Bundesarbeitsgericht Urteil, 03. Juli 2014 - 6 AZR 753/12

bei uns veröffentlicht am03.07.2014

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Juli 2012 - 2 Sa 340/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einer Herabgruppierung bei vorheriger Vergütung aus einer individuellen Endstufe.

2

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land langjährig als Lehrerin an einer Förderschule beschäftigt. Ausweislich § 2 des Arbeitsvertrags in der Fassung vom 8. Juli/1. August 1992 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechtes - manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Nach § 3 dieses Vertrags richtete sich die Eingruppierung nach Abschnitt E der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfassten Angestellten vom 24. Juni 1991. Demnach war die Klägerin in die Vergütungsgruppe IVa BAT-O eingruppiert.

3

Mit Änderungsvertrag vom 1. August 1997 wurde der Klägerin die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters einer Förderschule auf Dauer übertragen. § 1 dieses Änderungsvertrags lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991 in Verbindung mit den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt mit Wirkung vom 01.08.1997 nach Vergütungsgruppe Ib BAT-O.

        

Die Eingruppierung erfolgt nach Maßgabe der für die entsprechende besoldungsrechtliche Einstufung zu beachtenden Schülerzahl. Soweit diese Schülerzahl nach Maßgabe der jährlich amtlichen Schulstatistik unterschritten wird, besteht Einvernehmen, daß die Eingruppierung unter Beachtung der sonst für eine ordentliche Änderungskündigung zu beachtenden Frist entsprechend der dann besoldungsrechtlich vorgesehenen Einstufung angepaßt wird.“

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Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. Entsprechend der Anlage 2 Teil B zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder erfolgte eine Überleitung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Entgeltgruppe 14 TV-L. Ausgehend von dem nach § 5 TVÜ-Länder zu bildenden Vergleichsentgelt wurde gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder eine Zuordnung der Klägerin zu einer individuellen Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L vorgenommen. Im November 2006 führte dies zu einer Differenz von 264,98 Euro brutto gegenüber der Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L.

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Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 teilte das Staatliche Schulamt der Klägerin mit, dass sich ausweislich der amtlichen Schulstatistik die Schülerzahl an der Schule der Klägerin auf 162 verringert habe. Entsprechend der besoldungsrechtlichen Vorgaben erhalte sie deshalb mit Wirkung vom 1. Juli 2010 Vergütung nach „Entgeltgruppe 13 gD TV-L“. Mit Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 vereinbarten die Parteien unter § 1 auszugsweise Folgendes:

        

„Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte-Ost (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit Anlage 2 Teil B/Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder und den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter.

        

Die Eingruppierung erfolgt in die Entgeltgruppe E 13 gD TV-L mit Wirkung vom 01.07.2010.“

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Bis Juli 2010 erhielt die Klägerin zuletzt 5.131,93 Euro brutto. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Entgelt nach Entgeltgruppe 14 TV-L in der Stufe 5 iHv. 4.718,19 Euro brutto monatlich. Hinzu kamen für ein Kind der „Besitzstand Ortszuschlag“ iHv. 97,15 Euro brutto sowie als sog. Zulage die auf 316,59 Euro angestiegene individuelle Endstufe. Im Juli 2010 bezog die Klägerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L iHv. 4.428,29 Euro brutto sowie unverändert einen „Besitzstand Ortszuschlag“ für ein Kind iHv. 97,15 Euro brutto. Es ergab sich ein Betrag von 4.525,44 Euro brutto. Irrtümlich leistete das beklagte Land im Monat Juli 2010 zudem noch die bisherige Zulage iHv. 316,59 Euro, korrigierte dies jedoch durch Aufrechnung in den Folgemonaten. Bezogen auf die bisherige Vergütung von 5.131,93 Euro brutto hatte die Klägerin daher für den Juli 2010 letztlich eine Verminderung iHv. 606,49 Euro brutto zu verzeichnen.

