Alle Steuerzahler: Haushaltsnahe Dienstleistung und Handwerkerleistung: Neues Anwendungsschreiben zur Steuerermäßigung

published on 31/01/2017 11:55
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Für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gewährt der Fiskus im Zuge der Steuererklärung eine Steuerermäßigung, die jedoch von einigen Voraussetzungen abhängt.
Da der Bundesfinanzhof in letzter Zeit einige steuerzahlerfreundliche Entscheidungen getroffen hat, sah sich die Finanzverwaltung gezwungen, ihr Anwendungsschreiben aus 2014 in einigen Punkten zu überarbeiten. Praxisrelevante Aspekte werden vorgestellt.

1. Hintergrund
Für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen können Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 Prozent der Aufwendungen geltend machen. Im Einzelnen gelten folgende Höchstbeträge:
  • 4.000 EUR für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen sowie Pflege- und Betreuungsleistungen,
  • 510 EUR für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bei geringfügig Beschäftigten,
  • 1.200 EUR für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen (Lohnkosten, kein Material).

2. Leistungen im Haushalt
Die Leistungen müssen in einem Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden. Der räumliche Bereich, in dem sich der Haushalt entfaltet, wird regelmäßig durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt.

Ausnahmsweise können aber auch Leistungen, die jenseits der Grundstücksgrenzen auf fremdem, z. B. öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und diesem dienen. In diesem Sinne hat der Bundesfinanzhof in 2014 eine Steuerermäßigung für folgende Leistungen zugelassen:
  • Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen vor dem eigenen Grundstück als haushaltsnahe Dienstleistung.
  • Aufwendungen für einen Hausanschluss an das öffentliche Versorgungsnetz als steuerbegünstigte Handwerkerleistung.

Der geforderte unmittelbare räumliche Zusammenhang liegt nach der Verwaltungsanweisung jedoch nur dann vor, wenn beide Grundstücke eine gemeinsame Grenze haben oder dieser durch eine Grunddienstbarkeit vermittelt wird.

Beachten Sie: Auch in dem neuen Verwaltungsschreiben gibt es eine Anlage 1, in der begünstigte und nicht begünstigte Leistungen aufgeführt sind. Hier wird nun nicht mehr nach „innerhalb und außerhalb des Grundstücks“, sondern nach „innerhalb und außerhalb des Haushalts“ differenziert.

Tätigkeiten, die außerhalb des Haushalts des Steuerpflichtigen erbracht werden, sind nicht begünstigt (nach der Anlage 1 zum Anwendungsschreiben sind dies z. B. Grabpflegekosten). Auch Aufwendungen für eine Tierpension sind nicht begünstigt; Kosten für Maßnahmen innerhalb des Haushalts (z. B. Fellpflege, Ausführen, Reinigungsarbeiten) hingegen schon.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat kürzlich entschieden, dass das Beziehen von Polstermöbeln in einer nahe gelegenen Werkstatt nicht „im Haushalt des Steuerpflichtigen“ erfolgt.

Hinweis | Allerdings soll der Austausch einer Haustür, die in der Schreinerwerkstatt hergestellt, zum Haushalt geliefert und dort montiert wird, eine insgesamt begünstigte Renovierungsmaßnahme darstellen. Diese – der Verwaltungsmeinung entgegenstehende – Sichtweise hat zumindest das Finanzgericht München in einer Entscheidung aus 2015 vertreten. Endgültige Klarheit wird hier wohl nur eine Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs bringen.

3. Maßnahmen der öffentlichen Hand
Auch für Maßnahmen der öffentlichen Hand kann eine Steuerermäßigung in Betracht kommen. Ausgeschlossen werden jedoch Maßnahmen, die von der öffentlichen Hand oder einem von ihr beauftragten Dritten auf gesetzlicher Grundlage erbracht und mit dem Hauseigentümer nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet werden. Somit scheidet die Steuerermäßigung beispielsweise für öffentlich-rechtliche Erschließungsbeiträge und öffentlich-rechtliche Straßenausbaubeiträge bzw. -rückbaubeiträge aus.

Hinweis: Ein anhängiges Revisionsverfahren (VI R 18/16) wird für weitere Klarheit in diesem Bereich sorgen. Denn der BFH muss klären, ob eine Steuerermäßigung für von der öffentlichen Hand erhobene Baukostenzuschüsse zu gewähren ist, die für die Herstellung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage verlangt werden, an die das Grundstück angeschlossen wird.

4. Prüfungs- und Gutachtertätigkeiten

Die Prüfung der ordnungsgemäßen Funktion einer Anlage ist ebenso eine Handwerkerleistung, wie die Beseitigung eines bereits eingetretenen Schadens. Somit können z. B. die Dichtheitsprüfungen von Abwasserleitungen, Kontrollmaßnahmen des TÜVs bei Fahrstühlen oder auch die Kontrolle von Blitzschutzanlagen begünstigt sein.

Bei einer gutachterlichen Tätigkeit, die weder eine Handwerkerleistung noch eine haushaltsnahe Dienstleistung ist, kommt die Steuerermäßigung nicht in Betracht. Nicht begünstigt sind z. B. die Erstellung eines Energiepasses oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer Finanzierung (z. B. zur Erlangung einer KfW-Förderung).

5. Hausnotrufsystem
Für ein mit der Betreuungspauschale abgegoltenes Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens” Hilfeleistung rund um die Uhr sicherstellt, kann eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden. Dieser vom Bundesfinanzhof in 2015 entschiedene Fall wird nun auch in der Anlage 1 zum Anwendungsschreiben unter „Hausnotrufsystem“ als begünstigte Leistung aufgeführt. Nicht begünstigt sind nach Verwaltungsansicht indes die Aufwendungen für ein solches System außerhalb des „Betreuten Wohnens“.

