Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 4 P 28/18 B PKH

bei uns veröffentlicht am17.12.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung hat, insbesondere auf Pflegesachleistungen.

Die 1938 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin ist über ihren Ehemann familienversichert in der Krankenversicherung von B:-H. Sie ist kein versicherungspflichtiges Mitglied in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung oder der sozialen Pflegeversicherung. Eine Versicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Versicherungsunternehmen besteht nicht.

Mit Bescheid vom 07.07.2015 teilte die Beklagte und Beschwerdegegnerin der Klägerin auf Anfrage mit, dass sie Leistungsaushilfe aufgrund des Versicherungsschutzes der Klägerin in Bosnien-Herzegowina entsprechend dem bilateralen Sozialversicherungsabkommen (SVA) mit Bosnien-Herzegowina erbringe. Dieses Abkommen erfasse Leistungsaushilfe im Bereich der Krankenversicherung, nicht im Bereich der Pflegeversicherung. Ansprüche auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung bestünden daher nicht.

Dagegen wandte sich der Sohn und Betreuer der Klägerin und trug vor, die Klägerin sei kroatische Staatsangehörige. Mit Schreiben vom 22.07.2015 wies die Beklagte den Betreuer darauf hin, dass maßgeblich für den Leistungsanspruch nicht die Staatsangehörigkeit, sondern der zuständige Träger sei, hier also ein Träger von Bosnien-Herzegowina, einem Abkommensstaat.

In der Folge suchte die Klägerin mit mehreren Anträgen Rechtsschutz im Eilverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (SG) und dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG). U. a. mit Beschlüssen vom 21.12.2015 (L 2 P 53/15 B ER) und vom 19.08.2016 (L 2 P 45/16 B ER) wies das LSG die Beschwerden gegen die ablehnenden Beschlüsse des SG zurück. Prozesskostenhilfe für die Verfahren wurde abgelehnt.

Mit Schreiben vom 26.04.2016 (Eingang bei der Beklagten) erinnerte der Betreuer der Klägerin die Beklagte an den Erlass eines Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides. Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld behielt er sich ausdrücklich vor. Mit Bescheid vom 28.04.2016 teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf die beiden vorausgegangenen Schreiben vom 07.07.2015 und 22.07.2015 mit, dass die Klägerin nicht in der Sozialen Pflegeversicherung versichert sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wobei sie von einem Widerspruch vom 26.04.2016 gegen den Bescheid vom 07.07.2015 ausging.

Hiergegen hat die Klägerin am 05.08.2016 Klage zum SG erhoben. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH-Antrag) gestellt. Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 26.03.2018 hat das SG den PKH-Antrag abgelehnt. Es fehle an der hinreichenden Erfolgsaussicht. Eine rechtliche Grundlage für eine Versicherung der Klägerin in der Sozialen Pflegeversicherung sei nicht erkennbar. Die Klägerin sei nicht gemäß §§ 20, 21, 25 oder 26 SGB XI bei der Beklagten versichert. Insbesondere sei sie weder selbst versicherungspflichtiges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung noch Ehegattin eines solchen Mitglieds (vergleiche dazu die Ausführungen des LSG in seinem Beschluss vom 21.12.2015, L 2 P 53/15 B ER). Dass die Klägerin selbst oder ihr Ehegatte jemals Beiträge zur Pflegeversicherung an die Beklagte entrichtet habe, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Da die Klägerin keine Versicherte der Beklagten sei, habe sie auch keine Leistungsansprüche gegen sie nach § 33 SGB XI.

Dass die Klägerin über ihren Ehemann bei einem Krankenversicherungsträger in Bosnien-Herzegowina versichert sei, gebe ihr keinen Anspruch auf Pflegeleistungen gegen die Beklagte im Wege der Sachleistungsaushilfe. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien-Herzegowina gelte weiterhin das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 i. d. F. des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 (vgl. BGBl 1969 II S. 1438 und BGBl. 1975 II S. 390), da bislang nichts Abweichendes zwischen beiden Staaten vereinbart worden sei (vgl. Bekanntmachung vom 16.11.1992 - BGBl. II S. 1196). Dieses Sozialversicherungsabkommen (SVA) beziehe sich nach Artikel 2 auf die deutschen Rechtsvorschriften über

- die Krankenversicherung sowie den Schutz der erwerbstätigen Mütter, soweit es sich um Geld- und Sachleistungen handelt, die der Träger der Krankenversicherung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung zu gewähren hat,

- die Unfallversicherung, aufgelistete Rentenversicherungen und das Kindergeld für Arbeitnehmer.

Die Rechtsvorschriften über die Pflegeversicherung würden nicht vom Anwendungsbereich erfasst; sie unterfielen nicht denen der Krankenversicherung. Das ergebe die Auslegung des Abkommens als völkerrechtlicher Vertrag nach Treu und Glauben, unter Berücksichtigung seines Wortlautes und nach Ziel und Zweck (vgl. zur Auslegung von SVA BSG vom 25.02.2015 - B 3 P 6/13 R - Juris Rn. 23 ff.). Nach dem Willen der Parteien des SVA habe mit dem Begriff „Krankenversicherung“ weder bei der Vereinbarung 1968 noch bei der letzten Änderung 1974 die Pflegeversicherung des SGB XI gemeint sein können. Denn die Pflegeversicherung als neuer, eigenständiger Zweig der Sozialversicherung sei in der Bundesrepublik Deutschland erst durch Gesetz vom 26.05.1994 (BGBl I S. 1014) geschaffen worden. Auch die vorherigen Vorschriften zur häuslichen Pflegehilfe in den §§ 53 ff. SGB V seien erst nach Abschluss der Abkommen mit Gesetz vom 20.12.1988 (BGBl. I 2477) eingeführt worden. Die zuvor in § 185 Abs. 1 RVO besonders ausgestaltete Krankenpflege sei keine den Pflegeleistungen vergleichbare Leistung gewesen (vgl. BSG vom 25.02.2015 - B 3 P 6/13 R - juris, Rn. 24). Das Abkommen könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Pflegeversicherung seit ihrer Einführung in der Bundesrepublik Deutschland mitumfasst wäre. Denn dann hätte eine entsprechende Anpassung des Abkommens durch die Vertragsparteien nahegelegen, zumal das Abkommen die im Einzelnen erfassten Sozialversicherungsbereiche beider Staaten konkret aufzähle und nicht abstrakt beschreibe. Außerdem würden im SVA im Wesentlichen Rechtsvorschriften erfasst, bei denen ein gegenseitiger Export von Leistungen möglich sei, was bei Pflegesachleistungen entsprechende Versorgungsstrukturen voraussetze.

