Amtsgericht Kehl Beschluss, 26. Apr. 2016 - 3 Cs 208 Js 14124/14

bei uns veröffentlicht am26.04.2016

Tenor

1. Der Erlass des beantragten Strafbefehls wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeschuldigten mit dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zur Last, er sei am 22.07.2014 mit dem Zug von Straßburg (Frankreich) kommend über die Grenzübergangsstelle Kehl an die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wobei er, wie er gewusst habe, eine total gefälschte tschechische ID-Karte mit der Nr. 812502014 mit sich geführt habe. Dies sei strafbar als Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen gemäß § 276 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
II.
Gegen den Angeschuldigten besteht kein hinreichender Tatverdacht wegen einer strafbaren Handlung.
1. Zwar wird aller Voraussicht nach festgestellt werden können, dass der Angeschuldigte den Tatbestand des § 276 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt hat. Allerdings greift für den Angeschuldigte der persönliche Strafausschließungsgrund des Art. 31 Abs. 1 des für die Bundesrepublik Deutschland bindenden Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (BGBl. 1953 II S. 559 in der Folge: GFK), wonach die vertragschließenden Staaten keine Strafen gegen Flüchtlinge wegen unrechtmäßiger Einreise oder Aufenthalts verhängen werden, wenn die Flüchtlinge unmittelbar aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihrer Freiheit im Sinne des Art. 1 GFK bedroht waren und die ohne Erlaubnis in das Gebiet der vertragschließenden Staaten einreisen oder sich dort aufhalten, vorausgesetzt, dass sie sich unverzüglich bei den Behörden melden und Gründe darlegen, die ihre unrechtmäßige Einreise oder ihren unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertigen.
a. Dass der Angeschuldigte bei Verlassen seiner Heimat Syrien, wo bekanntlich seit Jahren ein heftiger Bürgerkrieg tobt, als „Flüchtling“ im Sinne der GFK anzusehen ist, bedarf keiner weiteren Begründung.
b. Unerheblich für die Anwendbarkeit des Art. 31 Abs. 1 GFK ist, ob der Angeschuldigte bereits nach deutschem Ausländerrecht als „Flüchtling“ anerkannt wurde oder zumindest einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2014, Az. 2 BvR 450/11, NVwZ 2015, 361).
c. Unschädlich ist darüber hinaus, dass der Angeschuldigte nicht direkt aus Syrien, sondern über die Türkei, Griechenland und Frankreich, wo ihm offenbar keinerlei Verfolgung drohte oder er um sein Leben oder seine Gesundheit fürchten musste, nach Deutschland reiste.
(1.) Ein Flüchtling verliert seinen Schutz durch Art. 31 Abs. 1 GFK grundsätzlich nicht schon dann, wenn er einen oder mehrere Drittstaaten als „Durchgangsland“ nutzt und sich der Aufenthalt in diesem nicht schuldhaft verzögert. Das Tatbestandsmerkmal der „Unmittelbarkeit“ des Art. 31 Abs. 1 GFK will lediglich verhindern, dass Flüchtlinge, die sich bereits in einem anderen Staat niedergelassen haben, unter Berufung auf die Konvention ungehindert weiterreisen können (vgl. die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2014, a.a.O.; OLG Stuttgart, Urteil vom 02.03.2010, Az. 4 Ss 1558/09, veröffentlicht bei juris.de.; AG Frankfurt, Urteil vom 17.06.2015, Az. 975 Cs 858 Js 53066/14, StV 2015, 706). So liegt der Fall hier.
