Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E

bei uns veröffentlicht am14.01.2016
vorgehend
Sozialgericht München, S 50 SF 638/13, 22.01.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 22. Januar 2014 wird aufgehoben.

II.

Auf die Erinnerung hin werden die Gerichtskosten im Verfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Aktenzeichen S 15 R 3010/11 mit 363,- € festgestellt.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) unter dem Gesichtspunkt der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG).

Das unter dem Aktenzeichen S 15 R 3010/11 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren (Hauptsacheverfahren) der damaligen Klägerin und jetzigen Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund endete dadurch, dass der Bevollmächtigte der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2013 die Klage teilweise zurücknahm. Im Übrigen wurde die Klage durch Urteil abgewiesen; dabei wurden die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin auferlegt. Der Streitwert wurde mit Beschluss vom selben Tag auf 5.000,- € festgesetzt. Mit Schreiben vom 05.11.2013 nahm der Bevollmächtigte der Beschwerdegegnerin die Klage dann vollumfänglich zurück.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 07.11.2013 setzte der Kostenbeamte des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert, Gerichtkosten in Höhe von 121,- € fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde.

Dagegen hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schriftsatz vom 08.11.2013 Erinnerung eingelegt. Die Erinnerung hat er damit begründet, dass gemäß Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG eine Ermäßigung nur dann stattfinde, wenn die Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werde. Der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung, in der hier ein Urteil gesprochen worden sei, sei am 25.10.2013 gewesen. Die Klagerücknahme mit Schreiben vom 05.11.2013 sei also zu spät für eine Ermäßigung erfolgt. Wie hoch Qualität und Quantität des richterlichen Aufwands im Einzelfall bei einer verspäteten Klagerücknahme tatsächlich seien, könne wegen des eindeutigen Wortlauts des Ermäßigungstatbestands keine Rolle spielen.

Auf Nachfrage des Kostengerichts hat der Hauptsacherichter im November oder Dezember 2013 - seine Stellungnahme ist nicht datiert - angegeben, dass ihn der Bevollmächtigte der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung gebeten habe, die Angelegenheit mit seinem Mandanten besprechen zu können. Er werde dann die Klage nachträglich zurücknehmen. Aufgrund dieser Vereinbarung habe der Hauptsacherichter nicht begonnen, das Urteil abzusetzen. Dies erweitere - so der Hauptsacherichter - den Spielraum des Vorsitzenden, ohne die Sache vertagen zu müssen. Es wäre nicht sachdienlich, wenn ihm diese Möglichkeit durch zu restriktive Anwendung des Kostenrechts genommen würde.

Mit Beschluss vom 22.01.2014 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Zwar seien - so das SG - die Tatbestände der Nr. 7111 KV GKG ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Gleichwohl werde im Hinblick auf den Regelungszweck der Norm, Herstellung der Kostengerechtigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit, eine Ausdehnung des Tatbestands der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG für notwendig erachtet. Eine Auslegungsfähigkeit dieses Tatbestands werde trotz des klaren Wortlauts nicht grundsätzlich ausgeschlossen, obgleich sich hinsichtlich des Ausnahmecharakters der Nr. 7111 KV GKG eine weite Auslegung verbiete. Der Kostengesetzgeber habe wohl die Art der im vorliegenden Fall getroffenen Vereinbarung nicht bedacht. Es werde für sinnvoll erachtet, es einem Vorsitzenden zu ermöglichen, eine mündliche Verhandlung mit einem Urteil abzuschließen, ohne zur Vertagung verpflichtet zu sein, und dennoch dem Kläger den Anreiz der Kostenfolge zu geben, wenn das Verfahren noch durch Rücknahme beendet werde. Denn der mit der Absetzung eines Urteils verbundene richterliche Aufwand, der durch die Klagerücknahme eingespart werden könne, sei nicht unbeträchtlich. Auch spreche die Kostengerechtigkeit für eine Reduzierung, wobei zu berücksichtigen sei, dass eine Ermäßigung gemäß Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG auch dann anfalle, wenn ein Gerichtsbescheid oder ein Urteil vom Richter bereits fertig gestellt sei. Im Hinblick auf die im Kostenrecht geforderte Klarheit werde es für sinnvoll erachtet, den Ausnahmetatbestand der Nr. 7111 (Nr. 1a) KV GKG auf die Fälle auszudehnen, in denen das Bestehen einer Vereinbarung zwischen dem Hauptsacherichter und dem Kläger, das Urteil innerhalb einer gewissen Frist nicht abzusetzen, entweder protokolliert sei oder nach Anfrage durch die Aussage des Vorsitzenden bestätigt werde.

Gegen den Beschluss des SG vom 22.01.2014 hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.01.2014 Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Ansicht, dass es mit Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG einen unmissverständlich formulierten Tatbestand gebe, der nicht erfüllt sei, weshalb nicht ermäßigt werden dürfe. Die Begriffe „vor“ oder „nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung“ seien nicht auslegungsfähig, sondern könnten nur nach Aktenlage als Fakt festgestellt werden. Eine „planwidrige Regelungslücke“ sei daher schwer zu erkennen.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Erinnerungsverfahrens des SG beigezogen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.

Das SG ist, wie zuvor der Kostenbeamte in der Gerichtskostenfeststellung vom 07.11.2013, fälschlicherweise davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zur Anwendung komme. Tatsächlich ist für die Gerichtskostenfeststellung vorliegend der Gebührentatbestand der Nr. 7110 KV GKG einschlägig.

Streitig ist ausschließlich die Frage, ob der Erhebung der Gerichtskosten der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde zu legen ist; im Übrigen ist die angefochtene Kostenfestsetzung zweifelsfrei nicht zu beanstanden.

1. Keine Erfüllung der Voraussetzungen der Nr. 7111 KV GKG

Die Voraussetzungen der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG sind nicht erfüllt.

Die Voraussetzungen einer Ermäßigung des Satzes der Gebühr nach § 34 GKG vom 3,0-Fachen für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 7110 KV GKG) auf das 1,0-Fache sind in Nr. 7111 KV GKG wie folgt formuliert:

„Beendigung des gesamten Verfahrens durch

1. Zurücknahme der Klage

a) vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung oder,

b) wenn eine solche nicht stattfindet, vor Ablauf des Tages, an dem das Urteil oder der Gerichtsbescheid der Geschäftsstelle übermittelt wird,

2. Anerkenntnisurteil,

3. gerichtlichen Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis oder

4. Erledigungserklärungen nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 2 VwGO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten folgt,

es sei denn, dass bereits ein Urteil oder ein Gerichtsbescheid vorausgegangen ist.“

Die teilweise Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung am 25.10.2013 begründet die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG nicht, da die teilweise Klagerücknahme nicht die Beendigung des gesamten Klageverfahrens bewirkt hat. Eine solche vollständige Erledigung ist aber Voraussetzung für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG (dort a.A.: „Beendigung des gesamten Verfahrens ...“).

Mit der Klagerücknahme im Übrigen im Schreiben vom 05.11.2013 nach Erlass des Urteils in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2013 wird die Anwendung des Ermäßigungstatbestands nicht eröffnet, auch wenn damit nunmehr das gesamte Verfahren erledigt ist. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass im Fall einer mündlichen Verhandlung die Zurücknahme der Klage „vor“ dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgen muss. Die Klagerücknahme im Übrigen ist im vorliegenden Fall aber erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt worden.

2. Keine analoge Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG

Die Vorschrift der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG ist einer analogen Anwendung nicht zugänglich.

Das SG hat den Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG analog angewendet, obwohl es selbst darauf hingewiesen hat, dass diese analoge Anwendung entgegen des Wortlauts des Gesetzes erfolge und der Ausnahmecharakter der Vorschrift der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG einer weiten Auslegung entgegenstehe. Es hat die gleichwohl von ihm vorgenommene analoge Anwendung mit der „Kostengerechtigkeit“ und damit begründet, dass es einem Vorsitzenden ermöglicht werden sollte, eine mündliche Verhandlung mit einem Urteil abzuschließen, ohne zur Vertagung verpflichtet zu sein, und dennoch dem Kläger den Anreiz der Gebührenermäßigung zu geben, wenn das Verfahren noch durch Rücknahme beendet werde. Zudem führt das SG als Argument für eine analoge Anwendung des Ermäßigungstatbestands an, dass der mit der Absetzung eines Urteils verbundene richterliche Aufwand nicht unbeträchtlich sei und dieser Aufwand in einem Fall der Zurückstellung der Absetzung des Urteils und anschließender Rücknahme eingespart werden könne.

Dieser Argumentation kann sich der Senat nicht anschließen.

Die Regelung der Nr. 7111 KV GKG kann schon wegen ihres Charakters als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG nicht weit ausgelegt werden (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E, und vom 08.01.2016, Az.: L 15 SF 37/12 B; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 1 f. - m. w. N.).

Erst recht ist sie nicht einer analogen Anwendung zugänglich. Eine analoge Anwendung von Gebührentatbeständen des Kostenverzeichnisses wird bereits generell abgelehnt (h.M., vgl. z. B. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 22.02.2006, Az.: RiZ (R) 1/05, und vom 12.03.2007, Az.: II ZR 19/05; Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 01.09.2009, Az.: B 1 KR 1/09 D; mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 20.04.2010, Az.: 1 BvR 1670/09). Dies gilt unabhängig davon, ob die im Raum stehende Vorschrift zulasten oder zugunsten eines Kostenpflichtigen angewendet werden soll. Denn bei der Ermittlung der Analogiefähigkeit einer Rechtsnorm spielt der Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes keine Rolle. Sofern der Beschluss des BGH vom 22.02.2006, Az.: RiZ (R) 1/05, und die diesen Beschluss inhaltlich aufgreifenden, zeitlich nachfolgenden Beschlüsse (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 12.03.2007, Az.: II ZR 19/05BSG; BSG, Beschlüsse vom 01.09.2009, Az.: B 1 KR 1/09 D, und vom 07.09.2010, Az.: B 1 KR 1/10 D) den Eindruck erwecken, dass die fehlende Analogiefähigkeit auch mit dem Vorbehalt des Gesetzes begründet worden ist, kann sich der Senat dieser Begründung nicht anschließen. Bezeichnend ist im diesem Zusammenhang auch, dass das BVerfG diesen Gesichtspunkt in seinem Beschluss vom 20.04.2010, Az.: 1 BvR 1670/09, nicht aufgegriffen hat, wodurch sich der Senat in seiner Ansicht bestätigt sieht. Eine analoge Anwendung von Regelungen des GKG ist daher nicht nur zulasten, sondern auch zugunsten eines kostenpflichtigen Beteiligten ausgeschlossen.

Der Senat sieht zudem im eindeutigen Wortlaut der Regelung der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG ein unüberwindbares Hindernis für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in der vom SG vorgenommen Form. Das Wort „vor“ kann nicht im Weg einer analogen Anwendung als sein Gegenteil, nämlich als „nach“ ausgelegt werden. Zudem steht einer analogen Anwendung der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG entgegen, dass es sich bei Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG um eine Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG handelt und eine solche Regelung grundsätzlich nicht analogiefähig ist.

Im Übrigen können auch die vom SG für eine analoge Anwendung angeführten Gründen nicht überzeugen.

Wenn das SG zur Begründung der Analogiefähigkeit den Gesichtspunkt heranzieht, dass im vorliegenden Fall der mit der Absetzung eines Urteils verbundene erhebliche richterliche Arbeitsaufwand durch die nach der mündlichen Verhandlung erklärte Klagerücknahme verhindert worden sei, und darauf hinweist, dass dies mit dem Fall einer Klagerücknahme vor Schluss der mündlichen Verhandlung vergleichbar sei, mag dies zwar mit Blick auf den Aufwand für die Absetzung des Urteils nachvollziehbar sein. Das SG verkennt dabei aber, dass es für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG nicht ausreichend ist, dass der Aufwand für die Absetzung des Urteils vermieden worden ist. Erforderlich ist vielmehr, dass das „gesamte“ Verfahren beendet sein muss und schon eine Kostenentscheidung, die über eine „unechte“ Kostengrundentscheidung hinausgeht, einer Anwendung des Ermäßigungstatbestands entgegen steht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E, und vom 07.01.2016, Az.: L 15 SF 95/13 B). Zudem - auch dies hat das SG verkannt - ist gegenüber einer vollständigen Rücknahme vor Schluss der mündlichen Verhandlung dadurch ein erheblich größerer Aufwand richterlicher Tätigkeit entstanden, dass die Urteilsberatung und -verkündung und möglicherweise auch eine mündliche Begründung der Entscheidung erfolgen haben müssen. Dass dieser Aufwand in nicht wenigen Fällen vergleichbar oder sogar größer ist als der einer echten Kostengrundentscheidung, die aber einer Anwendung des Ermäßigungstatbestands ohne den geringsten Zweifel entgegen steht, liegt auf der Hand. Von einer Vergleichbarkeit des richterlichen Aufwands bei Klagerücknahme vor Schluss der mündlichen Verhandlung mit dem bei einer Rücknahme danach kann daher keine Rede sein.

Pragmatische Gründe, wie sie das SG für die analoge Anwendung anführt, nämlich es dem Hauptsacherichter zu ermöglichen, in der mündlichen Verhandlung bereits durch Urteil zu entscheiden und sich gleichwohl die Anreizwirkung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG zu erhalten, sind grundsätzlich kein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Entscheidung, ob eine gesetzliche Regelung in analoger Form zur Anwendung kommen soll. Im Übrigen kann diesem Gesichtspunkt im sozialgerichtlichen Verfahren oft auch dadurch Rechnung getragen werden, dass in der mündlichen Verhandlung nicht durch Urteil entschieden wird, wenn eine Klagerücknahme zeitnah im Raum steht, sondern stattdessen zum Gerichtsbescheid angehört wird. Damit wird eine Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG weiterhin offen gehalten. Von einer unzumutbaren Einschränkung des „Spielraums des Vorsitzenden“, wie dies der Hauptsacherichter in seiner Stellungnahme vom November oder Dezember 2013 gemeint hat, kann nicht die Rede sein.

Schließlich sieht der Senat auch nicht aus Gründen der Kostengerechtigkeit einen Grund für eine analoge Anwendung. Es ist zwar zutreffend, dass im Rahmen der Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG nicht auszuschließen ist, dass der Ermäßigungstatbestand zur Anwendung kommt, obwohl der Hauptsacherichter seine Entscheidung bereits weitgehend fertig gestellt hat. Diese Regelung ist dem Umstand geschuldet, dass die Anwendung des Ermäßigungstatbestands auch in solchen Fällen nicht ausgeschlossen sein soll, in denen die verfahrensabschließende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, bei denen aber für die Beteiligten nicht erkennbar ist, wie weit die richterliche Arbeit schon gediehen ist. Dass insofern Fälle denkbar sind, in denen der Ermäßigungstatbestand zur Anwendung kommt, obwohl das Gericht für die Entscheidung in der Hauptsache bereits erhebliche Zeit aufgewendet hat, ist im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weiten Ermessensspielraums hinzunehmen. Zu berücksichtigen ist zudem auch, dass auch die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung für den Richter mit erheblichem Aufwand verbunden ist, dies aber einer Gebührenermäßigung nicht entgegensteht. Verfassungsrechtliche Bedenken, die unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz eine analoge Anwendung der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG verlangen könnten, bestehen jedenfalls nicht. Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum (ständige Rspr., vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 12.10.1994, Az.: 1 BvL 19/90). Die Frage, ob der Gesetzgeber die „gerechteste“ gesetzliche Lösung gewählt hat oder ob auch andere Lösungen denkbar oder sogar gerechter gewesen wären, ist einer Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten entzogen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.1953, Az.: 1 BvR 147/52). Auch wenn der Gleichheitsgrundsatz erfordert, dass Gebührenmaßstäbe so auszugestalten sind, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um so die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern sicher zu stellen, findet dieses Gebot seine Grenzen unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, Az.: 2 BvL 5/76).

