „Verordnung über die Zulassung und Ausbildung der Fachlehrer (ZAF)“ vom 29.01.1975 wurde die pädagogische Vorbildung durch einen einjährigen Kurs am Staatsinstitut mit Abschlussprüfung nachgewiesen. Für den Senat ergibt sich aus dieser zusätzlichen Qualifizierung kein Nachweis einer Fachschulausbildung und auch kein Beleg dafür, dass der Kläger auf der Stufe einer Meistertätigkeit eingeordnet werden müsste. Vielmehr ist der Kläger weiterhin der dritten Stufe des Mehrstufenschemas zuzuordnen und kann damit zumutbar auch auf angelernte Tätigkeiten, nicht aber auf den gesamten Arbeitsmarkt verwiesen werden.

Aus den Darlegungen im Zusammenhang mit der Pensionierung und den Ausführungen sowie den tatsächlichen Geschehnissen bei der als Wiedereingliederungsversuch gedachten „Aushilfstätigkeit“ als Berufsschullehrer im Schuljahr 2011/2012 sieht es der Senat letztlich als hinreichend belegt an, dass der Kläger im Gefolge der im März 2001 ausgelösten posttraumatischen Belastungsstörung durchgehend bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr im erforderlichen zeitlichen Umfang als Fachlehrer einsatzfähig war, selbst wenn Arbeitsversuche in Teilzeit mehrere Monate andauerten. Grund dafür ist die nachvollziehbar bei derartigen Situationen bestehende besondere Auslösegefährdung für sog. Flash-backs oder Rezidive der psychischen Erkrankung.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die behandelnden Ärzte die Auslösesituation insbesondere darauf bezogen hatten und gleichwohl Arbeitsversuche für vertretbar oder sogar förderlich angesehen hatten, erscheint dem Senat der Einsatz in Verweisungsberufen - insbesondere ohne stärkeren Kundenkontakt - deutlich leichter möglich. Als eine körperlich leichte Tätigkeit ohne besondere Stressbelastung und ohne besondere Anforderungen an die Handfunktion stellt sich die Tätigkeit eines Registrators dar.

Der Kläger erscheint aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse als Fachlehrer ohne längere Einarbeitung dazu in der Lage, die Tätigkeit eines qualifizierten Registrators auszuüben. Zur Aufgabe einer Lehrkraft gehören auch die Umsetzung von Lehrplänen und die Erstellung von Dokumentationen über die Unterrichtstätigkeit (Lehrnachweis). Die Einarbeitung in die Tätigkeit eines angelernten Registrators kann auch ohne Verwaltungsausbildung oder kaufmännische Ausbildung in einer Einarbeitungszeit von bis zu 3 Monaten erfolgen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.05.2016, Az. L 7 R 318/12 - nach juris).

Damit ist - außer in der Zeit, in der sogar volle Erwerbsminderung bestand - Berufsunfähigkeit beim Kläger nicht eingetreten gewesen und ein Anspruch des Klägers aus § 240 SGB VI ist nicht ersichtlich.

Der Senat hat auch keine weiteren Ermittlungen vorzunehmen gehabt; die Streitsache war entscheidungsreif. Die im Schriftsatz der Klägerseite vom 09.06.2017 beantragte Anhörung der Dr. A. zur aktuellen Medikation und Behandlung des Klägers erübrigten sich. Abgesehen davon, dass der Antrag nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten wurde, konnte er auch nicht zur Entscheidung beitragen, da es auf die aktuelle gesundheitliche Situation des Klägers schon wegen § 34 Abs. 4 SGB VI iVm der Altersrentengewährung sowie wegen des zwischenzeitlichen Überschreitens der Regelaltersgrenze (§ 235 Abs. 2 SGB VI) nicht mehr ankommen konnte.

Die Anhörung der Dr. A. zum Beweis der Tatsache, dass das Krankheitsbild mit Krankheitswert zu keinem Zeitpunkt dauerhaft und endgültig überwunden wurde, vor allem nicht im Zeitraum von 2008 bis 2012, wurde erstmals mit Schriftsatz vom 23.02.2017 beantragt und der Antrag wurde bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten. Der Senat musste dem Antrag aber nicht folgen, denn mit diesem Antrag wurde keine Beweiserhebung von Tatsachen beantragt, sondern es sollte ein sozialmedizinisches Leistungsbild „Überwinden einer Erkrankung“ erstellt werden. Dies ist aber nicht Gegenstand einer Zeugenanhörung, sondern eine gutachterliche Äußerung, wofür die Prozessordnung die Möglichkeit der Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG zur Verfügung stellt. Aber selbst wenn man den Antrag anders als der Senat bewerten wollte, konnte er nicht beweiserheblich sein. Die Frage der Rentengewährung wegen Erwerbsminderung knüpft an Funktionseinschränkungen im Erwerbsleben an; der Nachweis, dass eine Erkrankung nicht vollständig überwunden gewesen ist, hätte keine unmittelbare Auswirkung auf die Frage des Nachweises von Funktionseinschränkungen im rentenberechtigenden Umfang. Der Senat geht - wie oben dargelegt - mit der Klägerseite davon aus, dass zu keinem Zeitpunkt nach dem Eintritt der psychischen Erkrankung beim Kläger im März 2001 diese vollständig, also dauerhaft und endgültig, überwunden gewesen ist.