6. Vermittlung von Leistungen
Erstmals äußert sich die Verwaltung zur Thematik Vermittlung von Dienst- und Handwerkerleistungen, insbesondere durch Online-Portale. Hier werden die Rechnungen oft vom Portal im Auftrag der Leistungskraft erstellt. Eine derartige Rechnung kann als Nachweis dienen, wenn sie folgende Angaben enthält:
  • Empfänger der Leistung,
  • Erbringer der Leistung (Name, Anschrift und Steuernummer),
  • Art, Zeitpunkt der Erbringung und Inhalt der Leistung,
  • geschuldetes Entgelt (ggf. aufgeteilt nach Arbeitszeit und Material).

Beachten Sie: Die Steuerermäßigung kann auch gewährt werden, wenn die unbare Bezahlung nicht direkt an den Leistungserbringer, sondern an den Betreiber des Portals erfolgt.

Quellen: BMF-Schreiben vom 9.11.2016, IV C 8 - S 2296-b/07/10003 :008; BFH, Urteil vom 20.3.2014, VI R 56/12; BFH, Urteil vom 20.3.2014, VI R 55/12; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6.7.2016, 1 K 1252/16; FG München, Urteil vom 23.2.2015, 7 K 1242/13; anhängiges Revisionsverfahren BFH VI R 18/16; BFH, Urteil vom 3.9.2015, VI R 18/14

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Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2015  8 K 194/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2012) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie sind je zur Hälfte Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks L Straße ... Die Kläger nutzen das Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken. Das Abwasser wurde seit 1993 über eine Sickergrube auf dem Grundstück entsorgt.

2

Im Jahr 2011 schloss der zuständige Abwasserzweckverband ... (AZV) das Grundstück der Kläger an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage (zentrale Kläranlage) an und forderte diese mit Bescheid vom 5. Dezember 2011 auf, ihre bisher genutzte Grundstückskläranlage binnen sechs Monaten fachgerecht außer Betrieb zu setzen. Unter Ziffer 2 erläuterte der Bescheid:

3

Hierzu waren folgende Arbeiten notwendig:

-       

Erneuerung des bestehenden öffentlichen Mischwasserkanals im Bereich der unteren Bebauung der L Straße, ab Bahnübergang bis zum Ende der Bebauung in Höhe der Grundstücke L Straße ...;

-       

Neuverlegung einer Mischwasserleitung in der L Straße zwischen der unteren und oberen Bebauung, in welcher sich das Grundstück der Kläger befindet;

-       

Inlinersanierung des bestehenden öffentlichen, u.a. unter dem Grundstück der Kläger verlaufenden Mischwasserkanals;

-       

Herstellen der Verbindung des sanierten Mischwasserkanals und der neu verlegten Mischwasserleitung.

4

Mit Rechnung vom 29. August 2012 stellte der AZV den Klägern für die Herstellung der Mischwasserleitung einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag in Höhe von 3.896,60 € in Rechnung, den die Kläger durch Banküberweisung beglichen und in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Handwerkerleistung i.S. des § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend machten.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer 2012 ohne Berücksichtigung dieser Aufwendungen fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Der im Anschluss erhobenen Klage, mit der die Kläger nunmehr die Berücksichtigung eines Betrags in Höhe von 2.338 € (geschätzter Lohnkostenanteil) begehrten, gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1952 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Rechtsstreit beigetreten. Einen Antrag hat es nicht gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

10

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, der für die Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung erhobene Baukostenzuschuss sei nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt.

11

1. Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.

12

a) Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, BFHE 229, 534, BStBl II 2011, 909). Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden (zu Beispielen s. Senatsurteil vom 20. März 2014 VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, Rz 11).

13

b) Da nach allgemeiner Meinung nicht erforderlich ist, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist, kann auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen (Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, Rz 12); insbesondere dadurch, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts (beispielsweise ein Zweckverband) mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen gegen Kostenerstattung im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig geworden ist (Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, für die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers i.S. des § 10 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980, BGBl I 1980, 750, m.w.N.). Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) für den Hausanschluss erhebt, ist insoweit ebenso unerheblich (a.A. BMF-Schreiben vom 9. November 2016 IV C 8-S 2296-b/07/10003:008, BStBl I 2016, 1213, Rz 22 Satz 3) wie der Umstand, ob diese Leistung "eigenhändig" oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird. Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine, wenn auch durch eine juristische Person vermittelte, Handwerkerleistung in Anspruch.

14

c) Die Handwerkerleistung muss ferner "in" einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dabei legt der erkennende Senat den Begriff "im Haushalt" in Übereinstimmung mit der Literatur räumlich-funktional aus (Senatsurteile in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, Rz 14 f.; vom 20. März 2014 VI R 55/12, BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880; vom 3. September 2015 VI R 18/14, BFHE 251, 435, BStBl II 2016, 272; Senatsbeschluss vom 25. September 2017 VI B 25/17, BFH/NV 2018, 39; Kratzsch in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 35a Rz 77; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 93; Bode, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 35a Rz D 7, E 7; Schmidt/Krüger, EStG, 36. Aufl., § 35a Rz 21; Wüllenkemper, EFG 2013, 52).

15

Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos --unabhängig von den Eigentumsverhältnissen-- durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt (Senatsurteil in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880). Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (Senatsurteile in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880, und in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882; BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 1213, Rz 2). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird (Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882; BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 1213, Anlage 1 "Hausanschlüsse an Ver- und Entsorgungsnetze").

16

2. Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, der für die Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung erhobene Baukostenzuschuss sei nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt.

17

Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) wurde der Baukostenzuschuss, der von den Klägern anteilig als Steuerermäßigung i.S. des § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begehrt wird, für die "Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung (zwischen der unteren und oberen Bebauung)" --und nicht etwa für den eigentlichen Haus- bzw. Grundstücksanschluss-- erhoben.

