Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15

ECLI:ECLI:DE:BAG:2016:180516.U.10AZR183.15.0
18.05.2016

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Oktober 2014 - 16 Sa 783/14 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Leistungsbeurteilung.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Sachbearbeiterin „Kaufmännischer Innendienst/Kundendienst“ beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung, darunter das Entgeltrahmenabkommen vom 18. Dezember 2003 (ERA-TV NRW). Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert und erhält ein Zeitentgelt mit Leistungszulage nach § 5 Nr. 1 iVm. § 10 ERA-TV NRW.

3

§ 10 ERA-TV NRW - Zeitentgelt und Leistungszulage - lautet auszugsweise:

        

„1.     

Beschäftigte im Zeitentgelt erhalten neben dem sich aus dem Entgeltabkommen ergebenden tariflichen Monatsgrundentgelt nach Ablauf ihrer Probezeit (§ 2 Nr. 2 EMTV) eine Leistungszulage.

        

2.    

Die Anforderungen an die Leistung im Zeitentgelt sind so zu gestalten, dass sie von für die auszuführenden Arbeiten geeigneten, genügend eingearbeiteten und eingeübten Beschäftigten auf Dauer ohne Gefährdung für ihre Gesundheit bewältigt werden können.

                 

…       

        

3.    

Für jeden Beschäftigten, der einer Leistungsbeurteilung unterliegt, wird eine Beurteilungskarte angelegt, auf der das Ergebnis der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum einzutragen ist. Die Leistungsbeurteilung erfolgt durch Beauftragte des Arbeitgebers. Die Beauftragten haben die Karte zu unterzeichnen.

                 

Eine elektronische Erfassung und Speicherung der Beurteilung zum Zwecke der Abrechnung und Archivierung ist zulässig.

        

4.    

Das Beurteilungsergebnis ist auf Verlangen mit dem Beschäftigten zu besprechen. Dieses Beurteilungsgespräch ist vom Beschäftigen schriftlich zu bestätigen.

                 

Die Beurteilungen werden Bestandteil der Personalakte.

        

5.    

Auf Verlangen ist dem Betriebsrat Auskunft und - soweit er es wünscht - Einblick in die Beurteilung zu geben. In Einzelfällen sind ihm die Beurteilungen zur Verfügung zu stellen.

        

6.    

Bei Neueingruppierung, Umgruppierung sowie Versetzung hat eine Beurteilung innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen.

                 

In diesen Fällen kann die Beurteilung auch im Rahmen einer zeitnahen späteren jährlichen Beurteilung aller Beschäftigten erfolgen.

                 

Bis zur Neubeurteilung gilt die bisherige Beurteilung fort. Neueingestellte Beschäftigte haben nach Ablauf von drei Monaten bis zur ersten Beurteilung Anspruch auf eine Leistungszulagenpauschale in Höhe von 10 % ihres jeweiligen tariflichen Monatsgrundentgelts.

        

7.    

Der Arbeitgeber hat das Leistungsverhalten aller Beschäftigten einmal im Kalenderjahr beurteilen zu lassen, spätestens aber 18 Monate nach der letzten Beurteilung der Beschäftigten.

                 

Kürzere Beurteilungszeiträume können durch freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbart werden.

                 

Erfolgt die Neubeurteilung aller Beschäftigten nicht nach Ablauf von 18 Monaten, kann der einzelne Beschäftigte seine innerhalb des nächsten Monats zu erfolgende Neubeurteilung und ab diesem Zeitpunkt die gegebenenfalls veränderte Leistungszulage verlangen.

        

8.    

Bei Beurteilung der persönlichen Leistung ist von folgenden Beurteilungsmerkmalen auszugehen:

                 

-       

Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten

                          

(Sorgfalt, Genauigkeit und Zuverlässigkeit)

                 

-       

Arbeitseinsatz

                          

(Intensität, Wirksamkeit, Selbstständigkeit, Kostenbewusstsein, sachgemäße Behandlung der Betriebsmittel)

                 

-       

Beweglichkeit

                          

(Überblick, Setzen von Prioritäten, Arbeitsverhalten bei verschiedenen Arbeitssituationen)

                 

-       

Zusammenarbeit/Führungsverhalten

                          

(Informationsaustausch, Überzeugungsfähigkeit, aufgabenorientierte Zusammenarbeit).

        

9.    

Bei der Bewertung der jeweiligen Bewertungsmerkmale sind die folgenden Stufen zugrunde zu legen:

                 

a)    

genügt den Leistungsanforderungen

        
                          

nicht immer

0 Punkte

                 

b)    

genügt den Leistungsanforderungen

        
                          

fast immer

2 Punkte

                 

c)    

genügt den Leistungsanforderungen

        
                          

in vollem Umfang

4 Punkte

                 

d)    

übertrifft die Leistungsanforderungen

6 Punkte

                 

e)    

übertrifft die Leistungsanforderungen

        
                          

in besonderem Umfang

8 Punkte

        

10.     

Die Höhe der Leistungszulage wird wie folgt berechnet:

                 

Die für den Beschäftigten ermittelte Summe der Punkte wird mit 0,625 % multipliziert. Das Ergebnis wird multipliziert mit dem tariflichen Monatsgrundentgelt und ergibt die individuelle Leistungszulage.

                 

Der Wert eines Punktes kann aufgrund der folgenden Bestimmungen betrieblich abweichen:

                 

Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass die Gesamtsumme der nach den vorstehenden Regeln bestimmten Leistungszulagen des Betriebes ca. 10 % der tariflichen Monatsgrundentgeltsumme beträgt.

                 

Liegt die betriebliche Gesamtsumme der ermittelten Leistungszulagen unterhalb von 9 %, so ist sie vom Arbeitgeber durch entsprechende Anhebung des in Abs. 1 genannten Faktors auf 9 % zu korrigieren.

                 

Liegt die betriebliche Gesamtsumme der ermittelten Leistungszulagen oberhalb von 11 %, so ist der Arbeitgeber berechtigt, sie durch entsprechende Reduzierung des in Absatz 1 genannten Faktors auf 11 % zu korrigieren (dies darf bei Beschäftigten, deren Punktzahl nach der Neubeurteilung gleich geblieben oder gestiegen ist, nicht zu einer Minderung des Euro-Betrags ihrer Leistungszulage führen).

                 

…       

        

14.     

Beanstandungen der Leistungsbeurteilung können innerhalb von zwei Wochen durch den Beschäftigten und innerhalb von vier Wochen durch den Betriebsrat beim Arbeitgeber angebracht werden.

                 

Die Frist beginnt nach Mitteilung der Leistungszulage.

                 

Die Behandlung der Beanstandungen hat unverzüglich in der paritätischen Kommission zu erfolgen.

                 

Die paritätische Kommission besteht aus je zwei vom Betriebsrat und Arbeitgeber benannten Betriebsangehörigen.