3. Kostenfestsetzung

Die Gerichtskosten im Klageverfahren vor dem SG mit dem Aktenzeichen S 15 R 3010/11 sind nach Nr. 7110 KV GKG festzusetzen. Die Gerichtskosten betragen bei einem Streitwert von 5.000,- € zum maßgeblichen Zeitpunkt 363,- €.

Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E zitiert 8 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 34 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Streitwert richten, beträgt bei einem Streitwert bis 500 Euro die Gebühr 38 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Streitwert bis … Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren … Euroum … Euro 2 0005002010 0001 0

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2007 - II ZR 19/05

bei uns veröffentlicht am 12.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 19/05 vom 12. März 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 544 Abs. 7; GKG §§ 1, 3, 66; GKVerz Nr. 1230, 1242, 1243 Entscheidet der Bundesgerichtshof über eine Nichtzul

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 04. Jan. 2016 - L 15 SF 171/13 E

bei uns veröffentlicht am 04.01.2016

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen. Gründe I. Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Urkundsbeamten in einem Verfahren nach § 197 a

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 07. Jan. 2016 - L 15 SF 95/13 B

bei uns veröffentlicht am 07.01.2016

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. April 2013 wird zurückgewiesen. Gründe I. Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung der Kostenbeamtin in einem Verfahren nach § 197 a

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Jan. 2016 - L 15 SF 37/12 B

bei uns veröffentlicht am 08.01.2016

Tenor I. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 26. Januar 2012 wird aufgehoben. II. Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 4. November 2011 wird zurückgewiesen. Gründe I.

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Sept. 2010 - B 1 KR 1/10 D

bei uns veröffentlicht am 07.09.2010

Tenor Es ist kein Streitwert nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) festzusetzen. Gründe 1
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Jan. 2016 - L 15 SF 27/14 E.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 08. Apr. 2016 - L 15 SF 81/15

bei uns veröffentlicht am 08.04.2016

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. März 2015 wird zurückgewiesen. Gründe I. Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung der Kostenbeamtin in einem Verfahren nach § 197 a

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. Aug. 2018 - 1 O 88/18

bei uns veröffentlicht am 20.08.2018

Gründe 1 Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle vom 10. Juli 2018 - 5 E 118/18 HAL -, über die nach Übertragung des Verfahrens wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG GKG der Senat zu

Referenzen

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Streitwert richten, beträgt bei einem Streitwert bis 500 Euro die Gebühr 38 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Streitwert
bis … Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren
… Euro
um
… Euro
2 00050020
10 0001 00021
25 0003 00029
50 0005 00038
200 00015 000132
500 00030 000198
über
500 000

50 000
198


Eine Gebührentabelle für Streitwerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Urkundsbeamten in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) unter dem Gesichtspunkt der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG).

Das unter dem Aktenzeichen S 11 R 765/09 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren der Erinnerungsführerin und jetzigen Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) wegen einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch wurde durch Teilabhilfebescheid der damaligen Beklagten vom 19.05.2011 und im Übrigen durch Klagerücknahme (Schriftsatz vom 05.06.2012) erledigt. Mit Beschluss vom 13.06.2012 wurden, gestützt auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Kosten des Verfahrens entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen zu 4/7 der Beschwerdeführerin und zu 3/7 der damaligen Beklagten auferlegt und der Streitwert auf 67.912,40 € festgesetzt.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 11.04.2013 setzte der Kostenbeamte des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert, Gerichtskosten in Höhe von 1.124,57 € fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7110 KV GKG zugrunde.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30.04.2013 Erinnerung eingelegt.

Mit Beschluss vom 05.06.2013 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Für die von der Beschwerdeführerin begehrte Anwendung des Ermäßigungstatbestands nach Nr. 7111 KV GKG hat es schon wegen des Wortlauts dieser Regelung keinen Raum gesehen, da sich das Verfahren durch „Annahme eines Teilanerkenntnisses“ und Klagerücknahme im Übrigen erledigt habe. Zudem sei - so das SG - mangels Einigung der Beteiligten hinsichtlich der Kosten eine richterliche Kostengrundentscheidung nach § 197 a SGG i.V.m § 161 Abs. 2 VwGO notwendig gewesen. Sowohl im Sinn der Kostengerechtigkeit als auch zum Zweck der Prozesswirtschaftlichkeit könne den Parteien der Ermäßigungstatbestand nicht zugutekommen, wenn mangels Einigung über die Kostentragung eine richterliche Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Rechtsstands mit einem möglicherweise erheblichen richterlichen Arbeitsaufwand erforderlich sei. Dies entspreche der Gesetzesintention, wie sie in Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG ihren Ausdruck finde, wonach eine Einigung über die Kosten Voraussetzung für die Ermäßigung sei. Offenbleiben könne, ob für die Anwendung der Nr. 7111 KV GKG grundsätzlich das gesamte Verfahren, d. h. inklusive der Kosten, erledigt sein müsse oder ob im Fall eines Vergleichs aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 160 VwGO die Ermäßigung angewandt werden könne, da der gerichtliche Beschluss nur auf das Gesetz verweisen müsse. Denn vorliegend sei jedenfalls eine richterliche Ermessensentscheidung und somit ein Mehraufwand erforderlich gewesen. In Fällen, in denen mangels Einigung der Beteiligten über die Kosten das Gericht tätig werden müsse, könne eine Ermäßigung nicht gewährt werden.

Mit Schreiben vom 24.06.2013 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und diese mit Hinweis auf das Vorbringen im Erinnerungsverfahren (Schreiben vom 09.01.2013) begründet. Sie ist der Ansicht, dass eine Ermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG zu erfolgen habe. Aufgrund der teilweisen Klagerücknahme und des „Teilanerkenntnisses“ habe das SG nicht über die materielle Begründetheit der streitgegenständlichen Forderung entscheiden müssen; ein mit der Abfassung eines Urteils vergleichbarer richterlicher Arbeitsaufwand sei nicht entstanden. Im Beschluss vom 13.06.2012 sei lediglich eine Kostenverteilung gemäß der Quote des Unterliegens erfolgt. Diese habe sich aus der Höhe der zurückgenommenen im Verhältnis zu der anerkannten Forderung errechnet.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Erinnerungsverfahrens des SG beigezogen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Gerichtskostenfeststellung vom 11.04.2013 ist nicht zu beanstanden, wie dies auch das SG mit Beschluss zur Erinnerung vom 05.06.2013 festgestellt hat; der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG kommt vorliegend nicht zur Anwendung.

Streitig ist ausschließlich die Frage, ob der Erhebung der Gerichtskosten der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde zu legen ist; im Übrigen ist die angefochtene Kostenfestsetzung zweifelsfrei nicht zu beanstanden.

1. Gesetzliche Regelung der Nr. 7111 KV GKG

Die Voraussetzungen einer Ermäßigung des Satzes der Gebühr nach § 34 GKG vom 3,0-Fachen für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 7110 KV GKG) auf das 1,0-Fache sind in Nr. 7111 KV GKG wie folgt formuliert:

„Beendigung des gesamten Verfahrens durch

1. Zurücknahme der Klage

a) vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung oder,

b) wenn eine solche nicht stattfindet, vor Ablauf des Tages, an dem das Urteil oder der Gerichtsbescheid der Geschäftsstelle übermittelt wird,

2. Anerkenntnisurteil,

3. gerichtlichen Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis oder

4. Erledigungserklärungen nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 2 VwGO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten folgt,

es sei denn, dass bereits ein Urteil oder ein Gerichtsbescheid vorausgegangen ist.“

Die mit dem Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I S. 718) eingeführte Regelung der Nr. 7111 KV GKG hat der Gesetzgeber weitgehend an Nr. 5111 KV GKG und diese wiederum strukturell an Nr. 1211 KV GKG angelehnt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 173, 170).

Zu den allgemein-strukturellen Änderungen des KostRMoG hat der Gesetzgeber Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 141 f.):

„Mit dem Gesetzentwurf wird eine vollständige Neufassung des Gerichtskostengesetzes vorgeschlagen. Neben einer Vielzahl struktureller Änderungen sollen in Teilbereichen die Gebühren erhöht werden.

...

Strukturelle Änderungen

1. ...

2. Durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 wurde für Prozessverfahren erster Instanz in Zivilsachen ohne Familiensachen und für das erstinstanzliche Verfahren über Anträge auf Anordnung, Aufhebung oder Abänderung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung eine neue Gebührenstruktur (Pauschalgebührensystem) eingeführt: Das gesamte Verfahren wird durch eine pauschale Verfahrensgebühr abgegolten, neben der Entscheidungsgebühren nicht mehr erhoben werden. Eine Ermäßigung der pauschalen Verfahrensgebühr tritt nur ein, wenn das gesamte Verfahren durch Klagerücknahme, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil oder durch Vergleich endet. Wird nur ein Teil des Verfahrens auf eine dieser Arten erledigt, verbleibt es bei der vollen pauschalen Verfahrensgebühr. Das Pauschalgebührensystem wurde zunächst auf Zivilsachen erster Instanz ohne Familiensachen beschränkt, da die Auswirkungen auf den Prozessverlauf nicht vorhersehbar waren. Eine Entscheidung über die Ausdehnung der neuen Gebührenstruktur auf weitere Bereiche sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden. Die zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen haben ergeben, dass das Pauschalgebührensystem zu einer spürbaren Arbeitserleichterung bei den Gerichten geführt hat. Insbesondere der Verwaltungsaufwand für die Berechnung und die Einziehung der Gerichtskosten konnte spürbar verringert werden. Die der Einführung des Pauschalgebührensystems zugrunde liegenden Überlegungen (vgl. Bundestagsdrucksache 12/6962, S. 52) haben sich als zutreffend erwiesen. Negative Auswirkungen auf den Verlauf der Rechtsstreitigkeiten sind nicht festgestellt worden. Zudem hat sich die Erwartung erfüllt, dass mit der eingeführten Gebührenstruktur der Verlust an Gebührengerechtigkeit auf ein im Interesse der Vereinfachung vertretbares und zumutbares Maß begrenzt werden konnte.

3. Aufgrund der positiven Erfahrungen wird nunmehr vorgeschlagen, das Pauschalgebührensystem auf alle Rechtszüge und die Verfahren aller Gerichtsbarkeiten ausdehnen. ...“

Zur Begründung von Nr. 1211 KV GKG ist Folgendes erläutert worden (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.):

„... Eine Gebührenermäßigung soll wie bisher nur erfolgen, wenn durch den Eintritt des Ermäßigungstatbestands das gesamte Verfahren erledigt wird. Zusätzlich zu den bisher geregelten Ermäßigungstatbeständen wird vorgeschlagen, auch Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO in die Begünstigung einzubeziehen, wenn entweder eine Entscheidung über die Kosten überhaupt nicht ergeht, weil die Parteien übereinstimmend auf eine Kostenentscheidung verzichten, oder aber die Entscheidung einer zuvor dem Gericht mitgeteilten (außergerichtlichen) Einigung der Parteien in der Kostenfrage bzw. der Erklärung einer Partei, die Kosten übernehmen zu wollen, folgt. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob bereits das geltende Recht in diesen Fällen eine Gebührenprivilegierung zulässt (vgl. zum Meinungsstand: Zöller-Vollkommer/Herget, ZPO, 23. Aufl., Rnr. 59 zu § 91a). Gegen eine Privilegierung wird eingewandt, der klare Wortlaut des Gesetzes stehe ihr entgegen. Die Gegenmeinung befürwortet zur Vermeidung von „Unbilligkeiten“ eine Gebührenermäßigung in den Fällen, in denen die wechselseitigen Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO von einem Verzicht auf die Kostenentscheidung, von Erklärungen zu einer übereinstimmenden Kostenregelung oder von der Kostenübernahmeerklärung einer Partei begleitet werden und die Kostenentscheidung des Gerichts deshalb entweder unterbleibt oder der Übereinkunft oder der Übernahmeerklärung in vollem Umfang folgt. Die vorgeschlagene Regelung schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO sind zwar grundsätzlich allein für sich betrachtet noch nicht geeignet, einen der Abfassung eines Urteils vergleichbaren richterlichen Arbeitsaufwand bei der abschließenden Verfahrensentscheidung entbehrlich werden zu lassen, weil das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden hat. Dieser Aufwand entfällt aber nicht nur, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung treffen muss, sondern auch, wenn es bei seiner Entscheidung einer zuvor von den Parteien mitgeteilten Einigung in der Kostenfrage uneingeschränkt folgt. In diesen Fällen reicht zur Begründung der Entscheidung eine Bezugnahme auf die aktenkundig gemachte Einigung aus. Gleiches gilt, wenn eine Partei ihre Bereitschaft zur Übernahme der Kosten erklärt hat. Im Falle einer Entscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO soll die Ermäßigung ausgeschlossen werden, es sei denn, die Entscheidung folgt einer zuvor dem Gericht mitgeteilten (außergerichtlichen) Einigung der Parteien in der Kostenfrage bzw. der Erklärung einer Partei zur Kostenübernahme. Dies entspricht der Regelung im Falle einer Entscheidung nach § 91a ZPO.“

Nr. 1202 KV GKG, die Vorgängerregelung zu Nr. 1211 KV GKG, die mit dem Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 - KostRÄndG 1994) vom 24.06.1994 (BGBl I S. 1325) eingeführt worden war, hatte der Gesetzgeber wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen [Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 - KostRÄndG 1994] - Bundestags-Drucksache 12/6962, S. 70):

„Künftig soll eine Ermäßigung der Gebühr nur dann eintreten, wenn das gesamte Verfahren durch Zurücknahme der Klage, durch Anerkenntnis- und Verzichtsurteil oder durch Abschluss eines Vergleichs vor Gericht erledigt wird. Wird nur ein Teil des Verfahrens auf diese Weise erledigt, soll eine Ermäßigung demnach nicht eintreten. Die Ermäßigung soll aber auch eintreten, wenn das gesamte Verfahren durch mehrere der genannten Varianten vollständig beendet wird. Entscheidungen nach § 91 a ZPO sollen nicht mehr gebührenmäßig begünstigt werden, weil sie erheblichen richterlichen Arbeitsaufwand auslösen. Sie erfordern eine weitgehende Auseinandersetzung mit dem Streitstoff, insbesondere mit den Erfolgsaussichten der Prozessparteien. Die Nichtbegünstigung dieser Entscheidungen könnte die Parteien überdies dazu veranlassen, die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen. Der Ausschluss einer Ermäßigung für die Fälle, in denen nur für Teile des Streitgegenstandes die Voraussetzungen vorliegen, ist unerläßlich, will man eine spürbare Vereinfachung der Kostenberechnung bewirken. Würde die Ermäßigung auch eintreten, wenn die Voraussetzungen nur für Teile des Streitgegenstandes erfüllt sind, müßten nach § 21 Abs. 3 GKG die Gebühren für die Teile gesondert berechnet werden. Die Summe dieser Gebühren dürfte aber die nach dem höchsten Gebührensatz aus dem Gesamtbetrag der Wertteile errechnete Gebühr nicht überschreiten. Ferner würden in sehr viel mehr Fällen Gebührenermäßigungen eintreten, die zu einer Rückzahlung eines Teils der als Vorauszahlung geleisteten Gebühr führen und damit Mehrarbeit verursachen würden.“

2. Anwendbarkeit der Nr. 7111 KV GKG bei Verfahrensbeendigung durch zwei Beendigungstatbestände

Eine Ermäßigung im Sinn der Nr. 7111 KV GKG kommt grundsätzlich nicht nur bei einer Beendigung des Verfahrens durch einen einzigen der in Nr. 7111 KV GKG genannten Beendigungstatbestände in Betracht, sondern auch bei einer Beendigung durch eine Kombination von zwei (oder mehr) Beendigungstatbeständen.

