Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 12. Jan. 2016 - L 11 AS 853/15 WA
Gründe
Leitsatz:
In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Antragsteller -
gegen
Jobcenter im Landkreis ...,
vertreten durch den Geschäftsführer, C-straße ..., B. K.
- Antragsgegner -
erlässt der 11. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in Schweinfurt gemäß § 158 SGG am 12. Januar 2016 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Pawlick sowie den Richter am Bayer. Landessozialgericht Strnischa und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Utz folgenden
Beschluss:
I.
Die Klage auf Wiederaufnahme des durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 18.03.2015 abgeschlossenen Verfahrens L 11 AS 763/14 wird als unzulässig verworfen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 11 AS 763/14.
Der 1958 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Hinblick auf 17 landwirtschaftliche Grundstücke in R-Stadt und S-Stadt erfolgte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 darlehensweise unter Berücksichtigung der jeweiligen Regelleistung und der Kosten der Unterkunft und Heizung (allein für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009) i. H. v. 24,74 € monatlich (Bescheid vom 18.12.2009 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009, Bescheid vom 04.06.2009 i. d. F des Änderungsbescheides vom 17.07.2009 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009, Bescheid vom 07.12.2009 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2010 und Bescheid vom 14.06.2010 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011). Die dagegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2011 abgewiesen (S 9 AS 195/09
Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 05.04.2011 u. a. auf, ihm für die Jahre 2009 und 2010 jeweils monatlich 60 € für Heizkosten, insgesamt 1.440 € zu zahlen. Nach dem Verkauf einiger Grundstücke stellte der Beklagte mit "Zahlungsaufforderung" vom 05.07.2012 die Darlehenssumme aus der Leistungsbewilligung vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 i. H. v. 11.870,04 € gegenüber dem Kläger fällig und verfügte mit Bescheid vom 23.07.2012 eine monatliche Aufrechnung der Forderung mit dem laufenden Alg II im Umfang von 37,40 € ab dem 01.08.2012. Mit Schreiben vom 07.08.2012 erhob der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Bayern - Forderungsmanagement in Bogen (BA) Widerspruch "gegen diesen Bescheid" und beantragte die Niederschlagung der gesamten Darlehensforderung. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 zurück. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage, mit der zudem die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die "Übernahme der ganzen Versicherungspflichten des Job Centers/... für Buchungen zur Krankenversicherung 2008/2010 sowie die Rentenversicherungszeiten 2008/2010", die Zahlung von "Landratskosten" in Höhe von 1.440 € für den Zeitraum 2008/2010 sowie die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts S-Stadt beantragt worden ist, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2013 (S 18 AS 665/12) abgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt (L 11 AS 152/14). Der Senat hat mit Beschluss vom 11.02.2015 das Begehren des Klägers im Hinblick auf die Anfechtung des Bescheides vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2012 abgetrennt und die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 18.03.2015 aufgehoben (L 11 AS 104/15). Im Übrigen hat der Senat mit weiterem Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 152/14) - antragsgemäß - den Gerichtsbescheid des SG vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts S-Stadt aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das SG zurückverwiesen. Nach Mitteilung des SG ist das Verfahren dort unter dem Az S 18 AS 184/15 ZVW anhängig.
Am 20.01.2014 wandte sich der Kläger u. a. im Hinblick auf seine für die Jahre 2009 und 2010 an die AOK Bayern gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, einer "Verbuchung der Versicherungspflicht" zur Rentenversicherung und der Zahlung von "Landkreiskostenzuschüssen" i. H. v. 60 € pro Monat für die Jahre 2009 und 2010 an den Beklagten. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 verwarf der Beklagte den Widerspruch wegen Nichteinhaltung der Widerspruchsfrist als unzulässig. Eine dagegen gerichtete Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2014 abgewiesen (S 15 AS 35/14). Die Berufung hiergegen hat der Senat mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 763/14) zurückgewiesen. Die Klage sei wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig, da das Klageverfahren keine über das Verfahren S 18 AS 665/12 (Berufungsverfahren L 11 AS 152/14) hinausgehende Bedeutung habe.