18

Rechtsgrundlage hierfür ist § 10 Abs. 1 der Allgemeinen Entsorgungsbedingungen (AEB) des AZV für die öffentliche Abwasserbeseitigung einschließlich der Entsorgung der Inhalte von Grundstückskläranlagen vom 1. Januar 2009. Danach ist der AZV berechtigt, von den Grundstückseigentümern bei erstmaligem Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage einen angemessenen Baukostenzuschuss zur teilweisen Abdeckung der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung oder, soweit durch den erstmaligen Anschluss veranlasst und über den Herstellungskosten liegend, die Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wird, zu verlangen, soweit sie sich ausschließlich einem Entsorgungsbereich zuordnen lassen, in dem der Anschluss erfolgt. Hierdurch soll der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotene besondere wirtschaftliche Vorteil abgegolten werden, soweit der Aufwand nicht auf andere Weise gedeckt wird (vgl. I.1. der Regelung der Kostenerstattung für die öffentliche Abwasserbeseitigung des AZV vom 1. Januar 2009). Insoweit werden nur die Kosten für neu herzustellende örtliche Teile des öffentlichen Sammelnetzes berücksichtigt, soweit sie sich dem Entsorgungsbereich zuordnen lassen (vgl. I.2. der Kostenerstattungsregelung). Demgegenüber sind die Aufwendungen für die bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung und --soweit vom Grundstückseigentümer veranlasst-- die Veränderung des Grundstücksanschlusses dem AZV vom Grundstückseigentümer als Grundstücksanschlusskosten nach § 11 Abs. 1 AEB zu erstatten.

19

Zwar wird der Baukostenzuschuss danach beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben; der Sache nach betrifft er jedoch die teilweise Abdeckung der notwendigen Kosten für die Herstellung bzw. Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wird, d.h. das öffentliche Sammelnetz. Damit unterscheidet sich der Baukostenzuschuss von den Kosten für den eigentlichen Grundstücksanschluss (= die Verbindung des öffentlichen Sammelnetzes mit der Grundstücksentwässerungsanlage, beginnend an der Abzweigstelle von der jeweiligen Sammelleitung und endend mit dem Grundstücksanschlussschacht an der Grundstücksgrenze des Anschlussgrundstücks, vgl. § 2 Abs. 6 AEB), deren Erstattung eigenständig in § 11 AEB geregelt ist. Dementsprechend hat sich das FG zu Unrecht auf das Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882 berufen, das die Aufwendungen für den Hausanschluss i.S. der Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers als steuerbegünstigte Handwerkerleistung bejaht. Anders als der Haus- oder Grundstücksanschluss ist das öffentliche Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz nicht mehr zum Haushalt i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zu zählen. Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes erfolgt, das --im Unterschied zum Hausanschluss-- nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugutekommt.

20

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob und in welchem Umfang auch die auf das öffentliche Straßenland vor dem Grundstück entfallenden Aufwendungen für den Anschluss eines Grundstücks an zentrale Anlagen der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durch den zuständigen Zweckverband als Handwerkerleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Streitjahr geltend Fassung (EStG) zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, erwarben mit Kaufvertrag vom Dezember 2001 das Grundstück X in Y-Dorf und errichteten darauf in 2002 ein Einfamilienhaus, das sie seit der Fertigstellung für eigene Wohnzwecke nutzten. Zunächst wurde das Objekt durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt. Das Abwasser wurde über eine Grube entsorgt.

3

Ab 2005 schloss der zuständige Zweckverband das Grundstück an zentrale Anlagen der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung an. Für die Herstellung der Hausanschlüsse setzte der Zweckverband gegenüber den Klägern mit Bescheiden vom Juni 2007 Kostenersatzbeträge in Höhe von 910,21 € und 651,99 € fest, die die Kläger am 31. Juli 2007 durch Überweisung von ihrem Bankkonto beglichen. Darüber hinaus sind den Klägern Kosten für die Installation eines Wasserzählers in Höhe von 58,75 € entstanden, die ebenfalls durch Überweisung getilgt wurden.

4

Diese Aufwendungen machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2007) erfolglos als Handwerkerleistungen i.S. des § 35a EStG geltend. Auch der Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2208 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit der Revision rügt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 15. August 2012  7 K 7310/10 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat zu Recht entschieden, dass den Klägern für die streitigen Kosten für den Haus(wasser)anschluss (Trink- und Abwasser) die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG zu gewähren ist.

10

1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, um 20 %, höchstens um 600 €. Nach § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.

11

a) Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, BFHE 229, 534, BStBl II 2011, 909). Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegebauarbeiten (BTDrucks 16/643, 10, und BTDrucks 16/753, 11), aber auch die Reparatur, Wartung und Austausch von Gas- und Wasserinstallationen (Barein in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35a Rz 25).

12

b) Nach allgemeiner Meinung ist nicht erforderlich, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 15. Februar 2010 IV C 4-S 2296-b/07/0003, 2010/0014334, BStBl I 2010, 140, Tz. 21, ersetzt durch BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 IV C 4-S 2296-b/07/0003:004, 2014/0023765, BStBl I 2014, 75, Tz. 23). Auch Kleinunternehmer i.S. des § 19 des Umsatzsteuergesetzes (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 21, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 23) oder die öffentliche Hand können steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen (Apitz in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 35a EStG Rz 21; vgl. Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 86; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140 ). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts (beispielsweise ein Zweckverband) mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen (= die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers, vgl. § 10 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser --AVBWasserV-- vom 20. Juni 1980, BGBl I 1980, 750) gegen Kostenerstattung im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig geworden ist (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8. Oktober 2008 V R 61/03, BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321; BMF-Schreiben vom 7. April 2009 IV B 8-S 7100/07/10024, 2009/0215132, BStBl I 2009, 531). Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) für den Hausanschluss erhebt, ist insoweit ebenso unerheblich wie der Umstand, ob diese Leistung "eigenhändig" oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird. Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine, wenn auch durch eine juristische Person vermittelte, Handwerkerleistung in Anspruch.

13

c) Die Handwerkerleistung muss ferner "in" einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Hieraus wird geschlossen, dass nur handwerkliche Tätigkeiten, die in der privaten Wohnung bzw. dem Haus nebst Zubehörräumen und Garten geleistet werden, nicht aber solche, die "für" den Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt sind (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 15, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 15; FG München vom 24. Oktober 2011  7 K 2544/09, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 1118).

