Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 19. März 2013 - 340 IN 967/12

ECLI:ECLI:DE:AGMAGDE:2013:0319.340IN967.12.0A
bei uns veröffentlicht am19.03.2013

Tenor

1. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird unter Aufhebung aller vorläufigen Sicherungsmaßnahmen - mangels Masse - abgewiesen.

2. Die Anträge auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

4. Der Gegenstandswert wird auf 300,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Abweisung des Eröffnungsantrags vom 26.11.2012 beruht auf § 26 Abs. 1 InsO.

2

Die durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, dass zwar der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung vorliegt. Der Antragsteller hat Schulden in Höhe von mindestens 376.100,00 €. Er hat aber kein ausreichend liquides Vermögen, um auch nur die Verfahrenskosten zu decken.

3

Dies ergibt sich aus den Ermittlungen des Insolvenzgerichts, insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 28. Februar 2013. Das Gericht schließt sich nach alledem den Feststellungen des Gutachtens, denen kein Beteiligter widersprochen hat, in eigener kritischer Würdigung an.

4

Ein Massekostenvorschuss wurde nicht gezahlt.

5

Die Anträge auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten mussten zurückgewiesen werden, weil der Antragsteller insoweit seinen Auskunftspflichten nicht nachgekommen ist (§§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, 4a Abs. 1 Satz 3 InsO).

6

Im Gläubigerverzeichnis vom 20. Dezember 2012 hat der Schuldner keinerlei Unterhaltsverbindlichkeiten angegeben. Eine nachträgliche Korrektur dieser Pflichtverletzung ist auch nicht erfolgt.

7

Das Gutachten des Sachverständigen vom 28. Februar 2013 hat aufgedeckt, dass gegen den Schuldner Unterhaltsschulden in Höhe von 129.300 Euro bestehen.

8

Das Gericht hat dem Schuldner unter Hinweis auf eine beabsichtigte Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Verfahrenskostenstundung die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu nehmen. Unter dem 09. März 2013 hat sich der Schuldner geäußert. Mit Schreiben vom 18. März 2013 hat auch der Sachverständige Stellung genommen.

9

Ein objektiver Verstoß gegen die Auskunftspflicht aus § 20 Abs. 1 InsO liegt unzweifelhaft vor. Objektiv ist damit der Versagungstatbestand aus § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt. Eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger setzt der Versagungstatbestand nicht voraus. Es genügt, dass die Verletzung der Auskunftspflicht nach ihrer Art geeignet ist, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden. Das ist hier der Fall.

10

Nach Bewertung des Gerichts liegt aber auch ein subjektiver Pflichtverstoß des Schuldners vor. Das Gericht sieht im Unterlassen des Schuldners eine grob fahrlässige Pflichtverletzung. Grob fahrlässig ist eine Pflichtverletzung nach objektivem Sorgfaltsmaßstab dann, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem besonders schweren Maße außer Acht gelassen worden ist (vgl. § 276 BGB und die dazu ergangene Kommentierung, z.B. Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 276, Rn. 14). Das ist hier der Fall.

11

Der Schuldner hat im Schreiben vom 09. März 2013 angegeben, der Auffassung gewesen zu sein, dass Unterhaltsverbindlichkeiten im Eröffnungsantrag nicht anzugeben gewesen seien. Diese Ansicht findet weder im Gesetz noch in den auszufüllenden Formularen eine hinreichende Stütze. Auch wenn Unterhaltsverbindlichkeiten nicht ausdrücklich als Verbindlichkeiten, die angegeben werden müssen, in den Formularen zum Eröffnungsantrag erwähnt werden, kann sich für einen Schuldner die Notwendigkeit zur Angabe dieser Art der Verbindlichkeit aus den näheren Umständen ergeben oder regelrecht aufdrängen. Das vom Schuldner ausgefüllte Ergänzungsblatt 4 J zum Vermögensverzeichnis verpflichtet Schuldner, regelmäßig wiederkehrende Verpflichtungen, insbesondere Unterhaltsleistungen an Angehörige, anzugeben. Im Umkehrschluss hätte der Schuldner nach laienhaftem Verständnis annehmen können, dass Unterhaltsverbindlichkeiten eine ebenfalls erhebliche Rolle zukommen könnte, so dass sie im Eröffnungsantrag anzugeben sind. Das Formular zum Gläubigerverzeichnis enthält darüber hinaus keine Beschränkung auf bestimmte Arten von Verbindlichkeiten. Es ist bewusst weit formuliert und spricht lediglich allgemein von „Gläubigern“, schon um sicherzustellen, dass ein Schuldner nicht differenzieren muss und bestimmte Gläubiger angibt und andere nicht. Nach laienhaftem Verständnis zählen zu den Gläubigern auch Unterhaltsgläubiger. Der Schuldner hätte deshalb annehmen können, dass Unterhaltsgläubiger anzugeben sind.