Sofern das SG eine Anwendung der Nr. 7111 KV GKG schon wegen des Wortlauts abgelehnt hat, weil das Verfahren durch „Teilanerkenntnis“ - ob im Teilabhilfebescheid vom 19.05.2011 tatsächlich ein (angenommenes) Teilanerkenntnis zu sehen ist oder nicht eher von einer (übereinstimmenden) Erledigungserklärung im Sinn des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 2 VwGO auszugehen ist mit der Folge, dass insofern ein Fall der Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG gegeben wäre, kann dahingestellt bleiben, da bei Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG keine geringeren Anforderungen für eine Gebührenermäßigung gelten - und Klagerücknahme und nicht durch einen einzigen Beendigungstatbestand beendet worden sei, hält der Senat diese Ansicht für zu streng.

Es ist dem SG zwar durchaus zuzugestehen, dass der Wortlaut des Gesetzes („oder“ am Ende von Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG) bei strenger Betrachtung dahingehend interpretiert werden könnte, dass eine Ermäßigung nur bei einer Klagerücknahme (Nr. 7111 Nr. 1 KV GKG) oder einem Anerkenntnisurteil (Nr. 7111 Nr. 2 KV GKG) oder einem gerichtlichen Vergleich oder angenommenen Anerkenntnis (Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG) oder einer Erledigungserklärung (Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG) in Betracht komme, nicht aber bei einer Beendigung des Verfahrens durch die Kombination von zwei (oder mehr) der vorgenannten Beendigungstatbestände. Eine derartige Auslegung hält der Senat aber für zu restriktiv. Sie würde auch der gesetzgeberischen Intention nicht gerecht. So hat der Gesetzgeber bereits zum KostRÄndG 1994 Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 70):

„Die Ermäßigung soll aber auch eintreten, wenn das gesamte Verfahren durch mehrere der genannten Varianten vollständig beendet wird.“

3. Voraussetzung einer Beendigung des gesamten Verfahrens

Die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG setzt bei vollständiger Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache voraus, dass entweder überhaupt kein gerichtlicher Beschluss des Gerichts der Hauptsache zu den Kosten zu treffen ist oder die zu erlassende Kostengrundentscheidung einzig und allein darin besteht, dass das Gericht nur eine von Gesetzes wegen vorgegebene eindeutige Rechtsfolge in Form eines Beschlusses auszusprechen hat, für den es - mit Ausnahme des zur Beendigung führenden Schreibens - keiner Kenntnis der Akten bedarf („unechte“ Kostengrundentscheidung), oder die Kostenentscheidung nur die einvernehmlich von den Beteiligten gefundene Kostentragung aufgreifen muss.

3.1. Gesamtbeendigung

Es entspricht dem Wortlaut der Nr. 7111 KV GKG, der ganz überwiegenden Rechtsprechung (vgl. - teilweise zu vergleichbaren Ermäßigungstatbeständen - Oberlandesgericht - OLG - Hamburg, Beschluss vom 08.06.1996, Az.: 8 W 140/96; OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.09.2005, Az.: 3 Ta 136/05; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.04.2008, Az.: 6 AZR 1049/06; OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2014, Az.: 11 C 14.1588; a.A. Bayer. LSG, Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E), der Literatur (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 3 und 5; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2015, KV 7111, Rdnr. 8, KV 5111, Rdnr. 5, KV 1211, Rdnr. 27) und dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus der oben (vgl. Ziff. 1.) angeführten Gesetzesbegründung ergibt, dass die Gebührenermäßigung eine Gesamtbeendigung des Verfahrens voraussetzt.

3.2. Fehlende Kostenentscheidung

Muss das Gericht der Hauptsache nach der Beendigung des Verfahrens im Übrigen noch eine Entscheidung zu den Kosten treffen, steht dies grundsätzlich einer Ermäßigung entgegen. Lediglich dann, wenn nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen ist, ist der Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 KV GKG anzuwenden.

3.2.1. Grundsatz

Eine streitige Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung durch das Gericht steht einer Ermäßigung entgegen.

Denn nur bei einer vollständigen Erledigung aller Streitpunkte des Rechtsstreits wird das gesetzgeberische Ziel einer Entlastung der Justiz (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69) nachhaltig erreicht. Ein Entlastungseffekt tritt hingegen nur eingeschränkt ein, wenn sich das Gericht noch im Rahmen der Kostenentscheidung inhaltlich mit der Sache befassen muss.

Wenn demgegenüber der 12. Senat des Bayer. LSG mit Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E, die Ansicht vertreten hat, dass allein das Vorliegen eines Beendigungstatbestands aus den Nr. 1 bis 3 von Nr. 7111 KV GKG ausreiche, um eine Ermäßigung zu begründen, ohne dass eine Beendigung des gesamten Verfahrens, also auch im Kostenpunkt, vorliegen müsse, und dies sowohl mit dem Wortlaut und der Systematik der Regelung begründet hat, kann sich der Senat dem nicht anschließen.

Dass beim Ermäßigungstatbestand für alle Alternativen der Nr. 7111 KV GKG - und nicht nur für die dortige Nr. 4, wie dies im vorgenannten Beschluss vom 04.04.2012 vertreten wird - eine Beendigung auch im Kostenpunkt erforderlich ist, ergibt sich aus dem Obersatz der Nr. 7111 KV GKG, wenn dort eine Beendigung des „gesamten“ Verfahrens vorausgesetzt wird. Zweifel an dieser Ansicht, wie sie der vorgenannten Entscheidung des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012 zugrunde liegen, können nicht damit begründet werden, dass nur unter Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG aufgeführt werde, dass keine (streitige) Entscheidung über die Kosten zu ergehen habe. Denn dieser Zusatz hat lediglich klarstellenden Charakter (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11), begründet aber kein zusätzliches, nicht bereits in Nr. 7111 KV GKG enthaltenes Tatbestandsmerkmal. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Gesetzesmaterialien, in denen der Streitstand zu den bis dahin nicht gesetzlich geregelten Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO und damit der Grund für den klarstellenden gesetzlichen Hinweis aufgezeigt worden ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.). Der Senat sieht daher keinen Raum für eine erweiternde Auslegung im Sinn des Beschlusses des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012, zumal die Regelung der Nr. 7111 KV GKG als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG ohnehin keiner weiten Auslegung zugänglich ist (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 1 f. - m. w. N.).

3.2.2. Ausnahme

Hat das Gericht nach Beendigung des Verfahrens in der Sache nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen, steht dies einer Ermäßigung nicht entgegen.

Dass nicht jedwede gerichtliche Kostengrundentscheidung nach im Übrigen vollständiger Beendigung des Verfahrens die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 VV GKG verbietet, ergibt sich selbstredend schon daraus, dass gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 1 VwGO grundsätzlich ein gerichtlicher Beschluss über die Kosten zu erfolgen hat. Würde davon ausgegangen, dass allein dieses Erfordernis eines Beschlusses einer „Beendigung des gesamten Verfahrens“ im Sinn der Nr. 7111 KV GKG entgegen stehen würde, würde die Regelung der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG neben der in Nr. 7111 Nr. 4, 2. Alt. KV GKG aufgezeigten Konstellation auf die Fälle der in Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG genannten Beendigungstatbestände einer Verfahrensbeendigung durch Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis, wobei in beiden Fällen auch eine Regelung zu den Kosten enthalten sein müsste, beschränkt. In allen anderen in Nr. 7111 KV GKG genannten Beendigungstatbeständen wäre eine Gebührenermäßigung ausgeschlossen. Dieses in konträrem Widerspruch zur gesetzlichen Regelung stehende Ergebnis zeigt überdeutlich, dass allein die Tatsache, dass das Gericht noch eine Entscheidung zu den Kosten zu treffen hat, der Anwendung der Ermäßigungsregelung der Nr. 7111 KV GKG nicht entgegenstehen kann.

Wie sich aus der Gesetzesbegründung zum KostRMoG (vgl. a. a. O., S. 159 f.) ergibt, kommt eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG trotz Erforderlichkeit noch eines Kostenbeschlusses grundsätzlich nur dann zur Anwendung, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung und Einsichtnahme in die Akten treffen muss (vgl. auch zum Fall eines Verzichts auf Begründung des Kostenbeschlusses: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.03.2008, 2 UF 135/07; a.A. zum Fall des Begründungsverzichts: OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; offengelassen vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06), also bei seiner Entscheidung entweder nur der von den Parteien mitgeteilten Einigung in der Kostenfrage uneingeschränkt folgen muss oder wenn eine Partei ihre Bereitschaft zur Übernahme der Kosten erklärt hat.

Nichts anderes kann nach der Ansicht des Senats gelten, wenn sich die Kostenfolge allein aus der Form der Beendigung ergibt, ohne dass es zur Kostenentscheidung noch eines Blicks in die Akten des erledigten Verfahrens bedarf, der gerichtliche Kostenbeschluss also nur die sich bereits eindeutig aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge in Beschlussform fassen muss (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5). Denn in einem so einfach gelagerten Fall ist der für das Gericht entstehende Aufwand für die Kostenentscheidung auch nicht ansatzweise mit dem bei der Abfassung eines Urteils anfallenden richterlichen Arbeitsaufwand vergleichbar, sondern weitgehend identisch mit der Konstellation, dass wegen der von den Beteiligten mitgeteilten Einigung über die Kosten überhaupt kein Beschluss nötig ist oder nur die von einem Beteiligten erklärte Bereitschaft zur Kostenübernahme in Beschlussform „gegossen“ werden muss.

Liegt demgegenüber eine „echte“ Kostengrundentscheidung in dem Sinn vor, dass die Entscheidung nur nach einem erneuten Blick in die Akten getroffen werden kann, kann der im Zusammenhang mit dieser Entscheidung anfallende Aufwand für das entscheidende Gericht erheblich bis nahezu genauso umfangreich werden wie im Fall eines Urteils (vgl. die Gesetzesbegründungen zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69 f., und zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.) und steht daher einer Gebührenermäßigung entgegen (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5).

Der Senat ist sich durchaus bewusst, dass auch bei einer „echten“ Kostengrundentscheidung im vorgenannten Sinn der dadurch für das Gericht entstehende Aufwand nicht in jedem Fall an den eines Urteils heranreicht. In durchaus nicht wenigen Fällen wird der Aufwand eher dem Zeitumfang ähneln, wie er auch bei einer „unechten“ Kostengrundentscheidung, in dem das Gericht lediglich durch deklaratorischen Beschluss die sich aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge feststellt, anfällt. Insbesondere ist dann an eine Situation mit geringem Aufwand zu denken, wenn zur Ermittlung der Quote der Kostentragung im Rahmen der Kostengrundentscheidung, die im Regelfall anhand des Erfolgsprinzips vorzunehmen ist (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 24.05.2011, Az.: L 15 SB 66/09), lediglich ein Vergleich zwischen dem ursprünglich angestrebten Klageziel und dem letztlich Erreichten vorgenommen werden muss. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage einer Gebührenermäßigung allein anhand der auf der Grundlage von formalen Kriterien zu beantwortenden Frage zu entscheiden ist, ob die Kostengrundentscheidung des Gerichts lediglich eine bereits zwingend sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebende Kostenfolge beinhaltet und damit mit keinerlei Prüfaufwand verbunden ist oder ob sich das Gericht - unabhängig in welchem Umfang - weitere Gedanken vor der zu treffenden Kostenentscheidung machen muss. Denn im Sinne der gebotenen Verwaltungspraktikabilität kann es vom Urkundsbeamten genauso wie vom Kostenrichter nicht erwartet werden, den tatsächlich durch die zu treffende Kostengrundentscheidung anfallenden Aufwand zu ermitteln, zumal auch keinerlei Kriterien vorhanden wären, zwischen einem ausgesprochen geringen Zeitaufwand, wie er dem einer „unechten“ Kostengrundentscheidung ähnelt, und einem darüber hinausgehenden Aufwand zu differenzieren. Alles andere würde die Prüfpflichten und -möglichkeiten der Kostenbeamten und Kostenrichter übersteigen und dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter, der die Rechtsprechung des Kostensenats auch zum Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz durchzieht (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15, vom 11.05.2015, Az.: L 15 RF 14/15, und vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E), widersprechen.

Diese Ansicht des Senats findet ihre Bestätigung auch in den Gesetzesmaterialien. In der Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994 (vgl. a. a. O., S. 70) hat der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der mit dem Ermäßigungstatbestand verbundenen Anreizwirkung die Bereitschaft der Parteien gefördert werden solle,

„die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.“

Aus diesem Hinweis wird deutlich, dass der Gesetzgeber bereits das Erfordernis einer nach dem Erfolgsprinzip zu treffenden und daher mit wenig Aufwand verbundenen Kostengrundentscheidung als schädlich für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands erachtet hat.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die praktizierte Auslegung des Nr. 7111 KV GKG unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz, weil auch eine echte Kostengrundentscheidung im Einzelfall mit sehr wenig Aufwand verbunden sein kann, bestehen nicht. Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12.10.1994, Az.: 1 BvL 19/90). Die Frage, ob der Gesetzgeber die „gerechteste“ gesetzliche Lösung gewählt hat oder ob auch andere Lösungen denkbar oder sogar gerechter gewesen wären, ist einer Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten entzogen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.1953, Az.: 1 BvR 147/52). Auch wenn der Gleichheitsgrundsatz erfordert, dass Gebührenmaßstäbe so auszugestalten sind, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um so die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern sicher zu stellen, findet dieses Gebot seine Grenzen unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, Az.: 2 BvL 5/76). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben, insbesondere der Praktikabilität, sieht der Senat keine Möglichkeit für eine weitergehende und kostenschuldnerfreundlichere Auslegung.

4. Zur Entscheidung im vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall ist zwar das Klagebegehren in der Hauptsache unstreitig erledigt worden. Das Gericht der Hauptsache hat jedoch eine Kostengrundentscheidung treffen müssen, die sich nicht lediglich in der Wiederholung einer von Gesetzes wegen vorgegebenen oder von den Beteiligten mitgeteilten Kostenfolge erschöpft hat. Eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG kommt daher nicht in Betracht.

Dies gilt unabhängig davon, ob neben einer Klagerücknahme im Übrigen - wie das SG - von einer Erledigung durch Teilanerkenntnis (dann Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG) oder - so die Ansicht des Senats - von einer übereinstimmenden Erledigungserklärung (dann Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG) ausgegangen wird.

Für letzteren Fall ergibt sich dies schon aus dem klaren Wortlaut der Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG, da sich die Beteiligten nicht über die Kostentragung des Hauptsacheverfahrens geeinigt haben und keine Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten erfolgt ist.

Wird hingegen - wie das SG - von einer Erledigung durch Teilanerkenntnis und im Übrigen durch Klagerücknahme ausgegangen, gilt Folgendes: Das Gericht der Hauptsache hat sich zumindest insofern nochmals mit der Hauptsache beschäftigen müssen, als es den Umfang des Obsiegens einerseits und des Unterliegens andererseits ermitteln und diese in Verhältnis setzen hat müssen. Dafür war ein erneuter Blick in die Akten erforderlich und nicht nur eine bereits im Gesetz vorgegebene Kostenentscheidung in Form eines Beschlusses auszusprechen. Damit ist die Kostengrundentscheidung des Hauptsachegerichts über den Umfang einer „unechten“ Kostengrundentscheidung hinausgegangen, so dass auch in diesem Fall eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG ausscheidet.

Der Kostensenat des Bayer. LSG entscheidet über die Beschwerde nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 66 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Tenor

I.

Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 26. Januar 2012 wird aufgehoben.

II.

Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 4. November 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) unter dem Gesichtspunkt der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG).