Soweit die Klägerin vortrage, sie sei kroatische Staatsangehörige, begründe das keinen Anspruch auf Pflegesachleistungen gegen die Beklagte, auch nicht im Wege der Sachleistungsaushilfe nach EG-Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004. Ansprüche auf Geldleistungen gegen einen kroatischen Sozialversicherungsträger könnte die Klägerin gemäß Art. 21 der genannten Verordnung gegen den kroatischen Träger geltend machen. Dass die Klägerin oder ihr Ehemann gegenüber einem kroatischen Sozialversicherungsträger Anspruch auf Pflegesachleistungen haben könnten, sei weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass ein Anspruch auf Sachleistungsaushilfe eines deutschen Trägers für Rechnung des kroatischen Trägers gemäß Art. 17 oder 24 VO Nr. 883/2004 nicht in Betracht komme.

Gegen den am 28.03.2018 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 25.04.2018 Beschwerde zum LSG eingelegt. Das SG habe Moral, Persönlichkeitsrechte, Menschenwürde, Ehre und Rechtsgehör verletzt. Außerdem fehle es dem Beschluss an einer richterlichen Unterschrift.

Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft; die Ausschlussvorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG greift nicht ein. Die Beschwerde wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).

Die Beschwerde ist aber unbegründet; die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH liegen nicht vor. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (vgl. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 29.09.2004 - 1 BvR 1281/04, vom 14.04.2003 - 1 BvR 1998/02 und vom 12.01.1993 - 2 BvR 1584/92).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das SG die für die Bewilligung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht zu Recht verneint.

Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück, so dass eine weitere Begründung nicht erforderlich ist (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Der Senat schließt sich damit - ebenso wie das SG - der Auffassung des 2. Senats des Bayer. LSG an, die dieser in dem Beschluss vom 21.12.2015 (L 2 P 53/15 B ER) vertreten hat. Dieser Beschluss ist den Beteiligten bekannt.

Anhaltspunkte dafür, dass sich an der Sach- und Rechtslage etwas geändert hätte, liegen nicht vor. Insbesondere hat eine Internet-Recherche des Senats auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ergeben, dass neue Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien und Herzegowina nicht geschlossen wurden (Übersicht Zweiseitige Sozialversicherungsabkommen, Stand 01.11.2018; im Internet abrufbar unter www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/zweiseitige-abkommen.pdf? blob=publicationFile& v=8).

Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 4 P 28/18 B PKH

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 4 P 28/18 B PKH

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 4 P 28/18 B PKH zitiert 17 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 20 Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung


(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt be

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 142


(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 173


Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist i

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 25 Familienversicherung


(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,2. nicht nach § 20 Abs

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 33 Leistungsvoraussetzungen


(1) Versicherte erhalten die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag nicht in dem Kalendermo

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 21 Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für sonstige Personen


Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung besteht auch für Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die 1. nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsg

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 26 Weiterversicherung


(1) Personen, die aus der Versicherungspflicht nach § 20, § 21 oder § 21a Absatz 1 ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden mindestens zwölf Monate versichert ware

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 4 P 28/18 B PKH zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 4 P 28/18 B PKH zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 25. Feb. 2015 - B 3 P 6/13 R

bei uns veröffentlicht am 25.02.2015

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung besteht auch für Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, einen Anspruch auf Heilbehandlung oder Krankenbehandlung haben,
2.
Kriegsschadenrente oder vergleichbare Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz oder dem Reparationsschädengesetz oder laufende Beihilfe nach dem Flüchtlingshilfegesetz beziehen,
3.
ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach Gesetzen beziehen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
4.
laufende Leistungen zum Unterhalt und Leistungen der Krankenhilfe nach dem Achten Buch beziehen,
5.
krankenversorgungsberechtigt nach dem Bundesentschädigungsgesetz sind,
6.
in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden sind,
wenn sie gegen das Risiko Krankheit weder in der gesetzlichen Krankenversicherung noch bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind.

(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen

1.
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2.
nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 oder 11 oder nach § 20 Abs. 3 versicherungspflichtig sind,
3.
nicht nach § 22 von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 23 in der privaten Pflegeversicherung pflichtversichert sind,
4.
nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und
5.
kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches, überschreitet; bei Abfindungen, Entschädigungen oder ähnlichen Leistungen (Entlassungsentschädigungen), die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Form nicht monatlich wiederkehrender Leistungen gezahlt werden, wird das zuletzt erzielte monatliche Arbeitsentgelt für die der Auszahlung der Entlassungsentschädigung folgenden Monate bis zu dem Monat berücksichtigt, in dem im Fall der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Höhe der gezahlten Entlassungsentschädigung erreicht worden wäre; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des Vierten Buches in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
§ 7 Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte sowie § 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gelten entsprechend.

(2) Kinder sind versichert:

1.
bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres,
2.
bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind,
3.
bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten; wird als Berufsausbildung ein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossen, besteht die Versicherung bis zum Ablauf des Semesters fort, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gilt entsprechend,
4.
ohne Altersgrenze, wenn sie wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung (§ 2 Abs. 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung (§ 2 Abs. 1 des Neunten Buches) zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind innerhalb der Altersgrenzen nach den Nummern 1, 2 oder 3 familienversichert war oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen war.
§ 10 Abs. 4 und 5 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(3) Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nach § 22 von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 23 in der privaten Pflegeversicherung pflichtversichert ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach dem Fünften Buch übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

(4) Die Versicherung nach Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 bleibt bei Personen, die auf Grund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst oder die Dienstleistungen oder Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes leisten, für die Dauer des Dienstes bestehen. Dies gilt auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes.

(1) Personen, die aus der Versicherungspflicht nach § 20, § 21 oder § 21a Absatz 1 ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden mindestens zwölf Monate versichert waren, können sich auf Antrag in der sozialen Pflegeversicherung weiterversichern, sofern für sie keine Versicherungspflicht nach § 23 Abs. 1 eintritt. Dies gilt auch für Personen, deren Familienversicherung nach § 25 erlischt oder nur deswegen nicht besteht, weil die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 vorliegen. Der Antrag ist in den Fällen des Satzes 1 innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft, in den Fällen des Satzes 2 nach Beendigung der Familienversicherung oder nach Geburt des Kindes bei der zuständigen Pflegekasse zu stellen.

(2) Personen, die wegen der Verlegung ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland aus der Versicherungspflicht ausscheiden, können sich auf Antrag weiterversichern. Der Antrag ist bis spätestens einen Monat nach Ausscheiden aus der Versicherungspflicht bei der Pflegekasse zu stellen, bei der die Versicherung zuletzt bestand. Die Weiterversicherung erstreckt sich auch auf die nach § 25 versicherten Familienangehörigen oder Lebenspartner, die gemeinsam mit dem Mitglied ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in das Ausland verlegen. Für Familienangehörige oder Lebenspartner, die im Inland verbleiben, endet die Familienversicherung nach § 25 mit dem Tag, an dem das Mitglied seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt.