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Mit ihrer am 3. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Reduzierung ihrer Vergütung gewandt. Die individuelle Endstufe sei auch nach der Herabgruppierung beizubehalten. Sie stehe in keinem Zusammenhang mit gesunkenen Schülerzahlen, sondern sei eine Besitzstandssicherung im Rahmen der Überleitung in den TV-L. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 habe nur die Eingruppierung zum Gegenstand. Da der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 erstmals die Auffassung vertreten habe, dass sie (die Klägerin) mit Abschluss dieses Änderungsvertrags unabhängig von einer Tarifautomatik einzelvertraglich in den Wegfall der individuellen Endstufe eingewilligt habe, habe sie noch in dieser Verhandlung - und damit unverzüglich - ihr Einverständnis zum Abschluss dieses Änderungsvertrags wegen Erklärungsirrtums angefochten. Sie sei lediglich mit einer Neueingruppierung einverstanden gewesen.

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Erstinstanzlich hat die Klägerin deshalb mit vier bezifferten Leistungsanträgen die unveränderte Fortzahlung der bisherigen Vergütung verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat die Klägerin die bisherigen Anträge zurückgenommen und ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung verlangt, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

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Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich dies aus § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L, wonach bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe die oder der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen ist. Für den Fall der Überleitung in eine Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe müsse bei einer späteren Herabgruppierung wiederum eine individuelle Zwischen- oder Endstufe gebildet werden. Die „erreichte Stufe“ iSd. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sei die individuelle Endstufe. Anderenfalls sei eine stufengleiche Zuordnung nicht möglich und es liege eine Tariflücke vor. Im Fall einer bewussten Regelungslücke hätten die Tarifvertragsparteien gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die Herabgruppierung bei einer individuellen Endstufe eine Reduzierung des Einkommens zur Folge hätte. Dies zeige sich durch den Vergleich mit der Vergütung einer Kollegin, welche nicht als ständige Vertreterin des Schulleiters fungiert. Bei einer Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L mit einer individuellen Endstufe behalte diese Kollegin die Endstufe. Eine Herabgruppierung wegen sinkender Schülerzahlen finde nicht statt. Demgegenüber führe die Herabgruppierung für sie (die Klägerin) zu einem Verlust der individuellen Endstufe mit der Folge eines im Verhältnis zu ihrer Kollegin um 126,67 Euro brutto monatlich niedrigeren Einkommens. Hierfür habe sie zusätzlich die Belastung als Mitglied der Schulleitung zu tragen. Für diese Schlechterstellung bestehe kein ausreichendes Differenzierungskriterium.

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Im Fall einer unbewussten Regelungslücke sei diese durch die entsprechende Anwendung der für Herabgruppierungen bis zum 1. November 2008 geltenden Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zu schließen. Danach werden Beschäftigte bei Herabgruppierungen in der niedrigeren Entgeltgruppe derjenigen individuellen Zwischenstufe zugeordnet, die sich bei einer Herabgruppierung im Oktober 2006 ergeben hätte. In entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder sei in ihrem Fall die individuelle Zwischen- oder Endstufe maßgeblich, die sich bei einer fiktiven Herabgruppierung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Vergütungsgruppe IIa BAT-O im Oktober 2006 und der daraus folgenden Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L ergeben würde.

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Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung zu zahlen, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O am 1. November 2006 in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

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Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Die wegen reduzierter Schülerzahlen erfolgte Herabgruppierung führe nach den tariflichen Vorgaben zum Verlust der individuellen Endstufe. § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder gelte nach seinem eindeutigen Wortlaut nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008. Die vorliegend im Jahr 2010 erfolgte Herabgruppierung führe folglich zu einer Stufenzuordnung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Danach sei die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe nicht mehr vorgesehen. Die Zahlung der individuellen Endstufe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder gelte nur für die Dauer des Verbleibs in dieser Entgeltgruppe.

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Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Der zuletzt gestellte Antrag setzt eine wirksame Herabgruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und hinsichtlich der Stufenzuordnung eine Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder voraus. Die Parteien haben mit dem Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 zwar eine solche Herabgruppierung wirksam vereinbart. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

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I. Die Parteien vereinbarten in § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 wirksam eine Herabgruppierung von der Entgeltgruppe 14 TV-L in die Entgeltgruppe 13 TV-L. Hiervon geht nach Änderung des Klageantrags nunmehr auch die Klägerin aus.

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1. Wegen der vereinbarten Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Regelungen bedurfte es zur Wirksamkeit einer Herabgruppierung einer Vertragsänderung.

17

a) Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Auf diese Tarifvorschrift nehmen die Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in Abschnitt A Nr. 1 Bezug (zu deren Fortgeltung ab dem 1. Januar 2012 vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 TVÜ-Länder).