Die zum Schluss der mündlichen Verhandlung ebenfalls beantragte Anhörung des Dr. R. sollte zum Beweis vergleichbar der beantragten Anhörung der Dr. A. dienen. Der Senat konnte aus den bereits dargelegten Gründen auch von dieser Anhörung absehen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2011 im Ergebnis als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - L 19 R 399/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - L 19 R 399/14

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - L 19 R 399/14 zitiert 17 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 240 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und2. berufsunfähigsind. (2) Berufsunfähig

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 99 Beginn


(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, i

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 34 Voraussetzungen für einen Rentenanspruch


(1) Versicherte und ihre Hinterbliebenen haben Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 50 Wartezeiten


(1) Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf 1. Regelaltersrente,2. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und3. Rente wegen Todes.Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt für einen Anspruch

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 235 Regelaltersrente


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Regelaltersgrenze erreicht und2. die allgemeine Wartezeit erfüllthaben. Die Regelaltersgrenze wird frühestens mit Vollendung des 65. Lebens

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 101 Beginn und Änderung in Sonderfällen


(1) Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. (1a) Befristete Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die Anspruch un

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 241 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240), in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hab

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 116 Besonderheiten bei Leistungen zur Teilhabe


(1) (weggefallen) (2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und 1. ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabil

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - L 19 R 399/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - L 19 R 399/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R

bei uns veröffentlicht am 09.05.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2011 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detm

Referenzen

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240), in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben müssen, verlängert sich auch um Ersatzzeiten.

(2) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreien Zeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt,
4.
Berücksichtigungszeiten,
5.
Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder
6.
Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992
(Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht und
2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
haben. Die Regelaltersgrenze wird frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Regelaltersgrenze wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19471651
19482652
19493653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Regelaltersgrenze nicht angehoben.

(1) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240), in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben müssen, verlängert sich auch um Ersatzzeiten.

(2) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreien Zeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt,
4.
Berücksichtigungszeiten,
5.
Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder
6.
Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992
(Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.

(1) Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf

1.
Regelaltersrente,
2.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und
3.
Rente wegen Todes.
Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt für einen Anspruch auf
1.
Regelaltersrente, wenn der Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen hat,
2.
Hinterbliebenenrente, wenn der verstorbene Versicherte bis zum Tod eine Rente bezogen hat.

(2) Die Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Versicherte, die die allgemeine Wartezeit vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung nicht erfüllt haben.

(3) Die Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf

1.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und
2.
Rente für Bergleute vom 50. Lebensjahr an.

(4) Die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf

1.
Altersrente für langjährig Versicherte und
2.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

(5) Die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240), in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben müssen, verlängert sich auch um Ersatzzeiten.

(2) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreien Zeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt,
4.
Berücksichtigungszeiten,
5.
Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder
6.
Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992
(Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240), in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben müssen, verlängert sich auch um Ersatzzeiten.

(2) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreien Zeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt,
4.
Berücksichtigungszeiten,
5.
Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder
6.
Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992
(Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2011 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gewähren muss.

2

Die 1954 geborene Klägerin hat keine Schule besucht und keinen Beruf erlernt. Sie ist auch in ihrer türkischen Muttersprache (primäre) Analphabetin, weil sie keine Zahlen kennt, nur minimale Buchstabenkenntnisse besitzt und deshalb selbst mit fremder Hilfe weder lesen noch schreiben kann. In Deutschland arbeitete sie ab November 1987 bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit im September 2004 durchgehend als Reinigungskraft bei der Stadt B.

3

Sie leidet an einer Wirbelsäulenerkrankung ohne neurologische Ausfallerscheinungen, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer depressiven Erkrankung. Trotz dieser Krankheiten kann sie noch körperlich leichte Tätigkeiten sechs (und mehr) Stunden an fünf Tagen in der Woche regelmäßig verrichten. Auszuschließen sind Arbeiten mit Knien, Hocken, häufigem Bücken, über Kopf, mit Besteigen von Leitern und Gerüsten, unter Umwelteinflüssen (wie Kälte, Hitze, Temperaturschwankungen, Nässe, Staub, Gas, Dampf, Rauch, Lärm, Schmutzeinwirkung), in Wechsel- und Nachtschicht, unter zeitlichem Druck, wie bei Akkord- oder Fließbandarbeit, sowie mit häufigem Publikumsverkehr. Der Analphabetismus der Klägerin beruht nicht auf einer gesundheitlichen Störung.

4

Ihren Antrag vom 21.6.2005 auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lehnte die Beklagte ab, weil sie noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne (Bescheid vom 22.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 6.1.2006). Die Klage blieb erfolglos (Urteil des SG Detmold vom 10.12.2007).

5

Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem am 21.6.2005 eingetretenen Leistungsfall befristet bis zum 31.1.2014 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen (Urteil vom 21.2.2011): Die Klägerin habe die allgemeine Wartezeit zurückgelegt, erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und sei voll erwerbsgemindert. Denn ihr sei der Arbeitsmarkt unter dem Gesichtspunkt einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen praktisch verschlossen. Zwar seien die qualitativen Leistungseinschränkungen nach der Rechtsprechung des 5. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließe, nicht ungewöhnlich und ließen für sich allein noch keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass die Klägerin in einem Betrieb einsetzbar sei. Gleichwohl seien keine beruflichen Tätigkeiten ersichtlich, die sie auf der Grundlage ihres Restleistungsvermögens und ihres muttersprachlichen Analphabetismus noch verrichten könne. Der Analphabetismus sei bei der Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege, zu berücksichtigen, wenn das weite Feld der Tätigkeiten, die die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nicht unbedingt erforderten, aufgrund weiterer Leistungseinschränkungen und der Beschränkung des Restleistungsvermögens auf nur leichte Arbeiten nicht mehr zweifelsfrei offenstehe. Eine realistische Verwertung des Restleistungsvermögens im Erwerbsleben setze voraus, dass eine Verweisungstätigkeit den Kräften und Fähigkeiten des Versicherten entspreche, wodurch sichergestellt werde, dass keine vom tatsächlichen Leistungsvermögen losgelöste, also fiktive Verweisung erfolge. Eine konkrete Verweisungstätigkeit, die die Klägerin mit den verbliebenen Fähigkeiten noch verrichten könne, sei indes nicht ersichtlich. Die Tätigkeiten als Museumswärterin/Aufseherin, Küchenhilfe, Büglerin, Mitarbeiterin in einer Mangel, Warensortiererin in der Kunststoff- und Metallindustrie oder in der Papier- und Elektroindustrie, die die Beklagte benannt habe, könne die Klägerin teils aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen, teils aufgrund des Analphabetismus nicht mehr ausüben.

