Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 22. März 2017 - 22 Ca 347/16

bei uns veröffentlicht am22.03.2017

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend mit dem 1. April 2017 über den Betrag von € 1.867,05 hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von € 103,30 brutto zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.318,62 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf jeweils € 32,41 seit dem 01.07.2015, dem 01.08.2015, dem 01.09.2015, dem 01.10.2015, dem 01.11.2015, dem 01.12.15, dem 01.01.2016, dem 01.02.2016, dem 01.03.2016, dem 01.04.2016, dem 01.05.2016 und dem 01.06.2016 sowie auf jeweils € 103,30 seit dem 01.07.2016 und dem 01.08.2016 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Der Streitwert wird auf 3.718,76 € festgesetzt.

6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Artikel I.

2

Die Parteien streiten über eine Anpassung der Betriebsrente. Es wird eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren unterschiedlicher Kläger in ganz Deutschland gegen die Beklagte geführt.

3

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1964 bis zum 30. Juni 2007 bei einem Unternehmen des B. Konzerns in Hamburg beschäftigt, dessen Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist.

4

Die Klägerin ist Rentnerin und erhält seit dem 1. Juli 2007 Betriebsrente, zuletzt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin ihrer Arbeitgeberin.

5

Rechtsgrundlage für diese Rente sind die Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerks vom 19. April 2002 (Anlage K 1, Bl. 20 ff. d. A., nachfolgend „BVW 2002“ genannt).

6

Die BVW 2002 enthält unter anderem folgende Regelungen (Bl. 20 ff. d. A.):

7

§ 1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds

8

Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer gesetzlicher Versorgungen und die Leistungen der Versorgungskasse zusammen die Gesamtversorgungsbezüge gemäß § 4 der Ausführungsbestimmungen nicht erreichen.

9

(…)

10

§ 2 Berechtigter Personenkreis

11

(…)

12

3. Auf die Leistungen des Pensionsergänzungsfonds besteht ein Rechtsanspruch, der nur durch die in den Ausführungsbestimmungen enthaltenen Widerrufsvorbehalte eingeschränkt ist.

13

Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes

14

(…)

15

§ 5 Zusammensetzung der Versorgungsbezüge

16

Erreichen die nachstehenden Leistungen zusammen in der Höhe nicht die erworbenen Gesamtversorgungsansprüche, wird eine Pensionsergänzungszahlung fällig.

17

1. Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge sind:

18

1.1. Die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Renten individuell zu kürzen, so gilt die ungekürzte Rente als Bestandteil der Gesamtversorgung (z.B. familienrechtlicher Versorgungsausgleich)

19

(…)

20

1.6. Rentenleistungen aus der Versorgungskasse und die ihnen gleichgestellten sonstigen betrieblichen Versorgungsleistungen.

21

(…)

22

§ 6 Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse

23

1. Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.

24

(Der § 49 AVG ist durch Artikel Ziffer 1 § § 65 und 68 SGB (VI) neu gefasst worden. Die Änderung ist am 01.01.1992 in Kraft getreten).

25

2. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

26

3. Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte / des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.

27

Der Beschluss ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.

28

(…)

29

§12 Widerrufsvorbehalte

30

1. Der in § 2 Ziffer 3 der Grundbestimmung eingeräumte Rechtsanspruch wird insoweit eingeschränkt, als sich die B. vorbehält, durch Beschlüsse im Vorstand und im Aufsichtsrat die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn

31
Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, (…)“
32

Die Betriebsrente der Klägerin betrug in der Zeit vor dem 1. Juli 2015 zuletzt monatlich 1.851,29 € brutto. Sie setzte sich zusammen aus der sogenannten V2-Rente – der Pensionsergänzungszahlung – in Höhe von 1.283,73 € und der V1-Altersrente – der Zahlung der Versorgungskasse – in Höhe von 567,56 € (Anlage K 3, Bl. 34 d. A.).

33

Die Betriebsrente der Klägerin betrug in der Zeit vom 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 monatlich 1.857,71 € brutto. Sie setzte sich zusammen aus der sogenannten V2-Rente – der Pensionsergänzungszahlung – in Höhe von 1.290,15 € und der V1-Altersrente – der Zahlung der Versorgungskasse – in Höhe von 567,56 € (Anlage K 5, Bl. 37 d. A.).

34

Die Betriebsrente der Klägerin beträgt seit dem 1. Juli 2016 monatlich 1.867,05 € brutto. Sie setzt sich zusammen aus der sogenannten V2-Rente – der Pensionsergänzungszahlung – in Höhe von 1.296,60 € und der V1-Altersrente – der Zahlung der Versorgungskasse – in Höhe von 570,45 €.