(1) Versicherte erhalten die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag nicht in dem Kalendermonat, in dem die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, sondern später gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt. Die Zuordnung zu einem Pflegegrad und die Bewilligung von Leistungen können befristet werden und enden mit Ablauf der Frist. Die Befristung erfolgt, wenn und soweit eine Verringerung der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten nach der Einschätzung des Medizinischen Dienstes zu erwarten ist. Die Befristung kann wiederholt werden und schließt Änderungen bei der Zuordnung zu einem Pflegegrad und bei bewilligten Leistungen im Befristungszeitraum nicht aus, soweit dies durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist. Der Befristungszeitraum darf insgesamt die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten. Um eine nahtlose Leistungsgewährung sicherzustellen, hat die Pflegekasse vor Ablauf einer Befristung rechtzeitig zu prüfen und dem Pflegebedürftigen sowie der ihn betreuenden Pflegeeinrichtung mitzuteilen, ob Pflegeleistungen weiterhin bewilligt werden und welchem Pflegegrad der Pflegebedürftige zuzuordnen ist.

(2) Anspruch auf Leistungen besteht, wenn der Versicherte in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung mindestens zwei Jahre als Mitglied versichert oder nach § 25 familienversichert war. Zeiten der Weiterversicherung nach § 26 Abs. 2 werden bei der Ermittlung der nach Satz 1 erforderlichen Vorversicherungszeit mitberücksichtigt. Für versicherte Kinder gilt die Vorversicherungszeit nach Satz 1 als erfüllt, wenn ein Elternteil sie erfüllt.

(3) Personen, die wegen des Eintritts von Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung oder von Familienversicherung nach § 25 aus der privaten Pflegeversicherung ausscheiden, ist die dort ununterbrochen zurückgelegte Versicherungszeit auf die Vorversicherungszeit nach Absatz 2 anzurechnen.

(4) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Feststellung, ob der Klägerin das zuerkannte Pflegegeld weiter zu gewähren ist, wenn sie sich für länger als sechs Wochen in der Türkei aufhält.

2

Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige und bei der beklagten Pflegekasse über ihren Ehemann familienversichert. Sie bezieht Pflegegeld nach der Pflegestufe II. Ihren Antrag, dieses für die Dauer eines für vier Monate geplanten Aufenthaltes in ihrem Heimatland weiter zu gewähren, lehnte die Beklagte ab. Sie wies den Widerspruch als unzulässig zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.3.2011), weil kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine Auskunft und - wegen des Bezugs von Pflegegeld - derzeit auch keine Beschwer vorliege. Der Widerspruch sei außerdem unbegründet, weil das Pflegegeld nach § 34 Abs 1 Nr 1 SGB XI bei einem Auslandsaufenthalt nur bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr weiter zu gewähren sei.

3

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteile vom 15.12.2011 und vom 15.5.2013). Nach Auffassung des LSG ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, weil in der Ablehnung des Antrags der Klägerin ein Verwaltungsakt liege. Die Klägerin habe ihre Absicht, sich mit ihrem Ehemann als Pflegeperson länger als sechs Wochen in der Türkei aufzuhalten, hinreichend konkret dargelegt, und die Reise könne ihr ohne vorherige Klärung dieser Rechtsfrage nicht zugemutet werden. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil bei einem länger als sechs Wochen dauernden Auslandsaufenthalt ein Anspruch auf Pflegegeld gemäß § 34 Abs 1 Nr 1, Abs 1a SGB XI nur in Betracht komme, wenn sich der Versicherte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU), einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder der Schweiz aufhalte. Für einen länger als sechs Wochen dauernden Aufenthalt in der Türkei ergebe sich ein Anspruch auf Pflegegeld weder aus einer Überlagerung dieser Regelung durch Europarecht noch durch das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei geschlossene Sozialversicherungsabkommen. Dieses erfasse nur die Kranken-, nicht die Pflegeversicherung.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin insbesondere geltend, von dem im Sozialversicherungsabkommen verwendeten Begriff "Krankenversicherung" werde entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) auch das Pflegegeld erfasst. Dieses müsse als Teil der Krankenversicherung angesehen werden, da die Pflegeleistungen bis zur Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 durch die Krankenversicherung abgedeckt worden seien.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2013 und des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2011 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bei einem Aufenthalt in der Türkei über einen Zeitraum von sechs Wochen hinaus Pflegegeld zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidungen des SG und des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin bei einem länger als sechs Wochen dauernden Aufenthalt in der Türkei keinen Anspruch auf Pflegegeld hat.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist nach § 54 Abs 1 Satz 1 iVm § 55 SGG zulässig. Die berufungsgerichtliche Auslegung, dass die ablehnende Ausgangsentscheidung der Beklagten einen Verwaltungsakt iS von § 31 SGB X darstellt, ist rechtsfehlerfrei und zutreffend. Die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Ablehnungsentscheidung auf einen konkreten Antrag der Klägerin war schon der äußeren Form nach ein Verwaltungsakt (vgl hierzu Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 25), und sie war von der Empfängerin als Maßnahme zur Regelung des Einzelfalls und nicht als bloßer Hinweis zu verstehen. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ihr der Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI weiterhin zusteht, wenn sie sich für länger als sechs Wochen in die Türkei begibt. Zwar ist der Antritt eines so lange dauernden Aufenthaltes der Klägerin in der Türkei bisher - auch wenn sie sich zwischenzeitlich bereits dort aufgehalten haben sollte - noch nicht ersichtlich. Eine Klage auf Feststellung eines zukünftigen Rechtsverhältnisses ist aber zulässig, wenn dieses hinreichend bestimmt und überschaubar ist, und alle für die streitige Rechtsbeziehung erheblichen Tatsachen bis auf den Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung vorliegen (BSGE 92, 113, 116 f = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 RdNr 18; vgl hierzu auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 8b mwN). Das ist der Fall, weil die Klägerin, die derzeit Pflegegeld erhält, hinreichend konkret dargelegt hat, dass sie sich für vier Monate in ihr Heimatland begeben möchte. Die weitere Gewährung des Pflegegeldes hängt daher nur davon ab, ob der Anspruch auch bei einem entsprechenden Aufenthalt in der Türkei besteht. An dieser Feststellung hat sie ein berechtigtes Interesse, weil es ihr nicht zuzumuten ist, die streitige Frage zu dieser ihren Pflegebedarf absichernden Leistung erst nach Antritt eines solchen Aufenthaltes zu klären.

10

2. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch weder aus innerstaatlichem Recht (hierzu a.) noch aus Unionsrecht (hierzu b.) oder aus dem zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Sozialversicherungsabkommen (hierzu c.) ableiten. Das innerstaatliche Recht verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht (hierzu d.).