(2.) Der Angeschuldigte ist ausgehend von seiner Einlassung, die mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln nicht zu widerlegen ist, von Syrien über die Türkei nach Griechenland gereist, wo er der Polizei erklärte, dass er nicht in Griechenland bleiben wolle. Daraufhin ist er von der griechischen Polizei angewiesen worden, das Land binnen sechs Monaten zu verlassen. Zwei Monate später ist er dann nach Frankreich geflogen, nachdem er sich selbst den tschechischen Personalausweis hergestellt habe. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass er sich weder in der Türkei noch in Griechenland oder Frankreich niedergelassen und keines dieser Länder das Ziel seiner Flucht waren.
d. Neben dem eigentlichen Einreisedelikt nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, welches nach § 95 Abs. 5 AufenthG im Falle der Anwendbarkeit des Art. 31 Abs. 1 GFK straffrei ist, erfasst der persönliche Strafausschließungsgrund des Art. 31 Abs. 1 GFK im vorliegenden Fall auch das Einführen des gefälschten tschechischen Personalausweises als sogenanntes Begleitdelikt.
10 
(1.) Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Begleitdelikte in den Schutzbereich des Art. 31 Abs. 1 GFK einbezogen sind, ist in der deutschen Rechtsprechung und Literatur umstritten.
11 
(a.) Gegen die Einbeziehung in den Schutzbereich wird in der fachgerichtlichen Rechtsprechung angeführt, dass Art. 31 Abs. 1 GFK lediglich die Pönalisierung des Grenzübertritts unterbinden, nicht aber staatliche Interessen gefährden oder gar die staatliche Souveränität beeinträchtigen solle. Es liege nicht im Schutzbereich von Art. 31 Abs. 1 GFK, kriminellem Tun Vorschub zu leisten, wie es bei Gebrauch von falschen Personaldokumenten, die entgeltlich von Schleusern erworben worden seien, der Fall sei (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.03.2010, Az. 5St RR (II) 79/10, veröffentlicht bei juris.de; OLG Dresden, Beschluss vom 18.01.2011, Az. 3 Ss 780/10, zitiert in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2014, a.a.O.; so auch zumindest für die Benutzung falscher Dokumente Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 206. Ergänzungslieferung Januar 2016, Rn. 68; Beck'scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 9. Edition, Stand 01.11.2015, Rn. 108). Diese Erwägungen können - zumindest im vorliegenden Fall - aber nicht zu einem generellen Ausschluss von Begleitdelikten vom Schutzbereich des Art. 31 Abs. 1 GFK führen.
12 
(b.) Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in seinem Beschluss vom 08.12.2014 (a.a.O.) entschieden, dass es, zumindest im Fall des sogenannten Flughafenverfahrens (§ 18a AsylVfG), von Verfassung wegen nicht geboten sei, Art. 31 Abs. 1 GFK dahin auszulegen, dass auch Begleitdelikte vom Schutzbereich erfasst werden. Allerdings schließt diese Entscheidung des Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Auslegung der Konvention durch die Fachgerichte nicht aus, wenngleich es der Auffassung ist, dass Überwiegendes gegen eine Erstreckung der strafbefreienden Wirkung des Art. 31 Abs. 1 GFK auch auf Begleitdelikte spreche. Dabei zieht das Bundesverfassungsgericht offenbar aber eine Erstreckung zumindest auf solche Delikte in Betracht, die begangen werden, um eine notstandsähnliche Lage zu beenden, in der es unmöglich oder unzumutbar wäre, angesichts einer aktuellen Verfolgungssituation die für die Einreise erforderlichen Formalitäten zu erfüllen (Rn. 38 der Entscheidung; siehe auch die Anmerkung zu dieser Entscheidung von Hörig und Bergmann, NVwZ 2015, 367).
13 
(c.) Bei der Auslegung des Art. 31 Abs. 1 GFK sind zunächst die allgemeingültigen Auslegungsgrundsätze des Völkerrechts heranzuziehen. Danach kann zumindest nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass Begleitdelikte jeglicher Art erfasst sind (vgl. dazu die umfassenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 08.12.2014, a.a.O.). Andererseits ist die Erstreckung des Art. 31 Abs. 1 GFK auf Begleitdelikte möglich und wird von fast der Hälfte der Konventionsstaaten in dieser Weise angewendet (Stand 2003, siehe Darstellung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2014, a.a.O.).
