GmbH-Gesellschafter: Verlust der Gesellschafterstellung ohne vorherige Zahlung einer Abfindung
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Die Satzung einer GmbH kann für den Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss anordnen, dass der betroffene Gesellschafter seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung - also auch schon vor Zahlung seiner Abfindung - verliert (BGHZ 32, 17, 23; Sen.Urt. v. 30. Juni 2003 - II ZR 326/01, ZIP 2003, 1544). Der Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils ist wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 3 GmbHG jedenfalls dann nichtig, wenn infolge einer Unterbilanz bzw. einer darüber hinausgehenden bilanziellen Überschuldung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung feststeht, dass die Gesellschaft eine geschuldete - sofort fällige - Abfindung nicht aus freiem Vermögen aufbringen kann (BGHZ 144, 365, 369 f.).
Gründe:
Dem Gesamtzusammenhang der §§ 12 ("Ausscheiden eines Gesellschafters"), 13 ("Folgen des Ausscheidens") des Gesellschaftsvertrages (GV) der Beklagten ist - wovon auch das Berufungsgericht in seiner zwar knappen, aber im Ergebnis zutreffenden Urteilsbegründung ersichtlich ausgeht - bei der gebotenen objektiven Auslegung zu entnehmen, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes der betroffene Gesellschafter durch Beschluss der übrigen Gesellschafter mit sofortiger Wirkung aus der Gesellschaft ausscheidet.
Ein solcher Beschluss wurde nicht erst konkludent zugleich mit der Einziehung am 15. Mai 2000, sondern bereits am 14. Februar 2000 gefasst und am 10. April 2000 unmissverständlich wiederholt. Dass die Ausschließung auf einen wichtigen Grund gestützt wurde, ergibt sich - anders als die Beschwerde mit ihrer auf Art. 103 GG gestützten Rüge glauben machen will - aus dem unstreitigen Inhalt des mit der Klageerwiderung zu den Akten gereichten Protokolls zur Gesellschafterversammlung vom 14. Februar 2000, in der die Ausschließungsgründe ausführlich vor der Beschlussfassung unter Top 6 erörtert worden sind. Mangels Anfechtung ist der beschlossene Ausschluss der Klägerin bestandskräftig und damit wirksam.
Im Urteil vom 30. Juni 2003 (II ZR 326/01), der einen Austrittsfall betraf, hat der Senat unmissverständlich ausgesprochen, dass die Satzung eine von der dem Urteil BGHZ 9, 157 zugrunde liegenden Konstellation abweichende Regelung treffen und selbst für den Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss anordnen kann, dass der Gesellschafter seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung verliert.
Dies hatte der Senat schon in seinem - in jener Entscheidung in Bezug genommenen - Urteil BGHZ 32, 17, 23 eindeutig ausgesprochen:
…" Ein rechtmäßiger Ausschließungsbeschluss hat zur Folge, dass der betroffene Gesellschafter seine Gesellschafterstellung verliert. Der Geschäftsanteil bleibt dagegen bestehen. Der ausgeschlossene Gesellschafter hat Anspruch auf den vollen Gegenwert seines Geschäftsanteils. Auch wenn die Gesellschaft nicht in angemessener Frist die Einziehung des Geschäftsanteils beschließt oder seine Abtretung verlangt und nichts dazu tut, dass der Ausgeschlossene den Gegenwert seines Geschäftsanteils erlangt, lebt doch die Gesellschafterstellung des Betroffenen nicht wieder auf. …Im Rahmen der gestellten Anträge kommt es daher nicht darauf an, dass lediglich die Ausschließung des Klägers beschlossen, nicht aber über seinen Geschäftsanteil Beschluss gefasst worden ist, und welchen Wert dieser Geschäftsanteil hat."…
Einer Revisionszulassung bedarf es entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht im Hinblick auf die feststehende Rechtsprechung des Senats, dass ein Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 3 GmbHG jedenfalls dann nichtig ist, wenn infolge einer Unterbilanz bzw. einer darüber hinausgehenden bilanziellen Überschuldung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung feststeht, dass die Gesellschaft eine geschuldete - sofort fällige - Abfindung nicht aus freiem Vermögen aufbringen kann (BGHZ 144, 365, 369 f.).