11

a. Der Anspruch ergibt sich nicht aus deutschen Rechtsvorschriften. Für die in Deutschland wohnhafte und hier pflegeversicherte Klägerin gelten die Vorschriften des SGB XI (§§ 30 Abs 1, 37 Satz 1 SGB I). Danach hat die Klägerin grundsätzlich Anspruch auf Pflegegeld iS des § 37 Abs 1 SGB XI nach der Pflegestufe II. Der Anspruch auf Leistungen ruht jedoch gemäß § 34 Abs 1 Nr 1 Satz 1 SGB XI, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält. Bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr ist das Pflegegeld nach § 37 SGB XI weiter zu gewähren(§ 34 Abs 1 Nr 1 Satz 2 SGB XI). Außerdem ruht der Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI nicht, wenn sich der Versicherte in einem Mitgliedstaat der EU, einem Vertragsstaat des Abkommens über den EWR oder der Schweiz aufhält(§ 34 Abs 1a SGB XI). Da die Türkei nicht zu den genannten Staaten gehört, ruht der Anspruch der Klägerin auf Pflegegeld, wenn sie sich länger als sechs Wochen in der Türkei aufhält.

12

b. Die nationale Rechtsordnung kann zwar durch vorrangige Regelungen des supranationalen Rechts überlagert oder ergänzt werden (vgl § 30 Abs 2 SGB I, § 6 SGB IV); das dargestellte nationale Recht verstößt aber nicht gegen europäisches Primärrecht, also die zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Verträge, und wird auch nicht durch europäisches Sekundärrecht überlagert, das auf der Grundlage des Primärrechts von den Organen der EU erlassen wird.

13

aa. Für die Klägerin, die ausschließlich die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, gilt weder das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Art 18 Abs 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) noch die innerhalb der Union gewährleistete Freizügigkeit für Arbeitnehmer gemäß Art 45 AEUV. Beide Vorschriften gelten grundsätzlich nur für Unionsbürger (bzgl Art 18 Abs 1 AEUV vgl EuGH Urteil vom 11.11.2014 - C-333/13, NZS 2015, 20, 21 - RdNr 59 ˂Dano˃; zu Art 45 AEUV vgl Langer in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 6. Aufl 2013, Art 45 RdNr 5) dh für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates (Art 20 Abs 1 Satz 2 AEUV).

14

bb. Auf die auf der Grundlage des Primärrechts erlassene Verordnung - VO - (EG) Nr 883/2004 kann sich die Klägerin ebenfalls nicht berufen. Denn nach Art 2 Abs 1der VO (EG) Nr 883/2004 gilt diese Verordnung nur für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin nicht. Darüber hinaus gilt die Verordnung (sowie die VO Nr 987/2009) auch für Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter den Anwendungsbereich dieser Verordnungen fallen, sowie für ihre Familienangehörigen und ihre Hinterbliebenen, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben und sich in einer Lage befinden, die nicht ausschließlich einen einzigen Mitgliedstaat betrifft. Dies ergibt sich aus Art 1 der VO (EU) Nr 1231/2010. Danach finden die dort genannten Verordnungen keine Anwendung auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich Verbindungen zu einem Drittstaat und einem einzigen Mitgliedstaat haben (vgl Erwägungsgründe Nr 12 der VO (EU) Nr 1231/2010). So liegt es bei der Klägerin, die neben der Türkei als Drittstaat ausschließlich Verbindungen zu einem einzigen Mitgliedstaat, der Bundesrepublik Deutschland, hat. Durch die Beschränkung des Anwendungsbereichs im Wesentlichen auf die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten und Drittstaatsangehörige mit Bezug zu wenigstens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten werden die davon ausgeschlossenen Personen nicht unionsrechtswidrig diskriminiert, weil diese Abgrenzung dem Unionsrecht immanent ist.

15

cc. Die Klägerin kann auch aus dem von der Republik Türkei und der Gemeinschaft sowie deren Mitgliedstaaten am 12.9.1963 in Ankara unterzeichneten Assoziierungsabkommen (im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt durch Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23.12.1963 auf der Grundlage von Art 238 des EWG-Vertrags ) einschließlich des Zusatzprotokolls vom 23.11.1970 (im Namen der Gemeinschaft geschlossenen, gebilligt und bestätigt durch die Verordnung Nr 2760/72 des Rates vom 19.12.1972 ) keine Rechte oder Rechtswirkungen ableiten, die einem Ruhen ihres Anspruchs entgegenstehen. Nach Art 39 Abs 1 des Zusatzprotokolls erlässt der Assoziationsrat auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit Bestimmungen für Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu- oder abwandern, sowie für deren in Gemeinschaft wohnende Familien. Dabei muss nach Art 39 Abs 4 des Zusatzprotokolls für Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsrenten die Möglichkeit einer Ausfuhr in die Türkei bestehen. Diese Bestimmung entfaltet keine unmittelbaren Rechtswirkungen; ihr kommt lediglich Programmcharakter zu. Bei dem Abkommen einschließlich des Zusatzprotokolls handelt es sich um eine völkerrechtliche Verpflichtung als Bestandteil der Unionsrechtsordnung (EuGH Urteil vom 30.9.1987 - C-12/86 - Slg 1987, I-3719 RdNr 7 ˂Demirel˃). Bestimmungen eines solchen - aufgrund der Beteiligung von Union und Mitgliedstaaten gemischten (EuGH Urteil vom 30.9.1987 - C-12/86 - Slg 1987, I-3719 RdNr 9 ˂Demirel˃) - Abkommens der Gemeinschaft mit Drittländern sind als unmittelbar anwendbar anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthalten, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht von dem Erlass eines weiteren Aktes abhängen (EuGH Urteil vom 30.9.1987 - C-12/86 - Slg 1987, I-3719 RdNr 14 ˂Demirel˃). Durch Art 39 Abs 1 des Zusatzprotokolls wird aber ausdrücklich dem Assoziationsrat die weitere Umsetzung dieser Aufgabe übertragen; ohne diesen Umsetzungsakt können aus dem Abkommen und dem Zusatzprotokoll unmittelbar keine Rechte abgeleitet werden.

16

Unmittelbare Rechtswirkungen können sich daher erst aus den auf der Grundlage von Art 39 des genannten Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen erlassenen Umsetzungsakten, insbesondere aus Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr 3/80 vom 19.9.1980 ergeben (ABl 1983, C 110, S 60; zur unmittelbaren Wirkung vgl EuGH Urteil vom 4.5.1999 - C-262/96 - Slg 1999, I-2685 RdNr 74 = SozR 3-6935 Allg Nr 4 S 45 - bezüglich Art 3 Abs 1 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr 3/80 vom 19.9.1980 und EuGH Urteil vom 26.5.2011 - C-485/07 - Slg 2011, I-4499 RdNr 67 ff - bezüglich Art 6 Abs 1). Durch den Beschluss sollen die Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten koordiniert werden, damit türkische Arbeitnehmer, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beschäftigt sind oder waren, sowie ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen Leistungen in den herkömmlichen Zweigen der sozialen Sicherheit beziehen können. Zu diesem Zweck wurden die Bestimmungen dieses Beschlusses im Wesentlichen aus einigen Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 übernommen (EuGH Urteil vom 26.5.2011 - C-485/07 - Slg 2011, I-4499 RdNr 15). Soweit die Normen des Beschlusses Nr 3/80 unmittelbare Geltung entfalten, finden zwar dem entgegenstehende nationale Rechtsvorschriften keine Anwendung (EuGH Urteil vom 26.5.2011 - C-485/07 - Slg 2011, I-4499 RdNr 74 ff), indes widerspricht die hier maßgebliche Ruhensanordnung des nationalen Gesetzgebers den Regelungen dieses Beschlusses nicht.

