Insolvenzrecht: Kündigung eines Werklieferungsvertrages wegen Insolvenzeröffnung

12.10.2017

Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Ein Insolvenzverfahrens über dem Vermögen des Unternehmers stellt keinen wichtigen, dessen Vergütungsansprüche ausschließenden Kündigungsgrund eines nach Eröffnungsantrag geschlossenen Werklieferungsvertrages dar.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14.09.2017 (IX ZR 261/15) folgendes entschieden:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Oktober 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. April 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH. In einem Rahmenvertrag vom 28. Juli 2008 hatte sich die Schuldnerin gegenüber der Beklagten zur Lieferung näher bezeichneter Metallgussteile an näher bezeichnete bezugsberechtigte Werke verpflichtet. Im Oktober 2012 beantragte sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom 22. Oktober 2012 wurde der Kläger zum vorläufigen Verwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt und angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam waren. Der Kläger machte eine Fortsetzung der Lieferungen von einem Preisaufschlag von 30 v.H. abhängig. Unter dem 1./4. März 2013 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, nach welcher die Beklagte weiter beliefert wurde, aber einen Aufschlag von 30 v.H. des Nettopreises zu zahlen hatte. Die Vereinbarung sollte mit Ablauf des 31. März 2013 enden, wenn keine Verlängerung zustande kommen würde.

Am 26. März 2013 wurde der Kläger zum starken vorläufigen Verwalter bestellt. Am 27. März 2013 übersandte der Kläger der Beklagten den Entwurf einer neuen Vereinbarung, in welcher auf die Bestellung zum vorläufigen starken Insolvenzverwalter und auf die in Aussicht genommene Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2013 Bezug genommen wurde. Für Lieferungen der Schuldnerin ab dem 1. April 2013 sollte die Beklagte einen Aufschlag von 38 v.H. auf den bis zur Vereinbarung vom 1./4. März 2013 geltenden Nettopreis zahlen. In Abschnitt d) des Entwurfs heißt es:

"Während der Laufzeit dieser Vereinbarung übt... sein Wahlreicht nach § 103 InsO nicht aus. Die Weiterbelieferung - auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - ist für die Parteien keine konkludente Erfüllungswahl hinsichtlich der zwischen... und... bereits vor Antragstellung abgeschlossener Verträge im Sinne von § 103 InsO."

Die Beklagte antwortete unter dem 28. März 2013, sie wolle sich nicht weiter unter Druck setzen lassen und sehe keine Grundlage für eine weitere Geschäftsbeziehung. Dieses Schreiben ging am 2. April 2013 beim Kläger ein. Der Kläger antwortete am 2. April 2013 unter Bezugnahme auf ein Telefonat vom selben Tage, er werde die Produktion für die Beklagte einstellen. Die Beklagte erwiderte am 3. April 2013, ihrer Ansicht nach liege in den seit dem 1. April 2013 ausbleibenden Lieferungen eine implizite Wahl der Nichterfüllung, so dass keine Einwände gegen den Produktionsstopp bestünden. Am 11. April 2013 schrieb ein der Kanzlei des Klägers angehörender Rechtsanwalt auf dem Briefpapier der Anwaltskanzlei ohne Hinweis darauf, dass er für den Kläger als Verwalter handeln wolle, an die Beklagte, nicht der Kläger, sondern die Beklagte habe die Geschäftsbeziehung beendet. Wenn die Beklagte an einer einvernehmlichen Regelung interessiert sei, sei der Kläger bereit, die von der Beklagten abgerufenen Teile zu den Preisen und Bedingungen der Vereinbarung vom 1./4. März 2013 zu liefern.

Der Kläger meint, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 28. März 2013 den zwischen ihr und der Schuldnerin geschlossenen Werklieferungsvertrag wirksam gekündigt. Er verlangt, soweit jetzt noch von Interesse, den in der Fortführungsvereinbarung vereinbarten Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen für die bestellten, aber nicht abgenommenen Metallgussteile in Höhe von 1.106.000,61 € nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz sämtlicher durch die Nichtabnahme entstandener gegenwärtiger und künftiger Schäden verpflichtet sei. Das Landgericht hat die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision will die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten bestehende Rahmenvertrag sei durch die Fortführungsvereinbarung Anfang März 2013 modifiziert worden, habe aber fortbestanden. Die einzelnen Abrufe hätten jeweils zu Werklieferungsverträgen geführt. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die angeforderten Leistungen abzunehmen und nach Maßgabe der Fortführungsvereinbarung zu bezahlen. Die Vergütungsansprüche seien nicht durch eine Nichterfüllungswahl gemäß § 103 InsO obsolet geworden. Das Wahlrecht entstehe erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; Rechtshandlungen vor dem 1. April 2013 seien insoweit unbeachtlich. Das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2013 stelle eine Kündigung gemäß § 649 BGB dar. Ein Rücktrittsgrund nach anderen Vorschriften des BGB habe nicht bestanden. Insbesondere habe das Schreiben vom 26. März 2013 keinen solchen Grund geboten. Der Kläger habe sich allerdings vertragswidrig verhalten. Von einer zum Rücktritt berechtigenden endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung könne jedoch nicht ausgegangen werden. Die Beklagte müsse daher die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zahlen.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnisstand.

