Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 09. Okt. 2014 - L 16 SF 246/14 AB
Gericht
Principles
Tenor
Das Ablehnungsgesuch gegen die erkennenden Richter des 16. Senats am Bayer. Landessozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren L 16 AS 308/12 begehrten die beiden Mitglieder der aus Vater und Sohn bestehenden Bedarfsgemeinschaft höhere Leistungen nach dem SGB
II.
Mit Beschluss vom 29.07.2014 trennte der 16. Senat das Ausgangsverfahren L 16 AS 308/12 nach Klägern; dies sei zur Ordnung des Prozessstoffs zweckmäßig; bezüglich der beiden Kläger unterschiedliche Fragen zu klären. Unter Az L 16 AS 308/12 wurde das Verfahren des Sohnes fortgeführt. Das abgetrennte Verfahren des Vaters erhielt das Az L 16 AS 580/14.
Am Trennungsbeschluss wirkten die Vorsitzende des 16. Senats, Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht (VRiLSG) B., die im 16. Senat zuständige Berichterstatterin, Richterin am Landessozialgericht (RiLSG) Dr. A., sowie in Vertretung des weiteren Mitglieds des 16. Senats, RiLSG H., die nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Vertreterin, RiLSG Dr. K., mit. Die Vertretung durch Dr. K. erfolgte, da die dem 16. Senat angehörende Richterin H. in der ersten Instanz über den dem Verfahren L 16 AS 308/12 zugrundeliegenden Rechtsstreit entschieden hatte. Dr. K. gehört seit dem 01.10.2014 dem Bayer. Landessozialgericht nicht mehr an.
Nach dem Trennungsbeschluss lehnten die Kläger mit gemeinsamem Schreiben vom 15.09.2014 zu den Az L 16 As 308/12 und L 16 AS 580/14 die „erkennenden Richter“ des 16. Senats ab. Mit dem Trennungsbeschluss vom 29.07.2014 lasse der Senat erkennen, dass er befangen sei. Die Trennung sei willkürlich zum Nachteil der Kläger erfolgt. Ziel der Trennung sei u. a. „Strafvereitelung im Amt“ gewesen. Auch sei es Ziel gewesen, den Klägern Rechtsschutz zu verweigern, wie es auch in den Verfahren L 16 AS 802/13 ER, L 16 AS 803/13 ER und L 16 AS 804/13 ER der Fall gewesen sei. Dort habe der Senat Rechtsstreitigkeiten betreffend Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG an das Landgericht A-Stadt verwiesen (Beschlüsse vom 21.01.2014); das Landgericht habe dann Kostenvorschüsse von weit über 1.000,00 EUR verlangt, was den Rechtsschutz der Kläger unmöglich gemacht habe.
In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 25.09.2014 hat die Vorsitzende des 16. Senats VRiLSG B. dahingehend Stellung genommen, dass letztlich die Verfahrensführung im vorbereitenden Verfahren betreffend den Trennungsbeschluss gerügt werde, was dem Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit zugeordnet sei. Was die Verweisung der Amtshaftungsansprüche in den anderen Verfahren anbetreffe, so seien die Kläger vorher hierzu gehört worden. RiLSG Dr. A. hat sich der Stellungnahme der Vorsitzenden angeschlossen.
Den Klägern wurden jeweils zu dem sie betreffenden Verfahren die dienstlichen Stellungnahmen der Richterinnen B. und Dr. A. übermittelt. Die Kläger wurden dabei darauf hingewiesen, dass es sich bei den beiden Richterinnen um die „erkennenden Richter“ handelt, die im 16. Senat tätig sind. Gleichzeitig wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass RiLSG H. kraft Gesetzes im Berufungsverfahren ausgeschlossen ist, da sie Richterin erster Instanz war, und dass RiLSG Dr. K. dem BayLSG nicht mehr angehört.
Der im Verfahren L 16 AS 308/12 verbliebene Kläger, über dessen hierzu gestelltes Ablehnungsgesuch unter Az L 16 SF 246/14 AB zu entscheiden ist, hat sich nach Übermittlung der dienstlichen Stellungnahmen der betroffenen Richterinnen nicht mehr geäußert.
