Baurecht: Unverzügliche Rügepflicht gilt auch bei Lieferung von Betonfertigteilen

erstmalig veröffentlicht: 19.04.2012, letzte Fassung: 29.08.2023

Autoren

Rechtsanwältin

Rechtsanwalt für Immobilienrecht

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Zusammenfassung des Autors

Das Handelsrecht sieht vor, dass der Käufer bei einem Handelskauf die gelieferten Waren unverzüglich kontrollieren und einen eventuellen Mangel anzeigen muss.

Anerkannt ist dabei allerdings, dass bei einer größeren Lieferung nicht jedes Einzelteil gesondert untersucht werden muss. Es reicht aus, wenn der Käufer in diesen Fällen eine repräsentative Stichprobe untersucht. Unterbleibt die unverzügliche Anzeige eines Mangels, gilt die Ware als genehmigt. Folge dieser Fiktion ist, dass die Vergütung trotz des Mangels gezahlt werden muss. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Mangel bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass diese Regelung auch für die Herstellung und Lieferung von Betonfertigteilen für ein Bauvorhaben gelte. Im vorliegenden Fall hatten die gelieferten Fertigteile wegen eines Baustopps etliche Monate lang ungenutzt auf der Baustelle gelegen. Die Toleranzabweichungen wurden erst bei der späteren Montage bemerkt. Das war nach Ansicht der Richter zu spät (OLG Brandenburg, 4 U 69/11).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Brandenburg: Urteil vom 22.02.2012 (Az: 4 U 69/11)

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 14. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Grundlage des am 23. Dezember 2008 per Handschlag geschlossenen Vertrages gemäß Schlussrechnung vom 12. April 2010 auf Zahlung der Vergütung für die Herstellung und Lieferung von Betonfertigteilen für das Bauvorhaben Erweiterung „...“ Center in Anspruch.

Ursprünglich waren mit der Errichtung des Erweiterungsbaus „T.l“ des ...-Centers u. a. folgende Unternehmen befasst:

Die Beklagte war von dem ursprünglichen Bauherrn (wohl) als Generalübernehmerin eingesetzt. Diese hatte die A.Z „T.“ (im erstinstanzlichen Urteil mit A. ... Center bzw. A. bezeichnet), bestehend aus der Z. GmbH und der B. GmbH (im folgenden A. Z./B.), als Generalunternehmerin beauftragt, die ihrerseits wiederum die Klägerin mit der Lieferung der Betonfertigteile und die Montage-A. (Klägerin im Rechtsstreit 4 U 70/11), bestehend aus der a. Montage GmbH und der M. GmbH, mit der Montage der Betonfertigteile beauftragte. Die Tragwerksplanung oblag ursprünglich der S. Tragwerksplanung GmbH; die Objektbetreuung dem Büro Al. Die Beklagte hatte darüber hinaus die D. GmbH, Geschäftsführer D. F., baubegleitend mit der Überprüfung jedenfalls in Bezug auf die statischen Belange beauftragt.

Am 2. Dezember 2008 kündigte die A. Z./B. den Generalunternehmervertrag gemäß § 648 a BGB mit der Folge, dass auch die Vertragsverhältnisse zwischen dieser und der Klägerin sowie der Montage-A. beendet wurden. In welchem Umfang zu diesem Zeitpunkt die Betonteile bereits geliefert worden waren, ist unklar.

Am 23. Dezember 2008 beauftragte die Beklagte die Klägerin und ebenso die Montage-A. mit der Fortführung der Arbeiten.

Im Januar und Februar 2009 wurden durch die Klägerin weitere Fertigteile nach der bisherigen Konstruktion unverändert hergestellt, geliefert und durch die Montage-A. in der Folgezeit montiert.

Am 14. und 27. Januar 2009 fanden Planungsbesprechungen statt, deren Gegenstand u. a. auch die im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständlichen (angeblich) mangelhaften hohen Durchbiegungen der Dach-Unterkonstruktion waren.

Nachdem die Klägerin unter dem 22. Juli 2009, der Beklagten zugestellt am 28. August 2009, Klage auf Zahlung einer Abschlagsrechnung in Höhe von 200.000,00 € erhoben hatte, forderte die Beklagte sie mit Schreiben vom 23. September 2009 unter Fristsetzung zur Beseitigung von Mängeln auf. Die Klägerin ihrerseits stellte ihre Einstandspflicht in Abrede.

Die Klägerin rechnete ihre Lieferungen und Leistungen unter dem 12. April 2010 in Höhe von 838.513,90 € ab und hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 9. September 2010 entsprechend erweitert.

In der Folgezeit wurde auch der zwischen der Beklagten und dem Hauptauftraggeber geschlossene Vertrag gekündigt. Das Bauvorhaben wurde durch die Z. GmbH fertig gestellt, durch den neuen Eigentümer (wohl die Fa. EE., die das Objekt von einem Insolvenzverwalter übernommen haben soll) abgenommen und in Betrieb genommen, ohne dass eine Sanierung erfolgt ist, d. h. ohne dass die angeblichen Mängel der klägerischen Leistungen beseitigt worden sind.

Die Beklagte macht geltend, der Kaufpreis sei wegen vermeintlicher Mängel der Betonteile auf „Null“ gemindert, wobei sie teils die Kosten für die Sanierung aller drei Bauteile, teils Wertminderungen in Ansatz bringt und insgesamt 1.060.000,00 € errechnet. Sie hat vorgetragen, Hauptträger und Pfetten wiesen unzulässig hohe Toleranzabweichungen vom Sollmaß auf, die lastbringenden Konsolen der Hauptträger und Pfetten sowie die lastabnehmenden Konsolen der Hauptträger seien mit erheblichen Toleranzabweichungen und nicht entsprechend der Statik gefertigt worden und schließlich seien die Bügelschlösser der Rundstützen mangelhaft und entsprächen nicht den Regeln der DIN 1045-1. Die Klägerin hafte für die Mängel sowohl der gelieferten Betonfertigteile als auch der Montage ungeachtet der Frage, ob diese Lieferungen/Leistungen bis zum 2. Dezember 2008 oder danach beträfen, denn sie habe in Zusammenhang mit dem Vertragsschluss vom 23. Dezember 2008 eine umfassende Gewährleistung auch für die von ihr bis zum 2. Dezember 2008 (noch im Auftrag der A. Z./B.) erfolgten Altlieferungen und die Gewährleistung für die von der Montage-A. erbrachten Leistungen als Gesamtschuldnerin mit dieser übernommen. Die Klägerin sei im Rahmen der ihr - unstreitig - obliegenden Werksplanung verpflichtet gewesen, die Tragwerksplanung in eigener Verantwortung zu überprüfen. Ihrer eigenen Prüfungspflicht sei sie - die Beklagte - dadurch nachgekommen, dass sie die bereits montierten und die neu gelieferten Betonteile durch den Ing. O. habe überprüfen lassen.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme - Vernehmung der Zeugen Dr. S., Al. und G. - die Beklagte bis auf einen Teil der Zinsforderung antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch aus dem am 23. Dezember 2008 geschlossenen, als Werkliefervertrag zu qualifizierenden Vertrag sei gemäß der Rechnung vom 12. April 2010 begründet. Der Anspruch sei nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen, die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung bestehe nicht. Von den geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 935.000 € beträfen 205.000 € die Leistungen, die hinsichtlich der Elastomerlager vollständig, im Übrigen zumindest teilweise vor dem 3. Dezember 2008 durch die Montage-A. erbracht worden seien. Der Restbetrag betreffe teilweise die von der Klägerin bereits im Verhältnis zur A. Z./B. erbrachten Leistungen. Mit welchem Teil die von der Beklagten gerügten Fertigteile Leistungen der Klägerin im Rahmen des Vertrages mit der Beklagten beträfen, habe diese nicht dargelegt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass die Klägerin eine Gewährleistung für die bereits vor dem 3. bzw. 23. Dezember 2008 erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten übernommen habe. Der Zeuge Dr. S. habe letztlich lediglich bekundet, dass eine Einigung erzielt worden sei, was im Hinblick auf die Beauftragung als solche unstreitig sei. Zum näheren Inhalt dieser Einigung sei seine Aussage nicht ergiebig. Dies gelte auch hinsichtlich der vom Zeugen wörtlich wiedergegebenen Äußerung des Herrn Ga., dass die Klägerin die Mängelbeseitigung für ihre Leistung übernehme. Ob sich dies nur auf die noch zu erbringenden weiteren Montageleistungen beziehe oder auch auf zurückliegende Leistungen, sei ebenso wenig erkennbar wie die Tatsache, ob die Mängelbeseitigung im Rahmen der Gewährleistung oder als so genanntes Drittunternehmen für die A. Z./B. habe zugesagt werden sollen. Der Zeuge Al. habe lediglich gemeint, es sei über die Frage der Gesamtgewährleistung gesprochen worden, ohne sich an den Wortlaut zu erinnern; auch das Ergebnis des Gesprächs zu dieser auch von ihm für bedeutsam gehaltenen Frage habe er nicht bekundet. Die Aussage der Zeugin G. gebe für die Annahme, die Klägerin habe die Gewährleistung auch für die im Verhältnis zur A. Z./B. erbrachten Leistungen übernommen, ebenfalls nichts her. Sie habe bekundet, eine solche Gesamtgewährleistung sei für sie oberstes Gebot und Motivation für die Aufnahme der Verhandlungen mit der Klägerin gewesen. Dieses Thema sei wegen der Einvernehmlichkeit jedoch nicht mit einem besonderen Gewicht angesprochen gewesen. Dass nach Aussage der Zeugin Herr Ga. für die Klägerin in einem Telefonat bekundet habe, es sei selbstverständlich, für das Gebaute einzustehen, lege nahe, dass damit lediglich die ohnehin bestehende Gewährleistung habe bestätigt werden sollen. Dem entspreche, dass die Klägerin nach den Vertragsentwürfen lediglich die Mängelbeseitigung habe übernehmen sollen. Ob diese als Drittunternehmen im Verhältnis zwischen der Beklagten und der A. geschuldet oder aber aufgrund einer selbstständigen Übernahme der Gewährleistung erfolgen sollte, bleibe unklar.