6

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Beklagte eine Verletzung von § 43 SGB VI: Nach der Rechtsprechung des BSG sei in der Regel davon auszugehen, dass Versicherte, die noch körperlich leichte Tätigkeiten- wenngleich mit qualitativen Einschränkungen - täglich mindestens sechs Stunden verrichten könnten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen erwerbstätig sein könnten. Eine konkrete Verweisungstätigkeit sei in dieser Situation nur zu benennen, wenn ausnahmsweise eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege. Das LSG führe jedoch selbst nachvollziehbar aus, dass sämtliche Leistungseinschränkungen der Klägerin nicht ungewöhnlich seien und für sich allein keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen ließen, dass sie in einem Betrieb einsetzbar sei. Bei der Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege, müsse ihr Analphabetismus außer Acht bleiben. Denn er beruhe nicht auf einer gesundheitlichen Störung oder auf intellektuellen Defiziten, sondern darauf, dass sie keine Schule besucht und deshalb weder Lesen noch Schreiben erlernt habe. Ein solcher Analphabetismus sei als Bildungsdefizit und nicht als Erwerbsminderung auslösende Krankheit oder Behinderung zu werten. Soweit sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Ansicht auf das Senatsurteil vom 10.12.2003 (B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr 1) stütze, stehe diese Entscheidung nicht mit dem Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 (GS 2/95 - BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8) in Einklang. Danach sei es ausgeschlossen, "einen arbeitslosen Versicherten, der noch vollschichtig arbeiten" könne, "deshalb als erwerbsunfähig anzusehen, weil neben den gesundheitlichen Einschränkungen Risikofaktoren wie Langzeitarbeitslosigkeit und vorgerücktes Alter oder mangelhafte Ausbildung die Vermittlungschancen zusätzlich" erschwerten. Analphabetismus sei jedoch nichts anderes als "mangelnde Ausbildung". Für die Überwindung des Analphabetismus seien nicht die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern die Bundesagentur für Arbeit, die Grundsicherungsträger sowie die Kommunen und Länder zuständig; das daraus resultierende Arbeitsmarktrisiko dürfe nicht auf die Rentenversicherungsträger verlagert werden. Soweit die Rechtsprechung schließlich zwischen Analphabetismus und mangelnden Deutschkenntnissen unterscheide, sei diese Differenzierung inkonsequent. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl Senatsurteil vom 15.5.1991 - 5 RJ 92/89 - BSGE 68, 288 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 11) müssten unzureichende Deutschkenntnisse bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit außer Acht bleiben, weil dem Rentenversicherungsträger sonst ein von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfasstes Risiko aufgebürdet werde. Nichts anderes müsse für Analphabetismus gelten. Dass der Klägerin der Zugang zum Arbeitsmarkt wegen ihres Analphabetismus erschwert sei, könne ebenso wenig wie der Umstand berücksichtigt werden, dass sie aufgrund mangelhafter deutscher Sprachkenntnisse nicht ausreichend kommunizieren könne.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2011 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. Dezember 2007 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie trägt vor: Aufgrund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erfülle sie die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, wobei ihr Analphabetismus zu berücksichtigen sei. Als primäre Analphabetin sei sie auf dem Arbeitsmarkt, unter Hinzutreten weiterer ungewöhnlicher Erschwernisse, schlichtweg nicht (mehr) vermittelbar und könne auch auf Alternativtätigkeiten nicht (mehr) verwiesen werden. Selbst wenn man den primären Analphabetismus außer Acht ließe, seien zumutbare Verweisungstätigkeiten weder ersichtlich noch von der Beklagten benannt worden. Vor dem Hintergrund bestehender Fürsorgepflicht hätte die Beklagte durch Rehabilitations- bzw Förderungsmaßnahmen dem Analphabetismus entgegenwirken und hierdurch eine Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt wiederherstellen müssen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht (§ 162 SGG). Der Klägerin steht kein Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung zu.

11

1. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 43 Abs 2 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) in Betracht (§ 300 Abs 1 SGB VI). Danach haben Versicherte bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Abs 2 S 1 Nr 2 und 3) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Abs 2 S 1 Nr 1). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs 2 S 2). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs 3). Nach § 102 Abs 2 S 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, zu denen auch die Rente wegen voller Erwerbsminderung zählt(§ 33 Abs 3 Nr 2 SGB VI), auf Zeit geleistet. Die Befristung (§ 32 Abs 2 Nr 1 SGB X) erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs 2 S 2 iVm § 101 Abs 1 SGB VI) und kann wiederholt werden (§ 102 Abs 2 S 3 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754).

12

2. Nach den Feststellungen des LSG, die nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angefochten und deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), kann die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden (arbeits)täglich, dh an fünf Tagen in der Woche, verrichten. Dieses zeitliche (quantitative) Leistungsvermögen schließt die Annahme einer "vollen Erwerbsminderung" gemäß § 43 Abs 3 Halbs 1 SGB VI aber noch nicht aus. Vielmehr kommt es nach dieser Vorschrift iVm § 43 Abs 2 S 2 SGB VI entscheidend darauf an, ob die Klägerin "wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande" ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts … erwerbstätig zu sein". Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

13

Die Rentenversicherungsträger und im Streitfall die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 20 Abs 1 S 1 SGB X, § 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 21 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB X, § 106 Abs 3 Nr 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen,

        

a)    

Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet,

        

b)    

Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den

        

c)    

Ursachenzusammenhang ("wegen") zwischen a) und b).