12

Das ursprüngliche Fehlverhalten des Schuldners wird nicht dadurch behoben, dass er durch Mitwirkung gegenüber dem Sachverständigen zur Berücksichtigung von Unterhaltsverbindlichkeiten im Sachverständigengutachten beigetragen hat.

13

Es ist zwar anerkannt, dass ein Schuldner seine Auskunft nachträglich ergänzen und korrigieren kann. Ein solcher Fall lag dem Bundesgerichtshof in dem mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 (Az. IX ZB 63/09 - zitiert nach juris) entschiedenen Verfahren zugrunde. In bestimmten Situationen kann die Korrektur sogar dazu führen, dass die Versagung von Restschuldbefreiung unverhältnismäßig sein kann.

14

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Versagung von Restschuldbefreiung unverhältnismäßig sein könne, wenn ein Schuldner im Regelinsolvenzverfahren von sich aus eine gebotene, aber zunächst von ihm unterlassene Auskunftserteilung nachholt, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt wird. Seine Obliegenheitsverletzung beeinträchtige letztlich Gläubigerinteressen nicht (BGH, a.a.O., Rn. 6).

15

Das Gericht schließt sich dieser grundsätzlichen Auffassung zum Korrektiv der Wesentlichkeit oder Unverhältnismäßigkeit ausdrücklich an.

16

Gleichwohl hat der Schuldner eine Korrektur „von sich aus“ in dem vorliegenden Fall nicht vorgenommen.

17

Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs und - soweit ersichtlich - keine andere Entscheidung besagt etwas darüber, auf welche Weise der Schuldner eine Auskunftserteilung „von sich aus“ nachholt. Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs verhält sich hierzu gar nicht, beinhaltet auch keine Vorgaben für eine tatrichterliche Prüfung. Der Bundesgerichtshof hat der Vorinstanz vielmehr aufgegeben, ggf. auch Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) und zu der Behauptung des Schuldners zu treffen, dieser habe auch insoweit sein ursprüngliches Versäumnis rechtzeitig korrigiert.

18

Das Gericht ist der Ansicht, dass es der Schuldner grundsätzlich nicht dabei belassen kann, lediglich dem vom Gericht eingesetzten Sachverständigen zuzuarbeiten und diesem jene Informationen und Unterlagen zukommen zu lassen, die seine ursprünglichen Angaben im Eröffnungsantrag nachträglich objektiv klarstellen oder korrigieren. Ein Schuldners ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Diese Auskunftspflicht besteht gegenüber dem Insolvenzgericht (§ 20 Abs. 1 InsO). Sie kann gegenüber dem Sachverständigen bestehen, wenn sie diesem als gerichtlichen Gehilfen übertragen ist. Eine derartige Übertragung, die außerdem mit einer Entpflichtung des Schuldners gegenüber dem Insolvenzgericht einhergeht, ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Aus dem Beschluss zur Bestellung eines Sachverständigen vom 02. Januar 2013 ergibt sich vielmehr, dass der Schuldner dem Sachverständigen „alle zur Erfüllung seines Auftrags erforderliche Auskünfte“ zu erteilen habe. Soweit eine tatsächliche Mitteilung eine nachträgliche Korrektur der ursprünglich falsch erteilten Auskunft im Eröffnungsantrag bewirken soll, bleibt Adressat dieser Mitteilung aber nach wie vor das Gericht. Soweit - wie hier - erhebliche Verbindlichkeiten und damit wesentliche Korrekturen des Eröffnungsantrags im Raum stehen, fungiert der Sachverständige nicht als Empfangsvertreter des Gerichts mit der Folge, dass das Gericht nicht mehr eigenständig zu unterrichten wäre.

