Amtsgericht Dortmund Urteil, 29. Okt. 2015 - 514 C 40/15
Tenor
1. Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung der WEG S T3. ###-### in
##### E vom 26.03.2015 zu den Tagesordnungspunkten 2 (Beschluss-
fassung über die Jahresabrechnung 2014), TOP 3 (Entlastung des Verwalters),
TOP 6 (Ergänzung des Verwaltungsbeirats) und TOP 7 (Beschlussfassung über
die Fassadensanierung) werden für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 20 % und die Beklagten zu
80 % zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf bis zu 16.300,00 € festgesetzt bis zum 21.05.2015 und
danach auf bis zu 12.500,00 €.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft S T3. ###-### in
3##### E. Am 26. März 2015 fand eine Eigentümerversammlung statt. Unter dem Tagesordnungspunkt 2 wurde Folgendes protokolliert:
4„Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2014
5Hier erhielten alle Wohnungseigentümer zusammen mit der Einladung die Jahresabrechnung 2014.
6Die Abrechnung wurde im Vorfeld von Frau M2 und Herrn F auf rechnerische und sachliche Richtigkeit geprüft.
7Bei der Abrechnungsprüfung ist aufgefallen, dass eine Rechnung über 165,71 € der Wohnungseigentümergemeinschaft angelastet wurde, obwohl es sich hierbei um eine Rechnung handelt, die der Sondereigentümer Herr B hätte zahlen müssen. Der Verwalter teilte den Eigentümern mit, dass eine entsprechende Belastung im Jahr 2015 erfolgt. Das heißt, in der Jahresabrechnung 2015 werden die Eigentümer diesen Betrag als Einnahme in der Abrechnung wiederfinden. Außerdem wurden bei einigen Eigentümern Korrekturen bei den gemeldeten Personen vorgenommen. Außerdem teilte der Verwalter den Eigentümern mit, dass in der Abrechnung ein Betrag in Höhe von 805,00 € gutgeschrieben wurde. Hier wurde Bezug genommen auf die letzte Wohnungseigentümerversammlung, in der der Verwalter mitgeteilt hat, dass Säumniszuschläge angefallen sind aufgrund einer damals stattgefundenen Betriebsprüfung. Dies ist zustande gekommen, weil der Vorverwalter die Aushilfen nicht angemeldet hat. Der Verwalter hat daraufhin die Immobilien-Verwaltung K Q angeschrieben und aufgefordert, den Betrag einzuzahlen, was auch geschehen ist.
8Außerdem teilte der Verwalter den Eigentümern mit, dass im letzten Jahr an Reparaturen verbraucht wurden: 13.256,43 €. Laut Wirtschaftsplan wurden jedoch 20.000,- € in Ansatz gebracht, so dass der Verwalter eine Rückstellung aufgrund nicht verbrauchter Reparaturen in Höhe von 6.000,- € hinsichtlich der anstehenden Fassadensanierung gebildet hat. Der Miteigentümer Herr C teilte den Eigentümern und dem Verwalter mit, dass er nicht damit einverstanden ist, eine Rückstellung zu bilden, weil man diesen Betrag für noch nicht durchgeführte notwendige Reparaturen hätte einsetzen können. Der Verwalter hat in der Versammlung Herrn C angeboten, kurzfristig einen entsprechenden Ortstermin durchzuführen, in dem dann Herr C, die Verwaltung und der Verwaltungsbeirat feststellen wird, was an dringenden Reparaturen ansteht. Danach soll eine entsprechende Auftragserteilung erfolgen.
9- Genehmigung der Jahresabrechnung (Gesamt- und Einzelabrechnung)
10Nachdem keine Fragen gestellt wurden, wurde der Antrag gestellt, die Jahresabrechnung 2014 (Gesamt- und Einzelabrechnung) in der vorgelegten Form zu genehmigen.
11Abstimmung: Ja-Stimmen: 28, Nein-Stimmen: 0, Enthaltungen: 6
12Somit wurde der Antrag angenommen.“
13Unter dem Tagesordnungspunkt 3 wurde dem Verwalter für seine Tätigkeit für das Jahr 2014 Entlastung erteilt.
14Unter dem Tagesordnungspunkt 5 wurde der Wirtschaftsplan 2015 beschlossen.
15Unter dem Tagesordnungspunkt 6 wurde Folgendes protokolliert:
16„Ergänzung des Verwaltungsbeirates (Herr F scheidet aus)
17Hier teilte der Verwalter den anwesenden Wohnungseigentümern mit, dass Herr F seine Wohnung veräußert hat. Aus diesem Grunde scheidet Herr F aus dem Verwaltungsbeirat aus. In der Versammlung wurde dann vorgeschlagen, eine entsprechende Ergänzung des Verwaltungsbeirates durchzuführen. Danach wurde angefragt, wer sich hierfür zur Verfügung stellt. Es wurden Frau M, Herr Q und Herr D vorgeschlagen. Danach wurde über die einzelnen Vorschläge abgestimmt.
18Zunächst wurde der Antrag gestellt, Frau M zum Verwaltungsbeirat zu bestellen.
19Abtstimmung: Ja-Stimmen: 23, Nein-Stimmen: 9, Enthaltungen: 2
20Somit wurde der Antrag mit Mehrheitsbeschluss angenommen.
21Frau M hat im Vorfeld schriftlich erklärt, dass sie die Wahl annimmt.
22Danach wurde der Antrag gestellt, Herrn Q zum Verwaltungsbeirat zu bestellen.
23Abstimmung: Ja-Stimmen: 25, Nein-Stimmen: 3, Enthaltungen 6
24Somit wurde der Antrag mit Mehrheitsbeschluss angenommen.
25Herr Q nahm die Wahl an.
26Danach stellte sich Herr D zur Wahl zum Verwaltungsbeirat zur Verfügung.
27Daraufhin wurde der Antrag gestellt, Herrn D zum Verwaltungsbeirat zu bestellen.
28Abstimmung: Ja-Stimmen: 14, Nein-Stimmen: 19, Enthaltungen: 1
29Der Antrag wurde abgelehnt.“
30Unter dem Tagesordnungspunkt 7 wurde Folgendes protokolliert:
31„Beschlussfassung über die Fassadensanierung gem. beigefügtem Farbentwurf.
