Arbeitsgericht Wesel Urteil, 07. Juli 2016 - 5 Ca 363/16

ECLI:ECLI:DE:ARBGWES:2016:0707.5CA363.16.00
bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Tenor

1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 8,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.02.2016 zu zahlen.

2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 89 % und die Beklagte zu 11 %.

4.Der Streitwert beträgt 76,50 €.

5.Die Berufung wird für den Kläger und für die Beklagte zugelassen.


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Arbeitsgericht Wesel Urteil, 07. Juli 2016 - 5 Ca 363/16 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 614 Fälligkeit der Vergütung


Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 11 Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung


(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben. (2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2, §§ 7 u

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Sept. 2012 - 5 AZR 727/11

bei uns veröffentlicht am 19.09.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 24. Februar 2011 - 1 Sa 550/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08

bei uns veröffentlicht am 16.06.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Oktober 2008 - 3 Sa 254/08 - teilweise aufgehoben.

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Oktober 2008 - 3 Sa 254/08 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 23. Mai 2008 - 1 Ca 1092b/07 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und im Hauptausspruch zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 889,35 Euro brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. September 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Parteien haben die Kosten erster und zweiter Instanz je zur Hälfte zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen Stundenlohn in Höhe von 15,04 Euro brutto nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 20. August 2007 (TV Lohn/West) statt der von ihnen einzelvertraglich vereinbarten 13,54 Euro brutto zu zahlen.

2

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 6. Juni 2006 bis zum 18. Juli 2007 als Fliesenleger beschäftigt. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), vormals Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE). Die Beklagte ist Mitglied der Innung des Baugewerbes Neumünster. Diese ist seit Ende der 1980er Jahre nicht mehr Mitglied im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein. Sie schloss aber unter dem 23. Mai 1990 mit der IG BSE, Landesverband Nordmark, den Tarifvertrag über die Anwendung der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes (Anwendungs-TV). Der darin ua. in Bezug genommene „Bezirkslohntarifvertrag … für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“ wurde zuletzt am 19. April 2000 als Bezirkslohntarifvertrag (Lohntabellen) für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein gültig vom 1. April 2000 bis 31. März 2002 (Bezirkslohn-TV) zwischen dem Bauindustrieverband Schleswig-Holstein e.V., dem Baugewerbeverband Schleswig-Holstein und der IG BAU, Landesverband Nord, abgeschlossen. Kraft ausdrücklicher Regelung galt dieser Bezirkslohn-TV mit der Kündigung des zentralen Lohntarifvertrages, der ebenfalls am 19. April 2000 abgeschlossen worden war, als gleichzeitig gekündigt. Dieser zentrale Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin - TV Lohn/West 2000 - wurde zum 31. März 2002 gekündigt.

3

Der Kläger beansprucht für den Klagezeitraum einen tariflichen Stundenlohn von 15,04 Euro brutto statt der arbeitsvertraglich vereinbarten 13,54 Euro brutto und daraus sich ergebend ein Differenzentgelt von 864,00 Euro brutto. Mit dem Anwendungs-TV werde die Gleichbehandlung mit den Beschäftigungsverhältnissen bei Arbeitgebern, die unmittelbar an die Tarifverträge im Bauhauptgewerbe gebunden seien, bezweckt. Da seit dem 1. April 2002 kein Bezirkslohntarifvertrag mehr abgeschlossen worden sei, fänden nunmehr aufgrund der Verweisung in § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV die Lohnsätze des bezirksübergreifenden TV Lohn/West vom 20. August 2007 - abgeschlossen mit Wirkung zum 1. April 2007 zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V., dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. und der IG BAU - Anwendung auf sein Arbeitsverhältnis. Die Bezirkslohntarifverträge seien über viele Jahre als zusätzliche regionale Regelungen zum TV Lohn/West vereinbart worden. Sie stellten lediglich dessen Ausformungen dar, den sie nicht veränderten, sondern nur ergänzten. Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 hat der Kläger die Differenzbeträge für die Monate April und Mai 2007 (240,00 Euro und 252,00 Euro) geltend gemacht. Die Beklagte kam dem nicht nach, woraufhin der Kläger unter dem 30. August 2007 Klage erhob, mit der er zugleich seine Ansprüche für die Monate Juni und Juli 2007 (252,00 Euro und 120,00 Euro) geltend gemacht hat.

4

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 864,00 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. August 2007 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach den Lohnsätzen des TV Lohn/West vom 20. August 2007. Der Anwendungs-TV sei nach seinem eindeutigen Wortlaut lediglich auf den Bezirkslohn-TV bezogen. Bei dessen Wegfall ergebe sich keine automatische Bezugnahme auf der TV Lohn/West. Vielmehr sei in einem solchen Fall gemäß § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV zwischen den Tarifvertragsparteien neu zu verhandeln.

6

Beide Vorinstanzen haben der Klage, die unter Einschluss einer Forderung auf Zahlung des tariflichen 13. Monatseinkommens ursprünglich auf einen Gesamtbetrag von 1.753,35 Euro gerichtet war, insgesamt stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag nur noch weiter, soweit sie zur Zahlung von 864,00 Euro verurteilt worden ist. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, soweit sie in der Revisionsinstanz angefallen ist, zu Unrecht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der beanspruchten Entgeltdifferenz von 864,00 Euro brutto. Der TV Lohn/West vom 20. August 2007 ist nicht lückenfüllend nach § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV an die Stelle des nicht mehr neu abgeschlossenen, nur noch nachwirkenden Bezirkslohn-TV getreten. Zudem besteht auch kein Anspruch auf den Tariflohn in der Höhe des letzten Bezirkslohn-TV, da dieser nach seiner Kündigung einzelvertraglich durch eine andere Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG ersetzt werden konnte und ersetzt wurde.