19

Eine Mitteilung des Schuldners, mit welcher er seine ursprüngliche Auskunft nachträglich korrigiert hat, ist nicht erfolgt. Auf die Mitteilung im Schreiben vom 09. März 2013 kommt es nicht an. Diese Mitteilung erfolgte schon nicht „von sich aus“, sondern nur nach Veranlassung des Gerichts, nachdem das Gericht von den bestehenden Unterhaltsverbindlichkeiten Kenntnis erlangt hatte. Eine rechtzeitige und unaufgeforderte Mitteilung wäre dem Schuldner aber bis zum Vorliegen des Sachverständigengutachtens ohne weiteres möglich gewesen. Die maßgebliche Erörterung zwischen Sachverständigen und Schuldner erfolgte bereits am 10. Januar 2013. Erst unter dem 28. Februar 2013 wurde das Sachverständigengutachten dem Insolvenzgericht übersandt. In dem Zeitraum hätte sich der Schuldner formlos an das Gericht wenden und das Bestehen von Unterhaltsverbindlichkeiten, wenigstens „dem Grunde nach“ oder in „noch nicht abschließend bekannter Höhe“, mitteilen können, um so seine Auskunftspflicht zu erfüllen. Die Mitteilung wäre vor allem deshalb zu erwarten gewesen, weil die Unterhaltsverbindlichkeiten des Schuldners nicht nur einen unwesentlichen Teil seiner Außenstände einnehmen. Bei zunächst verschwiegenen Kleinbeträgen, die die Gesamtverschuldung kaum berühren, mag es unverhältnismäßig sein, Restschuldbefreiung von vornherein zu versagen. Anders verhält es sich aber im vorliegenden Fall. Die Gesamtverschuldung des Schuldners ist mit 376.100,00 Euro ermittelt. Die festgestellten Unterhaltsschulden in Höhe von 129.300 Euro haben an der Gesamtverschuldung des Schuldners einen beträchtlichen Anteil in Höhe von rd. 34,4 Prozent. Bei einer solchen Quote hat es sich von selbst aufgedrängt, das Gericht zu unterrichten.

20

Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21, 22 InsO sind damit nicht mehr erforderlich.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 91 Abs. 1 ZPO.

22

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 58 Abs. 1, 2, 63 Abs. 2 GKG.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 19. März 2013 - 340 IN 967/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 19. März 2013 - 340 IN 967/12

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 19. März 2013 - 340 IN 967/12 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Insolvenzordnung - InsO | § 4 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung


Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen

Insolvenzordnung - InsO | § 21 Anordnung vorläufiger Maßnahmen


(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme

Insolvenzordnung - InsO | § 290 Versagung der Restschuldbefreiung


(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolv

Insolvenzordnung - InsO | § 22 Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters


(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem

Insolvenzordnung - InsO | § 26 Abweisung mangels Masse


(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geld

Insolvenzordnung - InsO | § 20 Auskunfts- und Mitwirkungspflicht im Eröffnungsverfahren. Hinweis auf Restschuldbefreiung


(1) Ist der Antrag zulässig, so hat der Schuldner dem Insolvenzgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 S

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 58 Insolvenzverfahren


(1) Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und für die Durchführung des Insolvenzverfahrens werden nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben. Gegenstände, die zur abgesonderten Befriedi

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 19. März 2013 - 340 IN 967/12 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 19. März 2013 - 340 IN 967/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX ZB 63/09

bei uns veröffentlicht am 16.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 63/09 vom 16. Dezember 2010 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 290 Abs. 1 Nr. 5 Im Regelinsolvenzverfahren kann die Versagung der Restschuldbefreiung wegen der V

Referenzen

(1) Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

(2) Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuß geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast.

(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat.

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

(1) Ist der Antrag zulässig, so hat der Schuldner dem Insolvenzgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

(2) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so soll er darauf hingewiesen werden, dass er nach Maßgabe der §§ 286 bis 303a Restschuldbefreiung erlangen kann.