32Dieser Farbentwurf wurde von dem von der Gemeinschaft gewählten Gremium einstimmig festgelegt.
33- Beauftragung eines Fachmannes zwecks Bauaufsicht und Bauüberwachung
34Finanzierung der Kosten
35In der letzten Wohnungseigentümerversammlung wurde unter Tagesordnungspunkt Nr. 12 besprochen, ein Gremium zu bilden für Vorarbeiten zur Fassadensanierung, wie Erstellen des Ausschreibungstextes, Angebotseinholung etc. Es haben daraufhin mehrere Termine stattgefunden, in denen u.a. die Farbgestaltung ausgesucht bzw. festgelegt wurde. Seinerzeit wurden 4 Angebote eingeholt und zwar der Firmen X, C, L und T2. Hierbei stellte sich heraus, dass die Firmen C und T2 am günstigsten waren. Ursprünglich haben die Firmen Ihren Angebotspreis inkl. der Gerüststellung abgegeben. Dadurch, dass diese Position herausgenommen und ein separates Angebot zur Gerüststellung eingeholt wurde, konnte der Aufwand nochmal um ca. 2.000,- € reduziert werden. Bevor man nunmehr zur Abstimmung kam, teilte der Verwalter den Eigentümern mit, was für ein Abstimmungsergebnis benötigt wird.
361. Wenn ein Fassadenanstrich vorgenommen wird, in gleicher Art und Weise, würde
37ein Mehrheitsbeschluss ausreichen.
382. Ein Fassadenanstrich mit Änderung des Erscheinungsbildes der Fassade ist eine
39bauliche Veränderung und fordert einen einstimmigen Beschluss.
40Nachdem die Verwaltung sich hat rechtlich beraten lassen, besteht noch die Abstimmungsmöglichkeit, die Maßnahme als modernisierende Instandhaltung (doppelt qualifizierte Mehrheit) abstimmen zu lassen. Das bedeutet, 75 % aller Eigentümer, sowie mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile müssen dieser Maßnahme zustimmen, damit der Beschluss verkündet werden kann. In diesem konkreten Fall teilte der Verwalter den Eigentümern mit, dass 29 Ja-Stimmen vorhanden sein müssen, um den Fassadenanstrich gemäß den Eigentümern zur Verfügung gestellten Farbentwurf durchzuführen. Sollten keine 29 Eigentümer für diese Maßnahme stimmen, so würde der komplette Tagesordnungspunkt entfallen.
41Danach wurde der Antrag gestellt, die Fassadensanierung gem. beigefügten Farbentwurf (der Farbentwurf wurde im Vorfeld allen Eigentümern zur Verfügung gestellt) zu genehmigen.
42Abstimmung: Ja-Stimmen: 33, Enthaltung: 1
43Somit wurde der Beschluss angenommen.
44- Genehmigung zwecks Beauftragung einer Firma gem. beigefügtem Leistungsver-
45zeichnis
46Danach wurde der Antrag gestellt, die Malerfirma T2 zu beauftragen, die Arbeiten gem. Leistungsverzeichnis durchzuführen, wobei sich die Kosten auf ca. 70.400,- € belaufen werden.
47Abstimmung: Ja-Stimmen: 34.
48Somit wurde der Antrag angenommen.
49- Genehmigung zwecks Beauftragung der Firma H
50Danach wurde der Antrag gestellt, die Firma H zu beauftragen, ein entsprechendes Gerüst aufzustellen. Die Kosten betragen ca. 14.000,- €.
51Abstimmung: Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
52- Beauftragung eines Fachmannes zwecks Bauaufsicht und Bauüberwachung
53Hier teilte der Verwalter den Eigentümern mit, dass dieser Punkt entfällt, da die Firma T2 angeboten hat, dass ein Anwendungstechniker der Firma C2 die Bauüberwachung kostenlos übernimmt.
54- Finanzierung der Kosten
55Danach wurde der Antrag gestellt, die Finanzierung der Kosten aus der seinerzeit gebildeten und beschlossenen Sonderumlage vorzunehmen.
56Abstimmung: Ja-Stimmen: 31, Enthaltungen: 3
57Der Antrag wurde somit angenommen.
58Der Verwalter teilte den Eigentümern noch mit, dass die Eigentümer, sobald das Gerüst aufgestellt wird, ihre Hausratversicherung informieren müssen, damit ein entsprechender Versicherungsschutz gegeben ist. Der Verwalter wird die Eigentümer rechtzeitig per Rundschreiben über den Beginn der Arbeiten informieren.“
59Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Verwaltungsbeirat bis zur Eigentümerversammlung aus drei Personen bestand. In der Versammlung wurden zwei Personen für den ausgeschiedenen Miteigentümer F gewählt, so dass der Verwaltungsbeirat ab der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung aus vier Personen besteht. Innerhalb der WEG besteht keine Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 WEG, wonach die Zahl der Mitglieder abweichend von § 29 WEG geregelt ist.
60Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass hinsichtlich der Sanierungsmaßnahme weder der Farbentwurf noch Angebote als Anlage zu Protokoll genommen wurden. Den Eigentümern wurden auch mit der Einladung keine Angebote übersandt. Mit der Einladung wurde lediglich ein Leistungsverzeichnis der durchzuführenden Arbeiten übersandt.
61Nachdem der Kläger ursprünglich die Ungültigerklärung der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 5, 6 und 7 begehrt hat, hat er mit Schriftsatz vom 19.05.2015, der beim Amtsgericht am 21. Mai 2015 eingegangen ist, die Beschlussanfechtung zum Tagesordnungspunkt 5 (Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2015) zurückgenommen.
62Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2014 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Die Kosten in Höhe von 165,71 € hätten nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft sondern dem Miteigentümer B angelastet werden müssen. Die Abrechnung entspreche auch nicht der Teilungserklärung, da die Positionen Wasser, Müllabfuhr und Allgemeinstrom seit etlichen Jahren nach Personenzahl abgerechnet würden. Der Kläger rügt darüber hinaus, dass 6.000,00 € als Rückstellung aufgrund nicht verbrauchter Reparaturen genehmigt worden seien. Aufgrund der Mängel der Jahresabrechnung habe die Verwaltung keinen Anspruch auf Entlastung. Die Ergänzung des Verwaltungsbeirats widerspreche der Regelung in § 18 der Teilungserklärung sowie § 29 WEG. Der Kläger erklärt zur Fassadensanierung, dass er sich daran störe, dass ein Papier zur Fassadensanierung erst während der Versammlung und nicht mit der Einladung bekanntgegeben worden sei. Erst aufgrund dieses Papieres werde deutlich, welche Firmen welche Angebote bei welchen Kostenhöhen abgegeben hätten. Die finanziellen Mittel stünden zurzeit noch nicht zur Verfügung. Der Beschluss stehe auch nicht unter der Bedingung, dass die Beauftragung erst erfolge, wenn das Geld in der Sonderrücklage angespart sei. Dringend gebotene Reparaturen würden aufgrund der Fassadensanierung nicht oder erst viel später ausgeführt.
63Der Kläger beantragt zuletzt,
64die unter TOP 2 (Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2014),
65TOP 3 (Entlastung des Verwalters), TOP 6 (Ergänzung des Verwaltungs-
66beirats) und TOP 7 (Beschlussfassung über die Fassadensanierung) in
67der Wohnungseigentümerversammlung der WEG S T3. ###-###
68in E vom 26.03.2015 gefassten Beschlüsse für ungültig zu er-
69klären.
70Die Beklagten beantragen,
71die Klage abzuweisen.
72Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Anfechtung der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung wegen des Betrages von 165,71 € wegen der Bagatellhaftigkeit ein Ärgernis darstelle. Der Aufwand und die Kosten für die Änderung, allein für das zu bedruckende Papier, überstiegen den Anteil des Klägers und die gesamten in Rede stehenden Kosten von 165,71 €. Der angewandte Verteilungsschlüssel werde „seit Jahr und Tag“ angewandt und entsprechende Beschlüsse seien in der Vergangenheit protokolliert worden. Die Einstellung der 6.000,00 € in die Instandhaltungsrücklage solle diese aufstocken, um die Fassadensanierung alsbald in Angriff nehmen zu können. Auch die Entlastung des Verwalters entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Hinsichtlich der Ergänzung des Verwaltungsbeirates habe es auch in der Vergangenheit von der gesetzlichen Norm abweichende Anzahl von Beiratsmitgliedern gegeben. Angesichts der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Aufgabenstellung für die Verwaltungsbeiratsmitglieder hätten es die Wohnungseigentümer für richtig und notwendig erachtet, insgesamt vier Personen zu bestellen. Hinsichtlich der Fassadensanierung sind die Beklagten der Auffassung, dass es ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, wenn die überwiegende Mehrheit der Wohnungseigentümergemeinschaft sich nach jahrelangem Ansparen dafür entscheide, die von allen für notwendig erachtete Fassadensanierung in Angriff zu nehmen. Die angesparte Sonderumlage/Instandhaltungsrücklage solle wie geplant für die Finanzierung verwandt werden.
73Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die protokollierten Erklärungen Bezug genommen.
74E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
75Die zulässige Klage ist, soweit sie nach der Teilklagerücknahme noch rechtshängig ist, begründet.
76Die Beschlussfassung hinsichtlich der Jahresabrechnung 2014 entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
77Die Beschlussfassung hinsichtlich der Jahresabrechnung ist schon nicht hinreichend bestimmt.
78Weil ein Beschluss nach § 10 Abs. 4 WEG auch gegen Sondernachfolger gilt, sind Beschlüsse nur dann rechtlich beachtlich, wenn ihr Inhalt bestimmt und klar ist. Die Frage, wann ein Eigentümerbeschluss unbestimmt ist, richtet sich maßgeblich nach den Regeln zur Auslegung von Eigentümerbeschlüssen. Eine Auslegung ist deshalb möglich, weil die einzelnen Stimmabgaben wie auch der Beschluss selbst Rechtsgeschäfte sind, die den allgemeinen Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen unterliegen. Weil Eigentümerbeschlüsse gegen den Sondernachfolger (s.o.) und gegen die nicht an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer wie Gesetze oder Vereinbarungen wirken, sind sie aus sich heraus objektiv und nach ihrem objektiven Erklärungswert wie Grundbucherklärungen und Rechtsnormen auszulegen. In erster Linie ist deshalb für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen der Wortlaut maßgeblich, wie er sich aus der Niederschrift ergibt, und dessen sich hieraus für einen unbefangenen Beobachter erschließende nächstliegende Bedeutung. Begleitumstände dagegen, also Umstände außerhalb des protokollierten Eigentümerbeschlusses, können im Einzelfall nur dann zur Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann, also auch für nicht an der Versammlung beteiligte Eigentümer und Sondernachfolger, ohne Weiteres erkennbar sind, z.B. weil sie sich aus dem Versammlungsprotokoll ergeben. Außer Betracht bleiben also Begleitumstände, die nicht für jedermann ersichtlich sind, oder gar subjektive Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten (BayObLG, Beschluss vom 27.10.2004 – 2Z BR 124/04, WuM 2005, 478; BayObLG, Beschluss vom 27.11.2003 – 2Z BR 176/03, ZMR 2004, 442; BayObLG, Beschluss vom 