8

I. Im Anwendungs-TV heißt es auszugsweise:

        

㤠1

        

Geltungsbereich           

        

Fachlich und räumlich:

Alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen der Innung des Baugewerbes Neumünster, die unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes fallen.

        

Persönlich:

Alle gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende, die unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes fallen.

        

§ 2

        

Leistungen           

        

Es gelten alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes sowie alle nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung:

                 

Gewerbliche Arbeitnehmer           

                 

1.    

Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein

                 

2. - 4.

…       

                 

Angestellte           

                 

5. - 13.

…       

        

§ 3

        

Inkrafttreten und Laufdauer           

        

Dieser Tarifvertrag tritt am 01. April 1990 in Kraft und ist mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten - erstmalig zum 31. März 1991 - kündbar.

        

Die Parteien sind sich einig, daß, wenn sich die Zugehörigkeit der Tarifvertragsparteien dieses Vertrages zu den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes verändert, dieser Tarifvertrag ohne Kündigung endet.

        

Werden für das Bauhauptgewerbe andere als die in diesem Vertrag aufgeführten Verträge abgeschlossen, so verpflichten sich die Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrages, unverzüglich in Verhandlungen hierüber einzutreten.“

9

II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verweist § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV nicht mangels Fortschreibung der Bezirkslohntarifverträge über den Wortlaut hinaus auf den jeweils aktuellen, bundesweit geltenden Entgelttarifvertrag TV Lohn/West.

10

1. Der Anwendungs-TV findet normativ auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung.

11

a) Zweifel an der Tarifzuständigkeit der Innung des Baugewerbes Neumünster zum Abschluss des Anwendungs-TV bestehen nicht. Ihr ist nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO Tarifsetzungsbefugnis verliehen, der auch nicht die vom Innungsverband - hier Baugewerbeverband Schleswig-Holstein - geschlossenen Tarifverträge entgegenstehen, weil die Innung vor Abschluss des Anwendungs-TV aus dem Innungsverband ausgetreten ist.

12

b) Der ungekündigte, zwischen der Innung des Baugewerbes Neumünster und der IG BSE, Landesverband Nordmark, geschlossene Anwendungs-TV gilt zwischen dem Kläger und der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend.

13

aa) Die Beklagte führt als Mitglied der Innung des Baugewerbes Neumünster einen Betrieb, der unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes iSd. § 1 Abs. 2 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe(BRTV) fällt.

14

bb) Die Tarifgebundenheit des Klägers, der gewerblicher Arbeitnehmer im Sinne des persönlichen Geltungsbereichs nach § 1 Anwendungs-TV ist, folgt gemäß § 3 Abs. 1 TVG aus seiner Mitgliedschaft in der IG BAU, die Rechtsnachfolgerin der tarifschließenden Gewerkschaft IG BSE ist. Die normative Geltung des Anwendungs-TV wurde durch die Fusion und Umbenennung der IG BSE in die IG BAU zum 1. Januar 1996 nicht berührt (vgl. im Einzelnen BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - BAGE 125, 169).

15

2. Es bestehen keine Zweifel an der Zulässigkeit der Verweisung in § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV als Delegation tariflicher Rechtssetzungsbefugnis(zu den Kriterien ua. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41). Der betriebliche, fachliche und persönliche Geltungsbereich des Bezirkslohn-TV und des Anwendungs-TV stimmen überein und die Bezugnahme ist hinreichend bestimmt. Die in Bezug genommenen Tarifverträge werden genau bezeichnet.

16

3. § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die den TV Lohn/West nicht erfasst.

17

a) Die Anwendbarkeit des TV Lohn/West ergibt sich nicht aus einer am Wortlaut und dem im Tarifvertrag zum Ausdruck gekommenen Sinn des Anwendungs-TV orientierten Auslegung.

18

aa) Die Auslegung eines Tarifvertrages durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110). Dabei folgt die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 3 und 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - mwN, BAGE 113, 291, 299).

19

bb) § 2 Anwendungs-TV ist eine zeitdynamische Verweisungsbestimmung, weil in ihm die betreffenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung in Bezug genommen werden.

20

cc) Die Bezugnahme in § 2 Anwendungs-TV erfasst nach ihrem Wortlaut nicht den TV Lohn/West. § 2 Anwendungs-TV enthält eine genaue Bezeichnung der Tarifverträge, die im Geltungsbereich des Anwendungs-TV maßgebend sein sollen. Der TV Lohn/West gehört nicht dazu.

21

(1) Verwiesen wird einerseits auf „alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes“. Dies löst keine über einen Hinweis auf die Rechtslage hinausgehenden Wirkungen aus, weil diese Tarifverträge auch ohne den Anwendungs-TV bereits aufgrund ihrer Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 Abs. 4 TVG die nicht durch Mitgliedschaft tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihres Geltungsbereichs erfassen.

22

(2) Verwiesen wird auf der anderen Seite auf „alle nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung“. Damit wird aus der Gesamtzahl der Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe durch „nachfolgend aufgeführt“ eine konkret bezeichnete und abschließende Auswahl vorgenommen. Hierzu gehören unter der Rubrik „Gewerbliche Arbeitnehmer“ der „Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“, womit der Bezirkslohn-TV gemeint ist. Der TV Lohn/West ist nicht aufgeführt und von der Verweisung nicht erfasst.

23

(a) Die Verweisung auf „Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“ ordnet die Anwendung des Bezirkslohn-TV an, auch wenn dessen Überschrift nicht die „Ausbildungsvergütungen“ enthält. Diese sind jedoch im Bezirkslohn-TV geregelt. Mit der Verweisung wird nur zusätzlich klargestellt, dass sich im Geltungsbereich des Anwendungs-TV nicht nur die Löhne, sondern auch die Ausbildungsvergütungen nach den bezirkstariflichen Festlegungen richten sollen.