Der Zinsanspruch folge aus den §§ 286, 288 BGB; Verzug sei mit Ablauf der in der Mahnung gesetzten Frist am 30. Juni 2009 eingetreten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.

Das Gericht habe die Beweisaufnahme nicht erschöpfend durchgeführt, es habe den Zeugen Dr. S. wiederholt unterbrochen und von Ausführungen zur Vorgeschichte des Vertragsabschlusses abgehalten. Damit habe das Gericht gegen die ihm obliegende Aufklärung- und Fragepflicht gemäß § 396 ZPO verstoßen. Eine Rechtsverletzung liege auch darin, dass der Zeuge D. F., der mit Schriftsatz vom 4. März 2010 als Zeuge für den Gegenstand der Besprechung am 16. Dezember 2008 angeboten worden sei, nicht geladen worden sei. Thema dieser Besprechung sei, wie im vorbenannten Schriftsatz - nach Ansicht der Beklagten unbestritten - vorgetragen, die Forderung der Beklagten nach vollständiger Gewährleistung durch die Klägerin gewesen. Zu Unrecht habe das Telefonat vom 18. Dezember 2008 zwischen dem Zeugen Al. und Herrn Ga. keine Berücksichtigung gefunden.

Es liege auch eine fehlerhafte Beweiswürdigung vor. Die Annahme des Landgerichts, die Zeugenaussagen seien unergiebig, sei nicht nachvollziehbar. Schließlich habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Mängelfreiheit verkannt. Diese liege, schon wegen ihrer Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der von ihr gefertigten Fertigteile, bei der Klägerin als Verkäuferin.

Im Übrigen habe das Landgericht übersehen, dass die Beklagte ihre Gegenansprüche seit dem Schriftsatz vom 4. März 2010 allein auf Konstruktionsmängel stütze und die Ausführungsmängel ausschließlich im Parallelverfahren 4 U 70/11 geltend mache.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14. April 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt mit näheren Ausführungen die angefochtene Entscheidung und verweist u. a. darauf, dass die Nichteinvernahme des Zeugen F. nicht verfahrensfehlerhaft gewesen sei; denn in den Vorverhandlungen sei keine bindende Einigung über vertragsrechtliche Fragen erzielt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Bestehen der mit der Klage geltend gemachten Kaufpreisforderung der Klägerin aufgrund des am 23. Dezember 2008 zwischen den Parteien geschlossenen Werklieferungsvertrages über die Lieferung von eigens hergestellten Betonfertigteilen - die Ansprüche wegen der Montage derselben sind Gegenstand des Parallelverfahrens zum Az. 4 U 70/11 - ist dem Grund und der Höhe (838.513,90 €) nach unstreitig.

Der Beklagten stehen die geltend gemachten Minderungsansprüche wegen Mängeln - dies hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen - nicht zu.

Grundlage für die allein geltend gemachte Minderung der Vergütung für die Betonfertigteile ist § 441 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. § 651 BGB; andere Ansprüche wegen der behaupteten Mängel macht die Beklagte nicht geltend.

Der Senat kann offenlassen, ob die Behauptung der Beklagten zu trifft, zwischen den Parteien sei in Zusammenhang mit der Begründung einer unmittelbaren Vertragsbeziehung durch den Handschlagvertrag vom 23. Dezember 2008 vereinbart worden, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten die Gewährleistung nicht nur für die nach dem 23. Dezember 2008 zu erbringenden, sondern auch für ihre bis zum 2. Dezember 2008 im Vertragsverhältnis zu der A. Z./B. erbrachten Fertigteillieferungen übernehme. Darauf, ob die Klägerin - wie die Beklagte behauptet - darüber hinaus eine gesamtschuldnerische Haftung auch für die von der Montage-A. zu erbringenden Leistungen übernommen hat, kommt es bereits deshalb nicht an, weil die Beklagte im Verhältnis zu hiesigen Klägerin nur Gegenansprüche aufgrund der Mangelhaftigkeit der Fertigteillieferungen geltend macht.

Soweit es um die Behauptung zur Übernahme der Gewährleistung auch für die vor dem 2. Dezember 2008 erbrachten Leistungen geht, sprechen allerdings gute Gründe dafür, dass der Senat nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die durch das Landgericht getroffenen Feststellungen gebunden wäre, da Zweifel zumindest an der Vollständigkeit dieser Feststellungen begründet sind. Insbesondere hätte das Landgericht den Vortrag der Beklagten zum Inhalt des am 16. Dezember 2008 geführten Vorgesprächs und des am 18. Dezember 2008 geführten Telefonats nicht nahezu vollständig außer Acht lassen dürfen, da zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Umstand, dass nach der Aussage der vom Landgericht vernommenen Zeugen am 23. Dezember 2008 die Frage des Umfangs der Gewährleistung nicht ausdrücklich erörtert worden ist, gerade aus dem Inhalt diese Vorgespräche erklärt.

Einer Wiederholung und Erweiterung der Beweisaufnahme sowie der Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin gemäß § 141 Abs. 1 ZPO durch den Senat bedarf es jedoch nicht, weil die geltend gemachten Minderungsansprüche unabhängig davon, ob die Beklagte den Beweis für die behauptete umfassende Gewährleistungsübernahme auch für die vor dem 23. Dezember 2008 erbrachten Leistungen der Klägerin führen kann oder nicht, unbegründet sind.

Gemäß § 377 HGB muss bei einem Handelskauf der Käufer die gelieferten Waren unverzüglich untersuchen, was grundsätzlich auch bei Sukzessivlieferungen wenigstens eine stichprobenweise Untersuchung jeder Lieferung beinhaltet, und einen sich zeigenden Mangel unverzüglich anzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt (Abs. 2) und der Käufer muss trotz etwaiger Mängel die vereinbarte Vergütung zahlen, es sei denn, es handelt sich um einen Mangel, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

Dieser Untersuchungs- und Rügepflicht wurde nicht genügt.

Dabei kann der Senat letztlich offen lassen, ob in Bezug auf die Altlieferungen vor dem 23. Dezember 2008 § 377 HGB - wie die Beklagte meint - keine Anwendung finden kann, weil die A. Z./B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nicht eine offene Handelsgesellschaft sei und daher kein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliege.

Zwar hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 21. Januar 2009 (Xa ZR 273/08) die Qualifizierung einer A. als OHG - und damit als Kaufmann - für grundsätzlich möglich gehalten. Hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür, dass die A. Z./B. nicht als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern als OHG einzuordnen ist, lassen sich hier nicht feststellen. Mangels näherer Kenntnisse von Art und Umfang der Zusammenarbeit der in der A. Z./B. verbundenen Unternehmen lässt sich weder die Annahme einer auf Dauer angelegten Geschäftstätigkeit noch eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes begründen.

Der Senat hält es allerdings für wenig sachgerecht, die Anwendbarkeit des § 377 HGB unter Hinweis auf die fehlende Kaufmannseigenschaft der A. zu verneinen, wenn diese - wie es hier der Fall war - aus zwei Vollkaufleuten besteht. Der Zweck der Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB, möglichst schnell Klarheit darüber zu schaffen, ob ein Geschäft ordnungsgemäß abgewickelt werden kann oder nicht, rechtfertigte es jedenfalls nicht, einen Zusammenschluss zweier Vollkaufleute nur deshalb von den Pflichten im kaufmännischen Verkehr zu entbinden, weil dieser bloß gelegentlich und vorübergehend ist.

Hierzu bedarf es aber keiner Entscheidung. Denn die Beklagte hat der ihr selbst in Bezug auf die auf Grundlage des zwischen ihr und der Klägerin am 23. Dezember 2008 geschlossenen Vertrages über die Belieferung mit herzustellenden Betonfertigteilen obliegenden Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB nicht genügt; welche Lieferungen für welche Bauteile nach dem 23. Dezember 2008 erbracht worden sein sollen und in welchem Umfang die als Minderung geltend gemachten Sanierungskosten und sonstige Wertminderung von insgesamt 1.060.000,00 € gerade auf diese nach dem 23. Dezember 2008 erbrachten Lieferungen entfallen, wird von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht dargetan.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Beklagte selbst als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Bezug auf die auf Grundlage des zwischen ihr und der Klägerin am 23. Dezember 2008 geschlossenen Vertrages herzustellenden und zu liefernden Betonfertigteile der Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB (i. V. m. § 651 Satz 1 BGB) unterlag.