                 

Die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind, können nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden.

                 

Kommt die paritätische Kommission zu keiner Entscheidung, so haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat mit der Beanstandung zu befassen.

                 

Kommen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keinem Ergebnis, so entscheidet die Einigungsstelle nach § 24 EMTV.

                 

Den Beteiligten (Arbeitgeber, Betriebsrat sowie Beschäftigten) steht im Rahmen des § 76 Abs. 5 BetrVG bzw. entsprechend §§ 101 ff. ArbGG in jedem Fall der Rechtsweg offen.

                 

Der Abrechnung ist die endgültig festgesetzte Leistungszulage zugrunde zu legen.

                 

Die Leistung darf wegen Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der Leistungsbeurteilung nicht verweigert werden.“

4

In den Leistungsbeurteilungen der Klägerin für die Jahre 2009 und 2010 wurde das Beurteilungsmerkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ jeweils mit der Höchstpunktzahl von 8 Punkten bewertet. Für das Jahr 2011 erfolgte zunächst durch den Vorgesetzten eine Bewertung mit 6 Punkten; nach Beanstandung bei der paritätischen Kommission mit 8 Punkten.

5

Mit der Leistungsbeurteilung vom 14. März 2013 wurde die Arbeitsleistung der Klägerin im Beurteilungszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2012 mit insgesamt 22 Punkten bewertet. Dabei erhielt sie bei den Beurteilungsmerkmalen „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“, „Arbeitseinsatz“ und „Flexibilität“ (im ERA-TV NRW als „Beweglichkeit“ bezeichnet) von dem Vorgesetzten P jeweils 6 Punkte, beim Beurteilungsmerkmal „Kooperation/Führungsverhalten“ hingegen nur 4 Punkte. Nach Aushändigung der Leistungsbeurteilung am 3. Juni 2013 beanstandete die Klägerin diese mit Schreiben vom 16. Juni 2013 hinsichtlich der Beurteilungsmerkmale „Kooperation/Führungsverhalten“ und „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ und begehrte eine jeweils um 2 Punkte (= eine Bewertungsstufe) bessere Bewertung.

6

Die paritätische Kommission holte eine Stellungnahme des beurteilenden Vorgesetzten ein und tagte am 14. August 2013. Mitglied der Kommission war für die Arbeitgeberseite ua. Herr B, der in seiner Funktion als Vorgesetzter auch selbst Beurteilungen vornahm. Die paritätische Kommission beschloss - wie im Protokoll festgehalten - „nach ausführlicher Diskussion“ eine Anhebung des Beurteilungsmerkmals „Kooperation/Führungsverhalten“ um 2 Punkte auf 6 Punkte; im Übrigen wies sie die Beanstandung der Klägerin zurück. Eine Begründung der Entscheidung ist nicht erfolgt.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe eine bessere Leistungsbeurteilung zu. Die paritätische Kommission sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, da Herr B selbst Beurteilungen vornehme und nach den tariflichen Bestimmungen deshalb nicht habe teilnehmen dürfen. Die Beurteilung sei auch in der Sache falsch, weil ihre Arbeitsleistung in den beanstandeten Merkmalen höher zu bewerten sei.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

        

Die Gesamtpunktsumme in der Leistungsbeurteilung der Klägerin vom 14. März 2013 wird für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 auf 26 Punkte festgesetzt.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Entscheidung der paritätischen Kommission sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar und sachlich nicht zu beanstanden. Herr B habe in der paritätischen Kommission mitwirken dürfen, da er die umstrittene Leistungsbeurteilung nicht vorgenommen habe.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weiterhin eine bessere Leistungsbeurteilung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

12

I. Der Klageantrag ist in der nach Hinweis des Senats in der Revision zuletzt zur Entscheidung gestellten Fassung zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auf ein Gestaltungsurteil zur Leistungsbestimmung in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB gerichtet(BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 431/13 - Rn. 30 mwN). Die Beklagte hat der in der geänderten Antragsfassung liegenden Klageänderung (§ 263 ZPO) zugestimmt. Diese ist ausnahmsweise noch in der Revision zulässig (zu den Voraussetzungen zuletzt zB BAG 22. Oktober 2014 - 5 AZR 731/12 - Rn. 36, BAGE 149, 343), weil der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten und von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt gestützt wird, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden.

13

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist nicht die Richtigkeit der Beurteilung vom 14. März 2013 zu überprüfen. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist vielmehr die Entscheidung der paritätischen Kommission. Diese ist mangels hinreichender Begründung unverbindlich. Entsprechend §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Leistungsbeurteilung durch das Gericht vorzunehmen und eine Gesamtpunktzahl festzusetzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht unterlassen. Seine Entscheidung ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den beurteilungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

14

1. Die Klägerin begehrt nach dem Klageantrag in der zuletzt gestellten Fassung in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB die Festsetzung einer höheren Gesamtpunktzahl durch das Gericht im Rahmen der Leistungsbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 2012. Sie wendet sich damit nunmehr zutreffend gegen die Leistungsbeurteilung als Ganzes und nicht nur gegen die Bewertung einzelner Beurteilungsmerkmale.

15

a) Nach § 10 ERA-TV NRW stellt die Leistungsbeurteilung und die sich aus ihr ergebende Gesamtpunktsumme die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Leistungszulage dar(§ 10 Nr. 10 ERA-TV NRW). Die einzelnen Beurteilungsmerkmale bilden hingegen lediglich Elemente der Gesamtbeurteilung, ohne dass diesen für die Höhe der Leistungszulage unmittelbare Bedeutung zukommt.

16

b) Die Leistungsbeurteilung kann vom Beschäftigten oder vom Betriebsrat beim Arbeitgeber beanstandet werden. Solche Beanstandungen sind sodann in der paritätischen Kommission zu behandeln (§ 10 Nr. 14 Abs. 1 und Abs. 3 ERA-TV NRW). Aufgrund deren Entscheidung über die Beanstandungen - oder im Fall der Nichteinigung der paritätischen Kommission der Entscheidung der dann gemäß § 10 Nr. 14 Abs. 6 und Abs. 7 ERA-TV NRW berufenen Stellen - ergibt sich die endgültige Gesamtpunktsumme und damit die Höhe der Leistungszulage(§ 10 Nr. 14 Abs. 9 ERA-TV NRW). Greift der Beschäftigte das dort gefundene Ergebnis an, ist diese Festsetzung Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Prüfungsgegenstand ist danach die Entscheidung der paritätischen Kommission und nicht mehr die ursprüngliche Beurteilung (vgl. im Fall der Entscheidung einer paritätischen Kommission über einen Verbesserungsvorschlag BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 431/13 - Rn. 29).