04.11.1999 – 2Z BR 141/99, ZMR 2000, 115; OLG München, Beschluss vom 31.07.2013 – 32 Wx 129/13, NZM 2014, 82; OLG München, Beschluss vom 30.11.2005 – 34 Wx 56/05, ZMR 2006, 230; LG München I, Urteil vom 06.10.2014 – 1 S #####/#### WEG, BeckRS 2015, 07503; LG München I, Beschluss vom 01.02.2007 – 1 T #####/####, ZMR 2007, 569; AG Nürnberg, Beschluss vom 18.07.2011 – 29 C #####/####, ZMR 2013, 236; Hogenschurz, NZM 2010, 500; Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 4. Aufl. 2015, § 23 WEG, Rdnr. 164). Ein Beschluss über die Jahresabrechnung ist nicht hinreichend bestimmt, wenn er nicht auf die beschlossenen Gesamt- und Einzelabrechnungen verweist und somit nicht bereits durch Einblick in die Niederschrift und Beschlusssammlung jedem Wohnungseigentümer, der auch nicht bei der Beschlussfassung zugegen war, ermöglicht zu erkennen, was gilt (LG Gera, Urteil vom 16.02.2015 – 5 S 23/14, LSK 2015, 300420 = ZMR 2015, 481). Ein Beschluss über die Jahresabrechnung ist somit nur dann hinreichend bestimmt, wenn sich dem Beschluss zweifelsfrei entnehmen lässt, über welche Jahreseinzel- und Jahresgesamtabrechnung ein Beschluss gefasst wurde. So genügt etwa die Formulierung „die vorliegenden Jahresabrechnungen werden genehmigt“ nicht, wenn sich dem Protokoll nicht eindeutig entnehmen lässt, welche Jahresabrechnungen vorlagen. Auch genügt die Bezeichnung „die Jahresabrechnung 2014“ wird genehmigt nicht, denn es ist nicht ohne weiteres verständlich, ob nur die Gesamt- oder die Einzelabrechnungen oder alle Abrechnungen genehmigt wurden. Voraussetzung eines hinreichend bestimmten Beschlusses über die Jahresabrechnungen ist daher eine Bezugnahme auf die dem Protokoll anliegende Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen oder zumindest aber eine genaue Bezeichnung des Datums der jeweiligen Gesamt- und Einzelabrechnungen. Denn nur so ist für einen nicht an der Beschlussfassung Beteiligten erkennbar, welche Abrechnung beschlossen wurde. Auch im Hinblick auf die beschlossenen Jahresabrechnungen muss der Beschluss für einen außenstehenden Dritten, etwa einen zukünftigen Erwerber, nachvollziehbar sein. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung auch bestimmt werden kann, dass der rechtsgeschäftliche Sondernachfolger für die Rückstände des früheren Wohnungseigentümers einzustehen hat. Eine solche Bestimmung ist wirksam (BGH, Beschluss vom 24.02.1994 – V ZB 43/93, NJW 1994, 2950; BayObLG, Beschluss vom 13.06.1979 – BReg. 2Z 50/78, DNotZ 1980, 48). Dann muss es aber dem Erwerber auch möglich sein, anhand der Beschlusssammlung zu prüfen, ob die behaupteten Beitragsrückstände bestehen. Mithin muss er erkennen können, welche Jahresabrechnungen in der Vergangenheit beschlossen wurden.
79Vorliegend führt die nicht hinreichende Bestimmtheit auch zur Nichtigkeit. Unter dem Tagesordnungspunkt 2 wird nicht Bezug genommen, welche konkreten Jahresabrechnungen genehmigt werden soll. Es wird auf keine datierte Jahresabrechnung Bezug genommen. Hinzu kommt, dass sich in den Ausführungen vor der Beschlussfassung Folgendes findet:
80„Außerdem wurden bei einigen Eigentümern Korrekturen bei den gemeldeten Personen vorgenommen.“
81Insoweit ist in keinster Weise mehr verständlich, welche Jahresabrechnung mit welchem konkreten Inhalt beschlossen wurde. Aus dem Satz ergibt sich nicht, welche Korrekturen bei welcher Personenzahl bei welchen konkreten Einzelabrechnungen vorgenommen wurden. Auch wird nicht dargestellt, ob sich diese Änderungen auf die übersandten Abrechnungen beziehen - wobei auch hier nicht mitgeteilt wird, welches Datum diese Abrechnungen tragen - oder auf eine nach der Übersendung insoweit korrigierte Abrechnung. Aufgrund dieser fehlenden Bestimmtheit ist die Beschlussfassung hinsichtlich der Jahresabrechnung nichtig.
82Die Nichtigkeit eines Beschlusses wirkt grundsätzlich für und gegen alle. Sie bedarf keiner Geltendmachung und ist im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 22.07.2011 - V ZR 245/09, BeckRS 2011, 21924; Engelhardt in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 23 WEG Rdnr. 25; Bärmann/Pick, WEG, 19. Auflage 2010, § 23 Rdnr. 19). Im Verfahren über die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses ist daher auch ohne Antragsänderung die Nichtigkeit des Beschlusses zu prüfen (BayObLG, Beschluss 1.12.2004 – 2Z BR 166/04, ZMR 2005, 891; BayObLG, Beschluss vom 22.09.2004 – 2Z BR 159/04, NJW-RR 2005, 312; Bub in: Staudinger Kommentar zum BGB, 13. Bearbeitung 2005, § 27 WEG Rdnr. 109 und § 23 Rdnr. 258 mwN). Das Gericht ist hieran nicht dadurch gehindert, dass der Anfechtungskläger die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses begehrt hat. Die Feststellung der Nichtigkeit liegt nicht außerhalb dessen, was der Anfechtende begehrt. Auch die erfolgreiche Anfechtung führt zur Unwirksamkeit des Eigentümerbeschlusses von Anfang an (BGH, Urteil vom 02.10.2009 – V ZR 235/08, NZM 2009, 864 mwN; BayObLG, Beschluss vom 31.10.1986 – BReg. 2 Z 83/86, BayObLGZ 1986, 444; LG Bamberg, Urteil vom 14.12.2011 – 2 S 59/09 WEG, BeckRS 2012, 23793). Das Gericht kann dann die Nichtigkeit des Beschlusses im Entscheidungssatz feststellen (BayObLG aaO); zwingend notwendig ist dies jedoch nicht, wenn der Kläger eine fristgerechte (§ 46 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. WEG) Anfechtungsklage erhoben hat. Dann kann sich das Gericht auch damit begnügen, die Ungültigkeit des Beschlusses zu erklären (BGH aaO). Denn sowohl die erfolgreiche Anfechtung des Beschlusses als auch die Feststellung der Nichtigkeit führen zur Unwirksamkeit des Beschlusses ex tunc (BGH aaO; BayObLG aaO mwN).