14 
(d.) § 95 Abs. 5 AufenthG, der die einzige deutsche Vorschrift mit Bezug auf Art. 31 Abs. 1 GFK ist, besteht einer Ausdehnung des Schutzbereichs des Artikel 31 Abs. 1 GFK auf Begleitdelikte nicht entgegen. Denn § 95 Abs. 5 AufenthG bestimmt lediglich, dass Art. 31 Abs. 1 GFK von den Regelungen über Straftaten nach § 95 AufenthG unberührt bleibt. Nach der Systematik des § 95 AufenthG betrifft das nicht nur die Strafbarkeit wegen eines Verstoßes gegen ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot, sondern sämtliche von § 95 AufenthG unter Strafe gestellte Sachverhalte, darunter auch die ausländerspezifische mittelbare Falschbeurkundung nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Dies deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber einen weiteren Anwendungsbereich des Art. 31 Abs. 1 GFK sah, als lediglich die eigentlichen Einreise- und Aufenthaltsdelikte. Umgekehrt kann aus § 95 Abs. 5 AufenthG nicht geschlossen werden, dass damit abschließend nur die Straftaten des § 95 AufenthG in den Schutzbereich des Art. 31 Abs. 1 GFK fallen können. Diese Einschränkung lässt sich dem Wortlaut des § 95 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung der aufgrund des Zustimmungsgesetzes zur Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl. 1953 II S. 559) bestehenden Gleichrangigkeit mit Art. 31 Abs. 1 GFK nicht entnehmen.
15 
(e.) Für eine weite Auslegung des Art. 31 Abs. 1 GFK spricht dessen Intention, die nach der Konvention geschützte Flucht nicht dadurch unmöglich zu machen oder wesentlich zu erschweren, dass sich der Flüchtling in die Gefahr der Strafverfolgung oder sonstiger Repressionen begibt und deshalb von der Flucht ganz absieht, ein anderes, in seinen Augen weniger sicheres Zielland anstreben oder sich dazu veranlasst sieht, im Zielland „unterzutauchen“, um einer Strafverfolgung zu entgehen (vgl. Weiss, The Refugee Convention, veröffentlicht vom UNHCR im Internet).
16 
(f.) Nach alldem legt das Gericht Art. 31 Abs. 1 GFK dahin aus, dass es auch solche Straftaten erfasst, die unmittelbar erforderlich und typisch für eine Flucht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind. Dazu gehört insbesondere ein Urkundsdelikt, das begangen wird, um die Reise vom Heimatstaat in den Zielstaat erheblich zu erleichtern oder gar erst möglich zu machen. Dabei ist nicht zu verlangen, dass ein solches Urkundsdelikt eine objektiv unverzichtbare Voraussetzung für die Möglichkeit der Fortbewegung des Flüchtlings darstellt. Vielmehr muss es genügen, dass dieses Urkundsdelikt nach verständiger Würdigung aus der Sicht eines Flüchtlings in seiner konkreten Situation die Reise überhaupt erst durchführbar erscheinen lässt und diese Reise nur mit der falschen Urkunde in zumutbarer Weise unternommen werden kann, insbesondere unter Vermeidung von erheblichen Gefahren für Leib und Leben, in angemessener Zeit und mit adäquaten finanziellen Aufwand oder unter Umgehung staatlicher Maßnahmen der Verhinderung der (weiteren) Flucht, sei es des Heimatstaats oder eines Durchgangslands, wobei die Integrität der Rechtsordnung des Staates, dessen Interessen durch das Urkundsdelikt betroffen sind, nicht in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigt werden darf (noch weitergehend AG München, Urteil vom 01.03.2012, Az. 836 Cs 381 Js 200807/11; Stellungnahme des UNHCR zur Auslegung und Reichweite des Art. 31 Abs. 1 GFK vom Mai 2004, veröffentlicht vom UNHCR im Internet, nach dessen Untersuchung die deutsche Rechtsprechung Art. 31 Abs. 1 GFK bis dahin weit auslegte und Urkundsdelikte in den Schutzbereich des Artikel 31 Abs. 1 GFK einbezog).