17

2. Die Leistungsbeurteilung vom 14. März 2013 wurde aufgrund der Beanstandungen der Klägerin durch die im Betrieb der Beklagten gebildete paritätische Kommission überprüft und im Ergebnis die Gesamtpunktzahl auf 24 Punkte heraufgesetzt. Diese nach § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW getroffene Entscheidung ist in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB grundsätzlich nur auf grobe Unrichtigkeit zu überprüfen. Die angegriffene Entscheidung hält auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand, da es ihr an einer Begründung fehlt. Sie ist daher unverbindlich.

18

a) Die Entscheidung einer paritätischen Kommission nach § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW ist nur eingeschränkt dahin gehend zu überprüfen, ob sie in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und ob ihre wertende und beurteilende Entscheidung grob unrichtig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

19

aa) Nach § 10 Nr. 14 Abs. 1 ERA-TV NRW „können“ Beanstandungen der Leistungsbeurteilung innerhalb bestimmter Fristen durch den Beschäftigten oder den Betriebsrat beim Arbeitgeber angebracht werden. Während sich der Arbeitnehmer gegen eine aus seiner Sicht zu schlechte Beurteilung wenden wird, kann der Betriebsrat - der auch die kollektiven Interessen der Belegschaft in den Blick zu nehmen hat - sowohl eine zu niedrige als auch eine zu hohe Bewertung beanstanden. Solche Beanstandungen sind zunächst in einer paritätischen Kommission - bestehend aus je zwei von Arbeitgeber und Betriebsrat benannten Betriebsangehörigen - zu behandeln. Nur wenn diese Kommission zu keinem Ergebnis kommt, erfolgt die Behandlung - wiederum paritätisch - durch Arbeitgeber und Betriebsrat. Kommen die Betriebsparteien ebenfalls zu keinem einvernehmlichen Ergebnis über die Beanstandungen, entscheidet die tarifliche Einigungsstelle nach § 24 des Einheitlichen Manteltarifvertrags (EMTV NRW).

20

(1) Nach den tariflichen Bestimmungen ist damit zunächst ein zwingendes innerbetriebliches bzw. tarifliches Einspruchsverfahren zu durchlaufen, wenn ein Beschäftigter oder der Betriebsrat von seinem Beanstandungsrecht Gebrauch macht. Hiervon gehen auch die Parteien aus. Erst wenn in diesen Verfahren eine Entscheidung ergangen ist, kann - wie aus § 10 Nr. 14 Abs. 8 ERA-TV NRW deutlich wird - das jeweilige Ergebnis einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Dabei bringt die Norm durch den Verweis auf §§ 101 ff. ArbGG bzw. § 76 Abs. 5 BetrVG zum Ausdruck, dass sowohl die innerbetriebliche Entscheidung als auch die der tariflichen Einigungsstelle nur einer eingeschränkten Überprüfung unterliegen soll(vgl. zur Bedeutung eines Verweises auf § 101 ArbGG schon BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 468/96 - zu III 2 d der Gründe). Die Tarifvertragsparteien haben den zur Entscheidung über die Beanstandung einer Leistungsbeurteilung berufenen Stellen damit die Funktion eines Schiedsgutachters übertragen. Dies ist zulässig.

21

(2) In Tarifverträgen können betriebliche Einrichtungen, wie paritätische Kommissionen, oder andere Stellen geschaffen werden, denen die Aufgabe eines Schiedsgutachters zukommt. Derartige Schiedsgutachtenvereinbarungen binden ausschließlich materiell-rechtlich und verstoßen daher nicht gegen das im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemäß § 101 ArbGG mit wenigen Ausnahmen geltende Verbot der Schiedsgerichtsbarkeit(st. Rspr., zuletzt zB BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 431/13 - Rn. 26 f. mwN). Eine unzulässige Schiedsgerichtsvereinbarung liegt erst dann vor, wenn der dritten Stelle nicht nur die Feststellung von Tatsachen, sondern darüber hinaus auch deren verbindliche Subsumtion unter einzelne Tatbestandsmerkmale - etwa im Bereich der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe - übertragen wird (BAG 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - zu B I 2 der Gründe mwN, BAGE 109, 193).

22

(3) Nach diesen Grundsätzen ist die tarifliche Regelung nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Leistung eines Arbeitnehmers mit einer bestimmten Zahl von Punkten ist die Feststellung einer Tatsache aufgrund einer Beurteilung, nicht die Entscheidung einer Rechtsfrage. Die Beurteilung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei der dem Beurteilenden ein Beurteilungsspielraum zusteht. Es erfolgt insofern keine Subsumtion von bestimmten Tatsachen unter eine Rechtsnorm (vgl. zu § 17.2.6 ERA-TV BW BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 39, 45, BAGE 148, 271; ebenso schon zur Leistungszulage nach § 5 des Gehaltsrahmenabkommens vom 19. Februar 1975 für die Angestellten der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 468/96 - zu III 2 d der Gründe).

23

bb) Solche durch Entscheidungen paritätischer Kommissionen ergangenen Schiedsgutachten sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB nur eingeschränkt zu überprüfen.

24

(1) Die Überprüfung richtet sich zunächst darauf, ob die Entscheidung im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und die zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können; die Entscheidung ist dann unverbindlich (BAG 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 109, 193).

25

(2) In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die wertende und beurteilende Entscheidung der Kommission entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB grob unrichtig ist. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften erfolgt, weil die paritätische Kommission keine Ermessensentscheidung, sondern auf der Grundlage ihres besonderen Sachverstands eine „richtige“ Tatsachenfeststellung zu treffen hat, die nur mittelbar der Bestimmung der Leistung dient (vgl. hierzu allgemein BGH 4. Juli 2013 - III ZR 52/12 - Rn. 27; Staudinger/Rieble (2015) § 317 Rn. 21; MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 317 Rn. 38). Eine Leistungsbestimmung im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 319 BGB ist unverbindlich, wenn sie grob unbillig ist. Da die in einem Schiedsgutachten getroffene Feststellung als solche nicht „unbillig“ sein kann, sondern nur darauf zu überprüfen ist, ob sie den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, kann sie bei entsprechender Anwendung des § 319 BGB nur dann nicht verbindlich sein, wenn sie offenbar unrichtig ist(BAG 18. Dezember 1980 - 2 AZR 934/78 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 34, 365; BGH 17. Januar 2013 - III ZR 10/12 - Rn. 13, 16; Dahme Paritätische Kommissionen in Tarifverträgen S. 58, 183). Die offenbare Unrichtigkeit steht insoweit der offenbaren Unbilligkeit gleich (Erman/J. Hager BGB 14. Aufl. § 319 Rn. 3; Staudinger/Rieble § 319 Rn. 9; MüKoBGB/Würdinger § 319 Rn. 14).

26

b) Die Entscheidung der paritätischen Kommission vom 14. August 2013 ist nach diesen Maßstäben unverbindlich. Zwar ist sie entgegen der Auffassung der Revision im vorgesehenen Verfahren ergangen. Es fehlt ihr aber an einer Begründung.

