Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 25. Aug. 2015 - L 11 AS 558/15 B ER

published on 25/08/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 25. Aug. 2015 - L 11 AS 558/15 B ER
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Sozialgericht Würzburg, S 10 AS 332/15, 16/07/2015

Gericht

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Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 16.07.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I. Streitig ist der Eintritt einer Minderung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (-SGB II-) und die Aufhebung der Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 01.07.2015 bis 31.08.2015.

Dem 1970 geborenen, alleinstehenden Beschwerdeführer bewilligte der Beschwerdegegner mit Bescheid vom 02.04.2015 Alg II für die Zeit bis 31.08.2015. Bereits mit Bescheiden vom 15.01.2015 und 17.02.2015 hatte der Beschwerdegegner den Eintritt einer Sanktion bzw. den vollständigen Wegfall des Alg II festgestellt. Auf den am 04.03.2015 unterbreiteten, mit Rechtsfolgenbelehrung versehenen Vermittlungsvorschlag (Tätigkeit bei der Firma T.) bewarb sich der Beschwerdeführer erst nach dem Erhalt der Anhörung am 19.05.2015 wegen Nichtbewerbung mit Schreiben vom 25.05.2015, worin er ausführte, die Stelle entspreche nicht ganz seinen Fähigkeiten und Kenntnissen und er sei im Moment aus gesundheitlichen Gründen nicht belastbar, zur Nachtarbeit könne er nur bedingt eingesetzt werden.

Mit Bescheid vom 22.06.2015 stellte der Beschwerdegegner den vollständigen Wegfall des Alg II für die Zeit vom 01.7.2015 bis 30.09.2015 fest und hob die Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 01.07.2015 bis 31.08.2015 auf. Sachleistungen seien mangels Antrages nicht zu gewähren. Ein Antrag könne aber noch gestellt werden.

Dagegen legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein. Er habe sich beworben, habe aber noch keinen Vorstellungstermin bekommen. Zur Zumutbarkeit verweise er auf ein Attest der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr.K. vom 04.08.2011, laut dem Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten, wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen sowie Überkopfarbeiten nicht zumutbar seien. Den Widerspruch wies der Beschwerdegegner mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2015 zurück. Dagegen hat der Beschwerdeführer Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S 10 AS 378/15).

Dem Beschwerdeführer sind am 01.07.2015 und 04.08.2015 Lebensmittelgutscheine iHv. je 196 € ausgestellt worden.

Am 10.07.2015 hat der Beschwerdeführer Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen den Bescheid vom 22.06.2015 zum SG gestellt. Der Sanktionsbescheid sei rechtswidrig, denn der Beschwerdegegner habe es unterlassen, Sachleistungen zu bewilligen, obwohl der Ermessensspielraum des Beschwerdegegners diesbezüglich auf 0 reduziert sei.

Das SG hat mit Beschluss vom 16.07.2015 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Der Vermittlungsvorschlag sei mit einer zutreffenden Rechtsfolgenbelehrung versehen gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich nicht rechtzeitig und dann für den Arbeitgeber in abschreckender Weise beworben. Das vorgelegte Attest sei vier Jahre alt und die Notwendigkeit eines schweren Hebens und Tragens sei dem Vermittlungsvorschlag nicht zu entnehmen gewesen. Sachleistungen seien auf Antrag zu erbringen und stünden im Ermessen des Beschwerdegegners. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid sei aufgehoben worden.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Aus dem Vermittlungsvorschlag seien die Rechtsfolgen hinsichtlich einer Nicht- bzw. einer verspäteten Bewerbung nicht zu entnehmen. Im Übrigen dürfe die Erbringung von Sachleistungen nicht von einem Antrag abhängig gemacht werden. Eine Ermessensentscheidung habe der Antragsgegner hinsichtlich der Erbringung von Sachleistungen nicht zu treffen. Zudem werde auf dem Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Gotha vom 26.05.2015 - S 15 AS 5157/14 - verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beschwerdegegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen den Bescheid vom 22.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 anzuordnen.

Der Widerspruch bzw. die Anfechtungsklage gegen den Aufhebungs- und Sanktionsbescheid vom 22.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 hat keine aufschiebende Wirkung, denn mit diesem Bescheid hat der Beschwerdegegner über eine Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende entschieden (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II). Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und der Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches bzw. einer Klage ist nur möglich, wenn das besondere Interesse des Beschwerdeführers unter Anordnung der aufschiebenden Wirkung das vom Gesetz vorausgesetzte Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt, wobei bei der Prüfung der Interessen zuerst auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen ist.

Unter Berücksichtigung des § 39 Nr. 1 SGB II ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten unvorstellbar ist (vgl. den Beschluss des Senates vom 18.11.2008 - L 11 B 948/08 AS ER). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidungen des Gesetzgebers in § 39 Nr. 1 SGB II mitberücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen Keller a. a. O. Rdnr. 12f, Beschluss des Senates a. a. O.).

Das SG hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches (bzw. nunmehr der Klage) gegen den Bescheid vom 22.06.2015 zu Recht abgelehnt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des SG gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug genommen. Im Rahmen des Vermittlungsvorschlages ist der Beschwerdeführer über die Rechtsfolgen einer Nichtbewerbung bzw. einer verspäteten Bewerbung belehrt worden. Er ist aufgefordert worden, sich "umgehend" zu bewerben. Nachdem bereits mehrere Sanktionen festgestellt worden waren, kam ein Wegfall der Leistungen in Betracht. Einwände hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Tätigkeit bei der Firma T. werden im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht mehr erhoben. Das vom Beschwerdeführer zunächst vorgelegte Attest, das ein schweres Heben und Tragen ausschließt, stammt aus dem Jahre 2011 und ist nicht mehr aktuell. Somit ergeben sich vorliegend im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine Hinweise auf eine zumindest offenbare Rechtswidrigkeit der festgestellten Sanktion. Der Beschwerdeführer bringt hierzu auch nichts vor, er stützt sich lediglich auf die fehlende Bewilligung von Sachleistungen im Bescheid vom 22.06.2015. Im Rahmen des Sanktionsbescheides ist der Antragsteller aber auf die Möglichkeit der Beantragung von Sachleistungen hingewiesen worden. Dabei regelt § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II ausdrücklich, dass diese Ermessensleistungen nur auf Antrag zu erbringen sind; minderjährige Kinder leben nicht im Haushalt des Antragstellers. Der Auffassung des Beschwerdeführers zum fehlenden Erfordernis eines Antrages kann daher nicht gefolgt werden. Dabei überrascht den Senat die Tatsache, dass der Beschwerdeführer den Bezug zweier Lebensmittelgutscheine über je 196 am 01.07.2015 und 04.08.2015 völlig unerwähnt lässt. Die vom Sozialgericht Gotha geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und Sanktionsregelungen teilt der Senat nicht. Insbesondere sind vom Bundesverfassungsgericht keine voraussetzungslosen steuerfinanzierten Staatsleistungen gefordert worden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09 -; BSG Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - sowie Knickrehm/Hahn in Eicher SGB II, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 7).

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Prozesskostenhilfe war mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen (§ 73a SGG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 09/11/2010 00:00

Tenor Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 4. September 2008 geändert.
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.