83Da die Beschlussfassung hinsichtlich der Jahresabrechnung für ungültig/nichtig zu erklären ist, entspricht auch die Entlastung des Verwalters nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Daher ist auch der Tagesordnungspunkt 3 für ungültig zu erklären.
84Die Beschlussfassung hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 6 entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG besteht der Verwaltungsbeirat aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzendem und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzern. Vorliegend haben die Wohnungseigentümer entgegen dieser Vorschrift insgesamt vier Beiratsmitglieder gewählt. Zwar kann durch eine Vereinbarung nach § 10 Abs. 2 WEG die Zahl der Mitglieder abweichend bestimmt oder der Wohnungseigentümergemeinschaft die Festlegung der Zahl der Beiratsmitglieder zur Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss zugewiesen werden (Engelhardt in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 29 Rdnr. 3). Liegt eine solche Vereinbarung jedoch nicht vor, ist ein Mehrheitsbeschluss für eine von § 29 Abs. 1 WEG abweichende Besetzung des Verwaltungsbeirats nicht ausreichend (Engelhardt in: Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O.). Hier liegt unstreitig keine Vereinbarung der Wohnungseigentümer vor. Demnach ist der Mehrheitsbeschluss nicht ausreichend und entspricht demnach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
85Die Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 7 entspricht ebenfalls zumindest nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Dabei kann dahinstehen, ob die Beschlussfassung hinreichend bestimmt ist. Grundsätzlich ist ein Eigentümerbeschluss, der eine bauliche Veränderung vorsieht, nur dann bestimmt, wenn sich aus den dem Protokoll beigefügten Unterlagen, wie etwa Angeboten und Skizzen, eindeutig ergibt, welches Ausmaß die bauliche Veränderung hat. Ergibt sich aus den aus dem Protokoll ersichtlichen Umständen kein konkreter Umfang der Baumaßnahme ist der Beschluss zu unbestimmt (OLG München, Beschluss vom 30.11.2005 – 34 Wx 56/05, ZMR 2006, 230). Vorliegend entspricht die Beschlussfassung aber schon deswegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da den Eigentümern erst in der Versammlung die Preise der verschiedenen Anbieter bekanntgegeben wurden und mit der Einladung weder Angebote noch zusammenfassende Vergleiche der Angebote übermittelt wurden. Der Kläger hat dies auch innerhalb der Klagebegründungsfrist gerügt, da er ausgeführt hat, dass er sich daran störe, dass „derartige Informationen erst während der Versammlung und nicht etwa mit der Einladung gegeben wurden“. Zwar ist umstritten, ob die Übersendung von Angeboten vor der Eigentümerversammlung erforderlich ist. Zumindest ist den Eigentümern aber vor der Versammlung mit der Einladung ein „Preisspiegel“ mitzuteilen, aus welchem sich die Preise der unterschiedlichen Angebote ergeben. Auf Grundlage der Übersendung eines solchen Preisspiegels wäre es den Eigentümern sodann im Vorfeld einer Eigentümerversammlung möglich, sich weitergehend zu informieren, etwa die Angebote einzusehen.
86Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
87Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
88Der Streitwert war wie tenoriert festzusetzen, wobei auf die Beschlussanfechtung hinsichtlich der Jahresabrechnung 2014 bis zu 6.500,00 € entfallen, auf die Anfechtung des Wirtschaftsplans 2015 bis zu 3.800,00 €, auf die Entlastung des Verwalters und die Wahl des Beirats jeweils bis zu 500,00 € und auf die Anfechtung des Sanierungsbeschlusses bis zu 5.000,00 €.
89Rechtsbehelfsbelehrung:
90A.
91Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
921. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
932. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
94Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L-Straße, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
95Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
96Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
97Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
98B.
99Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Dortmund statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Dortmund, H-Straße, 44135 Dortmund, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
100Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Urteil einreichenAmtsgericht Dortmund Urteil, 29. Okt. 2015 - 514 C 40/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
(1) Wohnungseigentümer können durch Beschluss zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Hat der Verwaltungsbeirat mehrere Mitglieder, ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.
(2) Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung sollen, bevor die Beschlüsse nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gefasst werden, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden.
(3) Sind Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig, haben sie nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.
(2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist.
(3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.
(4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist.
(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die
- 1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder - 2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.
(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Am 9. August 2007 ist bei dem Amtsgericht der "Antrag" der Kläger eingegangen , die in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 2007 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Die unter dem 29. August 2007 angeforderte Verfahrensgebühr haben die Kläger am 6. September 2007 entrichtet. Am 10. September 2007 (Montag) haben sie beantragt, die Frist zur Anfechtungsbegründung bis zum 9. Oktober 2007 zu verlängern. Diesem Antrag hat das Amtsgericht am 20. September 2007 stattgegeben. Mit am 2. und 9. Oktober 2007 eingegangenen Schriftsätzen haben die Kläger die Klage im Einzelnen begründet und beantragt, die zu TOP 4, 5, 9 bis 13, 16 und 17 ergangenen Beschlüsse "für nichtig zu erklären" bzw. deren "Ungültigkeit festzustellen". Für den Fall, dass die Klagebegründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG versäumt worden sein sollte, haben sie vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Im ersten Rechtszug hatten sich die Kläger zunächst von Rechtsanwalt B. vertreten lassen, der dem Rechtsstreit nach Beendigung des Mandats als ihr Streithelfer beigetreten ist.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchten die Kläger und ihr Streithelfer weiterhin die angefochtenen Beschlüsse zu Fall bringen. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
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- Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet. Die beanstandeten Beschlüsse seien allenfalls anfechtbar, so dass es auf die Einhaltung der zweimonatigen Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ankomme. Die erst im Oktober 2007 eingegangenen Schriftsätze hätten diese Frist jedoch nicht mehr wahren können. Die Frist sei nicht verlängerbar. Für eine entsprechende Anwendung des § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei kein Raum. Dass das Amtsgericht die Frist unzulässigerweise verlängert habe und die Klage innerhalb der verlängerten Frist begründet worden sei, rechtfertige keine andere Bewertung, weil die Kläger nicht auf die Verlängerbarkeit der Frist hätten vertrauen dürfen. Daran scheitere auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
II.