35

In der Vergangenheit passte die Beklagte die Versorgungsbezüge ihrer Betriebsrentner stets entsprechend der Entwicklung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung an.

36

Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung wurden zum 01.07.2015 um 2,0972% angepasst. Im Zeitraum vom Juni 2014 bis Juni 2015 erhöhte sich der Verbraucherpreisindex (VPI) von 106,7 auf 107,0, also um 0,281%.

37

Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung wurden zum 01.07.2016 um 4,24512% angepasst.

38

Die Beklagte fasste nach Anhörung der örtlichen Betriebsräte, des Gesamt- und des Konzernbetriebsrats durch ihren Vorstand und Aufsichtsrat den Beschluss, die Rentenanpassung nach BVW zum 01. Juli 2015 in Höhe von 0,5% zu gewähren, eine darüber hinausgehende Erhöhung sei nicht vertretbar.

39

Zum 1. Juli 2016 erhöhte die Beklagte die Betriebsrenten hinsichtlich der Pensionsergänzung um 0,5 % und hinsichtlich der Versorgungskasse um 0,51 %.

40

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anpassungen ihrer Bezüge zum 01. Juli 2015 und zum 1. Juli 2016 fehlerhaft gewesen seien und die Anpassungen jeweils vielmehr entsprechend der prozessualen Steigerung der gesetzlichen Rente, mithin in Höhe von 2,0972 Prozent bzw. 4,24512 Prozent erfolgen müsse. Der Anspruch ergebe sich aus § 6 Ziff. 1 der BVW 2002 und beträfe nicht nur die sog. V2-Rente, sondern die Gesamtversorgungsbezüge, die sich aus V2-Rente und Versorgungskassenleistung zusammensetzten. Eine Anpassung nach § 16 BetrVG trete demgegenüber zurück, da die Anpassung nach BV 2002 höher ausfalle. Ein Rechtsgrund für eine verringerte Zahlung bestehe nicht.

41

Mit der am 6. Dezember 2016 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage beantragt die Klägerin,

42

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin beginnend mit dem 01.09.2016 über den Betrag von € 1.867,05 (der sich aus € 570,45 und € 1.296,6 zusammensetzt) hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von € 103,31 brutto zu zahlen;

43

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 595,54 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von € 32,41 seit dem 01.07.2015, auf € 32,41 seit dem 01.08.2015, auf € 32,41 seit dem 01.09.2015, auf € 32,41 seit dem 01.10.2015, auf € 32,41 seit dem 01.11.2015, auf € 32,41 seit dem 01.12.2015, auf € 32,41 seit dem 01.01.2016, auf € 32,41 seit dem 01.02.2016, auf € 32,41 seit dem 01.03.2016, auf € 32,41 seit dem 01.04.2016, auf € 32,41 seit dem 01.05.2016, auf € 32,41 seit dem 01.06.2016, auf € 103,31 seit dem 01.07.2016 und auf € 103,31 seit dem 01.08.2016 zu zahlen.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Klage abzuweisen.

46

Die Beklagte meint, dass die Klägerin über die bereits erfolgten Erhöhungen der Rente hinaus keinen Anspruch gegen die Beklagte habe.

47

Die BVW sähe keine automatische Erhöhung der Versorgungsbezüge in Höhe der Erhöhung der gesetzlichen Rente vor. Vielmehr sei in jedem Fall eine Prüfung und Entscheidung des Vorstands zur Anpassung der Versorgungsbezüge erforderlich.

48

Die Art und Weise, in der der Vorstand die Anpassungsprüfung vorgenommen habe, sei nicht zu beanstanden Die Beklagte habe ihre Entscheidungen über die Anpassung der Betriebsrenten in 2015 und 2016 aus folgenden Gründen getroffen: die den gesamten Konzern betreffenden Maßnahmen zur Kostenreduzierung im Rahmen der neuen strategischen Ausrichtung, das derzeit insgesamt schwierige wirtschaftliche Umfeld der Versicherungsbranche, die Situation der Versorgungsempfänger anderer Versorgungssysteme im Unternehmen und der aktiven Arbeitnehmer sowie die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung. Im Rahmen einer Gesamtabwägung sei eine vertragliche Rentenanpassung in unverminderter Höhe als unverhältnismäßig hohe Begünstigung der betroffenen Versorgungsempfänger erschienen.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

Artikel II.

