Arbeitsgericht Essen Beschluss, 04. Nov. 2014 - 2 BV 42/14
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
4Die Antragstellerinnen zu 1. und 2. bilden innerhalb der Betriebsstätte Fach-klinik S in Essen einen Gemeinschaftsbetrieb. Die Fachklinik S ist mit 455 Betten einer der größten Einrichtungen ihrer Art in Nordrhein-Westfalen.
5Die Antragstellerinnen beschäftigen dort insgesamt 350 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
6In der Amtsperiode 2010 - 2014 bestand im Gemeinschaftsbetrieb der Antragstellerinnen ein neunköpfiger Betriebsrat. Dieser bestellte am 30. Oktober 2013 einen aus der Arbeitnehmerin Heidrun L., dem Arbeitnehmer Markus T. sowie dem Arbeitnehmer Peter H. als Wahlvorstandsvorsitzenden bestehenden dreiköpfigen Wahlvorstand.
7Am 03. Januar 2014 erließ der Wahlvorstand das Wahlausschreiben, in welchem er mitteilte, dass in dem Betrieb 282 Frauen und 68 Männer beschäftigt seien und dass deshalb der Betriebsrat aus neun Mitgliedern zu bestehen habe, wobei den Männern als Geschlecht in der Minderheit zwei Mindestsitze zustünden. Der Wahlvorstand bestimmte den Zeitraum vom 03. März 2014 - in der Zeit von 06:30 bis 09:00 und 11:30 bis 14:00 Uhr - bis Dienstag, den 04. März 2014 - in der Zeit von 09:00 bis 11:00 sowie 14:00 bis 16:00 Uhr - zum Tag der Stimmabgabe und setzte für die Einreichung von Vorschlagslisten eine Frist bis zum 17. Januar 2014 um 18:00 Uhr.
8Das Wahlausschreiben wurde vom Wahlvorstand am 03. Januar 2014 um 14:15 Uhr im Schaukasten des Betriebsrats im Speisesaal des Betriebes ausgehängt. Die üblichen Öffnungszeiten des Speisesaals sind von 07:00 Uhr bis 18:45 Uhr.
9Mit Aushang vom 07. Februar 2014 machte der Wahlvorstand die Vorschlagsliste mit dem Kennwort "Freie Liste" durch Aushang im Betrieb bekannt und teilte mit, dass die Wahl zum Betriebsrat, da nur eine gültige Vorschlagsliste eingereicht worden sei, als Mehrheitswahl ("Personenwahl") stattfinden werde.
10Bei der vom 03. bis 04. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl wurden für die Bewerber
11Arndt C. 103 Stimmen
12Heidrun L. 97 Stimmen
13Frank X. 87 Stimmen
14Wolfgang V. 82 Stimmen
15Markus T. 79 Stimmen
16Hans-Peter H. 71 Stimmen
17Margarethe O. 62 Stimmen
18Oliver U. 61 Stimmen
19Sabine I. 52 Stimmen
20abgegeben.
21Hierüber verhält sich die Wahlniederschrift vom 04. März 2014.
22Mit Aushang vom 10. März 2014 machte der Wahlvorstand das Wahlergebnis bekannt.
23Mit ihrem am 21. März 2014 bei Gericht eingegangenen Antrag machen die Antragstellerinnen die Anfechtung der Betriebsratswahl wegen Verstoßes gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens geltend.
24Sie vertreten die Auffassung, aufgrund der begrenzten Öffnungszeiten des Speisesaals - von 07:00 Uhr bis 18:45 Uhr - hätten nicht alle Arbeitnehmer die Möglichkeit gehabt, von dem Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis zu nehmen. In der Fachklinik erfolge der Pflegedienst auch in Nachtschichten. Die Nachtschicht beginne um 21:00 Uhr und ende am nächsten Morgen um 06:25 Uhr. In dem Zeitraum vom 03.01.2014 bis zum 17.01.2014 (Ende der gesetzten Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen und Einsprüchen gegen die Wählerliste) hätten insgesamt 21 Arbeitnehmer aufgrund des Schichtdienstes das ausschließlich im Speisesaal ausgehängte Wahlausschreiben nicht während ihrer Arbeitszeit zur Kenntnis nehmen können. Darüber hinaus habe die Wählerliste zusammen mit dem Text der Wahlordnung in der Zeit von 09:00 bis 15:00 Uhr in einem gesonderten Raum ausgelegen. Die 21 Arbeitnehmer des Schichtdienstes hätten auch keine Möglichkeit gehabt, von der Wählerliste und dem Text der Wahlordnung Kenntnis zu nehmen, da ihre Arbeitszeit in dem fraglichen Zeitraum außerhalb der zur Einsichtnahme zur Verfügung stehenden Zeit gelegen habe.
25Aufgrund der Tatsache, dass die Stimmabgabe vom Wahlvorstand auf Rosenmontag und Fastnachtsdienstag festgesetzt worden sei, seien, für den Wahlvorstand aufgrund der Schicht- und Urlaubsplanung ersichtlich, auch insgesamt 22 Wahlberechtigte nicht im Dienst gewesen, weil sie frei gehabt, Urlaub genommen hätten oder als Nachtwache bzw. im Spätdienst im Einsatz gewesen seien. Die Schichtpläne würden jeweils vier Wochen im Voraus erstellt und sodann dem Betriebsrat zugleitet. Da der Wahlvorstand nur aus Betriebsratsmitgliedern bestanden habe, sei diesem bekannt gewesen, welche Wahlberechtigten zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl aufgrund der Schichtplanung keinen Dienst gehabt hätten. Gleichwohl habe der Wahlvorstand nicht die Zusendung von Briefwahlunterlagen an die genannten 22 Arbeitnehmer veranlasst.