Wie der Senat im Termin vom 25. Januar 2012 - von der Beklagten unwidersprochen - ausgeführt hat, wurden seitens der Beklagten erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 23. September 2009 (Anlage B 2, Bl. 74 ff. d. A.) Mängel der nach dem 23. Dezember 2008 gelieferten Betonfertigteile gerügt.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Juni 2010 (dort S. 3, Bl. 208 d. A.) behauptet hat, sie habe „bereits unmittelbar nach Weihnachten 2008“ den Vermessungsingenieur O. (auch) „mit der Überprüfung der Neulieferungen im montierten Zustand, d. h. der Leistung „Neu“ beauftragt“, sei mithin ihrer Überprüfungspflicht nachgekommen, ist dieser Vortrag - auch dies war Gegenstand der Erörterung durch den Senat - nicht nachvollziehbar. Die Beklagte nimmt Bezug auf die als Anlage B 10 (Aktenordner) eingereichte Bestandsdokumentation des Dipl. Ing. O.. Diese - auf den 19. Dezember 2008 datierte - Bestandsdokumentation beruht auf Aufmaßnahmen vom 8., 9., 13., 16., 17. und 18. Dezember 2008 und im Zeitraum vom 9. - 18. Dezember 2008 gefertigten Lichtbildern. Sie stammt mithin aus dem Zeitraum vor Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der Beklagten und kann schon deshalb die (rechtzeitige) Untersuchung der unstreitig im Januar/Februar 2009 gelieferten Betonfertigteile nicht belegen. Konkreter Sachvortrag dazu, dass die Beklagte die ihr von der Klägerin gelieferten Betonteile überhaupt zeitnah nach Lieferung hat untersuchen lassen, fehlt. Zu einer rechtzeitig erhobenen Rüge fehlt jegliches Vorbringen.

Die Beklagte war auch nicht ihrer Untersuchungs- und Rügepflicht dadurch entbunden, dass sie die von der Klägerin noch im Auftrag der A. Z./B. hergestellten Betonfertigteile für mangelbehaftet gehalten und gerügt hatte.

Die Beklagte hatte gegenüber der A. Z./B. mit anwaltlichem Schreiben vom 7. November 2008 (Anlage B 4, Bl. 122 ff. d. A.) unter Verweis auf zuvor von D. F. erstellte Aktenvermerke diverse Mängel in der Ausführung, aber auch Planung und Herstellung der Betonfertigteile gerügt, so u. a. falsche „Maße/Verankerung Bewehrung“ der Bügelschlösser und eine „Überschreitung der Toleranzen in der Ebenheit der Oberflächen der Betonfertigteile“. Die Klägerin erhielt nach dem unbestrittenen Sachvorbringen der Beklagten mit Emails vom 15. Dezember 2008 die jenem anwaltlichen Schreiben vom 7. November 2008 zugrunde liegenden Aktenvermerke des D. F., deren konkreter Inhalt allerdings nicht bekannt ist.

Unterstellt, es handelte sich bei dem Mangel „Maße/Verankerung Bewehrung falsch“ überhaupt um den nämlichen Mangel der Bügelschlösser, der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht wird - die Bügelschlösser der Rundstützen seien entgegen der DIN 1045-1 mittels Haken und mit unzureichender Übergreifungslänge ausgeführt worden -, rechtfertigte hier der Umstand, dass die Klägerin von der Auffassung des von der Beklagten eingesetzten Ingenieurbüros D. GmbH im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der im Vertragsverhältnis der A. Z./B. mit der Beklagten erbrachten „Alt“Leistungen Kenntnis hatte, nicht die Annahme, die Beklagte sei nunmehr ihrer Untersuchungs- und Rügepflicht im Hinblick auf die von der Klägerin im Rahmen des Werklieferungsvertrages vom 23. Dezember 2008 zu erbringenden Leistungen enthoben. Davon kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Pflichten der A. Z./B. im Verhältnis zur Beklagten - ungeachtet der behaupteten Gewährleistungsübernahmen der Klägerin - mit denjenigen Vertragsverpflichtungen, die der Klägerin (oder der Montage-A.) gegenüber der A. Z./B. sowie, ab dem 23. Dezember 2008, gegenüber der Beklagten oblagen, nicht identisch waren; mit anderen Worten: eine im Vertragsverhältnis der Beklagten zu der A. Z./B. mangelhafte (Werk-)Leistung ist nicht gleichbedeutend mit einer mangelhaften Leistung der Klägerin aus Werklieferungsvertrag, auf den die Vorschriften für das Kaufrecht Anwendung finden. So konnte die Klägerin ihre Werksplanung und Herstellung der Pfetten und Hauptträger mit Überhöhung auf die entsprechenden Vorgaben der ihr übergebenen Statik stützen, ohne dem Vorwurf einer mangelhaften Leistung ausgesetzt zu sein (dazu näher unten), die A. Z./B. war demgegenüber, jedenfalls wenn sie - was im Rechtsstreit im Unklaren blieb - im Verhältnis zur Beklagten auch die Tragwerksplanung zu erbringen hatte, für deren Mängel verantwortlich. Diese Unterschiede bei dem Inhalt und Umfang der vertraglichen Pflichten mussten der Beklagten auch klar sein, insbesondere weil sie sich bereits im Vorfeld ihres Vertragsschlusses mit der Klägerin der Beratung durch den Rechtsanwalt Dr. S. bedient hat.

Soweit es die behaupteten Mängel der „erheblichen Toleranzabweichungen vom Sollmaß“ der Pfetten und Hauptträger betrifft, war eine Untersuchung einer jeden Lieferung aber auch deshalb geboten, weil dieser Mangel keineswegs bei sämtlichen Pfetten und Hauptträgern aus „Alt“lieferungen aufgetreten war. Betroffen waren nach der tabellarischen Auflistung des D. F. „Mangel A.1 - Toleranzüberschreitung Durchbiegung/Überhöhungen der Pfetten einzeln“ (Bl. 159-161) eine einzige Pfette und nach der Tabelle „Mängel A.1 - Toleranzüberschreitung Durchbiegung/Überhöhungen Hauptträger“ (Bl. 165-166) 9 Hauptträger von insgesamt 42 am Bauteil B. Überdies hätte es der Beklagten insbesondere vor dem Hintergrund, dass ihr nach ihrem eigenen Vorbringen die „Schwachstellen“ der Betonfertigteile bekannt gewesen seien, umso mehr oblegen, jede einzelne Lieferung wenigstens stichprobenweise zu untersuchen und ggf. zurückzuweisen. Nichts dergleichen hat sie getan. Vielmehr hat sie nach dem unbestrittenen Parteivorbringen eine Änderung der Betonfertigteile und/oder Konstruktion dieser Teile nicht verlangt und damit „sehenden Auges“ die aus ihrer Sicht mit „erheblichen Mängeln“ behafteten Betonfertigteile entgegengenommen mit der Folge, dass zudem der Haftungsausschluss gemäß § 442 BGB greift - auch dies hat der Senat im Verhandlungstermin unwidersprochen ausgeführt.

Die Beklagte selbst bezeichnete die von ihr behaupteten Mängel als „erhebliche Toleranzabweichungen vom Sollmaß“, es handelte sich mithin keineswegs um versteckte Mängel i. S. d. § 377 Abs. 2 HGB. So sollen die „erheblichen Toleranzüberschreitungen vom Sollmaß“ bei den Hauptträgern bis zu 61 mm ausgemacht haben, auch die lastbringenden Konsolen der Pfetten und Hauptträger sowie die lastabnehmenden Konsolen der Hauptträger sollen „mit erheblichen Toleranzabweichungen „ und nicht entsprechend der geprüften Statik, sondern anstelle von Lagern der Größe 200x200 mm mit geringeren Abmessungen, „meist 150x180mm“, eingebaut worden sein. Ohne weiteres erkennbar ist auch der behauptete Mangel an den Bügelschlössern, die nach dem Beklagtenvortrag mangelfrei ohne Haken nur mit einer Übergreifungslänge von 38 cm hätten hergestellt werden dürfen, aber nur mit einer solchen von 19 cm gefertigt worden seien.

Trotz dieser nach den eigenen Angaben der Beklagten „erheblichen“ Mängel hat sie die aufgrund des Vertrages vom 23. Dezember 2008 erfolgten Lieferungen von Betonfertigteilen weder bei Anlieferung untersucht, noch eine Änderung der Werksplanung verlangt, sondern hat die Betonfertigteile in Kenntnis der unveränderten Herstellung auf Grundlage der bestehenden Konstruktionsunterlagen angenommen und einbauen lassen. Dies verdeutlichen auch die eingereichten Aktenvermerken des D. F. AV 09K vom 16. Januar 2009 (Anlage B 13, Anlagenordner) und AV 10K vom 27. Januar 2009 (Anlage B 1, Bl. 64 ff. d. A.) zu Planungsbesprechungen. Danach wurde im Hinblick auf die „hohen Durchbiegungen der Unterkonstruktion“ keineswegs eine Änderung der Herstellung der Betonfertigteile - Pfetten und Hauptträger - verlangt, sondern seitens der Beklagten eine Änderung der Planung der für den Dachaufbau vorgesehene Trapezblechkonstruktion beschlossen. Im Hinblick auf die vermeintlich fehlerhaft hergestellten Bügelschlösser der Rundstützen finden sich in den Aktenvermerken, die zu anderen Streitpunkten - etwa zu den Elastomerlagern und der vermeintlich zu frühen Verschweißung der Pfetten, die nur noch im Rechtsstreit 4 U 70/11 streitgegenständlich sind - detaillierte Ausführungen enthalten, keine Anmerkungen oder Vorgaben.