Ein im Zusammenhang mit dieser Senatsrechtsprechung stehender Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 GG liegt nicht vor.
Auf den Vortrag der Klageschrift, wonach im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung am 15. Mai 2000 (angeblich) eine Unterbilanz i.H.v. 150.000,00 DM bestanden habe, musste es nicht eingehen. Dieser bestrittene - Vortrag ist, wie die Beklagte bereits in der Klageerwiderung eingehend dargelegt hat, unsubstantiiert. Die von der Klägerin allenfalls kursorisch in Bezug genommene Bilanz zum 31. Dezember 1999 gibt für eine Unterbilanz im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung am 15. Mai 2000 nichts her, zumal nach dem Vortrag der Beklagten bereits im Geschäftsjahr 1999 ein Jahresüberschuss von mehr als 65.000,00 DM erwirtschaftet wurde. Angesichts dessen besteht kein vernünftiger Anhaltspunkt dafür, dass im Beschlusszeitpunkt ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften festgestanden hätte.
Hinzu kommt, dass die Klägerin in ihrem - im Berufungstermin vom 12. Juli 2007 eingereichten Schriftsatz - selbst die von ihr geltend gemachte Bewertung des Unternehmenswertes der Beklagten mit 1.053.000,00 € vorgelegt hat, die deutlich werden lässt, dass es dem Unternehmen - nach wie vor - gut geht und eine Abfindung der Klägerin auf der Grundlage der beschlossenen Einziehung nicht gefährdet war; vielmehr ist offenbar nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin mit einer nicht unerheblichen Abfindung zu rechnen, zu deren Zahlung die Gesellschaft in der Lage war und noch ist.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 1.036.654, 40 €
Gründe:
- 1
- Es liegt keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vor, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Senat hat auch die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
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- 1. a) Dem Gesamtzusammenhang der §§ 12 ("Ausscheiden eines Gesellschafters" ), 13 ("Folgen des Ausscheidens") des Gesellschaftsvertrages (GV) der Beklagten ist - wovon auch das Berufungsgericht in seiner zwar knappen , aber im Ergebnis zutreffenden Urteilsbegründung ersichtlich ausgeht - bei der gebotenen objektiven Auslegung zu entnehmen, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes der betroffene Gesellschafter durch Beschluss der übrigen Gesellschafter mit sofortiger Wirkung aus der Gesellschaft ausscheidet.
- 3
- Ein solcher Beschluss wurde nicht erst konkludent zugleich mit der Einziehung am 15. Mai 2000, sondern bereits am 14. Februar 2000 gefasst und am 10. April 2000 (vgl. NZB-Erwiderung S. 4, Beschluss BayObLG v. 18. März 2003, S. 4 - Anl. K 6) unmissverständlich wiederholt. Dass die Ausschließung auf einen wichtigen Grund gestützt wurde, ergibt sich - anders als die Beschwerde mit ihrer auf Art. 103 GG gestützten Rüge glauben machen will - aus dem unstreitigen Inhalt des mit der Klageerwiderung zu den Akten gereichten Protokolls zur Gesellschafterversammlung vom 14. Februar 2000 (Anl. B 3 auf GA 45), in der die Ausschließungsgründe ausführlich vor der Beschlussfassung unter Top 6 erörtert worden sind. Mangels Anfechtung ist der beschlossene Ausschluss der Klägerin bestandskräftig und damit wirksam.