26Grundsätzlich beanstanden die Antragstellerinnen, der Wahlvorstand habe -anders als 2010 bei der vorangegangenen Betriebsratswahl - die Beschäftigten nicht vorab über das im Betrieb gebräuchliche Network-Mail-System (NMS), den sog. "gelben Zettel", über den erfolgten Aushang des Wahlausschreibens und damit über die Einleitung der Betriebsratswahl informiert. Nicht alle Mitarbeiter der Antragstellerinnen nutzten den Speisesaal, und die in Nachtschicht tätigen Arbeitnehmer hätten gar nicht die Möglichkeit hierzu. Auffällig sei, dass der Betriebsrat sowohl vor als auch unmittelbar nach der Betriebsratswahl stets auf den "gelben Zettel" als internes elektronisches Kommunikationssystem zurückgegriffen, ausgerechnet zur extrem wichtigen Einleitung der Betriebsratswahl 2014 auf eine entsprechende Mitteilung per NMS jedoch verzichtet habe. Tatsächlich hätten hierdurch nicht alle Wahlberechtigten frühzeitig Kenntnis von der bevorstehenden Betriebsratswahl gehabt. Es sei davon auszugehen, dass der seinerzeit noch amtierende alte Betriebsrat genau dies beabsichtigt habe - offenbar um zu verhindern, dass eine weitere Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl eingereicht bzw. Beschäftigte, die dem Gremium noch nicht angehörten, ebenfalls zum Betriebsrat kandidieren würden. Tatsächlich hätten bei der Betriebsratswahl dann auch nur Personen kandidiert, die bereits dem alten Betriebsrat angehört hätten.
27Die antragstellenden Unternehmen beantragen,
28die Betriebsratswahl vom 03.03.2014 und 04.03.2014
29für unwirksam zu erklären.
30Der Betriebsrat beantragt,
31den Antrag abzuweisen.
32Zur Begründung macht der Betriebsrat geltend, die Bestellung des Wahlvorstands sei unstreitig bereits im Oktober 2013 erfolgt und durch Aushang vom 30.10.2013 entsprechend bekannt gemacht worden. Dadurch habe im Betrieb bereits weit vor dem Aushang des Wahlausschreibens Kenntnis davon bestanden, dass ein Wahlvorstand bestellt und eine Betriebsratswahl durchgeführt werde. Ebenso wie das Wahlausschreiben selbst sei dieser Aushang im Speisesaal erfolgt, wo sich der Schaukasten des Betriebsrats befinde. Aufgrund der üblichen Öffnungszeiten hätten alle Beschäftigten ohne Schwierigkeit die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Aushängen des Betriebsrats im Speise-saal, der übrigens seit Jahren für Bekanntmachungen des Betriebsrats genutzt werde.
33Durch den Aushang am Schwarzen Brett des Betriebsrats sei auch gewähr-leistet, dass das Wahlausschreiben nicht abgenommen werden könne, weil das Schwarze Brett hinter Glas verschlossen sei. Die weit überwiegende Anzahl der Beschäftigten nutze regelmäßig den Speisesaal, um sich Brötchen zu holen, dort Kaffee zu trinken oder zu essen. Hingegen komme es nicht darauf an, ob der Ort, an dem das Wahlausschreiben aushänge, tatsächlich regelmäßig von allen Arbeitnehmern aufgesucht werde. Dies sei an keiner Stelle im Betrieb gewährleistet. Es reiche aus, dass die Wahlberechtigten üblicherweise ohne jede Schwierigkeit von dem Aushang Kenntnis nehmen könnten. Dies sei im Speisesaal für sämtliche Mitarbeiter, auch die Beschäftigten der Nachtschicht, gewährleistet.
34Dass darüber hinaus keine elektronische Bekanntmachung erfolgt sei, sei kein Fehler, der zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen könne. Nach wie vor sehe das Betriebsverfassungsgesetz die Möglichkeit einer elektronischen Bekanntmachung als fakultativ vor; es gebe aber keine Verpflichtung hierzu. Insoweit gebe es im Betrieb auch keine Üblichkeit. Allein der Umstand, dass der sog. "gelbe Zettel" im Jahre 2010 insoweit genutzt worden sei, begründe eine solche Üblichkeit nicht. Der Betriebsrat sei demzufolge nicht verpflichtet gewesen, das Wahlausschreiben gleichzeitig auch elektronisch bekannt zu machen. Die im Wahlausschreiben festgesetzten Fristen seien richtig berechnet, es sei bekanntlich zulässig, die Fristen zur Einreichung von Wahlvorschlägen und Einsprüchen gegen die Wählerliste am Tag des Fristablaufs vor 24:00 Uhr enden zu lassen. Der festgesetzte Fristablauf dürfe nur nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der ganz überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer liegen, und dies sei vorliegend gewährleistet gewesen. Die weit überwiegende Anzahl der Arbeitnehmer beende ihre Arbeit spätestens gegen 18:00 Uhr.
35Die Festlegung des Wahltermins sei ebenfalls nicht zu beanstanden, Rosenmontag und Veilchendienstag seien normal Arbeitstage im Betrieb der Antragstellerinnen, für die es keine abweichende Besetzung gebe. Zwar könne es sein, dass einzelne Arbeitnehmer an den beiden für die Stimmabgabe zur Verfügung stehenden Tagen nicht im Dienst gewesen seien; den Wahlvorstand treffe aber keinerlei Verpflichtung, die Schichtpläne im Hinblick darauf, welche Personen konkret anwesend seien, durchzusehen. Im Übrigen sei dem Wahlvorstand die Schichtplangestaltung unbekannt. Auch der Betriebsrat kenne nur die Sollpläne, nicht jedoch die jeweiligen Istpläne für einen bestimmten Tag, da sich etwa aufgrund von Krankheiten, Urlaub etc. regelmäßig Änderungen gegenüber den Sollplänen ergäben. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beschäftigten der Nachtschicht offenkundig auch von der anstehenden Betriebsratswahl gewusst hätten, denn ein Viertel der Nachtdienstmitarbeiter habe Briefwahl beantragt gehabt.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten zum Gegenstand der mündlichen Anhörung gemachten Akteninhalt Bezug genommen.
