Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 04. Sept. 2018 - L 11 AS 788/18 B PKH

published on 04/09/2018 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 04. Sept. 2018 - L 11 AS 788/18 B PKH
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Sozialgericht Würzburg, S 15 AS 592/17 PKH, 27/06/2018

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 27.06.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 11.004,91 €.

Die Klägerin bezog Alg II ohne Angabe einer bestehenden Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Partner (zuletzt Bescheid vom 07.04.2016: Vorläufige Leistungsbewilligung vom 01.05.2016 bis 31.10.2016).

Nach Hinweisen auf einen Leistungsmissbrauch wegen Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft hob der Beklagte die Bewilligung für die Zukunft ab 01.05.2016 mit Bescheid vom 13.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2016 auf. Wegen des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft stehe ihr nur 50% der Unterkunfts- und Heizungskosten zu und beide Personen der Bedarfsgemeinschaft müssten einen Antrag stellen. Klage hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.

Auf Nachfrage beim Vermieter insbesondere zum Originalmietvertrag legte dieser am 16.06.2016 einen bisher dem Beklagten nicht bekannten, von der Klägerin und ihrem Partner unterschriebenen Mietvertrag vor, der dem von der Klägerin vorgelegten nicht entsprach. Nach Anhörung vom 22.05.2017 hob der Beklagte mit Bescheid vom 07.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2017 die Leistungsbewilligung für die Vergangenheit teilweise auf und forderte die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 11.004,91 € von der Klägerin. Die Jahresfrist für die Aufhebung habe frühestens mit Vorlage des Originalmietvertrages am 16.06.2016 zu laufen begonnen.

Die Klägerin hat beim Sozialgericht Nürnberg (SG) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine dagegen zu erhebende Klage begehrt. Die Jahresfrist zur Aufhebung der Bewilligung sei nicht eingehalten worden.

Bereits mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2016 habe sichere Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Rücknahme der bewilligten Leistungen beim Beklagten bestanden, so dass die Aufhebung spätestens am 02.06.2017 hätte erfolgen müssen. Mit Beschluss vom 27.06.2018 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt. Zwar sei für den Beginn der Jahresfrist gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) regelmäßig auf die Anhörung abzustellen, die erforderlich sei, um das Vorliegen der Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandes aufzuklären, wobei vorliegend zwischen der Aufhebung für die Zukunft und der Aufhebung für die Vergangenheit zu unterscheiden sei. Als frühestmöglicher Zeitpunkt einer sicheren Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aufhebung käme allenfalls der Zeitpunkt der Vorlage des Originalmietvertrages am 16.06.2016 in Betracht. Aber selbst dann wäre die Jahresfrist vom Beklagten eingehalten worden.

Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Sichere Kenntnis habe vor dem 16.06.2016 bestanden, denn der Beklagte habe die Bewilligung für die Zukunft bereits mit Bescheid vom 13.04.2016 aufgehoben, sei also schon am 12.04.2016 vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Rücknahme ausgegangen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKHBeantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 73a Rn.7ff.).

Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens PKH vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).

Vorliegend besteht keine solche hinreichende Erfolgsaussicht. Selbst wenn nicht auf den Zeitpunkt des Ablaufes der Anhörungsfrist abzustellen sein sollte, wobei regelmäßig erst hierdurch die inneren Tatbestandsmerkmale (Bösgläubigkeit) abschließend ermittelt werden können (vgl. Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand April 2018, § 45 Rn. 147 und 152 ff; BSG, Urteil vom 27.07.2000 - B 7 AL 88/99 R - veröffentlicht in Juris) - der Beklagte hat im streitgegenständlichen Verfahren die Bösgläubigkeit der Klägerin bereits bei der Aufhebung für die Zukunft mit Bescheid vom 13.04.2016 angenommen und weitere Ermittlungen nicht für erforderlich gehalten; er ist also bereits zu diesem Zeitpunkt vom Vorliegen der Bösgläubigkeit ausgegangen (dazu vergleichbar: BSG, Urteil vom 06.04.2006 - B 7a AL 64/05 R - veröffentlicht in Juris) - ist die Jahresfrist vom Beklagten eingehalten worden. Es ist dann nämlich der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Originalmietvertrages am 16.06.2016 entscheidend, denn erst hierdurch war für den Beklagten mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen gegeben (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 27.07.2000 aaO, Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rn. 83). Erst zu diesem Zeitpunkt stand klar und eindeutig fest, dass die Wohnung von Anfang an von der Klägerin und ihrem Partner angemietet worden war und nur eine Neben- und Betriebskostenabrechnung anfiel, obwohl der Beklagte nach den vorgelegten Unterlagen von unterschiedlichen Mietverträgen und Nebenkostenabrechnungen ausgegangen war. Diese Erkenntnisse waren für die Aufhebung für die Zukunft mit Bescheid vom 13.04.2016 nicht erforderlich gewesen, denn für die Zukunft stand nach den aktuellen Kenntnissen klar und eindeutig fest, dass die Klägerin und ihr Partner in dieser Wohnung zusammenwohnten und sich die vorgelegten Mietvertrage auf diese Wohnung bezogen. Somit kann hinsichtlich der Aufhebung für die Vergangenheit mit Bescheid vom 07.06.2017 nicht davon ausgegangen werden, dass bei Erlass des Bescheides vom 13.04.2016 bereits alle Erkenntnisse für eine Aufhebung für die Vergangenheit vorgelegen haben. Damit aber erlangt die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des SG Heilbronn (Urteil vom 24.11.2010 - S 7 AL 2628/07 - veröffentlicht in Juris) keine Bedeutung, denn zwischen der Erkenntnis hinsichtlich der Rücknahmemöglichkeit am 16.06.2016 und der Anhörung mit Schreiben vom 22.05.2016 lag kein ganzes Jahr.

Im Ergebnis hat der Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 07.06.2017 noch innerhalb der Jahresfrist erlassen, auch wenn er nicht beachtet hat, dass für die (kurzfristig) erforderliche Einstellung der Leistung für die Zukunft nach Erkenntnissen von einer Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung § 40 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 331 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die erforderliche Rechtsgrundlage bietet, eine (vorschnelle) Aufhebung somit nicht erforderlich ist. Auf die Frage, ob die Aufhebung für die Zukunft rechtmäßig gewesen ist, war allerdings vorliegend nicht weiter einzugehen.

Nachdem die Klägerin lediglich die Einhaltung der Jahresfrist moniert, bestehen am Vorliegen der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen wie auch der inneren Tatsachen für eine Rücknahme derzeit keine Zweifel, so dass eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht erkennbar ist.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

14 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 24/11/2010 00:00

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 30.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2007 wird aufgehoben.Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten. Tatbestand  1 Die Beteiligten streiten über die Rücknahme
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen und wenn der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Soweit die Kenntnis nicht auf Angaben der Person beruht, die die laufende Leistung erhält, sind ihr unverzüglich die vorläufige Einstellung der Leistung sowie die dafür maßgeblichen Gründe mitzuteilen, und es ist ihr Gelegenheit zu geben, sich zu äußern.

(2) Die Agentur für Arbeit hat eine vorläufig eingestellte laufende Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.