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b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt bei Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entsprechende Vergütung (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21). Dies entspricht der Gleichstellung mit den beamteten Lehrkräften. Im Grundsatz ist daher auch bei einem Absinken der Schülerzahlen unter den für die Eingruppierung maßgeblichen Schwellenwert die mit der ursprünglich übertragenen Funktion verbundene Vergütung fortzuzahlen. Eine Herabgruppierung erfordert eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem für die beamteten Lehrkräfte maßgeblichen Beamtenrecht eine Tarifautomatik fremd ist (vgl. BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

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c) Der Klägerin wurde mit dem Änderungsvertrag vom 1. August 1997 formell die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters auf Dauer übertragen. Zudem wurde in diesem Vertrag § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in Bezug genommen und die Eingruppierung der Klägerin an beamtenrechtliche Regelungen gekoppelt. Folglich bedurfte es für eine wirksame Herabgruppierung wegen gesunkener Schülerzahlen einer Änderungsvereinbarung oder einer sozial gerechtfertigten Änderungskündigung.

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2. In § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 haben die Parteien mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 ausdrücklich eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und damit ausgehend von der Entgeltgruppe 14 TV-L eine Herabgruppierung vereinbart. Auch die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag den Änderungsvertrag dahingehend verstanden, dass ab dem 1. Juli 2010 eine Änderung der Eingruppierung erfolgen soll.

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3. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 ist nicht aufgrund der Anfechtung der Klägerin als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB). Die auf § 119 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtungserklärung erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 und damit nicht mehr unverzüglich iSd. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB.

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a) Nach dieser Vorschrift muss die Anfechtung unverzüglich - dh. ohne schuldhaftes Zögern - vorgenommen werden, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Sie ist innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist zu erklären (vgl. BVerwG 10. März 2010 - 6 C 15.09 - Rn. 21; BGH 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - zu II 1 a der Gründe).

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b) Das war hier nicht der Fall. Die Klägerin erlangte von dem Wegfall der individuellen Endstufe in Folge der neuen Eingruppierung spätestens mit Erhalt der Lohnabrechnung für den Monat August 2010 Kenntnis. Nach der aus Sicht des beklagten Landes versehentlichen Weiterzahlung der individuellen Endstufe im Juli 2010 erfolgte im August 2010 nicht nur die Reduzierung um die individuelle Endstufe, sondern auch der erste Teil der Aufrechnung wegen der Überzahlung im Vormonat. Die Klägerin konnte dies anhand der Höhe der bezahlten Beträge feststellen. Soweit sie die Anfechtung darauf gestützt hat, dass der Vertreter des beklagten Landes erstmals in der mündlichen Verhandlung am 24. März 2011 von einem vertraglich vereinbarten Wegfall der individuellen Endstufe ausging, stellt dies nicht die Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund dar. Das beklagte Land hatte bereits mit der Klageerwiderung vom 8. Februar 2011 deutlich gemacht, dass es den Wegfall der individuellen Endstufe auf die vertraglich vereinbarte Herabgruppierung mit der Folge einer Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L zurückführt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Entfall der individuellen Endstufe unmittelbar auf die vertragliche Vereinbarung oder auf die vertraglich festgelegte Herabgruppierung in Verbindung mit den tariflichen Vorgaben zur Stufenzuordnung zurückzuführen ist. Die Grundlage ist in beiden Fällen der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010. Dies ist klar erkennbar, weshalb eine entschuldbare Verzögerung der Anfechtung wegen Rechtsirrtums nicht in Betracht kommt.

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c) Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Wirkung ihrer Anfechtungserklärung durch einen konkludent erklärten Widerruf im Rahmen der Antragsänderung beseitigen konnte oder ob die Anfechtungserklärung wegen ihrer gemäß § 142 Abs. 1 BGB rechtsgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich ist(vgl. MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 143 Rn. 5; BeckOK BGB/Wendtland Stand 1. Mai 2014 BGB § 143 Rn. 2; Palandt/Ellenberger BGB 73. Aufl. § 143 Rn. 2, Überbl. vor § 104 Rn. 17; zur Unwiderruflichkeit einer Gestaltungserklärung vgl. BAG 21. März 2013 - 6 AZR 618/11 - Rn. 15).