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- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- 1. Das Rechtsmittel ist insgesamt zulässig. Der Senat hat bereits entschieden , dass auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe keine unterschiedlichen Streitgegenstände betreffen, weil Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell dasselbe Ziel verfolgen (BGHZ 156, 279, 294; ebenso etwa Dötsch, ZMR 2008, 433, 434 f.; Jennißen/ Suilmann, WEG, § 46 Rdn. 13, 15 u.157; Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 43 Rdn. 100 u. § 46 Rdn. 72; vgl. auch BGHZ 134, 364, 366; 152, 1, 3 ff.). Schon deshalb vermag die Argumentation der Beklagten, das Berufungsgericht habe die Zulassung der Revision wirksam auf die Anfechtungsklage beschränkt, nicht zu überzeugen. Sie ist darauf in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht mehr zurückgekommen.
- 6
- 2. Die Revision ist auch begründet.
- 7
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin die zweimonatige Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt, so dass eine darauf gestützte Abweisung der Klage als unbegründet ausscheidet. Die dem Begründungserfordernis genügenden Schriftsätze vom 2. und 9. Oktober 2007 sind rechtzeitig eingegangen.
- 8
- aa) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , wonach das Gesetz eine Verlängerung der Fristen des § 46 Abs. 1 WEG nicht vorsieht.
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- (1) Offen bleiben kann, ob dieses Ergebnis, wie das Berufungsgericht meint, auf § 224 Abs. 2 ZPO gestützt werden kann, wonach gesetzliche Fristen nur in den besonders bestimmten Fällen verlängert (oder abgekürzt) werden können. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG als eine die Beschlussanfechtung materiellrechtlich ausschließende Regelung zu qualifizieren ist (Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 515 f., zur Veröffentlichung in BGHZ 179, 230 ff. vorgesehen). Es begegnet jedoch ernstlichen Zweifeln, ob § 224 ZPO überhaupt auf Ausschlussfristen des materiellen Rechts anwendbar ist (ablehnend Dötsch, ZMR 2008, 433, 437; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 224 Rdn. 1; a.A. wohl Jennißen /Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 104). Die Frage braucht aber letztlich nicht entschieden zu werden. Verlängerungen der Begründungsfrist stellen jedenfalls privatrechtsgestaltende Eingriffe zu Lasten der anderen (gegnerischen) Wohnungseigentümer dar und bedürfen als solche einer Ermächtigungsgrundlage. Eine solche ist nicht ersichtlich.
- 10
- (2) Das Gesetz ordnet lediglich eine entsprechende Geltung der Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG). Die Möglichkeit einer Verlängerung der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG sieht es nicht vor. Eine Heranziehung der für Rechtsmittelbegründungsfristen geltenden Vorschriften der §§ 520 Abs. 2 Satz 1, 551 Abs. 2 Satz 5, 575 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Wege der (Rechts-)Analogie scheidet mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke aus (gegen eine Verlängerungsmöglichkeit auch LG Hamburg ZMR 2008, 414, 415; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1770; Jennißen/Suilmann, WEG, § 46 Rdn. 104; Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 55; Bergerhoff, NZM 2007, 425, 427; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 46 WEG Rdn. 5; a.A. Sauren, NZM 2007, 857, 858; Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zur WEG-Reform, NZM 2006, 767, 772; BeckOK/Scheel, WEG, § 46 Rdn. 23; vgl. auch Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 46 Rdn. 8; Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 2007, § 13 Rdn. 155).
- 11
- (a) Bereits die materiellrechtliche Rechtsnatur der Begründungsfrist spricht eher gegen eine analoge Anwendung von Regelungen, die im Kontext zivilprozessualer Begründungserfordernisse stehen (vgl. auch Jennißen/ Suilmann, aaO).
- 12
- (b) Davon abgesehen ist zu bedenken, dass sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 46 Abs. 1 WEG an der aktienrechtlichen Anfechtungsklage orientiert hat (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 38). Für diese Klage verlangt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich eine Begründung innerhalb einer bestimmten Frist. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass der Kläger zur Vermeidung eines materiellrechtlichen Ausschlusses (vgl. dazu nur Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 246 Rdn. 20 m.w.N.) innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 246 AktG zumindest den wesentlichen tatsächlichen Kern der Gründe vortragen muss, auf die er die Anfechtung stützt (vgl. nur BGHZ 120, 141, 156 f.; BGH, Urt. v. 14. März 2005, II ZR 153/03, WM 2005, 802, 804; jeweils m.w.N.); ein Nachschieben von neuen Gründen nach Ablauf der Frist ist ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 12. Dezember 2005, II ZR 253/03, NJW-RR 2006, 472 m.w.N.; ebenso nunmehr für die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517; Urt. v. 27. März 2009, V ZR 196/08, ZfIR 2009, 518, 519, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Für die Ausschlussfrist des § 246 AktG sieht das Gesetz keine Verlängerungsmöglichkeit vor; eine analoge Heranziehung der für die Verlängerung von Rechtsmittelbegründungsfristen geltenden Vorschriften wird nicht befürwortet (vgl. MünchKomm-AktG/Hüffer, 2. Aufl., § 246 Rdn. 33 u. 35; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, § 246 Rdn. 9; jeweils m.w.N.).
- 13
- Dieses Normkonzept hat der Gesetzgeber für die Anfechtungsklage nach dem Wohnungseigentumsgesetz bewusst übernommen. Den Materialien ist klar zu entnehmen, dass die "rigiden Wirkungen der Ausschlussfrist" nur in begrün- deten Ausnahmefällen durch die entsprechende Anwendung der Regeln über die Wiedereinsetzung abgefedert werden sollten (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 38). Dass die Frist zur Begründung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch die Einfügung des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG auf zwei Monate verlängert wurde, ändert daran nichts. Mit dieser Maßnahme sollte lediglich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Niederschrift über die Eigentümerversammlung den Wohnungseigentümern nicht selten erst kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist zur Verfügung steht und damit die Zeit zur Begründung knapp werden kann (BT-Drs., aaO, S. 73). Schon deshalb kann von einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht die Rede sein.