17

Art 3 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 entspricht nach seinem Wortlaut weitgehend dem des Art 4 der VO (EG) Nr 883/2004 und setzt das in Art 9 des Assoziierungsabkommens verankerte allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit für den besonderen Bereich der sozialen Sicherheit um (vgl EuGH Urteil vom 4.5.1999 - C-262/96 - Slg 1999, I-2685 RdNr 64 = SozR 3-6935 Allg Nr 4 S 43 ˂Sürül˃; EuGH Urteil vom 14.3.2000 - C-102/98, C-211/98 - Slg 2000, I-1287 RdNr 36 = SozR 3-6940 Art 3 Nr 1 S 9 ˂Kocak und Örs˃; EuGH Urteil vom 28.4.2004 - C-373/02 - Slg 2004, I-3605 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 2 RdNr 49 ˂Öztürk˃; EuGH Urteil vom 26.5.2011 - C-485/07 - Slg 2011, I-4499 RdNr 98). Art 9 des Assoziierungsabkommens geht daher insoweit vor (vgl nur EuGH, Urteil vom 14.3.2000 - C-102/98, C-211/98 - Slg 2000, I-1287 RdNr 37 = SozR 3-6940 Art 3 Nr 1 S 9 ˂Kocak und Örs˃). Art 3 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 gibt den Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die dieser Beschluss gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates, wie Staatsangehörigen dieses Staates. Die hier maßgeblichen nationalen Regelungen des § 34 SGB XI knüpfen die Ruhensanordnung bei einem länger als sechs Wochen dauernden Auslandsaufenthalt jedoch nicht an die Staatsangehörigkeit. Die Ruhensanordnung trifft jeden Leistungsempfänger in gleicher Weise, entscheidend ist nur ein Auslandsaufenthalt für mehr als sechs Wochen außerhalb der EU und der anderen in § 34 Abs 1a SGB XI genannten Staaten. Eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit iS von Art 3 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 liegt damit nicht vor.

18

Durch die Ruhensanordnung in § 34 Abs 1 Nr 1 SGB XI bei einem länger als sechs Wochen dauernden Auslandsaufenthalt kommt es nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung, auch wenn Personen anderer Staatsangehörigkeit möglicherweise häufiger umziehen bzw in ihr Heimatland zurückziehen, als solche, die im Land ihrer Staatsangehörigkeit wohnen. Der Beschluss Nr 3/80 bezweckt nicht, die Vorschriften der EWG-Verordnung über den territorialen Bereich der Mitgliedstaaten hinaus auch auf die Türkei anzuwenden. Der Beschluss ist schon dem Namen nach auf "die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige" bezogen und nicht auf die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die Türkei. Es geht in diesem Beschluss daher nicht darum, die Regelungsinhalte der EWG-Verordnung in territorialer Hinsicht auf die Türkei zu übertragen, sondern nur darum, den türkischen Arbeitnehmern und deren Familienangehörige dieselben Rechte einzuräumen, die auch die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten haben. Türkische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige können das Pflegegeld ebenso wie die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates in andere Mitliedstaaten exportieren, aber nicht in die Türkei. Im territorialen Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Vorschriften sind die türkischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten gleichgestellt.

19

Art 6 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 entspricht Art 10 der VO (EWG) Nr 1408/71 und verbietet grundsätzlich Wohnortklauseln in Bezug auf die dort aufgeführten Leistungen der sozialen Sicherheit, namentlich für Geldleistungen bei Invalidität, Alter oder für Hinterbliebene, für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten sowie für Kapitalabfindungen, die im Falle der Wiederverheiratung an den überlebenden Ehegatten gewährt werden, der Anspruch auf Hinterbliebenenrente hatte. Leistungen der Pflegeversicherung sind weder ausdrücklich von Art 6 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 erfasst noch handelt es sich um Leistungen, die den im Normtext genannten Leistungen gleichzustellen wären. Insbesondere kann das Pflegegeld nicht mit Geldleistungen bei Invalidität gleichgestellt werden (eine Gleichstellung hat der EuGH etwa für einen Zuschlag zur Invalidenrente bejaht: EuGH Urteil vom 26.5.2011 - C-485/07 - Slg 2011, I-4499 RdNr 77). Der Begriff der Invalidität ist weder in der VO (EWG) Nr 1408/71 noch in der VO (EG) Nr 883/2004 definiert und wurde seitens des EuGH nur dahingehend konkretisiert, dass ein Bezug zur Erwerbsfähigkeit vorliegen muss (EuGH Urteil vom 16.11.1972 - C-14/72 - Slg 1972, 1105 RdNr 8 ˂Heinze˃; EuGH Urteil vom 16.11.1972 - C-15/72 - Slg 1972, 1127 RdNr 8 ˂ Land Niedersachsen ˃; EuGH Urteil vom 16.11.1972 - C-16/72 - Slg 1972, 1141 RdNr 8 ˂ Allgemeine Ortskrankenkasse Hamburg ˃). Invalidität iS von Art 4 Abs 1 Buchst b VO (EWG) Nr 1408/71 und Art 3 Abs 1 Buchst c VO (EG) Nr 883/2004 wird daher in Anlehnung an das deutsche Rentenversicherungsrecht als Risiko der Minderung oder Aufhebung der Erwerbsfähigkeit definiert, die in der Regel zu Einkommensminderungen führt (Fuchs in ders, Europäisches Sozialrecht, 6. Aufl 2013, Art 3 VO Nr 883/2004 RdNr 12). Die koordinationsrechtliche Zuordnung der Pflegebedürftigkeit war lange Zeit streitig, ein spezifischer Zusammenhang zu der Erwerbsfähigkeit im vorgenannten Sinne wurde indes überwiegend verneint (Igl, Pflegeversicherung als neuer Gegenstand sozialrechtlicher Regulierung in Sieveking , Soziale Sicherung bei Pflegebedürftigkeit in der Europäischen Union, 1998, S 19, 32 f; Langer, Künftige rechtliche Koordinierung der Pflegeversicherung in Europa in Sieveking, aaO, S 251, 255, die den Zusammenhang als "fraglich" ansieht; aA Zuleeg, Die Einwirkung des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die deutsche Pflegeversicherung in Sieveking, aaO, 159, 169 f, der die Pflegebedürftigkeit dem Risiko der Invalidität und der Krankheit zuordnete). Mit Urteil vom 5.3.1998 (C-160/96 - Slg 1998, I-843 RdNr 28 ff = SozR 3-3300 § 34 Nr 2 S 16 ff ˂Molenaar˃)hat der EuGH koordinationsrechtlich eine Zuordnung des Risikos der Pflegebedürftigkeit zu dem Risikobereich der Krankheit iS von Art 4 Abs 1 Buchst a VO (EWG) Nr 1408/71 (jetzt Art 3 Abs 1 Buchst a VO Nr 883/2004) vorgenommen (seither stRspr, vgl mit Blick auf die deutsche Pflegeversicherung: EuGH Urteil vom 8.7.2004 - C-31/02, C-502/01 - Slg 2004, I-6483 RdNr 19 ff = SozR 4-3300 § 44 Nr 2 RdNr 19 ff ˂Gaumain-Cerri und Barth˃; EuGH Urteil vom 16.7.2009 - C-208/07 - Slg 2009, I-6095 RdNr 40 = SozR 4-6050 Art 19 Nr 3 RdNr 40 ˂Chamier-Glisczinski˃). Desgleichen hat der EuGH in Bezug auf Leistungen der sozialen Sicherheit anderer nationaler Systeme entschieden, dass Leistungen, die objektiv aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands gewährt werden und die darauf abzielen, den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern, als "Leistungen bei Krankheit" iS von Art 4 Abs 1 Buchst a der VO (EWG) Nr 1408/71 zu betrachten sind (vgl EuGH Urteil vom 8.3.2001 - C-215/99 - Slg 2001 I-1901 RdNr 28 = SozR 3-6050 Art 10a Nr 1 S 7 ˂Jauch˃; EuGH Urteil vom 21.2.2006 - C-286/03 - Slg 2006 I-1771 RdNr 38 ˂Hosse˃; EuGH Urteil vom 18.10.2007 - C-299/05, Slg 2007, I-8695 RdNr 61 ˂ Kommission/Parlament und Rat ˃). Der EuGH hat den Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit insbesondere wegen ihrer regelmäßig dauerhaften oder zumindest lange Zeiträume betreffenden Gewährung einen "Sondercharakter" zugeschrieben, der eine Nähe zu den Leistungen wegen Invalidität und Alter aufweise, koordinationsrechtlich das von der Pflegeversicherung abgedeckte Risiko jedoch ausschließlich dem Risiko der Krankheit zugeordnet (EuGH Urteil vom 30.6.2011 - C-388/09 - Slg 2011, I-5737 RdNr 48 = SozR 4-6050 Art 15 Nr 2 RdNr 48 ˂ da Silva Martins ˃). Das hier in Rede stehende Pflegegeld ist daher keine Leistung bei Invalidität, und die Ruhensanordnung des nationalen Gesetzgebers steht nicht im Widerspruch zu Art 6 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80.