Zwischen der Beklagten und der Schuldnerin sind Werklieferungsverträge zustande gekommen, indem die Beklagte nach Maßgabe des Rahmenvertrages vom 28. Juli 2008 und der Änderungsvereinbarung vom 1./4. März 2013 Leistungen der Schuldnerin abgerufen hat. Die Schuldnerin hatte bewegliche nicht vertretbare Sachen nach Maßgabe der jeweils aktuellen Anlage zum Rahmenvertrag herzustellen. Für die Verträge gelten damit die in § 651 Satz 3 BGB genannten Bestimmungen, insbesondere diejenige des § 649BGB.

Mit ihrem dem Kläger am 2. April 2013 zugegangenen Schreiben vom 28. März 2013 hat die Beklagte diese Verträge wirksam gekündigt.

Die Auslegung des Schreibens vom 28. März 2013 als Kündigungserklärung durch das Berufungsgericht kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde. Solche Auslegungsfehler liegen hier nicht vor.

Die Werklieferungsverträge konnten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 649 BGB gekündigt werden.

Die Bestellungen aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aus welchen der Kläger seinen Anspruch herleitet, stellten gegenseitige Verträge gemäß § 103 InsO dar, die im Zeitpunkt der Eröffnung weder von der Schuldnerin noch von der Beklagten vollständig erfüllt worden waren. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte auf den Bestand und den Inhalt dieser Verträge keinen Einfluss. Sie blieben vielmehr in der Lage bestehen, in welcher sie sich bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens befanden. Als Folge der Eröffnung verloren die Ansprüche der Beklagten auf die bestellten Metallgussteile und diejenigen der Schuldnerin auf den entsprechenden Werklohn allerdings ihre Durchsetzbarkeit. Die Beklagte konnte ihre Ansprüche auf Lieferung der bestellten Teile nicht mehr durchsetzen; der Kläger als Verwalter konnte, solange er nicht die Erfüllung der Verträge wählte, weder die Abnahme der Teile noch die Zahlung von Werklohn verlangen. Die Verträge mussten grundsätzlich insolvenzrechtlich abgewickelt werden.

Das in § 649 BGB geregelte Kündigungsrecht des Bestellers besteht auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers fort.

Die Insolvenzordnung enthält keine Vorschrift, welche das Kündigungsrecht des Bestellers in der Insolvenz des Unternehmers ausschließt. Der Schutz der Masse verlangt keine derartige Einschränkung des Kündigungsrechts. Die Vorschrift des § 649 Satz 1 BGB gestattet es dem Besteller, den Werkvertrag jederzeit zu kündigen. Die Zubilligung dieses freien Kündigungsrechts beruht auf der gesetzgeberischen Überlegung, dass vorzugsweise der Besteller an der Ausführung der Werkleistungen interessiert ist und er deshalb die Möglichkeit einer Lösung vom Vertrag für den Fall erhalten soll, dass dieses Interesse entfällt. Dem in erster Linie auf die Vergütung gerichteten Interesse des Werkunternehmers trägt § 649 Satz 2 BGB dadurch Rechnung, dass ihm der Anspruch auf die Gegenleistung im Ausgangspunkt auch für diejenigen Leistungen verbleibt, die er wegen der Kündigung des Vertrages nicht mehr erbringen muss. Nichts anderes gilt für Werklieferungsverträge über unvertretbare Leistungen.

Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Zulässigkeit einer Kündigung nach § 649 BGB in der Insolvenz des Unternehmers noch nicht entschieden. In früheren Entscheidungen ist er jedoch vom Fortbestand eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgegangen. Eine Kündigung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B in der Insolvenz des Unternehmers wurde insbesondere deshalb für zulässig gehalten, weil diese Bestimmung nicht wesentlich vom gesetzlichen Leitbild des § 649BGB abweiche. Das Kündigungsrecht gemäß § 649 BGB wird damit stillschweigend vorausgesetzt. Schließlich ist auch der Gesetzgeber der Insolvenzordnung von einem jederzeitigen Kündigungsrecht des Bestellers in der Insolvenz des Unternehmers ausgegangen.