- 4
- b) Einer Revisionszulassung wegen Grundsätzlichkeit bedarf es entgegen der Ansicht der Klägerin zur Frage der sofortigen Wirksamkeit einer Ausschließung durch Gesellschafterbeschluss auf der Grundlage einer dies - wie hier - regelnden Satzungsklausel nicht, weil der Senat diese Rechtsfrage bereits entschieden hat.
- 5
- aa) Im Urteil vom 30. Juni 2003 (II ZR 326/01, ZIP 2003, 1544), der einen Austrittsfall betraf, hat der Senat unmissverständlich ausgesprochen, dass die Satzung eine von der dem Urteil BGHZ 9, 157 zugrunde liegenden Konstellation abweichende Regelung treffen und selbst für den Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss anordnen kann, dass der Gesellschafter seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung verliert.
- 6
- bb) Dies hatte der Senat schon in seinem - in jener Entscheidung in Bezug genommenen - Urteil BGHZ 32, 17, 23 eindeutig ausgesprochen: …" Ein rechtmäßiger Ausschließungsbeschluss hat zur Folge, dass der betroffene Gesellschafter seine Gesellschafterstellung verliert. Der Geschäftsanteil bleibt dagegen bestehen. Der ausgeschlossene Gesellschafter hat Anspruch auf den vollen Gegenwert seines Geschäftsanteils. Auch wenn die Gesellschaft nicht in angemessener Frist die Einziehung des Geschäftsanteils beschließt oder seine Abtretung verlangt und nichts dazu tut, dass der Ausgeschlossene den Gegenwert seines Geschäftsanteils erlangt, lebt doch die Gesellschafterstellung des Betroffenen nicht wieder auf. …Im Rahmen der gestellten Anträge kommt es daher nicht darauf an, dass lediglich die Ausschließung des Klägers beschlossen, nicht aber über seinen Geschäftsanteil Beschluss gefasst worden ist, und welchen Wert dieser Geschäftsanteil hat."…
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- 2. Einer Revisionszulassung bedarf es entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht im Hinblick auf die feststehende Rechtsprechung des Senats, dass ein Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 3 GmbHG jedenfalls dann nichtig ist, wenn infolge einer Unterbilanz bzw. einer darüber hinausgehenden bilanziellen Überschuldung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung feststeht, dass die Gesellschaft eine geschuldete - sofort fällige - Abfindung nicht aus freiem Vermögen aufbringen kann (BGHZ 144, 365, 369 f.).
- 8
- Ein im Zusammenhang mit dieser Senatsrechtsprechung stehender Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 GG liegt nicht vor.
- 9
- a) Auf den Vortrag der Klageschrift, wonach im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung am 15. Mai 2000 (angeblich) eine Unterbilanz i.H.v. 150.000,00 DM bestanden habe, musste es nicht eingehen. Dieser - be- strittene - Vortrag ist, wie die Beklagte bereits in der Klageerwiderung eingehend dargelegt hat, unsubstantiiert. Die von der Klägerin allenfalls kursorisch in Bezug genommene Bilanz zum 31. Dezember 1999 gibt für eine Unterbilanz im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung am 15. Mai 2000 nichts her, zumal nach dem Vortrag der Beklagten bereits im Geschäftsjahr 1999 ein Jahresüberschuss von mehr als 65.000,00 DM erwirtschaftet wurde. Angesichts dessen besteht kein vernünftiger Anhaltspunkt dafür, dass im Beschlusszeitpunkt ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften festgestanden hätte.
- 10
- b) Hinzu kommt, dass die Klägerin in ihrem - im Berufungstermin vom 12. Juli 2007 eingereichten Schriftsatz - selbst die von ihr geltend gemachte Bewertung des Unternehmenswertes der Beklagten mit 1.053.000,00 € vorgelegt hat, die deutlich werden lässt, dass es dem Unternehmen - nach wie vor - gut geht und eine Abfindung der Klägerin auf der Grundlage der beschlossenen Einziehung nicht gefährdet war; vielmehr ist offenbar nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin mit einer nicht unerheblichen Abfindung zu rechnen, zu deren Zahlung die Gesellschaft in der Lage war und noch ist.