37B.
38Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
39I.
401. Das geltend gemachte Begehren wird von den Antragstellerinnen zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verfolgt. Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne der §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 2 a Abs. 2, 80 Abs. 1 ArbGG.
412. Das - im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren stets erforderlich und von Amts wegen zu prüfende (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl., § 81 Rz. 23 - 32; Bader/Creutzfeld/Friedrich, ArbGG, 5. Aufl., § 81 Rz. 4; Düwell/Lipke/Reinfelder, ArbGG, 3. Aufl., § 81 Rz. 24 - 28; Grunsky/ Waas/Benecke/Greiner, ArbGG, 8. Aufl., § 80 Rz. 18, § 81 Rz. 19 - 21; Hauck/Helml, ArbGG, 3. Aufl., § 81 Rz. 9; Schwab/Weth, ArbGG, 3. Aufl., § 81 Rz. 87 - 96) - Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ergibt sich daraus, dass die Beteiligten darüber streiten, ob die am 03. und 04. März 2014 durchgeführte Betriebsratswahl unwirksam gewesen ist.
423. Die Antragsberechtigung der antragstellenden Unternehmen folgt aus § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
43Nach § 83 Abs. 3 ArbGG ist Beteiligter an einem Beschlussverfahren, wer von der in dem Verfahren ergehenden Entscheidung materiell-rechtlich in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen sein kann (vgl. BAG vom 25. September 1986 - 6 ABR 68/84 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972; BAG vom 11. November 1998 - 4 ABR 40/97 - AP Nr. 18 zu § 50 BetrVG 1972; BAG vom 23. Juni 2010 - 7 ABR 3/09 - NZA 2010, 1361 = AP Nr. 17 zu § 81 SGB IX = DB 2010, 2511 = EzA § 99 BetrVG 2001 Einstellung Nr. 14). Das Gericht hat in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen, wer Beteiligter im Sinne des § 83 Abs. 3 ArbGG ist (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. nur: BAG vom 15. Januar 1992 - 7 ABR 23/90 - AP Nr. 41 zu § 40 BetrVG 1972).
44Danach war neben den Antragstellerinnen nur der Betriebsrat am Verfahren zu beteiligen, da dieser von der im vorliegenden Verfahren ergehenden Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen wäre.
454. Die Wahl ist binnen zwei Wochen nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 10. März 2014 angefochten worden (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Die Antragsschrift ist fristgerecht am 21. März 2014 bei Gericht eingegangen.
46II.
47Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
48Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen haben hier nicht vorgelegen.
491. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 WO ist ein Abdruck des Wahlausschreibens vom Tage seines Erlasses bis zum letzten Tage der Stimmabgabe an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten.
50Dieser Vorschrift hat der Wahlvorstand genügt, indem er das Wahlausschreiben im Speisesaal des Gemeinschaftsbetriebs der Antragstellerinnen, der unstreitig von 07:00 Uhr bis 18:45 Uhr geöffnet und allen Wahlberechtigten zugänglich ist, ausgehängt hat. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass der Wahlvorstand das Wahlausschreiben im Speisesaal am Schwarzen Brett des Betriebsrats ausgehängt hat, wo der Betriebsrat betriebsüblich sämtliche für die Arbeitnehmerschaft bestimmten Aushänge üblicherweise bekannt macht. Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen ist es hingegen nicht erforderlich, dass jeder Wahlberechtigte zu jeder Tages- und Nachtzeit, wann es ihm gerade in den Sinn kommt, ans Schwarze Brett gehen und den Aushang zur Kenntnis nehmen kann. Der Speisesaal in der Fachklinik ist täglich immerhin 11 ¾ Stunden geöffnet, so dass für sämtliche Beschäftigten ausreichend Zeit besteht, die sie interessierenden Aushänge am Schwarzen Brett des Betriebsrats zur Kenntnis zu nehmen.
51Soweit die Antragstellerinnen darauf verwiesen haben, für die Beschäftigten der Nachtschicht, die ihren Dienst in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:25 Uhr versehen, habe die Möglichkeit, während ihrer nächtlichen Arbeitszeit den Speisesaal aufzusuchen und am dort befindlichen Schwarzen Brett das Wahlausschreiben bzw. sonstige Aushänge des Wahlvorstand zu "studieren", nicht bestanden, verkennen sie, dass § 3 Abs. 4 Satz 1 WO nicht verlangt, dass das Wahlausschreiben zu jeder Tages- und Nachtzeit jedem interessierten Betriebsangehörigen zugänglich sein muss. Auch die in der Nachtschicht tätigen Arbeitnehmer, deren Nachtschicht unstreitig um 06:25 Uhr endet, hatten - wie alle anderen Wahlberechtigten auch - die Möglichkeit, das Wahlausschreiben zwischen 07:00 Uhr bis 18:45 Uhr im Speisesaal zur Kenntnis zu nehmen.