17 
(2.) Nach dieser Maßgabe ist das vom Angeschuldigten begangene Urkundsdelikt vom Schutzbereich des Art. 31 Abs. 1 GFK umfasst.
18 
(a.) Nach den Ermittlungen ist davon auszugehen, dass sich der Angeschuldigte den falschen tschechischen Personalausweises verschafft hat, ob nun selbst hergestellt oder von einem Dritten erworben, um von Griechenland aus, welches von Anfang an nur ein Durchgangsland war, seine Flucht fortzusetzen. So nahm er mithilfe dieses Personalausweis ein Flugzeug nach Frankreich, um von dort nach Deutschland weiter zu reisen. Dies wäre ohne das falsche Dokument voraussichtlich nicht möglich gewesen. Nach der Überschreitung der Grenze in Kehl begehrte er sofort gegenüber den Beamten der Bundespolizei Asyl, wobei er seine wahre Identität angab. Den falschen tschechischen Personalausweises hat er in Deutschland nicht benutzt. Dafür, dass er dies vorhatte, liegen keine Anhaltspunkte vor.
19 
(b.) Für das eigentliche Überschreiten der Grenze zwischen Frankreich und Deutschland war zwar das Mitführen des falschen tschechischen Personalausweises tatsächlich nicht (mehr) erforderlich. Auch für das Asylgesuch und den späteren Asylantrag benötigte er dieses falsche Dokument nicht. Bis zum Erreichen der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich konnte der Angeschuldigte aber nicht sicher sein, dass er nicht zuvor kontrolliert und aufgehalten wird oder das Transportunternehmen ihm die (weitere) Mitfahrt verwehrt. Somit hätte er im letzten Moment vor der Flussmitte sich des falschen Dokuments entledigen müssen, um den Tatbestand des Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen gemäß § 276 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zu erfüllen. Dass dies zu fordern lebensfremd ist, liegt auf der Hand.
20 
(c.) Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland wurde durch die Tat des Angeschuldigten nur unwesentlich beeinträchtigt, so dass das Interesse des Angeschuldigten seine Flucht (auch) durch diese Straftat in zumutbarer Weise sicherzustellen überwiegt.
21 
(d.) Schließlich ist der hier zu entscheidende Fall nicht mit dem zu vergleichen, der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2014 (a.a.O.) zugrunde lag. Dort erfolgte die Einreise des betroffenen Flüchtlings über einen internationalen Flughafen. Zudem hat der Flüchtling den falschen Pass bei der Einreisekontrolle vorgelegt, ohne offenbar gleichzeitig ein Asylgesuch anzubringen.
22 
e. Schließlich hat sich der Angeschuldigte unverzüglich im Sinne des Art. 31 Abs. 1 GFK bei den Behörden als Flüchtling gemeldet. Bereits unmittelbar nach der Einreise erklärte er sein Asylgesuch gegenüber den Beamten der Bundespolizei. Bereits zwei Tage später wurde er bei der Landeserstaufnahmeeinrichtung Karlsruhe vorstellig, um dort einen Asylantrag zu stellen.
23 
2. Ob sich der Angeschuldigte bereits auf einen rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstand gemäß §§ 34, 35 StGB berufen kann (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.10.1996, Az. 1 Ss 232/96, StV 1997, 78; AG Korbach, Urteil vom 13.08.2012, Az. 4 Cs 1620 Js 8985/12, veröffentlicht bei juris.de; AG Nienburg, Urteil vom 16.05.2013, Az. 4 Cs 519 Js 24060/12, veröffentlicht bei juris.de), kann nach dem Vorgesagten offenbleiben.
24 
Nach alldem ist der Erlass des beantragten Strafbefehls aus Rechtsgründen abzulehnen.
III.
25 
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 02. März 2010 - 4 Ss 1558/09

bei uns veröffentlicht am 02.03.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 14. Oktober 2009 mit den Feststellungen a u f g e h o b e n . 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten d

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(1) Wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis oder einen amtlichen Ausweis, der eine falsche Beurkundung der in den §§ 271 und 348 bezeichneten Art enthält,

1.
einzuführen oder auszuführen unternimmt oder
2.
in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 14. Oktober 2009 mit den Feststellungen

a u f g e h o b e n .