Goette Kurzwelly Kraemer
Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 19.01.2007 - 1 HKO 5036/05 -
OLG München, Entscheidung vom 25.10.2007 - 23 U 2111/07 -
(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.
(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug trägt die Beklagte 3/8. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits in sämtlichen Rechtszügen trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen einer GmbH mit einem Stammkapital von 150.000,00 DM. Ihre Gesellschafter waren die Beklagte (ebenfalls eine GmbH) und A. S.. Mit Schreiben vom 13. und 26. März 1992 erklärte die Beklagte die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zum 31. März 1992. Die Satzung der GmbH bestimmt dazu in § 14 folgendes:
"(1) Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft mit einer Frist von neun Monaten zum Schluß des Geschäftsjahres kündigen. ... (2) Durch die Kündigung tritt der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Sein Geschäftsanteil wächst den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile zueinander an. Diese können jedoch eine andere Verteilung vereinbaren. (3) Der ausscheidende Gesellschafter erhält ein Ausscheidungsguthaben. Dieses ist spätestens zwölf Monate nach Wirksamkeit der Kündigung auszuzahlen. Das Ausscheidungsguthaben bemißt sich nach dem Verkehrswert. An den Geschäften, die im Zeitpunkt des Ausscheidens laufen, nimmt der ausscheidende Gesellschafter nicht teil. (4) Im Falle der Kündigung durch einen Gesellschafter können die übrigen Gesellschafter anstelle der Übernahme der Geschäftsanteile aber auch beschließen, daß die Gesellschaft aufgelöst wird." Unter dem 21. Februar/10. März 1995 schlossen die GmbH, vertreten durch den Gesellschaftergeschäftsführer S., und die Beklagte einen Vergleich über eine an diese zu zahlende Abfindung von 500.000,00 DM, zahlbar in fünf Raten zu je 100.000,00 DM. Die GmbH zahlte drei Raten am
31. März und 29. Dezember 1995 sowie am 26. Juni 1996. Eine weitere Rate über 100.000,00 DM zahlte der Gesellschafter S. mit einem auf sein Bankkonto gezogenen Scheck. Die letzte Rate wurde nicht gezahlt.
Mit der Klage hat zunächst die GmbH und nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens der jetzige Kläger die Beklagte auf Rückerstattung der an sie geflossenen Zahlungen von 400.000,00 DM in Anspruch genommen, weil diese zu Lasten des Stammkapitals der GmbH gezahlt worden seien (§§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG). Bereits bei Abschluß des Abfindungsvergleichs im März 1995 habe festgestanden, daß sie die Abfindung nicht aus freiem Vermögen würde leisten können. Die letzte Rate habe der Gesellschafter S. im Wege eines Gesellschafterdarlehens auf die Schuld der GmbH geleistet.
Das Landgericht hat der Klage entsprochen. Das Oberlandesgericht hat die auf einen Teilbetrag von 249.000,00 DM beschränkte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage im Umfang der Berufung der Beklagten.
I. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte schulde dem Kläger gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG Rückzahlung der von dem Gesellschafter S. geleisteten Zahlung von 100.000,00 DM. Diese sei als Zahlung der GmbH anzusehen , weil hierdurch eine sie treffende Verbindlichkeit getilgt worden sei, und zwar durch eine Leistung, die sie durch S. als Dritten erbracht habe.