24

(b) Die Liste der „nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe“ in § 2 Anwendungs-TV bezeichnet unter dreizehn Ordnungsziffern dreizehn konkrete Tarifverträge, die für gewerbliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie für Angestellte im Bereich der Innung des Baugewerbes Neumünster gelten sollen. Diese Aufzählung ist abschließend. Der Tarifvertragstext enthält keinen Hinweis darauf, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien weitere oder andere Tarifverträge wie der TV Lohn/West ebenfalls übernommen werden sollen.

25

dd) Diese Auslegung des insoweit eindeutigen Tarifwortlauts entspricht dem erkennbaren Sinn der Erklärung der Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV, so wie er sich auch im tariflichen Gesamtzusammenhang widerspiegelt. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, dass vom Sinn und Zweck des Anwendungs-TV abgewichen würde, wenn bei Nichtabschluss von Bezirkslohntarifverträgen im Land Schleswig-Holstein die Mitglieder der Innung des Baugewerbes Neumünster in der Folge auch von dem den Bezirkslohntarifverträgen zugrunde liegenden bundesweit geltenden TV Lohn/West abgekoppelt würden, findet nicht nur keinen Niederschlag im Anwendungs-TV. Dessen Tarifvertragsparteien haben vielmehr sogar in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV einen dem entgegenstehenden Regelungswillen zum Ausdruck gebracht.

26

(1) Bezüglich der Höhe der Arbeitsentgelte haben die Tarifvertragsparteien auf den regionalen Tarif Bezug genommen, der auch gegolten hätte, wenn die Innung des Baugewerbes Neumünster Mitglied im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein geblieben wäre. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass es Sinn und Zweck des Anwendungs-TV vom 23. Mai 1990 war zu verhindern, dass der nur auf innerorganisatorische Streitigkeiten zurückzuführende Austritt der Innung des Baugewerbes Neumünster aus dem Baugewerbeverband Schleswig-Holstein dazu führt, die Tarifbindung der Mitglieder dieser Innung im Hinblick auf die Vergütungsansprüche der beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmer entfallen zu lassen.

27

(2) Dieser Regelungshintergrund könnte zunächst dafür sprechen, den TV Lohn/West als in der Sache von § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV mitumfasst anzusehen. Denn nach der Beendigung der Fortführung der Bezirkslohntarifverträge im Land Schleswig-Holstein läuft bei Wortlaut getreuer Umsetzung des Anwendungs-TV das Entgeltgefüge der Innungen des Baugewerbes des Landes auseinander, weil für die Mitglieder der Innung des Baugewerbes Neumünster anders als für die Mitglieder anderer Innungen, die nach wie vor Mitglied im Baugewerbeverband des Landes sind, der TV Lohn/West nicht zur Anwendung kommt.

28

(3) Davon abgesehen, dass dieser Regelungshintergrund und ein daraus gefolgerter Gleichstellungswille in den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Anwendungs-TV nicht zum Ausdruck kommt, steht der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Auslegung durchgreifend § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV entgegen. In dieser auf das Zustandekommen anderer als der aufgelisteten Tarifverträge im Bauhauptgewerbe bezogenen Bestimmung kommt der Wille der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, nur die in § 2 Anwendungs-TV ausdrücklich genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung ohne weiteres zur Geltung zu bringen. Neue Tarifentwicklungen im Bauhauptgewerbe außerhalb der aufgeführten Tarifwerke sollen erst auf der Grundlage einer Einigung in Neuverhandlungen zwischen der Innung des Baugewerbes Neumünster und der IG BSE/IG BAU, zu deren unverzüglicher Aufnahme sich beide Tarifvertragsparteien verpflichten, für das Baugewerbe Neumünster übernommen - oder auch nicht übernommen - werden.

29

(a) Die Tarifautonomie als Möglichkeit und Aufgabe der Tarifvertragsparteien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen eigenverantwortlich zu regeln, schließt es zwar nicht aus, die Rechtssetzungsbefugnis zu delegieren oder auf jeweils andere Tarifnormen zu verweisen. Mit einer insoweit zulässigen Verweisung geht jedoch die jederzeit bestehende Möglichkeit der Tarifvertragsparteien einher, die Delegation oder Verweisung wieder aufheben (vgl. BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327, 335), modifizieren oder ersetzen zu können und nicht durch die Ausgestaltung der Kündigungsregelungen eine zeitlich zu lange Bindung einzugehen (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28 mwN, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41). Diese grundsätzliche Wertung ist auch bei der Auslegung einer tarifvertraglichen Verweisung zu berücksichtigen. Sie spricht dafür, eine Verweisung im Zweifel eng auszulegen.

30

(b) Der Verhandlungsvorrang des § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV erfasst auch den Fall der Ersetzung des nicht fortgeführten Bezirkslohn-TV durch einen anderen nicht bezirklichen Tarifvertrag.

31

(aa) Die Tarifvertragsparteien haben in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV vereinbart, dass sie sich zum unverzüglichen Eintritt in Verhandlungen verpflichten, wenn für das Bauhauptgewerbe andere als die im Anwendungs-TV aufgeführten Verträge abgeschlossen werden.