Das unter dem Aktenzeichen S 28 KA 881/07 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren des Erinnerungsführers und jetzigen Beschwerdegegners (im Folgenden: Beschwerdegegner) gegen die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns endete durch mit Schriftsatz vom 22.10.2007 erklärter Klagerücknahme. Anschließend erlegte das SG mit Beschluss vom 05.03.2008, gestützt auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), dem Beschwerdegegner die Kosten des Verfahrens auf; weiter stellte es fest, dass Kosten des Beigeladenen nicht zu erstatten seien, weil dieser weder Anträge zur Hauptsache gestellt habe noch Ausführungen des Beigeladenen das Verfahren wesentlich gefördert hätten, da auch ein Äußerungsbedarf noch nicht bestanden habe. Zudem wurde der Streitwert auf 5.000,- € festgesetzt.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 04.11.2011 setzte der Kostenbeamte des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert, Gerichtkosten in Höhe von 363,- € fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7110 KV GKG zugrunde. Der Ansatz der Gebühr nach Nr. 7110 KV GKG und nicht nach Nr. 7111 KV GKG wurde im Begleitschreiben vom 04.11.2011 damit begründet wurde, dass ein Beschluss nach billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO) erlassen worden sei.

Dagegen hat der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 09.11.2011 Erinnerung eingelegt. Die Erinnerung hat er damit begründet, dass im Falle der Klagerücknahme eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen sei und der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG erfüllt sei.

Mit Beschluss vom 26.01.2012 hat das SG die Gerichtskosten auf 121,- € festgesetzt und dabei den Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG zugrunde gelegt. Wegen der Klagerücknahme - so das SG - beruhe die Kostenentscheidung des Gerichts der Hauptsache auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 2 VwGO. Dass hinsichtlich der Tragung der Kosten des Beigeladenen eine Entscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO nach billigem Ermessen ergangen sei, führe nicht zum Ausschluss der Ermäßigung der Gerichtsgebühr. Nach dem Wortlaut der Nr. 7111 KV GKG seien die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr erfüllt.

Gegen den Beschluss des SG München vom 26.01.2012 hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schreiben vom 02.02.2012 Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Ansicht, dass der Ermäßigungstatbestand nur dann zur Anwendung komme, wenn das gesamte Verfahren, also die Hauptsache und die Kosten, erledigt seien und eine gerichtliche Kostenentscheidung entbehrlich geworden sei. Im vorliegenden Fall sei aber über die Kosten zu entscheiden gewesen. Dabei sei es unbeachtlich, ob die gerichtliche Kostenentscheidung nur deklaratorischen Charakter habe oder - wie hier - nach billigem Ermessen erfolgt sei. Außerdem sei es Teil des vom Beschwerdegegner eingegangenen Prozessrisikos, dass ein Mitbewerber seine Beiladung beantrage. Dass über die Kosten dieses Beigeladenen mit Beschluss entschieden werden müsse, könne nicht mit einer Ermäßigung der Gerichtskosten zulasten der Staatskasse honoriert werden.

Demgegenüber ist der Beschwerdegegner der Meinung, dass die Auslegung des Beschwerdeführers, eine „Beendigung des gesamten Verfahrens“ im Sinn der Nr. 7111 KV GKG umfasse auch den Kostenpunkt, neben der Sache liege und nicht haltbar sei. Nur im Fall der - hier nicht einschlägigen - Nummer 4 von Nr. 7111 KV GKG verhindere eine Kostenentscheidung die Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Erinnerungsverfahrens des SG beigezogen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.

Das SG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zur Anwendung komme. Der Gerichtskostenfeststellung vom 04.11.2011 hingegen ist zu Recht der Gebührentatbestand der Nr. 7110 KV GKG zugrunde gelegt worden.

Streitig ist ausschließlich die Frage, ob der Erhebung der Gerichtskosten der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde zu legen ist; im Übrigen ist die angefochtene Kostenfestsetzung zweifelsfrei nicht zu beanstanden.

Mit der inmitten stehenden Problematik, ob eine vom Gericht auszusprechende Kostengrundentscheidung bei Vorliegen eines Erledigungstatbestands im Sinn der Nr. 7111 KV GKG im Übrigen einer Anwendung des Ermäßigungstatbestands entgegensteht, hat sich der Senat in seinem Grundsatzbeschluss vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E, befasst und Folgendes ausgeführt:

„3. Voraussetzung einer Beendigung des gesamten Verfahrens

Die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG setzt bei vollständiger Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache voraus, dass entweder überhaupt kein gerichtlicher Beschluss des Gerichts der Hauptsache zu den Kosten zu treffen ist oder die zu erlassende Kostengrundentscheidung einzig und allein darin besteht, dass das Gericht nur eine von Gesetzes wegen vorgegebene eindeutige Rechtsfolge in Form eines Beschlusses auszusprechen hat, für den es - mit Ausnahme des zur Beendigung führenden Schreibens - keiner Kenntnis der Akten bedarf („unechte“ Kostengrundentscheidung), oder die Kostenentscheidung nur die einvernehmlich von den Beteiligten gefundene Kostentragung aufgreifen muss.

„3.1. Gesamtbeendigung

Es entspricht dem Wortlaut der Nr. 7111 KV GKG, der ganz überwiegenden Rechtsprechung (vgl. - teilweise zu vergleichbaren Ermäßigungstatbeständen - Oberlandesgericht - OLG - Hamburg, Beschluss vom 08.06.1996, Az.: 8 W 140/96; OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.09.2005, Az.: 3 Ta 136/05; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.04.2008, Az.: 6 AZR 1049/06; OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2014, Az.: 11 C 14.1588; a.A. Bayer. LSG, Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E), der Literatur (vgl. A., Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 3 und 5; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2015, KV 7111, Rdnr. 8, KV 5111, Rdnr. 5, KV 1211, Rdnr. 27) und dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus der oben (vgl. Ziff. 1.) angeführten Gesetzesbegründung ergibt, dass die Gebührenermäßigung eine Gesamtbeendigung des Verfahrens voraussetzt.

3.2. Fehlende Kostenentscheidung

Muss das Gericht der Hauptsache nach der Beendigung des Verfahrens im Übrigen noch eine Entscheidung zu den Kosten treffen, steht dies grundsätzlich einer Ermäßigung entgegen. Lediglich dann, wenn nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen ist, ist der Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 KV GKG anzuwenden.

3.2.1. Grundsatz

Eine streitige Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung durch das Gericht steht einer Ermäßigung entgegen.

Denn nur bei einer vollständigen Erledigung aller Streitpunkte des Rechtsstreits wird das gesetzgeberische Ziel einer Entlastung der Justiz (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69) nachhaltig erreicht. Ein Entlastungseffekt tritt hingegen nur eingeschränkt ein, wenn sich das Gericht noch im Rahmen der Kostenentscheidung inhaltlich mit der Sache befassen muss.

Wenn demgegenüber der 12. Senat des Bayer. LSG mit Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E, die Ansicht vertreten hat, dass allein das Vorliegen eines Beendigungstatbestands aus den Nr. 1 bis 3 von Nr. 7111 KV GKG ausreiche, um eine Ermäßigung zu begründen, ohne dass eine Beendigung des gesamten Verfahrens, also auch im Kostenpunkt, vorliegen müsse, und dies sowohl mit dem Wortlaut und der Systematik der Regelung begründet hat, kann sich der Senat dem nicht anschließen.

Dass beim Ermäßigungstatbestand für alle Alternativen der Nr. 7111 KV GKG - und nicht nur für die dortige Nr. 4, wie dies im vorgenannten Beschluss vom 04.04.2012 vertreten wird - eine Beendigung auch im Kostenpunkt erforderlich ist, ergibt sich aus dem Obersatz der Nr. 7111 KV GKG, wenn dort eine Beendigung des „gesamten“ Verfahrens vorausgesetzt wird. Zweifel an dieser Ansicht, wie sie der vorgenannten Entscheidung des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012 zugrunde liegen, können nicht damit begründet werden, dass nur unter Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG aufgeführt werde, dass keine (streitige) Entscheidung über die Kosten zu ergehen habe. Denn dieser Zusatz hat lediglich klarstellenden Charakter (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11), begründet aber kein zusätzliches, nicht bereits in Nr. 7111 KV GKG enthaltenes Tatbestandsmerkmal. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Gesetzesmaterialien, in denen der Streitstand zu den bis dahin nicht gesetzlich geregelten Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO und damit der Grund für den klarstellenden gesetzlichen Hinweis aufgezeigt worden ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.). Der Senat sieht daher keinen Raum für eine erweiternde Auslegung im Sinn des Beschlusses des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012, zumal die Regelung der Nr. 7111 KV GKG als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG ohnehin keiner weiten Auslegung zugänglich ist (vgl. A., a. a. O., GKG KV 1211, Rdnrn. 2 f. - m. w. N.).

3.2.2. Ausnahme

Hat das Gericht nach Beendigung des Verfahrens in der Sache nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen, steht dies einer Ermäßigung nicht entgegen.

Dass nicht jedwede gerichtliche Kostengrundentscheidung nach im Übrigen vollständiger Beendigung des Verfahrens die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 VV GKG verbietet, ergibt sich selbstredend schon daraus, dass gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 1 VwGO grundsätzlich ein gerichtlicher Beschluss über die Kosten zu erfolgen hat. Würde davon ausgegangen, dass allein dieses Erfordernis eines Beschlusses einer „Beendigung des gesamten Verfahrens“ im Sinn der Nr. 7111 KV GKG entgegen stehen würde, würde die Regelung der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG neben der in Nr. 7111 Nr. 4, 2. Alt. KV GKG aufgezeigten Konstellation auf die Fälle der in Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG genannten Beendigungstatbestände einer Verfahrensbeendigung durch Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis, wobei in beiden Fällen auch eine Regelung zu den Kosten enthalten sein müsste, beschränkt. In allen anderen in Nr. 7111 KV GKG genannten Beendigungstatbeständen wäre eine Gebührenermäßigung ausgeschlossen. Dieses in konträrem Widerspruch zur gesetzlichen Regelung stehende Ergebnis zeigt überdeutlich, dass allein die Tatsache, dass das Gericht noch eine Entscheidung zu den Kosten zu treffen hat, der Anwendung der Ermäßigungsregelung der Nr. 7111 KV GKG nicht entgegenstehen kann.

Wie sich aus der Gesetzesbegründung zum KostRMoG (vgl. a. a. O., S. 159 f.) ergibt, kommt eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG trotz Erforderlichkeit noch eines Kostenbeschlusses grundsätzlich nur dann zur Anwendung, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung und Einsichtnahme in die Akten treffen muss (vgl. auch zum Fall eines Verzichts auf Begründung des Kostenbeschlusses: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.03.2008, 2 UF 135/07; a.A. zum Fall des Begründungsverzichts: OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; offengelassen vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06), also bei seiner Entscheidung entweder nur der von den Parteien mitgeteilten Einigung in der Kostenfrage uneingeschränkt folgen muss oder wenn eine Partei ihre Bereitschaft zur Übernahme der Kosten erklärt hat.

Nichts anderes kann nach der Ansicht des Senats gelten, wenn sich die Kostenfolge allein aus der Form der Beendigung ergibt, ohne dass es zur Kostenentscheidung noch eines Blicks in die Akten des erledigten Verfahrens bedarf, der gerichtliche Kostenbeschluss also nur die sich bereits eindeutig aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge in Beschlussform fassen muss (vgl. A., a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5). Denn in einem so einfach gelagerten Fall ist der für das Gericht entstehende Aufwand für die Kostenentscheidung auch nicht ansatzweise mit dem bei der Abfassung eines Urteils anfallenden richterlichen Arbeitsaufwand vergleichbar, sondern weitgehend identisch mit der Konstellation, dass wegen der von den Beteiligten mitgeteilten Einigung über die Kosten überhaupt kein Beschluss nötig ist oder nur die von einem Beteiligten erklärte Bereitschaft zur Kostenübernahme in Beschlussform „gegossen“ werden muss.

Liegt demgegenüber eine „echte“ Kostengrundentscheidung in dem Sinn vor, dass die Entscheidung nur nach einem erneuten Blick in die Akten getroffen werden kann, kann der im Zusammenhang mit dieser Entscheidung anfallende Aufwand für das entscheidende Gericht erheblich bis nahezu genauso umfangreich werden wie im Fall eines Urteils (vgl. die Gesetzesbegründungen zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69 f., und zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.) und steht daher einer Gebührenermäßigung entgegen (vgl. A., a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5).

Der Senat ist sich durchaus bewusst, dass auch bei einer „echten“ Kostengrundentscheidung im vorgenannten Sinn der dadurch für das Gericht entstehende Aufwand nicht in jedem Fall an den eines Urteils heranreicht. In durchaus nicht wenigen Fällen wird der Aufwand eher dem Zeitumfang ähneln, wie er auch bei einer „unechten“ Kostengrundentscheidung, in dem das Gericht lediglich durch deklaratorischen Beschluss die sich aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge feststellt, anfällt. Insbesondere ist dann an eine Situation mit geringem Aufwand zu denken, wenn zur Ermittlung der Quote der Kostentragung im Rahmen der Kostengrundentscheidung, die im Regelfall anhand des Erfolgsprinzips vorzunehmen ist (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 24.05.2011, Az.: L 15 SB 66/09), lediglich ein Vergleich zwischen dem ursprünglich angestrebten Klageziel und dem letztlich Erreichten vorgenommen werden muss. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage einer Gebührenermäßigung allein anhand der auf der Grundlage von formalen Kriterien zu beantwortenden Frage zu entscheiden ist, ob die Kostengrundentscheidung des Gerichts lediglich eine bereits zwingend sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebende Kostenfolge beinhaltet und damit mit keinerlei Prüfaufwand verbunden ist oder ob sich das Gericht - unabhängig in welchem Umfang - weitere Gedanken vor der zu treffenden Kostenentscheidung machen muss. Denn im Sinne der gebotenen Verwaltungspraktikabilität kann es vom Urkundsbeamten genauso wie vom Kostenrichter nicht erwartet werden, den tatsächlich durch die zu treffende Kostengrundentscheidung anfallenden Aufwand zu ermitteln, zumal auch keinerlei Kriterien vorhanden wären, zwischen einem ausgesprochen geringen Zeitaufwand, wie er dem einer „unechten“ Kostengrundentscheidung ähnelt, und einem darüber hinausgehenden Aufwand zu differenzieren. Alles andere würde die Prüfpflichten und -möglichkeiten der Kostenbeamten und Kostenrichter übersteigen und dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter, der die Rechtsprechung des Kostensenats auch zum Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz durchzieht (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15, vom 11.05.2015, Az.: L 15 RF 14/15, und vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E), widersprechen.