27

aa) Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass das nach den tariflichen Bestimmungen vorgesehene Verfahren eingehalten wurde. Insbesondere war die paritätische Kommission entgegen der Auffassung der Revision vorschriftsmäßig besetzt. Die Besetzung auf Arbeitgeberseite mit Herrn B verstieß nicht gegen § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW.

28

(1) Nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW können die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind, nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden. Ausgeschlossen sind damit nur solche Beauftragte des Arbeitgebers, die die konkrete Leistungsbeurteilung, deren Beanstandung vor der paritätischen Kommission behandelt wird, vorgenommen haben. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.

29

(a) Der Wortlaut der Regelung, von dem vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Januar 2016 - 10 AZR 42/15 - Rn. 15), ist nicht eindeutig. Nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW können „die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind“ nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden. Die Norm selbst bestimmt den Kreis der ausgeschlossenen Mitglieder damit nicht. In § 10 Nr. 7 ERA-TV NRW selbst sind Beauftragte des Arbeitgebers nicht erwähnt. Die Bestimmung regelt lediglich dessen Pflicht, einmal im Kalenderjahr, spätestens aber 18 Monate nach der letzten Beurteilung, das Leistungsverhalten aller Beschäftigten beurteilen zu lassen. Allerdings könnte die Verwendung des Plurals in § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW dafür sprechen, dass - wie die Revision annimmt - sämtliche Personen, die überhaupt einmal oder jedenfalls im konkreten Beurteilungsturnus Beurteilungen vorgenommen haben, von der Mitgliedschaft in der paritätischen Kommission ausgeschlossen sein sollen. Ebenso wenig ist aber durch den Wortlaut ein Verständnis ausgeschlossen, wonach dieser Ausschlussgrund zwar grundsätzlich für alle Beurteilenden gilt, aber nur dann relevant wird, wenn die streitgegenständliche Beurteilung durch das Mitglied der paritätischen Kommission erfolgte.

30

(b) Die Tarifsystematik und der tarifliche Gesamtzusammenhang sprechen - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - gegen die von der Revision vertretene Auffassung. Der Begriff „die Beauftragten“ wird auch in § 10 Nr. 3 Abs. 1 ERA-TV NRW verwendet. Danach wird für jeden Beschäftigten, der einer Leistungsbeurteilung unterliegt, eine Beurteilungskarte angelegt, auf der das Ergebnis der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum einzutragen ist. Die Leistungsbeurteilung erfolgt durch Beauftragte des Arbeitgebers, die die Karte zu unterzeichnen haben. Im Sinne dieser Norm sind „die Beauftragten des Arbeitgebers“ somit diejenigen Personen, die jeweils die Leistungsbeurteilung einer konkreten Person vornehmen. Die Verwendung des Plurals dient hier lediglich der Verdeutlichung, dass der Arbeitgeber eine abstrakte Anzahl von Beauftragten zur Beurteilung einsetzen darf. Zwar nimmt § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW nicht unmittelbar auf Nr. 3 Bezug; durch Nr. 7 erfolgt aber - wie dargelegt - keine Begriffsklärung, sondern diese ergibt sich erst im Zusammenspiel dieses Normteils mit § 10 Nr. 3 ERA-TV NRW. Dies spricht deutlich dafür, dass die Verwendung des Plurals in § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW lediglich dazu dient, die potentiell unbestimmte Anzahl der Beauftragten herauszustellen.

31

Gegen das von der Revision vertretene weite Verständnis spricht in systematischer Hinsicht auch, dass umfassende Regelungen zur Mitgliedschaft in den paritätischen Kommissionen und möglichen Fällen der Befangenheit fehlen. Hätten die Tarifvertragsparteien jede auch nur entfernt mögliche Interessenkollision ausschließen wollen, hätten sie auch Regelungen über den Ausschluss der durch den Betriebsrat benannten Mitglieder für den Fall treffen müssen, dass der Betriebsrat nach § 10 Nr. 14 Abs. 1 ERA-TV NRW Beanstandungen gegen eine Leistungsbeurteilung erhebt. Solche Bestimmungen enthält der Tarifvertrag nicht.

32

(c) Sinn und Zweck des § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW sprechen für ein enges Verständnis der Norm.

33

(aa) Paritätische Kommissionen werden durch die Tarifvertrags- oder Betriebsparteien eingerichtet, um eine Überprüfung von im Betrieb getroffenen Entscheidungen, wie hier der Leistungsbeurteilung, vorzunehmen oder solche erstmals zu treffen, wie beispielsweise durch eine Prämienkommission im betrieblichen Vorschlagswesen. Die Entscheidung soll dabei betriebsnah und fachkundig durch Personen erfolgen, denen die betrieblichen Verhältnisse bekannt und die mit den jeweiligen Sachverhalten vertraut sind (vgl. zu diesem Aspekt unter anderem Blickwinkel: BAG 17. März 2005 - 8 AZR 179/04 - zu II 2 d der Gründe; 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 109, 193). Um diesem Zweck gerecht zu werden, liegt es nahe, auch solche Personen in die paritätische Kommission zu entsenden, die das Beurteilungsverfahren und seine spezifischen Schwierigkeiten aus eigener praktischer Anschauung kennen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die paritätische Kommission eine eigene Entscheidung zu treffen und nicht nur etwa eine Art Rechtskontrolle der zu überprüfenden Beurteilung vorzunehmen hat. Zwar könnte die Regelung - wie die Revision meint - den Sinn haben, die Überprüfung durch eine paritätische Kommission vornehmen zu lassen, die mit Personen besetzt ist, die mit den Beurteilungen im jeweiligen Turnus überhaupt noch nicht befasst waren, etwa, um einen völlig unverstellten Blick zu ermöglichen. Unabhängig von der dann möglicherweise fehlenden Sachkunde spricht hiergegen aber deutlich das oben dargelegte Fehlen einer entsprechenden Regelung für die vom Betriebsrat benannten Mitglieder.

34

(bb) Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW den Zweck verfolgt, den Wechsel der Mitglieder der paritätischen Kommission pro Beurteilungsturnus gering zu halten, etwa, um eine Konsistenz in der Entscheidungsfindung zu wahren. Bei einem derart verstandenen Zweck würde es zwar Sinn machen, sämtlichen Beurteilern im Beurteilungsturnus die Stellung als Mitglied in der paritätischen Kommission zu verwehren, um die Gefahr einer Verhinderung wegen Befangenheit auszuschließen. Gegen einen derartigen Zweck spricht jedoch insbesondere, dass die Tarifvertragsparteien auch ansonsten keinerlei Regelung getroffen haben, die den Wechsel bzw. Austausch der Kommissionsmitglieder eingrenzen. Im Übrigen würde sich eine ähnliche Problematik auf Seiten der betriebsrätlichen Kommissionsmitglieder ergeben, wenn ein solches Mitglied seine Beurteilung beanstandet hat.