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II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

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1. Ein solcher Anspruch lässt sich den einzelvertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 enthält ebenso wie die im Übrigen weitergeltenden Regelungen der Verträge vom 1. August 1997 und 8. Juli/1. August 1992 keine Regelungen zur Stufenzuordnung. Eine sonstige individuelle Zusage bezüglich einer (übertariflichen) Stufenzuordnung ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

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2. Auch die durch Bezugnahme zum Vertragsinhalt gewordenen LehrerRichtlinien-O der TdL enthalten bezüglich der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L keine Regelungen zur Stufenzuordnung.

28

3. Die Stufenzuordnung richtet sich daher nach den Vorgaben der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelungen des TVÜ-Länder und des TV-L. Der geltend gemachte Anspruch kann aber nicht auf tarifliche Normen gestützt werden.

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a) Der gestellte Antrag entspricht einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Diese Tarifnorm gilt ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts jedoch nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008, so dass ihre direkte Anwendung auf die zum 1. Juli 2010 erfolgte Herabgruppierung der Klägerin nicht in Betracht kommt. Davon geht auch die Revision aus.

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b) Entgegen der Revision kann die begehrte fiktive Überleitung entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder nicht auf § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L gestützt werden.

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aa) Diese Regelung gilt für Herabgruppierungen nach dem 1. November 2008 (Sponer/Steinherr TV-L Stand Januar 2007 § 6 TVÜ-L zu 6.6). In einem solchen Fall ist der oder die Beschäftigte der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen.

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bb) Für Herabgruppierungen aus einer individuellen Endstufe enthält § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L keine Regelung(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand November 2013 Teil II § 17 Rn. 63 iVm. Rn. 205a zu TVÜ-Länder Stand Dezember 2009 Teil IV/3 6.8; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 69). Der Begriff der „Stufe“ in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L kann nicht als individuelle Endstufe verstanden werden mit der Folge, dass der Beschäftigte in der niedrigeren Entgeltgruppe unverändert seiner individuellen Endstufe zugeordnet bliebe. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L und seinem systematischen Zusammenhang. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sichert die Beibehaltung der „erreichten“ Stufe. Die Verwendung dieses Begriffes entspricht § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L und macht deutlich, dass § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L die Stufenzuordnung innerhalb des Systems des TV-L regelt. Die individuelle Endstufe ist demgegenüber ein „Instrument des Überleitungstarifrechts zur Sicherung des materiellen Besitzstands von Beschäftigten“ (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61a). Sie wurde nicht nach § 16 Abs. 3 TV-L erreicht, sondern im Rahmen der Überleitung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 iVm. § 5 TVÜ-Länder gebildet. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L stellt keinen Bezug zu Überleitungsvorschriften des TVÜ-Länder her, sondern nimmt eine stufengleiche Zuordnung nach den Stufen der Entgelttabelle gemäß § 16 Abs. 3 TV-L vor.

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cc) Dies hat zur Konsequenz, dass nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L der oder die Beschäftigte auch im Fall der Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe höchstens der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist(so auch Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 17 Rn. 28). Folglich kann - wie im Fall der Klägerin - eine Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe in eine niedrigere Entgeltgruppe bei einer Vergütung nach deren höchster regulärer Stufe zu einem durch die neue Stufenzuordnung verstärkten Einkommensverlust führen.

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dd) Dem steht die von der Revision angeführte Entscheidung des Senats vom 14. April 2011 - 6 AZR 726/09 - nicht entgegen. Sie befasst sich bezogen auf den Fall einer Herabgruppierung nur mit dem Anspruch auf Strukturausgleich gemäß § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005 und dabei insbesondere mit der Stichtagsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund.

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ee) Zur wortgleichen Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT hat das Bundesministerium des Innern mit Rundschreiben vom 22. Juli 2010 (Az. - D 5 - 220 210 - 2/17 -) unter 3.1 festgestellt, dass Beschäftigte in einer individuellen Endstufe nach Herabgruppierung der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet werden. Bei Herabgruppierung im Einvernehmen mit dem Beschäftigten aus einer individuellen Endstufe werde aber übertariflich eine persönliche, abbaubare Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen der individuellen Endstufe der bisherigen Entgeltgruppe und der regulären Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe gewährt. Damit wurde für die betroffenen Beschäftigten des Bundes ein übertariflicher Ausgleich geschaffen. Das beklagte Land hat eine solche Zusage nicht gegeben.

36

c) Eine ergänzende Auslegung des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L im Sinne der Revision durch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder ist dem Senat nicht möglich.