Die Kündigung war schließlich nicht im Hinblick auf eine im Schreiben des Klägers vom 27. März 2013 enthaltene Erfüllungsablehnung unwirksam.

Gemäß § 103 InsO kann der Verwalter die Erfüllung eines vor der Eröffnung des Insolvenzverfahren geschlossen, beidseits nicht vollständig erfüllten Vertrages verlangen oder die Erfüllung des Vertrages ablehnen. Er ist nicht berechtigt, den Vertrag inhaltlich zu ändern. Es gibt grundsätzlich keine den ursprünglichen Vertrag modifizierende oder nur einzelne Ansprüche oder Rechte betreffende Erfüllungswahl. Ein Erfüllungsverlangen unter Vorbehalten wird deshalb häufig als Ablehnung der Erfüllung anzusehen sein.

Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO entsteht jedoch erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Das Wahlrecht steht dem Insolvenzverwalter zu, nicht dem vorläufigen Insolvenzverwalter. Es setzt zudem einen gegenseitigen Vertrag zwischen dem Insolvenzschuldner und dem anderen Teil voraus, welcher zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von keiner Vertragspartei vollständig erfüllt war. Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann diese Voraussetzung nicht erfüllt sein. Die Vorschrift des § 103 InsO steht im Zweiten Abschnitt des Dritten Teils der Insolvenzordnung, welcher sich mit den Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens befasst. Sinn und Zweck der Vorschrift ist schließlich der Schutz der Insolvenzmasse. § 103 InsO ermöglicht dem Verwalter, einen von keiner Seite bereits vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag zum Vorteil der Masse und damit der Gläubigergesamtheit auszuführen und damit zugleich dem Vertragspartner den durch das funktionelle Synallagma vermittelten Schutz zu erhalten. Ob das Festhalten am Vertrag der Masse nützt, kann typischerweise erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden werden. Die Vorschrift des § 22 InsO, welche die Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters regelt, verweist schließlich nicht auf § 103 InsO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und allgemeiner Meinung in der Fachliteratur ist § 103 InsO daher auf den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht anwendbar.

Die Revision verweist demgegenüber auf die Senatsrechtsprechung zur Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verfügungsbefugnis. Der Vertragspartner des späteren Insolvenzschuldners, der mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters einen Vertrag geschlossen oder Leistungen des Schuldners entgegen genommen hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen darauf vertrauen, dass die Rechtshandlung Bestand hat, also vom Verwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr angefochten wird. Ebenso müsse der Verwalter unter den genannten Umständen an Verträge gebunden sein, deren Erfüllung der vorläufige Verwalter ohne Verfügungsbefugnis verlangt habe. Gleiches müsse in dem hier gegebenen Fall gelten, dass der vorläufige Verwalter der Sache nach erklärt habe, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht an den bestehenden Verträgen festhalten zu wollen. Der Verwalter müsse an die Erklärungen des vorläufigen Verwalters gebunden sein.

Eine Übertragung des Rechtsgedankens der Rechtsprechung zur Einschränkung der Anfechtung von Rechtshandlungen, denen der vorläufige Verwalter zugestimmt hatte, auf das Schreiben des Klägers vom 27. März 2013 kommt hier schon aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht. Die von der Revision in Bezug genommene Senatsrechtsprechung beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes. Der Gläubiger darf regelmäßig davon ausgehen, die Leistungen des Schuldners behalten zu dürfen, wenn der vorläufige Verwalter vorbehaltlos zugestimmt hat. Das Angebot vom 27. März 2013 stammte vom Kläger als dem damaligen vorläufigen starken Verwalter. Hätte die Beklagte das Angebot angenommen, wäre ein den Kläger als endgültigen Verwalter bindender Vertrag zustande gekommen. Die Beklagte hat das Angebot jedoch nicht angenommen; dazu war sie auch nicht verpflichtet. Wie der Kläger sich nunmehr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhalten würde, war damit offen. Gemäß § 103 InsO konnte er die Erfüllung der bis zu diesem Zeitpunkt geschlossenen, von keiner Seite vollständig erfüllten Werklieferungsverträge nach Maßgabe der Vereinbarung vom 1./4. März 2013 wählen oder aber deren Erfüllung ablehnen. Im Schreiben vom 27. März 2013 heißt es dazu nur, Lieferungen vor Abschluss der neuen Vereinbarung stellten keine Erfüllungswahl im Sinne von § 103 InsO dar. Es war also nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die bestellten Metallgussteile nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch geliefert werden würden, auch wenn die Beklagte den Entwurf nicht unterzeichnete. Ob unter ganz besonderen Umständen der Verwalter an Erklärungen des vorläufigen Verwalters, nach der Eröffnung einen Vertrag erfüllen oder nicht erfüllen zu wollen, gebunden sein kann, bedarf damit keiner Entscheidung. Ebenso bleibt offen, welche Rechte die Beklagte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus diesem Schreiben hätte herleiten können.