20

Art 11 des Beschlusses Nr 3/80, der möglicherweise ebenfalls unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet, verweist für die Gewährung von Leistungen auf die Art 19 bis 24, Art 25 Abs 3 und Art 26 bis 36 der VO (EWG) Nr 1408/71. Diese Vorschriften gewährleisten den Export von Leistungen der sozialen Sicherheit innerhalb der Gemeinschaft. Wie bereits zu Art 3 des Beschlusses Nr 3/80 dargelegt, wird aber der territoriale Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Vorschriften nicht erweitert.

21

c. Ein Anspruch der Klägerin auf den Export des Pflegegeldes in die Türkei lässt sich schließlich nicht aus dem zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Sozialversicherungsabkommen ableiten.

22

aa. Die Rechtsvorschriften über die Pflegeversicherung sind von dem Sozialversicherungsabkommen vom 30.4.1964 (Zustimmung des Parlaments durch Gesetz zu dem Abkommen vom 30.4.1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 13.9.1965 - BGBl II 1965 S 1169, 1170, im Folgenden: SVA), in der Fassung des Zusatzabkommens vom 2.11.1984 (Zustimmung des Parlaments durch Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 2.11.1984 zum Abkommen vom 30.4.1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit und zu der Vereinbarung vom 2.11.1984 zur Durchführung des Abkommens vom 11.12.1986 - BGBl II 1986 S 1038, 1140; im Folgenden: SVA idF des ZA) nicht erfasst. Gemäß Art 2 Abs 1 Nr 1 SVA idF des ZA bezieht es sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die deutschen Rechtsvorschriften über a) die Krankenversicherung sowie den Schutz der erwerbstätigen Mutter, soweit sie die Gewährung von Geld- und Sachleistungen durch die Träger der Krankenversicherung zum Gegenstand haben, b) die Unfallversicherung, c) die Rentenversicherung und die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung, d) die Altershilfe für Landwirte, e) das Kindergeld für Arbeitnehmer. Die Vorschrift ist nicht dahingehend auszulegen, dass mit "Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung" auch die Vorschriften über die Pflegeversicherung gemeint sind.

23

bb. Ein sozialversicherungsrechtliches Abkommen ist als völkerrechtlicher Vertrag grundsätzlich nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (vgl Art 31 Abs 1 Wiener Vertragsrechtskonvention - WVK vom 23.5.1969 - BGBl II 1985 S 927). Denn bei dieser in Art 31 WKV verschriftlichten Auslegungsregel handelt es sich um eine völkergewohnheitsrechtlich geltende Bestimmung (Graf Vitzthum in ders/Proelß, Völkerrecht, 6. Aufl 2013, 1. Abschnitt RdNr 123 mwN aus der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs). Der völkerrechtliche Vertrag ist - anders als Unionsrecht, dessen Auslegung sich an den Zielen und der Tätigkeit der Union (EuGH Urteil vom 9.2.1982 - C-270/80 - Slg 1982, 329 RdNr 16 ˂Polydor/Harlequin˃) orientiert - folglich zunächst aus sich heraus und vorrangig ausgehend von dem Wortlaut auszulegen, dem die "gewöhnliche" Bedeutung der gebrauchten Worte (sog ordinary meaning-rule) beizumessen ist. Die Bestimmungen sind ferner in ihrem "Zusammenhang" zu sehen. Das bedeutet, sie sind insbesondere unter Berücksichtigung von anlässlich des Vertrages abgefasster Urkunden, Übereinkünfte und Übungen zwischen den Parteien auszulegen (vgl Art 31 Abs 2, 3 WVK), so dass im Ergebnis der jeweils aktuelle Parteienkonsens ermittelt werden soll (vgl Graf Vitzthum in ders/Proelß, aaO, 1. Abschnitt RdNr 123). Zielt ein internationales Abkommen zudem auf die langfristige Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten auf einem bestimmten Sektor - wie vorliegend dem Sektor der sozialen Sicherheit -, und ist es damit auf Dauer angelegt, hat dies zur Folge, dass die Auslegung im Lichte des Vertragszieles und dessen dauernder Förderung, also "dynamisch" vorzunehmen ist (BSG SozR 3-6960 Teil II Art 8 Nr 1 S 5 mwN).