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tübingen

z u r ü c k v e r w i e s e n .

Gründe

 
I.
1. Das Amtsgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der unerlaubten Einreise und des unerlaubten Aufenthalts aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Es hat folgende Feststellungen getroffen:
Am 02. September 2008 reiste der Angeklagte mit Hilfe von Schleusern über die … und … in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde hier am 03. September 2008 gegen 4.36 Uhr von der Polizei an der Bundesautobahn Gemarkung …, aufgegriffen. Er war nicht im Besitz der erforderlichen Reise- oder Aufenthaltsdokumente. Nach seiner nicht widerlegbaren Einlassung sei er zunächst in die … und dann an einen Schleuser, für den sein Vater die Bezahlung aufgebracht habe, mit fünf anderen in einen Lkw gebracht worden, in dem sich sowohl Lebensmittel für die Fahrt als auch Behältnisse für die Notdurft befanden. Er habe während der sechstägigen Fahrt nach Deutschland den Lkw nicht verlassen. Gelegentlich habe der Fahrer angehalten und den Müll weggeworfen. Einen Aufenthalt in einem angrenzenden Land habe er nicht gehabt. Am 05. September 2008 wurde er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkennungsdienstlich behandelt und belehrt. Die formale Asylantragstellung erfolgte am 18. September 2008. Seine Anhörung als Asylbewerber fand am 01. Oktober 2008 in … statt.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen sei der Angeklagte aus Rechtsgründen freizusprechen. Ihm stehe der Strafausschließungsgrund des Artikel 31 Genfer Flüchtlingskonvention (GK) zu. Seine Einreise nach Deutschland sei unmittelbar im Sinne dieser Bestimmung, da nicht auszuschließen sei, dass er bei seiner Flucht keinen Aufenthalt hatte, der ihm einen Asylantrag in einem anderen sicheren Drittstaat ermöglicht hätte. Unerheblich sei, dass er bei seiner Flucht ein sicheres Drittland lediglich passiert habe. Wie der zeitliche Ablauf zeige, habe er seinen Asylantrag unverzüglich gestellt. Artikel 31 GK sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil er sich der Hilfe eines Schleusers bedient habe. Es sei unerheblich, ob sich der Flüchtling auf illegale Weise einen Zugang über den Luftweg verschaffe oder ob er sich der Hilfe eines Schleusers bediene. Dass sich der Schleuser selbst strafbar mache, könne für die Frage der Bestrafung des Flüchtlings keine Rolle spielen.
2. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und die Verletzung sachlichen Rechts gerügt. Das Gericht habe die Reichweite des Strafausschließungsgrundes des Artikel 31 GK i. V. m. § 95 Abs. 5 AufenthG verkannt. Eine Anwendbarkeit des Artikel 31 GK komme nicht in Betracht, wenn sich der Einreisende der Hilfe von Schleppern bediene, da er die zur Einreise geltenden Bestimmungen des Einreiselandes gezielt zu umgehen suche.
Der Angeklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Der Freispruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Das Amtsgericht ist, ohne dies ausdrücklich auszuführen, zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Tatbestand der unerlaubten Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt im Bundesgebiet verwirklicht hat.
Das Asylgrundrecht aus Artikel 16a Abs. 1 GG greift als Rechtfertigungsgrund nicht ein, da die Einreise über …, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft, erfolgte (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG; § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Hierbei genügt die bloße Durchreise durch einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einen sicheren Drittstaat, um Asylrechtsschutz auszuschließen (OLG Köln NStZ-RR 2004, 24 m.w.N), und zwar auch dann, wenn der Flüchtling sich auf einer verplombten Ladefläche eines LKW befunden hat (BVerwGE 105, 194).
10 
2. Die Darlegungen im angefochtenen Urteil lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass der persönliche Strafausschließungsgrund des Artikel 31 Abs. 1 GK eingreift.