Der Kläger hat beim LSG die Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 AS 763/14 beantragt. Erst jetzt lägen die kompletten Urkunden vollständig vor und seien zuvor vom Senat nicht berücksichtigt worden. Die Urkunden seien beim SG am 20.07.2015 eingegangen. Die Sache sei an das SG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Verfahren L 11 AS 763/14 wieder aufzunehmen und das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
Der Beklagte beantragt,
die Wiederaufnahmeklage gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
Gründe für eine Wiederaufnahme seien nicht schlüssig dargelegt. Die vom Kläger benannten Urkunden seien für das Verfahren ohne Einfluss.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 AS 763/14 ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen. Der Senat konnte durch Beschluss entscheiden, weil die Wiederaufnahmeklage nicht statthaft ist (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- analog; zur Möglichkeit auch über nicht statthafte Wiederaufnahmeklagen durch Beschluss und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden: BSG, Beschluss vom 10.07.2012 - B 13 R 53/12 B - SozR 4-1500 § 158 Nr. 6 Rn. 11; Beschluss vom 18.09.2014 - B 14 AS 85/14 B - juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 179 Rn. 9). Das Gericht hat den Kläger auch darauf hingewiesen, dass eine derartige Entscheidung durch Beschluss möglich ist. Einwendungen hiergegen hat er nicht vorgebracht. Eine mündliche Verhandlung hat im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 763/14 bereits stattgefunden.
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden, § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Wiederaufnahme eines durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen gerichtlichen Verfahrens erfolgt durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage, § 578 Abs. 1 ZPO. Die Anfechtungsgründe für eine Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) bzw. Restitutionsklage (§ 580 ZPO) sind abschließend aufgeführt, wobei es sich im Wesentlichen um schwerste Verfahrensmängel (Nichtigkeitsklage) handeln bzw. eine Entscheidung im Streit stehen muss, die auf einer unrichtigen, insbesondere einer verfälschten Grundlage beruht (Restitutionsklage). Letztere kommt dabei u. a. auch in Betracht, wenn eine Partei ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (§ 580 Abs. 1 Nr. 7 ZPO). Die Wiederaufnahme ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat (§ 179 Abs. 2 SGG). Zuletzt ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind bzw. wenn ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist (§ 180 Abs. 1 SGG).
In diesem Zusammenhang gehört zur Statthaftigkeit eines Wiederaufnahmeantrages zumindest die schlüssige Behauptung, ein Wiederaufnahmegrund liege vor (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 589 Rn. 2), wohingegen erst die weitergehende Frage, ob ein Wiederaufnahmegrund tatsächlich vorliegt, eine Frage der Begründetheit ist.
Die vorliegende Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, da ein Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig behauptet worden ist. Der Senat hat die Berufung im Verfahren L 11 AS 763/14 mit Urteil vom 18.03.2015 zurückgewiesen, da die Klage wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig ist, und darauf verwiesen, dass das Klageverfahren keine über das Verfahren S 18 AS 665/12 (Berufungsverfahren L 11 AS 152/14) hinausgehende Bedeutung hat. An diesem Ergebnis kann auch eine (angeblich) neue und bislang nicht berücksichtigte Urkunde nichts ändern. Anderes wird insofern vom Kläger auch nicht vorgetragen. Unabhängig vom Inhalt der von ihm benannten Urkunden kann damit im Berufungsverfahren L 11 AS 152/14 keine günstigere Entscheidung herbeigeführt werden. Es verbleibt in jedem Fall bei der Unzulässigkeit der Klage wegen der entgegenstehenden Rechtshängigkeit des früheren Verfahrens S 18 AS 665/12.
Die Wiederaufnahmeklage war demnach als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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Urteil einreichenBayerisches Landessozialgericht Beschluss, 12. Jan. 2016 - L 11 AS 853/15 WA zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zuglassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 teilweise und der Bescheid vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2012 ganz aufgehoben.
II. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts Schweinfurt aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg vorbehalten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zuglassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts Schweinfurt aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg vorbehalten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zuglassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
-
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit steht die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Berufungsverfahrens auf Rente wegen Erwerbsminderung.
- 2
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Das LSG hatte mit rechtskräftigem Urteil einen Anspruch auf Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, verneint, weil die Klägerin noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei einem Leistungsvermögen von täglich mindestens sechs Stunden verrichten konnte und ihr zudem der behauptete Berufsschutz als Reiseverkehrskauffrau nicht zustand (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 26.8.2010 - L 30 R 360/09; nachgehend Senatsbeschluss vom 4.3.2011 - B 13 R 345/10 B).
