Amtsgericht München Endurteil, 28. Apr. 2016 - 213 C 31693/15

published on 28/04/2016 00:00
Amtsgericht München Endurteil, 28. Apr. 2016 - 213 C 31693/15
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 1.200,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Zahlung rückständiger Einlagen für eine Beteiligung des Beklagten an der Klägerin.

Der Beklagte schloss am 22.08.2007 mit der Fa. C. (Treuhandkommanditistin) einen Treuhandvertrag über eine Beteiligung als Treugeber an der Klägerin für die Dauer von 20 Jahren. Die Gesamtbeteiligung sollte einschl. Agio 29.680,00 € betragen; hiervon leistete der Beklagte bei Abschluss der Beteiligung eine Einmalzahlung in Höhe von 4.000,00 €, der Rest sollte in monatlichen Raten zu je 100,00 € geleistet werden, die der Beklagte jedoch in der Folge nicht zahlte. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertragswerks wird auf die Anlage K1 verweisen.

Im Gesellschaftsvertrag (auszugsweise Anlage K3) ist geregelt, dass die Gesellschaft Verzugszinsen in Höhe von jährlich 1% verlangen kann, soweit ein Gesellschafter seine Einzahlungen nicht fristgerecht leistet. Gem. § 6 Nr. 8 des Gesellschaftsvertrages hat die Treuhandkommanditistin u. a. gegenwärtige und künftige Ansprüche wegen der Erbringung der Einlagen gegen Treugeber an die Klägerin abgetreten.

Die Klägerin fordert nunmehr - im Urkundenprozess klagend - die rückständigen Raten für das Jahr 2012 ein und beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 1% pro Monat aus 100,00 € seit dem 01.01.2012 und aus je Monate weiteren 100,00 € seit dem jeweiligen Monatsersten bis einschl. 01.12.20012 zu bezahlen.

Der in D. wohnhafte Beklagte ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07.04.2016 nicht erschienen, nachdem er zuvor die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts München gerügt und Verweisung an das Amtsgericht D. beantragt hatte. Die Klägerin hat im Termin Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten gestellt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, Protokolle und sonstige Unterlagen des Verfahrens Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist mangels örtlicher Zuständigkeit des Amtsgerichts München unzulässig. Der Beklagte hat seinen allgemeinen Gerichtsstand gem. §§ 12, 13 ZPO in D. inne. Die Klägerin hat trotz Hinweises des Gerichts auf die fehlende örtliche Zuständigkeit keinen Verweisungsantrag gestellt, so dass trotz Säumnis des Klägers die Klage abzuweisen war; das Amtsgericht München ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt örtlich zuständig.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die örtliche Zuständigkeit nicht aus (der direkten Anwendung des) § 22 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht, bei der u. a. Gesellschaften ihren Sitz haben, für Klagen zuständig, die von der Gesellschaft gegen „Mitglieder als solche“ erhoben werden.

Der Beklagte ist jedoch kein Mitglied der Klägerin. Er ist Treugeber und somit nicht (unmittelbar) an der Gesellschaft beteiligt. Er ist deshalb auch nicht Gesellschafter; dies ist im vorliegenden Fall vielmehr ausschließlich die Treuhandkommanditistin.

Eine andere Würdigung ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Kammergerichts vom 29.05.2008 (Az. 2 AR 25/08). Das Kammergericht geht davon aus, dass die dortigen Beklagten - aus welchem Grund auch immer - Gesellschafter sind. Sollte dem dort entschiedenen Fall - wie die Klägerin vorträgt - tatsächlich eine vergleichbare Konstellation zugrunde gelegen haben, ist diese Einordnung nicht nachvollziehbar. Ein Treugeber-Kommanditist ist gesellschaftsrechtlich nicht an der Gesellschaft beteiligt. Seine Rechtsbeziehung besteht allein zum Treuhänder. Er hat seine Mitgliedschaft voll auf diesen übertragen (Gieseke, DB 1984, 970 m. w. N.). Allenfalls könnte aufgrund der gesellschafterähnlichen Stellung eine analoge Anwendung des § 22 ZPO in Betracht kommen, auch dazu findet sich in der Entscheidung jedoch keine tragfähige Begründung.

Im Übrigen besteht vorliegend die Besonderheit, dass die Klägerin abgetretene Zahlungsansprüche der Treuhandkommanditistin aus dem Treuhandvertrag geltend macht. Dies ist jedenfalls keine Forderung gegen Mitglieder „als solche“ i. S. d. § 22 ZPO, da kein Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft an sich betroffen ist. Die Zahlungsverpflichtung ist ausschließlich und abschließend im Treuhandvertrag geregelt. Der Gesellschaftsvertrag - sollte er überhaupt unmittelbare Geltung zwischen den Parteien erlangt haben - regelt allenfalls Sekundärverpflichtungen wie eine Verzinsungspflicht. § 22 ZPO regelt die Konzentration der Rechtsstreitigkeiten, die die inneren Rechtsbeziehungen der Personenvereinigung betreffen (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl, 2016, § 22, Rn. 1). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil nur ein schuldrechtlicher Anspruch aus einer treuhänderischen mittelbaren Beteiligung geltend gemacht wird (AG München, Urteil vom 08.04.2016, Az. 251 C 31730/15 m. w. N.).

2. Ebenso scheidet eine analoge Anwendung des § 22 ZPO aus.

Zwar ist anerkannt, dass in bestimmten Konstellationen eine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht kommt. Eine Analogie ist jedoch nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich also aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Urteil vom 04. Dezember 2014 - III ZR 61/14 -, Rn. 9, juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die insoweit darlegungspflichtige Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass die hier geltend gemachten Ansprüche „die inneren Rechtsbeziehungen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter“ beträfen. Dies wäre - wie oben ausgeführt - allenfalls dann zutreffend, wenn die Klägerin ihre Treuhandkommanditistin in Anspruch nähme. Auch durch eine innergesellschaftliche Gleichstellung der Treugeber mit Gesellschaftern ergibt sich nichts anderes: Letztenendes bleibt es dabei, dass die Klägerin einen fremden Anspruch geltend macht. Weshalb in einem solchen Fall eine planwidrige Regelungslücke und ein dem originären Anwendungsfall des § 22 ZPO vergleichbarer Sachverhalt vorliegen soll, erschließt sich nicht. Letztlich wird in materieller Hinsicht die Zahlungspflicht des Beklagten zuvorderst anhand der Regelungen des Treuhandvertrags zu prüfen sein. Weshalb diesbezüglich eine Konzentration der Zuständigkeiten am Sitz der Klägerin erforderlich sein sollte, ist nicht ersichtlich. Auch die Zedentin hätte ihre Forderung am allgemeinen Gerichtsstand geltend machen müssen, es gibt keinen Grund, dass sich hieran allein durch die Abtretung an die Klägerin etwas ändern sollte.

3. Letztlich kommt auch eine Zuständigkeitsbegründung gem. § 29 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht, ein (gemeinsamer) Erfüllungsort für die Zahlungsverpflichtung aus dem Treuhandvertrag am Sitz der Treuhänderin oder gar der Klägerin ist nicht begründet.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708, 711 ZPO.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 S. 1 GKG.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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published on 04/12/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 61/14 Verkündet am: 4. Dezember 2014 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BJagdG § 32 Ab
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Annotations

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Das Gericht, bei dem Gemeinden, Korporationen, Gesellschaften, Genossenschaften oder andere Vereine den allgemeinen Gerichtsstand haben, ist für die Klagen zuständig, die von ihnen oder von dem Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche oder von den Mitgliedern in dieser Eigenschaft gegeneinander erhoben werden.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.