Gesellschaftsrecht: Zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung beim Streit um die Geschäftsführungsbefugnis
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Gründe:
Der Verfügungskläger begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der es dem Verfügungsbeklagten untersagt werden soll, bis zu bestimmten, hilfsweise gestaffelten Zeitpunkten als Geschäftsführer der N. GmbH - der Komplementärin der N. GmbH & Co. KG - und der N. GmbH & Co. KG aufzutreten und für diese Gesellschaften zu handeln.
Das Landgericht hatte zunächst mit Beschluss vom 30.1.2015 die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen, auf den Widerspruch des Beklagten die einstweilige Verfügung jedoch mit dem angefochtenen Urteil aufgehoben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 22.05.2015 hat das Landgericht Erfurt in dem Verfahren1 HK O 171/14 den Beklagten dazu verurteilt, der Eintragung im Handelsregister der KG zuzustimmen, dass er aus wichtigem Grund mit Wirkung zum 31.12.2014 aus der KG ausgeschlossen wurde und ausschied.
Mit Urteil vom 07.07.2015 hat das Landgericht Stralsund in dem Verfahren4 O 239/14 sein Versäumnisurteil vom 04.11.2014 aufgehoben und die Klage des hiesigen Beklagten gegen den Beschluss vom 17.03.2014 abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der hiesige Beklagte Berufung eingelegt.
Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, entgegen der Auffassung des Landgerichtes unterscheide sich der Streitgegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens von dem Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens. Darüber hinaus müsse zwischen materieller und formeller Rechtskraft unterschieden werden. Nur die formelle Rechtskraft könne der einstweiligen Verfügung entgegenstehen, nicht jedoch die materielle Rechtskraft eines Versäumnisurteils, wenn nach gewährter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das zugrunde liegende Verfahren fortgeführt werde. Zudem müsse die Rechtskraft wegen der Urteilserschleichung durch den Beklagten durchbrochen werden.
Der mit der Berufung hilfsweise gestellte Antrag begründe sich aus dem Umstand, dass der Beklagte mit der Weigerung der Unterzeichnung seines Ausschlusses als Gesellschafter der KG im zuständigen Handelsregister den Komplementärwechsel gemäß Gesellschafterbeschluss der KG vom 6.2.2015 blockiere.
Seinen Ausschluss als Gesellschafter der KG durch Beschluss vom 06.10.2014 habe der Beklagte erstinstanzlich nicht bestritten; dementsprechend sei diese Tatsache in den unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgenommen worden und das nunmehrige Bestreiten unbeachtlich. Außerdem habe der Beklagte in dem Verfahren vor dem Landgericht Erfurt, 1 HK O 171/14, gegensätzlich vorgetragen, er habe an der Versammlung gar nicht teilnehmen können.
Das Schuldanerkenntnis des Beklagten zulasten der KG habe dazu gedient, persönliche Verbindlichkeiten des Beklagten zurückzuführen.
Der Kläger hat zunächst beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Erfurt vom 30.3.2015, Az. 1 HK O 10/15, den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000.-Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
1.bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Wirksamkeit seiner Abberufung mit Beschluss der N. GmbH vom 17.3.2014 weiterhin als Geschäftsführer dieser Gesellschaft aufzutreten sowie im Namen und für diese Gesellschaft zu handeln.
2.bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Wirksamkeit seiner Abberufung mit Beschluss der N. GmbH vom 17.3.2014 weiterhin als Geschäftsführer der N. GmbH & Co. KG aufzutreten sowie im Namen und für diese Gesellschaft zu handeln.
3.hilfsweise:
Bis zur Herbeiführung eines wirksamen Beschlusses über seine Abberufung weiterhin als Geschäftsführer der N. GmbH aufzutreten sowie im Namen und für diese Gesellschaft zu handeln.
4.hilfsweise:
Bis zur Herbeiführung eines wirksamen Beschlusses über seine Abberufung weiterhin als Geschäftsführer der N. GmbH & Co. KG aufzutreten sowie im Namen und für diese Gesellschaft zu handeln.
5.hilfsweise:
Bis zur Eintragung des Ausschlusses des Verfügungsbeklagten als Gesellschafter der N. GmbH & Co. KG mit Wirkung zum 31.12.2014 im zuständigen Handelsregister weiterhin als Geschäftsführer der N. GmbH & Co. KG aufzutreten sowie im Namen und für diese Gesellschaft zu handeln.
Der Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29.04.2015 säumig gewesen. Der Senat hat an diesem Tag antragsgemäß ein Versäumnisurteil erlassen, mit dem das angefochtene Urteil abgeändert worden ist. Das Versäumnisurteil wurde den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 06.05.2015 zugestellt; der Einspruch des Beklagten ging am 18.05.2015 bei Gericht ein.
Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 29.04.2015, Az. 2 U 219/15, wird aufrechterhalten.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 29.04.2015, Az. 2 U 219/15, aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor:
Das erstinstanzliche Urteil sei nicht zu beanstanden. Das Landgericht weise zu Recht darauf hin, dass ein rechtskräftiges Versäumnisurteil vorliege. Ein Rechtsmissbrauch, der zur Durchbrechung der Rechtskraft führen könne, liege nicht vor.
Der Beklagte habe keinerlei Veranlassung, seinem Ausschluss als Gesellschafter der KG zuzustimmen. Ein entsprechender Beschluss sei nicht getroffen worden, was der Beklagte in dem Verfahren vor dem Landgericht Erfurt, Az. 1 HK O 171/15, bereits vorgetragen und unter Beweis gestellt habe.
Nach dem zulässigen Einspruch ist das Versäumnisurteil des Senats vom 29.04.2014 aufrechtzuerhalten, weil der Kläger seinen Anspruch auf den Erlass der darin titulierten Verbote und die Dringlichkeit glaubhaft gemacht hat, §§ 539 Abs. 3, 343 ZPO; 935, 940 ZPO.
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind zulässig.
Die Rechtshängigkeit des Verfahrens vor LG Stralsund, Az. 4 O 239/14 - nunmehr in der Berufungsinstanz, steht den hier streitgegenständlichen Anträgen nicht entgegen. Die Rechtshängigkeit wirkt nicht im Verhältnis zwischen dem Eilverfahren und dem Hauptsacheverfahren, da unterschiedliche Streitgegenstände vorliegen. Während der Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzes der Anspruch auf Sicherung eines Individualanspruches ist, liegt dem Hauptsacheverfahren der zu sichernde Anspruch selbst als Streitgegenstand zugrunde. Deswegen sind im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsschutzziele und Wirkungen beide Verfahren nebeneinander zulässig.
Aus diesem Grunde stünde selbst die etwaige Rechtskraft der Entscheidung des LG Stralsund - sei es durch das Versäumnisurteil oder durch das Urteil vom 07.07.2015 - nicht der Zulässigkeit der Eilanträge entgegen. Anknüpfungspunkt für die objektiven Grenzen der Rechtskraft sind weder Tatsachen noch Rechtsfragen noch Rechtsverhältnisse, sondern ausschließlich der Streitgegenstand, über den im ersten Prozess tatsächlich entschieden wurde.
Der Kläger hat die Voraussetzungen für den Erlass des beantragten Verbotes, bis zur Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung über die Rechtswirksamkeit der Abberufuung des Beklagten mit Beschluss der GmbH vom 17.03.2014 als Geschäftsführer der GmbH aufzutreten und für diese Gesellschaft zu handeln, glaubhaft gemacht.
Die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung zur Regelung des Zwischenzustandes bei einem Streit um die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zur Sicherung der Ansprüche und des Vermögens der Gesellschaft ist in der Rechtsprechung als angemessenes Mittel anerkannt worden. Sie ist auch zur einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses in gesellschaftsrechtlichen Abberufungskonflikten anerkannt worden. Die einstweilige Regelung kann auch die Untersagung der Ausübung von Geschäftsführerbefugnissen umfassen.
Die begehrte Regelungsverfügung stellt inhaltlich einen Fall der Leistungsverfügung dar, da mit der begehrten Untersagung der Wahrnehmung der Geschäftsführung durch den Beklagten der Verfügungsanspruch vorläufig befriedigt werden soll. Die Unterlassungsverfügung dient insoweit bereits der Durchsetzung des Anspruches , so dass für den Erlass der Regelungsverfügung gewichtige Umstände zu verlangen sind.
In allen Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes zählt zu dessen Voraussetzungen ein Verfügungsanspruch im Sinne einer materiellen Rechtsposition. Der Kläger macht geltend, als Gesellschafter der GmbH einen aus §§ 823 Abs. 1 BGB i. V. m. 1004 Abs. 1 BGB analog herrührenden Anspruch der Gesellschaft im Wege der actio pro socio zu verfolgen.