35

(cc) Ein zweckentsprechendes Verständnis bekommt die Norm hingegen, wenn man sie als konkrete Befangenheitsregelung für die arbeitgeberseitigen Kommissionsmitglieder ansieht. Für den praktisch bedeutsamsten Fall einer konkreten Interessenkollision haben die Tarifvertragsparteien damit den Ausschluss derjenigen Personen festgelegt, die selbst die Beurteilung nach § 10 Nr. 7 ERA-TV NRW vorgenommen haben, ohne dass im Einzelfall noch Streit über deren Unparteilichkeit und Entscheidungsbefugnis entstehen könnte.

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(2) Das von der Arbeitgeberin für die paritätische Kommission benannte Mitglied B hat die Beurteilung der Klägerin nicht vorgenommen; dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Herr B war daher nach § 10 Nr. 14 Abs. 5 ERA-TV NRW nicht gehindert, über die Beanstandungen der Klägerin gegen deren Leistungsbeurteilung mit zu entscheiden.

37

bb) Die Entscheidung der paritätischen Kommission ist allerdings wegen eines groben Verfahrensverstoßes unverbindlich, da sie nicht begründet ist.

38

(1) Die gerichtliche Kontrolle von Schiedsgutachten bezieht sich auf Entscheidungsvorgang und Entscheidungsbegründung. Es ist nicht nur dann offenbar unrichtig, wenn sich einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter - sei es auch erst nach eingehender Prüfung - offensichtliche Fehler aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen, sondern auch dann, wenn die Ausführungen so lückenhaft sind, dass selbst der Fachmann das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann (vgl. BGH 27. Juni 2001 - VIII ZR 235/00 - zu II 2 a der Gründe mwN). Falsche oder fehlende Erwägungen machen das Gutachten daher unrichtig (Staudinger/Rieble § 319 Rn. 9; MüKoBGB/Würdinger § 319 Rn. 17; Bamberger/Roth/Gehrlein BGB 3. Aufl. § 319 Rn. 4; Palandt/Grüneberg 75. Aufl. § 319 BGB Rn. 5a). Auch im Hinblick auf das Verbot der Schiedsgerichtsvereinbarung muss im Arbeitsrecht nachvollziehbar sein, welche Tatsachenfeststellungen die Gutachtenstelle getroffen hat und inwieweit sie diese ihrer Entscheidung zugrunde legt. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Begründung von Kommissionsentscheidungen nicht überspannt werden. Diese haben den Vorteil, betriebsnah zu sein und in den Entscheidungsprozess Personen, denen die betrieblichen Verhältnisse bekannt sind, einzubeziehen. Würde man ihnen eine Begründungspflicht auferlegen, die der einer gerichtlichen Entscheidung nahekommt, würde das Verfahren zu umständlich werden. Es entstünden damit Hemmungen, auf diesen praktikablen Konfliktregelungsmechanismus zurückzugreifen. Unverzichtbar ist jedoch eine nachvollziehbare Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die getroffene Entscheidung beruht. Nur so kann die Kommissionsentscheidung gegenüber den Arbeitsvertragsparteien überzeugend wirken und nur so ist es dem Gericht möglich festzustellen, ob die Entscheidung grob unrichtig ist (BAG 17. März 2005 - 8 AZR 179/04 - zu II 2 d der Gründe mwN; 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - zu B I 4 der Gründe mwN, BAGE 109, 193).

39

(2) Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Entscheidung der paritätischen Kommission nicht. Die paritätische Kommission hat nicht dargestellt, auf welche Tatsachen sie ihre Entscheidung, die Leistung der Klägerin bei den Beurteilungsmerkmalen „Kooperation/Führungsverhalten“ und „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ jeweils mit 6 Punkten zu bewerten und damit die Gesamtbewertung auf 24 Punkte festzusetzen, gestützt hat. Eine derartige Begründung findet sich insbesondere nicht im Protokoll vom 15. August 2013 über ihre Sitzung. Dort wird nur aufgelistet, auf welche Kategorien sich die Beanstandung der Klägerin bezieht und zu welchem Ergebnis die Kommission „nach ausführlicher Diskussion“ gekommen ist. Inhalte der Diskussion oder Elemente der Begründung der gefundenen Entscheidung finden sich in dem Protokoll nicht. Auch ist nicht erkennbar, ob und ggf. in welchem Umfang sich die Kommission Argumente aus der Beanstandung der Klägerin oder der eingeholten Stellungnahme ihres Vorgesetzten zu Eigen gemacht hat. Die Entscheidung ist damit wegen fehlender Begründung unverbindlich.

40

3. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Entscheidung der paritätischen Kommission ist in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch das Gericht die Leistungsbeurteilung für den Streitzeitraum vorzunehmen und die Gesamtpunktzahl festzusetzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht konsequent - nicht gemacht. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

41

a) Wendet sich ein Beschäftigter gegen die Leistungsbeurteilung, haben im Fall der Unverbindlichkeit der Entscheidung einer paritätischen Kommission nach § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW die damit befassten Arbeitsgerichte die Beurteilung vorzunehmen und im Rahmen der erfolgten Beanstandungen die Gesamtpunktsumme festzusetzen. Der Ausspruch des Gerichts tritt an die Stelle der Entscheidung der paritätischen Kommission (vgl. zur Festsetzung einer Prämie für einen Verbesserungsvorschlag BAG 16. Dezember 2014 - 9 AZR 431/13 - Rn. 30 mwN). Einer nochmaligen Überprüfung durch die Schiedsgutachterstelle steht grundsätzlich das arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgebot des § 9 ArbGG entgegen(vgl. BAG 17. März 2005 - 8 AZR 179/04 - zu II 2 e der Gründe; 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - zu B II der Gründe, BAGE 109, 193). Auch § 10 ERA-TV NRW enthält keine Regelung, die eine erneute Befassung durch die paritätische Kommission vorsehen oder auch nur erlauben würde. Vielmehr ist durch die einvernehmliche Entscheidung einer paritätischen Kommission oder einer anderen in § 10 Nr. 14 ERA-TV NRW genannten Stelle das tarifliche Einspruchsverfahren abgeschlossen und Beschäftigten, Betriebsrat oder Arbeitgeber der Rechtsweg eröffnet(§ 10 Nr. 14 Abs. 8 ERA-TV NRW).

42

b) Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Leistungsbeurteilung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(Staudinger/Rieble § 319 Rn. 44; vgl. zur Leistungsbestimmung nach § 315 BGB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall bei der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu der Leistung der Klägerin im Beurteilungszeitraum hinsichtlich der beiden beanstandeten Beurteilungsmerkmale getroffen hat, die die Festsetzung einer Gesamtpunktzahl durch den Senat zuließen.

43

c) Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

44

aa) Die richterliche Ersatzbestimmung in entsprechender Anwendung von § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(vgl. zur Ersatzleistungsbestimmung iSv. § 315 Abs. 3 BGB: BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 317 Rn. 38, § 315 Rn. 521).