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 63/09
vom
16. Dezember 2010
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Regelinsolvenzverfahren kann die Versagung der Restschuldbefreiung wegen der
Verletzung einer Auskunftspflicht unverhältnismäßig sein, wenn der Schuldner die
gebotene Auskunft von sich aus nachgeholt hat, bevor der Sachverhalt aufgedeckt
und ein hierauf gestützter Versagungsantrag gestellt worden ist.
BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - IX ZB 63/09 - LG Berlin
AG Berlin-Charlottenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 16. Dezember 2010

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der Zivilkammer 86 des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Schuldner beantragte am 1. November 2002 die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und Restschuldbefreiung. In dem mit seinen Anträgen vorgelegten Vermögensverzeichnis führte er eine ihm gehörende Eigentumswohnung auf Mallorca nicht auf, und im Gläubigerverzeichnis nannte er seine Mutter nicht. Mit Beschluss vom 24. Februar 2003 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren. Nach der Erklärung des Insolvenzverwalters ging bei ihm am 16. Mai 2003 ein Schreiben des Schuldners vom 14. Mai 2003 ein, in dem dieser mitteilte, seine Mutter habe im Jahr 1993 auf seinen Namen eine Wohnung auf Mallorca als Alterssitz gekauft. Am 4. Mai 2006 meldete die Mutter des Schuldners eine Darlehensforderung über rund 800.000 € gegen den Schuldner zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter gab die mit Grundpfandrechten zugunsten der Mutter des Schuldners und zugunsten einer spanischen Bank belastete Eigentumswohnung am 28. Februar 2007 aus dem Insolvenzbeschlag frei. Auf die im Schlusstermin gestellten Anträge des weiteren Beteiligten zu 1 und einer weiteren Gläubigerin hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung wegen eines Verstoßes gegen die Obliegenheit des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zunächst versagt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat es seine Entscheidung im Abhilfeverfahren aufgehoben und die Versagungsanträge zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 führte zur erneuten Versagung der Restschuldbefreiung durch das Beschwerdegericht. Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhebung dieser Entscheidung und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1.

II.


2
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§§ 7, 6, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1 bis 3, § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Sie führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
3
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Schuldner habe grob fahrlässig seine Auskunftspflicht nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verletzt, weil er in seinem Insolvenzantrag weder die in seinem Eigentum stehende Immobilie auf Mallorca noch die Verbindlichkeit gegenüber seiner Mutter über rund 800.000 € angegeben habe. Das Schreiben des Schuldners vom 14. Mai 2003 vermöge den Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht zu entkräften. Es genüge entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht, um den Versagungstatbestand zu beseitigen , weil eine - vom Gesetz ohnehin nicht vorgesehene - Heilung eines Verstoßes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht in Betracht komme. Ob das Grundstück wertausschöpfend belastet gewesen sei, sei unerheblich, weil der Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO eine tatsächliche Verschlechterung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger nicht voraussetze.
4
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
5
a) Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, der Schuldner habe grob fahrlässig eine gesetzliche Auskunftspflicht verletzt und deshalb den Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt, indem er die Eigentumswohnung auf Mallorca in dem mit seinem Eröffnungsantrag vorgelegten Vermögensverzeichnis nicht angab, ist allerdings rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger setzt dieser Versagungstatbestand nicht voraus. Es genügt, dass die Verletzung der Auskunftspflicht nach ihrer Art geeignet ist, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden (BGH, Beschl. v. 8. Januar 2009 - IX ZB 73/08, WM 2009, 515 Rn. 10). Dies war hier zweifelsfrei der Fall.
6
b) Das Beschwerdegericht hat jedoch die Prüfung versäumt, ob die Versagung der Restschuldbefreiung unverhältnismäßig ist (vgl. dazu allgemein BGH, Beschl. v. 8. Januar 2009, aaO Rn. 18). Holt der Schuldner im Regelinsolvenzverfahren von sich aus eine gebotene, aber zunächst von ihm unterlassene Auskunftserteilung nach, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt ist, beeinträchtigt seine Obliegenheitsverletzung letztlich die Gläubigerinteressen nicht. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist dann in der Regel unverhältnismäßig (BGH, Beschl. v. 20. März 2003 - IX ZB 388/02, WM 2003, 980, 982; v. 17. September 2009 - IX ZB 284/08, ZInsO 2009, 1954 Rn. 9 und 11; v. 18. Februar 2010 - IX ZB 211/09, WM 2010, 718 Rn. 6). Die Möglichkeit einer solchen "Heilung" ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht auf den Zeitraum bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschränkt. Diese Einschränkung gilt nur im Verbraucherinsolvenzverfahren, weil dort schon für das der Verfahrenseröffnung vorangehende Schuldenbereinigungsverfahren richtige und vollständige Angaben des Schuldners erforderlich sind (BGH, Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 260/03, NZI 2005, 461; v. 7. Dezember 2006 - IX ZB 11/06, ZInsO 2007, 96 Rn. 7; BayObLG NZI 2002, 392).
7
c) Das Beschwerdegericht ist zugunsten des Schuldners davon ausgegangen , dass sein Schreiben vom 14. Mai 2003, in dem er auf seine Eigentumswohnung auf Mallorca hingewiesen hat, dem Insolvenzverwalter am 16. Mai 2003, also weniger als drei Monate nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und noch vor dem ersten Bericht des Insolvenzverwalters und vor der ersten Gläubigerversammlung, zugegangen ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Eigentumswohnung als weiterer Vermögensgegenstand des Schuldners im Insolvenzverfahren noch nicht bekannt. Dann liegt es nahe, dass die Nichtangabe dieses Vermögensgegenstands in dem mit dem Eröffnungsantrag vorge- legten Verzeichnis jedenfalls für sich allein die Versagung der Restschuldbefreiung nicht rechtfertigt.
8
d) Die vom Beschwerdegericht bisher getroffenen Feststellungen erlauben es nicht, die Versagung der Restschuldbefreiung auf den Umstand zu stützen , dass der Schuldner in den mit dem Eröffnungsantrag eingereichten Unterlagen die Darlehensforderung seiner Mutter nicht angegeben hat. Insoweit liegt der objektive Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ebenfalls vor. Das Beschwerdegericht hat jedoch keine Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) und zu der Behauptung des Schuldners getroffen, er habe auch insoweit sein ursprüngliches Versäumnis rechtzeitig korrigiert.
9
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts war danach aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, da nach dem festgestellten Sachverhältnis die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Zunächst sind im Blick auf die Nichtangabe der Forderung der Mutter des Schuldners die erforderlichen Feststellungen nachzuholen. Sodann ist zu prüfen, ob die Versagung der Rest- schuldbefreiung verhältnismäßig ist, sei es allein wegen einer der beiden in Rede stehenden Pflichtverletzungen oder bei einer Gesamtbetrachtung.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp

Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 28.04.2008 - 104 IN 6019/02 -
LG Berlin, Entscheidung vom 16.02.2009 - 86 T 531/08 -

(1) Ist der Antrag zulässig, so hat der Schuldner dem Insolvenzgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

(2) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so soll er darauf hingewiesen werden, dass er nach Maßgabe der §§ 286 bis 303a Restschuldbefreiung erlangen kann.

(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Das Gericht kann insbesondere

1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten;
1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden;
2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind;
3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind;
4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten;
5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.

(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter:

1.
das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten;
2.
ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stillegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden;
3.
zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird; das Gericht kann ihn zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen.

(2) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne daß dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie dürfen nicht über die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 hinausgehen.

(3) Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und für die Durchführung des Insolvenzverfahrens werden nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben. Gegenstände, die zur abgesonderten Befriedigung dienen, werden nur in Höhe des für diese nicht erforderlichen Betrags angesetzt. Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, so ist von den bei der Fortführung erzielten Einnahmen nur der Überschuss zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben ergibt. Dies gilt auch, wenn nur Teile des Unternehmens fortgeführt werden.

(2) Ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem Gläubiger gestellt, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag nach dem Betrag seiner Forderung, wenn jedoch der Wert der Insolvenzmasse geringer ist, nach diesem Wert erhoben.

(3) Bei der Beschwerde des Schuldners oder des ausländischen Insolvenzverwalters gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse gilt Absatz 1. Bei der Beschwerde eines Gläubigers gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags gilt Absatz 2.

(4) Im Verfahren über einen Antrag nach Artikel 36 Absatz 7 Satz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 bestimmt sich der Wert nach dem Mehrbetrag, den der Gläubiger bei der Verteilung anstrebt.

(5) Im Verfahren über Anträge nach Artikel 36 Absatz 9 der Verordnung (EU) 2015/848 bestimmt sich der Wert nach dem Betrag der Forderung des Gläubigers.

(6) Im Verfahren über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102c § 26 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gegen die Entscheidung über die Kosten des Gruppen-Koordinationsverfahrens bestimmt sich der Wert nach der Höhe der Kosten.