Dies ergebe sich aus der in § 14 der Satzung der GmbH vorgesehenen Wirkung der Kündigung eines Gesellschafters. § 14 Abs. 2 Satz 2 sei nicht so zu verstehen, daß der Geschäftsanteil des Kündigenden automatisch den verbleibenden Gesellschaftern anfalle und S. daher mit der Zahlung von 100.000,00 DM eine eigene Gegenleistungsverpflichtung für den Erwerb des Geschäftsanteils der Beklagten erfüllt habe, weil es im Kapitalgesellschaftsrecht eine dem § 738 BGB entsprechende Regelung nicht gebe. Vielmehr sei die Regelung dahingehend zu interpretieren, daß im Fall des Austritts eines Gesellschafters durch Kündigung dessen Anteil eingezogen werde (§ 34 GmbHG) und sich dadurch der Nennbetrag der verbleibenden Geschäftsanteile erhöhe. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, sei aufgrund des von S. mitgetragenen Abfindungsvergleichs vom März 1995 von einer (konkludenten) Einziehung auszugehen, die aber erst mit vollständiger Zahlung der von der GmbH geschuldeten, zum Teil von S. unter Verletzung ihres Stammkapitals gezahlten Abfindung wirksam werde. Daraus ergebe sich zugleich, daß die Beklagte auch die im Jahr 1995 aus freiem Vermögen der GmbH geleisteten Zahlungen in Höhe von 149.000,00 DM zurückzuzahlen habe, weil die Beklagte Gesellschafterin der GmbH geblieben und das gesamte Geschäft deshalb rückabzuwickeln sei. Der einseitige Verzicht der Beklagten auf die restliche Abfindung könne daran nichts ändern.
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei der aus Geldmitteln des Gesellschafters S. an die Beklagte geleisteten Zahlung von 100.000,00 DM nicht um eine gemäß § 30 GmbHG verbotene Leistung aus dem Vermögen der GmbH, mag diese auch aus der zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen und nach den insoweit nicht angegriffenen Fest-
stellungen des Berufungsgerichts wirksamen Abfindungsvereinbarung ver- pflichtet gewesen sein. Der Hinweis des Berufungsgerichts, daß S. auf eine Schuld der GmbH gegenüber der Beklagten geleistet habe, läßt offen, ob er dabei aus eigenem Antrieb als Dritter im Sinne von § 267 BGB oder im Auftrag der GmbH (vertreten durch ihn) für ihre Rechnung gehandelt hat. Anders als im ersten wäre zwar im zweiten Fall eine Leistung der GmbH anzunehmen, die jedoch unter den gegebenen Umständen eine Unterbilanz der GmbH weder herbeiführte noch vertiefte, jedenfalls aber die - durch § 30 GmbHG geschützten - Belange ihrer Drittgläubiger nicht berührte. Denn der - für die Voraussetzungen des § 30 GmbHG darlegungspflichtige - Kläger hat ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils selbst vorgetragen, daß S. der GmbH mit der Zahlung an die Beklagte "ein eigenkapitalersetzendes Darlehen" gewähren wollte und gewährt hat, weil die GmbH zu diesem Zeitpunkt von dritter Seite keinen Kredit mehr habe erhalten können. Infolgedessen war der Darlehensrückzahlungsanspruch des Gesellschafters S. gegenüber der GmbH in gleicher Weise entsprechend § 30 GmbHG gesperrt (vgl. Senat, BGHZ 90, 370, 376 ff. und st. Rspr.) wie der Abfindungsanspruch der Beklagten (§§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG), der durch die Zahlung gemäß §§ 267 oder 362 BGB teilweise erfüllt wurde. Es handelt sich um einen bloßen Austausch gleichrangiger Passiva, der keinerlei Nachteil für die Gläubiger der GmbH mit sich brachte und deshalb nicht unter § 30 GmbHG fällt.