52Dass Beschäftigte der Nachtschicht zu diesem Zweck - ein pünktliches Schichtende vorausgesetzt - ca. 35 Minuten hätten zuwarten bzw. den Betrieb zu einem außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit gelegenen Zeitpunkt hätten aufsuchen müssen, steht dem nicht entgegen. Insofern bedarf auch die weiter-gehende Frage, ob der Arbeitgeber im Fall einer etwaigen Wahrnehmung ihres diesbezüglichen Rechts durch Wahlberechtigte die diesen hierdurch entstandene Zeitversäumnis und sonstige Kosten nicht nach § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als Kosten der Wahl zu erstatten gehabt hätte, vorliegend keiner Beantwortung. Die Antragstellerinnen übersehen in diesem Zusammenhang, dass es auch in anderen Betrieben z. B. dem Sicherheits- und Nachtdienstpersonal nach § 3 Abs. 4 Satz 1 WO nicht ermöglicht werden muss, jederzeit während ihrer persönlichen, von der Mehrheit der Beschäftigten deutlich abweichenden Arbeitszeit Zugang zum Schwarzen Brett zu erhalten, wenn nur dort das Wahlausschreiben aushängt. Auch in einem Betrieb, in welchem "rund um die Uhr" im Schichtsystem gearbeitet wird, ist der Wahlvorstand nicht verpflichtet, einigen wenigen Beschäftigten, die in der Nachtschicht arbeiten, den Zugang zum Schwarzen Brett auch während ihrer höchstpersönlichen Arbeitszeit zu eröffnen. Es ist vielmehr im Streitfall interessierten Wahlberechtigten durchaus zuzumuten gewesen, das Wahlausschreiben während der ca. zwölfstündigen Öffnungszeit des Speisesaals am dort befindlichen Schwarzen Brett zur Kenntnis zu nehmen.
532. Der Wahlvorstand hat auch nicht dadurch gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen, indem er - anders als anlässlich der vorangegangen regelmäßigen Betriebsratswahl des Jahres 2010 - nicht vorab über das im Betrieb gebräuchliche Network-Mail-System, den sog. "gelben Zettel", alle Beschäftigten darauf hingewiesen hat, dass und wo das Wahlausschreiben ausgehängt war.
54§ 3 Abs. 4 Satz 2 WO sieht zwar vor, dass der Wahlvorstand das Wahlausschreiben mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt machen kann; eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung des Wahlvorstands begründet die Vorschrift indes nicht. Im Übrigen hat nach dem Vorbringen der Antragstellerinnen der Wahlvorstand zur Betriebsratswahl des Jahres 2010 das Wahlausschreiben auch nicht über das NMS "bekannt gemacht", d.h. den Beschäftigten in vollem Wortlaut zur Verfügung gestellt, sondern diese lediglich davon in Kenntnis gesetzt, dass das Wahlausschreiben durch Aushang am Schwarzen Brett des Betriebsrats erlassen worden sei und am Schwarzen Brett eingesehen werden könne. Dass der Wahlvorstand für die Betriebsratswahl 2014 einen solchen Hinweis per NMS unterlassen hat, mag zwar dazu geführt haben, dass einzelne Beschäftigte, die sich für Aushänge am Schwarzen Brett des Betriebsrats weniger interessieren, das seit Anfang Januar 2014 dort aushängende Wahlausschreiben nicht oder erst spät zur Kenntnis genommen haben, eine gesetzliche Verpflichtung des Wahlvorstands, die Tatsache, dass am Schwarzen Brett des Betriebsrats im Speisesaal an allgemein zugänglicher Stelle das Wahlausschreiben ausgehängt worden sei, allen Beschäftigten zusätzlich per NMS mitzuteilen, lässt sich der Wahlordnung in ihrer aktuellen Fassung indes nicht entnehmen.
55Demzufolge lässt sich insoweit zwar konstatieren, dass es wohl für etliche Wahlberechtigte hilfreich gewesen wäre, wäre eine solche Information parallel per NMS erfolgt; ein zur Wahlanfechtung berechtigender Verstoß gegen gesetzliche Pflichten des Wahlvorstands lässt sich an Hand der Tatsache, dass der Wahlvorstand 2014 von einem solchen zusätzlichen Service abgesehen hat, jedoch nicht begründen.
563. Entgegen der Annahme der Antragstellerinnen war der Wahlvorstand auch nicht verpflichtet, den von diesen namentlich benannten 22 Arbeitnehmern, die an den beiden Tagen der Stimmabgabe dienstfrei oder Urlaub hatten bzw. im Spät- oder Nachdienst eingeplant waren, unaufgefordert Briefwahlunterlagen zuzusenden.
57a) Nach § 24 Abs. 2 WO erhalten Wahlberechtigte, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst oder mit Telearbeit Beschäftigte und in Heimarbeit Beschäftigte), die in § 24 Abs. 1 WO bezeichneten Briefwahlunterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Wahlberechtigten bedarf.
58Die Vorschrift setzt positive Kenntnis des Wahlvorstands davon voraus, dass einzelne Beschäftigte nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich im Zeitpunkt der Wahl nicht im Betrieb anwesend sein werden. Das ist der Fall, wenn der betreffende Arbeitnehmer aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig oder überwiegend nicht im Betrieb anwesend ist. Diese Voraussetzungen erfüllen z.B. Arbeitnehmer, die als Telearbeiter, als Montagearbeiter oder als Angestellte im Außendienst (Reisende) außerhalb des Betriebes tätig sind, nicht jedoch Arbeitnehmer, die am Wahltag wegen Urlaub, Freischicht o.ä. zufällig nicht im Betrieb anwesend sind (vgl. Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 27. Aufl., § 24 WO 2001, Rz. 10; Anuschek, Betriebsratswahl, 4. Aufl., D IV 1b (1), S. 137; Kreutz/Jacobs in GK-BetrVG, 10. Aufl., § 24 WO Rz. 10; Richardi/Thüsing, BetrVG, 14. Aufl. § 24 WO 2001, Rz. 7).
59b) Danach gehörten die von den Antragstellerinnen benannten Arbeitnehmer der Spät- oder Nachtschicht bereits deshalb nicht zu dem in § 24 Abs. 2 WO genannten Personenkreis, weil diese unstreitig am Wahltag im Betrieb anwesend gewesen sind. Arbeitnehmer, die ihre tägliche Arbeit regelmäßig im Betrieb des Arbeitgebers beginnen und beenden, gehören ebenso wenig zu dem in § 24 Abs. 2 WO genannten Personenkreis wie Schichtdienstleistende (vgl. LAG Niedersachsen vom 09. März 2011 - 17 TaBV 41/10 - AiB 2013, 653 [Rz. 38]).