45

bb) Die gerichtliche Bestimmung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB tritt - wie dargelegt - an die Stelle der Entscheidung der paritätischen Kommission. Diese wiederum entscheidet nach den tariflichen Bestimmungen über die Beanstandungen der Klägerin. Da eine Beanstandung durch den Betriebsrat nach § 10 Nr. 14 Abs. 1 ERA-TV NRW nicht erfolgt ist, bestimmt alleine die Beanstandung der Klägerin, hinsichtlich welcher Beurteilungsmerkmale und Bewertungen eine Überprüfung der Leistungsbeurteilung vorzunehmen ist. In diesem Rahmen hat die paritätische Kommission die Gesamtpunktzahl der Leistungsbeurteilung festgesetzt. Da diese Entscheidung insgesamt unverbindlich ist, tritt nunmehr sowohl hinsichtlich des Beurteilungsmerkmals „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ als auch für das Beurteilungsmerkmal „Kooperation/Führungsverhalten“ - das von den Betriebsparteien erkennbar synonym zum tariflichen Merkmal „Zusammenarbeit/Führungsverhalten“ verwendet wird - die gerichtliche Bestimmung entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB an deren Stelle. Dabei besteht eine Bindung an die Festsetzung von 6 Punkten bzw. 4 Punkten hinsichtlich dieser Kriterien in der Leistungsbeurteilung im Sinne einer Untergrenze. An die Festsetzung von jeweils 6 Punkten hinsichtlich der Kriterien, die mangels Beanstandung nicht Gegenstand des Verfahrens vor der paritätischen Kommission waren, bleibt das Gericht ebenfalls gebunden. Hingegen ist die durch die paritätische Kommission erfolgte Erhöhung der Punktzahl hinsichtlich des Beurteilungsmerkmals „Kooperation/Führungsverhalten“ für das Gericht nicht maßgeblich, da die Entscheidung insgesamt und deshalb auch insoweit unverbindlich ist. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat das Landesarbeitsgericht dann eine Gesamtpunktzahl festzusetzen.

46

cc) Das Landesarbeitsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung erkennbar angenommen - ohne dies allerdings näher zu begründen -, dass die vom Vorgesetzten P in seiner Stellungnahme an die paritätische Kommission geschilderten Vorgänge im Mahnwesen dem Beurteilungsmerkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ zuzuordnen sind und die Bewertung der Arbeitsleistung der Klägerin mit 6 Punkten rechtfertigen. Eine solche Wertung der Zuordnung erscheint nicht ausgeschlossen, wenn man die in diesem Zusammenhang bemängelten Rückfragen der Klägerin beim Vorgesetzten dem bei diesem Merkmal genannten Kriterium der „Zuverlässigkeit“ zuordnet, etwa weil die Rückfrage wegen einer nicht hinreichenden Aufklärung des Sachverhalts durch die Klägerin erforderlich wurde. Ebenso erscheint aber denkbar, die Bewertung dieser Vorgänge dem Beurteilungsmerkmal „Arbeitseinsatz“ mit dem Kriterium „Selbstständigkeit“ zuzuordnen. Bei einer solchen Zuordnung könnten diese Vorgänge nicht mehr zur Bewertung herangezogen werden, da hinsichtlich dieses Kriteriums keine Beanstandung der Leistungsbeurteilung vorliegt. Zur abschließenden Beurteilung der Zuordnung bedarf es aber weiteren Vortrags der Parteien zu dem genauen Inhalt der von der Klägerin geschuldeten Arbeitsleistung und der Qualität der von ihr erbrachten Leistungen. Ebenso bedarf es weiteren Vortrags zum beanstandeten Beurteilungsmerkmal „Kooperation/Führungsverhalten“ und zu der insoweit erbrachten Leistung der Klägerin.

47

dd) Bei der Würdigung des zu erwartenden Vortrags der Parteien wird die von den Tarifvertragsparteien getroffene materiell-rechtliche Wertung, welche Leistung von einem durchschnittlich geeigneten Beschäftigten ohne gesteigerte Anstrengung auf Dauer zu erreichen ist (vgl. § 10 Nr. 2 Abs. 1 ERA-TV NRW), zu berücksichtigen sein (vgl. zu Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast nach ERA-TV BW BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 41 ff., BAGE 148, 271). Dabei gehen die Tarifvertragsparteien von einer Gesamtsumme der betrieblichen Leistungszulagen von ca. 10 % der tariflichen Monatsgrundentgeltsumme aus. Dieser Richtwert wird tariflich auch angesetzt, wenn ein Beschäftigter noch nicht beurteilt wurde (§ 10 Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 ERA-TV NRW). Rechnerisch kann für den einzelnen Beschäftigten ein Leistungsentgelt von maximal 20 % des tariflichen Monatsgrundentgelts erreicht werden (vgl. § 10 Nr. 10 Abs. 1 ERA-TV NRW beim maximalen Wert von 32 Punkten, zusammengesetzt aus 4 Beurteilungsmerkmalen zu jeweils 8 Punkten gemäß § 10 Nr. 8 und Nr. 9 ERA-TV NRW).

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Uhamou    

        

    Frese    

                 

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Referenzen - Gesetze

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 76 Einigungsstelle


(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet wer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 319 Unwirksamkeit der Bestimmung; Ersetzung


(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 9 Allgemeine Verfahrensvorschriften und Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren


(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen. (2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 317 Bestimmung der Leistung durch einen Dritten


(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlic

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 101 Grundsatz


(1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen können die Parteien des Tarifvertrags die Arbeitsgerichtsbarkeit allgemein oder für den Einzelfall

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2011 - EnZR 32/10

bei uns veröffentlicht am 08.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL EnZR 32/10 Verkündet am: 8. November 2011 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf di
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2017 - 6 ZB 16.1464

bei uns veröffentlicht am 20.01.2017

Tenor I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 7. Juni 2016 - B 5 K 14.701 - wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Referenzen

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen können die Parteien des Tarifvertrags die Arbeitsgerichtsbarkeit allgemein oder für den Einzelfall durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, daß die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll.

(2) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, können die Parteien des Tarifvertrags die Arbeitsgerichtsbarkeit im Tarifvertrag durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, daß die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende oder Artisten umfaßt. Die Vereinbarung gilt nur für tarifgebundene Personen. Sie erstreckt sich auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben; der Mangel der Form wird durch Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt.

(3) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das schiedsrichterliche Verfahren finden in Arbeitssachen keine Anwendung.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen.

(2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die Wahrnehmung richterlicher Geschäfte durch Referendare und über Beratung und Abstimmung gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landesarbeitsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesarbeitsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Arbeitsgerichtsgesetz tritt.

(3) Die Vorschriften über die Wahrnehmung der Geschäfte bei den ordentlichen Gerichten durch Rechtspfleger gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Als Rechtspfleger können nur Beamte bestellt werden, die die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden haben.