51

Die Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, werden gemäß § 313 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ArbGG wie folgt kurz zusammengefasst:

52

I. Die zulässige Klage zu Ziff. 2 ist begründet.

53

1. Der Antrag zu 2. ist in der Hauptsache begründet.

54

Er rechtfertigt sich aus § 6 Ziff. 1 i. V. m. Ziff. 4 der BVW 2002. Danach sind die Betriebsrenten an die Entwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen, solange der Vorstand eine solche Veränderung nicht für unvertretbar hält und gemeinsam mit dem Aufsichtsrat anderes beschließt.

55

Die Beklagte kann sich nicht auf die Ausnahmeregelung in § 6 Ziffer 4 der BVW berufen. Unabhängig davon, ob diese Ausnahmeregelung überhaupt wirksam ist, ermöglicht sie der Beklagten lediglich in dem Fall einer Unvertretbarkeit einer Anpassung entsprechend der gesetzlichen Rentenversicherung eine Entscheidung über eine geringere Anpassung. Der Grundsatz der BVW ist die automatische Erhöhung entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung. Sofern keine – wirksame - Entscheidung des Vorstands vorliegt, passt sich die Gesamtversorgung entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Rentenversicherung an. Ein Beschluss des Vorstands oder eines Gerichts ist insoweit nicht erforderlich. Dies wird aus § 6 Ziff. 3 am Ende deutlich: „Der Beschluß ersetzt die Anpassung gem. Ziff. 1.“ Die Regelungen sehen einen Beschluss des Vorstands nur im Falle der Ausnahmeregelungen vor. Ansonsten bedarf es keines Beschlusses, sondern der Anspruch auf erhöhte Rente besteht automatisch mit Erhöhung der gesetzlichen Rente. Anderenfalls hätte in § 6 der BVW für jeden Fall der Erhöhung ein Beschluss des Vorstands vorgesehen werden müssen. Dies ist aber gerade nicht der Fall.

56

Da es sich um eine Ausnahme handelt, dass die Beklagte vom Grundsatz der Anpassung entsprechend der gesetzlichen Rentenversicherung abweichen darf, sind die Voraussetzungen für eine wirksame Anpassung eng auszulegen. Zwar steht in der BVW ausdrücklich, dass es ausreicht, wenn der Vorstand die Veränderung nach der allgemeinen Regel nicht für vertretbar hält. Diese Klausel ist aber wegen des Sinns und Zwecks der Regelung als Ausnahme zum Grundsatz eng auszulegen. Der Vorstand darf nicht ohne konkrete Umstände von einer Unvertretbarkeit ausgehen. Es müssen objektiv Umstände vorliegen, die eine Anpassung entsprechend der gesetzlichen Rentenversicherung als unvertretbar erscheinen lassen.

57

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

58

Das Arbeitsgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 15. September 2016, 7 Ca 210/16, in dem die dem § 6 BVW 2002 entsprechende Regelung des § 6 VO 85 zur Anwendung kam, unter anderem wie folgt ausgeführt:

59

„Die Beklagte beruft sich bei ihrer Entscheidung auf erschwerte Rahmenbedingungen für die Versicherungswirtschaft (z.B. abschwächendes Wachstum, Solvency 2, anhaltend niedriges Zinsniveau, steigende Kundenanforderungen). Hingegen hat die Beklagte nicht vorgetragen, inwieweit sich diese erschwerten Rahmenbedingungen konkret auf ihre gegenwärtige oder künftige Ertragskraft durchschlagen. Es ist zwar durchaus denkbar, dass die Beklagte aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen ein schwaches Ergebnis erwirtschaftet mit der Folge, dass sich eine Anpassung der Versorgungsbezüge in dem nach § 6 Abs. 1 vorgegebenen Rahmen als unbillig erweisen könnte. Konkreter Vortrag der Beklagten hierzu fehlt jedoch. Maßstab für die Anpassungsentscheidung der Beklagten muss jedoch die konkrete Ertragssituation sein, nicht die bloße Möglichkeit, dass die Erträge ohne die schwierigeren Rahmenbedingungen möglicherweise noch höher gewesen wären bzw. sich die erschwerten Rahmenbedingungen nur eventuell oder in ungewisser Zukunft auf die konkreten Erträge der Beklagten auswirken.