32

(bb) Damit haben sie für den Fall, dass anstelle eines der in § 2 Einleitungssatz und Nr. 1 bis 13 aufgeführten Verträge ein anderer Tarifvertrag abgeschlossen oder in den bezirklichen Arbeitsverhältnissen des Bauhauptgewerbes außerhalb von Neumünster heranzuziehen ist, eine in sich abgeschlossene Auffangregelung vereinbart. Der Tatbestand von § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV ist nicht, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, auf „andere Tarifverträge“ iSv. thematisch „zusätzlichen“ Tarifverträgen beschränkt. „Andere“ Tarifverträge idS sind nach dem Tarifwortlaut sämtliche Tarifverträge des Bauhauptgewerbes, die weder allgemeinverbindlich noch in § 2 Nr. 1 bis 13 Anwendungs-TV aufgeführt sind. Dieses Auslegungsergebnis steht auch in Übereinstimmung mit dem vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Regelungshintergrund. Bei verbliebener Mitgliedschaft der Innung des Baugewerbes Neumünster im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein hätte die Innung bei jedem Neuabschluss von Tarifverträgen die Möglichkeit der Einflussnahme auf den innerverbandlichen Willen gehabt, ob der betreffende Tarifvertrag abgeschlossen oder übernommen werden soll. Die nach dem Austritt fehlende Einflussnahmemöglichkeit gleicht § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV aus. Damit ist eine Erstreckung der Geltungsanordnung auf andere Tarifverträge, auch wenn diese noch so sehr mit einem der in § 2 Nr. 1 bis 13 Anwendungs-TV aufgeführten Tarifverträge verbunden sein sollten, angesichts des tariflichen Regelungsziels des Anwendungs-TV ausgeschlossen. Daran ändert auch eine gemeinsame Kündigungsregelung für die Bezirkslohntarifverträge und den TV Lohn/West wie in § 10 Abs. 2 TV Lohn/West nichts. Sie dokumentiert die Verbundenheit der beiden Regelungen, die ohne Mitwirkung der Baugewerbeinnung Neumünster zustande gekommen sind, ändert aber an dem Rechtssetzungsvorbehalt der Parteien des Anwendungs-TV in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV nichts.

33

b) Die Anwendbarkeit der Regelungen des vom Kläger angeführten TV Lohn/West vom 20. August 2007 ergibt sich auch nicht aufgrund einer ergänzenden Auslegung von § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV nach Nichtfortschreibung des Bezirkslohn-TV.

34

aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (statt aller BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60).

35

bb) Die Kündigung des Bezirkslohn-TV 2000 und die unterbliebene Fortschreibung der Bezirkslohntarifverträge für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein lässt innerhalb des Anwendungs-TV keine Regelungslücke entstehen. Die Verweisung auf den Bezirkslohn-TV im Anwendungs-TV bezieht sich seit dessen Kündigung auf den nachwirkenden Bezirkslohn-TV 2000.

36

(1) Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Tarifvertragsparteien in Anerkennungstarifverträgen die Übernahme fremder Tarifregelungen im jeweiligen Geltungszustand vereinbaren können. Dies ist Inhalt ihrer allgemeinen Rechtssetzungsbefugnis (29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41; 18. Februar 2003 - 1 AZR 142/02 - zu D II der Gründe, BAGE 105, 5; 13. August 1986 - 4 ABR 2/86 - AP MTV Ang-DFVLR § 2 Nr. 1 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 15; 3. Dezember 1985 - 4 ABR 7/85 - BAGE 50, 277, 285, 287; vgl. auch 24. November 1999 - 4 AZR 666/98 - zu I 1 e bb der Gründe, BAGE 93, 34; anders noch 30. Januar 1990 - 1 ABR 98/88 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 64, 94, 98). Darin eingeschlossen ist auch der Geltungszustand der Nachwirkung iSv. § 4 Abs. 5 TVG.

37

(2) Die Einbeziehung des Bezirkslohn-TV in den Anwendungs-TV „in der jeweils geltenden Fassung“ führt zu dessen Einbeziehung mit seinem jeweiligen Inhalt und in seinem jeweiligen Geltungszustand. Dies ergibt sich bereits aus dem Wort „geltend“ in der Verweisungsnorm in § 2 Einleitungssatz Anwendungs-TV. Für eine Übereinstimmung im Geltungszustand spricht zudem, dass die Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV im Wesentlichen den Zustand herzustellen beabsichtigten, welcher bei unmittelbarer Tarifgeltung der in Bezug genommenen Tarifverträge bestünde.

38

(3) Auch der Wegfall der Dynamik des Bezirkslohn-TV und deren Ersetzung innerhalb des Bauhauptgewerbes im Übrigen durch die Entwicklung des TV Lohn/West hat nicht zu einer lückenhaften Regelung im Anwendungs-TV geführt. Dessen Tarifvertragsparteien haben für eine derartige Tarifentwicklung eine Verhandlungspflicht zur Prüfung der Übernahme festgelegt. Wenn es auf dieser Grundlage nicht zu der Übernahme einer anderweitigen, zwingend wirkenden Entgeltdynamik kommt, entspricht dies einer der von den Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV von vornherein mit einbezogenen Möglichkeit.

39

III. Die angegriffene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein höherer als der vereinbarte Stundenlohn von 13,54 Euro brutto ergibt sich nicht aus § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV iVm. Lohntabelle Abschnitt A Nr. 3 III 2 (Fliesenleger) des nachwirkenden Bezirkslohn-TV 2000.

40

Es kann dahinstehen, ob auf der Grundlage des Klagebegehrens durch die Gerichte für Arbeitssachen auch der nachwirkende Bezirkslohn-TV 2000 zur - teilweisen - Rechtfertigung der Klageforderung herangezogen werden könnte. Die Parteien des Rechtsstreits haben für ihr am 6. Juni 2006 begründetes Arbeitsverhältnis eine arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung über 13,54 Euro brutto je Stunde als andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG getroffen. Diese geht dem nach § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch nachwirkend geltenden Bezirkslohn-TV 2000 vor.