24

cc. Nach dem Willen der Parteien des SVA idF des ZA konnte mit dem Begriff "Krankenversicherung" weder zum Zeitpunkt der Vereinbarung des SVA im Jahre 1964 noch zur Zeit der Vereinbarung des ZA im Jahre 1984 bereits die Pflegeversicherung gemeint gewesen sein, denn diese wurde in der Bundesrepublik Deutschland erst durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz - PflegeVG) vom 26.5.1994 (BGBl I 1014) in das Sozialgesetzbuch eingefügt, und in der Republik Türkei hat sich, soweit ersichtlich, bis heute weder eine vergleichbare Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung noch als Bestandteil eines anderen Zweiges etabliert (vgl insoweit die Erklärungen der Anstalt für Soziale Sicherheit der Republik Türkei zu dem türkischen sozialen Sicherheitssystem, abrufbar unter http://www.ssk.gov.tr, letzter Abruf am 28.1.2015). Auch die Vorschriften der §§ 53 ff SGB V, die bis zur Einführung der Pflegeversicherung Schwerpflegebedürftigen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf häusliche Pflegehilfe gewährten, sind erst nach der Vereinbarung des SVA einschließlich des ZA in das Sozialgesetzbuch eingefügt worden (mit Wirkung vom 1.1.1989 durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen - Gesundheits-Reformgesetz - GRG - vom 20.12.1988, BGBl I 2477). Vor Inkrafttreten der §§ 53 ff SGB V erhielten Versicherte gemäß § 185 Abs 1 Satz 1 RVO in ihrem Haushalt oder ihrer Familie neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch Krankenpflegepersonen mit einer staatlichen Erlaubnis oder durch andere zur Krankenpflege geeignete Personen, wenn Krankenhauspflege geboten, aber nicht ausführbar war, oder Krankenhauspflege dadurch nicht erforderlich wurde. Die sog "Hauspflege" wurde als besonders ausgestaltete Krankenpflege (§ 182 RVO) angesehen, die - entsprechend dem Wortlaut des § 185 Abs 1 Satz 1 RVO - nur als Ersatz für eine an sich gebotene Krankenhauspflege in Betracht kam(BSGE 30, 144, 146 = SozR Nr 1 zu § 185 RVO Aa 1; im Anschluss daran BSGE 44, 139, 140 = SozR 2200 § 185 Nr 1 S 1 f; BSGE 50, 73, 76 f = SozR 2200 § 185 Nr 4 S 10). § 185 RVO enthielt daher nicht eine den §§ 53 ff SGB V oder den heutigen Leistungen der Pflegeversicherung vergleichbare Leistung und knüpfte auch nicht an das Risiko der Pflegebedürftigkeit an. Vielmehr gewährte diese Vorschrift eine Leistung der Krankenversicherung vergleichbar der heute nach § 37 Abs 1 SGB V zu gewährenden häuslichen Krankenpflege als Krankenhausersatzpflege.

25

Die soziale Pflegeversicherung wurde als neuer und eigenständiger Zweig der Sozialversicherung etabliert (vgl auch § 1 Abs 1 SGB XI und in diesem Zusammenhang BT-Drucks 12/5262 S 88), weil die soziale Absicherung der Pflegebedürftigkeit als unbefriedigend angesehen wurde (BT-Drucks 12/5262 S 61). Die Träger der Pflegeversicherung wurden zwar organisatorisch unter dem Dach der Krankenkassen angesiedelt, die Pflegekassen waren jedoch immer selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 46 SGB XI). Die Schaffung eines neuen Versicherungszweiges, um ein bis Ende 1994 nur in Ansätzen abgedecktes Risiko zu erfassen, und die hierfür neu geschaffenen organisatorischen Strukturen zeigen, dass es bei der Einführung der Pflegeversicherung nicht nur um die Umorganisation eines dem Grunde nach bereits etablierten Systems ging. Im Ergebnis kann daher nicht unterstellt werden, dass die Vertragsparteien des SVA idF des ZA den Begriff Krankenversicherung in einem weiten, die Pflegeversicherung umfassenden, Sinne verstanden hätten.

26

dd. Zwar zielt das SVA idF des ZA auf eine langfristige Zusammenarbeit der Vertragsstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit und ist daher dynamisch im Lichte des Vertragsziels auszulegen. Dabei muss es aber immer darum gehen, im Ergebnis den jeweils aktuellen Parteienkonsens zu ermitteln. Daher kann das Abkommen nicht so ausgelegt werden, dass die Pflegeversicherung seit ihrer Einführung in der Bundesrepublik Deutschland davon umfasst wäre. Für einen solchen Konsens der Vertragsparteien gibt es keine Anhaltspunkte.

27

(1) Bei der Einführung eines völlig neuen Sozialversicherungszweigs hätte es nahegelegen, das SVA idF des ZA entsprechend anzupassen und auf diesen Sozialversicherungszweig auszudehnen, wenn Konsens über eine Einbeziehung zwischen den Vertragsparteien bestanden hätte. Das ZA zeigt, dass nachträgliche Ergänzungen durchaus vorgenommen werden. So wurde der Anwendungsbereich des SVA durch das ZA bezüglich der Rechtsvorschriften in der Türkei erweitert. Seitdem werden nach Art 2 Abs 1 Nr 2 Buchst e SVA idF des ZA türkische Rechtsvorschriften über "andere Sozialversicherungsträger" ausdrücklich vom Anwendungsbereich erfasst, wenn sie durch die Sozialversicherungsgesetzgebung errichtet und in das Sozialversicherungssystem einbezogen werden. Da sich eine vergleichbare Regelung bezüglich der deutschen Rechtsvorschriften im SVA idF des ZA nicht findet, wäre bei einem entsprechenden Konsens der Vertragsparteien eine Anpassung des Abkommens notwendig gewesen.

28

(2) Aufgrund der konkreten Aufzählung der im Einzelnen erfassten Bereiche der sozialen Sicherheit in Art 2 Abs 1 Nr 1 SVA idF des ZA, zu denen die Pflegeversicherung nicht gehört, können sich allein aus der Präambel des SVA idF des ZA keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Einbeziehung der Pflegeversicherung ergeben. Dabei handelt es sich lediglich um eine geläufige Eingangsformulierung ("In dem Wunsche, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten im Bereich der Sozialen Sicherheit zu regeln, und in Anerkennung des Grundsatzes, dass die Staatsangehörigen der beiden Staaten bei Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften einander gleichstehen"), die sich in ähnlicher Form auch in anderen Sozialversicherungsabkommen (zB in denen mit Israel und Japan) findet, aus der sich aber eine vom Wortlaut nicht gedeckte Erweiterung des Abkommens auf einen neuen Sozialversicherungszweig ohne weitere Anhaltspunkte für einen entsprechenden Parteienkonsens nicht ableiten lässt.

