Vereinsrecht: Notvorstand kann Bestellung ablehnen und widerrufen

published on 26/05/2016 11:09
Vereinsrecht: Notvorstand kann Bestellung ablehnen und widerrufen
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Ein Notvorstand, der aufgrund der Anforderungen das Amt wieder aufgeben will, kann das Amt nach den allgemeinen vereinsrechtlichen Vorgaben niederlegen.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf klargestellt. Auch für den Notvorstand gelten die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs: Das Amt ist jederzeit widerruflich. Und die bestellte Person muss die Bestellung ausdrücklich bestätigen. Zur Ablehnung genügt es, dass der Betreffende das Amt nicht annimmt.

Beachten Sie: Der Notvorstand kann haftbar sein, wenn er das Amt zu einem Zeitpunkt niederlegt, bei dem dem Verein durch die Führungslosigkeit ein Schaden entsteht („Unzeit-Regelung“). Um die Haftung auszuschließen, genügt es aber, dem Registergericht den Rücktritt so rechtzeitig mitzuteilen, dass es eine andere Person zum Notvorstand bestellen kann.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.2.2016, (Az.: I-3 Wx 35/16).

Für das allein als nach § 29 BGB bestellter Notvorstand eingelegte Rechtsmittel eines Beteiligten, der auch "einfaches" Vereinsmitglied ist, fehlt mit Blick darauf, dass seinem Antrag im angegriffenen Beschluss in vollem Umfang stattgegeben worden ist, nicht die Beschwerdeberechtigung, wenn der Antragsteller hierdurch nicht nur rechtliche Vorteile erlangt, sondern ihm zugleich Rechtspflichten entstehen, was bei der Bestellung zum Notvorstand eines Vereins zu bejahen ist.

Die auf eine Aufhebung der registergerichtlichen Entscheidung gerichtete Beschwerde erweist sich wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig, wenn dem gerichtlich zum Notvorstand Bestellten eine einfachere Möglichkeit für die Abwendung der ihn beeinträchtigenden Rechtsfolgen in Gestalt der schlichten Erklärung der Nichtannahme des Amtes zur Verfügung steht.


Gründe:

Das Rechtsmittel des Beteiligten ist zwar grundsätzlich als befristete Beschwerde eröffnet, im vorliegenden Fall jedoch unzulässig.

Gegen einen Beschluss, mit dem ein Notvorstand nach § 29 BGB bestellt wird, sind neben dem Verein auch Vorstandsmitglieder und sogenannte einfache Vereinsmitglieder zur Beschwerde berechtigt.

Der Beteiligte ist sowohl - durch die angefochtene Entscheidung - bestellter alleiniger Notvorstand des betroffenen Vereins als auch dessen „einfaches“ Mitglied. Sein Rechtsmittel hat er indes allein in der erstgenannten Eigenschaft eingelegt. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt seiner Eingaben vom 1. und 14. Januar 2016. Bereits in der ersten Schrift spricht er nur von seiner Betroffenheit als zum Notvorstand bestellter Person; in der zweiten ergänzt er dies sinngemäß dahin, er sei vom Registergericht über die auf ihn zukommenden Aufgaben und Pflichten nicht sachgerecht informiert worden und fühle sich nunmehr versklavt. Diese Gesichtspunkte haben mit seiner mitgliedschaftlichen Rechtsposition nichts zu tun.

Für das mithin allein als bestellter Notvorstand eingelegte Rechtsmittel fehlt dem Beteiligten die Beschwerdeberechtigung zwar nicht schon deshalb, weil mit dem angegriffenen Beschluss seinem Antrag in vollem Umfang stattgegeben worden ist.

Denn in einem derartigen Fall ist zur Prüfung der Beschwerdeberechtigung allein auf § 59 Abs. 1 FamFG abzustellen, so dass diese trotz fehlender formeller Beschwer in Betracht kommt, wenn eine materielle Beschwer durch die antragsgemäße Entscheidung vorliegt. Dies wiederum ist zu bejahen, wenn der Antragsteller durch die Stattgabe seines Antrags nicht nur rechtliche Vorteile erlangt, sondern ihm dadurch zugleich Rechtspflichten entstehen. So liegt es bei der Bestellung zum Notvorstand eines Vereins.