Diese Ansicht des Senats findet ihre Bestätigung auch in den Gesetzesmaterialien. In der Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994 (vgl. a. a. O., S. 70) hat der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der mit dem Ermäßigungstatbestand verbundenen Anreizwirkung die Bereitschaft der Parteien gefördert werden solle,

„die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.“

Aus diesem Hinweis wird deutlich, dass der Gesetzgeber bereits das Erfordernis einer nach dem Erfolgsprinzip zu treffenden und daher mit wenig Aufwand verbundenen Kostengrundentscheidung als schädlich für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands erachtet hat.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die praktizierte Auslegung des Nr. 7111 KV GKG unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz, weil auch eine echte Kostengrundentscheidung im Einzelfall mit sehr wenig Aufwand verbunden sein kann, bestehen nicht. Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12.10.1994, Az.: 1 BvL 19/90). Die Frage, ob der Gesetzgeber die „gerechteste“ gesetzliche Lösung gewählt hat oder ob auch andere Lösungen denkbar oder sogar gerechter gewesen wären, ist einer Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten entzogen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.1953, Az.: 1 BvR 147/52). Auch wenn der Gleichheitsgrundsatz erfordert, dass Gebührenmaßstäbe so auszugestalten sind, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um so die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern sicher zu stellen, findet dieses Gebot seine Grenzen unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, Az.: 2 BvL 5/76). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben, insbesondere der Praktikabilität, sieht der Senat keine Möglichkeit für eine weitergehende und kostenschuldnerfreundlichere Auslegung.“

Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine vom Gericht der Hauptsache zu treffende Kostengrundentscheidung nur dann einer Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG nicht entgegensteht, wenn sich diese Entscheidung lediglich in der Wiederholung einer von Gesetzes wegen vorgegebenen oder von den/dem Beteiligten mitgeteilten Kostenfolge erschöpft. Oder mit anderen Worten: Ist die Kostengrundentscheidung allein auf der Grundlage der zur Verfahrensbeendigung führenden Erklärung(en) getroffen worden, ohne dass ein weiterer Blick in die Akten erforderlich gewesen ist, hat eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG zu erfolgen; anderenfalls ist für eine Gebührenermäßigung kein Raum (vgl. auch Beschluss des Senats vom 07.01.2016, Az.: L 15 SF 95/13 B).

Im vorliegenden Fall ist der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt worden. Auch wenn im Fall einer Klagerücknahme wegen der gemäß § 155 Abs. 2 VwGO vorgegebenen Kostenfolge (einer Kostentragung dessen, der die Klage zurückgenommen hat) grundsätzlich von einer „unechten“ Kostengrundentscheidung mit der Folge einer Gebührenermäßigung gemäß Nr. 7111 Nr. 1 KV GKG auszugehen ist, ist im hier vorliegenden Fall einer Beteiligung eines Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren ausnahmsweise nicht von einer solchen Kostengrundentscheidung auszugehen. Denn gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ist die vom Gericht zu treffende Kostengrundentscheidung, soweit sie die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen betrifft, eine Ermessensentscheidung und damit insofern eine echte Kostengrundentscheidung. Eine solche Entscheidung kann nicht allein auf der Grundlage der zur Verfahrensbeendigung führenden Erklärung der Rücknahme und einer vom Gesetzgeber daran geknüpften kostenrechtlichen Konsequenz getroffen werden, sondern bedarf eines weiteren Blicks in die Akten, um die Ausübung des für die Kostenentscheidung erforderlichen Ermessens zu gewährleisten. Damit ist eine Ermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG ausgeschlossen.

Der Senat ist sich bewusst, dass damit im Fall einer Klagerücknahme regelmäßig nicht eine Ermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG erfolgen wird, sofern im Verfahren ein Beigeladener beteiligt gewesen ist. Zwar kann auch in solchen Fällen der die Klage zurücknehmende Kläger eine Anwendung des Ermäßigungstatbestands dadurch bewirken, dass er seine Bereitschaft zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen erklärt. Eine derartige Erklärung wird aber - dies zeigt auch der hier entschiedene Fall - oft nicht erfolgen. Gleichwohl sieht der Senat in derartigen Fällen keine Grundlage, einem sein Rechtsmittel zurücknehmenden Kläger durch die Anwendung des Ermäßigungstatbestands zulasten der Staatskasse entgegenzukommen. Denn für eine Kostenprivilegierung ist dann kein Raum, wenn das Gericht der Hauptsache noch eine Kostenentscheidung treffen muss, die mit erheblichem richterlichem Arbeitsaufwand verbunden sein kann, weil eine Auseinandersetzung mit dem Streitstoff, insbesondere mit den Erfolgsaussichten der Prozessparteien erforderlich ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen [Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 - KostRÄndG 1994] - Bundestags-Drucksache 12/6962, S. 70), wie es auch bei der gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Entscheidung der Fall ist.

Darauf, wie hoch der Aufwand des Gerichts der Hauptsache für die mit Blick auf den Beigeladenen zu treffende Kostenentscheidung im Einzelfall tatsächlich ist, kommt es nicht an. Denn die Frage einer Gebührenermäßigung ist allein anhand der auf der Grundlage von formalen Kriterien zu beantwortenden Frage zu entscheiden, ob die Kostengrundentscheidung des Gerichts lediglich eine bereits zwingend sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebende Kostenfolge beinhaltet und damit mit keinerlei Prüfaufwand verbunden ist oder ob sich das Gericht - unabhängig in welchem Umfang - weitere Gedanken vor der zu treffenden Kostenentscheidung machen muss (vgl. Beschluss des Senats vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E).

Für eine erweiternde Auslegung in dem Sinn, dass es mit Blick auf die Anreizwirkung der Nr. 7111 KV GKG zur umfassenden unstreitigen Verfahrensbeendigung allein auf die Kostenregelung betreffend Kläger und Beklagte, nicht aber den Beigeladenen ankommen sollte, sieht der Senat keinen Raum, zumal die Regelung der Nr. 7111 KV GKG als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG ohnehin keiner weiten Auslegung zugänglich ist (vgl. Beschluss des Senats vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E; A., a. a. O., GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 1 f. - m. w. N.).

Dass es in Verfahren mit Beigeladenen im Fall der Klagerücknahme wie hier regelmäßig nicht zu einer Gebührenermäßigung gemäß Nr. 7111 KV GKG kommen wird, ist daher hinzunehmen.

Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 19/05
vom
12. März 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 544 Abs. 7; GKG §§ 1, 3, 66; GKVerz Nr. 1230, 1242, 1243
Entscheidet der Bundesgerichtshof über eine Nichtzulassungsbeschwerde
durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO können Gerichtsgebühren nicht erhoben
werden, weil dafür eine gesetzliche Grundlage im Gerichtskostengesetz
fehlt und eine analoge Anwendung anderer Kostenvorschriften zu Lasten der
Parteien ausscheidet.
BGH, Beschluss vom 12. März 2007 - II ZR 19/05 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. März 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe

beschlossen:
Der Kostenansatz vom 3. Mai 2006 wird abgeändert. Kosten werden nicht erhoben.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:


1
I. Das Oberlandesgericht München hat den Beklagten zur Zahlung von 372.309,97 € verurteilt und die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 24. April 2006 das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Der Kostenbeamte des Bundesgerichtshofs hat mit Kostenrechnung vom 3. Mai 2006 Gerichtskosten in Höhe von 11.780,00 €, nämlich fünf Gebühren nach Kostenverzeichnis (KV) Nr. 1230 zu § 3 Abs. 2 GKG angesetzt. Dagegen richtet sich die Erinnerung des Beklagten. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2
II. 1. Der Senat ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 139 Abs. 1 GVG zur Entscheidung über die Erinnerung berufen (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Januar 2005 - V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584; v. 22. Februar 2006 - RiZ(R) 1/05, NJW-RR 2006, 1003).
3
2. Die Erinnerung ist begründet. Das KV enthält keine Regelung, die die Erhebung von Gerichtsgebühren bei einer Entscheidung nach § 544 Abs. 7 ZPO zulässt. Eine analoge Anwendung von Vorschriften des KV scheidet aus, weil nach § 1 GKG, dem Vorbehalt des Gesetzes entsprechend, sämtliche gerichtlichen Handlungen kostenfrei sind, für die das Gesetz einschließlich des zugehörigen Kostenverzeichnisses nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2006 - RiZ (R) 1/05, NJW-RR 2006, 1003 f. m.w.Nachw.; Hartmann, KostG 36. Aufl. § 1 GKG Rdn. 1 und 16).
4
a) Auf Nr. 1230 KV stützt sich der Kostenbeamte zu Unrecht. Die Kostenvorschrift findet, wie die Nrn. 1231 und 1232, ausschließlich auf Revisionsverfahren Anwendung. Wird - wie in dem hier durchgeführten Verfahren - auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil nach § 544 Abs. 7 ZPO durch Beschluss aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen , findet - unabhängig von der Frage, ob dieser Beschluss inzident die Zulassung der Revision enthält - jedenfalls kein Revisionsverfahren im Sinne von Nr. 1230 KV statt. Das ergibt sich schon aus § 544 Abs. 7 ZPO selbst, der ausdrücklich bestimmt, dass durch den stattgebenden Beschluss „abweichend von § 544 Abs. 6 ZPO“ das Beschwerdeverfahren nicht als Revisionsverfahren fortgesetzt wird. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung ist eine dem § 544 Abs. 7 ZPO widersprechende kostenrechtliche Gleichbehandlung des Revisions - und des Verfahrens nach § 544 Abs. 7 ZPO ausgeschlossen.
5
b) Nrn. 1242, 1243 KV finden ebenfalls keine Anwendung auf das Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO. Diese Bestimmungen sind ausschließlich die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für das Nichtzulassungsbe- schwerdeverfahren. Im übrigen käme ein Kostenansatz auch deswegen nicht in Betracht, weil nach Nr. 1243 KV (letzter Satz) bei einem der Beschwerde stattgebenden Beschluss keine Gebühr entsteht und es sich bei der auf § 544 Abs. 7 ZPO gestützten Entscheidung um einen solchen stattgebenden Beschluss handelt.
6
c) Dass der Gesetzgeber, der im Zusammenhang mit der Zivilprozessrechtsreform die Erforderlichkeit der Erhebung von Gebühren für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren näher begründet hat (BT-Drucks. 14/4722 S. 140), bei der späteren Einführung des § 544 Abs. 7 ZPO durch das Anhörungsrügengesetz die Kostenvorschriften nicht angepasst hat, führt - wie der Kostenprüfungsbeamte in der Sache zu Recht angeführt hat - zu dem wenig einsichtigen Ergebnis, dass zwar für erfolglose, ebenfalls durch Beschluss erledigte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zwei Gebühren anzusetzen sind, das Revisionsgericht dagegen im Falle einer erfolgreichen, die Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach sich ziehenden Beschwerde kostenlos tätig sein muss. Obwohl in der Regel der Arbeitsaufwand für das zuletzt genannte Verfahren, jedenfalls soweit - wie regelmäßig - Hinweise für die künftige Sachbehandlung gegeben werden, deutlich höher als bei einem erfolglosen Beschwerdeverfahren ist und eher einer Revisionsentscheidung im schriftlichen Verfahren nahe kommt, ist diese gebührenrechtliche Regelungslücke hinzu- nehmen, solange der hierzu allein berufene Gesetzgeber nicht Abhilfe geschaffen hat.
Goette Kurzwelly Kraemer
Gehrlein Caliebe
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 13.05.2004 - 5 HKO 10731/03 -
OLG München, Entscheidung vom 10.11.2004 - 7 U 3518/04 -

Tenor

Es ist kein Streitwert nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) festzusetzen.

Gründe

1

I. Das LSG hat auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerinnen den Beschluss der 1. Vergabekammer (VK) des Bundes vom 17.4.2009 aufgehoben, den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen und der Antragstellerin Kosten auferlegt (Beschluss vom 24.8.2009). Es hat den Wert, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat, mithin den Gegenstandswert (§ 2 Abs 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz)für die Antragstellerin, die Antragsgegnerinnen und die Beigeladene zu 5. festgesetzt (Beschluss vom 27.1.2010). Das LSG will nun einen Streitwert nach dem GKG festsetzen, sieht sich darin aber durch die Rechtsprechung des BSG gehindert (SozR 4-1500 § 142a Nr 2) und hat die Sache deshalb dem BSG vorgelegt (Beschluss vom 3.5.2010).

2

II. 1. Die Vorlage ist zulässig. § 142a Abs 4 Satz 1 SGG schränkt den Fall einer Vorlage an das BSG nicht auf einen spezifischen Kreis von Rechtsfragen ein, sondern umfasst auch die Streitwertfestsetzung nach dem GKG. Stets, wenn ein LSG von einer Entscheidung eines anderen LSG oder des BSG abweichen will oder es den Rechtsstreit aus den gesetzlich genannten Gründen für grundsätzlich bedeutsam hält, legt es die Sache dem BSG vor (§ 142a Abs 4 Satz 1 SGG). Ebenso, wie das BSG sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen kann, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt erscheint (§ 142a Abs 4 Satz 3 SGG), kann das LSG - wie vorliegend geschehen - über die abtrennbaren, ohne Vorlage an das BSG entscheidbaren Verfahrensteile vorab entscheiden und nur den vorlagepflichtigen Teil dem BSG vorlegen. Sachlich schränkt § 142a SGG die Vorlagepflicht bei sofortigen Beschwerden nur dadurch ein, dass sie entsprechend § 124 Abs 2 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht im Verfahren nach § 118 Abs 1 Satz 3 und nach § 121 GWB gilt(s § 142a Abs 4 Satz 4 SGG). Darum geht es vorliegend indes nicht. Zutreffend hat das LSG zudem darauf hingewiesen, dass diese Auslegung des § 142a Abs 4 Satz 1 SGG in der Sache mit der Rechtsprechung des BGH zu § 124 Abs 2 GWB übereinstimmt(BGH WRP 2008, 1563, RdNr 5).

3

2. Entgegen der Rechtsauffassung des vorlegenden LSG hält der erkennende Senat daran fest, dass nach der vom Gesetzgeber trotz erheblicher Gebührenausfälle nicht geänderten Rechtslage für sofortige Beschwerden in Verfahren bei der Sozialgerichtsbarkeit keine streitwertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen (BSG SozR 4-1500 § 142a Nr 2 Leitsatz 5) und deshalb eine Festsetzung des Streitwerts nach dem GKG zu unterbleiben hat. Denn die Festsetzung des Streitwerts nach dem GKG setzt voraus, dass dort Gebühren geregelt sind, die sich nach dem Streitwert richten (§ 63 Abs 1 GKG; vgl auch Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl 2010, § 63 GKG RdNr 8 mwN). Daran fehlt es.

4

Abgesehen vom Gebührentatbestand 7504 der Anlage 1 zum GKG können Gerichtsgebühren für sofortige Beschwerden nach § 142a SGG nicht erhoben werden, weil dafür eine gesetzliche Grundlage im GKG fehlt und eine analoge Anwendung anderer Kostenvorschriften zu Lasten der Beteiligten ausscheidet(vgl BSG SozR 4-1500 § 142a Nr 2 RdNr 18 mwN). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats gilt in Verfahren der sofortigen Beschwerde in der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich das SGG, soweit nicht § 142a SGG speziell auf Regelungen des GWB verweist(vgl BSG SozR 4-1500 § 142a Nr 3 RdNr 8; Hauck in Hennig, SGG, Stand April 2010, § 142a RdNr 7). So liegt es für die Gerichtskosten. Gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Zutreffend hat das LSG erkannt, dass Teil 7 der Anlage 1 zum GKG - Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - keine Gebührentatbestände für sofortige Beschwerden nach § 142a Abs 1 SGG beinhaltet, die streitwertabhängig sind.

5

3. Soweit das LSG aus der in § 142a Abs 1 SGG vorgesehenen entsprechenden Anwendung des § 116 Abs 1 und 2 GWB etwas anderes ableiten will, vermag ihm der erkennende Senat nicht zu folgen. Die entsprechende Anwendung dieser Regelungen betrifft lediglich die Zulässigkeit sofortiger Beschwerden gegen Entscheidungen oder Nichtentscheidungen von Vergabekammern. Nach § 116 Abs 1 GWB ist nämlich gegen Entscheidungen der Vergabekammer die sofortige Beschwerde zulässig. Sie steht den am Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten zu. Gemäß § 116 Abs 2 GWB ist die sofortige Beschwerde auch zulässig, wenn die Vergabekammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Frist des § 113 Abs 1 GWB entschieden hat; in diesem Fall gilt der Antrag als abgelehnt. Eine Verweisung auf das GKG enthalten diese Regelungen nicht.