60

Auch der von der Beklagten bemühte Vergleich mit ihrer aktiven Belegschaft trägt nicht. Die Beklagte trägt insoweit vor, dass Einsparungen von Personalkosten in nicht kundennahen Funktionen von -30 % generiert werden sollen. Die Mitarbeiter müssten damit einen erheblichen Beitrag zur Stärkung und Zukunftssicherung der A. leisten. Selbst wenn die Beklagte diesen Umstand im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung mit heranziehen dürfte, bliebe nach ihrem Vortrag unklar, inwieweit Mitarbeiter hierdurch einen Gehaltsverzicht hinnehmen müssen, oder ob lediglich freiwerdende Stellen nicht besetzt werden. Im letzten Fall würde sich der „Beitrag“ der aktiven Mitarbeiter deutlich reduzieren. Auch bleibt nach dem Vortrag der Beklagten offen, wie viele Mitarbeiter von diesen Einsparungen, die sich auf nicht kundennahe Funktionen beschränken, überhaupt betroffen sind und in welchem Zeitraum diese Einsparungen erzielt werden sollen. Mit dem holzschnittartigen Verweis auf die Notwendigkeit der Kürzung von Personalkosten in Teilbereichen in ungewissen Zeiträumen kann die Beklagte ihre Ermessensentscheidung nicht nachvollziehbar begründen.

61

Auch der Vergleich mit Rentnern anderer Versorgungssysteme trägt nicht. Es ist zwar zutreffend, dass Rentner, deren Versorgungsleistungen sich an dem Anstieg des Verbraucherpreisindex orientieren, zum 01.07.2015 nur geringere Zuwächse verzeichnen können als nach der BVW und der VO 85. Die Beklagte berücksichtigt bei dieser Überlegung aber nicht, dass nach eigenem Vortrag der Beklagten die gesetzlichen Rentenanpassungen, an denen sich im Grundsatz die Beklagte orientiert, seit Jahren überwiegend niedriger ausfielen als die Verbraucherpreissteigerungen nach VPI. Es entspricht nicht der Billigkeit, dass die Beklagte über Jahre von den niedrigeren gesetzlichen Rentenanpassungen profitiert und dann in Jahren, in denen ausnahmsweise die gesetzlichen Rentenanpassungen höher ausfallen als die Verbraucherpreisindexsteigerungen, eine Kürzung der Ansprüche der Begünstigten aufgrund der Ermessensregelung vornimmt. Richtigerweise haben derlei Überlegungen bei der Anpassungsentscheidung komplett berücksichtigt zu bleiben [Anmerkung der Unterzeichnerin: Insoweit dürfte ein Übertragungsfehler vorliegen: es müßte offensichtlich heissen „unberücksichtigt zu bleiben“.], denn die Beklagte hat mit der BVW und der VO 85 eine Systementscheidung getroffen, nach der für die Anpassungsregelung die Steigerung der gesetzlichen Renten maßgeblich sind und eben nicht die Änderungen des Verbraucherpreisindex. An dieser Systementscheidung ist die Beklagte festzuhalten.

62

Genauso wenig überzeugt die letzte Überlegung der Beklagten, nach der diese auf das überdurchschnittlich hohe Versorgungsniveau der Rentner des BVW und der VO 85 verweist und aus diesem Grund eine reduzierte Anpassung vornehmen möchte. Hierzu ist festzustellen, dass die Anpassungsregelung des § 6 Ziff. 4 nicht dazu dient, der vereinbarten Versorgungsregelung, die die Beklagte nunmehr als zu teuer empfindet, einen anderen Inhalt zu geben. Es ist denkbar, dass die Versorgung nach den Versorgungsordnungen der Beklagten überdurchschnittlich ist, diese ist jedoch entsprechend von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern vereinbart worden. Dass dies der Beklagten mittlerweile nicht mehr gefällt, mag sein, kann jedoch nicht dazu führen, dass dies im Rahmen der Ermessensausübung der Anpassungsregelung anspruchsmindernd von der Beklagten berücksichtigt werden kann.“

63

Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer nach eigener Überprüfung an und ergänzt hierzu noch:

64

Eine objektiv nachvollziehbare Unvertretbarkeit kann nicht allein aus einer konzernweiten Entscheidung abgeleitet werden, allgemein und ohne nähere Konkretisierung im Detail Personalkosten einzusparen. Es sind keinerlei konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte eine verkürzte Erhöhung der Renten vornehmen muss, um ihre Existenz zu sichern. Vielmehr scheint lediglich eine Entscheidung der Konzernspitze umgesetzt zu werden. Inwieweit diese auch für die Beklagte speziell wirtschaftlich erforderlich ist oder vor allem der Verbesserung der Erträge und Ausschüttungen innerhalb des Konzerns dient, entzieht sich der Kenntnis der Kammer. Maßgebend ist aber vorliegend allein die Situation der Beklagten, nicht Entscheidungen der Konzernspitze, die auch andere Erwägungen als die Wirtschaftlichkeit der Geschäfte der Beklagten im Auge haben.