11 
a) Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Einreise nach Deutschland aus einem sicheren Drittland (hier … ) … erfolgte. Für diese Ansicht wird zwar angeführt, dass der Ausländer mit Erreichen dieses Staates kein Flüchtling i.S.d. Art. 31 Abs. 1 GK mehr sei (so Senge in Erbs-Kohlhaas, § 95 AufenthG Rn. 67; s. OLG Köln aaO). Dagegen sprechen jedoch der ausdrückliche Hinweis auf Art. 31 Abs. 1 GK in § 95 Abs. 5 AufenthG sowie der Umstand, dass die seit dem 1. Juli 1993 bestehenden verschärften Möglichkeiten der Zurückweisung von Asylanten nach dem Ausländerrecht die Fortgeltung des Art. 31 Abs. 1 GK für die strafrechtliche Beurteilung unberührt gelassen haben (OLG Köln aaO).
12 
Artikel 31 Abs.1 GK macht die Straffreiheit zunächst davon abhängig, dass der Flüchtling unmittelbar aus einem Gebiet kommt, in dem sein Leben oder seine Freiheit bedroht waren. Dies ist auch dann der Fall, wenn er vor der unerlaubten Einreise in das Bundesgebiet das Territorium eines sicheren Drittstaates durchquert, also nur als Durchgangsland berührt hat, solange dort kein schuldhaft verzögerter Aufenthalt vorgelegen hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. April 1998 - 1 Ws 62/98, OLG Düsseldorf StV 2009, 138 f).
13 
Weiter muss sich der Flüchtling unverzüglich bei den Behörden melden und die Gründe darlegen, die die unrechtmäßige Einreise oder den unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertigen. Er ist gehalten, mit stichhaltigen Gründen darzulegen, dass ein legaler Grenzübertritt für ihn mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit weiterer politischer Verfolgung verbunden gewesen wäre. Wenn sein Reise- oder Fluchtweg über Drittstaaten geführt hat, hat er mitzuteilen, weshalb er sich nicht schon dort vor Verfolgung sicher fühlte oder aus welchem Grund er weiter in die Bundesrepublik Deutschland gereist ist oder sich hat bringen lassen. Handelt es sich dabei um einen sicheren Drittstaat im Sinne des § 26 a AsylVfG oder um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft, können die Gründe in aller Regel nicht stichhaltig sein (OLG Köln a.a.O.). In diesem Fall ergeben sich auch gesteigerte Anforderungen in Bezug auf das Merkmal der Unverzüglichkeit in Art. 31 Abs. 1 GK; es bedarf eines besonders zeitnahen Nachsuchens um Asyl. Bei Überschreiten der „grünen“ Grenze hat der Flüchtling bereits gegenüber dem festnehmenden Polizeibeamten zum Ausdruck zu bringen, dass er um Asyl nachsucht (s. § 13 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG und BayObLGSt 1998, 172). Allerdings muss eine Verständigung trotz eventueller Sprachbarrieren möglich und der Flüchtling dazu physisch und psychisch in der Lage sein.
14 
b) Diesen Vorgaben genügen die Feststellungen des Amtsgerichts nicht.
15 
aa) Im Hinblick auf das Merkmal der Unmittelbarkeit wird im Urteil lediglich ausgeführt, dass der Angeklagte mit Hilfe von Schleusern „über die … und … in die Bundesrepublik Deutschland“ eingereist sei. Er sei „zunächst in die ... und dann an einen Schleuser ... in einen Lkw verbracht worden“. Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, wie lange er sich in der … aufgehalten hat. Läge ein längerer Zeitraum zwischen der Einreise in die … und der Ausreise aus der … vor, würde die Annahme naheliegen, dass er nicht unmittelbar aus einem Gebiet kam, in dem Leben oder Freiheit bedroht waren, es sei denn, dass er sich auch in der … in einer entsprechenden Bedrohungssituation befunden hätte, worüber das Urteil aber keine Feststellungen enthält.