2. Rechtsfehlerhaft ist weiter die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde die Rückzahlung der im Jahr 1995 aus freiem Vermögen der GmbH gezahlten 149.000,00 DM, weil - so meint das Berufungsgericht offenbar - die für die Wirksamkeit der Einziehung des Geschäftsanteils und damit des Austritts der Beklagten aus der GmbH vorausgesetzte Bedingung vollständiger Zahlung der Abfindung angesichts der Insolvenz der GmbH nicht mehr
eintreten könne und deshalb der Abfindungsvergleich "rückabzuwickeln" sei. Das widerspricht schon dem Grundsatz, daß kein Schuldner aus seiner eigenen Zahlungsunfähigkeit Vorteile wie etwa ein Rücktrittsrecht herleiten kann. Selbst wenn man den Austritt bzw. die Einziehung gegen ein "Abfindungsentgelt" bis zu dessen Zahlung wie einen gegenseitigen, beiderseits nicht vollständig erfüllten Vertrag im Sinne von § 9 GesO zu behandeln hätte und von einer Erfüllungsablehnung des Klägers ausginge, würde daraus nur eine Insolvenzforderung der Beklagten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GesO, nicht aber ein Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung wirksam geleisteter Zahlungen folgen (vgl. auch Kreft in: MünchKommInsO, § 103 Rdn. 32). Die Anwendbarkeit des § 9 GesO kann hier aber dahinstehen, weil ein quasi-synallagmatischer Zusammenhang zwischen Austritt und Zahlung der Abfindung nach der Satzung der GmbH nicht besteht und der Austritt der Beklagten aus der GmbH bereits vollzogen ist.
a) Zwar bedarf der - im GmbHG nicht geregelte, aber bei entsprechender Satzungsregelung zulässige - Austritt aus einer GmbH im Wege der Kündigung regelmäßig eines Vollzuges durch Einziehung oder Übernahme des Geschäftsanteils durch einen oder mehrere Mitgesellschafter (Senat, BGHZ 88, 320, 322 f.), wobei die Wirksamkeit der sog. "entgeltlichen Einziehung" nach überwiegender Auffassung im Anschluß an das - eine Ausschließungsklage ohne statutarische Regelung betreffende - Senatsurteil BGHZ 9, 157 ff., 173 unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des Abfindungsentgelts stehen soll (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 34 Rdn. 10 ff.; Scholz/ Westermann, GmbHG 9. Aufl. § 34 Rdn. 53, jew. m.w.N.; offengelassen in BGHZ 139, 299, 301 f.), was zu einer schwierigen Schwebelage führt (krit. Roth/Altmeppen, GmbHG 4. Aufl. § 34 Rdn. 22 ff.; Goette, FS Lutter, S. 399, 405 ff.). Jedenfalls kann aber die Satzung eine hiervon abweichende Regelung
treffen und selbst für den Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluß anordnen, daß der Gesellschafter seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung verliert (vgl. Senat, BGHZ 32, 17, 23; Sen.Urt. v. 20. Juni 1983 - II ZR 237/82, WM 1983, 956). Für einen Austritt durch Kündigung gilt nichts anderes (wovon auch BGHZ 88, 320, 322 ausgeht). Ob der - in diesem Fall bestehenbleibende (vgl. BGHZ 32, 17, 23) - Geschäftsanteil mangels gegenteiliger Satzungsanordnung bis zu seiner Verwertung durch die Gesellschaft trägerlos wird (so Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 34 Rdn. 36 f.; Roth/Altmeppen aaO, § 60 Rdn. 93; ebenso zu § 21 GmbHG, Senat, BGHZ 42, 89, 92) oder ihr vorübergehend treuhänderisch anfällt (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Aufl. § 21 Rdn. 12 m.N.), bedarf hier wegen der Regelung in der Satzung der GmbH keiner Entscheidung.
b) Die Regelung der Kündigungsfolgen in der Satzung der GmbH hat korporativen, auch künftige Gesellschafter betreffenden Charakter, weshalb der Senat deren Auslegung durch das Berufungsgericht unbeschränkt nachprüfen kann (BGHZ 116, 359, 364; 142, 116, 143 f.). Die Auslegung ist objektiv allein nach dem in der Satzung zum Ausdruck kommenden Gesellschafterwillen vorzunehmen (BGHZ 116 aaO).