41

IV. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in dem Umfang zu tragen, in dem er unterlegen ist (§ 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Zugleich für den ehrenamtlichen Richter
Jürgens, der wegen Endes seiner Amtszeit
an einer Unterzeichnung verhindert ist.
Bepler    

        

    Grimm    

                 

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 24. Februar 2011 - 1 Sa 550/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers.

2

Der Kläger ist seit 1989 bei der Beklagten als Angestellter im Verkauf beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 23. Juni 1997 (im Folgenden: MTV) Anwendung. Dessen § 9 lautet auszugsweise:

        

㤠9

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

...     

        

8.    

Sonntagsarbeit bei Tage (6.00 bis 20.00 Uhr) wird mit einem Zuschlag von 50 % vergütet. Sonntags-Nachtarbeit von 0.00 bis 6.00 Uhr und von 20.00 bis 24.00 Uhr wird mit einem Zuschlag von 100 % vergütet.

                 

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen wird mit einem Zuschlag von 150 % vergütet.

        

...     

        
        

10.     

Im beiderseitigen Einvernehmen kann die Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit einschließlich der Zuschläge durch Freizeit abgegolten werden.“

3

Der Kläger arbeitete am 6. Januar 2010, der im Freistaat Bayern ein gesetzlicher Feiertag ist, von 12:00 bis 16:00 Uhr. Im Arbeitszeitkonto des Klägers hielt die Beklagte für diesen Tag bei einer Sollzeit von acht Stunden eine „gewichtete Zeit“ von 14 Stunden fest, schrieb ihm also sechs Stunden gut.

4

Mit Schreiben vom 11. Januar 2010 baten der Kläger und drei weitere Beschäftigte für die am 6. Januar 2010 geleistete Arbeit unter Berufung auf § 11 Abs. 3 ArbZG um die Gutschrift von vier weiteren Stunden auf ihren Arbeitszeitkonten. Das lehnte die Beklagte ab.

5

Mit der am 24. Februar 2010 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, nach § 9 Nr. 8 und Nr. 10 MTV stehe ihm für die Feiertagsarbeit ein Zuschlag von 150 % zu, der nicht dazu verwendet werden dürfe, die geleistete Arbeit selbst zu vergüten. Er wäre sonst gegenüber Arbeitnehmern, die nicht an einem Feiertag arbeiteten und gleichwohl Feiertagsvergütung erhielten, benachteiligt. Er könne deshalb für den 6. Januar 2010 neben der Erfassung der „regulären“ acht Stunden die Gutschrift der vier geleisteten Stunden sowie von sechs Stunden Freizeitausgleich nach § 9 Nr. 8 und Nr. 10 MTV beanspruchen.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger vier Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto bei der Beklagten gutzuschreiben.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, den Anspruch auf tariflichen Feiertagszuschlag mit der Gutschrift von sechs Stunden erfüllt zu haben.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist mit der gebotenen Auslegung des Leistungsantrags zulässig.

11

1. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können. Allerdings ist dafür grundsätzlich eine Konkretisierung des Leistungsbegehrens dahingehend erforderlich, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11, BAGE 136, 152; 21. März 2012 - 5 AZR 676/11 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 7 - jeweils mwN).

12

2. Diesem Erfordernis entspricht der Wortlaut des Antrags nicht. Doch steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Beklagte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto führt, auf dem in der Spalte „gewichtete Zeiten“ auch Zeitzuschläge aufgenommen werden. Nach dem gesamten Klagevorbringen geht es dem Kläger darum, für die Feiertagsarbeit am 6. Januar 2010 auf dem Arbeitszeitkonto weitere vier Stunden in der Spalte „gewichtete Zeiten“ verbucht und damit den Saldo (Spalte „Diff.“) entsprechend erhöht zu erhalten. In dieser Auslegung ist das Leistungsbegehren des Klägers hinreichend bestimmt.

13

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Zeitgutschrift von vier Stunden für die am 6. Januar 2010 geleistete Feiertagsarbeit.

14

1. Der Kläger hat mit dem Gehalt für Januar 2010 unstreitig auch den 6. Januar 2010 vergütet erhalten. Rechtsgrundlage hierfür war für die Feiertagsarbeit von vier Stunden § 611 Abs. 1 BGB, für die wegen des Feiertags ausgefallenen vier Stunden § 2 Abs. 1 EFZG.

15

Daneben kann der Kläger nach § 9 Nr. 8 Satz 3 iVm. Nr. 10 MTV für die Feiertagsarbeit einen (Zeit-)Zuschlag von 150 % beanspruchen. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB. Für vier Stunden Feiertagsarbeit beträgt der Zuschlag nach § 9 Nr. 8 Satz 3 iVm. Nr. 10 MTV sechs Stunden. Diese hat die Beklagte unstreitig auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutgeschrieben.

16

2. Dass der tarifliche Feiertagszuschlag - so die Revision - nicht für den Ausgleich des „Verlustes“ der Entgeltzahlung an Feiertagen „verbraucht“ werden dürfte, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Tarifnorm noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang.

17

a) Nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 8 Satz 3 MTV wirdArbeit an gesetzlichen Feiertagen mit einem Zuschlag vergütet. Auch die anderen Zuschlagstatbestände des § 9 knüpfen an „Arbeit“ an - nämlich an Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit - und machen damit deutlich, dass die Zuschlagspflicht, wenn schon nicht tatsächlich geleistete Arbeit, so zumindest eine Arbeitspflicht an den betreffenden Tagen bzw. Tageszeiten voraussetzt. Das bestätigt § 15 Nr. 2 MTV, der bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nur Mehrarbeitszuschläge von dem trotz Wegfall der Arbeitspflicht fortzuzahlenden Arbeitsentgelt ausnimmt(vgl. zur Fortzahlung von Feiertagszuschlägen im Krankheitsfall, BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 68/04 - zu II 4 b der Gründe, AP EntgeltFG § 4 Nr. 68 = EzA EntgeltfortzG § 4 Tarifvertrag Nr. 52). Eine entsprechende Regelung zur Entgeltfortzahlung an Feiertagen enthält der MTV nicht. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, die Tarifvertragsparteien hätten auch die Nichtarbeit wegen eines Feiertags zuschlagspflichtig machen und über § 2 Abs. 1 EFZG hinaus den tariflichen Feiertagszuschlag in die Entgeltzahlung an Feiertagen einbeziehen wollen.