(4) Zeugen und Sachverständige erhalten eine Entschädigung oder Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(5) Alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen enthalten die Belehrung über das Rechtsmittel. Soweit ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, ist eine entsprechende Belehrung zu erteilen. Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei; § 234 Abs. 1, 2 und § 236 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gelten für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
EnZR 32/10 Verkündet am:
8. November 2011
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2011 durch den VorsitzendenRichter Prof. Dr. Meier-Beck
und die Richter Dr. Raum, Dr. Kirchhoff, Dr. Grüneberg und Dr. Bacher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. März 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin begehrt die gerichtliche Bestimmung des angemessenen Stromnetznutzungsentgelts für das Jahr 2002 und Rückzahlung zu viel gezahlten Entgelts.
2
Die Klägerin bietet elektrische Energie für private und gewerbliche Verbraucher an. Auf der Grundlage eines Rahmenvertrags vom 24. August/18. September 2000 stellt die Beklagte der Klägerin hierzu ihr Stromverteilernetz zur Verfügung. Der Entgelthöhe liegen gemäß § 14 Abs. 1 des Rahmenvertrages Preislisten der Beklagten zugrunde, die sie auch im Internet veröffentlicht. Nach ihrem Vorbringen berechnete sie die darin aufgeführten und der Klägerin für das Jahr 2002 in Rechnung gestellten Entgelte nach der Verbändevereinbarung Strom II vom 13. Dezember 1999.
3
Mit Schreiben vom 4. Mai 2000 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten, sie behalte sich vor, "die … in Rechnung gestellten Entgelte im Ganzen und in ihren einzelnen Bestandteilen energie- und kartellrechtlich überprüfen zu lassen". Diesen Vorbehalt hielt sie mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 ausdrücklich aufrecht.
4
Im Jahr 2003 erhob die Klägerin Klage unter anderem auf gerichtliche Bestimmung des billigen Entgelts für die von der Beklagten berechneten Mess- und Verrechnungspreise; die Klage wurde mit Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 2003 rechtskräftig abgewiesen.
5
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, die Beklagte verlange um mindestens 30% überhöhte Netznutzungsentgelte. Sie hat beantragt, das jeweils billige Netznutzungsentgelt einschließlich der Mess- und Verrechnungsentgelte für das Jahr 2002 zu bestimmen und die Beklagte zu verurteilen, an sie die Differenz zwischen den nach ihrer Behauptung gezahlten Entgelten in Höhe von insgesamt 28.266,10 € netto und dem gerichtlich bestimmten billigen Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer nebst Zinsen zu zahlen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels - das billige Netznutzungsentgelt auf null Euro festgesetzt und der Zahlungsklage in Höhe von 20.083,17 € nebst 16% Umsatzsteuer und Zinsen stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung des Netznutzungsentgelts für das Jahr 2002 in Höhe von 20.083,17 € nebst 16% Umsatzsteuer und Zinsen. Insoweit sei das billige Netzentgelt auf null Euro festzusetzen. Wegen des darüber hinaus geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs im Hinblick auf gezahlte Mess- und Verrechnungspreise sei die Klage dagegen in Anbetracht der rechtskräftigen Klageabweisung aus dem Jahr 2003 unzulässig.
10
Die von der Beklagten in Rechnung gestellten Netznutzungsentgelte könnten gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit überprüft werden, weil der Beklagten ein vertragliches und gemäß § 6 Abs. 1 EnWG 1998 ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt worden sei. Das von der Beklagten verlangte Netznutzungsentgelt sei unbillig. Die Beklagte sei der ihr obliegenden Darlegungslast für die Billigkeit der von ihr für das Jahr 2002 festgesetzten Entgelte nicht nachgekommen. Hierzu hätte es der Offenlegung ihrer Kalkulation bedurft. Mangels näherer Darlegung seitens der Beklagten sei das Berufungsgericht nicht in der Lage, das billige Entgelt oberhalb von null Euro zu bestimmen oder zu schätzen.
11
Die Klägerin habe ihr Klagerecht nicht verwirkt. Im Hinblick auf deren Schreiben habe die Beklagte nicht davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin ihre Einwendungen gegen die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Netznutzungsentgelte fallengelassen habe.

II.