Würde die Klägerin nach alledem - sei es wegen der Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB oder wegen des Haftungsausschlusses nach § 442 BGB - nur für Mängel der vor dem 2./23. Dezember 2008 erbrachten Lieferungen haften, fehlt es bereits an einem hinreichenden Vortrag der gemäß den §§ 651 Satz 1, 363 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten dazu, welche Lieferungen für welche Bauteile vor dem 23. Dezember 2008 erbracht worden sein sollen und in welchem Umfang die als Minderung geltend gemachten Sanierungskosten und sonstige Wertminderung von insgesamt 1.060.000,00 € gerade auf diese - vor dem 23. Dezember 2008 erbrachten - Lieferungen entfallen.

Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2010 kann nur entnommen werden, dass die Beklagte behauptet hat, bis zum 2. Dezember 2008 seien von der Klägerin die Betonfertigteile für die Bauteile A und C geliefert worden und diejenigen für das Bauteils B erst ab Januar 2009. Die Klägerin hat demgegenüber vorgetragen, bis zum 2. Dezember 2008 seien die Betonteile für die Bauteile A und B geliefert worden, diejenigen für das Bauteil C im Januar 2009. Der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2010 widerspricht zudem ihren eigenen Angaben in der Klageerwiderung vom 24. September 2009 (Bl. 56 ff. d. A.). Nach den dortigen Ausführungen zu A2. sollen die Feststellungen zur mangelhaften Ausführung der lastbringenden Konsolen im Bauteil B bereits bei Baustellenbegehungen am 2. und 3. September 2008 - d. h. vor dem 2. Dezember 2008 - getroffen worden sein und „bei den weiterführenden Arbeiten in der Direktbeauftragung der Fa. a. für Reste in Bauteil B, und die gesamten Fertigteile in Bauteil A und C“.

Es fehlt an jeglichem differenzierenden Vortrag der Beklagten, welche der Kosten auf nach dem 23. Dezember 2008 erbrachten Fertigteillieferungen entfallen, obwohl das Landgericht auf ein entsprechendes Erfordernis zu differenzierendem Vortrag bereits in dem Beweisbeschluss vom 13. Oktober 2010 (dort Ziffer III., Bl. 318 d. A.) und erneut in dem angefochtenen Urteil (dort S. 5) hingewiesen hat. Angesichts dessen bedurfte es keines weiteren Hinweises durch den Senat mit Gelegenheit zu einer Ergänzung des Vortrages; weitergehender Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren wäre nicht zulassungsfähig (§ 531 Abs. 2 ZPO).

Die Beklagte kann die auf insgesamt 1.060.000,00 € bezifferten Minderung aber auch aus den nachfolgenden Gründen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Erörterung durch den Senat im Termin vom 25. Januar 2012 waren, nicht mit Erfolg geltend machen.

Die Minderung verteilt sich nach ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 4. März 2010 (dort S. 10 ff., Bl. 115 ff. d. A.) wie folgt:

Toleranzabweichungen Pfetten/Hauptträger:

Sanierungskosten Trapezbleche  250.000,00 €

Nebenkosten     30.000,00 €

Dämmungsausgleich    90.000,00 €

Minderung wegen Untersicht   180.000,00 €

Toleranzabweichungen Konsolen:

Sanierungskosten    260.000,00 €

Mangelhafte Bügelschlösser:

Sanierungskosten    50.000,00 €

Nachrechnungen aller Systeme mit reduzierter Dachlast/Wertminderung des Daches: ca. 200.000,00 €

Abgesehen davon, dass in Anbetracht der unstreitig erfolgten Fertigstellung des Bauvorhabens unter Verwendung der unverändert hergestellten und gelieferten Betonfertigteile und Abnahme der erbrachten Werkleistungen durch den neuen Eigentümer, ohne dass eine Sanierung verlangt oder vorgenommen wurde, schwerlich von einer völligen Wertlosigkeit der Leistungen der Klägerin ausgegangen werden kann - nur dann wäre eine Minderung des Kaufpreises auf „Null“ gerechtfertigt -, ist nicht einmal ansatzweise dargetan, wie sich die einzelnen Beträge zusammensetzen.

Dies betrifft beispielsweise die Positionen „Trapezbleche“ 250.000,00 €, „Nebenkosten“ 30.000,00 €, „Dämmungsausgleich“ 90.000,00 €. Insoweit lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Aktenvermerke des Ing. D. F. lediglich erahnen, dass es sich wohl um Kosten im Zusammenhang mit der offenbar zur Kostenminimierung vereinbarten Änderung des Trapezblechdaches handelt. Was sich hinter den einzelnen Kostenpositionen verbirgt, ob die Kosten überhaupt im Zusammenhang mit den hier streitgegenständlichen Mängeln stehen und erforderliche Aufwendungen zur Mängelbeseitigung sein können, lässt sich mangels näherer Angaben nicht feststellen. Ähnliches gilt für die geltend gemachten Wertminderungen. So ist der Posten „Minderung wegen Untersicht 18.000 qm x € 10,00“ i. H. v. 180.000,00 € allenfalls rechnerisch, aber sachlich weder nachvollziehbar, noch überprüfbar. Dass die Reduzierung der Nutzlast auf dem Dach um 0,25 kN/qm zu einer Wertminderung des Trapezblechdaches führen kann, ist als solches nachvollziehbar, nicht hingegen, weshalb die „Kosten hierfür (...) mit € 95.000,00 (zu) veranschlagen“ sein sollen.

Überdies enthält die Auflistung ausnahmslos gerundete Beträge. Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, dass die Sanierung, deren tatsächliche Durchführung die Beklagte einerseits konkret behauptet (so mit Schriftsatz vom 4. März 2010, S. 2: „Die Beklagte musste deshalb die Mängel der Fertigteilkonstruktion selbst beseitigen“, und S. 15: „Nachrechnungen aller Systeme mit der um 0,25 kN/qm reduzierten Dachlast“), andererseits (so im Hinblick auf die Bügelschlösser) als erforderlich bezeichnet, derart runde, einschließlich der 4. Stelle vor dem Komma, Beträge erforderte. Nach alledem bestehen erhebliche Zweifel daran, dass es sich um real angefallene Sanierungskosten handelt; das Vorbringen der Beklagten erscheint - auch im Hinblick auf zu erwartende Sanierungskosten - als bloße Behauptung „ins Blaue hinein“.

Die von der Beklagten behauptete Erforderlichkeit von Mängelbeseitigungsmaßnahmen ist - auch dies hat der Senat bereits im Verhandlungstermin vom 25. Januar 2012 ausgeführt - angesichts des Umstandes, dass die Betonfertigteile unstreitig unverändert hergestellt wurden und bei Fertigstellung des Bauvorhabens Verwendung fanden, nicht nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere für die von der Beklagten behauptete notwendige Sanierung der vermeintlich mangelhaften Konsolen (260.000,00 €) und die mit 50.000,00 € veranschlagte Sanierung von 50 Rundstützen wegen vermeintlich mangelhafter Bügelschlösser. Wenn die Konsolen und Bügelschlösser der Rundstützen derart mangelbehaftet waren, dass nach der Hochrechnung der Beklagten auf alle drei Bauteile 2/3 aller Konsolen neu zu zentrieren, bei 1/3 gar die Träger ausgetauscht und sämtliche 50 Rundstützen saniert werden müssen, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte gleichwohl die Betonfertigteile für das Einkaufszentrum unverändert hat produzieren und montieren lassen. Die als Anlagen B 13 (Anlagenordner) und B 1 (Bl. 64 ff. d. A.) eingereichten Aktenvermerke des D. F. vom 16. Januar 2009 (AV 09K) und vom 27. Januar 2009 (AV 10K) zu Planungsbesprechungen enthalten keinerlei Anhaltspunkte dazu, dass - wie die Beklagte nunmehr glauben machen will - die Betonfertigteile zwingend teilweise hätten entfernt werden müssen. Danach war im Hinblick auf die Betonfertigteile lediglich im Gespräch, wie mit den „hohen Durchbiegungen der Unterkonstruktion“ umgegangen werden soll. Hierzu wurden ausweislich der in den genannten Aktenvermerke dokumentierten Baubesprechungen „3 Alternativen diskutiert“ und die „Alternative 3“ gewählt, die eine Weiterverwendung der produzierten Trapezbleche vorsah, die nach „Neuberechnung (...) als statisch bestimmte Systeme mit Auskragungen“ „nach den Bedürfnissen“ geschnitten werden sollten.

Wie gleichfalls bereits im Senatstermin ausgeführt, können diejenigen Sanierungskosten, die nicht den Kaufgegenstand als solchen betreffen, im Wege der Kaufpreisminderung gemäß den §§ 440, 441 BGB nicht geltend gemacht werden.