aa) Nach § 14 Abs. 2 tritt der kündigende Gesellschafter "durch die Kündigung" , die mit Ablauf der Kündigungsfrist gemäß Abs. 1 wirksam wird, aus der Gesellschaft aus. Bereits das steht der vom Berufungsgericht angenommenen "Bedingungslösung" entgegen. Das Berufungsgericht verstellt sich weiter den Blick dafür, daß in § 14 von einer Einziehung gar nicht die Rede ist, sondern der Geschäftsanteil den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile "anwächst" und der ausscheidende Gesellschafter dafür eine Abfindung erhält, die gemäß Abs. 3 spätestens zwölf Monate nach Wirksamkeit
der Kündigung (!) auszuzahlen ist. Auch danach besteht kein Bedingungs- oder sonstiger Zusammenhang zwischen Ausscheiden und Abfindungszahlung. Die Regelung über das "Anwachsen" des Geschäftsanteils lehnt sich zwar an die Formulierung des § 738 BGB an, hat hier aber eine andere Bedeutung. Mit der Bestimmung, die unter der Mitwirkung eines Notars getroffen wurde, wird zum Ausdruck gebracht, daß der Geschäftsanteil den übrigen Gesellschaftern dinglich anfallen soll. Dies ist im Wege einer durch den Austritt eines Gesellschafters aufschiebend bedingten Teilung (§ 17 Abs. 3 GmbHG) und Abtretung des Geschäftsanteils (§ 15 Abs. 3 GmbHG) ohne weiteres möglich (vgl. zu bedingter Abtretung BGHZ 127, 129, 133; Scholz/Winter aaO, § 15 Rdn. 37 a). Eine entsprechende Regelung kann auch schon in dem notariellen, die Form des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG erfüllenden Gesellschaftsvertrag getroffen werden und ist hier ersichtlich gewollt.
Dem steht nicht entgegen, daß die verbleibenden Gesellschafter gemäß Abs. 2 Satz 2 auch eine andere als die verhältnismäßige Aufteilung des Geschäftsanteils vereinbaren oder nach Abs. 4 anstelle der Übernahme der Geschäftsanteile auch beschließen können, daß die Gesellschaft aufgelöst wird. Denn diese Regelungen können auch vor Ablauf der Kündigungsfrist getroffen werden, widrigenfalls der Anteil eben den Gesellschaftern nach Abs. 2 Satz 2 zuwächst. Ebensowenig steht dieser Auslegung entgegen, daß der Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters gemäß § 14 Abs. 3 sich offenbar gegen die Gesellschaft richtet, obwohl der Anteil des ausgeschiedenen den verbleibenden Gesellschaftern zugute kommt. Die Belange der Gläubiger der Gesellschaft werden durch diese Art der Finanzierung des Anteilserwerbs mit Gesellschaftsmitteln nicht berührt, weil auf den Abfindungsanspruch die §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG entsprechend anzuwenden sind und § 16 Abs. 3 GmbHG unmittelbar eingreift.
bb) Ob die durch den Anteilserwerb bevorteilten Gesellschafter dem Ausscheidenden für die Abfindung subsidiär (pro rata) haften (vgl. Roth/Altmeppen; Goette jeweils aaO), kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist der Austritt der Beklagten aus der GmbH längst wirksam vollzogen (und der Übergang ihres Anteils auf den Gesellschafter S. spätestens mit Abschluß des Abfindungsvergleichs im Jahr 1995 konkludent gemäß § 16 GmbHG bei der Gesellschaft angemeldet). Es bleibt der Beklagten überlassen, ihren restlichen Abfindungsanspruch in der Insolvenz der GmbH anzumelden. Ein Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung geleisteter Zahlungen wegen Bedingungsausfalls besteht nicht.
Röhricht Kurzwelly Kraemer
Münke Graf
(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.
(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.