14

Dieses enge Verständnis der Vorschrift greift nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch zu kurz. Denn der Begriff "im Haushalt" ist räumlich-funktional auszulegen (vgl. Kratzsch in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 35a Rz 77; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 92; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; Bode, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35a Rz D 7, E 7; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4).

15

Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos --unabhängig von den Eigentumsverhältnissen-- durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt (Senatsurteil vom 20. März 2014 VI R 55/12, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 15, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 15). Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4; vgl. auch Köhler in Bordewin/Brandt, EStG, § 35a Rz 300 f.). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.

16

Zwar handelt es sich bei Hausanschlüssen (auch insoweit als die Anschlussleitung innerhalb des Privatgrundstücks des Anschlussnehmers verläuft) um Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 1 AVBWasserV; Urteile des Bundesgerichtshofs vom 7. Februar 2008 III ZR 307/05, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 2008, 771, und vom 1. Februar 2007 III ZR 289/06, NJW-RR 2007, 823). Gleichwohl ist der Hausanschluss insgesamt und damit auch, soweit er im öffentlichen Straßenraum verläuft, zum Haushalt i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG zu zählen (entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 12, 15, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 9, 15). Denn über diesen wird der auf dem Grundstück gelegene Haushalt des Steuerpflichtigen über das öffentliche Versorgungsnetz mit den für eine Haushaltsführung notwendigen Leistungen der Daseinsfürsorge versorgt. Ein Hausanschluss stellt sich damit als notwendige Voraussetzung eines Haushalts dar.

17

Entsprechende Handwerkerleistungen sind folglich nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt (Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4; Bode, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35a Rz D 7, E 7; Kratzsch in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 35a Rz 71 f., 77; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 92; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; a.A. Fischer in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 35a Rz 7; Durst in Korn, § 35a EStG Rz 41; Heß/Görn, Deutsches Steuerrecht 2007, 1804 <1805>).

18

d) Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG stehen dieser Auslegung der Vorschrift nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2014 VI R 55/12, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 15, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 15).

19

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die streitigen Aufwendungen der Kläger für den Wasserhausanschluss zu Recht in Höhe der geschätzten Arbeitskosten als Handwerkerleistungen für eine Modernisierungsmaßnahme beurteilt, die den Klägern die begehrte Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG vermitteln. Die vom FA erhobenen Einwendungen gegen die Schätzung der Arbeitskosten greifen nicht durch. Die Erkenntnis des FG, dass die mit der Herstellung des Hausanschlusses verbundenen Tiefbauarbeiten höhere Arbeitskosten als Materialkosten nach sich gezogen hätten, diese Materialkosten jedoch nicht von gänzlich untergeordneter Bedeutung seien und die daraufhin vorgenommene Aufteilung der Gesamtkosten (60 % Arbeitskosten) begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Denn Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind insoweit weder vorgetragen noch ersichtlich. Damit war die Revision des FA zurückzuweisen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Kosten der Schneeräumung auf öffentlichen Gehwegen entlang der Grundstücksgrenze als haushaltsnahe Dienstleistung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Streitjahr geltend Fassung (EStG) zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) beauftragten die Firma X mit der Schneeräumung der in öffentlichem Eigentum stehenden Straßenfront entlang des von ihnen bewohnten Grundstücks. Ausweislich der Rechnung vom 2. Juni 2008 entstanden ihnen hierfür Kosten in Höhe von 142,80 €. Den Rechnungsbetrag haben die Kläger im November 2008 auf ein Konto der Firma X überwiesen.

3

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2008) machten sie diesen Betrag als Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gewährte die beantragte Steuerermäßigung für die Kosten der Schneebeseitigung jedoch nicht. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Februar 2010 IV C 4-S 2296-b/07/0003, 2010/0014334 (BStBl I 2010, 140) seien Dienstleistungen (z.B. Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst), soweit sie auf öffentlichem Gelände durchgeführt würden, nicht nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigt, und zwar auch dann nicht, wenn eine konkrete Verpflichtung, z.B. zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Gehwegen und Bürgersteigen, bestehe.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 51 veröffentlichten Gründen statt.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

6

Es beantragt,
den Gerichtsbescheid des FG Berlin-Brandenburg vom 23. August 2012  13 K 13287/10 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat zu Recht entschieden, dass den Klägern für die streitigen Kosten für den Winterdienst (Schneebeseitigung) die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG zu gewähren ist.

9

1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG sind und in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

10

a) Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Senats müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 VI R 61/10, BFHE 234, 391, BStBl II 2012, 232). Auch die Reinigung von Straßen und Gehwegen sowie der Winterdienst sind nach allgemeiner Meinung hierzu zu zählen (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 12, ersetzt durch BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 IV C 4-S 2296-b/07/0003:004, 2014/0023765, BStBl I 2014, 75, Tz. 9; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; Bode, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 35a Rz E 7; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 92; Barein in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35a Rz 20).

11

b) Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ist jedoch nur zu gewähren, wenn die haushaltsnahen Dienstleistungen in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

12

aa) Unter einem "Haushalt" im Sinne dieser Vorschrift ist die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen, wobei die Wohnung der räumliche Bereich ist, in dem sich der Haushalt entfaltet (vgl. Senatsurteil vom 29. Juli 2010 VI R 60/09, BFHE 230, 420, BStBl II 2014, 151, m.w.N.).

13

bb) "In" einem Haushalt wird die haushaltsnahe Dienstleistung erbracht, wenn sie "im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts" geleistet wird (Senatsurteil in BFHE 234, 391, BStBl II 2012, 232, unter II.2.b). Hierzu gehört zunächst die Wohnung des Steuerpflichtigen, aber auch der dazugehörige Grund und Boden, weil Arbeiten "auf dem Grundstück" ebenfalls begünstigt werden sollen (vgl. BTDrucks 16/643, 10, sowie Senatsurteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, BFHE 229, 534, BStBl II 2011, 909). Nach Auffassung des Senats ist der Begriff "im Haushalt" daher räumlich-funktional auszulegen (vgl. Kratzsch in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 35a Rz 77; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 92; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; Bode, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35a Rz E 7; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4; FG Baden-Württemberg vom 12. September 2012  3 K 3887/11, EFG 2013, 125).