18

b) Darüber hinaus spricht die Höhe des tariflichen Zuschlags für Arbeit an Feiertagen sogar dafür, dass die Tarifvertragsparteien den „Verlust“ der Entgeltzahlung an Feiertagen „eingerechnet“ haben. Anderenfalls wäre, gemessen an dem Zweck, durch einen Zuschlag die Lästigkeit von Arbeit an den für die Mehrheit der Arbeitnehmer - immer noch - arbeitsfreien Sonn- und Feiertagen auszugleichen (und für den Arbeitgeber zu verteuern), nicht recht verständlich, warum die Tarifvertragsparteien für Arbeit an einem Wochenfeiertag einen Zuschlag von 150 %, für die Arbeit an einem Sonntag aber nur einen solchen von 50 % gewähren. Ein anderer Differenzierungsgrund als die Berücksichtigung des Umstands, dass der Feiertagsarbeit leistende Arbeitnehmer auch ohne Feiertagsarbeit nach § 2 Abs. 1 EFZG die auf den Feiertag entfallende Vergütung erhalten hätte, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht aufgezeigt.

19

Im Übrigen leidet die Argumentation des Klägers an der Vorstellung, Entgeltfortzahlung am Feiertag stünde auch dem Arbeitnehmer zu, der an einem gesetzlichen Feiertag arbeitet. Dem ist nicht so. Anspruch auf Entgeltzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG hat nur derjenige Arbeitnehmer, bei dem Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag ausfällt(so - zum Feiertagslohnzahlungsgesetz - schon BAG 5. Februar 1965 - 3 AZR 497/63 - zu 2 der Gründe, AP FeiertagslohnzahlungsG § 1 Nr. 17; im Übrigen allgemeine Ansicht, vgl. nur BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 294/00 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 100, 124; ErfK/Dörner 12. Aufl. § 2 EFZG Rn. 7; HWK/Schliemann 5. Aufl. § 2 EFZG Rn. 13; Schmitt EFZG 7. Aufl. § 2 Rn. 34 - jeweils mwN). Ohne die Regelung des § 9 Nr 8 Satz 3 MTV hätte der Kläger für die geleistete Feiertagsarbeit nur Vergütung nach § 611 Abs. 1 BGB erhalten ohne Rücksicht darauf, dass er - wäre er nicht zur Arbeit herangezogen worden - nach § 2 Abs. 1 EFZG Entgeltzahlung in gleicher Höhe bekommen hätte.

20

3. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass es der Sache nach dem Kläger, wie das Geltendmachungsschreiben vom 11. Januar 2010 zeigt, um einen in Form einer Zeitgutschrift bezahlten Ersatzruhetag für die Feiertagsarbeit geht. Ein solcher Anspruch ergibt sich aber weder aus dem Arbeitszeitgesetz noch dem MTV.

21

a) Der Ersatzruhetag iSd. § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG ist nicht notwendigerweise ein zusätzlicher bezahlter freier Tag. Der Arbeitnehmer muss lediglich im Ausgleichszeitraum für den gearbeiteten Wochenfeiertag einen Ersatzruhetag, also einen Tag ohne Arbeit, erhalten. Das kann auch ein ohnehin arbeitsfreier Werktag sein, eine bezahlte Freistellung an einem Beschäftigungstag verlangt das Gesetz nicht (BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 294/00 - zu II 1 a der Gründe mwN, BAGE 100, 124; 23. März 2006 - 6 AZR 497/05 - AP ArbZG § 11 Nr. 3 = EzA ArbZG § 12 Nr. 1; 13. Juli 2006 - 6 AZR 55/06 - AP MTArb § 15 Nr. 1; ebenso die ganz herrschende Auffassung im Schrifttum, vgl. nur ErfK/Wank 12. Aufl. § 11 ArbZG Rn. 3; HWK/Schliemann 5. Aufl. § 2 EFZG Rn. 13; Anzinger/Koberski ArbZG 3. Aufl. § 11 Rn. 30 f.; aA Buschmann/Ulber 7. Aufl. § 11 Rn. 6a). Dass er einen solchen Ersatzruhetag nicht innerhalb des Ausgleichszeitraums erhalten hätte, hat der Kläger nicht behauptet. Im Übrigen würde es sein Klagebegehren auch nicht tragen.

22

b) Der MTV enthält weder eine Regelung noch Anhaltspunkte dafür, dass die an einem Wochenfeiertag geleistete Arbeit neben dem - in Freizeit abgeltbaren - Feiertagszuschlag nach § 9 Nr. 8 Satz 3 MTV zusätzlich und über § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG hinausgehend mit einem bezahlten Ersatzruhetag ausgeglichen werden soll. Das Fehlen eines entsprechenden Normsetzungswillens lässt zudem die ausdrückliche und abschließende Regelung der Tatbestände einer bezahlten Freistellung in § 14 Nr. 2 MTV deutlich erkennen.

23

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    Dirk Pollert    

        

        

(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben.

(2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2, §§ 7 und 21a Abs. 4 bestimmten Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume nicht überschritten werden.

(3) Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.

(4) Die Sonn- oder Feiertagsruhe des § 9 oder der Ersatzruhetag des Absatzes 3 ist den Arbeitnehmern unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 zu gewähren, soweit dem technische oder arbeitsorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 24. Februar 2011 - 1 Sa 550/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers.