16 
Im Urteil wird weiter ausgeführt, der Angeklagte „habe während der sechstägigen Fahrt nach Deutschland den Lkw nicht verlassen“. Das Urteil enthält keine Feststellungen dazu, ob er wusste, sich in einem sicheren Drittland zu befinden, und ob er dort die Möglichkeit hatte, den Lkw zu verlassen. Es wird auch nicht mitgeteilt, wie lange die Fahrt durch … gedauert hat. Hätte er dort den Lkw verlassen können und sich dort längere Zeit aufgehalten, wäre die Einreise nicht mehr unmittelbar gewesen, da dann ein schuldhaft verzögerter Aufenthalt in einem sicheren Drittstaat vorgelegen hätte.
17 
bb) Anhand der Feststellungen des Amtsgerichts kann nicht beurteilt werden, ob sich der Angeklagte unverzüglich i.S.d. Art. 31 Abs. 1 GK bei den Behörden gemeldet hat.
18 
Hätte der Angeklagte in … die Möglichkeit zur Asylantragstellung gehabt und hat er hiervon in vorwerfbarer Weise keinen Gebrauch gemacht, wäre das Asylgesuch - erst im Bundesgebiet gestellt - nicht mehr unverzüglich gewesen. Es hätte dargelegt werden müssen, weshalb er sich nicht schon dort vor Verfolgung sicher gefühlt und um Asyl nachgesucht hat. Er hätte insoweit triftige Gründe vortragen müssen.
19 
Auch in Bezug auf das Geschehen nach erfolgter Einreise in das Bundesgebiet sind die Ausführungen nicht vollständig. Insoweit wird lediglich mitgeteilt, der Angeklagte sei am 03. September 2008 gegen 4.36 Uhr von der Polizei aufgegriffen und am 05. September 2008 beim Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge erkennungsdienstlich behandelt und belehrt worden. Die formale Asylantragstellung sei am 18. September 2008 erfolgt. Es wird nicht mitgeteilt, wann und wem gegenüber er erstmals um Asyl nachsuchte und wieso dies nicht bereits an der Grenze geschehen ist.
III.
20 
Für die neue Hauptverhandlung wird auf folgendes hingewiesen:
21 
Nimmt ein Flüchtling Schleuser in Anspruch nimmt, schließt dies die Anwendbarkeit von Art. 31 Abs. 1 GK nicht von vornherein aus (ebenso OLG Stuttgart a.a.O., a.A. BayObLG a.a.O, OLG Düsseldorf a.a.O, OLG Köln a.a.O, Senge a.a,O. Rn. 70). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Inanspruchnahme von Schleppern aufgrund der konkreten Bedrohungssituation im Heimatland notwendig ist, um dieses verlassen zu können. Wird der Flüchtling von dem Schleuser in das erste Land gebracht, in dem er vor Verfolgung sicher ist, stehen einer Anwendbarkeit des Artikel 31 Abs. 1 GK keine Bedenken entgegen. Erfolgt die Schleusung über ein „sicheres“ Land (z.B. … ) hinaus in ein weiteres Land (Bundesrepublik Deutschland), kann eine Bestrafung nicht erfolgen, wenn die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 1 GK erfüllt sind. Da Deutschland von sicheren Drittstaaten umgeben ist, werden in der Vielzahl der Fälle die Tatbestandsvoraussetzungen der Unmittelbarkeit und der Unverzüglichkeit des Artikel 31 Abs. 1 GK nicht vorliegen. Gleichwohl kann dieser Strafausschließungsgrund in seltenen Fällen auch bei Inanspruchnahme von Schleusern bei einer Einreise auf dem Landweg Anwendung finden. Zwar liegt es nicht im Schutzbereich der Norm, kriminellem Tun Vorschub zu leisten. Dieser Gedanke darf aber nicht so weit führen, dem Flüchtling generell den Schutz von Artikel 31 GK zu verwehren, weil er sich Schleusern anvertraut hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis oder einen amtlichen Ausweis, der eine falsche Beurkundung der in den §§ 271 und 348 bezeichneten Art enthält,

1.
einzuführen oder auszuführen unternimmt oder
2.
in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.