14

cc) Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos --unabhängig von den Eigentumsverhältnissen-- durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt (entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 15, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 15). Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (Schmidt/ Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh)Wegen verpflichtet ist. Denn entsprechende Dienstleistungen sind notwendiger Annex zur Haushaltsführung (Bode, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35a Rz E 7; Barein in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35a Rz 20; Wüllenkemper, EFG 2013, 52 f.) und deshalb nicht nur anteilig (entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 140, Tz. 12, ersetzt durch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Tz. 9), soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt (Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 35a Rz 4; Bode, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35a Rz E 7; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 92; Wüllenkemper, EFG 2013, 52; Barein in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35a Rz 20; Köhler in Bordewin/Brandt, § 35a EStG Rz 300 f.; a.A. Fischer in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 35a Rz 7; Durst in Korn, § 35a EStG Rz 41; Blümich/Erhard, § 35a EStG Rz 23; Heß/Görn, Deutsches Steuerrecht 2007, 1804 <1805>).

15

dd) Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG stehen dieser Auslegung der Vorschrift nicht entgegen.

16

Ausweislich der Gesetzesbegründung sollten Garten- und Wegebauarbeiten im Haushalt durch § 35a EStG begünstigt werden. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber selbst den Begriff "Haushalt" nicht nur als Räumlichkeit, sondern darüber hinaus als funktionalen Bezugspunkt im Sinne von "in der Nähe des Haushalts" begriffen hat (vgl. Kratzsch in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 35a Rz 77; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 92; Wüllenkemper, EFG 2013, 52).

17

Zudem spricht der Normzweck des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG, die Bekämpfung der Schwarzarbeit (BTDrucks 15/91, 19) dafür, Aufwendungen für Dienstleistungen, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (z.B. Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst) auch insoweit zu begünstigen, als sie auf fremdem oder öffentlichem Gelände durchgeführt werden. Denn Steuerpflichtiger und Dienstleistungsunternehmen könnten sich einig werden, nur noch den Winterdienst bezüglich des auf dem Grundstück liegenden Hauszugangs zum Gegenstand einer (steuererheblichen) Rechnung zu machen, die Reinigung oder Räumung des öffentlichen Gehweges dagegen "schwarz" zu bezahlen (Wüllenkemper, EFG 2013, 52 <53>).

18

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG die streitigen Aufwendungen der Kläger für den Winterdienst zu Recht als haushaltsnahe Dienstleitungen i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG beurteilt und den Klägern die streitige Steuermäßigung gewährt. Damit war die Revision des FA zurückzuweisen.


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Arbeitskosten für das Neubeziehen von Polstermöbeln in einer Werkstatt als Handwerkerleistung gemäß § 35a Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG - in der im Streitjahr geltenden Fassung zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger sind Eheleute, die gemäß § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten sie u.a. Aufwendungen in Höhe von 2.594,20 EUR für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen als Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG geltend (Bl. 22 ESt-Akte). Dabei handelte es sich um Kosten für das Neubeziehen von zwei Sofas und einem Sessel (Rechnungskopie der Fa. Raumausstattung P aus N vom 4. September 2014).

3

Der Beklagte berücksichtigte die Aufwendungen bei der Veranlagung nicht (Einkommensteuerbescheid vom 7. Oktober 2015, Bl. 67 f. ESt-Akte). Auf Einspruch der Kläger wegen hier nicht streitiger Punkte erging unter dem 17. November 2015 ein Abhilfebescheid (Bl. 75 f. ESt-Akte).

4

Gegen diesen Änderungsbescheid legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie u.a. unter Berufung auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. März 2014 (VI R 55/12 und VI R 56/12) sowie das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 (7 K 1242/13) die Berücksichtigung der o.g. Aufwendungen im Rahmen des § 35a EStG begehrten (Bl. 78, 86 ESt-Akte). Es sei unzweifelhaft, dass Polstermöbel den Bewohnern eines Haushalts dienten und somit zum Haushalt gehörten.

5

Unter dem 22. Januar 2016 erging wegen eines hier nicht streitigen Punktes ein Änderungsbescheid (Bl. 93 f. ESt-Akte).

6

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2016 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Nach Randnummer 9 des BMF-Schreibens vom 10. Januar 2014 (BStBl I 2014, 75) zur Anwendung des § 35a EStG seien bei Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt würden (z.B. Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst), nur die anteiligen Aufwendungen für die Dienstleistung auf dem Privatgelände begünstigt. Im Gegensatz dazu habe der BFH im Urteil vom 20. März 2014 (VI R 55/12) entschieden, dass in Fällen, in denen der Steuerpflichtige zur Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen verpflichtet sei und er damit eine Firma beauftrage, die entstandenen Kosten auch insoweit begünstigt seien, als sie auf die Dienstleistung auf dem öffentlichen Gelände entfielen. Mit Urteil vom 20. März 2014 (VI R 56/12) habe der BFH entschieden, dass die auf das öffentliche Gelände vor dem Grundstück entfallenden Aufwendungen für den Anschluss eines Grundstücks an zentrale Anlagen der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung als Handwerkerleistungen nach § 35a EStG begünstigt seien. Durch die Veröffentlichung der beiden Urteile im BStBl (BStBl II 2014, 880 und 882) seien diese durch die Finanzämter zwar allgemein anzuwenden, jedoch nur auf die entschiedenen Sachverhalte, d.h. Winterdienst, zu dem der Steuerpflichtige verpflichtet sei, bzw. Anschluss des Haushalts des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz.