2

Der Kläger ist seit 1989 bei der Beklagten als Angestellter im Verkauf beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 23. Juni 1997 (im Folgenden: MTV) Anwendung. Dessen § 9 lautet auszugsweise:

        

㤠9

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

...     

        

8.    

Sonntagsarbeit bei Tage (6.00 bis 20.00 Uhr) wird mit einem Zuschlag von 50 % vergütet. Sonntags-Nachtarbeit von 0.00 bis 6.00 Uhr und von 20.00 bis 24.00 Uhr wird mit einem Zuschlag von 100 % vergütet.

                 

Arbeit an gesetzlichen Feiertagen wird mit einem Zuschlag von 150 % vergütet.

        

...     

        
        

10.     

Im beiderseitigen Einvernehmen kann die Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit einschließlich der Zuschläge durch Freizeit abgegolten werden.“

3

Der Kläger arbeitete am 6. Januar 2010, der im Freistaat Bayern ein gesetzlicher Feiertag ist, von 12:00 bis 16:00 Uhr. Im Arbeitszeitkonto des Klägers hielt die Beklagte für diesen Tag bei einer Sollzeit von acht Stunden eine „gewichtete Zeit“ von 14 Stunden fest, schrieb ihm also sechs Stunden gut.

4

Mit Schreiben vom 11. Januar 2010 baten der Kläger und drei weitere Beschäftigte für die am 6. Januar 2010 geleistete Arbeit unter Berufung auf § 11 Abs. 3 ArbZG um die Gutschrift von vier weiteren Stunden auf ihren Arbeitszeitkonten. Das lehnte die Beklagte ab.

5

Mit der am 24. Februar 2010 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, nach § 9 Nr. 8 und Nr. 10 MTV stehe ihm für die Feiertagsarbeit ein Zuschlag von 150 % zu, der nicht dazu verwendet werden dürfe, die geleistete Arbeit selbst zu vergüten. Er wäre sonst gegenüber Arbeitnehmern, die nicht an einem Feiertag arbeiteten und gleichwohl Feiertagsvergütung erhielten, benachteiligt. Er könne deshalb für den 6. Januar 2010 neben der Erfassung der „regulären“ acht Stunden die Gutschrift der vier geleisteten Stunden sowie von sechs Stunden Freizeitausgleich nach § 9 Nr. 8 und Nr. 10 MTV beanspruchen.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger vier Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto bei der Beklagten gutzuschreiben.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, den Anspruch auf tariflichen Feiertagszuschlag mit der Gutschrift von sechs Stunden erfüllt zu haben.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

10

I. Die Klage ist mit der gebotenen Auslegung des Leistungsantrags zulässig.

11

1. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können. Allerdings ist dafür grundsätzlich eine Konkretisierung des Leistungsbegehrens dahingehend erforderlich, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11, BAGE 136, 152; 21. März 2012 - 5 AZR 676/11 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 7 - jeweils mwN).

12

2. Diesem Erfordernis entspricht der Wortlaut des Antrags nicht. Doch steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Beklagte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto führt, auf dem in der Spalte „gewichtete Zeiten“ auch Zeitzuschläge aufgenommen werden. Nach dem gesamten Klagevorbringen geht es dem Kläger darum, für die Feiertagsarbeit am 6. Januar 2010 auf dem Arbeitszeitkonto weitere vier Stunden in der Spalte „gewichtete Zeiten“ verbucht und damit den Saldo (Spalte „Diff.“) entsprechend erhöht zu erhalten. In dieser Auslegung ist das Leistungsbegehren des Klägers hinreichend bestimmt.

13

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Zeitgutschrift von vier Stunden für die am 6. Januar 2010 geleistete Feiertagsarbeit.

14

1. Der Kläger hat mit dem Gehalt für Januar 2010 unstreitig auch den 6. Januar 2010 vergütet erhalten. Rechtsgrundlage hierfür war für die Feiertagsarbeit von vier Stunden § 611 Abs. 1 BGB, für die wegen des Feiertags ausgefallenen vier Stunden § 2 Abs. 1 EFZG.

15

Daneben kann der Kläger nach § 9 Nr. 8 Satz 3 iVm. Nr. 10 MTV für die Feiertagsarbeit einen (Zeit-)Zuschlag von 150 % beanspruchen. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB. Für vier Stunden Feiertagsarbeit beträgt der Zuschlag nach § 9 Nr. 8 Satz 3 iVm. Nr. 10 MTV sechs Stunden. Diese hat die Beklagte unstreitig auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutgeschrieben.

16

2. Dass der tarifliche Feiertagszuschlag - so die Revision - nicht für den Ausgleich des „Verlustes“ der Entgeltzahlung an Feiertagen „verbraucht“ werden dürfte, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Tarifnorm noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang.

17

a) Nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 8 Satz 3 MTV wirdArbeit an gesetzlichen Feiertagen mit einem Zuschlag vergütet. Auch die anderen Zuschlagstatbestände des § 9 knüpfen an „Arbeit“ an - nämlich an Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit - und machen damit deutlich, dass die Zuschlagspflicht, wenn schon nicht tatsächlich geleistete Arbeit, so zumindest eine Arbeitspflicht an den betreffenden Tagen bzw. Tageszeiten voraussetzt. Das bestätigt § 15 Nr. 2 MTV, der bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nur Mehrarbeitszuschläge von dem trotz Wegfall der Arbeitspflicht fortzuzahlenden Arbeitsentgelt ausnimmt(vgl. zur Fortzahlung von Feiertagszuschlägen im Krankheitsfall, BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 68/04 - zu II 4 b der Gründe, AP EntgeltFG § 4 Nr. 68 = EzA EntgeltfortzG § 4 Tarifvertrag Nr. 52). Eine entsprechende Regelung zur Entgeltfortzahlung an Feiertagen enthält der MTV nicht. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, die Tarifvertragsparteien hätten auch die Nichtarbeit wegen eines Feiertags zuschlagspflichtig machen und über § 2 Abs. 1 EFZG hinaus den tariflichen Feiertagszuschlag in die Entgeltzahlung an Feiertagen einbeziehen wollen.