Die Minderung des Kaufpreises bestimmt sich nach § 441 Abs. 3 BGB nach dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und ihrem tatsächlichen Wert. Das kann zwar im Einzelfall der (fiktive) Reparaturaufwand sein. Einen solchen macht die Beklagte indes mit den Positionen „Trapezbleche“ (250.000,00 €), „Nebenkosten“ (30.000,00 €), „Dämmungsausgleich“ (90.000,00 €), „Minderung wegen Untersicht“ (180.000,00 €) und „Nachrechnung aller Systeme mit reduzierter Dachlast/Wertminderung des Daches“ (ca. 200.000,00 €) nicht geltend. Bei diesen Posten handelt es sich nicht um Kosten der Reparatur der gelieferten Betonfertigteile - diese blieben unsaniert -, sondern um die Kosten, die dadurch entstanden sein sollen, dass die Trapezblechdachausführung geändert worden sei. Das Trapezblechdach war jedoch nicht ein von der Klägerin aus dem Kaufvertrag geschuldeter Gegenstand. Kosten, die infolge eines Mangels der Kaufsache an anderen (Vermögens)Gegenständen des Käufers entstehen, können nicht über die Kaufpreisminderung geltend gemacht werden.

Einen Schadensersatzanspruch macht die Beklagte wegen der behaupteten Mängel der Betonfertigteile nicht geltend; einer Entscheidung darüber, ob sie hier, nachdem sie einmal die Minderung des Kaufpreises verlangt hat, überhaupt noch wegen des Mangels von dem Verkäufer Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 BGB verlangen könnte, was im Hinblick auf die - abweichend vom früheren Recht - als Gestaltungsrecht des Käufers (BT-Drucks. 14/6040, S. 234, 235) ausgestaltete Minderung nach § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB zumindest zweifelhaft ist, bedarf es mithin nicht.

Schließlich lässt sich die behauptete Mangelhaftigkeit der Betonfertigteile aus den nachfolgenden Gründen, die der Senat am 25. Januar 2012 dargestellt hat, teilweise nicht feststellen:

Im Hinblick auf die Überhöhungen der Pfetten ist die Beklagte der durch einen Auszug aus der Statik (Anlage K 10, Bl. 272 d. A.) belegten Darstellung der Klägerin, (auch) die Pfetten seien entsprechend den Planvorgaben der Tragwerksplanung überhöht herzustellen gewesen, ersichtlich unzureichend entgegengetreten. Sie hat lediglich behauptet, es handle sich um eine „überholte Statikseite“, es sei „eine Pfette mit komplett neuer Berechnung“ ausgeführt worden (Bl. 114 d. A. ), ohne darzulegen, wann und wie die Statik verändert worden sei.

Soweit es die Überhöhungen der Hauptträger betrifft, steht der Annahme eines Mangels entgegen, dass die Hauptträger unstreitig nach der - nicht von der Klägerin geschuldeten - Statik (Tragwerksplanung) mit Überhöhung gefertigt werden sollten und zudem gemäß der von dem Prüfingenieur, insbesondere aber auch dem Ingenieur D. F. und dem von der Beklagten eingeschalteten Architekten Al., freigegebenen Werksplanung hergestellt wurden. Jedenfalls zeichnet damit die Beklagte selbst verantwortlich für den Mangel mit der Folge, dass eine Minderung nach den §§ 441, 437 Nr. 2, 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen ist.

Darüber hinaus erscheint die von der Beklagten herangezogene Methode für die behaupteten Toleranzüberschreitungen ebenso ungeeignet wie die zugrunde gelegte DIN 18202, deren Anwendbarkeit die Klägerin stets in Abrede gestellt hat. Die Beklagte stützt sich auf eine am Bauteil B durchgeführte Aufmaßnahme der montierten Betonfertigteile und vergleicht die geplanten Bauteiloberkanten mit den tatsächlichen Bauteiloberkanten unter Berücksichtigung der in der DIN 18202 geregelten Toleranzen für Baukörper. Mit einer Messung der Bauteiloberkanten am Baukörper lassen sich aber unzulässige Überhöhungen/Durchbiegungen von einzelnen Betonfertigteilen nicht ohne weiteres feststellen, denn diese liegen ja auf anderen, montierten Bauteilen auf. Die Klägerin hat vor diesem Hintergrund zu Recht die Mängelbehauptung als unschlüssig gerügt, denn die Einhaltung der für den Baukörper zulässigen Toleranzen obliegt dem bauausführenden Unternehmen, nicht dem Hersteller der Betonfertigteile.

Schließlich hat die Klägerin behauptet, erst durch den erheblich später als geplant erfolgten Lasteintrag habe sich bei den überhöht und mit Vorspannung hergestellten Elementen eine andere Überhöhung als geplant eingestellt; auch hiergegen hat die Beklagte nichts Erhebliches vorgebracht.

Die Beklagte kann einen Mangel der Betonfertigteile nicht darauf stützen, dass die Klägerin die Tragwerksplanung habe überprüfen müssen. Derartige Pflichten hat der Verkäufer einer Sache, anders als der Werkunternehmer, grundsätzlich nicht. Hier ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin derartige Prüfungspflichten übernommen hat.

Soweit die behaupteten Mängel der Bügelschlösser an den Rundstützen in Rede stehen, waren die Rundstützen nach dem unstreitigen Sachvortrag der Klägerin sowohl vom Prüfingenieur als auch von der A. Z./B. freigegeben worden mit der Folge, dass im Hinblick auf die bis zum 2./23. Dezember 2008 hergestellten und gelieferten Bügelschlösser kein Mangel vorliegt, zumindest aber eine Minderung gemäß den §§ 441 437 Nr. 2, 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen ist, weil die A. Z./B. selbst für den Mangel verantwortlich zeichnet. Würde die Klägerin (nur) für Mängel der Bügelschlösser an den Rundstützen der nach dem 2./23. Dezember 2008 erbrachten Lieferungen haften, fehlt es - insoweit kann auf die Ausführungen zu Ziffer 2. a) bb) (4) verwiesen werden - bereits an einem hinreichenden Vortrag der gemäß den §§ 651 Satz 1, 363 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten dazu, welche Lieferungen für welche Bauteile nach dem 2./23. Dezember 2008 erbracht worden sein sollen und in welchem Umfang die als Minderung geltend gemachten Sanierungskosten von 50.000,00 € gerade auf diese Lieferungen entfallen.

 

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 06. Sept. 2012 - 4 U 69/11

bei uns veröffentlicht am 06.09.2012

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 15. Juni 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal, Az.: 23 O 60/11, teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 15. Juni 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal, Az.: 23 O 60/11, teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 26.800,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten ab dem 13. Oktober 2010 bis zum 28. November 2010 und von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29. November 2010 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 27.100,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der verklagten Versicherung die Zahlung einer Teilkaskoversicherungsleistung in Höhe von insgesamt 27.100,00 Euro wegen eines zwischen den Parteien umstrittenen Diebstahls zweier Kraftfahrzeuge.

2

Die Klägerin schloss einen am 01. Januar 2010 beginnenden Kraftfahrzeugversicherungsvertrag mit Teilkasko für ihren PKW Passat und beginnend ab 29. Dezember 2009 einen solchen für einen Kfz-Transporter vom Typ Daimler-Chrysler, jeweils unter Geltung der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2009) (Anlage K 8, Bl. 14 - 28, Bd. I d. A.; Anlage 1 zum Sitzungsprotokoll vom 16. August 2012, Bl. 72 a, Bd. II d. A.) mit einer vereinbarten Selbstbeteiligung von 150,00 Euro bei der Beklagten ab.

3

In den frühen Morgenstunden des 02. August 2010 zeigte der Lebensgefährte der Klägerin, D. E., den Diebstahl der beiden Fahrzeuge sowie weiterer, nicht streitgegenständlicher Elektrogeräte vom Betriebsgrundstück der Klägerin in O. telefonisch bei der Polizei an, die kurze Zeit später am vorgeblichen Tatort eintraf, Spuren sicherte und Lichtbilder fertigte (beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stendal, Az.: 184 UJs 18453/10). Wenige Tage später am 10. August 2010 übermittelte die Klägerin der Beklagten ihre zum Diebstahl der beiden Fahrzeuge ausgefüllten Schadensanzeigen (Anlage A 3 und A 4, Bl. 52 - 61, Bd. I d. A.).

4

Am 20. Oktober 2010 wurden beide Fahrzeuge in K. durch ukrainische Behörden sichergestellt, wobei die Höhe der Kosten für eine bisher noch nicht stattgefundene Rückführung der Fahrzeuge nach Deutschland zwischen den Parteien umstritten ist.

5

Mit Schreiben vom 25. November 2010 (Bl. 11, Bd. I d. A.) lehnte die Beklagte wegen Widersprüche im Sachvortrag und Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten eine Einstandspflicht gegenüber der Klägerin ab.

6

Die Klägerin, die unter der Fa. Autocenter E. – B. e. K. Sch. 4, O. (A. ) ein Autohaus betreibt, hat behauptet, die beiden Fahrzeuge, die ihr Lebensgefährte E. nach kurzem Umparken auf dem mit einem Metallzaun umfriedeten Firmengelände am 01. August 2010 gegen 14.00 Uhr verschlossen zurückgelassen und dort am 02. August 2010 gegen 4.40 Uhr nicht wieder vorgefunden habe, seien gestohlen worden.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

festzustellen, dass die Beklagte bezüglich der Entwendung des Pkw VW Passat am 01./02. August 2010 aus dem Versicherungsvertrag vom 19. Januar 2010 und bezüglich der Entwendung des Lkw Daimler-Chrysler am 01./02. August 2010 aus dem Versicherungsvertrag vom 15. Februar 2010 eintrittspflichtig und verpflichtet ist, auf die Versicherungsleistung 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz ab dem 02. März 2011 zu zahlen.