6

Es widerspräche dem aus § 1 GKG abzuleitenden Analogieverbot im Kostenrecht(vgl BSG SozR 4-1500 § 142a Nr 2 Leitsatz 5 und RdNr 18 mwN), dennoch von streitwertabhängigen Gebührentatbeständen im Rahmen der Verfahren nach § 142a SGG auszugehen. Ebenso wenig, wie aus § 202 SGG über den Wortlaut der Norm hinaus eine Verweisung auf die Gebührentatbestände für sofortige Beschwerden in Vergaberechtssachen vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit abgeleitet werden kann(vgl BVerfG PharmR 2010, 360 ff), ist dies durch eine Auslegung des § 116 Abs 1 und 2 GWB über seinen Wortlaut hinaus zulässig. Eine im Wege analoger Normanwendung zu schließende Regelungslücke könnte allenfalls in Teil 7 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum GKG) diskutiert werden. Besteht sie, so darf sie nicht durch analoge Anwendung der Gebührentatbestände geschlossen werden, die in Teil 1 der Anlage 1 zum GKG für zivilrechtliche Verfahren vor den ordentlichen Gerichten für Beschwerdeverfahren nach § 116 GWB vorgesehen sind(KV Nr 1220 - 1223). Einer solchen Lückenschließung steht das Analogieverbot des § 1 GKG entgegen.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Urkundsbeamten in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) unter dem Gesichtspunkt der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG).

Das unter dem Aktenzeichen S 11 R 765/09 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren der Erinnerungsführerin und jetzigen Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) wegen einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch wurde durch Teilabhilfebescheid der damaligen Beklagten vom 19.05.2011 und im Übrigen durch Klagerücknahme (Schriftsatz vom 05.06.2012) erledigt. Mit Beschluss vom 13.06.2012 wurden, gestützt auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Kosten des Verfahrens entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen zu 4/7 der Beschwerdeführerin und zu 3/7 der damaligen Beklagten auferlegt und der Streitwert auf 67.912,40 € festgesetzt.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 11.04.2013 setzte der Kostenbeamte des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert, Gerichtskosten in Höhe von 1.124,57 € fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7110 KV GKG zugrunde.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30.04.2013 Erinnerung eingelegt.

Mit Beschluss vom 05.06.2013 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Für die von der Beschwerdeführerin begehrte Anwendung des Ermäßigungstatbestands nach Nr. 7111 KV GKG hat es schon wegen des Wortlauts dieser Regelung keinen Raum gesehen, da sich das Verfahren durch „Annahme eines Teilanerkenntnisses“ und Klagerücknahme im Übrigen erledigt habe. Zudem sei - so das SG - mangels Einigung der Beteiligten hinsichtlich der Kosten eine richterliche Kostengrundentscheidung nach § 197 a SGG i.V.m § 161 Abs. 2 VwGO notwendig gewesen. Sowohl im Sinn der Kostengerechtigkeit als auch zum Zweck der Prozesswirtschaftlichkeit könne den Parteien der Ermäßigungstatbestand nicht zugutekommen, wenn mangels Einigung über die Kostentragung eine richterliche Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Rechtsstands mit einem möglicherweise erheblichen richterlichen Arbeitsaufwand erforderlich sei. Dies entspreche der Gesetzesintention, wie sie in Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG ihren Ausdruck finde, wonach eine Einigung über die Kosten Voraussetzung für die Ermäßigung sei. Offenbleiben könne, ob für die Anwendung der Nr. 7111 KV GKG grundsätzlich das gesamte Verfahren, d. h. inklusive der Kosten, erledigt sein müsse oder ob im Fall eines Vergleichs aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 160 VwGO die Ermäßigung angewandt werden könne, da der gerichtliche Beschluss nur auf das Gesetz verweisen müsse. Denn vorliegend sei jedenfalls eine richterliche Ermessensentscheidung und somit ein Mehraufwand erforderlich gewesen. In Fällen, in denen mangels Einigung der Beteiligten über die Kosten das Gericht tätig werden müsse, könne eine Ermäßigung nicht gewährt werden.

Mit Schreiben vom 24.06.2013 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und diese mit Hinweis auf das Vorbringen im Erinnerungsverfahren (Schreiben vom 09.01.2013) begründet. Sie ist der Ansicht, dass eine Ermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG zu erfolgen habe. Aufgrund der teilweisen Klagerücknahme und des „Teilanerkenntnisses“ habe das SG nicht über die materielle Begründetheit der streitgegenständlichen Forderung entscheiden müssen; ein mit der Abfassung eines Urteils vergleichbarer richterlicher Arbeitsaufwand sei nicht entstanden. Im Beschluss vom 13.06.2012 sei lediglich eine Kostenverteilung gemäß der Quote des Unterliegens erfolgt. Diese habe sich aus der Höhe der zurückgenommenen im Verhältnis zu der anerkannten Forderung errechnet.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Erinnerungsverfahrens des SG beigezogen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Gerichtskostenfeststellung vom 11.04.2013 ist nicht zu beanstanden, wie dies auch das SG mit Beschluss zur Erinnerung vom 05.06.2013 festgestellt hat; der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG kommt vorliegend nicht zur Anwendung.

Streitig ist ausschließlich die Frage, ob der Erhebung der Gerichtskosten der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde zu legen ist; im Übrigen ist die angefochtene Kostenfestsetzung zweifelsfrei nicht zu beanstanden.

1. Gesetzliche Regelung der Nr. 7111 KV GKG

Die Voraussetzungen einer Ermäßigung des Satzes der Gebühr nach § 34 GKG vom 3,0-Fachen für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 7110 KV GKG) auf das 1,0-Fache sind in Nr. 7111 KV GKG wie folgt formuliert:

„Beendigung des gesamten Verfahrens durch

1. Zurücknahme der Klage

a) vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung oder,

b) wenn eine solche nicht stattfindet, vor Ablauf des Tages, an dem das Urteil oder der Gerichtsbescheid der Geschäftsstelle übermittelt wird,

2. Anerkenntnisurteil,

3. gerichtlichen Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis oder

4. Erledigungserklärungen nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 2 VwGO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten folgt,

es sei denn, dass bereits ein Urteil oder ein Gerichtsbescheid vorausgegangen ist.“

Die mit dem Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I S. 718) eingeführte Regelung der Nr. 7111 KV GKG hat der Gesetzgeber weitgehend an Nr. 5111 KV GKG und diese wiederum strukturell an Nr. 1211 KV GKG angelehnt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 173, 170).

Zu den allgemein-strukturellen Änderungen des KostRMoG hat der Gesetzgeber Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 141 f.):

„Mit dem Gesetzentwurf wird eine vollständige Neufassung des Gerichtskostengesetzes vorgeschlagen. Neben einer Vielzahl struktureller Änderungen sollen in Teilbereichen die Gebühren erhöht werden.

...

Strukturelle Änderungen

1. ...

2. Durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 wurde für Prozessverfahren erster Instanz in Zivilsachen ohne Familiensachen und für das erstinstanzliche Verfahren über Anträge auf Anordnung, Aufhebung oder Abänderung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung eine neue Gebührenstruktur (Pauschalgebührensystem) eingeführt: Das gesamte Verfahren wird durch eine pauschale Verfahrensgebühr abgegolten, neben der Entscheidungsgebühren nicht mehr erhoben werden. Eine Ermäßigung der pauschalen Verfahrensgebühr tritt nur ein, wenn das gesamte Verfahren durch Klagerücknahme, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil oder durch Vergleich endet. Wird nur ein Teil des Verfahrens auf eine dieser Arten erledigt, verbleibt es bei der vollen pauschalen Verfahrensgebühr. Das Pauschalgebührensystem wurde zunächst auf Zivilsachen erster Instanz ohne Familiensachen beschränkt, da die Auswirkungen auf den Prozessverlauf nicht vorhersehbar waren. Eine Entscheidung über die Ausdehnung der neuen Gebührenstruktur auf weitere Bereiche sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden. Die zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen haben ergeben, dass das Pauschalgebührensystem zu einer spürbaren Arbeitserleichterung bei den Gerichten geführt hat. Insbesondere der Verwaltungsaufwand für die Berechnung und die Einziehung der Gerichtskosten konnte spürbar verringert werden. Die der Einführung des Pauschalgebührensystems zugrunde liegenden Überlegungen (vgl. Bundestagsdrucksache 12/6962, S. 52) haben sich als zutreffend erwiesen. Negative Auswirkungen auf den Verlauf der Rechtsstreitigkeiten sind nicht festgestellt worden. Zudem hat sich die Erwartung erfüllt, dass mit der eingeführten Gebührenstruktur der Verlust an Gebührengerechtigkeit auf ein im Interesse der Vereinfachung vertretbares und zumutbares Maß begrenzt werden konnte.

3. Aufgrund der positiven Erfahrungen wird nunmehr vorgeschlagen, das Pauschalgebührensystem auf alle Rechtszüge und die Verfahren aller Gerichtsbarkeiten ausdehnen. ...“

Zur Begründung von Nr. 1211 KV GKG ist Folgendes erläutert worden (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.):

„... Eine Gebührenermäßigung soll wie bisher nur erfolgen, wenn durch den Eintritt des Ermäßigungstatbestands das gesamte Verfahren erledigt wird. Zusätzlich zu den bisher geregelten Ermäßigungstatbeständen wird vorgeschlagen, auch Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO in die Begünstigung einzubeziehen, wenn entweder eine Entscheidung über die Kosten überhaupt nicht ergeht, weil die Parteien übereinstimmend auf eine Kostenentscheidung verzichten, oder aber die Entscheidung einer zuvor dem Gericht mitgeteilten (außergerichtlichen) Einigung der Parteien in der Kostenfrage bzw. der Erklärung einer Partei, die Kosten übernehmen zu wollen, folgt. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob bereits das geltende Recht in diesen Fällen eine Gebührenprivilegierung zulässt (vgl. zum Meinungsstand: Zöller-Vollkommer/Herget, ZPO, 23. Aufl., Rnr. 59 zu § 91a). Gegen eine Privilegierung wird eingewandt, der klare Wortlaut des Gesetzes stehe ihr entgegen. Die Gegenmeinung befürwortet zur Vermeidung von „Unbilligkeiten“ eine Gebührenermäßigung in den Fällen, in denen die wechselseitigen Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO von einem Verzicht auf die Kostenentscheidung, von Erklärungen zu einer übereinstimmenden Kostenregelung oder von der Kostenübernahmeerklärung einer Partei begleitet werden und die Kostenentscheidung des Gerichts deshalb entweder unterbleibt oder der Übereinkunft oder der Übernahmeerklärung in vollem Umfang folgt. Die vorgeschlagene Regelung schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO sind zwar grundsätzlich allein für sich betrachtet noch nicht geeignet, einen der Abfassung eines Urteils vergleichbaren richterlichen Arbeitsaufwand bei der abschließenden Verfahrensentscheidung entbehrlich werden zu lassen, weil das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden hat. Dieser Aufwand entfällt aber nicht nur, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung treffen muss, sondern auch, wenn es bei seiner Entscheidung einer zuvor von den Parteien mitgeteilten Einigung in der Kostenfrage uneingeschränkt folgt. In diesen Fällen reicht zur Begründung der Entscheidung eine Bezugnahme auf die aktenkundig gemachte Einigung aus. Gleiches gilt, wenn eine Partei ihre Bereitschaft zur Übernahme der Kosten erklärt hat. Im Falle einer Entscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO soll die Ermäßigung ausgeschlossen werden, es sei denn, die Entscheidung folgt einer zuvor dem Gericht mitgeteilten (außergerichtlichen) Einigung der Parteien in der Kostenfrage bzw. der Erklärung einer Partei zur Kostenübernahme. Dies entspricht der Regelung im Falle einer Entscheidung nach § 91a ZPO.“

Nr. 1202 KV GKG, die Vorgängerregelung zu Nr. 1211 KV GKG, die mit dem Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 - KostRÄndG 1994) vom 24.06.1994 (BGBl I S. 1325) eingeführt worden war, hatte der Gesetzgeber wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen [Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 - KostRÄndG 1994] - Bundestags-Drucksache 12/6962, S. 70):

„Künftig soll eine Ermäßigung der Gebühr nur dann eintreten, wenn das gesamte Verfahren durch Zurücknahme der Klage, durch Anerkenntnis- und Verzichtsurteil oder durch Abschluss eines Vergleichs vor Gericht erledigt wird. Wird nur ein Teil des Verfahrens auf diese Weise erledigt, soll eine Ermäßigung demnach nicht eintreten. Die Ermäßigung soll aber auch eintreten, wenn das gesamte Verfahren durch mehrere der genannten Varianten vollständig beendet wird. Entscheidungen nach § 91 a ZPO sollen nicht mehr gebührenmäßig begünstigt werden, weil sie erheblichen richterlichen Arbeitsaufwand auslösen. Sie erfordern eine weitgehende Auseinandersetzung mit dem Streitstoff, insbesondere mit den Erfolgsaussichten der Prozessparteien. Die Nichtbegünstigung dieser Entscheidungen könnte die Parteien überdies dazu veranlassen, die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen. Der Ausschluss einer Ermäßigung für die Fälle, in denen nur für Teile des Streitgegenstandes die Voraussetzungen vorliegen, ist unerläßlich, will man eine spürbare Vereinfachung der Kostenberechnung bewirken. Würde die Ermäßigung auch eintreten, wenn die Voraussetzungen nur für Teile des Streitgegenstandes erfüllt sind, müßten nach § 21 Abs. 3 GKG die Gebühren für die Teile gesondert berechnet werden. Die Summe dieser Gebühren dürfte aber die nach dem höchsten Gebührensatz aus dem Gesamtbetrag der Wertteile errechnete Gebühr nicht überschreiten. Ferner würden in sehr viel mehr Fällen Gebührenermäßigungen eintreten, die zu einer Rückzahlung eines Teils der als Vorauszahlung geleisteten Gebühr führen und damit Mehrarbeit verursachen würden.“

2. Anwendbarkeit der Nr. 7111 KV GKG bei Verfahrensbeendigung durch zwei Beendigungstatbestände

Eine Ermäßigung im Sinn der Nr. 7111 KV GKG kommt grundsätzlich nicht nur bei einer Beendigung des Verfahrens durch einen einzigen der in Nr. 7111 KV GKG genannten Beendigungstatbestände in Betracht, sondern auch bei einer Beendigung durch eine Kombination von zwei (oder mehr) Beendigungstatbeständen.

Sofern das SG eine Anwendung der Nr. 7111 KV GKG schon wegen des Wortlauts abgelehnt hat, weil das Verfahren durch „Teilanerkenntnis“ - ob im Teilabhilfebescheid vom 19.05.2011 tatsächlich ein (angenommenes) Teilanerkenntnis zu sehen ist oder nicht eher von einer (übereinstimmenden) Erledigungserklärung im Sinn des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 2 VwGO auszugehen ist mit der Folge, dass insofern ein Fall der Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG gegeben wäre, kann dahingestellt bleiben, da bei Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG keine geringeren Anforderungen für eine Gebührenermäßigung gelten - und Klagerücknahme und nicht durch einen einzigen Beendigungstatbestand beendet worden sei, hält der Senat diese Ansicht für zu streng.