18

b) Darüber hinaus spricht die Höhe des tariflichen Zuschlags für Arbeit an Feiertagen sogar dafür, dass die Tarifvertragsparteien den „Verlust“ der Entgeltzahlung an Feiertagen „eingerechnet“ haben. Anderenfalls wäre, gemessen an dem Zweck, durch einen Zuschlag die Lästigkeit von Arbeit an den für die Mehrheit der Arbeitnehmer - immer noch - arbeitsfreien Sonn- und Feiertagen auszugleichen (und für den Arbeitgeber zu verteuern), nicht recht verständlich, warum die Tarifvertragsparteien für Arbeit an einem Wochenfeiertag einen Zuschlag von 150 %, für die Arbeit an einem Sonntag aber nur einen solchen von 50 % gewähren. Ein anderer Differenzierungsgrund als die Berücksichtigung des Umstands, dass der Feiertagsarbeit leistende Arbeitnehmer auch ohne Feiertagsarbeit nach § 2 Abs. 1 EFZG die auf den Feiertag entfallende Vergütung erhalten hätte, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht aufgezeigt.

19

Im Übrigen leidet die Argumentation des Klägers an der Vorstellung, Entgeltfortzahlung am Feiertag stünde auch dem Arbeitnehmer zu, der an einem gesetzlichen Feiertag arbeitet. Dem ist nicht so. Anspruch auf Entgeltzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG hat nur derjenige Arbeitnehmer, bei dem Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag ausfällt(so - zum Feiertagslohnzahlungsgesetz - schon BAG 5. Februar 1965 - 3 AZR 497/63 - zu 2 der Gründe, AP FeiertagslohnzahlungsG § 1 Nr. 17; im Übrigen allgemeine Ansicht, vgl. nur BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 294/00 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 100, 124; ErfK/Dörner 12. Aufl. § 2 EFZG Rn. 7; HWK/Schliemann 5. Aufl. § 2 EFZG Rn. 13; Schmitt EFZG 7. Aufl. § 2 Rn. 34 - jeweils mwN). Ohne die Regelung des § 9 Nr 8 Satz 3 MTV hätte der Kläger für die geleistete Feiertagsarbeit nur Vergütung nach § 611 Abs. 1 BGB erhalten ohne Rücksicht darauf, dass er - wäre er nicht zur Arbeit herangezogen worden - nach § 2 Abs. 1 EFZG Entgeltzahlung in gleicher Höhe bekommen hätte.

20

3. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass es der Sache nach dem Kläger, wie das Geltendmachungsschreiben vom 11. Januar 2010 zeigt, um einen in Form einer Zeitgutschrift bezahlten Ersatzruhetag für die Feiertagsarbeit geht. Ein solcher Anspruch ergibt sich aber weder aus dem Arbeitszeitgesetz noch dem MTV.

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a) Der Ersatzruhetag iSd. § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG ist nicht notwendigerweise ein zusätzlicher bezahlter freier Tag. Der Arbeitnehmer muss lediglich im Ausgleichszeitraum für den gearbeiteten Wochenfeiertag einen Ersatzruhetag, also einen Tag ohne Arbeit, erhalten. Das kann auch ein ohnehin arbeitsfreier Werktag sein, eine bezahlte Freistellung an einem Beschäftigungstag verlangt das Gesetz nicht (BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 294/00 - zu II 1 a der Gründe mwN, BAGE 100, 124; 23. März 2006 - 6 AZR 497/05 - AP ArbZG § 11 Nr. 3 = EzA ArbZG § 12 Nr. 1; 13. Juli 2006 - 6 AZR 55/06 - AP MTArb § 15 Nr. 1; ebenso die ganz herrschende Auffassung im Schrifttum, vgl. nur ErfK/Wank 12. Aufl. § 11 ArbZG Rn. 3; HWK/Schliemann 5. Aufl. § 2 EFZG Rn. 13; Anzinger/Koberski ArbZG 3. Aufl. § 11 Rn. 30 f.; aA Buschmann/Ulber 7. Aufl. § 11 Rn. 6a). Dass er einen solchen Ersatzruhetag nicht innerhalb des Ausgleichszeitraums erhalten hätte, hat der Kläger nicht behauptet. Im Übrigen würde es sein Klagebegehren auch nicht tragen.

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b) Der MTV enthält weder eine Regelung noch Anhaltspunkte dafür, dass die an einem Wochenfeiertag geleistete Arbeit neben dem - in Freizeit abgeltbaren - Feiertagszuschlag nach § 9 Nr. 8 Satz 3 MTV zusätzlich und über § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG hinausgehend mit einem bezahlten Ersatzruhetag ausgeglichen werden soll. Das Fehlen eines entsprechenden Normsetzungswillens lässt zudem die ausdrückliche und abschließende Regelung der Tatbestände einer bezahlten Freistellung in § 14 Nr. 2 MTV deutlich erkennen.

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III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    Dirk Pollert    

        

        

(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben.

(2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2, §§ 7 und 21a Abs. 4 bestimmten Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume nicht überschritten werden.

(3) Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.

(4) Die Sonn- oder Feiertagsruhe des § 9 oder der Ersatzruhetag des Absatzes 3 ist den Arbeitnehmern unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 zu gewähren, soweit dem technische oder arbeitsorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.