Strafprozessrecht: Lesen und Versenden von SMS durch den Richter in der Hauptverhandlung ist Grund für Annahme der richterlichen Befangenheit

originally published: 17/01/2021 22:05, updated: 19/10/2022 17:16
Strafprozessrecht: Lesen und Versenden von SMS durch den Richter in der Hauptverhandlung ist Grund für Annahme der richterlichen Befangenheit
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In dieser Grundsatzentscheidung vom 17.06 2015 befand der Bundesgerichtshof (2 StR 228/14) über die Unzulässigkeit der Nutzung eines Mobiltelefones durch den Richter in der Hauptverhandlung. Eine solche Handlung würde die Annahme der Befangenheit des Richters rechtfertigen. Irrelevant hierbei ist die Bedeutung der privaten Handynutzung sowie ob der Richter tatsächlich befangen war. Eine Besorgnis der Befangenheit gemäß § 24 II StPO liege jedenfalls dann vor, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit beeinflussen kann. Dies sei bei der Handynutzung während der Hauptverhandlung zu bejahen – Streifer & Kollegen, Dirk Streifler, Anwalt für Strafrecht


Unser Handy ist mittlerweile elementarer Bestandteil unseres Lebens. In beruflichen Angelegenheiten ist es aber eher fehl am Platz. Ein Blick auf das Handy kann in der Folge so manch bösen Blick oder eine Verwarnung des Chefs zur Folge haben. Aber hier blieb es nicht bei einer solchen Verwarnung – Der BGH entschied, dass das Lesen und Versenden von SMS durch einen Richter während einer laufenden Hauptverhandlung unzulässig sei. Dies hätte zur Folge, dass das Verfahren aufgrund der berechtigten Annahme der Unvoreingenommenheit des Richters gegenüber den Angeklagten nach § 22 II StPO neu aufgerollt werden müsse:

Worum ging es? 

Das Landgericht hatte die beiden Angeklagten u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil wandten sich die beiden Angeklagten und legten Revision ein – sie rügten formelles und materielles Recht. Die Angeklagten lehnte die beisitzende Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Grund ab, dass die während der Hauptverhandlung in einem kurzen Zeitraum mehrfach ihr Mobiltelefon benutzt habe. Infolge der Handynutzung wies sie demzufolge ein Aufmerksamkeitsdefizit auf und ihr Fragerecht war indes eingeschränkt. Die Angeklagten führten aus, dass diese Handlung bei Ihnen das Gefühl erweckte, die Richtern habe sich mangels Interesse an der Beweisaufnahme bereits zur Tat-und Schuldfrage des Angeklagten entschieden. 

Die vorsitzende Richterin entschuldigte sich für das Ereignis und begründete es damit, dass sie infolge der verlängerten Sitzungszeit ihre Kinderbetreuung organisieren musste. Sie äußerte sich außerdem dahingehend, dass sie die SMS in Erwartung der Überziehung der Verhandlung schon vorgefertigt habe. 

a) Das Landgericht  - Handynutzung begründet keine begründenden Zweifel an der Unvoreingenommenheit 

Das Landgericht wies den Befangenheitsantrag als unbegründet zurück. Seiner Ansicht nach sei die Aufmerksamkeit der abgelehnten Richterin nicht reduziert gewesen. Trotz Handynutzung sei sie dennoch dazu in der Lage gewesen, die Beweisaufnahme in allen ihren wesentlichen Teilen zuverlässig aufzunehmen und entsprechend zu würdigen. 

b) Der Bundesgerichtshof – Handynutzung bringt Desinteresse bezüglich der Beweisaufnahme zum Ausdruck

Der Bundesgerichtshof gab den beiden Angeklagten Recht und erachtete die Verfahrensrüge für erfolgreich - das Ablehnungsgesuch des Angeklagten gegenüber der ablehnenden Richterin war durch das LG zu Unrecht zurückgewiesen worden, § 338 Nr.3:

Der Senat führte aus, dass am Hauptverfahren ein Richter beteiligt war, welcher wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 24 II abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist. Dies stelle ein absoluter Revisionsgrund nach §338 Nr. 3StPO dar.

Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes i.S.v. § 24 IIStPO bestimmt sich entsprechend demStandpunkt des Angeklagten. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters sei dann berechtigt anzunehmen, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann – dies sei im vorliegenden Fall zu bejahen. 

Gemäß der Sicht eines vernünftigen Angeklagten ergebe die strittige Handynutzung der Richterin während der Hauptverhandlung einen berechtigten Grund zum Zweifeln, dass die Richterin mangels Interesse an der dem Kernbereich richterlichen Tätigkeit unterfallender Beweisaufnahme auf ein bestimmtes Ergebnis festlegt

Beachtlich sei auch nicht die Bedeutung der SMS oder ob die Aufmerksamkeit der Richterin durch die Handnutzung tatsächlich reduziert gewesen sei. Vielmehr bringe eine Richterin, die während der Verhandlung SMS schreibt, zum Ausdruck, ihren privaten Lebensbereich über die ihr obliegende dienstliche Pflicht zu stellen.

Maßgeblich sei aber auch, dass die Richterin die SMS in vornherein schon vorgefertigt habe und es demnach darauf angelegt hat, aktiv in der Hauptverhandlung in privaten Angelegenheiten nach außen zu kommunizieren. Damit habe sie ihr Fähigkeiten beeinträchtigt, die Verhandlung in allen wesentlichen Teilen zuverlässig zu betrachten. Diese ist mit einer nötigen Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Verhandlungsinhalt unvereinbar.

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[E.K.]

Der Bundesgerichtshof (2 StR 228/14) entschied am 17. 06 2016 folgendes:

Strafverfahren: Ablehnung einer beisitzenden Richterin einer Jugendkammer wegen Befangenheitsbesorgnis bei privater Nutzung eines Mobiltelefons während der Beweisaufnahme

Orientierungssatz

Aus der Sicht eines besonnenen Angeklagten gibt die private Nutzung eines Mobiltelefons durch eine beisitzende Richterin einer Jugendkammer während laufender Hauptverhandlung den begründeten Anlass zu der Befürchtung, die Richterin habe sich mangels uneingeschränkten Interesses an der dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit unterfallenden Beweisaufnahme auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt und rechtfertigt damit das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin i.S.d. § 24 Abs. 2 StPO.(Rn.8)

Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten C.  wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten B.  wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben mit der von beiden Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).

1. Der Rüge liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:

Die Angeklagten hatten u.a. eine beisitzende Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da diese während der Vernehmung eines Zeugen am vierten Hauptverhandlungstag über einen Zeitraum von etwa zehn Minuten mehrfach ihr Mobiltelefon bedient habe. Aufgrund des mit der Bedienung des Mobiltelefons und dem Schreiben von Kurzmitteilungen einhergehenden Aufmerksamkeitsdefizits sei das Fragerecht bzw. die Fragemöglichkeit der abgelehnten Richterin eingeschränkt. Damit sei der Eindruck erweckt worden, die Richterin habe sich mangels uneingeschränkten Interesses an der Beweisaufnahme bereits zur Tat- und Schuldfrage der Angeklagten festgelegt.

In der dienstlichen Erklärung hat die beisitzende Richterin u.a. ausgeführt, ihr vor ihr liegendes stumm geschaltetes Mobiltelefon in der Hauptverhandlung als "Arbeitsmittel" zu nutzen. Die an diesem Tag erwartete Sitzungszeit sei bereits deutlich überschritten gewesen. Einen (stummen) Anruf von zu Hause habe sie mit einer vorgefertigten SMS des Inhalts "Bin in Sitzung" beantwortet; eine weitere dringende SMS-Anfrage bezüglich der weiteren Betreuung der Kinder habe sie "binnen Sekunden" beantwortet. Auf Rüge der Verteidigung habe sie diesen Sachverhalt öffentlich gemacht und sich entschuldigt.

Mit Beschluss vom 15. April 2013 hat das Landgericht den Befangenheitsantrag - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin - als unbegründet zurückgewiesen. Die Aufmerksamkeit der beisitzenden Richterin sei in keinem Fall so reduziert, "dass sie in ihrer Fähigkeit, die Beweisaufnahme in allen ihren wesentlichen Teilen zuverlässig aufzunehmen und richtig zu würdigen", eingeschränkt gewesen sei. Denn das Verfassen einer (vorgefertigten) Kurzmitteilung oder die kurzfristige Benutzung des Mobiltelefons zu dienstlichen Zwecken, erfordere keine besonderen Anforderungen an die Verstandestätigkeit und die Aufmerksamkeit eines Richters.