Es handelt sich um einen quasinegatorischen Anspruch der Gesellschaft selbst auf Unterlassung von Eingriffen in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zu dem gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehört alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert eines Betriebes ausmacht, insbesondere Bestand, Erscheinungsformen, Tätigkeitskreis, Kundenstamm und Organisationsstruktur. Daher gehört zu den für den Wert des Betriebs mitbestimmenden Umständen auch die Verteilung und die Art der Ausübung der Geschäftsführerbefugnisse, da durch diese der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens maßgeblich bestimmt wird. Gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB geschützt ist der Gewerbebetrieb gegen betriebsbezogene, also unmittelbare Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebes als solchen. Ein solcher unmittelbarer Eingriff liegt jedenfalls dann vor, wenn eine nicht oder nicht wirksam als Geschäftsführer bestellte Person sich als Geschäftsführer geriert, indem sie sich ins Handelsregister eintragen lässt und im Rechtsverkehr für die Gesellschaft auftritt. Denn hierdurch werden sowohl der Wert als auch die geschäftlichen Aktivitäten der Gesellschaft unmittelbar tangiert. Dies kann negative Auswirkungen haben, etwa das Vertrauen der Kunden erschüttern oder über Rechtsscheinsgrundsätze zu einer Haftung der Gesellschaft für eingegangene Verbindlichkeiten führen. Daher muss eine Gesellschaft grundsätzlich die Möglichkeit haben, das diesbezügliche Verhalten eines Scheingeschäftsführers im Wege der einstweiligen Verfügung zu unterbinden.
Daneben kann der Anspruch auch auf die zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehende gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gestützt werden deren Inhalt es ist, als Mitglied der Gesellschaft deren Interessen zu wahren, sie insbesondere nicht durch schädigendes Verhalten zu beeinträchtigen und sie gegebenenfalls aktiv zu fördern. Die Treuepflicht bildet damit eine allgemeine Verhaltensregel gegenüber der Gesellschaft für die Ausübung von Rechten und sonstigen Befugnissen wie auch für die tatsächliche Einflussnahme innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses.
Der Streit um die Rechtsmacht des Beklagten, die Gesellschaft als Geschäftsführer zu vertreten, betrifft den Bestand des organschaftlichen Rechtsverhältnisses zwischen der Gesellschaft und dem Beklagten , so dass grundsätzlich die Gesellschaft und die als Geschäftsführer auftretende Person die richtigen Parteien des Rechtsstreites sind.
Die Durchsetzung der beantragten einstweiligen Verfügung als Individualanspruch des Klägers würde voraussetzen, dass zwischen den Parteien unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen, gegen die der Beklagte durch sein Auftreten als Geschäftsführer der Gesellschaft verstoßen hat. Hierfür ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nichts.
Zumeist begründet der Gesellschaftsvertrag in Bezug auf die Geschäftsführung nur korporative Regelungen und kein individuelles Recht. Die Regelung hat in der Regel lediglich körperschaftsrechtlichen, nicht aber individualrechtlichen Charakter, weil sie sich an einen unbegrenzten Personenkreis richtet und sowohl für gegenwärtige und künftige Gesellschafter als auch für Gläubiger der Gesellschaft von Bedeutung ist. Der körperschaftliche Charakter gesellschaftsvertraglicher Regelungen über die Besetzung und die Kompetenzen der Gesellschaftsorgane ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt. Entgegenstehendes trägt der Kläger hier nicht vor.
Zwar besteht die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht nicht nur im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, sondern gebietet auch, auf die mitgliedschaftlichen Interessen der Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen; zusammenfassend häufig als allgemeine Loyalitäts- und Treuepflicht umschrieben. Solchermaßen bildet sie eine allgemeine Verhaltensregel auch gegenüber den Mitgesellschaftern. Im Rahmen einer GmbH vermittelt die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht aber nicht in jedem Fall ein individuell durch den einzelnen Gesellschafter durchzusetzendes Recht. Unter welchen besonderen Voraussetzungen eine Treuepflichtverletzung einen unmittelbaren Anspruch des betroffenen Gesellschafters begründen kann, hängt davon ab, welche satzungsmäßigen Zwecke die GmbH verfolgt, wie sie gesellschaftsintern gestaltet ist und welchen Umfang die Mitgliedschaft hat, außerdem aber auch, ob bereits die gesetzlichen und satzungsmäßigen Regelungen den benachteiligten Mitgliedern ausreichenden Rechtsschutz gewähren und den aus einer Treuepflichtverletzung abgeleiteten Ansprüchen vorgehen. Decken sich die möglichen Ansprüche des Gesellschafters mit denjenigen der Gesellschaft, obliegt es in erster Linie der Gesellschaft, ihre Ansprüche geltend zu machen.
Daneben kommt die Geltendmachung von Ansprüchen aus eigenem Recht und im eigenen Namen des Mitgesellschafters im Wege der actio pro socio in Betracht , jedenfalls dann, wenn -wie hier- ein Gesellschafter in Anspruch genommen wird.