14

a) Das LSG hat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass die Klägerin "an einer Wirbelsäulenerkrankung ohne neurologische Ausfallerscheinungen, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und an einer depressiven Erkrankung leidet". Dabei handelt es sich - auch soweit psychische Leiden vorliegen (s dazu BSGE 21, 189 = SozR Nr 39 zu § 1246 RVO; SozR Nr 15 zu § 1254 aF RVO) - um Krankheiten iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI, dh um regelwidrige Körper- bzw Geisteszustände(BSGE 14, 207 = SozR Nr 5 zu § 45 RKG), die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit herabzusetzen (BSGE 13, 255 = SozR Nr 11 zu § 1246 RVO). Den Analphabetismus oder dessen Ursachen hat das Berufungsgericht dagegen nicht als Krankheit bezeichnet, sondern ausdrücklich ausgeführt, dass die komplette Lese- und Schreibinkompetenz "nicht auf einer gesundheitlichen Störung" beruht. Sie ist auch keine "Behinderung", weil dazu rentenversicherungsrechtlich nur (weiter die Begriffsbestimmung in § 2 Abs 1 SGB IX) krankheitsbedingte Störungen zählen (Blaser, Der Begriff der "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" im Sozialrecht, 2009, S 98; Kunze, DRV 2001, 192), deren Entwicklung - anders als bei einer Krankheit (vgl dazu BSGE 28, 114 = SozR Nr 28 zu § 182 RVO) - irreversibel abgeschlossen ist. Der "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus" kann aber durch Erlernen der Schriftsprache überwunden werden.

15

b) Das LSG hat weiter bindend festgestellt, dass die Klägerin noch körperlich leichte Tätigkeiten sechs (und mehr) Stunden an fünf Tagen in der Woche regelmäßig verrichten kann. Auszuschließen sind Arbeiten mit Knien, Hocken, häufigem Bücken, über Kopf, mit Besteigen von Leitern und Gerüsten, unter Umwelteinflüssen (wie Kälte, Hitze, Temperaturschwankungen, Nässe, Staub, Gas, Dampf, Rauch, Lärm, Schmutzeinwirkung), in Wechsel- und Nachtschicht, unter zeitlichem Druck, wie bei Akkord- oder Fließbandarbeit, sowie mit häufigem Publikumsverkehr.

16

c) Zwischen diesen Leistungseinschränkungen (Erwerbsminderung) und den Krankheit(en) bzw Behinderung(en) muss ein Ursachenzusammenhang bestehen ("wegen"). Die Leistungsminderung muss wesentlich (Theorie der wesentlichen Bedingung, vgl BSGE 96, 291, 293 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7 RdNr 15)auf einer Krankheit oder Behinderung (den versicherten Risiken) beruhen und nicht auf sonstigen Umständen wie Lebensalter, fehlenden Sprachkenntnissen (Senatsurteil vom 15.5.1991 - 5 RJ 92/89 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 11 S 38 f; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 9 S 34 f; SozR 2200 § 1246 Nr 61) oder Arbeitsentwöhnung (BSGE 7, 66). Aus den Darlegungen des LSG zum Ursachenzusammenhang geht hinreichend deutlich hervor, dass die beschriebenen Leistungseinschränkungen und Minderbelastbarkeiten aus den zuvor festgestellten Gesundheitsstörungen "resultieren". Außerdem hält das Berufungsgericht ausdrücklich fest, dass der Analphabetismus der Klägerin "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruht", also gerade kein Ursachenzusammenhang zwischen ihm und einer der festgestellten Erkrankungen vorliegt.

17

3. Steht das krankheits- bzw behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein. Diese Frage ist hier zu verneinen. Die zitierte Formulierung verwendete der Gesetzgeber ursprünglich im Arbeitsförderungsrecht (§ 103 AFG, § 119 SGB III, seit dem 1.4.2012: § 138 Abs 5 SGB III) und übertrug sie später auf das Recht der Renten wegen Erwerbsminderung. Mit dieser Übernahme griff er gleichzeitig die Rechtsprechung des BSG auf, wonach dem Betroffenen der Zugang zum Arbeitsmarkt trotz vollschichtigem Leistungsvermögen praktisch verschlossen war, wenn er krankheitsbedingt keine "Erwerbstätigkeit unter den in Betrieben üblichen Bedingungen" mehr ausüben konnte (sog 1. Katalog- und Seltenheitsfall, vgl dazu nur Senatsurteil vom 27.5.1977 - 5 RJ 28/76 - SozR 2200 § 1246 Nr 19 und die Zusammenstellung der Katalog- und Seltenheitsfälle in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28). Die hierzu und zum Arbeitsförderungsrecht entwickelte Rechtsprechung ist auf die gesetzliche Neuformulierung übertragbar.