Es ist dem SG zwar durchaus zuzugestehen, dass der Wortlaut des Gesetzes („oder“ am Ende von Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG) bei strenger Betrachtung dahingehend interpretiert werden könnte, dass eine Ermäßigung nur bei einer Klagerücknahme (Nr. 7111 Nr. 1 KV GKG) oder einem Anerkenntnisurteil (Nr. 7111 Nr. 2 KV GKG) oder einem gerichtlichen Vergleich oder angenommenen Anerkenntnis (Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG) oder einer Erledigungserklärung (Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG) in Betracht komme, nicht aber bei einer Beendigung des Verfahrens durch die Kombination von zwei (oder mehr) der vorgenannten Beendigungstatbestände. Eine derartige Auslegung hält der Senat aber für zu restriktiv. Sie würde auch der gesetzgeberischen Intention nicht gerecht. So hat der Gesetzgeber bereits zum KostRÄndG 1994 Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 70):

„Die Ermäßigung soll aber auch eintreten, wenn das gesamte Verfahren durch mehrere der genannten Varianten vollständig beendet wird.“

3. Voraussetzung einer Beendigung des gesamten Verfahrens

Die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG setzt bei vollständiger Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache voraus, dass entweder überhaupt kein gerichtlicher Beschluss des Gerichts der Hauptsache zu den Kosten zu treffen ist oder die zu erlassende Kostengrundentscheidung einzig und allein darin besteht, dass das Gericht nur eine von Gesetzes wegen vorgegebene eindeutige Rechtsfolge in Form eines Beschlusses auszusprechen hat, für den es - mit Ausnahme des zur Beendigung führenden Schreibens - keiner Kenntnis der Akten bedarf („unechte“ Kostengrundentscheidung), oder die Kostenentscheidung nur die einvernehmlich von den Beteiligten gefundene Kostentragung aufgreifen muss.

3.1. Gesamtbeendigung

Es entspricht dem Wortlaut der Nr. 7111 KV GKG, der ganz überwiegenden Rechtsprechung (vgl. - teilweise zu vergleichbaren Ermäßigungstatbeständen - Oberlandesgericht - OLG - Hamburg, Beschluss vom 08.06.1996, Az.: 8 W 140/96; OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.09.2005, Az.: 3 Ta 136/05; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.04.2008, Az.: 6 AZR 1049/06; OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2014, Az.: 11 C 14.1588; a.A. Bayer. LSG, Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E), der Literatur (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 3 und 5; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2015, KV 7111, Rdnr. 8, KV 5111, Rdnr. 5, KV 1211, Rdnr. 27) und dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus der oben (vgl. Ziff. 1.) angeführten Gesetzesbegründung ergibt, dass die Gebührenermäßigung eine Gesamtbeendigung des Verfahrens voraussetzt.

3.2. Fehlende Kostenentscheidung

Muss das Gericht der Hauptsache nach der Beendigung des Verfahrens im Übrigen noch eine Entscheidung zu den Kosten treffen, steht dies grundsätzlich einer Ermäßigung entgegen. Lediglich dann, wenn nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen ist, ist der Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 KV GKG anzuwenden.

3.2.1. Grundsatz

Eine streitige Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung durch das Gericht steht einer Ermäßigung entgegen.

Denn nur bei einer vollständigen Erledigung aller Streitpunkte des Rechtsstreits wird das gesetzgeberische Ziel einer Entlastung der Justiz (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69) nachhaltig erreicht. Ein Entlastungseffekt tritt hingegen nur eingeschränkt ein, wenn sich das Gericht noch im Rahmen der Kostenentscheidung inhaltlich mit der Sache befassen muss.

Wenn demgegenüber der 12. Senat des Bayer. LSG mit Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E, die Ansicht vertreten hat, dass allein das Vorliegen eines Beendigungstatbestands aus den Nr. 1 bis 3 von Nr. 7111 KV GKG ausreiche, um eine Ermäßigung zu begründen, ohne dass eine Beendigung des gesamten Verfahrens, also auch im Kostenpunkt, vorliegen müsse, und dies sowohl mit dem Wortlaut und der Systematik der Regelung begründet hat, kann sich der Senat dem nicht anschließen.

Dass beim Ermäßigungstatbestand für alle Alternativen der Nr. 7111 KV GKG - und nicht nur für die dortige Nr. 4, wie dies im vorgenannten Beschluss vom 04.04.2012 vertreten wird - eine Beendigung auch im Kostenpunkt erforderlich ist, ergibt sich aus dem Obersatz der Nr. 7111 KV GKG, wenn dort eine Beendigung des „gesamten“ Verfahrens vorausgesetzt wird. Zweifel an dieser Ansicht, wie sie der vorgenannten Entscheidung des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012 zugrunde liegen, können nicht damit begründet werden, dass nur unter Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG aufgeführt werde, dass keine (streitige) Entscheidung über die Kosten zu ergehen habe. Denn dieser Zusatz hat lediglich klarstellenden Charakter (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11), begründet aber kein zusätzliches, nicht bereits in Nr. 7111 KV GKG enthaltenes Tatbestandsmerkmal. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Gesetzesmaterialien, in denen der Streitstand zu den bis dahin nicht gesetzlich geregelten Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO und damit der Grund für den klarstellenden gesetzlichen Hinweis aufgezeigt worden ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.). Der Senat sieht daher keinen Raum für eine erweiternde Auslegung im Sinn des Beschlusses des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012, zumal die Regelung der Nr. 7111 KV GKG als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG ohnehin keiner weiten Auslegung zugänglich ist (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 1 f. - m. w. N.).

3.2.2. Ausnahme

Hat das Gericht nach Beendigung des Verfahrens in der Sache nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen, steht dies einer Ermäßigung nicht entgegen.

Dass nicht jedwede gerichtliche Kostengrundentscheidung nach im Übrigen vollständiger Beendigung des Verfahrens die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 VV GKG verbietet, ergibt sich selbstredend schon daraus, dass gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 1 VwGO grundsätzlich ein gerichtlicher Beschluss über die Kosten zu erfolgen hat. Würde davon ausgegangen, dass allein dieses Erfordernis eines Beschlusses einer „Beendigung des gesamten Verfahrens“ im Sinn der Nr. 7111 KV GKG entgegen stehen würde, würde die Regelung der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG neben der in Nr. 7111 Nr. 4, 2. Alt. KV GKG aufgezeigten Konstellation auf die Fälle der in Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG genannten Beendigungstatbestände einer Verfahrensbeendigung durch Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis, wobei in beiden Fällen auch eine Regelung zu den Kosten enthalten sein müsste, beschränkt. In allen anderen in Nr. 7111 KV GKG genannten Beendigungstatbeständen wäre eine Gebührenermäßigung ausgeschlossen. Dieses in konträrem Widerspruch zur gesetzlichen Regelung stehende Ergebnis zeigt überdeutlich, dass allein die Tatsache, dass das Gericht noch eine Entscheidung zu den Kosten zu treffen hat, der Anwendung der Ermäßigungsregelung der Nr. 7111 KV GKG nicht entgegenstehen kann.

Wie sich aus der Gesetzesbegründung zum KostRMoG (vgl. a. a. O., S. 159 f.) ergibt, kommt eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG trotz Erforderlichkeit noch eines Kostenbeschlusses grundsätzlich nur dann zur Anwendung, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung und Einsichtnahme in die Akten treffen muss (vgl. auch zum Fall eines Verzichts auf Begründung des Kostenbeschlusses: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.03.2008, 2 UF 135/07; a.A. zum Fall des Begründungsverzichts: OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; offengelassen vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06), also bei seiner Entscheidung entweder nur der von den Parteien mitgeteilten Einigung in der Kostenfrage uneingeschränkt folgen muss oder wenn eine Partei ihre Bereitschaft zur Übernahme der Kosten erklärt hat.

Nichts anderes kann nach der Ansicht des Senats gelten, wenn sich die Kostenfolge allein aus der Form der Beendigung ergibt, ohne dass es zur Kostenentscheidung noch eines Blicks in die Akten des erledigten Verfahrens bedarf, der gerichtliche Kostenbeschluss also nur die sich bereits eindeutig aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge in Beschlussform fassen muss (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5). Denn in einem so einfach gelagerten Fall ist der für das Gericht entstehende Aufwand für die Kostenentscheidung auch nicht ansatzweise mit dem bei der Abfassung eines Urteils anfallenden richterlichen Arbeitsaufwand vergleichbar, sondern weitgehend identisch mit der Konstellation, dass wegen der von den Beteiligten mitgeteilten Einigung über die Kosten überhaupt kein Beschluss nötig ist oder nur die von einem Beteiligten erklärte Bereitschaft zur Kostenübernahme in Beschlussform „gegossen“ werden muss.

Liegt demgegenüber eine „echte“ Kostengrundentscheidung in dem Sinn vor, dass die Entscheidung nur nach einem erneuten Blick in die Akten getroffen werden kann, kann der im Zusammenhang mit dieser Entscheidung anfallende Aufwand für das entscheidende Gericht erheblich bis nahezu genauso umfangreich werden wie im Fall eines Urteils (vgl. die Gesetzesbegründungen zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69 f., und zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.) und steht daher einer Gebührenermäßigung entgegen (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5).

Der Senat ist sich durchaus bewusst, dass auch bei einer „echten“ Kostengrundentscheidung im vorgenannten Sinn der dadurch für das Gericht entstehende Aufwand nicht in jedem Fall an den eines Urteils heranreicht. In durchaus nicht wenigen Fällen wird der Aufwand eher dem Zeitumfang ähneln, wie er auch bei einer „unechten“ Kostengrundentscheidung, in dem das Gericht lediglich durch deklaratorischen Beschluss die sich aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge feststellt, anfällt. Insbesondere ist dann an eine Situation mit geringem Aufwand zu denken, wenn zur Ermittlung der Quote der Kostentragung im Rahmen der Kostengrundentscheidung, die im Regelfall anhand des Erfolgsprinzips vorzunehmen ist (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 24.05.2011, Az.: L 15 SB 66/09), lediglich ein Vergleich zwischen dem ursprünglich angestrebten Klageziel und dem letztlich Erreichten vorgenommen werden muss. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage einer Gebührenermäßigung allein anhand der auf der Grundlage von formalen Kriterien zu beantwortenden Frage zu entscheiden ist, ob die Kostengrundentscheidung des Gerichts lediglich eine bereits zwingend sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebende Kostenfolge beinhaltet und damit mit keinerlei Prüfaufwand verbunden ist oder ob sich das Gericht - unabhängig in welchem Umfang - weitere Gedanken vor der zu treffenden Kostenentscheidung machen muss. Denn im Sinne der gebotenen Verwaltungspraktikabilität kann es vom Urkundsbeamten genauso wie vom Kostenrichter nicht erwartet werden, den tatsächlich durch die zu treffende Kostengrundentscheidung anfallenden Aufwand zu ermitteln, zumal auch keinerlei Kriterien vorhanden wären, zwischen einem ausgesprochen geringen Zeitaufwand, wie er dem einer „unechten“ Kostengrundentscheidung ähnelt, und einem darüber hinausgehenden Aufwand zu differenzieren. Alles andere würde die Prüfpflichten und -möglichkeiten der Kostenbeamten und Kostenrichter übersteigen und dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter, der die Rechtsprechung des Kostensenats auch zum Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz durchzieht (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15, vom 11.05.2015, Az.: L 15 RF 14/15, und vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E), widersprechen.

Diese Ansicht des Senats findet ihre Bestätigung auch in den Gesetzesmaterialien. In der Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994 (vgl. a. a. O., S. 70) hat der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der mit dem Ermäßigungstatbestand verbundenen Anreizwirkung die Bereitschaft der Parteien gefördert werden solle,

„die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.“

Aus diesem Hinweis wird deutlich, dass der Gesetzgeber bereits das Erfordernis einer nach dem Erfolgsprinzip zu treffenden und daher mit wenig Aufwand verbundenen Kostengrundentscheidung als schädlich für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands erachtet hat.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die praktizierte Auslegung des Nr. 7111 KV GKG unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz, weil auch eine echte Kostengrundentscheidung im Einzelfall mit sehr wenig Aufwand verbunden sein kann, bestehen nicht. Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12.10.1994, Az.: 1 BvL 19/90). Die Frage, ob der Gesetzgeber die „gerechteste“ gesetzliche Lösung gewählt hat oder ob auch andere Lösungen denkbar oder sogar gerechter gewesen wären, ist einer Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten entzogen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.1953, Az.: 1 BvR 147/52). Auch wenn der Gleichheitsgrundsatz erfordert, dass Gebührenmaßstäbe so auszugestalten sind, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um so die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern sicher zu stellen, findet dieses Gebot seine Grenzen unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, Az.: 2 BvL 5/76). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben, insbesondere der Praktikabilität, sieht der Senat keine Möglichkeit für eine weitergehende und kostenschuldnerfreundlichere Auslegung.

4. Zur Entscheidung im vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall ist zwar das Klagebegehren in der Hauptsache unstreitig erledigt worden. Das Gericht der Hauptsache hat jedoch eine Kostengrundentscheidung treffen müssen, die sich nicht lediglich in der Wiederholung einer von Gesetzes wegen vorgegebenen oder von den Beteiligten mitgeteilten Kostenfolge erschöpft hat. Eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG kommt daher nicht in Betracht.

Dies gilt unabhängig davon, ob neben einer Klagerücknahme im Übrigen - wie das SG - von einer Erledigung durch Teilanerkenntnis (dann Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG) oder - so die Ansicht des Senats - von einer übereinstimmenden Erledigungserklärung (dann Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG) ausgegangen wird.

Für letzteren Fall ergibt sich dies schon aus dem klaren Wortlaut der Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG, da sich die Beteiligten nicht über die Kostentragung des Hauptsacheverfahrens geeinigt haben und keine Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten erfolgt ist.

Wird hingegen - wie das SG - von einer Erledigung durch Teilanerkenntnis und im Übrigen durch Klagerücknahme ausgegangen, gilt Folgendes: Das Gericht der Hauptsache hat sich zumindest insofern nochmals mit der Hauptsache beschäftigen müssen, als es den Umfang des Obsiegens einerseits und des Unterliegens andererseits ermitteln und diese in Verhältnis setzen hat müssen. Dafür war ein erneuter Blick in die Akten erforderlich und nicht nur eine bereits im Gesetz vorgegebene Kostenentscheidung in Form eines Beschlusses auszusprechen. Damit ist die Kostengrundentscheidung des Hauptsachegerichts über den Umfang einer „unechten“ Kostengrundentscheidung hinausgegangen, so dass auch in diesem Fall eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG ausscheidet.

Der Kostensenat des Bayer. LSG entscheidet über die Beschwerde nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 66 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. April 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung der Kostenbeamtin in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) unter dem Gesichtspunkt der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG)(KV GKG).

Das unter dem Aktenzeichen S 3 KR 399/10 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren der Erinnerungs- und jetzigen Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung wegen einer Erstattung nach § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch wurde in der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2012 durch Vergleich beendet. Eine Regelung zur Kostentragung enthielt der Vergleich nicht, wobei der Vergleich nicht ausdrücklich auf die Hauptsache beschränkt wurde. Mit in der mündlichen Verhandlung anschließend ergangenem Beschluss des SG wurden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und der Streitwert auf 90.721,29 € festgesetzt.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 16.07.2012 setzte die Kostenbeamtin des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert, Gerichtskosten in Höhe von 756,- € fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde.

Dagegen hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schriftsatz vom 28.11.2012 Erinnerung eingelegt. Eine Ermäßigung der Gerichtskosten nach Nr. 7111 KV GKG - so der Beschwerdeführer - komme nur dann in Betracht, wenn das gesamte Verfahren durch einen Ermäßigungstatbestand erledigt worden sei, ohne dass eine gerichtliche Kostengrundentscheidung ergangen sei. Aufgrund der hier erfolgten gerichtlichen Kostengrundentscheidung vom 11.07.2012 seien die Gerichtskosten nach Nr. 7110 KV GKG anzusetzen.

Mit Beschluss vom 04.04.2013 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Durch den Vergleich - so das SG - sei das Hauptsacheverfahren hinsichtlich aller anhängigen Streitgegenstände erledigt worden. Die Verfahrenskosten würden keinen eigenen Streitgegenstand bilden, so dass eine Entscheidung über die Verfahrenskosten der Erledigung des gesamten Verfahrens im Sinne der Nr. 7111 KV GKG nicht entgegenstehe, wie dies auch das Bayer. Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss vom 04.04.2012, Az.: „L 15 SF 268/11 B“ [Anmerkung des Senats: richtiges Aktenzeichen: L 12 SF 268/11 B E], entschieden habe.