- 3
-
Mit ihrem beim LSG am 27.4.2011 eingegangenen Wiederaufnahmeantrag hat die Klägerin vorgetragen, dass die Tatsachenfeststellung des LSG nicht der Realität entsprochen habe, weshalb das rechtskräftige Berufungsurteil unrichtig sei. Dies ergebe sich aus den dem Wiederaufnahmeantrag beigefügten Nachweisen (Kopien von Bescheinigungen der Pflegekasse bzw des Pflegedienstes, Zertifikate über Weiterbildungen, Leistungsnachweisen etc). Zudem seien die Feststellungen des LSG zu ihrem Berufsschutz als Reiseverkehrskauffrau unzutreffend.
- 4
-
Der Berichterstatter hat die Klägerin mit Verfügung vom 27.5.2011 darauf hingewiesen, dass die von ihr behaupteten Gründe die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 179 SGG iVm §§ 578 ff ZPO) nicht rechtfertigten, weder als Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) noch als Restitutionsklage (§ 580 ZPO). Der Senat beabsichtige daher, die Wiederaufnahmeklage entsprechend § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss abzuweisen. Nach dieser Regelung könne das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, wenn es die Klage einstimmig für unbegründet halte.
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-
Mit Beschluss vom 21.6.2011 hat das LSG Berlin-Brandenburg die gegen das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26.8.2010 (L 30 R 360/09) gerichtete Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen; sie sei unbegründet: Die Klägerin habe keinen der gesetzlich vorgeschriebenen Wiederaufnahmegründe (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) behauptet bzw sei ein solcher für das LSG nicht ansatzweise ersichtlich. Auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 27.5.2011 habe die Klägerin solche Wiederaufnahmegründe nicht geltend gemacht. Allein das Behaupten eines materiellen Anspruchs rechtfertige die Rechtskraftdurchbrechung des Berufungsurteils nicht.
- 6
-
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin die Verletzung von § 153 Abs 4 SGG. Nach dieser Vorschrift dürfe das LSG durch Beschluss nur über eine Berufung, nicht aber - wie hier - über eine Klage entscheiden. Hätte das LSG aufgrund mündlicher Verhandlung mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden, hätte die Klägerin Gelegenheit gehabt, das Gericht in vollständiger Besetzung von der Richtigkeit ihrer Argumente für die Wiederaufnahmeklage zu überzeugen.
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-
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
- 8
-
Ein Verfahrensfehler iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darin, dass das LSG auf ihre - unzulässige - Wiederaufnahmeklage keine mündliche Verhandlung durchgeführt, sondern durch Beschluss entschieden hat. Daher lässt sich eine unvorschriftsmäßige Besetzung des Berufungsgerichts - nur mit den Berufsrichtern - und damit das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO(stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 3 RdNr 10; Nr 2 RdNr 10; SozR 4-1500 § 153 Nr 12) nicht feststellen.
- 9
-
1. Das LSG hat die Wiederaufnahmeklage der Klägerin durch Beschluss im Entscheidungssatz, erläutert durch II der Gründe (3. Absatz), als "unbegründet" abgewiesen. Diese Aussage ist jedoch anhand der weiteren Gründe auszulegen (vgl zB Senatsbeschluss vom 20.7.2011 - SozR 4-1500 § 158 Nr 4 RdNr 8 unter Hinweis auf BSGE 1, 283, 285 mwN). Insoweit führt das LSG aus, eine materielle Prüfung des Anspruchs sei nicht möglich. Denn "vorliegend (sei) keiner der gesetzlichen Wiederaufnahmegründe von der Klägerin auch nur behauptet oder für das Gericht ansatzweise ersichtlich". Auch nach gerichtlichem Hinweis habe sie entsprechende Wiederaufnahmegründe nicht geltend gemacht (S 5 Entscheidungsgründe).
- 10
-
Damit ist die Wiederaufnahmeklage bereits in der Zulässigkeitsprüfung gescheitert. Denn die Statthaftigkeit der Wiederaufnahmeklage setzt - neben weiteren Prozessvoraussetzungen - die schlüssige Darlegung eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes voraus (vgl BSGE 81, 46, 47 zur Abgrenzung von BSGE 29, 10, 17 ff; vgl auch BSGE 63, 33, 35; Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 179 RdNr 9). Auch wenn die vom LSG als Begründung für die von ihm gewählte Entscheidungsform "Beschluss" herangezogene Norm des § 153 Abs 4 S 1 SGG, die ihrem klaren Wortlaut nach voraussetzt, dass das LSG die Berufung für "unbegründet" hält, damit nicht anwendbar ist, lässt sich hieraus kein Verfahrensfehler herleiten, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann und der zur Zulassung der Revision führen könnte.