Gegenüber einer Gesellschafterklage besteht ein grundsätzlicher Vorrang der inneren Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft. Dass dieser Vorrang entfällt, setzt voraus, dass eine Klage der Gesellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt worden oder infolge der Machtverhältnisse in der Gesellschaft so erschwert ist, dass es für den betroffenen Gesellschafter ein unzumutbarer Umweg wäre, müsste er die Gesellschaft erst zu einer Klage zwingen.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Vertretung der Gesellschaft im Eilverfahren ist jedenfalls dann problematisch, wenn nur der abberufene Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt ist oder die etwaige Vertretungsmacht eines weiteren Geschäftsführers ebenfalls streitig ist. So liegt der Fall hier, da der Kläger bis zu der von ihm behaupteten Beschlussfassung auf der Gesellschafterversammlung der GmbH vom 17.3.2014 nicht Geschäftsführer der Gesellschaft war und seine Vertretungsbefugnis als Geschäftsführer der GmbH daher sowohl die Wirksamkeit als auch die vorläufige Verbindlichkeit der streitigen Beschlussfassung vom 17.03.2014 voraussetzen würde. Auf dieser Grundlage steht dem Kläger kein für Eilfälle hinreichend schnell und sicher zu beschreitender Weg als Vertreter der klagenden Gesellschaft zur Verfügung. Jedenfalls für das einstweilige Verfügungsverfahren ist daher die Handlungsunfähigkeit oder Handlungsunwilligkeit der Gesellschaft für eine Übergangszeit als gegeben anzusehen und der antragstellende Gesellschafter nicht auf die Herbeiführung einer Beschlussfassung nach § 46 Nummer 8 GmbH-Gesetz zu verweisen.
Der Kläger hat die wirksame Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der GmbH glaubhaft gemacht.
Das Versäumnisurteil des Landgerichtes Stralsund vom 4.11.2014 stand dem auch schon vor seiner Aufhebung durch das Urteil des LG Stralsund vom 07.07.2015 nicht entgegen; das aufhebende Urteil beruht auf der Rechtsmeinung, die der Senat bereits bei Erlass seines Versäumnisurteils vertreten hat:
Auch Versäumnisurteile sind der materiellen Rechtskraft fähig. Die materielle Rechtskraft verhindert abweichende Entscheidungen desselben oder eines anderen Gerichts zwischen den nämlichen Parteien und hinsichtlich des nämlichen Streitgegenstandes. Die materielle Rechtskraft tritt aber erst ein, wenn das Urteil nicht mehr auf einen gewöhnlichen Rechtsbehelf hin aufgehoben werden kann, wenn es also formell rechtskräftig ist , was bei einem Versäumnisurteil den Ablauf der Einspruchsfrist voraussetzt, § 338, 339 ZPO. Ist das Versäumnisurteil formell rechtskräftig geworden, hindert die Möglichkeit der Wiedereinsetzung den Eintritt der Rechtskraft nicht, sondern rückwirkend erst die Entscheidung, welche die Wiedereinsetzung für zulässig erklärt,.
Die Einspruchsfrist von zwei Wochen beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils, § 339 Abs. 1 ZPO. Die Zustellung richtet sich nach §§ 166 Abs. 1, 170 Abs. 1, 177, 178, 180 ZPO. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass das Versäumnisurteil nicht wirksam zugestellt worden ist. Die wirksame Zustellung des Versäumnisurteils setzt voraus, dass es dem gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft zugestellt wird. Aus dem Rubrum des Versäumnisurteils ist ersichtlich, dass der hiesige Beklagte und dortige Kläger seine Privatanschrift zugleich als die Anschrift der beklagten Gesellschaft angegeben hat. Aus der in Anlage A 24 vorgelegten Klageschrift ergibt sich darüber hinaus, dass der hiesige Beklagte sich im dortigen Klageverfahren als gesetzlicher Vertreter der Beklagten angegeben hat. Aus dem in Anlage 3 vorgelegten und durch den Kläger gefertigten Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 17.3.2014 ergibt sich als Sitz der Gesellschaft die... Str. in..., wo auch die Gesellschafterversammlung stattgefunden haben soll, was von dem Beklagten ausweislich seiner an das Landgericht Stralsund gerichteten Klage nicht in Abrede gestellt wurde. Wie sich aus der Mitteilung des Amtsgerichtes Stralsund vom 7.1.2015 ergibt, kann die von dem hiesigen Beklagten im Verfahren vor dem Landgericht Stralsund benannte Anschrift der Gesellschaft erst aus einer späteren Änderung der Geschäftsanschrift resultieren. Der hiesige Beklagte ist als dortiger Kläger zudem nicht zur Vertretung der beklagten Gesellschaft befugt, so dass die Klage nicht an ihn zugestellt werden konnte.