60Die Beschäftigten, die als Nachtwache oder im Spätdienst an den für die Stimmabgabe festgesetzten Tagen eingeplant gewesen sind, hatten im Übrigen auch tatsächlich die Möglichkeit, ihre Stimme während ihrer Schicht bzw. im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an diese im Betrieb persönlich abzugeben. Denn der Wahlvorstand hat ausweislich des Wahlausschreibens die Stimmabgabe für Montag, den 03. März 2014 in der Zeit von 06:30 bis 09:00 Uhr sowie von 11:30 bis 14:00 Uhr und für Dienstag, den 04. März 2014 in der Zeit von 09:00 bis 11.00 Uhr sowie 14:00 bis 16:00 Uhr ermöglicht. Demzufolge hätten selbst Beschäftigte der Nachschicht, die um 06:25 Uhr endet, am Montag, den 03. März 2014 im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an das Schichtende ihre Stimme persönlich im Wahllokal abgeben können, ohne hierzu die Möglichkeit der Briefwahl in Anspruch nehmen zu müssen, wie die Antragstellerinnen fälschlich angenommen haben.
61c) Ebenso wenig treffen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 WO auf die Arbeitnehmer zu, die am Wahltag wegen Urlaub, Freischicht o.ä. zufällig nicht im Betrieb anwesend gewesen sind, denn bei diesen hat es sich eben nicht um "im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses" im Betrieb nicht anwesende Wahlberechtigte gehandelt.
62d) Abgesehen davon, dass es somit bereits an den grundlegenden gesetzlichen Voraussetzungen gefehlt hat, unter welchen § 24 Abs. 2 WO eine Verpflichtung des Wahlvorstands zur Übersendung der in § 24 Abs. 1 WO genannten Unterlagen begründet, haben die Antragstellerinnen aber auch übersehen, dass ein Wahlvorstand generell nicht gehalten ist, Dienst- und Einsatzpläne daraufhin akribisch auszuwerten, welche Beschäftigten dort an den Tagen der Stimmabgabe nicht verplant sind und sich somit möglicherweise in Urlaub bzw. Freischicht befinden. Nach ganz herrschender Meinung besteht keine diesbezügliche Nachforschungspflicht des Wahlvorstands (vgl. Fitting, a.a.O., § 24 WO 2001, Rz. 14; Homburg in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 12. Aufl., § 26 WO Rz. 13; Kreutz/Jacobs in GK-BetrVG, a.a.O., § 24 WO Rz. 11). Vielmehr sind solche Wahlberechtigten nach § 24 Abs. 1 WO selbst gehalten, erforderlichenfalls beim Wahlvorstand ein Verlangen auf Briefwahl zu äußern.
63Dass im vorliegenden Fall ein derartiges Verlangen von einem der 22 namentlich genannten Beschäftigten geäußert worden wäre und der Wahlvorstand diesem nicht entsprochen hätte, haben die Antragstellerinnen jedoch selbst nicht behauptet.
644. Die von ihnen bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens gegen die Betriebsratswahl erhobenen weiteren Bedenken haben die Antragstellerinnen nach eingehender Erörterung in der mündlichen Anhörung der Beteiligten am 04.11.2014 nicht weiter aufrechterhalten, so dass hierauf nicht mehr einzugehen ist.
65Nach allem konnte das Wahlanfechtungsbegehren daher keinen Erfolg haben.
66C.
67Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG i.V. m. § 2 a Abs. 1 ArbGG).
68RECHTSMITTELBELEHRUNG
69Gegen diesen Beschluss kann von den antragstellenden Unternehmen (= Arbeitgeberinnen)
70B e s c h w e r d e
71eingelegt werden.
72Für den Betriebsrat ist gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben.
73Die Beschwerde muss
74innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat nach Zustellung des in voll-ständiger Form abgefassten Beschlusses
75beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 schriftlich oder in elektronischer Form eingegangen sein.
76Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
77Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
78Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein.
79Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
801.Rechtsanwälte,
812.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
823.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozess-vertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
83Ein Beteiligter, der als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
84* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
85gez. B a c h l e r
ra.de-Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Essen Beschluss, 04. Nov. 2014 - 2 BV 42/14
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Urteil einreichenArbeitsgericht Essen Beschluss, 04. Nov. 2014 - 2 BV 42/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.
(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn
- 1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder - 2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.
(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.
(2) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
Tenor
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Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. November 2008 - 15 TaBV 20/08 - teilweise aufgehoben.
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Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 16. Januar 2008 - 6 BV 96/07 - teilweise abgeändert:
-
Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Herrn J wird abgewiesen.
Gründe
- 1
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A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers.
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Die vormalige Antragstellerin, die B GmbH & Co. KG, betrieb in B einen Zeitungsverlag sowie eine Druckerei. Für Verlag und Druckerei war ein Betriebsrat gebildet.
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Am 25. April 2007 schrieb die vormalige Antragstellerin die Stelle des Leiters der mechanischen Werkstatt in dem internen Stellenmarkt aus. Nachdem sich aus der Belegschaft niemand um die Stelle beworben hatte, schaltete die vormalige Antragstellerin die DV GmbH & Co. KG zwecks Überlassung eines Leiharbeitnehmers ein. Mit Schreiben vom 18. Juli 2007 unterrichtete die vormalige Antragstellerin den Betriebsrat über die beabsichtigte unbefristete Einstellung des Leiharbeitnehmers J der DV ab dem 1. August 2007 als Leiter der mechanischen Werkstatt zu den bei der DV geltenden tariflichen Bestimmungen. Mit Hausmitteilung vom 26. Juli 2007 widersprach der Betriebsrat der Einstellung. Er machte ua. geltend, nicht ordnungsgemäß von der beabsichtigten Einstellung unterrichtet worden zu sein; außerdem verstoße die Einstellung des Leiharbeitnehmers J gegen § 81 Abs. 1 SGB IX, da die Arbeitgeberin nicht geprüft habe, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden könne. Mit Schreiben vom 30. Juli 2007 unterrichtete die vormalige Antragstellerin den Betriebsrat darüber, dass die vorläufige Einstellung des Herrn J zum 1. August 2007 dringend erforderlich sei. Dies bestritt der Betriebsrat mit der Hausmitteilung vom 1. August 2007.