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2. Denn auch über eine unzulässige Wiederaufnahmeklage kann durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (zum Anhörungserfordernis vgl BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 3). Dies folgt aus § 179 Abs 1 SGG iVm § 585 ZPO und entsprechender Anwendung von § 158 S 1 und S 2 SGG. Das Vierte Buch der ZPO (§§ 578 ff ZPO), auf das § 179 Abs 1 SGG verweist, enthält keine Bestimmung darüber, in welcher Form die gerichtliche Entscheidung über die Wiederaufnahmeklage zu ergehen hat. § 589 Abs 1 S 2 ZPO normiert zwar, dass eine unzulässige Wiederaufnahmeklage zu verwerfen ist, sieht aber keine Regelung vor, ob dies durch Beschluss oder Urteil zu erfolgen hat. § 585 ZPO bestimmt lediglich, dass für das weitere Verfahren die allgemeinen Vorschriften entsprechend gelten. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass sich für das sozialgerichtliche Verfahren die Entscheidung im Beschlusswege verbieten würde.
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Vielmehr ist die Entscheidungsform der Wiederaufnahmeklage im sozialgerichtlichen Verfahren den entsprechenden Vorschriften des SGG zu entnehmen (für die verwaltungsgerichtliche Wiederaufnahmeklage vgl VGH Mannheim vom 12.4.1995 - 4 S 887/94 - NVwZ-RR 1996, 539).
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Die nach ihrem Wortlaut nur die unzulässige Berufung erfassende Vorschrift des § 158 S 1 SGG ist auf die unzulässige Wiederaufnahmeklage entsprechend anzuwenden(offen gelassen: BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 3 RdNr 6; zweifelnd: BSG vom 28.11.2002 - B 7 AL 26/02 R - Juris RdNr 22; befürwortend: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 158 RdNr 6a; Zeihe, SGG, Stand November 2010, § 158 RdNr 2b; Meßling in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 158 RdNr 7; aA Wolff-Dellen in Breitkreutz/Fichte, SGG, 2009, § 158 RdNr 5; wie hier vgl stRspr zu § 125 Abs 2 VwGO: BVerwG vom 31.10.1995 - 5 B 176/95 - Buchholz 310 § 153 VwGO Nr 29 und vom 15.9.1995 - 11 PKH 9/95 -; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 125 RdNr 45 mwN).
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Das SGG sieht im Berufungsverfahren - als Ausnahme von der Regel, dass durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist (§ 153 Abs 1 SGG iVm § 124 Abs 1, § 125 SGG) - in zwei Fällen die vereinfachte Form der Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung vor: 1. die Verwerfung einer unzulässigen Berufung (§ 158 SGG) und 2. die Zurückweisung einer einstimmig für unbegründet gehaltenen Berufung (§ 153 Abs 4 S 1 SGG). § 153 Abs 4 S 3 SGG verweist im Hinblick auf die Rechtsmittelbelehrung auf § 158 S 3 und 4 SGG.
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Damit hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch im Berufungsverfahren nicht stets die Notwendigkeit besteht, die aufwändigere Entscheidungsform der mündlichen Verhandlung zu wählen, sondern hat den Berufsrichtern die Möglichkeit eingeräumt, unter Beachtung der prozessrechtlichen Voraussetzungen eine vereinfachte Entscheidung im Beschlusswege treffen zu können. Dies dient der Entlastung der Berufungsinstanz (vgl BR-Drucks 314/91, S 156 f, Zu Buchst d und S 158 Zu Nummer 10 unter Hinweis auf die parallelen Vorschriften von § 125 Abs 2, § 130a VwGO). Damit können aussichtslose Berufungen rasch und ohne besonderen Verfahrensaufwand erledigt werden. Das Wiederaufnahmeverfahren bezweckt schließlich nichts anderes als die Fortsetzung des abgeschlossenen Berufungsverfahrens und die Ersetzung der rechtskräftigen Entscheidung (vgl OVG Bremen vom 19.3.1990 - 2 T 1/90 - NJW 1990, 2337).