- 14
- (c) Das gilt umso mehr, wenn man die Funktion in den Blick nimmt, die der materiellrechtlichen Begründungsfrist zukommt. Die Regelung sichert den zeitnahen Eintritt der Bestandskraft anfechtbarer Beschlüsse und gewährleistet damit über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Ihr Zweck besteht darin, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber hergestellt wird, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden (Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517; Urt. v. 27. März 2009, V ZR 196/08, ZfIR 2009, 518, 519). Vor diesem Hintergrund wäre es wenig überzeugend, den Eintritt der Bestandskraft in richterliches Ermessen zu stellen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt demgegenüber nur in begründeten Ausnahmekonstellationen zum Tragen (BT-Drs., aaO, S. 38). Frei von Ermessenserwägungen ist sie allein an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen geknüpft.
- 15
- (d) Entgegen der Auffassung der Revision gebieten verfassungsrechtliche Überlegungen nicht die Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungs- lücke. Die der zweimonatigen Begründungsfrist zugrunde liegende Erwartung, dass innerhalb dieses Zeitraumes jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle die Anfechtung unter Berücksichtigung der Niederschrift über die Versammlung der Wohnungseigentümer begründet werden kann, hält sich innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Einschätzungsspielraums. Einen bestimmten Weg zur Bereinigung von Härtefällen gibt die Verfassung nicht vor. Es ist daher verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber hierfür den Weg über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewählt hat (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO) und er auf diese Weise die widerstreitenden Belange der Wohnungseigentümer austariert hat.
- 16
- bb) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand hält dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, die verfügte Fristverlängerung entfalte keine Rechtswirkungen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit rechtsfehlerhaft ergangener gerichtlicher Entscheidungen und auf Vertrauensschutzgesichtspunkte abzustellen. Danach darf jedenfalls eine Prozesspartei, der auf ihren rechtzeitig vor Fristablauf gestellten Antrag eine Fristverlängerung gewährt worden ist, grundsätzlich davon ausgehen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist (vgl. nur BGH, Beschl. v. 18. November 2003, VIII ZB 37/03, NJW 2004, 1460 m.w.N.). Das gilt bei unklarer Rechtslage selbst dann, wenn die Fristverlängerung von einem funktionell unzuständigen Gericht gewährt (BGH, Beschl. v. 21. Dezember 2004, KVZ 3/04, NJW-RR 2005, 769) wurde, und im Übrigen auch dann, wenn der Verlängerungsantrag erst kurz vor Fristablauf gestellt wurde. Die auf einen rechtzeitigen Antrag hin bewilligte Fristverlängerung kommt der Partei nur dann nicht zu Gute, wenn die Verlängerung schlechthin und offensichtlich ausgeschlossen war (vgl. Senat, Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 48/06, NJW-RR 2008, 146). Hiervon abzurücken, sieht der Senat – entgegen der Argumentation der Beklagten in der mündlichen Revisionsver- handlung – keine Veranlassung. Ob diese Kriterien auch Geltung bei der Beantwortung der anders gelagerten Frage beanspruchen können, unter welchen Voraussetzungen die Bindungswirkung einer von dem Berufungsgericht zu Unrecht ausgesprochene Revisionszulassung zu verneinen ist, braucht hier nicht erörtert zu werden.
- 17
- Dass die gewährte Fristverlängerung schlechthin und offensichtlich ausgeschlossen war, lässt sich – anders als für Fristverlängerungen, die nach der nunmehr herbeigeführten höchstrichterlichen Klärung ausgesprochen werden – nicht sagen. Die Verlängerung hat das Amtsgericht am 20. September 2007 und damit vor der Senatsentscheidung zur materiellrechtlichen Einordnung der Begründungsfrist (Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 515 f.) bewilligt. Vor dem Hintergrund des Standorts der Regelung des § 46 WEG im verfahrensrechtlichen Teil des Wohnungseigentumsgesetzes war die Qualifizierung als prozessuale Frist und die auf dieser Grundlage befürwortete analoge Anwendung etwa von § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO durchaus vertretbar.
- 18
- b) Auf der Grundlage des derzeitigen Verfahrensstandes kann die Klage auch nicht aus anderen Gründen als unbegründet abgewiesen werden. Die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ist gewahrt. Zwar ist die innerhalb der Monatsfrist eingegangene Klage erst nach Fristablauf zugestellt worden. Dies ist jedoch nach § 167 ZPO unschädlich, weil die Klage "demnächst" (vgl. dazu Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517 m.w.N.) zugestellt worden ist. Die Kläger haben den angeforderten Kostenvorschuss zeitnah nach Erhalt der Kostenrechnung eingezahlt. Die erheblich später veranlasste Zustellung lag allein in der Sphäre des Gerichts begründet und beruhte nicht auf von den Klägern zu vertretenden Verzögerungen.
- 19
- c) Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – die für eine Endentscheidung durch den Senat erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat (§ 563 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 3 ZPO). Anfechtungsgründe hat es wegen der von ihm angenommenen Versäumung der Begründungsfrist nicht geprüft. Ob die Argumentation der Revision geeignet ist, das auf der Grundlage des Klagevorbringens verneinte Vorliegen von Nichtigkeitsgründen auszuräumen, braucht in dem weiteren Verfahren nicht geklärt zu werden. Der Unterscheidung zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen kommt rechtserhebliche Bedeutung nur zu, wenn zumindest eine der Fristen des § 46 Abs. 1 WEG versäumt worden ist. Die Klage kann dann nur noch Erfolg haben, wenn der Beschluss nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nichtig ist (vgl. Senat, Urt. v. 16. Januar 2009, V ZR 74/08, ZfIR 2009, 514, 517). Sind die Fristen dagegen – wie hier – gewahrt , braucht lediglich geprüft zu werden, ob ein Rechtsverstoß vorliegt, der den Bestand des angefochtenen Beschlusses berührt. Ob der Rechtsfehler als Nichtigkeits- oder als Anfechtungsgrund zu qualifizieren ist, spielt in solchen Fällen keine Rolle (ebenso Dötsch, ZMR 2008, 433, 435 f.; Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 156 u. 159; vgl. auch BayOblG WuM 1992, 642; a.A. Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 77).