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Mit ihrem am 2. August 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die vormalige Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J und die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der personellen Maßnahme begehrt.
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Die vormalige Antragstellerin hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - beantragt,
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die vom Betriebsrat mit Hausmitteilung vom 26. Juli 2007 verweigerte Zustimmung zur Einstellung von Herrn J zu ersetzen.
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Der Betriebsrat hat die Abweisung des Antrags beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats, mit der er weiterhin die Abweisung des Antrags begehrt.
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Nach Abschluss des ersten Rechtszugs wurde die vormalige Antragstellerin umbenannt in Z GmbH & Co. KG. Sie übertrug die von ihr betriebene Druckerei zum 1. März 2008 auf die neu gegründete D GmbH & Co. KG, die das Landesarbeitsgericht am vorliegenden Verfahren beteiligt hat. Der für den vormals einheitlichen Betrieb gebildete Betriebsrat trat am 6. Mai 2008 von seinem Amt zurück und bestellte einen Wahlvorstand, der die Neuwahl eines Betriebsrats für einen gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen beschloss. Die Wahl fand am 27./28. August 2008 statt. Der neu gewählte Betriebsrat führte das vorliegende Beschlussverfahren an Stelle des bisherigen Betriebsrats fort. Nachdem in einem weiteren Beschlussverfahren vom Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt worden war, dass die Z GmbH & Co. KG und die D GmbH & Co. KG keinen gemeinsamen Betrieb führen und im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens für die Betriebe beider Unternehmen am 27. und 28. April 2010 getrennte Betriebsräte gewählt worden waren, hat der im Betrieb der D GmbH & Co. KG gewählte Betriebsrat das vorliegende Verfahren als Rechtsbeschwerdeführer weitergeführt. Die Arbeitgeberinnen haben erklärt, dass die D GmbH & Co. KG nunmehr Antragstellerin sei.
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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von J zu ersetzen, zu Unrecht stattgegeben. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J zu Recht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert, da die Arbeitgeberin gegen ihre Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX verstoßen hat.
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I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts das Amt des bisher am Verfahren beteiligten, für einen gemeinsamen Betrieb der Z GmbH & Co. KG und der D GmbH & Co. KG gewählten Betriebsrats aufgrund der am 27. und 28. April 2010 erfolgten Wahl zweier getrennter Betriebsräte für die Betriebe beider Unternehmen geendet hat. An die Stelle des bisherigen, für einen Gemeinschaftsbetrieb gewählten Betriebsrats ist hinsichtlich des vorliegenden Beschlussverfahrens der für die D GmbH & Co. KG gewählte Betriebsrat getreten.
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1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG richtet sich die Beteiligung an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach materiellem Recht, ohne dass es einer darauf gerichteten Handlung der Person oder Stelle oder des Gerichts bedarf(BAG 9. Dezember 2008 - 1 ABR 75/07 - Rn. 13, BAGE 128, 358). Für das Prozessrechtsverhältnis ist entscheidend, wer materiell-rechtlich berechtigt oder verpflichtet ist. Geht im Laufe eines Beschlussverfahrens die Zuständigkeit zur Wahrnehmung des im Verfahren umstrittenen Mitbestimmungsrechts auf ein anderes betriebsverfassungsrechtliches Gremium über, wird dieses Beteiligter des anhängigen Beschlussverfahrens (BAG 25. September 1996 - 1 ABR 25/96 - zu B I und II 1 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 2; 18. Oktober 1988 - 1 ABR 31/87 - zu B I 2 a und b der Gründe, BAGE 60, 48). Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines Betriebsrats, wird nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge (BAG 27. Januar 1981 - 6 ABR 68/79 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 35, 1; 25. April 1978 - 6 ABR 9/75 - zu II 3 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 15) und dem Grundgedanken der Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretungen (BAG 24. Oktober 2001 - 7 ABR 20/00 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 99, 208; 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - zu B IV 2 a bb der Gründe, BAGE 95, 15; 23. November 1988 - 7 AZR 121/88 - zu I 2 b aa der Gründe, BAGE 60, 191) der neu gewählte Betriebsrat Funktionsnachfolger seines Vorgängers und tritt in dessen Beteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein.
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2. Hiernach ist der bei der D GmbH & Co. KG neu gewählte Betriebsrat Funktionsnachfolger des bisher am Verfahren beteiligten, für einen Gemeinschaftsbetrieb der Z GmbH & Co. KG und der D GmbH & Co. KG gewählten Betriebsrats geworden und in dessen Rechtsposition als Rechtsbeschwerdeführer eingetreten. Der für einen Gemeinschaftsbetrieb gewählte Betriebsrat ist infolge der Neuwahl zweier getrennter Betriebsräte nicht mehr im Amt. Er ist daher am vorliegenden Verfahren nicht mehr beteiligt. An dessen Stelle ist der bei der D GmbH & Co. KG gewählte Betriebsrat getreten. Auf ihn ist die Zuständigkeit zur Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts bei der Einstellung des Leiharbeitnehmers J nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG übergegangen, da dieser in dem Betrieb der D GmbH & Co. KG beschäftigt werden soll.
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II. Neben dem Betriebsrat der D GmbH & Co. KG ist am vorliegenden Verfahren die D GmbH & Co. KG als Antragstellerin beteiligt. Die Z GmbH & Co. KG und der bei ihr neu gewählte Betriebsrat sind nicht Beteiligte des Verfahrens.