7

Der BFH habe den Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional ausgelegt. Es müsse sich dabei um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden und dem Haushalt dienten. Da das Neubeziehen der Polstermöbel nach Auskunft des Klägers sowie nach Aktenlage in der Werkstatt der Fa. Raumausstattung P in N stattgefunden habe, liege ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zum Haushalt - anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen - nicht vor. Insoweit komme es nicht mehr darauf an, dass die erbrachte Leistung dem Haushalt der Kläger diene. Das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 (7 K 1242/13) setze sich ausweislich der Entscheidungsgründe nicht mit dieser Problematik auseinander. Der Senat führe ohne weitere Begründung aus, dass es sich um Leistungen handele, „die in unmittelbaren Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden“. Hierbei lasse er den vom BFH ausdrücklich geforderten „räumlichen“ Zusammenhang völlig außer Betracht.

8

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, die vom Beklagten vertretene Beschränkung auf die Förderung von Handwerkerleistungen, die örtlich betrachtet im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht würden, stehe nicht im Einklang mit der vom BFH geforderten räumlich-funktionalen Betrachtungsweise. Danach sei der Begriff „im Haushalt“ nach dem Sinn und Zweck des § 35a EStG räumlich-funktional auszulegen, weshalb der Haushalt nicht zwingend am Gartenzaun ende. Die Handwerkerleistungen hätten auch nur in der Werkstatt des Handwerksbetriebes ausgeführt werden können. In rechtlicher Hinsicht widerspreche sich der Beklagte, wenn er einerseits die BFH-Rechtsprechung anerkenne, andererseits aber den räumlichen Zusammenhang verneine. So, als handele es sich um ein weiteres Tatbestandsmerkmal. Die Frage des räumlichen Zusammenhangs stelle sich aber gerade im Rahmen des Tatbestandsmerkmals „im Haushalt“.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß und schriftsätzlich,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 2014 vom 22. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2016 dahin zu ändern, dass 20 % der Aufwendungen in Höhe von 2.594,20 EUR als Steuerermäßigung im Sinne des § 35a Abs. 3 EStG berücksichtigt werden.

10

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

11

Er nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die Kläger setzten sich nicht mit dem geforderten räumlichen Zusammenhang auseinander, der hier nicht gegeben sei. Die eigentliche Handwerkerleistung sei in einer vom Haushalt der Kläger ca. 4 km entfernt liegenden Werkstatt erfolgt. Der Streitfall sei nicht mit dem dem Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 (7 K 1242/13) zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar. Nach Auffassung des Finanzgerichts München stelle der Austausch einer renovierungsbedürftigen Haustür, die in der Schreinerwerkstatt hergestellt werde, zum Haushalt geliefert und dort montiert werde, eine insgesamt begünstigte Renovierungsmaßnahme dar, weil es sich dabei um eine Leistung handele, die in unmittelbarem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung diene. Im vorliegenden Fall habe die Behandlung der Möbelstücke jedoch ausschließlich außerhalb des klägerischen Haushalts in der Werkstatt stattgefunden. Eine zusätzliche Handwerkerleistung wie beispielsweise eine Montage im Haushalt der Kläger habe nicht stattgefunden. Die in Rede stehenden Möbelstücke seien vielmehr laut Notiz über ein Gespräch des Sachbearbeiters mit dem Kläger vom 16. September 2015 von den Klägern selbst zur Werkstatt verbracht und dort wieder abgeholt worden.

12

Die Kläger erwidern, die Möbelstücke seien von der Firma Raumausstattung P bei ihnen abgeholt worden und auch wieder dorthin zurückgebracht worden. Offensichtlich beruhe die Gesprächsnotiz des Auszubildenden des Beklagten auf einem Missverständnis.

13

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist unbegründet. Der (geänderte) Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 22. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht keine Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG gewährt.

15

Gemäß § 35a Abs. 3 EStG ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs-, und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 EUR. Gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG kann die Steuerermäßigung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird.

16

Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt (BFH Urteil vom 20. März 2014 VI R 56/12, BStBl II 2014, 882 m.w.N.). Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegearbeiten (BT-Drs. 16/643, 10 und BT-Drs. 16/753, 11), aber auch die Reparatur, Wartung und Austausch von Gas- und Wasserinstallationen.

17

Die Handwerkerleistung muss ferner „in“ einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. „In“ einem Haushalt wird eine Leistung erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts geleistet wird. Der Begriff des Haushalts ist räumlich-funktional auszulegen (BFH Urteile vom 20. März 2014 VI R 56/12, a.a.O. und vom 3. September 2015 VI R 18/14, juris). Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a EStG nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (vgl. BFH Urteile vom 20. März 2014 VI R 55/12 BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880 und VI R 56/12, a.a.O. mit Verweis auf Krüger in Schmidt, EStG, § 35a Rz. 21).

18

Nach Anwendung dieser Grundsätze ist der erkennende Senat der Ansicht, dass es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen für das Neubeziehen der Polstermöbel nicht um begünstigte Handwerkerleistungen i.S.d. § 35a Abs. 3, 4 EStG handelt. Die Arbeitsleistung wurde unstreitig nicht im räumlichen Bereich des Haushalts geleistet, sondern ausschließlich in einer ca. 4 km vom Haushalt entfernt liegenden Werkstatt und damit außerhalb des Haushalts der Kläger. Solche Arbeiten sind nicht begünstigt (vgl. so auch Krüger in Schmidt, EStG, § 35a Rz. 21 m.w.N., u.a. Finanzgericht München, Urteil vom 24. Oktober 2011 7 K 2544/09, DStRE 2012, 1118). Soweit sich die Kläger auf die Rechtsprechung des BFH zu Aufwendungen für einen Hausanschluss als steuerbegünstigte Handwerkerleistung berufen bzw. zum Winterdienst als haushaltsnahe Dienstleistung (Urteile vom 20. März 2014 VI R 55/12 und VI R 56/12 a.a.O.), vermag dies ihrer Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar hat der BFH ausgeführt, dass der Gesetzgeber selbst den Begriff „Haushalt“ nicht nur als Räumlichkeit, sondern darüber hinaus als funktionalen Bezugspunkt im Sinne von „in der Nähe des Haushalts“ begriffen hat. Zugleich fordert der VI. Senat die Durchführung der Leistung in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt. Hieran fehlt es aber unzweifelhaft, denn die Handwerkerleistung wurde in deutlichem Abstand zum Grundstück der Kläger durchgeführt. Hieran ändert auch der Umstand des - nach Angaben der Kläger - erfolgten Transports der Polstermöbel durch die Firma nichts. Denn die Transportleistung ist im Vergleich zu der in der Werkstatt der Firma erbrachten Hauptleistung (Neubeziehen der Polstermöbel) eine untergeordnete Nebenleistung. Zudem fehlt es an einem objektiven Aufteilungsmaßstab, da weder die behauptete Transportleistung noch etwaige hierauf entfallende Arbeits- bzw. Fahrtkosten gesondert auf der Rechnung der Firma vom 4. September 2014 ausgewiesen sind.