29

(3) Ein solcher Parteienkonsens kann auch deshalb nicht ohne Weiteres ausgemacht werden, weil es in der Türkei bis heute kein Pendant zu der in Deutschland bestehenden Pflegeversicherung gibt. Das SVA idF des ZA setzt zwar nicht zwingend einen Gleichklang der Leistungen voraus, in Art 2 Abs 1 Nr 1 und 2 SVA idF des ZA werden jedoch im Wesentlichen die deutschen und die türkischen Rechtsvorschriften betreffend die Kranken- und Mutterschaftsversicherung, die Unfallversicherung und die Rentenversicherung erfasst, bei denen ein gegenseitiger Export von Leistungen möglich ist. Leistungen der Pflegeversicherung könnten dagegen nur einseitig von Deutschland in die Türkei mitgenommen werden. Daher würde die Umsetzung erhebliche Probleme aufwerfen, insbesondere wenn nicht nur Pflegegeld, sondern auch Pflegesachleistungen exportiert würden. Bei Anwendung der Vorschriften betreffend die "Versicherungen für den Fall der Krankheit und der Mutterschaft" nach Abschnitt II - Art 11 ff - SVA idF des ZA wären die Sachleistungen in der Türkei von der Arbeiterversicherungsanstalt nach den für den Träger des Aufenthaltsortes geltenden Rechtsvorschriften zu gewähren und zwar so, als wäre die Person bei dem Träger des Aufenthaltsortes versichert (Art 15 Abs 1 und 3 SVA idF des ZA). Mangels entsprechender Rechtsvorschriften in der Türkei kann diese Regelung nicht umgesetzt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welche Weise Sachleistungen der Pflegeversicherung ohne Anwendung dieser Vorschrift gewährt werden könnten, weil mangels Versicherung in der Türkei keine entsprechenden Versorgungsstrukturen vorhanden sind. Ein Konsens der Vertragsparteien, das Abkommen erfasse nur die Geldleistungen der Pflegeversicherung, kann nicht unterstellt werden.

30

(4) Schließlich ist Art 2 Abs 1 Nr 1 Buchst a SVA idF des ZA auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zu Art 4 Abs 1 Buchst a VO (EWG) Nr 1408/71 (jetzt Art 3 Abs 1 Buchst a VO Nr 883/2004) so auszulegen, dass unter den Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung auch die Vorschriften über die Pflegeversicherung zu verstehen sind. Zwar hat der EuGH koordinationsrechtlich das Risiko der Pflegebedürftigkeit dem Risikobereich der Krankheit zugeordnet mit der Folge, dass die Begrifflichkeit "Leistungen bei Krankheit" iS von Art 4 Abs 1 Buchst a VO (EWG) Nr 1408/71 (jetzt Art 3 Abs 1 Buchst a VO Nr 883/2004) auch "Leistungen bei Pflegebedürftigkeit" erfasst (EuGH Urteil vom 5.3.1998 - C-160/96 - Slg 1998, I-843 = SozR 3-3300 § 34 Nr 2 ˂Molenaar˃). Dabei ist aber der unterschiedliche Wortlaut des SVA idF des ZA und der EWG-Verordnung/EG-Verordnung zu berücksichtigen. Letztere gilt nach deren Art 4 "für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen: a) Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft". Bei diesem Wortlaut stellt sich die Frage, ob die Leistungen der Pflegeversicherung ihrer Art nach auch Leistungen bei Krankheit sein können. Daher betont der EuGH, dass sich die Auslegung in erster Linie nach den Wesensmerkmalen der jeweiligen Leistung richtet (EuGH Urteil vom 16.7.1992 - C-78/91 - Slg 1992, I-4839 RdNr 14 = SozR 3-6050 Art 4 Nr 5 S 12 ˂Hughes˃; EuGH Urteil vom 5.3.1998 - C-160/96 - Slg 1998, I-843 RdNr 19 = SozR 3-3300 § 34 Nr 2 S 14 ˂Molenaar˃). Diese Frage wirft der Wortlaut des SVA idF des ZA indes nicht auf. Denn das SVA idF des ZA bezieht sich nach dessen Art 2 Abs 1 Nr 1 "auf die deutschen Rechtsvorschriften über a) die Krankenversicherung". Dieser Wortlaut lässt insoweit keinen Auslegungsspielraum, denn die Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung enthalten keine Leistungen der Pflegeversicherung. Dies muss insbesondere vor dem Hintergrund gelten, dass in dem bilateralen Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei die Vorschriften und Leistungen, die vom sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens erfasst sein sollen, einer einfachen Aufzählung zugänglich sind, während bei unionsrechtlichen Regelungen die Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten regelmäßig nicht durch umfangreiche Auflistungen, sondern abstrakte Beschreibungen der Inhalte erfasst werden.

31

d. Die Ruhensanordnung nach § 34 Abs 1 Nr 1 Satz 1, Abs 1a SGB XI verstößt schließlich auch nicht gegen Verfassungsrecht. Selbst wenn der Pflegegeldanspruch als eigentumsähnliches Recht dem Schutzbereich des Eigentums des Art 14 GG unterfallen sollte - was der Senat ausdrücklich offenlässt - enthält die Reglung, dass dieser Anspruch bei einem länger als sechs Wochen dauernden Aufenthalt im Ausland (abgesehen von den in Abs 1a aufgeführten Staaten) ruht, lediglich eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Solche einschränkenden Bestimmungen zum Eigentum sind zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (statt Vieler BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; jüngst BVerfG, NJW 2014, 3634, 3635). So ist das Ruhen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung während eines Auslandsaufenthaltes (§ 16 SGB V) nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfGK 13, 406, 407 = SozR 4-2500 § 17 Nr 2 RdNr 4). Der Gesetzgeber darf sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet regeln. Die Dienst- und Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung können aber nur im Inland erbracht werden. Daher ist es sachlich gerechtfertigt die Leistungen der Krankenversicherung im Ausland von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen (BVerfGK 13, 406, 407 = SozR 4-2500 § 17 Nr 2 RdNr 4). Dies gilt auch für die Leistungen der Pflegeversicherung (vgl hierzu die Gesetzesbegründung BT-Drucks 12/5262 S 110 - zu § 30), denn unter Berücksichtigung einer gewissen Qualitätskontrolle liegen Gründe des Allgemeinwohls vor, zu deren Erreichung die grundsätzliche Beschränkung der Leistungen auf das Inland und die von § 34 Abs 1a SGB XI erfassten Staaten geeignet, erforderlich und angemessen ist. Dies gilt nicht nur für die Pflegesachleistungen, sondern auch für das Pflegegeld, das nur zweckgebunden zur Sicherstellung der Pflege eingesetzt werden darf. Insoweit enthält auch der Anspruch auf Pflegegeld Qualitätsvorgaben, die nur im Inland laufend kontrolliert werden können.

32

3. Eine Vorlage an den EuGH kommt nicht in Betracht. Es geht nicht um die Auslegung der Verträge oder um Fragen im Zusammenhang mit Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (vgl Art 267 Abs 1 AEUV), weil weder Unionsverträge noch sekundäres Unionsrecht anwendbar sind. Auslegungsfragen betreffend das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei geschlossene SVA idF des ZA sind dem EuGH nicht vorzulegen, da es sich um ein rein bilaterales Abkommen und damit weder um ein allein durch die EU abgeschlossenes noch um ein gemischtes Abkommen handelt.

33

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.