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1. Die D GmbH & Co. KG ist aufgrund des nach der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens unstreitig erfolgten Übergangs des Betriebsteils Druckerei iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf sie betriebsverfassungsrechtlich in die Rechtsstellung der vormaligen Antragstellerin, der Z GmbH & Co. KG, eingetreten.
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a) Die Folgen eines Betriebs(teil-)übergangs während eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens auf die Rechtsstellung der am Verfahren Beteiligten sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Da sich die Beteiligung gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG nach materiellem Recht richtet, ist es für die prozessuale Rechtsposition entscheidend, wer materiell-rechtlich beteiligt oder verpflichtet ist. Geht es um Rechte oder Pflichten des „Arbeitgebers“, ist dies sowohl iSv. § 83 Abs. 3 ArbGG als auch im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes der Inhaber des Betriebs. Berührt der Verfahrensgegenstand dessen betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition - sei es als Verpflichteter oder als Rechtsinhaber - und geht der Betrieb oder Betriebsteil im Laufe des Beschlussverfahrens auf einen Erwerber über, nimmt dieser als neuer Inhaber des Betriebs oder des von dem Beschlussverfahren betroffenen Betriebsteils auch ohne entsprechende Prozesserklärungen der Verfahrensbeteiligten automatisch die verfahrensrechtliche Stellung des bisherigen Betriebsinhabers und Arbeitgebers ein (vgl. zum Betriebsübergang BAG 9. Dezember 2008 - 1 ABR 75/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 385).
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b) Hiernach ist die D GmbH & Co. KG Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens geworden. Gegenstand des Beschlussverfahrens ist die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J in den Betrieb der Druckerei. Der Verfahrensgegenstand betrifft daher die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung des Inhabers der Druckerei als Arbeitgeber. Dies ist seit dem Betriebsteilübergang die D GmbH & Co. KG. Sie ist daher in die Rechtsposition der Z GmbH & Co. KG als Antragstellerin eingetreten.
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2. Weitere Personen oder Stellen sind am vorliegenden Beschlussverfahren nicht (mehr) beteiligt. Die B Z GmbH & Co. KG und der bei ihr bestehende Betriebsrat sind von der im vorliegenden Verfahren zu erwartenden Entscheidung nicht in einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition unmittelbar betroffen, da der Leiharbeitnehmer J nicht in ihrem Betrieb, sondern ausschließlich im Betrieb der D GmbH & Co. KG beschäftigt werden soll.
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III. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J zu ersetzen, zu Unrecht stattgegeben. Der Antrag ist zwar zulässig. Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J zu Recht verweigert, da die Arbeitgeberin ihre Verpflichtungen aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX verletzt hat. Dies begründet ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
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1. Der Antrag ist zulässig. Die Arbeitgeberin hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J. Diese gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat der Einstellung form- und fristgerecht unter Berufung auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG widersprochen.
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a) Nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers innerhalb einer Woche nach der Unterrichtung durch den Arbeitgeber unter Angabe von Gründen schriftlich mitzuteilen. Geht dem Arbeitgeber innerhalb der Frist keine ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung zu, gilt die Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.
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b) Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Einstellung des Leiharbeitnehmers J form- und fristgerecht widersprochen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar offengelassen, ob die Zustimmungsverweigerung innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erklärt wurde. Der Senat kann hierüber jedoch selbst entscheiden, da die dazu erforderlichen Tatsachen festgestellt und unstreitig sind. Der Betriebsrat hat sowohl mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2007 als auch in der Rechtsbeschwerdebegründung vorgetragen, die Hausmitteilung der Arbeitgeberin vom 18. Juli 2007, mit der diese die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J beantragt hatte, am 19. Juli 2007 erhalten zu haben. Dieses Vorbringen hat die Arbeitgeberin nicht bestritten, so dass als Zugangsdatum der 19. Juli 2007 zugrunde zu legen ist. Damit war die Zustimmungsverweigerung vom 26. Juli 2007 rechtzeitig. Sie genügte auch im Übrigen den Anforderungen des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, da sie schriftlich erfolgte und ausreichend Zustimmungsverweigerungsgründe iSv. § 99 Abs. 2 BetrVG bezeichnet.
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2. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers J zu Recht verweigert, da die Arbeitgeberin gegen ihre Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX verstoßen hat. Die Arbeitgeberin hat vor der Einstellung des Leiharbeitnehmers J nicht geprüft, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Dies begründet ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
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a) Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer vom Arbeitgeber beabsichtigten personellen Einzelmaßnahme verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstoßen würde. Nach ständiger Rechtsprechung gilt dies nur, wenn die Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt (vgl. etwa BAG 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - zu B II 4 b bb (3) (a) der Gründe mwN, BAGE 113, 218). Dazu muss es sich nicht um ein Verbotsgesetz im technischen Sinne handeln, das unmittelbar die Unwirksamkeit der Maßnahme herbeiführt. Es muss nur hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Zweck der betreffenden Norm darin besteht, die personelle Maßnahme selbst zu verhindern (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 20 mwN, BAGE 127, 51).
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b) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX begründet bei Einstellungen ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG(BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 24, 25 mwN, BAGE 127, 51).
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aa) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind die Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit solchen, die bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet sind, besetzt werden können. Zweck der Prüfungspflicht ist es, die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu fördern (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 20 mwN, BAGE 127, 51). Die Prüfungspflicht wird konkretisiert durch die in § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX normierte Verpflichtung des Arbeitgebers, frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen. Dadurch wird der Agentur für Arbeit oder einem Integrationsfachdienst die Möglichkeit eröffnet, dem Arbeitgeber geeignete schwerbehinderte Menschen vorzuschlagen. Ein Arbeitgeber verstößt gegen seine Pflichten, wenn er auf einen freien Arbeitsplatz einen nicht schwerbehinderten Menschen einstellt, ohne geprüft zu haben, ob der Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden könnte (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 20 mwN, aaO).