19

Der erkennende Senat ist sich durchaus bewusst, dass die Beantwortung der Frage, ob eine Steuerbegünstigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG zu gewähren ist, in den meisten Fällen - schlussendlich - von der Entscheidung des Handwerkers abhängig sein wird, nämlich ob er seine Leistung im Haushalt des Kunden oder in seiner Werkstatt erbringen will bzw. kann. Hätte der Gesetzgeber Handwerkerleistungen unabhängig vom Ort der Durchführung begünstigen wollen, dann hätte er auf das Tatbestandsmerkmal „im Haushalt“ verzichten müssen. Dass es - abhängig vom Ort der Leistungserbringung - zur unterschiedlichen steuerlichen Beurteilung von Leistungen kommen kann, zeigt sich auch an dem Fall der Betreuung eines Haustieres: Während die „außerhäusliche“ Betreuung in einer Tierpension nicht steuerbegünstigt ist, weil es an jeglichem räumlich-funktionalen Bezug zum Haushalt des Steuerpflichtigen fehlt, können die Aufwendungen für einen Hunde- bzw. Katzensitter, der in der Wohnung  bzw. in unmittelbarem räumlichen Bezug zum Haushalt („Gassi gehen“) das haushaltszugehörige Tier pflegt, steuerlich gemäß § 35a EStG berücksichtigt werden (vgl. hierzu Geserich in jurisPR-SteuerR 3/2016 Anm. 3 zu BFH Urteil vom 3. September 2015 VI R 13/15). Nach Ansicht des erkennenden Senats kann der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 35a Abs. 3 EStG nicht so weit ausgedehnt werden, dass es nur noch darauf ankäme, dass ein irgendwie gearteter Zusammenhang zum Haushalt bestünde. Wo die begünstigte Tätigkeit geleistet würde, würde dann nur noch eine geringe Rolle spielen. Dies würde gar eine Abkehr vom räumlich-funktionalen Verständnis des BFH bedeuten (so auch Schlenk, DStR 2016, 781, 785). Allein die Benutzung eines - wie hier - außerhalb des Haushalts reparierten bzw. modernisierten Haushaltsgegenstandes in einem Haushalt kann daher zur Begründung eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs nicht ausreichen. Dabei ist auch der in der Gesetzesbegründung umschriebene Förderzweck des § 35a EStG mit in den Blick zu nehmen, der sich auf die Bekämpfung der Schwarzarbeit im Bereich von Dienstleistungen, die im Privathaushalt erbracht werden, beschränkt.

20

Auch die Berufung der Kläger auf die jüngste Rechtsprechung des Finanzgerichts München in seinem Urteil vom 23. Februar 2015 (7 K 1242/13, juris), wonach die Arbeitskosten eines Schreiners für den Austausch einer renovierungsbedürftigen Haustür des Steuerpflichtigen als begünstigt i.S. des § 35a Abs. 3 EStG anzusehen seien, verhilft ihrer Klage nicht zum Erfolg. Unabhängig davon, dass sich die Entscheidung nicht dazu verhält, worauf die Arbeitskosten im Einzelnen entfallen sind (ausschließlich Kosten für die Montage der Haustür im Haushalt oder ggf. auch Vorbereitungsarbeiten in einer Werkstatt), besteht der wesentliche Unterschied zum Streitfall darin, dass beim Austausch einer Haustür zumindest die Montage dieser im Haushalt erfolgt. Daher wird die Handwerkerleistung insoweit in dem geforderten unmittelbaren räumlich-funktionalen Zusammenhang durchgeführt. Nach Ansicht des erkennenden Senats reicht aber das bloße Abholen und Zurückbringen der Polstermöbel durch einen Handwerker zur Wohnung der Kläger hierfür nicht aus.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2015  8 K 194/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2012) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie sind je zur Hälfte Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks L Straße ... Die Kläger nutzen das Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken. Das Abwasser wurde seit 1993 über eine Sickergrube auf dem Grundstück entsorgt.

2

Im Jahr 2011 schloss der zuständige Abwasserzweckverband ... (AZV) das Grundstück der Kläger an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage (zentrale Kläranlage) an und forderte diese mit Bescheid vom 5. Dezember 2011 auf, ihre bisher genutzte Grundstückskläranlage binnen sechs Monaten fachgerecht außer Betrieb zu setzen. Unter Ziffer 2 erläuterte der Bescheid:

3

Hierzu waren folgende Arbeiten notwendig:

-       

Erneuerung des bestehenden öffentlichen Mischwasserkanals im Bereich der unteren Bebauung der L Straße, ab Bahnübergang bis zum Ende der Bebauung in Höhe der Grundstücke L Straße ...;

-       

Neuverlegung einer Mischwasserleitung in der L Straße zwischen der unteren und oberen Bebauung, in welcher sich das Grundstück der Kläger befindet;

-       

Inlinersanierung des bestehenden öffentlichen, u.a. unter dem Grundstück der Kläger verlaufenden Mischwasserkanals;

-       

Herstellen der Verbindung des sanierten Mischwasserkanals und der neu verlegten Mischwasserleitung.