Jedoch fehlt dem Beteiligten das erforderliche und trotz der materiellen Beschwer gesondert zu prüfende Rechtsschutzinteresse für eine Aufhebung der registergerichtlichen Entscheidung, womit das Rechtsmittel unzulässig ist.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde fehlt unter anderem, wenn dem Rechtsmittelführer eine einfachere Möglichkeit zur Verfügung steht, die ihn beeinträchtigenden Rechtsfolgen einer gerichtlichen Entscheidung abzuwenden. Das ist bei einer Bestellung zum Notvorstand der Fall, weil der Bestellte die Annahme dieses Amtes ohne Begründung ablehnen kann. Nach heute ganz herrschender Auffassung, der der Senat folgt, ist die zwangsweise Bestellung einer Person zum Organ einer juristischen Person gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb die Annahme des Amtes durch den Bestellten Voraussetzung für die Wirksamkeit seiner Bestellung. Dies gilt nicht nur für die Bestellung zum Vorstand eines Vereins durch Beschluss der Mitgliederversammlung nach § 27 BGB, sondern auch für die Notbestellung durch das Registergericht. Zwar ist es im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Recht nicht fremd, dass ein mit Pflichten belastendes Amt oktroyiert werden kann; doch ist dann die Befugnis zur Ablehnung des Amtes im Einzelnen geregelt, und derartige Bestimmungen fehlen bei § 29 BGB. Dann aber hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass Pflichten im Privatrecht nicht einseitig auferlegt werden können, mithin ein generelles Ablehnungsrecht besteht. Abgesehen hiervon, ließe sich eine Zwangsverpflichtung als Notvorstand mit dem wohlverstandenen Interesse des Vereins nicht vereinbaren. Kann nach alledem der gerichtlich zum Notvorstand Bestellte die Übernahme des Amtes durch einfache Nichtannahme abwenden, entfaltet die gerichtliche Entscheidung für ihn keine belastende, insbesondere keine mit Rechtspflichten verbundene Wirkung mehr; die etwaige Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses als solche ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Im gegebenen Fall hat der Beteiligte durch seine Eingaben vom 1. und 14. Januar 2016 hinreichend deutlich erklärt, das Amt als Notvorstand nicht annehmen zu wollen. Damit fehlt seinem zugleich betriebenen Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse. Das Registergericht wird den Bestellungsbeschluss ohnehin aufzuheben und das Vereinsregister dieser Lage anzupassen haben. Anders könnte man nur entscheiden, wenn man die dem Bestellungsbeschluss vorangehenden, sein Einverständnis mit einer Bestellung zum Notvorstand zum Ausdruck bringenden Anträge des Beteiligten vom 29. Mai und 12. Dezember 2015 dahin zu würdigen hätte, dass diese eine Bindungswirkung dahin entfalteten, dass der Beteiligte nach gerichtlicher Entscheidung die Annahme nicht mehr verweigern könnte und auf die nachträgliche Niederlegung des Amtes nach den hierfür bestehenden Voraussetzungen angewiesen wäre. Diese Sichtweise ist jedoch unzutreffend. Denn dann würde jenen Anträgen und den in ihnen liegenden Einverständniserklärungen letztlich die Wirkung eines Rechtsmittelverzichts zukommen, ohne dass die hierfür erforderliche Eindeutigkeit und Zweifelsfreiheit der Äußerungen gegeben und ohne dass die Entscheidung erlassen wäre. Hinzu tritt die praktische Erwägung, dass bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden der Antragsteller nicht absehen kann, wann der Bestellungsbeschluss ergehen und ob seine Interessenlage dann noch mit der gegenwärtigen gleichartig sein werde. Bei dieser Lage kommt es auf die Frage, ob der Beteiligte eine etwaige Bindung durch wirksame Anfechtung seiner damaligen Erklärungen beseitigt hat, nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG und entspricht der Billigkeit, weil nach Aktenlage alles dafür spricht, dass die Einlegung des Rechtsmittels auf einer mangelnden Übersicht des Beteiligten, darüber hinaus möglicherweise auch auf einem Missverständnis registergerichtlicher Erklärungen beruht.

Angesichts dessen erübrigt sich auch eine Wertfestsetzung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor.

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. (2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller
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Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Beteiligten von dem Amtsgericht zu bestellen, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt.

(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.

(1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung.

(2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

(3) Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung. Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.

Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Beteiligten von dem Amtsgericht zu bestellen, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.