9

Weiterhin die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Nebenkosten, die ihr im Verhältnis zu ihrem Prozessbevollmächtigten in Höhe von 549,50 Euro schuldet, freizustellen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beklagte hat einen Diebstahl der Fahrzeuge bestritten und zur Untermauerung dazu, dass dieser nur vorgetäuscht sei, behauptet, die Klägerin agiere quasi als Strohfrau im Firmengeflecht ihres Lebensgefährten, seitdem sich dessen wirtschaftliche Situation ab dem Jahre 2008 verschlechtert habe. In diesem Zusammenhang seien gegen D. E. Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung und Unterschlagung diverser Werkstatteinrichtungen und geleaster Fahrzeuge anhängig. Des Weiteren hat die Klägerin auf vermeintlich widersprüchliche Angaben der Klägerin im Schadensformular, insbesondere zur Abstellzeit und hiermit ebenfalls nicht im Einklang stehenden Angaben gegenüber ihrem Schadensermittler R. am 18.10.2010 (Bl. 74 -77 des beigezogenen Sonderheftes zu dem bei der Staatsanwaltschaft Stendal zum Az.: 184 UJs 18453/10 geführten Ermittlungsverfahren) verwiesen. Zudem spräche aber auch das von der Polizei am Tatort festgestellte Spurenbild für einen vorgetäuschten Diebstahl. Ungeachtet dessen sei sie daneben wegen falscher Angaben der Klägerin zur Kilometerlaufleistung des VW Passat und einer damit einhergehenden Obliegenheitsverletzung leistungsfrei geworden.

13

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

14

Das Landgericht hat nach persönlicher Anhörung der Klägerin (Bl. 100, 101, Bd. I d. A.) die Klage mit Urteil vom 29. März 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es auf das äußere Bild eines Diebstahls und den hierzu von der Klägerin angebotenen Zeugen E. nicht ankäme, da bereits eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen nur vorgetäuschten Diebstahl spräche. Dies folge zunächst aus den widersprüchlichen Angaben der Klägerin zum Abstellen des PKW Passat. Entgegen ihrer anfänglichen Behauptung, wonach sie das Fahrzeug am 31. Juli 2010 gegen 14.00 Uhr auf dem Firmengelände abgestellt habe, sei von ihr später angegeben worden, der Zeuge E. habe danach den PKW am 01. August 2010 noch umgeparkt. Daneben sei allerdings auch nach dem Protokoll über die kriminaltechnische Tatortarbeit vom 05. August 2010 (Bl. 82 - 85 der Ermittlungsakte 184 UJs 18453/10) das Vortäuschen eines Diebstahls erheblich wahrscheinlich. So hätten die vermeintlichen Täter, nachdem sie durch die Hintertür eingebrochen seien, nicht die Möglichkeit genutzt, ein vorhandenes Rolltor von innen zu öffnen, sondern hätten das Gebäude wieder durch die aufgebrochene Tür verlassen, wobei zuvor der Inhalt eines störenden Metallregals in untypischer Weise relativ geordnet abgelegt und ein entwendeter Schlüsselkasten ohne feststellbare Putz- oder Mörtelstaubspuren von der Wand entfernt worden sei. Diese Umstände und vor allem die zeitintensive Art der Tatbegehung widersprächen der üblichen Vorgehensweise von Dieben.

15

Schließlich ließen aber auch die schlechte finanzielle Situation des Zeugen E., dem zudem in einem anderen Rechtsstreit vor dem Landgericht Stendal (Az.: 23 O 385/08) nicht geglaubt werden konnte, die bloße Vortäuschung eines Diebstahls als erheblich wahrscheinlich erscheinen.

16

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie vor allem die Würdigung des Landgerichts zu einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für einen vorgetäuschten Diebstahl als nicht nachvollziehbar beanstandet und meint, das Landgericht habe unzulässigerweise auf die Vernehmung des Zeugen E. verzichtet. In der Berufungsinstanz verlangt die Klägerin unter Verweis auf entsprechende Fahrzeugbewertungen der Beklagten vom 16.09.2010 (Bl. 26, Bd. II d. A.) und vom 13. Oktober 2010 (Bl. 27, Bd. II d. A.), Zahlung anhand der darin für die Fahrzeuge festgestellten Wiederbeschaffungswerte (netto) und macht ihren ursprünglich in erster Instanz gestellten Feststellungsantrag nur noch hilfsweise geltend. Ferner begehrt sie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (vgl. Bl. 40, 41, Bd. II d. A.).

17

Die Klägerin beantragt,

18

unter Abänderung des am 15. Juni 2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Stendal, Az.: 23 O 60/11, die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.100,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03. Februar 2010 zu zahlen und sie von 1.196,43 Euro vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten freizustellen;

19

hilfsweise,

20

so, wie in erster Instanz beantragt, zu erkennen.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt unter Verweis auf A.2.4.5 lit. b Satz 2 der AKB 2009 die Ansicht, ein Entschädigungsanspruch auf Grundlage eines Wiederbeschaffungswertes scheide aus, da wegen ihrer Leistungsablehnung weiterhin die Klägerin Eigentümerin der beiden Fahrzeuge sei.

II.

24

Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache, wie aus dem Tenor ersichtlich, überwiegend Erfolg.

25

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch in zuerkannter Höhe von 26.800,00 Euro gemäß § 1 Satz 1 VVG in Verb. mit den beiden zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträgen zu.

26

Hinsichtlich eines Teilbetrages von 300,00 Euro als auch wegen der als Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und eines Teils der verlangten Zinsen ist die Klage hingegen unbegründet und unterliegt der Abweisung.

27

Ein von der Teilkaskoversicherung umfasster Diebstahl der beiden versicherten Fahrzeuge ist gegeben (1). Die Beklagte ist von ihrer Leistungspflicht nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin frei geworden (2). Der geltend gemachte Schaden ist zum überwiegenden Teil begründet (3). Die verlangten Nebenforderungen sind hingegen nur teilweise begründet (4).

1.

28

Der äußerte Tatbestand eines Diebstahls ist erwiesen (a), den zu entkräften der Beklagten nicht in hinreichendem Maße gelungen ist (b).

29

a) In der Kraftfahrzeugversicherung hat der Versicherte grundsätzlich nicht den vollen Beweis für den behaupteten Diebstahl zu führen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des erkennenden Senats kommt dem Versicherungsnehmer vielmehr insofern eine Beweiserleichterung zugute, als nur das äußere Bild des behaupteten Diebstahls nachgewiesen werden muss. Der Versicherungsnehmer hat danach lediglich Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine bedingungsgemäß versicherte Entwendung schließen lässt (BGH, VersR 1993, 571). Zum Mindestmaß an Tatsachen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls mit hinreichender Deutlichkeit erschließen lässt, gehört in der Regel bei einem Fahrzeugdiebstahl der Beweis, dass das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort nach der Rückkehr nicht mehr vorgefunden wurde (BGHZ 130, 1 ff.). Die materiell-rechtliche Risikoverteilung, welche diese Beweiserleichterung nach sich zieht, ist im Vertrag als solchen immanent und hängt nicht von der Glaubwürdigkeit oder Redlichkeit des Versicherungsnehmers ab, denn auch einem unglaubwürdigen Versicherungsnehmer kann das Fahrzeug gestohlen werden (Knappmann, VersR 1996, 484). Von der materiell-rechtlichen Risikoverteilung zu unterscheiden ist die Frage, ob der Versicherungsnehmer die zum äußeren Bild gehörenden Tatsachen bewiesen hat. Dafür ist der Vollbeweis nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilverfahrens erforderlich (BGH, VersR 1993, 571). Ist für das äußere Bild einer bedingungsmäßigen Entwendung Beweis angeboten, so ist dieser zu erheben. Ist danach der Beweis einer bedingungsmäßigen Entwendung erbracht, kommt es auf die Redlichkeit des Versicherungsnehmers oder die Glaubhaftigkeit seiner Angaben in diesem Stadium der Anspruchsprüfung nicht weiter an (BGH, r+s 1999, 495, 496). Lediglich dann, wenn ein solcher Beweis mit den in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Beweismitteln nicht möglich ist (BGH, VersR 1997, 691), kommt es auf die Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers an. Ansonsten gewinnt diese Frage erst bei der anschließenden Prüfung Bedeutung, ob der Versicherer Tatsachen bewiesen hat, welche die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Diebstahls nahelegen (BGH, VersR 1995, 956).

30

Nach diesen Grundsätzen war das Landgericht gehalten, zunächst Beweis durch Vernehmung des angebotenen Zeugen E. zu erheben und durfte nicht bereits mit den im angefochtenen Urteil angestellten und zudem in der Sache nicht überzeugenden Erwägungen auf eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen vorgetäuschten Diebstahl schließen und eine Entschädigung versagen. Die fehlende Beweisaufnahme hat der Senat nachgeholt und den Zeugen E. umfassend zum äußeren Bild des behaupteten Diebstahls gehört und auch die Klägerin persönlich hierzu informatorisch im mündlichen Termin am 16. August 2012 befragt (Bl. 68 - 71, Bd. II d. A.).