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bb) Die Einstellung des nicht schwerbehinderten Menschen verstößt in diesem Fall gegen ein Gesetz iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG(BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 24, BAGE 127, 51; vgl. zu der § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX entsprechenden Bestimmung des § 14 Abs. 1 Satz 1 SchwbG: BAG 14. November 1989 - 1 ABR 88/88 - zu 2 der Gründe, BAGE 63, 226). Sie verstößt zwar als solche nicht gegen ein Beschäftigungsverbot. Der nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX verfolgte Zweck kann aber nur dadurch erreicht werden, dass die endgültige Einstellung des nicht schwerbehinderten Menschen jedenfalls zunächst unterbleibt. Durch die Einstellung eines nicht schwerbehinderten Menschen verwirklichen sich für die Gruppe der schwerbehinderten Menschen in typischer Weise die mit ihrer Schwerbehinderung verbundenen erhöhten Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche, die durch die in § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX normierte Prüf- und Konsultationspflicht gemindert werden sollen. Die Einstellung eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers stellt sich als potentielle Benachteiligung der Gruppe arbeitsloser schwerbehinderter Menschen dar und kann damit das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 1 AGG verletzen. Die Nichteinschaltung der Agentur für Arbeit ist geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung zu begründen (vgl. zu § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF: BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262). Zudem wird dem Arbeitsmarkt durch die Einstellung des nicht schwerbehinderten Menschen ein zur Verfügung stehender Arbeitsplatz zu Lasten der Gruppe der schwerbehinderten Menschen „entzogen“, deren Beschäftigungsinteressen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX dienen(BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 25 mwN, aaO).
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c) Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, einen freien Arbeitsplatz nicht mit einem eigenen Vertragsarbeitnehmer, sondern mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen.
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aa) Auch in diesem Fall besteht die Prüfungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX(ebenso zB: Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 4; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 73 Rn. 23; aA zB: Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 14 Rn. 196; Edenfeld NZA 2006, 126 ff.). Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Die Vorschrift enthält insoweit keine Einschränkung. Voraussetzung für die Prüfpflicht des Arbeitgebers ist allein die beabsichtigte Besetzung eines freien Arbeitsplatzes. Darum handelt es sich auch, wenn ein frei werdender oder neu geschaffener Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll. Diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck der in § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX normierten Prüf- und Konsultationspflicht. Deren Befolgung durch den Arbeitgeber soll es noch nicht im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten Menschen ermöglichen, sich um freie Arbeitsplätze zu bewerben und dadurch ihre Einstellungschancen zu verbessern. Das ist auch dann nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, einen freien Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen. Der Leiharbeitnehmer wird zwar im Regelfall von dem Verleiher dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, ohne dass dieser selbst eine Auswahlentscheidung trifft oder an einer solchen beteiligt wird. Es ist jedoch möglich, dass der Arbeitgeber nach einer § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX entsprechenden Prüfung von der zunächst beabsichtigten Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer Abstand nimmt und stattdessen einen geeigneten schwerbehinderten Bewerber selbst einstellt.
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bb) Eine Verletzung der nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX bestehenden Prüf- und Konsultationspflicht durch den Arbeitgeber berechtigt den Betriebsrat auch bei der Einstellung eines Leiharbeitnehmers zur Verweigerung der Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Dem steht nicht entgegen, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX bei Versetzungen ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht begründet(BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 24 ff., BAGE 127, 51). Durch die Versetzung eines bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers auf einen frei gewordenen oder neu geschaffenen Arbeitsplatz verwirklichen sich für arbeitslose schwerbehinderte Menschen nicht die mit der Schwerbehinderung verbundenen erhöhten Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Die schwerbehinderten Menschen konkurrieren nicht mit anderen, nicht schwerbehinderten externen Bewerbern, sondern sind wie diese zu Gunsten schon im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer von der Stellenbesetzung von vornherein ausgeschlossen. Außerdem wird durch die Versetzung eines bereits beschäftigten, nicht schwerbehinderten Menschen dem Arbeitsmarkt kein zur Verfügung stehender Arbeitsplatz zu Lasten der Gruppe der schwerbehinderten Menschen „entzogen“ (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 26, aaO). Demgegenüber wird bei der Einstellung eines Leiharbeitnehmers der frei gewordene oder neu geschaffene Arbeitsplatz mit einem externen, bislang noch nicht im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer besetzt. Der Arbeitgeber trifft zwar bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer in der Regel keine Auswahlentscheidung, da der Leiharbeitnehmer vom Verleiher ausgewählt und dem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung überlassen wird. Gleichwohl vollzieht sich die Besetzung des freien Arbeitsplatzes - anders als bei einer Versetzung - nicht ausschließlich betriebsintern. Vielmehr wird dem Arbeitsmarkt ein an sich zur Verfügung stehender Arbeitsplatz zu Lasten der Gruppe der schwerbehinderten Menschen „entzogen“, ohne dass diese zuvor die Gelegenheit erhalten haben, sich um den mit einem Externen zu besetzenden Arbeitsplatz zu bewerben. Dies widerspricht dem Zweck des § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX. Die Einstellung eines Leiharbeitnehmers hat daher zu unterbleiben, solange der Arbeitgeber seiner Prüf- und Konsultationspflicht aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX nicht nachgekommen ist.
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Linsenmaier
Gräfl
Kiel
Für den durch Ablauf
der Amtszeit an der
Unterschrift gehinderten
ehrenamtlichen Richter
Hansen
LinsenmaierG. Güner
Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
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die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.
(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Niemand darf die Wahl des Betriebsrats behindern. Insbesondere darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden.
(2) Niemand darf die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen.
(3) Die Kosten der Wahl trägt der Arbeitgeber. Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Ausübung des Wahlrechts, zur Betätigung im Wahlvorstand oder zur Tätigkeit als Vermittler (§ 18a) erforderlich ist, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts.
(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.
(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.
(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.
(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.
(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.