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Dieser gesetzgeberischen Zielrichtung entspricht es, unzulässige Wiederaufnahmeklagen nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss in entsprechender Anwendung von § 158 S 1 und 2 SGG zu verwerfen. Hätte hingegen die Entscheidung über die unzulässige Wiederaufnahmeklage zwingend in Form eines Urteils zu ergehen, widerspräche dies dem aufgezeigten Gesetzeszweck gerade in den Fällen, in denen die Wiederaufnahme eines Verfahrens begehrt wird, über das durch Beschluss (§ 153 Abs 4 S 1 SGG) entschieden wurde. Die Ablehnung eines unzulässigen Wiederaufnahmeantrags rechtfertigt kein aufwändigeres Verfahren als die Entscheidung über die Berufung selbst. Zudem existiert kein prozessualer Rechtssatz, wonach über die Wiederaufnahmeklage immer in jener Form zu entscheiden wäre, die das Berufungsgericht für die Entscheidung im vorausgegangen Berufungsverfahren gewählt hat.
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3. Zu Recht hat das LSG ausgeführt, dass die Klägerin keinen der in § 179 SGG iVm §§ 579, 580 ZPO genannten Wiederaufnahmegründe schlüssig dargelegt hat. Entgegen der Meinung der Klägerin hat sie insbesondere durch die vorgelegten Kopien nicht den Wiederaufnahmegrund des "Auffindens einer Urkunde" iS von § 580 Nr 7b ZPO aufgezeigt. Denn hierzu zählen grundsätzlich nur Urkunden, die schon vor Abschluss des Berufungsverfahrens vorhanden waren, aber in diesem Verfahrens weder bereits vorgelegen haben noch hätten vorgelegt werden können (vgl Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 580 RdNr 16a mwN).
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Wiederaufnahmegründe sind auch nicht dann dargetan, wenn die Klägerin vorträgt, die Beweiswürdigung des Gerichts (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) sei unrichtig. Die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG kann nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht geltend gemacht werden.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. August 2013 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Mit Beschluss vom 19.8.2013 hat das Landessozialgericht (LSG) in entsprechender Anwendung von § 158 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern den Antrag des Klägers auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens als unzulässig verworfen. Diesem Beschluss vorausgegangen war auf gerichtlichen Hinweis eine Erklärung der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.10.2012, wonach die zuvor auf die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG eingelegte Berufung "aufgrund falscher Rechtsmittelbelehrung … namens und im Auftrag des Klägers zurück" und sie zugleich Nichtzulassungsbeschwerde erhebe. Auf den Beschluss vom 27.12.2012, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen wurde, hat der Kläger mit Schreiben vom 17.6.2013 "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" gestellt und geltend gemacht, die der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegende Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstandes sei fehlerhaft gewesen.
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Für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG hat der erkennende Senat dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt L aus O beigeordnet (Beschluss vom 25.3.2014, zugestellt am 1.4.2014). Mit seiner am 1.4.2014 bei Gericht eingegangenen und am 19.5.2014 begründeten Beschwerde beantragt der Kläger nunmehr die Zulassung der Revision.
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II. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG gerichtete Beschwerde des Klägers ist zurückzuweisen, weil sie unbegründet ist. Die Voraussetzungen des allein geltend gemachten Zulassungsgrundes eines Verfahrensfehlers nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sind nicht erfüllt.
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1. In formeller Hinsicht ist allerdings die Frist zur Einlegung der Beschwerde gewahrt. Dem Kläger ist von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Die Voraussetzung, dass ein Beteiligter ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Beschwerde einzuhalten (§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG), ist erfüllt. Der wegen Bedürftigkeit an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehinderte Kläger hat innerhalb der Frist zur Einlegung der Beschwerde PKH beantragt und nach Bewilligung der PKH durch das Gericht die versäumte Beschwerdeeinlegung rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt (§ 67 Abs 2 Satz 3 iVm Satz 1 SGG; vgl BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 3, 4). Dem Kläger ist daher auch ohne ausdrücklichen Antrag Wiedereinsetzung von Amts wegen zu gewähren (§ 67 Abs 2 Satz 4 SGG).