37

aa) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29, BVerfGK 17, 203 ).

38

bb) Es ist schon nicht erkennbar, ob bezüglich der Stufenzuordnung bei einer Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe eine unbewusste Regelungslücke besteht.

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(1) In der Literatur wird angenommen, dass eine solche Lücke vorliege, weil in allen tariflichen Überleitungsregeln des TVÜ-Länder mindestens der bisherige finanzielle Besitzstand eines aus dem alten Tarifrecht übergeleiteten Beschäftigten abgesichert werde (vgl. §§ 8, 9, 11 TVÜ-Länder). Ein sachlicher Grund, warum gerade die Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe nicht mit einer Besitzstandsregelung tariflich geregelt worden ist, sei bei der Fülle der tariflichen Besitzstandsregelungen nicht zu erkennen. Die unbewusste Regelungslücke sei durch die Zahlung einer nicht dynamischen Besitzstandszulage zu schließen (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61d, 61g).

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(2) Der Blick auf die ausgeprägte Besitzstandssicherung durch den TVÜ-Länder ist kein zwingendes Argument für die Annahme einer unbewussten Regelungslücke in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Ebenso denkbar wäre, dass die Tarifvertragsparteien des TV-L gerade keine Besitzstandssicherung vornehmen wollten. Nach dem Auslaufen der Übergangsvorschriften ist der spezifische Zweck der Absicherung der Beschäftigten anlässlich der Überleitung in den TV-L entfallen. Die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe im System des TV-L kann auch als Zäsur verstanden werden, welche bewusst zu einem Wegfall der individuellen Endstufe führen soll. § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder begründet den Anspruch auf Vergütung nach einer individuellen Endstufe nur, solange sich die Eingruppierung nicht ändert(vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juni 2013 Teil B 3 § 6 TVÜ-Länder Rn. 28).

41

cc) Sollten die Tarifvertragsparteien für den Fall einer Herabgruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L bewusst keine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe getroffen haben, würde dies nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

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(1) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58). Verfassungsrechtlich erheblich ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 28). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

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(2) Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin nach dem Verlust der individuellen Endstufe nunmehr im Ergebnis weniger verdient als eine Lehrerin, welche nicht als Stellvertreterin des Schulleiters fungiert und ohne Herabgruppierung unverändert nach einer individuellen Endstufe in der Entgeltgruppe 13 TV-L vergütet wird. Dies begründet aber keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Wegen der Herabgruppierung sind unterschiedliche Sachverhalte gegeben. Die Herabgruppierung stellt einen vergütungsrechtlichen Einschnitt dar, welcher das Erfordernis einer erneuten Stufenzuordnung mit sich bringt. In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich Aufgabe der Tarifvertragsparteien darüber zu befinden, ob der mit einer Herabgruppierung zwangsläufig zu verzeichnende Einkommensverlust durch die Stufenzuordnung teilweise kompensiert oder verstärkt wird. Durch die mit § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L vorgenommene stufengleiche Zuordnung haben sich die Tarifvertragsparteien für eine beschränkte Besitzstandswahrung bzgl. der „erreichten“ Stufe entschieden.Die finanziellen Folgen der Herabgruppierung sollen damit abgemildert werden (vgl. BVerwG 13. Oktober 2009 - 6 P 15.08 - Rn. 55). Es wäre nicht zu beanstanden, wenn die Tarifvertragsparteien keine weitere Besitzstandswahrung bezüglich einer individuellen Endstufe vornehmen wollten. Dies würde der in § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zum Ausdruck kommenden zeitlichen Begrenzung des Schutzes einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung entsprechen.

44

(3) Der Gleichheitssatz ist auch nicht verletzt, weil bei einer Höhergruppierung die Stufenzuordnung nicht stufengleich erfolgt, sondern sich gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 TV-L an der Höhe des bisherigen Entgelts orientiert(vgl. zu § 17 Abs. 4 TVöD-AT BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 18). Die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe stellt einen anderen Sachverhalt dar als die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe. Die Entgeltsicherung bei der Höhergruppierung soll den Verlust der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufenzuordnung und Stufenlaufzeit ausgleichen. Bei einem Einkommensverlust wäre anderenfalls die Bereitschaft geeigneter Beschäftigter, eine höher eingruppierte Tätigkeit zu übernehmen, beeinträchtigt. Die Situation ist nicht vergleichbar mit der einer ohnehin mit einer Vergütungsabsenkung behafteten Herabgruppierung.