65

Auch im Hinblick auf die von der Beklagten aufgegriffene Argumentation der Gleichberechtigung von Arbeitnehmern und Rentnern fehlt es an jeglichem konkreten Vortrag, welche Lohnzuwächse den – nicht gekündigten – Mitarbeitern bei der Beklagten in den vergangenen Jahren gezahlt wurden und inwieweit insoweit eine Benachteiligung gegenüber den Betriebsrentnern der Beklagten bestehen könnte. Auch insoweit würde eine bloße Ungleichbehandlung nicht ausreichen, sie müßte darüberhinaus unvertretbar sein. Gleiches gilt für den erwähnten Wunsch der Beklagten nach einer stufenweisen Anpassung der Ansprüche in den verschiedenen Gesellschaften: Auch insoweit fehlt es an jeglichem konkreten Vortrag dazu, inwieweit die streitgegenständliche Entscheidung des Vorstands für die Beklagte wichtig ist und die bisherige Praxis der Rentenerhöhungen auf einmal als unvertretbar erscheinen läßt.

66

Auch für die Höhe der von der Beklagten gewählten Anpassung in 2015 fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung. Die Entscheidung, um 0,5 % zu erhöhen, ist inhaltlich in keiner Weise begründet worden. Mit der von der Beklagten vorgebrachten Argumentation hätte auch jeder andere Prozentsatz gewählt werden können. Die Beklagte hat keinerlei Argumente dafür vorgebracht, weshalb auch eine Erhöhung von z. B. 0,6 %, 1,5 % oder 2,0 % unvertretbar gewesen wäre, weshalb also nur eine Erhöhung um 0,5 % vertretbar sein soll.

67

Die Beklagte stellt eine Vielzahl von Zweckmäßigkeitserwägungen auf, eine „Unvertretbarkeit“ der Erhöhung der Betriebsrente der Klägerin um 2,0972 % ist dabei aber nicht erkennbar.

68

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Vorstands gem. § 6 Abs. 3 BVW liegen damit nicht vor. Der Beschluss des Vorstands hindert daher nicht die automatische Anpassung. Mangels wirksamer Entscheidung des Vorstands gem. § 6 Abs. 3 BVW bleibt es bei der Regel der automatischen Anpassung entsprechend der Erhöhung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

69

Vorstehende Ausführungen gelten gleichermaßen für die Erhöhungen in 2015 und 2016.

70

2. Der Antrag zu Ziff. 2 ist hinsichtlich der Hauptforderung auch der Höhe nach fast vollständig begründet.

71

Die gesetzlichen Renten erhöhten sich zum 01.07.2015 um 2,0972 %, weshalb die Betriebsrentenansprüche der Klägerin zu diesem Datum ebenfalls um diesen Satz anzupassen sind. Dies rechtfertigt den Antrag zu 2. in Höhe von 32,41 € brutto pro Monat seit dem 01. Juli 2015. bis zum 30. Juni 2016.

72

Die gesetzlichen Renten erhöhten sich zum 01.07.2016 um 4,24512 %, weshalb die Betriebsrentenansprüche der Klägerin zu diesem Datum ebenfalls um diesen Satz anzupassen sind. Dies rechtfertigt den Antrag zu 2., aber nur in Höhe von 103,30 € brutto pro Monat seit dem 01. Juli 2016. In Höhe von 1 cent pro Monat wird die Klage abgewiesen.

73

Die Gesamtversorgungsbezüge der Klägerin betrugen bis zum 30. Juni 2015 insgesamt 1.851,29 €. Diese sind gem. § 6 der Ausführungsbestimmungen zur BVW 2002 insgesamt zu erhöhen. In § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen zur BVW 2002 ist nicht lediglich die Rede von einer Erhöhung der Pensionsergänzung, sondern von den „Gesamtversorgungsbezügen“ (vgl. Bl. 28 R d. A.).