4

Mit Rechnung vom 29. August 2012 stellte der AZV den Klägern für die Herstellung der Mischwasserleitung einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag in Höhe von 3.896,60 € in Rechnung, den die Kläger durch Banküberweisung beglichen und in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Handwerkerleistung i.S. des § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend machten.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer 2012 ohne Berücksichtigung dieser Aufwendungen fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Der im Anschluss erhobenen Klage, mit der die Kläger nunmehr die Berücksichtigung eines Betrags in Höhe von 2.338 € (geschätzter Lohnkostenanteil) begehrten, gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1952 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Rechtsstreit beigetreten. Einen Antrag hat es nicht gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

10

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, der für die Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung erhobene Baukostenzuschuss sei nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt.

11

1. Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.

12

a) Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, BFHE 229, 534, BStBl II 2011, 909). Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden (zu Beispielen s. Senatsurteil vom 20. März 2014 VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, Rz 11).

13

b) Da nach allgemeiner Meinung nicht erforderlich ist, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist, kann auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen (Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, Rz 12); insbesondere dadurch, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts (beispielsweise ein Zweckverband) mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen gegen Kostenerstattung im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig geworden ist (Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, für die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers i.S. des § 10 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980, BGBl I 1980, 750, m.w.N.). Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) für den Hausanschluss erhebt, ist insoweit ebenso unerheblich (a.A. BMF-Schreiben vom 9. November 2016 IV C 8-S 2296-b/07/10003:008, BStBl I 2016, 1213, Rz 22 Satz 3) wie der Umstand, ob diese Leistung "eigenhändig" oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird. Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine, wenn auch durch eine juristische Person vermittelte, Handwerkerleistung in Anspruch.

14

c) Die Handwerkerleistung muss ferner "in" einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dabei legt der erkennende Senat den Begriff "im Haushalt" in Übereinstimmung mit der Literatur räumlich-funktional aus (Senatsurteile in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, Rz 14 f.; vom 20. März 2014 VI R 55/12, BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880; vom 3. September 2015 VI R 18/14, BFHE 251, 435, BStBl II 2016, 272; Senatsbeschluss vom 25. September 2017 VI B 25/17, BFH/NV 2018, 39; Kratzsch in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 35a Rz 77; Eversloh in Lademann, EStG, § 35a EStG Rz 93; Bode, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 35a Rz D 7, E 7; Schmidt/Krüger, EStG, 36. Aufl., § 35a Rz 21; Wüllenkemper, EFG 2013, 52).

15

Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos --unabhängig von den Eigentumsverhältnissen-- durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt (Senatsurteil in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880). Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (Senatsurteile in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880, und in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882; BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 1213, Rz 2). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird (Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882; BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 1213, Anlage 1 "Hausanschlüsse an Ver- und Entsorgungsnetze").

16

2. Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, der für die Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung erhobene Baukostenzuschuss sei nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt.

17

Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) wurde der Baukostenzuschuss, der von den Klägern anteilig als Steuerermäßigung i.S. des § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begehrt wird, für die "Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung (zwischen der unteren und oberen Bebauung)" --und nicht etwa für den eigentlichen Haus- bzw. Grundstücksanschluss-- erhoben.

18

Rechtsgrundlage hierfür ist § 10 Abs. 1 der Allgemeinen Entsorgungsbedingungen (AEB) des AZV für die öffentliche Abwasserbeseitigung einschließlich der Entsorgung der Inhalte von Grundstückskläranlagen vom 1. Januar 2009. Danach ist der AZV berechtigt, von den Grundstückseigentümern bei erstmaligem Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage einen angemessenen Baukostenzuschuss zur teilweisen Abdeckung der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung oder, soweit durch den erstmaligen Anschluss veranlasst und über den Herstellungskosten liegend, die Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wird, zu verlangen, soweit sie sich ausschließlich einem Entsorgungsbereich zuordnen lassen, in dem der Anschluss erfolgt. Hierdurch soll der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotene besondere wirtschaftliche Vorteil abgegolten werden, soweit der Aufwand nicht auf andere Weise gedeckt wird (vgl. I.1. der Regelung der Kostenerstattung für die öffentliche Abwasserbeseitigung des AZV vom 1. Januar 2009). Insoweit werden nur die Kosten für neu herzustellende örtliche Teile des öffentlichen Sammelnetzes berücksichtigt, soweit sie sich dem Entsorgungsbereich zuordnen lassen (vgl. I.2. der Kostenerstattungsregelung). Demgegenüber sind die Aufwendungen für die bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung und --soweit vom Grundstückseigentümer veranlasst-- die Veränderung des Grundstücksanschlusses dem AZV vom Grundstückseigentümer als Grundstücksanschlusskosten nach § 11 Abs. 1 AEB zu erstatten.

19

Zwar wird der Baukostenzuschuss danach beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben; der Sache nach betrifft er jedoch die teilweise Abdeckung der notwendigen Kosten für die Herstellung bzw. Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wird, d.h. das öffentliche Sammelnetz. Damit unterscheidet sich der Baukostenzuschuss von den Kosten für den eigentlichen Grundstücksanschluss (= die Verbindung des öffentlichen Sammelnetzes mit der Grundstücksentwässerungsanlage, beginnend an der Abzweigstelle von der jeweiligen Sammelleitung und endend mit dem Grundstücksanschlussschacht an der Grundstücksgrenze des Anschlussgrundstücks, vgl. § 2 Abs. 6 AEB), deren Erstattung eigenständig in § 11 AEB geregelt ist. Dementsprechend hat sich das FG zu Unrecht auf das Senatsurteil in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882 berufen, das die Aufwendungen für den Hausanschluss i.S. der Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers als steuerbegünstigte Handwerkerleistung bejaht. Anders als der Haus- oder Grundstücksanschluss ist das öffentliche Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz nicht mehr zum Haushalt i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zu zählen. Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes erfolgt, das --im Unterschied zum Hausanschluss-- nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugutekommt.

20

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.