45

dd) Der Verlust einer individuellen Endstufe würde auch unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Die individuelle Endstufe ist - wie dargelegt - ein Element der Besitzstandswahrung des Überleitungsrechts. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die vergleichbaren Überleitungsregelungen in den TVöD als angemessen und erforderlich angesehen, weil es sich dabei um Regelungen mit Übergangscharakter handelt und die Fortwirkung der wegen der Vergütung nach Lebensaltersstufen im BAT/BAT-O gegebenen Altersdiskriminierung schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werde (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 25, BAGE 140, 83; 19. Februar 2013 - 6 AZN 2338/12 - Rn. 3; EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 96, 99, Slg. 2011, I-7965; zum Besoldungsrecht EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 53 f.). Der Verlust der individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung nach dem 1. November 2008 entspricht diesem Ansatz.

46

ee) Sollte § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L eine unbewusste Regelungslücke im Hinblick auf das Schicksal einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung enthalten, könnte diese nicht - wie von der Revision angenommen - durch die analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder geschlossen werden. Eine tarifliche Regelung wäre vielmehr wegen mehrerer Möglichkeiten der Lückenschließung den Tarifvertragsparteien vorbehalten.

47

(1) Die Tarifvertragsparteien könnten den durch die Kombination von Herabgruppierung und Wegfall der individuellen Endstufe verstärkten Einkommensverlust durch die Gewährung einer Besitzstandszulage ausgleichen. In diesem Fall hätten sie darüber zu entscheiden, ob die Zulage zeitlich begrenzt werden soll. Hinsichtlich der Höhe der Zulage wäre ferner zu bedenken, ob eine Dynamisierung oder ein Abschmelzen durch Anrechnung auf Tariferhöhungen stattfinden soll.

48

(2) Denkbar wäre auch der von der Revision vorgeschlagene Weg der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Bezogen auf den hier vorliegenden Fall der Herabgruppierung eines Mitglieds der Schulleitung wegen gesunkener Schülerzahlen läge kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung wegen ungerechtfertigter Fortführung der Vergütungsregelungen, welche auf die diskriminierenden Lebensaltersstufen des BAT/BAT-O zurückzuführen sind, vor (vgl. zu dieser Problematik Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 70). Es würde sich um eine eigenständige Form der Besitzstandswahrung im TV-L handeln, die in keinem Zusammenhang mit dem Lebensalter steht. Maßgeblich für die Herabgruppierung als Anlass der neuen Stufenzuordnung ist letztlich die mit der Schülerzahl gesunkene dienstliche Belastung.

49

(3) Schließlich könnten sich die Tarifvertragsparteien auch erstmals bewusst gegen eine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe entscheiden. Bezüglich der Vereinbarkeit einer solchen Entscheidung mit höherrangigem Recht wird auf die vorstehenden Ausführungen Rn. 41 bis 45 verwiesen.

50

4. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangt werden.

51

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

52

b) Die Klägerin hat keine Arbeitnehmer benannt, die in vergleichbarer Lage, dh. bei einer Herabgruppierung, eine Vergütung entsprechend der im Antrag vorgesehenen fiktiven Überleitung erhalten. Sie vergleicht sich vielmehr mit einer Kollegin, die keine Einkommenseinbußen in Folge einer Herabgruppierung zu verzeichnen hat und deren Vergütung seit der Überleitung hinsichtlich Eingruppierung und Stufenzuordnung unverändert blieb. Soweit die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, dass Beschäftigte, die einer Herabgruppierung nicht zugestimmt haben, unverändert vergütet werden, hat das Landesarbeitsgericht dies nicht festgestellt. Hiergegen gerichtete Verfahrensrügen sind nicht erhoben. Dessen ungeachtet könnte dieser Vortrag keine gleichheitswidrige Benachteiligung begründen, denn solche Arbeitnehmer wären mangels Vereinbarung einer Herabgruppierung nicht in einer vergleichbaren Lage.

53

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Lorenz    

        

    M. Geyer     

                 

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(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

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(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgesc

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(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. (2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat. (

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.

(2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.

(3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäft, das einem anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.

(4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

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(3) (weggefallen)