74

Dabei kann die Höhe der erhaltenen gesetzlichen Rente außer Acht bleiben, da diese ja unstreitig um 2,0972 % erhöht wurde. Sie würde für die Ermittlung der Gesamtversorgungsbezüge i. S. d. BVW 2002 also zunächst hinzugerechnet, dann aber wieder abgezogen. Damit kann sie auch komplett unberücksichtigt bleiben.

75

Bei einer Erhöhung um 2,0972 % ergibt sich ein Betrag von monatlich (1.851,29 € x 1,020972 =) 1.890,12 € abzgl. unstreitiger Zahlung in Höhe von 1.857,71 € = 32,41 € brutto. Für die Monate Juli 2015 bis Juni 2016 ergibt sich eine Summe von (12 x 32,41 =) 388,92 € brutto.

76

Die Ansprüche auf Gesamtversorgungsbezüge der Klägerin betrugen bis zum 30. Juni 2016 insgesamt 1.890,12 €. Bei einer Erhöhung um 4,24512 % ergibt sich ein Betrag von monatlich (1.890,12 € x 1,0424512 =) 1.970,35 € abzgl. unstreitiger Zahlung in Höhe von 1.867,05 € = 103,30 € brutto. Für die Monate Juli 2016 bis März 2017 ergibt sich eine Summe von (9 x 103,30 =) 929,70 € brutto.

77

Die Gesamtforderung beträgt damit 1.318,62 €.

78

Auch ohne eine entsprechende Antragsänderung waren die inzwischen fälligen Beträge aufgrund des Antrags zu Ziff. 1 zu berücksichtigen (Zöller ZPO 30. Auflage 2014, § 257 Rn. 7).

79

Die Rentenzahlungen sind unstreitig jeweils zum Monatsersten fällig. Damit waren am Schluss des Kammertermins die Rentenzahlungen bis einschließlich März 2017 fällig.

80

3. Zinsansprüche bestehen gem. §§ 288, 286 BGB.

81

Für die Monate ab September 2016 waren keine Zinsen festzusetzen, da diese nicht beantragt waren.

82

II. Bei dem Antrag zu 1. handelt sich um eine zulässige und begründete Klage auf wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 258 ZPO.

83

Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde (BAG, Urteil vom 30.09.2014 - 3 AZR 613/12 - Rn. 22 sowie ArbG Hamburg 7 Ca 210/16).

84

Nach den obigen Ausführungen steht der Klägerin ab dem 01. April 2017 eine um 103,30 € brutto erhöhte monatliche Betriebsrente zu, deren Fälligkeit antragsgemäß mit dem ersten des jeweiligen Monats zu titulieren war. Dieser Anspruch sowie der Anspruch für die Folgemonate sind erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung fällig. In Höhe von 1 Cent pro Monat wird die Klage abgewiesen.

85

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 91 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 ArbGG). Dass ein Teil der Zahlungsforderung abgewiesen wurde, bleibt dabei außer Betracht, weil dieser Teil den Streitwert nicht erhöht (§ 4 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 43 Abs. 1 GKG).

86

Für den gemäß § 61 ArbGG festgesetzten Wert desStreitgegenstandes war der dreifache Jahresbetrag der monatlichen Leistung maßgeblich. Die rückständigen Forderungen im Antrag zu 1. waren gemäß § 42 Abs. 3 S. 1, 2. HS GKG nicht zu berücksichtigen.

87

Eine gesonderte Zulassung der Berufung ist nicht erforderlich, da die Berufung aufgrund des Streitwerts ohnehin zulässig ist.

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(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. (2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Ha

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 16 Bestellung des Wahlvorstands


(1) Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellt der Betriebsrat einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden. Der Betriebsrat kann die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies

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(1) Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellt der Betriebsrat einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden. Der Betriebsrat kann die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Wahlvorstand muss in jedem Fall aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Für jedes Mitglied des Wahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. In Betrieben mit weiblichen und männlichen Arbeitnehmern sollen dem Wahlvorstand Frauen und Männer angehören. Jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann zusätzlich einen dem Betrieb angehörenden Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsenden, sofern ihr nicht ein stimmberechtigtes Wahlvorstandsmitglied angehört.

(2) Besteht acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats kein Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft; Absatz 1 gilt entsprechend. In dem Antrag können Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands gemacht werden. Das Arbeitsgericht kann für Betriebe mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern auch Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, die nicht Arbeitnehmer des Betriebs sind, zu Mitgliedern des Wahlvorstands bestellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist.

(3) Besteht acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats kein Wahlvorstand, kann auch der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen. Absatz 1 gilt entsprechend.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.