18

a) "Bedingungen" sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind (BSGE 11, 16, 20). Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen (BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - RdNr 29, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 43 Nr 16 vorgesehen; zum Arbeitsförderungsrecht: BSGE 11, 16, 20; 44, 164, 172 = SozR 4100 § 134 Nr 3; BSGE 46, 257, 259 = SozR 4100 § 103 Nr 17; BSG SozR 4100 § 103 Nr 23 S 55; BSG Urteil vom 21.4.1993 - 11 RAr 79/92 - Die Beiträge 1994, 431). Die Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl (BSG Urteil vom 19.10.2011, aaO, RdNr 29; BSGE 46, 257, 262, 264 = SozR 4100 § 103 Nr 17 S 40, 42; SozR 2200 § 1247 Nr 43 S 86 f; BSG Urteil vom 21.4.1993, aaO, Die Beiträge 1994, 431). Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten (vgl BT-Drucks 14/4230, S 25), für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt. Das Adjektiv "allgemein" grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem SGB II und III Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen (BSG Urteil vom 19.10.2011, aaO RdNr 27). Die Klägerin kann nach den Feststellungen des LSG an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sieht man davon ab, dass ihr Nacht- und Wechselschichten krankheitsbedingt nicht mehr zugemutet werden dürfen, benötigt sie im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Sie hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Wer aber in einem Betrieb unter den dort üblicherweise herrschenden Bedingungen arbeiten kann, ist auch imstande, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein.

19

b) Soweit unter den Begriff der üblichen Bedingungen "auch tatsächliche Umstände" gefasst werden (BSG Urteil vom 19.10.2011, aaO, RdNr 29), "wie zB die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz", handelt es sich ausschließlich um kognitive Grundfähigkeiten, die krankheitsbedingt herabgesetzt sein können. Der "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus" gehört nicht dazu. Wie der berufliche Werdegang der Klägerin exemplarisch und stellvertretend für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen zeigt, zählen Lese- und Schreibkompetenzen keinesfalls zu den üblichen Grundbedingungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Andernfalls könnten primäre Analphabeten nie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig werden, wären schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (voll) erwerbsgemindert und könnten Rente wegen voller Erwerbsminderung erst erhalten, nachdem sie die Wartezeit von 20 Jahren zurückgelegt haben (§ 43 Abs 6 iVm § 50 Abs 2 SGB VI).

20

4. Folglich kommt es entscheidend darauf an, ob die Klägerin trotz ihrer qualitativen Leistungseinschränkungen noch imstande ist, "erwerbstätig zu sein", dh durch (irgend)eine Tätigkeit Erwerb(seinkommen) zu erzielen. Diese Frage ist zu bejahen.

21

a) Um nachprüfbar zu machen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, hat das BSG bereits zum Parallelproblem im Recht der Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (§§ 1246, 1247 RVO bzw §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Altfassung - aF) die Pflicht der Rentenversicherungsträger entwickelt, dem Versicherten zumindest eine zumutbare Tätigkeit (sog Verweisungstätigkeit) konkret zu benennen, die er mit seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch ausüben kann (sog Benennungsgebot), wenn eine Rente wegen fehlender Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit abgelehnt werden sollte (BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24; SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 229; SozR 2200 § 1246 Nr 72, 74, 98 und 104). Zu benennen war eine Berufstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen (BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 72 S 229 und Nr 74 S 234; SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 229). Die Angabe einzelner Arbeitsvorgänge oder Tätigkeitsmerkmale genügte nicht (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 34 S 130 f mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 13 R 63/06 R - Juris RdNr 30). Andererseits musste kein konkreter Arbeitsplatz bezeichnet werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 104 S 324). Die zu benennende Tätigkeit musste auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich in ausreichendem Umfang vorkommen (BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28), dh es mussten grundsätzlich mehr als 300 Stellen (besetzt oder offen) vorhanden sein (BSGE 78, 207, 222 f = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 34 f; BSG Urteile vom 29.7.2004 - B 4 RA 5/04 R - Juris RdNr 24, 33 und vom 26.4.2007 - B 4 R 5/06 R - Juris RdNr 18).

22

b) Abweichend von diesem Grundsatz war die Benennung einer Verweisungstätigkeit entbehrlich, sofern der Versicherte - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - noch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage war und auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden durfte (BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24 mwN). Auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden durften bei der Prüfung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit grundsätzlich alle Versicherten (BSGE 19, 147, 149 f = SozR Nr 6 zu § 1247 RVO; BSG SozR 2200 § 1247 Nr 7 S 12 f; SozR 5850 § 2 Nr 12 S 25; SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 S 18), bei der Prüfung der Rente wegen Berufsunfähigkeit hingegen nur ungelernte Arbeiter bzw sog Angelernte im unteren Bereich (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 72 f mwN). In diesen Fällen war regelmäßig davon auszugehen, dass das Restleistungsvermögen dem Versicherten noch körperliche Verrichtungen erlaubte, wie sie in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen (wie zB Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw). Dem lag die Überlegung zugrunde, dass sich die nicht oder nur ganz wenig qualifizierten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ("Hilfsarbeiten") einerseits einer knappen Benennung, die aussagekräftig Art und Anforderungen der Tätigkeiten beschreiben würde, entzogen, das Arbeitsfeld andererseits aber so heterogen war, dass mit einem Restleistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten jedenfalls noch von ausreichenden Erwerbsmöglichkeiten ausgegangen werden konnte (BSGE 80, 24, 31 ff = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24 ff).

23

c) Trotz der praktischen Schwierigkeiten war - im Sinne einer Rückausnahme - die konkrete Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlag: In diesen Fällen einer überdurchschnittlich starken Leistungsminderung bestanden - entgegen der oben skizzierten tatsächlichen Vermutung bzw Annahme - ernsthafte Zweifel, dass der allgemeine Arbeitsmarkt für die dem Versicherten an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen bereithielt oder dass der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar war (BSGE 80, 24, 34 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 27; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 104 S 324 und Nr 136 S 434). Auch die Möglichkeit der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarkts durch die sog Katalog- und Seltenheitsfälle ist in diesem Zusammenhang bedeutsam (vgl die Zusammenstellung der Katalog- und Seltenheitsfälle in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28). Diese Maßstäbe haben auch für die seit dem 1.1.2001 geltende Rechtslage weiterhin Gültigkeit (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 5 RdNr 18 und BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - RdNr 19).