Dieses habe die beisitzende Richterin zudem in ihrer dienstlichen Erklärung bestätigt. Außerdem habe sie sich in der Hauptverhandlung für ihr Verhalten entschuldigt.

2. Das Ablehnungsgesuch gegenüber der beisitzenden Richterin ist zu Unrecht zurückgewiesen worden.

Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten zu beurteilen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2004 - 1 StR 574/03, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 24 Rn. 6 und 8 mwN).

So liegt der Fall hier. Auch aus der Sicht eines besonnenen Angeklagten gab die private Nutzung des Mobiltelefons durch die beisitzende Richterin während laufender Hauptverhandlung begründeten Anlass zu der Befürchtung, die Richterin habe sich mangels uneingeschränkten Interesses an der dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit unterfallender (vgl. § 261 StPO) Beweisaufnahme auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt.

Angesichts der Tatsache, dass es die beisitzende Richterin wegen der erwarteten Überschreitung der Sitzungszeit mit vorgefertigter SMS offensichtlich von vornherein darauf angelegt hat, aktiv in der Hauptverhandlung in privaten Angelegenheiten nach außen zu kommunizieren, kommt es entgegen der Auffassung im ablehnenden Beschluss des Landgerichts auch nicht darauf an, ob deswegen die Aufmerksamkeit der Richterin erheblich reduziert gewesen sei. Denn die beisitzende Richterin hat sich während der Zeugenvernehmung durch eine mit der Sache nicht im Zusammenhang stehende private Tätigkeit nicht nur gezielt abgelenkt und dadurch ihre Fähigkeit beeinträchtigt, der Verhandlung in allen wesentlichen Teilen zuverlässig in sich aufzunehmen und zu würdigen; sie hat damit auch zu erkennen gegeben, dass sie bereit ist, in laufender Hauptverhandlung Telekommunikation im privaten Bereich zu betreiben und dieses über die ihr obliegenden dienstlichen Pflichten zu stellen.

Von kurzfristigen Abgelenktheiten, wie sie während einer länger andauernden Hauptverhandlung auftreten können, unterscheidet sich dieser Fall dadurch, dass eine von vornherein über den Verhandlungszusammenhang hinausreichende externe Telekommunikation unternommen wird; eine solche ist mit einer hinreichenden Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Verhandlungsinhalt unvereinbar.

Da es sich auch nicht um ein unbedachtes Verhalten der abgelehnten Richterin handelt, das durch Klarstellung und Entschuldigung beseitigt werden kann (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. März 1999 - 5 StR 566/98, BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 1), durfte das Ablehnungsgesuch nach alledem nicht zurückgewiesen werden.

3. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO führt dazu, dass das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben ist.