31

Nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats der Nachweis des äußeren Bildes einer bedingungsmäßigen Entwendung der beiden versicherten Fahrzeuge fest. Der Zeuge E. hat in Übereinstimmung mit den persönlichen Angaben der Klägerin glaubhaft bekundet, dass diese den Passat am 31. Juli 2010 auf dem mit einem Metallzaun umfriedeten Betriebsgelände, von der Einfahrt aus gesehen links vor der Fahrzeughalle geparkt und später am selben Tage mit einem anderen Fahrzeug den Ort wieder verlassen habe. Am Sonntag, den 01. August 2010 habe er vormittags nach dem Frühstück das Betriebsgelände allein aufgesucht, um dort wegen am Vortag unterbrochener Dacharbeiten für Ordnung zu sorgen. Die zuvor wegen der Arbeiten teilweise verrückten Verkaufs- und Betriebsfahrzeuge habe er wieder vor der Fahrzeughalle zur Straße hin ausgerichtet und anschließend das Grundstück verlassen. Dorthin zurückgekehrt sei er erst wieder zwischen 4.30 und 5.00 Uhr am Morgen des nächsten Tages nach einer abgebrochenen Wildschweinbejagung, wobei er zunächst das Fehlen des Schlosses am Betriebstor, dann in der Fahrzeughalle eine aufgebrochene Hintertür festgestellt und kurz darauf auch den Verlust der beiden Fahrzeuge bemerkt habe. Unmittelbar anschließend habe er die Polizei telefonisch informiert, die etwa 20 Minuten später vor Ort erschienen sei. Die Angaben des Zeugen E. sind detailreich und plastisch gewesen. Dabei ist es dem Zeugen vor allem gelungen, die Parksituation der beiden streitgegenständlichen als auch der übrigen auf dem Betriebsgelände befindlichen Fahrzeuge als auch die bis zum 01. August 2010 durchgeführten Dacharbeiten anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder anschaulich zu erläutern. Auf Nachfragen hat er selbst zu Randgeschehen überzeugend und ohne Widersprüche zu zeigen geantwortet. So hat er etwa nachvollziehbar berichtet, die Wildschweinbejagung bereits recht früh gegen 4.30 Uhr abgebrochen zu haben, weil wegen Schüssen aus einem benachbarten Jagdrevier mit keinem Auftauchen der hierdurch verschreckten Wildschweine mehr zu rechnen gewesen sei. Nach telefonischer Anzeige der Polizei habe er sich in der über der Fahrzeughalle befindlichen Einliegerwohnung seiner Jagdkleidung entledigt und umgezogen, was erklärt, weshalb der Zeuge bei Eintreffen der Polizei, wie auf dem Lichtbild Bl. 18 unten der staatsanwaltschaftlichen Verfahrensakte ersichtlich, keine Jagdbekleidung mehr trug. Ebenso plausibel hat er die unterschiedliche Schlüsselverwahrung der für den Verkauf bestimmten Fahrzeuge einerseits und der sonstigen für den Betrieb befindlichen Fahrzeuge andererseits geschildert.

32

Der Umstand, dass der Zeuge E. zwar sicher angegeben hat, beim Ausrichten aller Fahrzeuge den Transporter wenige Meter bewegt zu haben, allerdings nicht sicher anzugeben vermochte, ob auch der Pkw Passat bei diesem abschließenden Umparken noch bewegt wurde, steht der Glaubhaftigkeit der Angaben nicht entgegen. Vielmehr erachtet es der Senat für nachvollziehbar und glaubhaft, dass der Zeuge dem bloßen Ausrichten der Fahrzeuge aus optischen Gründen innerhalb des umfriedeten Betriebsgeländes keine besondere Bedeutung beigemessen hat und deshalb den exakten Standpunkt des Abparkens und die genaue Reihenfolge der verschiedenen Fahrzeuge nicht mehr in Erinnerung behalten hat. Für den Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls spielt dieser Umstand zudem keine maßgebliche Rolle, da hierfür nach Überzeugung des Senats ausreichend feststeht, dass sich der Transporter als auch der Passat vor der Fahrzeughalle auf dem befriedeten und verschlossenen Betriebsgelände befanden, als der Zeuge die Fahrzeuge nach einem kurzen Ausrichten wieder verließ und diese anschließend weder von der Klägerin, dem Zeugen oder einer sonstigen befugten Person mehr bewegt wurden.

33

Auch die übrigen von der Beklagten ins Feld geführten Aspekte vermögen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen E. und dessen Glaubwürdigkeit nicht zu erschüttern. Die wirtschaftlich schwierige Situation, in der sich der Zeuge nach Insolvenz seines Autohauses befand und die persönliche Beziehung zur Klägerin mögen zwar bei isolierter Betrachtung für ein persönliches und auch wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens sprechen, genügen allerdings mangels weiterer tragfähiger Anhaltspunkte für einen nur vorgetäuschten Diebstahl nicht, die in sich schlüssigen und glaubhaften Angaben des Zeugen zu entwerten. Gleiches gilt für die beiden auf Bl. 83 des Sonderheftes zur Verfahrensakte 184 UJs 18453/10 vom Schadensermittler der Beklagten erwähnten Strafanzeigen, da weder etwas Ernsthaftes für eine anschließende strafrechtliche Verurteilung des Zeugen noch für eine Anklageerhebung ersichtlich ist. Die im angefochtenen Urteil nicht weiter ausgeführten Anmerkungen des Landgerichts dazu, dass dem Zeugen E. bereits in dem vom Landgericht Stendal unter dem Az.: 23 O 385/08 geführten Verfahren von der Vorsitzenden nicht geglaubt werden konnte, sind ebenfalls nicht tragfähig, da sich ungeachtet eines fehlenden Zusammenhangs zu diesem Verfahren hieraus nicht nachvollziehen lässt, aus welchen Gründen die Vorsitzende dem Zeugen keinen Glauben schenkte, zumal es nach dem in dieser Sache am 21. Oktober 2010 unter dem Az.: 4 U 81/09 ergangenen Berufungsurteil des Senats bereits aus Rechtsgründen auf die dortigen Angaben des Zeugen E. nicht ankam.

34

b) Der Beklagten ist es nicht gelungen, auf der sogenannten 2. Stufe das äußere Bild eines Diebstahls dadurch zu entkräften, dass sie ihrerseits konkrete Tatsachen dargelegt oder bewiesen hätte, aus denen sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit ergibt, die Entwendung könnte nur vorgetäuscht sein (vgl. BGH, VersR 1987, 146; OLG Koblenz, VersR 2009, 214, 215; Stapler, in: Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., 2010, AKB A.2.2. Rdnr. 101 - 104).

35

Insbesondere lässt sich dem Protokoll über kriminaltechnische Tatortarbeit vom 05.08.2010 (Bl. 82 - 95 der Ermittlungsakte 184 UJs 18453/10), nichts Überzeugendes entnehmen, was einen solchen Schluss rechtfertigen könnte. Vielmehr verkennt das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung, dass die Täter bei Diebstählen nicht immer in gleicher Weise vorgehen und deshalb die angestellten allgemeinen Erfahrungssätze und Schlüsse nur schwerlich nachvollziehbar sind. Insbesondere lässt sich allein daraus, dass ein möglicher Dieb ungewöhnlich oder unzweckmäßig vorgegangen ist, noch nicht auf einen vorgetäuschten Diebstahl schließen.

36

Ungeachtet dessen erscheint hier das Vorgehen der Täter durchaus nachvollziehbar und nicht derart ungewöhnlich, wie das Landgericht meint.

37

Dafür, dass die Täter zum Einbrechen und zum Abtransport der Werkstattgegenstände die aufgebrochene, von der Straße nicht einsehbare Hintertür benutzten, könnte etwa die Absicht sprechen, auf diese Weise besonderes Aufsehen vermeiden zu wollen. Vor diesem Hintergrund wäre entgegen dem Landgericht auch verständlich, weshalb nicht das elektrische zur Straße gewandte Rolltor für den Abtransport benutzt wurde, was möglicherweise gerade sonntagnachts Aufsehen erregt hätte. Ebenso das relativ sorgfältige Abmontieren des Schlüsselschrankes und das Ablegen der auf dem Regal befindlichen Gegenstände erscheinen zumindest geeignet, unnötigen Lärm zu vermeiden. Ein solches Vorgehen mag zwar zeitintensiver als ein wahlloses Vorgehen in diesem Zusammenhang gewesen sein, dass dies allerdings bereits deshalb, wie das Landgericht meint, den üblichen Vorgehensweisen von Dieben erheblich widerspricht, ist für den Senat hingegen wenig überzeugend. So ist durchaus denkbar, dass die Täter eine Gefahr, in der Nacht von Sonntag auf Montag von Betriebsangehörigen innerhalb des Werkstattgebäudes überrascht zu werden, als gering einschätzten und es ihnen möglicherweise eher darauf ankam, durch Vermeidung unnötigen Lärms keine Aufmerksamkeit zufälliger Passanten von der Straße aus auf sich zu ziehen. Ebenso spricht der zurückgelassene, im Tresor steckende Schlüssel nicht gegen ein tatsächliches Diebstahlgeschehen, da die Täter für den Schlüssel nach Öffnen des Tresors offensichtlich keine weitere Verwendung mehr hatten. Der Umstand, dass der Schlüsselschrank nach offensichtlichem Aufbrechen vor Ort von den Tätern mitgenommen wurde, mag zwar unzweckmäßig und allenfalls zwecks Vermeidung verdächtiger Spuren erklärlich erscheinen, spricht hier jedoch in der Gesamtschau aller Indizien nicht entscheidend für einen vorgetäuschten Diebstahl, wenn man sich vor Augen führt, dass bei einem bloß vorgetäuschten Diebstahl auch aus Sicht der Klägerin oder des Zeugen E. kaum Veranlassung bestanden haben dürfte, den Schlüsselkasten vom Tatort zu entfernen und das Geschehen auf diese Art und Weise ungewöhnlich erscheinen zu lassen.