Es ist daher glaubhaft gemacht, dass das Versäumnisurteil nicht wirksam zugestellt wurde. Zu dieser Auffassung ist auch das Landgericht Stralsund gelangt.
Der Kläger hat unter Vorlage eines - wenn auch nur von ihm unterschriebenen - Protokolles der Versammlung vom 17.03.2014 glaubhaft gemacht, dass der Beschluss gefasst wurde.
Der Kläger hat in Anlage 24 die Klageschrift des hiesigen Beklagten zum Landgericht Stralsund vorgelegt. Aus dieser ergibt sich, dass der hiesige Beklagte vor dem Landgericht Stralsund bestritten hat, dass am 17.3.2014 überhaupt ein Beschluss gefasst worden wäre. Der Beklagte hat dieses Bestreiten aber nicht in das hiesige Verfügungsverfahren eingeführt. Mit seiner Einspruchsschrift hat der Beklagte lediglich vorgetragen, der Beschluss der KG vom 06.10.2014 sei tatsächlich nicht gefasst worden. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass die Beschlussfassung vom 17.03.2014 eben wegen des fehlenden Bestreitens in den unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgenommen worden ist , so dass § 314 Satz 1 ZPO eingreift.
Zudem ergibt sich aus dem Tatbestand des Urteils des LG Stralsund vom 07.07.2015, dass der hiesige Beklagte das Protokoll der Versammlung vom 17.03.2014 spätestens am 24.03.2014 erhielt und in einer mail von diesem Tage dem hiesigen Kläger mitteilte, dass eine Sitzverlegung der GmbH die Ungültigkeit der bestehenden Förderzusagen und Anträge zur Folge hätte und das Protokoll vom 17.03.2014 nicht wiedergebe, dass der hiesige Beklagte die Pfändung nicht für rechtens halte; eine Rüge falscher Protokollierung der Beschlussfassung ergibt sich daraus nicht.
Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass der Beklagte aus wichtigem Grunde abberufen wurde.
Ausweislich des von dem Kläger gefertigten Protokolles ist der Beschluss ohne Stimmabgabe des Beklagten gefasst worden. Dies setzt voraus, dass die Abberufung aus wichtigem Grunde erfolgte, da der Beklagte bei der Beschlussfassung über eine freie Abberufung stimmberechtigt gewesen wäre.
Die Abberufung des Beklagten aus wichtigem Grunde erfordert, dass der Verbleib des Beklagten in der Organstellung für die Gesellschaft unzumutbar geworden ist. Ein wichtiger Grund kann vorliegen, wenn eine die Erfüllung der Geschäftsführeraufgaben gefährdende Unordnung in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Geschäftsführers eintritt.
Dies hat der Kläger glaubhaft gemacht. In den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten liegt eine Unordnung vor, da ein Gläubiger des Beklagten wegen einer titulierten Forderung in Höhe von etwa 355.000.- Euro die Ansprüche und Rechte des Beklagten als Gesellschafter am Vermögen der KG gepfändet hat.Die Höhe der Forderung gegen den Beklagten ließ schon zur Zeit der Beschlussfassung konkret befürchten, dass der Beklagte infolge der erheblichen Unordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die Geschäfte der GmbH nicht mehr zuverlässig führt. Dies wird durch die weitere Entwicklung bestätigt. Die - nicht bestrittene - Veräußerung der Fotovoltaikmodule durch den Beklagten und das -nicht bestrittene - durch den Beklagten zulasten der KG abgegebene Schuldanerkenntnis liegen zwar zeitlich nach der Fassung des Abberufungsbeschlusses, können aber zur Beurteilung der Umstände ergänzend herangezogen werden, die zur Zeit der Beschlussfassung bereits vorgelegen haben.
Die Dringlichkeit ist gegeben, da der Kläger glaubhaft gemacht hat, dass der Beklagte weiterhin als Geschäftsführer der GmbH auftritt und Rechtsgeschäfte tätigt, die die Gesellschaft grundlegend tangieren.
Aus den unter 2. genannten Gründen hat der Kläger zugleich den Anspruch auf Erlass des nämlichen Verbotes betreffend die KG glaubhaft gemacht.
Die GmbH ist die persönliche Gesellschafterin der KG und deren Geschäftsführerin. Der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH trat im Rechtsverkehr daher letztlich als Vertreter der KG auf; auf diesen Umstand bezieht sich der Verbotsantrag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil die Sache kraft Gesetzes nicht revisibel ist.
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Annotations
(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.
(2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.
(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.
(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)