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 2 2 8 / 1 4
vom
17. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juni 2015,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Bartel,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten C. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten B. ,
Justizhauptsekretärin in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2013 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten B. wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben mit der von beiden Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).
2
1. Der Rüge liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
3
Die Angeklagten hatten u.a. eine beisitzende Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da diese während der Vernehmung eines Zeugen am vierten Hauptverhandlungstag über einen Zeitraum von etwa zehn Minuten mehrfach ihr Mobiltelefon bedient habe. Aufgrund des mit der Bedienung des Mobiltelefons und dem Schreiben von Kurzmitteilungen einhergehenden Aufmerksamkeitsdefizits sei das Fragerecht bzw. die Fragemöglichkeit der abgelehnten Richterin eingeschränkt. Damit sei der Eindruck erweckt worden, die Richterin habe sich mangels uneingeschränkten Interesses an der Beweisaufnahme bereits zur Tat- und Schuldfrage der Angeklagten festgelegt.
4
In der dienstlichen Erklärung hat die beisitzende Richterin u.a. ausgeführt , ihr vor ihr liegendes stumm geschaltetes Mobiltelefon in der Hauptverhandlung als "Arbeitsmittel" zu nutzen. Die an diesem Tag erwartete Sitzungszeit sei bereits deutlich überschritten gewesen. Einen (stummen) Anruf von zu Hause habe sie mit einer vorgefertigten SMS des Inhalts "Bin in Sitzung" beantwortet ; eine weitere dringende SMS-Anfrage bezüglich der weiteren Betreuung der Kinder habe sie "binnen Sekunden" beantwortet. Auf Rüge der Verteidigung habe sie diesen Sachverhalt öffentlich gemacht und sich entschuldigt.
5
Mit Beschluss vom 15. April 2013 hat das Landgericht den Befangenheitsantrag - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin - als unbegründet zurückgewiesen. Die Aufmerksamkeit der beisitzenden Richterin sei in keinem Fall so reduziert, "dass sie in ihrer Fähigkeit, die Beweisaufnahme in allen ihren wesentlichen Teilen zuverlässig aufzunehmen und richtig zu würdigen", eingeschränkt gewesen sei. Denn das Verfassen einer (vorgefertigten) Kurzmitteilung oder die kurzfristige Benutzung des Mobiltelefons zu dienstlichen Zwecken, erfordere keine besonderen Anforderungen an die Verstandestätigkeit und die Aufmerksamkeit eines Richters. Dieses habe die beisitzende Richterin zudem in ihrer dienstlichen Erklärung bestätigt. Außerdem habe sie sich in der Hauptverhandlung für ihr Verhalten entschuldigt.
6
2. Das Ablehnungsgesuch gegenüber der beisitzenden Richterin ist zu Unrecht zurückgewiesen worden.
7
Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten zu beurteilen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2004 - 1 StR 574/03, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 24 Rn. 6 und 8 mwN).
8
So liegt der Fall hier. Auch aus der Sicht eines besonnenen Angeklagten gab die private Nutzung des Mobiltelefons durch die beisitzende Richterin während laufender Hauptverhandlung begründeten Anlass zu der Befürchtung, die Richterin habe sich mangels uneingeschränkten Interesses an der dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit unterfallender (vgl. § 261 StPO) Beweisaufnahme auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt.
9
Angesichts der Tatsache, dass es die beisitzende Richterin wegen der erwarteten Überschreitung der Sitzungszeit mit vorgefertigter SMS offensichtlich von vornherein darauf angelegt hat, aktiv in der Hauptverhandlung in privaten Angelegenheiten nach außen zu kommunizieren, kommt es entgegen der Auffassung im ablehnenden Beschluss des Landgerichts auch nicht darauf an, ob deswegen die Aufmerksamkeit der Richterin erheblich reduziert gewesen sei. Denn die beisitzende Richterin hat sich während der Zeugenvernehmung durch eine mit der Sache nicht im Zusammenhang stehende private Tätigkeit nicht nur gezielt abgelenkt und dadurch ihre Fähigkeit beeinträchtigt, der Verhandlung in allen wesentlichen Teilen zuverlässig in sich aufzunehmen und zu würdigen; sie hat damit auch zu erkennen gegeben, dass sie bereit ist, in laufender Hauptverhandlung Telekommunikation im privaten Bereich zu betreiben und dieses über die ihr obliegenden dienstlichen Pflichten zu stellen. Von kurzfristigen Abgelenktheiten, wie sie während einer länger andauernden Hauptverhandlung auftreten können, unterscheidet sich dieser Fall dadurch, dass eine von vornherein über den Verhandlungszusammenhang hinausreichende externe Telekommunikation unternommen wird; eine solche ist mit einer hinreichenden Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Verhandlungsinhalt unvereinbar.
10
Da es sich auch nicht um ein unbedachtes Verhalten der abgelehnten Richterin handelt, das durch Klarstellung und Entschuldigung beseitigt werden kann (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. März 1999 - 5 StR 566/98, BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 1), durfte das Ablehnungsgesuch nach alledem nicht zurückgewiesen werden.
11
3. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO führt dazu, dass das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben ist. Fischer RiBGH Prof. Dr. Krehl Eschelbach ist an der Unterschrift gehindert. Fischer Zeng RinBGH Dr. Bartel ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Fischer

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.