24

5. Für den Regelfall darf damit auch für die Renten wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI nF (iS einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung) davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der zumindest körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann, noch in der Lage ist, "erwerbstätig zu sein", dh durch (irgend)eine Tätigkeit Erwerb(seinkommen) zu erzielen(s auch § 43 Abs 3 SGB VI nF). Es ist mehrschrittig zu prüfen (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 73 und Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - RdNr 35):

25

a) Im ersten Schritt ist festzustellen, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten Verrichtungen oder Tätigkeiten erlaubt (wie zB Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw ), die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden. Es genügt die Benennung von "Arbeitsfeldern", von "Tätigkeiten der Art nach" oder von "geeigneten Tätigkeitsfeldern", die der Versicherte ausfüllen könnte (vgl BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24; Senatsurteile vom 24.2.1999 - SozR 3-2600 § 44 Nr 12 S 43; vom 11.5.1999 - SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 73 f; vom 10.12.2003 - SozR 4-2600 § 44 Nr 1 RdNr 23; BSG vom 19.8.1997 - 13 RJ 29/95 - SozSich 1998, 111 - Juris RdNr 30; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 62 f; vom 9.9.1998 - B 13 RJ 35/97 R - Juris RdNr 24; vom 14.7.1999 - B 13 RJ 65/97 R - Juris RdNr 32; sog "kleines Benennungsgebot": vgl Köbl in Ruland/Försterling, Gemeinschaftskommentar zum SGB VI, § 43 RdNr 168, Stand Oktober 2006; Gürtner in Kasseler Komm, § 43 SGB VI RdNr 47, Stand April 2010; Spiolek, SGb 1999, 509, 510; kritisch Kamprad in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 43 RdNr 42, Stand März 2012; aA wohl Blaser, Der Begriff der "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" im Sozialrecht, 2009, S 108). Damit können "ernste Zweifel" an der beschriebenen Einsatzfähigkeit des Versicherten als Folge von qualitativen Leistungseinschränkungen ausgeräumt werden.

26

b) Lassen sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben und kommen deshalb "ernste Zweifel" an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen auf, stellt sich im zweiten Schritt die Rechtsfrage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl Senatsurteil vom 24.2.1999 - SozR 3-2600 § 44 Nr 12 S 44 sowie BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 62 f und Nr 21 S 73 f sowie Beschluss vom 9.9.1998 - B 13 RJ 35/97 - Juris RdNr 24). Hierbei handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die schwierig zu konkretisieren (BSGE 81, 15, 19 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 23 S 69 sowie SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60 f) und vernünftig zu handhaben sind (BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33 ). Da es für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, keinen konkreten Beurteilungsmaßstab gibt, können auch für die tatrichterliche Begründung und die dazu nötigen Tatsachenfeststellungen keine allgemeingültigen Anforderungen aufgestellt werden (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 23). Auch der jeweilige Begründungsaufwand richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere hängt er von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss das Tatsachengericht seine Entscheidung zur Frage einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung begründen (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 23; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 61). Wie sich der Richter die jeweils erforderliche Tatsachenkenntnis verschafft, liegt in seinem Ermittlungsermessen (vgl § 103 SGG). Angesichts des unzulänglichen Gesamtüberblicks über typische Anforderungen ungelernter Verrichtungen ist ihm dabei ein weiter Freiraum für Einschätzungen zuzugestehen. Gleichwohl muss aber aus rechtsstaatlichen Gründen ein Mindestmaß an Berechenbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Entscheidung gesichert bleiben (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60 ff und BSG Urteil vom 19.8.1997 - 13 RJ 25/95 - SozSich 1998, 113 - Juris RdNr 25).

27

c) Erst wenn nach diesen Maßstäben eine "schwere spezifische Leistungsbehinderung" oder "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" vorliegt, ist dem Versicherten im dritten Schritt mindestens eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen (kein konkreter Arbeitsplatz) zu benennen, um seinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung auszuschließen (vgl BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33). Hierbei sind dann nicht nur das körperliche, geistige und kognitive Leistungsvermögen einerseits und das berufliche Anforderungsprofil andererseits miteinander zu vergleichen und in Deckung zu bringen, sondern es muss auch individuell geprüft werden, ob der Versicherte die notwendigen fachlichen Qualifikationen und überfachlichen Schlüsselkompetenzen besitzt oder zumindest innerhalb von drei Monaten erlernen kann. Außerdem ist dann zu beachten, dass auf Tätigkeiten nicht verwiesen werden darf, die auf dem Arbeitsmarkt nur in ganz geringer Zahl vorkommen (Katalogfall Nr 3), die an Berufsfremde nicht vergeben werden (Katalogfall Nr 4) oder für Betriebsfremde unzugänglich sind, weil es sich um reine Schonarbeitsplätze (Katalogfall Nr 5) oder Aufstiegspositionen (Katalogfall Nr 6) handelt (vgl die Zusammenstellung der Katalog- und Seltenheitsfälle in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28). Kann der Versicherte die Verweisungstätigkeit krankheits- oder behinderungsbedingt nicht mehr ausüben, oder kann er sich die fehlenden fachlichen oder überfachlichen Kompetenzen nicht innerhalb von drei Monaten aneignen, so ist er auch dann (voll) erwerbsgemindert, wenn sein zeitliches (quantitatives) Leistungsvermögen uneingeschränkt erhalten ist.