II.
Das Ablehnungsgesuch betreffend die „erkennenden Richter“ des 16. Senats wird als unbegründet zurückgewiesen.
Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Landessozialgericht durch Beschluss ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Dabei ist das Ablehnungsgesuch gegen die „erkennenden Richter“ so auszulegen, dass der Kläger diejenigen Richter ablehnen will, die in seinem Verfahren L 16 AS 308/12 bisher mitgewirkt haben und künftig auch wieder als Mitglieder des 16. Senats mitwirken könnten. Dem gemäß richtet sich das Ablehnungsgesuch gegen VRiLSG B. und RiLSG Dr. A. als Mitglieder des 16. Senats, nicht aber gegen Dr. K., die dem Bay. LSG nicht mehr angehört und deshalb an Entscheidungen des LSG nicht mehr mitwirken kann, sowie nicht gegen RiLSG H., die als Richterin erster Instanz von einer Mitwirkung kraft Gesetzes (vgl. § 60 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. § 41 Nr. 6 Zivilprozessordnung - ZPO -) ausgeschlossen ist.
Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterinnen B. und Dr. A. ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der betroffenen Richterinnen zu rechtfertigen, liegt nicht vor.
Nach § 60 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. BSG, Beschluss vom 19.01.2010 B 11 AL 13/09 C).
Weder wegen des Trennungsbeschlusses noch wegen der Verweisung von Amtshaftungsansprüchen in früheren Verfahren lässt sich auch nur im Entferntesten eine Voreingenommenheit der abgelehnten Richterinnen befürchten.
Bei dem Trennungsbeschluss handelt es sich um eine richterliche Verfahrensweise, die grundsätzlich nicht gegen Recht verstößt und damit auch nicht die Befangenheit des Richters begründen kann (vgl. BSG-Beschluss vom 08.01.2010 B 1 KR 119/09 B), wenn der Beschluss nicht willkürlich zum Nachteil eines Klägers gefasst wird, also die Trennung unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, dass die Trennung auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfG Beschluss vom 10.07.1996 Az 2 BvR 65/95 u. a. Rz. 19).
Hier erfolgte der Trennungsbeschluss nicht willkürlich, sondern - wie sich aus der nachvollziehbaren Begründung des Beschlusses ergibt - zur besseren Ordnung des Prozessstoffs im Rahmen des gesetzlich gegebenen richterlichen Ermessens.
Die Trennung ist auch nicht unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Im Bereich des SGB II haben Leistungsberechtigte individuelle Ansprüche (vgl. zuletzt BSG Urteil vom 17.07.2014 Az B 14 AS 54/13 R Rz. 33), die auch dann, wenn die Leistungsberechtigten einer Bedarfsgemeinschaft angehören, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Zudem ergeben sich aus dem Trennungsbeschluss für die Kläger keine Nachteile. An der Zulässigkeit der Berufungen ändert die Trennung nichts. Zusätzliche Kosten werden für die Kläger ebenfalls nicht verursacht. Auch die von den Klägern befürchtete „Strafvereitelung“ ist abwegig.
Soweit die Kläger befürchten, der Rechtsweg würde ihnen erschwert, wie es ihrer Ansicht nach aufgrund der Verweisungsbeschlüsse in anderen Verfahren an das Landgericht geschehen ist, ist auch dieser Grund im Hinblick auf eine mögliche Befangenheit der Richterinnen hier abwegig, da die Verfahren weiterhin in der Sozialgerichtsbarkeit fortgeführt werden.
Im Ergebnis ist ein Verhalten der betroffenen Richterinnen, das ein Ablehnungsgesuch rechtfertigen könnte, nicht im Entferntesten zu erkennen. Vielmehr haben die Richterinnen im Rahmen des ihnen richterlich zustehenden Spielraums rechtmäßig gehandelt und nicht die geringste Voreingenommenheit erkennen lassen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:
- 1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht; - 2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war; - 4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist; - 5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist; - 6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt; - 7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird; - 8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.
(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.
(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.
(4) (weggefallen)
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.