38

Gleichfalls vermag der Senat den unzutreffenden Angaben der Klägerin in der Schadensanzeige zur Abstellzeit am 31. Juli 2010, 14.00 Uhr (Bl. 52, Bd. I d. A.) kein besonderes Indiz für einen nur vorgetäuschten Diebstahl beizumessen, wenn man berücksichtigt, dass es sich einerseits um ein nur sehr geringfügiges späteres Umparken auf den umfriedeten Betriebsgelände handelte und nicht auszuschließen ist, dass die Zeugin, die ein solches Umparken aus eigener Wahrnehmung ohnehin nicht berichten konnte, hierüber durch den Zeugen E. erst nach Ausfüllen der Schadensanzeige informiert wurde.

39

Auch unter Berücksichtigung des übrigen Vortrags der Parteien ist deshalb im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände unter weiterer Beachtung der persönlichen Anhörung der Klägerin durch den Senat der Schluss auf eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen nur vorgetäuschten Diebstahl nicht gerechtfertigt.

2.

40

Die Beklagte ist nicht aufgrund einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin von ihrer Leistungspflicht frei geworden.

41

Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, wenn er eine von ihm zu erfüllende vertragliche Obliegenheit vorsätzlich verletzt. Geschieht dies arglistig, kommt es auf eine Ursächlichkeit der Obliegenheitsverletzung für den Versicherungsfall nicht an (§ 28 Abs. 3 Satz 2 VVG).

42

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin gegen die aus E.1.3 der AKB 2009 für sie als Versicherungsnehmerin folgenden Obliegenheit, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen …, mit ihren Angaben zur Abstellzeit, wie oben bereits ausgeführt, zumindest nicht erwiesenermaßen vorsätzlich verstoßen.

43

Einer Befreiung der Beklagten von ihrer Leistungspflicht wegen einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin steht darüber hinaus aber auch die Vorschrift des § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG entgegen. Danach ist es dem Versicherungsnehmer selbst bei vorsätzlichem Fehlverhalten unter Beibehaltung seines Leistungsanspruches eröffnet nachzuweisen, dass sich seine Falschauskunft nicht auf die Regulierung des Versicherungsfalls ausgewirkt habe. Damit ist nicht die Ursächlichkeit im Sinne der alten Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemeint, wonach es auf eine abstrakte Gefährdung und grundsätzliche Eignung des Obliegenheitsverstoßes, auf die Regulierung Einfluss zu nehmen, ankam, sondern es wird vielmehr auf eine Kausalität für die Regulierung des konkreten Versicherungsfalls abgestellt (Maier, in: Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., 2010, § 28 VVG Rdnr. 34; KG, Beschluss vom 09. November 2010, Az.: 6 U 103/10, zitiert nach juris, Rdnr. 7 - 11). Deshalb fällt selbst bei vorsätzlichen Verstößen gegen eine Aufklärungsobliegenheit ein Haftungsausschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG dann weg, wenn, so wie hier, die Falschangaben des Versicherungsnehmers, aus welchen Gründen auch immer, vor einer Regulierung von der Versicherung bemerkt werden. Die Falschangabe ist dann nämlich letztlich nicht ursächlich geworden (Maier, in: Stiefel/Maier, a. a. O., Rdnr. 40). In einem solchen Fall kommt auch eine Quotierung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG nicht in Betracht, da sich § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG auf den gesamten Abs. 2 dieser Vorschrift bezieht. Für eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin, welche nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG unabhängig von einer Ursächlichkeit zum Leistungsausschluss geführt hätte, ist hier ohnehin nichts ersichtlich.

44

Soweit die insoweit beweisbelastete Beklagte daneben eine Obliegenheitsverletzung mit unzutreffenden Angaben der Klägerin zur Gesamtkilometerleistung des Pkw Passat begründen will, steht bereits nicht fest, dass die dort von der Klägerin angegebenen ca. 103.000 km (vgl. Bl. 54, Bd. I d. A.) unrichtig gewesen sein sollten. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angestellte Hochrechnung anhand vorheriger Tachostände lässt, ungeachtet der Erläuterung der Klägerin zu einem hierzu enthaltenen Schreibfehler im Kaufvertrag des Fahrzeugs, nicht mit der gebotenen Sicherheit auf eine bestimmte tatsächliche Fahrleistung des Fahrzeugs schließen.

3.

45

Der Ersatzanspruch der Klägerin beträgt nicht, wie von ihr für beide Fahrzeuge insgesamt geltend gemacht, 27.100,00 Euro, sondern lediglich 26.800,00 Euro. Die Klägerin hat sich insoweit zwar ausreichend auf die beiden eigenen Fahrzeugbewertungen der Beklagten vom 16.09.2010 mit einem Nettowiederbeschaffungswert für den Transporter von 15.150,00 Euro (Bl. 26, Bd. II d. A.) und vom 13. Oktober 2010 mit einem angegebenen Nettowiederbeschaffungswert von 11.950,00 Euro für den Pkw Passat (Bl. 27, Bd. II d. A.) bezogen, was auch von der Beklagten nicht weiter angegriffen worden sind, jedoch den nach den Versicherungsverträgen vereinbarten Selbstbehalt von jeweils 150,00 Euro nicht berücksichtigt, der folglich in Abzug zu bringen war.

46

Ohne Erfolg meint die Beklagte unter Verweis auf die in A.2.4.5 lit. b Satz 2 der AKB 2009 enthaltenen Regelung, einen solchen Wiederbeschaffungswert nicht ersetzen zu müssen, da wegen ihrer Leistungsablehnung weiterhin die Klägerin Eigentümerin der beiden Fahrzeuge sei.

47

Ungeachtet dessen, dass diese Regelung eine Entschädigung nach dem Wiederbeschaffungswert nicht ins Belieben des Versicherers zu stellen vermag, mithin allenfalls eine berechtigte, nicht aber wie hier vorliegend eine unberechtigte Leistungsablehnung betreffen kann und ohne auf die in diesem Zusammenhang im Schriftsatz vom 10.05.2012 (Bl. 40, Bd. II d. A.) erhobenen Einwände der Klägerin gegen die Wirksamkeit einer solchen Klausel eingehen zu müssen, folgt bereits zwingend aus A.2.4.5 lit b Satz 1 in Verb. mit A.2.4.5 a lit AKB 2009, dass die Beklagte Eigentümerin der Fahrzeuge geworden ist. Danach wird der Versicherer u. a. dann Eigentümer, wenn das Fahrzeug nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der schriftlichen Schadensanzeige wieder aufgefunden wird, was hier angesichts des Auffindens der beiden Fahrzeuge in K. am 20. Oktober 2010 und der über einen Monat zuvor liegenden Schadensanzeigen der Klägerin an die Beklagte vom 10.08.2010 außer Frage steht.

4.

48

Die verlangten Nebenforderungen begegnen teilweise Bedenken.

49

So kann die Klägerin, anders als gefordert, zunächst nur Zinsen in Höhe von 4 %, beginnend einen Monat nach der am 10. August 2010 gegenüber der Beklagten erfolgten Anzeige des Versicherungsfalls, aus § 91 Satz 1 VVG und erst ab dem 29. November 2010, nach Eingang des Schreibens vom 25. November 2010, mit dem die Klägerin eine Schadensregulierung ernsthaft und endgültig verweigerte, Verzugszinsen gemäß den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB in Verb. mit § 247 BGB beanspruchen.

50

Weiterhin macht die Klägerin ohne Erfolg Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 Euro geltend.

51

Bei entsprechender Auslegung des insoweit nicht konkretisierten Antrags der Klägerin folgt zumindest aus den weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 10. Mai 2012 (Bl. 41, Bd. II d. A.), wonach eine entsprechende Rechnung mit Schreiben vom heutigen Tage gestellt wurde, dass hier offensichtlich von vermeintlich bestehenden vorgerichtlichen Gebührenforderungen des jetzigen Prozessbevollmächtigten freigestellt werden soll. Eine diesbezügliche Honorarschuld scheidet jedoch bereits deshalb aus, weil der jetzige Prozessbevollmächtigte nicht für die Klägerin vorprozessual, sondern, wie sich aus dem Schriftsatz vom 01. Juli 2011 (Bl. 146, Bd. I d. A.) ergibt, erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils tätig wurde.

52

Mögliche Freistellungs- oder Zahlungsansprüche wegen eines vorprozessualen Tätigwerdens der vorangegangenen Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwälte D. und S. ), die von der Klägerin nicht geltend gemacht worden sind, werden von dieser Entscheidung nicht betroffen.

III.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO, wobei sich die Zuvielforderung sowohl im Hinblick auf die nicht berücksichtigte Selbstbeteiligung (300,00 Euro) als auch hinsichtlich der nicht zugesprochenen Nebenforderungen als verhältnismäßig geringfügig darstellt und auch keine weiteren Kosten veranlasst hat.

54

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Schutzanordnung entspricht den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

55

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Der Zeuge ist zu veranlassen, dasjenige, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben.

(2) Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem die Wissenschaft des Zeugen beruht, sind nötigenfalls weitere Fragen zu stellen.

(3) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

(3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

(5) Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen.

(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.

(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

(3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

(5) Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen.

(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.

(1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

(1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.