Mit Schreiben vom 12.04.2013 hat der Beschwerdeführer Beschwerde zum Bayer. LSG erhoben. Er vertritt die Ansicht, dass die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG dann nicht in Betracht komme, wenn eine Kostengrundentscheidung des Hauptsachegerichts ergangen sei, die sich nicht auf eine aktenkundige Einigung oder Bereitschaftserklärung eines Beteiligten stütze; denn in einem derartigen Fall sei nicht das gesamte Verfahren erledigt worden. Darauf, ob die Kostenfolge aus § 160 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine zwingende und nur noch deklaratorisch auszusprechende Rechtsfolge darstelle, komme es nicht an.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Erinnerungsverfahrens des SG beigezogen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Gerichtskostenfeststellung vom 16.07.2012 ist nicht zu beanstanden, wie dies auch das SG im Ergebnis richtig mit Beschluss zur Erinnerung vom 04.04.2013 festgestellt hat; der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG kommt vorliegend zur Anwendung.

Streitig ist ausschließlich die Frage, ob der Erhebung der Gerichtskosten der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde zu legen ist; im Übrigen ist die angefochtene Kostenfestsetzung zweifelsfrei nicht zu beanstanden.

Mit der zugrunde liegenden Problematik, ob eine vom Gericht auszusprechende Kostengrundentscheidung bei Vorliegen eines Erledigungstatbestands im Sinn der Nr. 7111 KV GKG im Übrigen einer Anwendung des Ermäßigungstatbestands entgegensteht, hat sich der Senat in seinem Grundsatzbeschluss vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E, befasst und Folgendes ausgeführt:

„3. Voraussetzung einer Beendigung des gesamten Verfahrens

Die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG setzt bei vollständiger Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache voraus, dass entweder überhaupt kein gerichtlicher Beschluss des Gerichts der Hauptsache zu den Kosten zu treffen ist oder die zu erlassende Kostengrundentscheidung einzig und allein darin besteht, dass das Gericht nur eine von Gesetzes wegen vorgegebene eindeutige Rechtsfolge in Form eines Beschlusses auszusprechen hat, für den es - mit Ausnahme des zur Beendigung führenden Schreibens - keiner Kenntnis der Akten bedarf („unechte“ Kostengrundentscheidung), oder die Kostenentscheidung nur die einvernehmlich von den Beteiligten gefundene Kostentragung aufgreifen muss.

„3.1. Gesamtbeendigung

Es entspricht dem Wortlaut der Nr. 7111 KV GKG, der ganz überwiegenden Rechtsprechung (vgl. - teilweise zu vergleichbaren Ermäßigungstatbeständen - Oberlandesgericht - OLG - Hamburg, Beschluss vom 08.06.1996, Az.: 8 W 140/96; OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.09.2005, Az.: 3 Ta 136/05; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.04.2008, Az.: 6 AZR 1049/06; OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2014, Az.: 11 C 14.1588; a.A. Bayer. LSG, Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E), der Literatur (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 3 und 5; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2015, KV 7111, Rdnr. 8, KV 5111, Rdnr. 5, KV 1211, Rdnr. 27) und dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus der oben (vgl. Ziff. 1.) angeführten Gesetzesbegründung ergibt, dass die Gebührenermäßigung eine Gesamtbeendigung des Verfahrens voraussetzt.

3.2. Fehlende Kostenentscheidung

Muss das Gericht der Hauptsache nach der Beendigung des Verfahrens im Übrigen noch eine Entscheidung zu den Kosten treffen, steht dies grundsätzlich einer Ermäßigung entgegen. Lediglich dann, wenn nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen ist, ist der Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 KV GKG anzuwenden.

3.2.1. Grundsatz

Eine streitige Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung durch das Gericht steht einer Ermäßigung entgegen.

Denn nur bei einer vollständigen Erledigung aller Streitpunkte des Rechtsstreits wird das gesetzgeberische Ziel einer Entlastung der Justiz (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69) nachhaltig erreicht. Ein Entlastungseffekt tritt hingegen nur eingeschränkt ein, wenn sich das Gericht noch im Rahmen der Kostenentscheidung inhaltlich mit der Sache befassen muss.

Wenn demgegenüber der 12. Senat des Bayer. LSG mit Beschluss vom 04.04.2012, Az.: L 12 SF 268/11 B E, die Ansicht vertreten hat, dass allein das Vorliegen eines Beendigungstatbestands aus den Nr. 1 bis 3 von Nr. 7111 KV GKG ausreiche, um eine Ermäßigung zu begründen, ohne dass eine Beendigung des gesamten Verfahrens, also auch im Kostenpunkt, vorliegen müsse, und dies sowohl mit dem Wortlaut und der Systematik der Regelung begründet hat, kann sich der Senat dem nicht anschließen.

Dass beim Ermäßigungstatbestand für alle Alternativen der Nr. 7111 KV GKG - und nicht nur für die dortige Nr. 4, wie dies im vorgenannten Beschluss vom 04.04.2012 vertreten wird - eine Beendigung auch im Kostenpunkt erforderlich ist, ergibt sich aus dem Obersatz der Nr. 7111 KV GKG, wenn dort eine Beendigung des „gesamten“ Verfahrens vorausgesetzt wird. Zweifel an dieser Ansicht, wie sie der vorgenannten Entscheidung des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012 zugrunde liegen, können nicht damit begründet werden, dass nur unter Nr. 7111 Nr. 4 KV GKG aufgeführt werde, dass keine (streitige) Entscheidung über die Kosten zu ergehen habe. Denn dieser Zusatz hat lediglich klarstellenden Charakter (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 27.08.1997, Az.: 17 W 95/97; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: 11 W 12/00; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.09.2011, Az.: L 6 SF 701/11), begründet aber kein zusätzliches, nicht bereits in Nr. 7111 KV GKG enthaltenes Tatbestandsmerkmal. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Gesetzesmaterialien, in denen der Streitstand zu den bis dahin nicht gesetzlich geregelten Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO und damit der Grund für den klarstellenden gesetzlichen Hinweis aufgezeigt worden ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.). Der Senat sieht daher keinen Raum für eine erweiternde Auslegung im Sinn des Beschlusses des 12. Senats des Bayer. LSG vom 04.04.2012, zumal die Regelung der Nr. 7111 KV GKG als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG ohnehin keiner weiten Auslegung zugänglich ist (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnrn. 2 f. - m. w. N.).

3.2.2. Ausnahme

Hat das Gericht nach Beendigung des Verfahrens in der Sache nur noch eine „unechte“ Kostengrundentscheidung zu treffen, steht dies einer Ermäßigung nicht entgegen.

Dass nicht jedwede gerichtliche Kostengrundentscheidung nach im Übrigen vollständiger Beendigung des Verfahrens die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 VV GKG verbietet, ergibt sich selbstredend schon daraus, dass gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 1 VwGO grundsätzlich ein gerichtlicher Beschluss über die Kosten zu erfolgen hat. Würde davon ausgegangen, dass allein dieses Erfordernis eines Beschlusses einer „Beendigung des gesamten Verfahrens“ im Sinn der Nr. 7111 KV GKG entgegen stehen würde, würde die Regelung der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG neben der in Nr. 7111 Nr. 4, 2. Alt. KV GKG aufgezeigten Konstellation auf die Fälle der in Nr. 7111 Nr. 3 KV GKG genannten Beendigungstatbestände einer Verfahrensbeendigung durch Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis, wobei in beiden Fällen auch eine Regelung zu den Kosten enthalten sein müsste, beschränkt. In allen anderen in Nr. 7111 KV GKG genannten Beendigungstatbeständen wäre eine Gebührenermäßigung ausgeschlossen. Dieses in konträrem Widerspruch zur gesetzlichen Regelung stehende Ergebnis zeigt überdeutlich, dass allein die Tatsache, dass das Gericht noch eine Entscheidung zu den Kosten zu treffen hat, der Anwendung der Ermäßigungsregelung der Nr. 7111 KV GKG nicht entgegenstehen kann.

Wie sich aus der Gesetzesbegründung zum KostRMoG (vgl. a. a. O., S. 159 f.) ergibt, kommt eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG trotz Erforderlichkeit noch eines Kostenbeschlusses grundsätzlich nur dann zur Anwendung, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung nach inhaltlicher Prüfung und Einsichtnahme in die Akten treffen muss (vgl. auch zum Fall eines Verzichts auf Begründung des Kostenbeschlusses: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, 10 W 100/04; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.03.2008, 2 UF 135/07; a.A. zum Fall des Begründungsverzichts: OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11; offengelassen vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2007, Az.: 18 A 2612/06), also bei seiner Entscheidung entweder nur der von den Parteien mitgeteilten Einigung in der Kostenfrage uneingeschränkt folgen muss oder wenn eine Partei ihre Bereitschaft zur Übernahme der Kosten erklärt hat.

Nichts anderes kann nach der Ansicht des Senats gelten, wenn sich die Kostenfolge allein aus der Form der Beendigung ergibt, ohne dass es zur Kostenentscheidung noch eines Blicks in die Akten des erledigten Verfahrens bedarf, der gerichtliche Kostenbeschluss also nur die sich bereits eindeutig aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge in Beschlussform fassen muss (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5). Denn in einem so einfach gelagerten Fall ist der für das Gericht entstehende Aufwand für die Kostenentscheidung auch nicht ansatzweise mit dem bei der Abfassung eines Urteils anfallenden richterlichen Arbeitsaufwand vergleichbar, sondern weitgehend identisch mit der Konstellation, dass wegen der von den Beteiligten mitgeteilten Einigung über die Kosten überhaupt kein Beschluss nötig ist oder nur die von einem Beteiligten erklärte Bereitschaft zur Kostenübernahme in Beschlussform „gegossen“ werden muss.

Liegt demgegenüber eine „echte“ Kostengrundentscheidung in dem Sinn vor, dass die Entscheidung nur nach einem erneuten Blick in die Akten getroffen werden kann, kann der im Zusammenhang mit dieser Entscheidung anfallende Aufwand für das entscheidende Gericht erheblich bis nahezu genauso umfangreich werden wie im Fall eines Urteils (vgl. die Gesetzesbegründungen zum KostRÄndG 1994, a. a. O., S. 69 f., und zum KostRMoG, a. a. O., S. 159 f.) und steht daher einer Gebührenermäßigung entgegen (vgl. Hartmann, a. a. O., GKG KV 1211, Rdnr. 5).

Der Senat ist sich durchaus bewusst, dass auch bei einer „echten“ Kostengrundentscheidung im vorgenannten Sinn der dadurch für das Gericht entstehende Aufwand nicht in jedem Fall an den eines Urteils heranreicht. In durchaus nicht wenigen Fällen wird der Aufwand eher dem Zeitumfang ähneln, wie er auch bei einer „unechten“ Kostengrundentscheidung, in dem das Gericht lediglich durch deklaratorischen Beschluss die sich aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge feststellt, anfällt. Insbesondere ist dann an eine Situation mit geringem Aufwand zu denken, wenn zur Ermittlung der Quote der Kostentragung im Rahmen der Kostengrundentscheidung, die im Regelfall anhand des Erfolgsprinzips vorzunehmen ist (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 24.05.2011, Az.: L 15 SB 66/09), lediglich ein Vergleich zwischen dem ursprünglich angestrebten Klageziel und dem letztlich Erreichten vorgenommen werden muss. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage einer Gebührenermäßigung allein anhand der auf der Grundlage von formalen Kriterien zu beantwortenden Frage zu entscheiden ist, ob die Kostengrundentscheidung des Gerichts lediglich eine bereits zwingend sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebende Kostenfolge beinhaltet und damit mit keinerlei Prüfaufwand verbunden ist oder ob sich das Gericht - unabhängig in welchem Umfang - weitere Gedanken vor der zu treffenden Kostenentscheidung machen muss. Denn im Sinne der gebotenen Verwaltungspraktikabilität kann es vom Urkundsbeamten genauso wie vom Kostenrichter nicht erwartet werden, den tatsächlich durch die zu treffende Kostengrundentscheidung anfallenden Aufwand zu ermitteln, zumal auch keinerlei Kriterien vorhanden wären, zwischen einem ausgesprochen geringen Zeitaufwand, wie er dem einer „unechten“ Kostengrundentscheidung ähnelt, und einem darüber hinausgehenden Aufwand zu differenzieren. Alles andere würde die Prüfpflichten und -möglichkeiten der Kostenbeamten und Kostenrichter übersteigen und dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter, der die Rechtsprechung des Kostensenats auch zum Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz durchzieht (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15, vom 11.05.2015, Az.: L 15 RF 14/15, und vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E), widersprechen.

Diese Ansicht des Senats findet ihre Bestätigung auch in den Gesetzesmaterialien. In der Gesetzesbegründung zum KostRÄndG 1994 (vgl. a. a. O., S. 70) hat der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der mit dem Ermäßigungstatbestand verbundenen Anreizwirkung die Bereitschaft der Parteien gefördert werden solle, „die Kostenverteilung häufiger in einen Vergleich einzubeziehen, statt sie der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.“

Aus diesem Hinweis wird deutlich, dass der Gesetzgeber bereits das Erfordernis einer nach dem Erfolgsprinzip zu treffenden und daher mit wenig Aufwand verbundenen Kostengrundentscheidung als schädlich für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands erachtet hat.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die praktizierte Auslegung des Nr. 7111 KV GKG unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz, weil auch eine echte Kostengrundentscheidung im Einzelfall mit sehr wenig Aufwand verbunden sein kann, bestehen nicht. Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12.10.1994, Az.: 1 BvL 19/90). Die Frage, ob der Gesetzgeber die „gerechteste“ gesetzliche Lösung gewählt hat oder ob auch andere Lösungen denkbar oder sogar gerechter gewesen wären, ist einer Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten entzogen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.1953, Az.: 1 BvR 147/52). Auch wenn der Gleichheitsgrundsatz erfordert, dass Gebührenmaßstäbe so auszugestalten sind, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um so die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern sicher zu stellen, findet dieses Gebot seine Grenzen unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, Az.: 2 BvL 5/76). Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben, insbesondere der Praktikabilität, sieht der Senat keine Möglichkeit für eine weitergehende und kostenschuldnerfreundlichere Auslegung.“

Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine vom Gericht der Hauptsache zu treffende Kostengrundentscheidung nur dann einer Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG nicht entgegensteht, wenn sich diese Entscheidung lediglich in der Wiederholung einer von Gesetzes wegen vorgegebenen oder von den/dem Beteiligten mitgeteilten Kostenfolge erschöpft. Oder mit anderen Worten: Ist die Kostengrundentscheidung allein auf der Grundlage der zur Verfahrensbeendigung führenden Erklärung(en) getroffen worden, ohne dass ein weiterer Blick in die Akten erforderlich gewesen ist, hat eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG zu erfolgen; anderenfalls ist für eine Gebührenermäßigung kein Raum.

Im vorliegenden Fall ist der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich erledigt worden. Zwar enthält der Vergleich eine Regelung zur Kostentragung nicht. Da der Vergleich aber nicht ausdrücklich auf die Hauptsache beschränkt worden ist, hatte das SG im Rahmen der Kostengrundentscheidung nur die sich aus § 160 VwGO ergebende Rechtsfolge auszusprechen (vgl. Kopp, Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 160, Rdnr. 1). Dabei handelt es sich um eine „unechte“ Kostengrundentscheidung, die ohne weitere Kenntnis der Akten getroffen werden konnte, so dass eine Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV GKG zu erfolgen hat.

Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.