12
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nichtstand.
13
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die von der Beklagten verlangten Netznutzungsentgelte gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen sind. Nach der Rechtsprechung des Senats steht dem Netzbetreiber bei der Bestimmung des Netznutzungsentgelts im Falle einer entsprechenden vertraglichen Gestaltung ein vertragliches oder nach § 6 Abs. 1 EnWG 1998 ein gesetzli- ches Leistungsbestimmungsrecht zu, das er regelmäßig nach billigem Ermessen auszuüben hat und das hinsichtlich der Billigkeit seiner Bestimmung der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 17 mwN - Stromnetznutzungsentgelt IV). Dies ist hier der Fall.
14
2. Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts , dass der Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht verwirkt ist. Es liegen keine besonderen Umstände vor, die die (verspätete) Geltendmachung der Ansprüche als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dem steht bereits entgegen, dass sich die Klägerin die Überprüfung der in Rechnung gestellten Entgelte ausdrücklich vorbehalten hat. Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin bereits in dem der Beklagten zugegangenen Schreiben vom 4. Mai 2000 erklärt, die in Rechnung gestellten Netznutzungsentgelte auf ihre Rechtmäßigkeit und Angemessenheit gerichtlich überprüfen zu lassen. Zugleich hat sie mitgeteilt, dass die Zahlung der Entgelte zukünftig unter Vorbehalt erfolgt. Dadurch hat sie - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie Zweifel an der Billigkeit der verlangten Entgelte hegte und eine gerichtliche Überprüfung gemäß § 315 BGB in Erwägung zog (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 19 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV).
15
3. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte die Billigkeit der von ihr verlangten Entgelte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, weil die Klägerin die Entgelte nur unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung gezahlt hat. Der von der Klägerin mit Schreiben vom 4. Mai 2000 erklärte Vorbehalt hatte nicht nur eine eingeschränkte - nämlich auf den Ausschluss des § 814 BGB bezogene - Bedeutung. Vielmehr ist die Annahme des Berufungsge- richts, die Klägerin habe einen Vorbehalt in einem umfassenden Sinn erklärt , revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein im Zusammenhang mit der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB erklärter Vorbehalt dient typischerweise dazu, die einseitige Leistungsbestimmung umfassend zu überprüfen und an der Darlegungs- und Beweislast des Bestimmungsberechtigten nichts zu ändern (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 26 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV).
16
4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte die Billigkeit des von ihr verlangten Netznutzungsentgelts nicht hinreichend dargelegt hat und ihre Entgeltbestimmung daher für die Klägerin nicht verbindlich war.
17
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 341 - Stromnetznutzungsentgelt I, vom 7. Februar 2006 - KZR 8/05, WuW/E DE-R 1730 Rn. 13 - Stromnetznutzungsentgelt II und vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 32 f. - Stromnetznutzungsentgelt IV) wird der allgemeine Maßstab des billigen Ermessens, den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, durch § 6 Abs. 1 EnWG aF konkretisiert. Danach wird das Ermessen des Netzbetreibers in zweifacher Hinsicht gebunden. Neben der Beachtung des - hier nicht relevanten - Diskriminierungsverbots muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG aF einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG aF) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen.
18
Danach kommt es für die Beurteilung, ob die Ermessensentscheidung der Beklagten der Billigkeit entspricht, darauf an, inwiefern das ge- forderte Netzentgelt der Deckung der Kosten des Netzbetriebs und der Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns dient. Es obliegt dabei der Beklagten, im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihr nach ihrer Kalkulation durch den Netzbetrieb im Jahr 2002 entstanden sind, abzudecken waren und welchen Teil ihrer Einnahmen sie zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des Eigenkapitals mit dem der Klägerin berechneten Preis erzielen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 33 mwN - Stromnetznutzungsentgelt IV).
19
b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat - ihrer Darlegungslast nicht genügt.
20
Die Beklagte hat - trotz des Hinweises des Berufungsgerichts im Auflagenbeschluss vom 23. Mai 2007 - keine in sich geschlossene und nachvollziehbare Gesamtdarstellung ihrer Kostenkalkulation vorgelegt, sondern lediglich Fragmente der Preisbildung und rechnerische Teilergebnisse mitgeteilt. Das Berufungsgericht hat sich deshalb nicht zu der Prüfung in der Lage gesehen, ob die Gestaltungs- und Ermessensspielräume , die Netzbetreibern bei der Kalkulation von Netznutzungsentgelten nach den Preisfindungsprinzipien der VV Strom II bzw. VV Strom II plus eingeräumt sind, im Sinne einer billigen Entgeltbestimmung ausgeübt worden sind. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Es fehlt vor allem an einer konkreten Darlegung der Beklagten, wie sie im Einzelnen die Preisfindungsprinzipien angewendet hat. Darüber hinaus hat sie auch nicht näher ausgeführt, ob und wie sie die Bewertungsspielräume , die die Preisfindungsprinzipien eröffnen, genutzt hat, um dem Gesetzeszweck des Energiewirtschaftsgesetzes bestmöglich Rechnung zu tragen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 344 f. - Stromnetznutzungsentgelt I). In den von der Re- vision angeführten Schriftsätzen werden wesentliche Bestandteile der Kalkulation nur mit ihren Ergebnissen mitgeteilt und nicht im Einzelnen hergeleitet. Dies gilt beispielsweise für das betriebsnotwendige Eigenkapital und den Wagniszuschlag, für den die Beklagte lediglich vorgetragen hat, die individuelle Risikoschätzung führe - bei einem zugrunde gelegten Rahmen von 1,5 bis 3 Prozentpunkten - zu einem Zuschlag von 2,5 Prozentpunkten zum Eigenkapitalzinssatz.
21
Insoweit rügt die Beklagte ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sie gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, nach welchen Kriterien nach seiner Auffassung billige Netznutzungsentgelte zu bemessen seien. Ein solcher weitergehender Hinweis war nicht erforderlich, weil Zweck der von der Beklagten zu leistenden Darlegung die Offenlegung der von der Beklagten selbst angewandten Kriterien war, die erst nach einer solchen Darlegung einer kritischen Überprüfung darauf zugänglich waren, ob sie den Maßstäben des § 6 EnWG aF und des § 315 BGB entsprachen.
22
5. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht dagegen angenommen , dass in Ermangelung einer schlüssigen Darlegung der Beklagten zur Billigkeit der verlangten Netznutzungsentgelte das billige Entgelt auf null Euro festzusetzen sei.
23
a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat die Feststellung der Unbilligkeit der Entgeltbestimmung des Netzbetreibers - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten - nicht zur Folge, dass der Netznutzer ohne weiteres die von dem Netzbetreiber erlangten Entgeltzahlungen in Höhe des von ihm als Überteuerung angegebenen Mindestbetrages - hier: 30% - oder sogar in voller Höhe herausverlangen kann. Hiergegen spricht die Regelung in § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BGB, nach der das Gericht selbst im Falle einer unterbliebenen Leistungsbestimmung durch den Bestimmungsberechtigten auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien eine Ersatzleistungsbestimmung treffen muss (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 51 - Stromnetznutzungsentgelt IV).
24
Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB ist eine Ermessensentscheidung, die das Gericht auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien zu treffen hat. Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 1991 - III ZR 100/90, BGHZ 115, 311, 321, vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 20 und vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 28, jeweils mwN).
25
b) Nach diesen Maßgaben ist die Festsetzung des billigen Netznutzungsentgelts der Beklagten auf null Euro rechtsfehlerhaft. Insoweit ist zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Parteien nicht ausgeschöpft hat. Wie bei einer nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung darf die Festsetzung eines geschuldeten billigen Entgelts nur dann unterbleiben, wenn es hierfür an greifbaren Anhaltspunkten mangelt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256 f., vom 22. Oktober 1987 - III ZR 197/86, NJWRR 1988, 410 und vom 11. März 2004 - VII ZR 339/02, NJW-RR 2004, 1023). Dies ist hier indes nicht der Fall. Vielmehr hätte das Berufungsgericht jedenfalls das Vorbringen der Parteien in seine Ermessensent- scheidung einbeziehen müssen, wonach die von der Bundesnetzagentur nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 auf der Grundlage einer kostenorientierten Entgeltbildung durchgeführten Genehmigungsverfahren zu Kürzungen der Netznutzungsentgelte um - so die Klägerin - durchschnittlich 12% bzw. - so die Beklagte - 10-18% geführt hätten. Die Heranziehung der Ergebnisse der unmittelbar nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 durchgeführten Entgeltgenehmigungsverfahren hat der Senat gebilligt und die Kürzungen der Regulierungsbehörden im Rahmen der Entgeltgenehmigungsverfahren als taugliche Vergleichsparameter angesehen (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 41 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV). Dabei hat der Senat im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast des Netzbetreibers für die Billigkeit der von ihm verlangten Entgelte im Grundsatz auch eine Ausschöpfung des von den Regulierungsbehörden mitgeteilten Rahmens der Entgeltkürzungen nach oben für vertretbar gehalten (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, aaO, Rn. 51); etwas anderes wird allerdings dann zu gelten haben, wenn der Netzbetreiber konkret darlegt, dass die ihn betreffende Kürzung geringer ausgefallen ist.

III.


26
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zur Billigkeit der Netznutzungsentgelte zu treffen haben.
Meier-Beck Raum Kirchhoff
Grüneberg Bacher
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.08.2006- 34 O (Kart) 213/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.03.2010- VI-2 U (Kart) 5/06 -

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.