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2. Soweit der Kläger in der Sache vorrangig die Fortführung des Berufungsverfahrens erstrebt und der Auffassung ist, dass über seinen "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" in dem entgegen der Auffassung des LSG durch die Erklärung seiner vormaligen Prozessbevollmächtigten nicht beendeten Berufungsverfahren hätte entschieden werden müssen, bezeichnet er damit einen Mangel, der nicht dem hier angefochtenen Beschluss vom 19.8.2013, sondern nur der Behandlung des Berufungsverfahrens als beendet anhaften kann. Ob die Erklärung der Bevollmächtigten vom 17.10.2012 als Berufungsrücknahme zu werten ist oder wegen widersprüchlicher Erklärungen prozessual unbeachtlich war, kann deshalb nur im Rahmen eines Antrags auf Fortführung des Berufungsverfahrens und damit vom LSG geklärt werden.
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3. Soweit der Kläger hilfsweise die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens erstrebt und als Verfahrensfehler die Entscheidung über das Wiederaufnahmebegehren mit Beschluss vom 19.8.2013 durch (nur) drei Berufsrichter als Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) durch die vorschriftswidrige Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 547 Nr 1 ZPO iVm § 202 SGG) rügt, wird ein möglicher Verfahrensmangel zwar hinreichend bezeichnet iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, die Rüge ist aber unbegründet. Wie in der Rechtsprechung des BSG zwischenzeitlich geklärt ist, kann das LSG über eine unzulässige Wiederaufnahmeklage wie über eine unzulässige Berufung durch Beschluss entscheiden.
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Da das Wiederaufnahmeverfahren nichts anderes als die Fortsetzung des abgeschlossenen Verfahrens bezweckt (vgl § 590 Abs 2 Satz 2 ZPO; Heßler/Greger in Zöller, ZPO, Vor § 578 RdNr 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl 2014, Grundz § 578 RdNr 2), entspricht es der gesetzgeberischen Zielrichtung, über einen unzulässigen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens in der Berufungsinstanz ebenfalls in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und ohne Zuziehung von ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden, wie es § 158 Satz 2 SGG bei der Verwerfung einer unzulässigen Berufung eröffnet(vgl BSG vom 10.7.2012 - B 13 R 53/12 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 6 RdNr 11 ff; ebenso für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach § 160a SGG, BSG vom 23.4.2014 - B 14 AS 368/13 B - vorgesehen für SozR 4-1500 § 179 Nr 1 RdNr 12 ff; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 158 RdNr 6a; ebenso jetzt: Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 158 RdNr 5; BVerwG vom 31.5.1995 - 5 B 176/95 - Buchholz 310 § 153 VwGO Nr 29; im Ergebnis ebenso BGH Beschluss vom 21.10.1994 - V ZR 151/93 - NJW 1995, 335, in dem eine als Antrag auf Wiederaufnahme ausgelegte Nichtigkeitsklage gegen einen Nichtannahmebeschluss abgewiesen wird). Die gegenteilige Auffassung (angedeutet in BSG vom 28.11.2002 - B 7 AL 26/02 R - juris RdNr 22; früher ausdrücklich: Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 1. Aufl 2009, § 158 RdNr 5), nach der über eine Wiederaufnahmeklage immer durch Urteil zu entscheiden ist, widerspricht dem Gesetzeszweck, aussichtslose Berufungen rasch und ohne besonderen Verfahrensaufwand erledigen zu können.
(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen.
(2) Werden beide Klagen von derselben Partei oder von verschiedenen Parteien erhoben, so ist die Verhandlung und Entscheidung über die Restitutionsklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen.
(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen werden.
(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.
(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.
(1) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch zulässig, wenn
- 1.
mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind, - 2.
ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist.
(2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.
(3) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist bei einem der gemäß § 179 Abs. 1 für die Wiederaufnahme zuständigen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu stellen. Dieses verständigt die an dem Wiederaufnahmeverfahren Beteiligten und die Gerichte, die über den Anspruch entschieden haben. Es gibt die Sache zur Entscheidung an das gemeinsam nächsthöhere Gericht ab.
(4) Das zur Entscheidung berufene Gericht bestimmt unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide oder richterlichen Entscheidungen den Leistungspflichtigen.
(5) Für die Durchführung des Verfahrens nach Absatz 4 gelten im übrigen die Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend.
(6) (weggefallen)
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zuglassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.12.2013 in Bezug auf die Niederschlagung bzw. den Erlass der Darlehensforderung, die Übernahme von Beiträgen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010, die Zahlung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.440 € für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 und die Zahlung von 219 € bezüglich einer Kostenrechnung des Landgerichts Schweinfurt aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg vorbehalten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.