- 20
- aa) Wie bereits (oben II.1.) dargelegt, betreffen auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe keine unterschiedlichen Streitgegenstände. Da der Streitgegenstand maßgeblich durch den Antrag mitbestimmt wird, führt dies dazu, dass sowohl mit einem auf Feststellung der Nichtigkeit als auch mit einem auf Ungültigkeitserklärung gerichteten Antrag jeweils das umfassende Rechtschutzziel zum Ausdruck gebracht wird, unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlusses herbeizuführen (Senat, BGHZ 156, 279, 294; Dötsch, aaO, 435; vgl. auch BGHZ 134, 364, 366; 152, 1, 5 f.). Es kann daher auch ohne Antragsumstellung die Nichtigkeit des Beschlusses ausgesprochen werden, obwohl der Antrag seinem Wortlaut nach (nur) darauf gerichtet war, den Beschluss für ungültig zu erklären (Senat, aaO, m.w.N.).
- 21
- Wegen der Identität des Streitgegenstandes sind auch die Auswirkungen der Rechtskraft dieselben, gleichgültig, ob die Ungültigkeit des in Rede stehenden Beschlusses festgestellt oder durch Urteil ausgesprochen wird (vgl. auch § 48 Abs. 4 WEG). Mit dem Eintritt der Rechtskraft steht in beiden Fällen fest, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht. Abgesehen von den Fällen der Fristversäumung nach § 46 Abs. 1 WEG besteht dann aber auch keine Notwendigkeit, die mitunter nicht einfach zu beantwortende Frage nach der Einordnung als Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund (vgl. dazu etwa Merle in Bärmann, aaO, § 23 Rdn. 143 m.w.N.) zu klären. Ebensowenig muss das Gericht Beweis über einen Nichtigkeitsgrund erheben, wenn bereits feststeht, dass ein anderer Rechtsverstoß unter dem Blickwinkel der Anfechtung durchgreift (Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 159; Dötsch, ZMR 2008, 433, 435 f.). Die Klärung auch des Nichtigkeitsgrundes kann der Kläger in derartigen Fällen allenfalls bei Vorliegen eines besonderen rechtlichen Interesses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO erzwingen; für die Anwendung des § 256 Abs. 2 ZPO ist in solchen Konstellationen kein Raum (vgl. Senat, Urt. v. 16. Juli 2004, V ZR 222/03, NJW 2004, 3330, 3332 m.w.N.).
- 22
- bb) Der gegen die hier zugrunde gelegte Auffassung erhobene Einwand, die Frage der rechtlichen Qualifizierung müsse geklärt werden, weil ein bereits kraft Gesetzes nichtiger Beschluss nicht mit rechtsgestaltender Wirkung für unwirksam erklärt werden könne (Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 77), rechtfertigt keine andere Beurteilung (wie hier Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 158 f.; vgl. auch BayOblG WuM 1992, 642; Dötsch, aaO), sondern verweist lediglich auf das Erfordernis einer sachgerechten – das Ergebnis der Entscheidungsgründe spiegelnden – Tenorierung. Bedenkt man, dass der Tenor ohnehin im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen ist (vgl. etwa Senat, Urt. v. 30. März 2007, V ZR 179/06, NJW 2007, 2182 m.w.N.), erscheint es unbedenklich , wenn das Gericht – so es die Frage offen lässt, ob ein Anfechtungs- oder ein Nichtigkeitsgrund durchgreift – den Beschluss für ungültig erklärt. Ein sol- cher Tenor bringt nicht nur das Entscheidende zum Ausdruck, dass nämlich der bezeichnete Beschluss keine Rechtswirkungen entfaltet, sondern er deckt auch die Konstellation der Nichtigkeit mit ab, weil er keine Festlegung dazu enthält, ob der Ausspruch des Gerichts konstitutiv oder deklaratorisch wirkt. Soweit der Entscheidung des Senats vom 2. Oktober 2003 (BGHZ 156, 279, 293 f.) etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht weiter festgehalten.
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- Davon abgesehen zeigt etwa die Lehre von den Doppelwirkungen im Recht, dass es aus teleologischen Gründen durchaus möglich ist, ein bereits nichtiges Rechtsgeschäft anzufechten (vgl. dazu etwa Staudinger/Roth, BGB [2003], § 142 Rdn. 27 ff. m.w.N.). Dem entspricht es, dass auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überwiegend die Aufhebung eines nichtigen Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen wird (vgl. dazu etwa OVG Koblenz NVwZ 1987, 899; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rdn. 3), obwohl § 43 Abs. 1 VwGO für die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ausdrücklich die Feststellungsklage bereitstellt (Bender, VwGO, 4. Aufl., § 42 Rdn. 12). Auch dort steht der prozessökonomische Zweck im Vordergrund , den Gerichten die Prüfung zu ersparen, ob ein fehlerhafter Verwaltungsakt "nur" rechtswidrig oder gar nichtig ist. All dies erhellt, dass es aus- schlaggebend nicht auf eine begrifflich-formale Einordnung ankommt, sondern auf eine normative Sichtweise, die sachangemessene Problemlösungen ermöglicht (ähnlich Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 158).
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Wernigerode, Entscheidung vom 18.06.2008 - 9 C 571/07 WEG -
LG Dessau-Roßlau, Entscheidung vom 20.11.2008 - 6 S 116/08 -
(1) Wohnungseigentümer können durch Beschluss zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Hat der Verwaltungsbeirat mehrere Mitglieder, ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.
(2) Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung sollen, bevor die Beschlüsse nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gefasst werden, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden.
(3) Sind Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig, haben sie nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
(1) Wohnungseigentümer können durch Beschluss zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Hat der Verwaltungsbeirat mehrere Mitglieder, ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.
(2) Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung sollen, bevor die Beschlüsse nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gefasst werden, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden.
(3) Sind Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig, haben sie nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.