28

6. Zu Recht hat das LSG eine schwere spezifische Leistungsbehinderung verneint. Sie liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60; Blaser, Der Begriff der "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" im Sozialrecht, 2009, S 108; Spiolek, NZS 1997, 415, 416 f). Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände (vgl BSG SozR 3- 2600 § 43 Nr 17 S 61 ; BSG SozR 3- 2600 § 43 Nr 19 S 68 ; BSGE 81, 15, 19 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 23 S 69 ) - beispielsweise Einäugigkeit (Senatsurteile vom 12.5.1982 - 5b/5 RJ 170/80 - Juris RdNr 8 und vom 14.9.1995 - 5 RJ 50/94 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 230; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 30, 90), Einarmigkeit (Senatsurteil vom 14.9.1995 - 5 RJ 50/94 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 230; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 30) und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 S 19) sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 104, 117; weitere Beispiele bei BSGE 80, 24, 33 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 26 und bei Spiolek, NZS 1997, 415, 416 f). Der "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus" gehört nicht dazu, weil er keine "Behinderung" ist (s Gliederungspunkt 2 a) und damit auch keine "Leistungsbehinderung" sein kann.

29

7. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt auch keine "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" vor, die es ausnahmsweise notwendig machen könnte, den Ausschluss eines Rechts auf Rente nicht lediglich abstrakt mit der Einsetzbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen, sondern hierfür die konkrete Benennung einer noch in Betracht kommenden Verweisungstätigkeit zu fordern. Insofern kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei dem muttersprachlichen Analphabetismus der Klägerin für sich um eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung in diesem Sinne handelt (vgl dazu Senatsurteile vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr 1 RdNr 17 ff und vom 20.10.2004 - B 5 RJ 48/03 R - Juris RdNr 19 sowie BSG Urteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 13/98 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr 62 S 288). Nach der unverändert einschlägigen Verweisungsrechtsprechung des Großen Senats des BSG (BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8) begründet nämlich bei zeitlich uneingeschränkt leistungsfähigen Versicherten allein die "Summierung" - notwendig also eine Mehrheit von wenigstens zwei ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen als tauglichen Summanden - die Benennungspflicht, nicht aber, wie das Berufungsgericht meint, bereits das Zusammentreffen einer - potenziell - ungewöhnlichen und einer oder mehrerer "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen. Durch die genannte Rechtsprechung des Großen Senats und den ausdrücklichen Ausschluss einer Berücksichtigung der "jeweiligen Arbeitsmarktlage" in § 43 Abs 3 Halbs 2 SGB VI ist auch bereits entschieden, dass weitere Fälle einer Benennungspflicht nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die qualitativen Einschränkungen, die bei der Klägerin zu beachten sind, hat das LSG jedoch unangefochten festgestellt, dass diese sämtlich nicht ungewöhnlich sind. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die "vernünftige Handhabung" des unbestimmten Rechtsbegriffs der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gewährleistet nach der Rechtsprechung des Großen und des erkennenden Senats, dass abweichend vom Regelfall der abstrakten Betrachtungsweise die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit als unselbstständiger Zwischenschritt, nur aber auch immer dann erfolgen muss, wenn ernsthafte Zweifel unter anderem an der betrieblichen Einsetzbarkeit bestehen. Ob und ggf in welcher Intensität Zweifel aufkommen und ob in der Gesamtschau eine "Summierung" ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu bejahen ist, lässt sich nur anhand des konkreten Einzelfalls entscheiden, weil die denkbaren Kombinationsmöglichkeiten der qualitativen Leistungseinschränkungen unüberschaubar sind und die Summanden je nach Schweregrad, Anzahl und Wechselwirkungen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Feste Grenzlinien lassen sich nicht festlegen, zumal auch der Begriff "leichte Arbeiten", auf den sich die genannten Merkmale als Ausnahmen beziehen, erhebliche Unschärfen enthält, die es erforderlich machen, die im Einzelfall vorliegenden Leistungseinschränkungen insgesamt in ihrer konkreten Bedeutung für die Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt zu bewerten (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 61). Nur so erscheint eine "vernünftige Handhabung dieser weiten Begriffe" gewährleistet, wie sie der Große Senat des BSG (BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33) vorausgesetzt hat. Im Hinblick auf diese Gegebenheiten sind die bisherigen Entscheidungen des BSG zum Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung nur als Einzelfallentscheidungen zu werten, die den Besonderheiten der jeweiligen Sachlage Rechnung zu tragen suchen. Auch wenn die Leistungseinschränkungen dort gleich oder vergleichbar formuliert sind, handelt es sich keinesfalls um identische Sachverhalte. Vielmehr liefern die jeweiligen Beurteilungen allenfalls Anhaltspunkte für weitere Entscheidungen; ihnen lassen sich jedoch keine generellen Abgrenzungskriterien entnehmen (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 61). Deshalb steht dem Tatrichter bei der Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse ein weiter Freiraum für Einschätzungen zu (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60 f und BSG Urteil vom 19.8.1997 - 13 RJ 25/95 - SozSich 1998, 113 - Juris RdNr 25). Denn die Begriffe der "Ungewöhnlichkeit" von Leistungseinschränkungen und ihre "Summierung" lassen sich nicht mit einem abschließenden Katalog unabdingbarer Merkmale und Untermerkmale im Voraus definieren (Klassen- oder Allgemeinbegriff), sondern nur einzelfallbezogen durch eine größere und unbestimmte Zahl von (charakteristischen) Merkmalen umschreiben (offener Typus- oder Ordnungsbegriff), wobei das eine oder andere Merkmal gänzlich fehlen oder je nach Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam sein kann. Ob an der Einsetzbarkeit eines individuellen Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Zweifel bestehen und sich ggf überwinden lassen, ob Leistungseinschränkungen "ungewöhnlich" sind und wie sie sich nach Art, Umfang und Ausprägung wechselseitig beeinflussen ("summieren"), beurteilt sich anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch einen wertenden Ähnlichkeitsvergleich. Eine solche Würdigung des Einzelfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vollzieht sich auf tatsächlichem Gebiet und obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Bei derartigen richterlichen Wertungsakten gibt es keine logisch ableitbare einzig richtige Entscheidung, sondern einen Bereich, der sich letztlich der logischen Nachprüfbarkeit entzieht. Rational argumentativ ist dieser (originäre) Wertungsakt nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich darauf, ob er auf einer zutreffenden und rechtlich verwertbaren Tatsachengrundlage beruht, ob die richtigen Wertungsmaßstäbe erkannt und angewandt wurden und ob er sich innerhalb eines gewissen Spielraums der Angemessenheit bzw des Vertretbaren bewegt ("vernünftige Handhabung"). Bei derartigen genuinen Wertungsakten sind mehrere Entscheidungen gleichermaßen richtig, weil sich nach rein logischen Maßstäben nicht mehr entscheiden lässt, welche innerhalb eines Spielraums nach zutreffenden Maßstäben getroffene Entscheidung richtiger als die andere ist.

30

Das LSG hat vorliegend Inhalt und Grenzen des unbestimmten Rechtsbegriffs der ungewöhnlichen Leistungseinschränkung, wie sie sich hiernach ergeben, berücksichtigt und im Rahmen der ihm vorbehaltenen tatrichterlichen Bewertung die von ihm festgestellten Leistungseinschränkungen - mit Ausnahme des Analphabetismus der Klägerin - als "gewöhnlich", also keine Benennungspflicht auslösend, eingestuft. Dabei hat es sich im Wesentlichen an der vom Großen Senat rezipierten beispielhaften Auflistung derartiger Einschränkungen orientiert. Insofern bedarf es auf der Ebene der Feststellung tatsächlicher Umstände jeweils der Bewertung, ob mit einer festgestellten Leistungseinschränkung für sich und im Zusammenwirken mit gleichwertigen anderen gerade im konkreten Einzelfall die Gefahr verbunden ist, dass der Versicherte auf in Wahrheit nicht existierende Arbeitsmöglichkeiten verwiesen wird, deren Feststellung wiederum Aufgabe des Tatsachengerichts ist. Solange daher der Tatrichter - wie hier das LSG - von einem rechtlich zutreffenden Verständnis der Benennungspflicht und ihrer Voraussetzungen ausgeht, handelt es sich um die Feststellung von Individualtatsachen, an die das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG und in dessen Grenzen gebunden ist. Vorliegend ist daher rechtlich ohne konkreten Vergleich der Leistungsfähigkeit mit dem Anforderungsprofil einer bestimmten Tätigkeit im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Restleistungsvermögen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwerten kann, also noch imstande ist, "erwerbstätig zu sein", dh durch (irgend)eine (unbenannte) Tätigkeit Erwerb(seinkommen) zu erzielen. Damit scheidet auch ein Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus (§ 43 Abs 1, § 240 Abs 1 SGB VI).

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(1a) Befristete Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet, wenn

1.
entweder
a)
die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung zur Folge hat, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt, oder
b)
nach Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld nach § 48 des Fünften Buches oder auf Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen endet und
2.
der siebte Kalendermonat nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht erreicht ist.
In diesen Fällen werden die Renten von dem Tag an geleistet, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Krankentagegeld endet.

(2) Befristete große Witwenrenten oder befristete große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(3) Ist nach Beginn der Rente ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Bei einer rechtskräftigen Abänderung des Versorgungsausgleichs gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt nach § 226 Abs. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzustellen ist. § 30 des Versorgungsausgleichsgesetzes bleibt unberührt.

(3a) Hat das Familiengericht über eine Abänderung der Anpassung nach § 33 des Versorgungsausgleichsgesetzes rechtskräftig entschieden und mindert sich der Anpassungsbetrag, ist dieser in der Rente der leistungsberechtigten Person von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, der sich aus § 34 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes ergibt. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3b) Der Rentenbescheid der leistungsberechtigten Person ist aufzuheben

1.
in den Fällen des § 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt
a)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichsberechtigte Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
b)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes) oder
c)
der vollständigen Einstellung der Unterhaltszahlungen der ausgleichspflichtigen Person (§ 34 Abs. 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
2.
in den Fällen des § 35 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 36 Abs. 4 des Versorgungsausgleichsgesetzes) und
3.
in den Fällen des § 37 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Aufhebung der Kürzung des Anrechts (§ 37 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes).
Die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(4) Ist nach Beginn der Rente ein Rentensplitting durchgeführt, wird die Rente von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(5) Ist nach Beginn einer Waisenrente ein Rentensplitting durchgeführt, durch das die Waise nicht begünstigt ist, wird die Rente erst zu dem Zeitpunkt um Abschläge oder Zuschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dem eine Rente aus der Versicherung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners, der durch das Rentensplitting begünstigt ist, beginnt. Der Rentenbescheid der Waise ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.

(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.

(1) (weggefallen)

(2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und

1.
ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.

(3) Ist Übergangsgeld gezahlt worden und wird nachträglich für denselben Zeitraum der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit festgestellt, gilt dieser Anspruch bis zur Höhe des gezahlten Übergangsgeldes als erfüllt. Übersteigt das Übergangsgeld den Betrag der Rente, kann der übersteigende Betrag nicht zurückgefordert werden.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.

(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht und
2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
haben. Die Regelaltersgrenze wird frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Regelaltersgrenze wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19471651
19482652
19493653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Regelaltersgrenze nicht angehoben.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.