Die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund waren nicht erfüllt.

Die Vorschrift des § 314 BGB greift nicht ein. Gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein wichtiger Grund, der zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses berechtigt, dann gegeben, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der Rahmenvertrag aus dem Jahre 2008 stellte ein Dauerschuldverhältnis dar. Eine Kündigung dieses Vertrages ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Auch der Feststellungsantrag betrifft nur die Schäden, die aus der Nichterfüllung der einzelnen Werklieferungsverträge entstanden sind und noch entstehen werden.

Eine Kündigung aus wichtigem Grund sieht § 649 BGB in seiner derzeit noch geltenden Fassung nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Auftraggeber eines Werkvertrages jedoch berechtigt, den Vertrag zu kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Kündigt der Besteller aus wichtigem Grund, entfällt der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers aus § 649Satz 2 BGB für noch nicht erbrachte Leistungen.

Im Bauvertragsrecht ist ein wichtiger Grund unter anderem dann anzunehmen, wenn der Auftragnehmer das für den Bauvertrag als eines auf Kooperation der Vertragspartner angelegten Langzeitvertrags vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch sein schuldhaftes Verhalten derart empfindlich stört, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet und dem Auftraggeber die Vertragsfortsetzung nicht mehr zumutbar ist. Die Vorschrift des § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts vom 28. April 2017, die am 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, erlaubt eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann; allerdings entfällt der Vergütungsanspruch des Unternehmers im Fall einer berechtigten Kündigung aus wichtigem Grund nicht insgesamt.

In der bereits zitierten Entscheidung vom 7. April 2016 hat der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs einen wichtigen Grund für die Kündigung eines Bauvertrages bereits im Eigenantrag des Unternehmers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesehen. Der Auftraggeber eines Bauvertrages habe regelmäßig ein schwerwiegendes, die Interessen der Insolvenzgläubiger an einer Fortführung des Bauvertrages erheblich überwiegendes Interesse daran, sich im Falle eines Eigeninsolvenzantrages des Auftragnehmers frühzeitig vom Vertrag lösen zu können und den ihm durch die anderweitige Vergabe der Restarbeiten etwa entstehenden Schaden geltend zu machen, ohne gemäß § 649 Satz 2 BGB gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Zahlung einer Vergütung für nicht erbrachte Leistungen verpflichtet zu sein. Wegen der dem Verwalter eingeräumten angemessenen Überlegungszeit sei dem Auftraggeber nicht zuzumuten, dessen Entschließung über die Fortführung des Bauvertrages nach § 103 InsO abzuwarten. Zudem habe der Auftragnehmer mit seinem Eigenantrag zum Ausdruck gebracht, dass ihm die finanziellen Mittel zur vertragsgemäßen Erfüllung des Bauvertrages fehlten und er keine Gewähr mehr für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung geben könne. Der Verwalter, welcher mit der Eröffnung an die Stelle des Schuldners trete, könne das für die Erfüllung des Bauvertrages erforderliche Vertrauen nicht in gleicher Weise für sich in Anspruch nehmen wie der Schuldner vor dem Eröffnungsantrag. Seine fehlende Liquidität habe der Schuldner gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann zu vertreten, wenn er gemäß § 15a InsO zur Antragstellung verpflichtet gewesen sei.

Auf den hier vorliegenden Fall der Kündigung einzelner Werklieferungsverträge lässt sich diese Rechtsprechung nicht übertragen. Die Beklagte hat ihre Kündigung nicht auf den Eigenantrag der Schuldnerin vom Oktober 2012 gestützt. Die Kündigung betraf vielmehr Verträge, die erst nach dem Insolvenzantrag und in dessen Kenntnis geschlossen worden waren.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welche die Beklagte zum Anlass ihrer Kündigung genommen hat und die ebenfalls auf den von der Schuldnerin zu vertretenden Mangel an Zahlungsmitteln zurückzuführen ist, stellt keinen wichtigen Grund für die Kündigung der zuvor geschlossenen Werklieferungsverträge dar.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin hatte die Beklagte zwar keine Sicherheit mehr darüber, ob der Verwalter die Verträge erfüllen würde oder nicht. Sie hatte nur noch die Möglichkeit den Verwalter gemäß § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO zur Ausübung des Wahlrechts aufzufordern. Der Verwalter hat unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern seine Entscheidung mitzuteilen. Welche Überlegungsfrist angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles. Mit einer Entscheidung innerhalb weniger Tage hätte die Beklagte nicht ohne weiteres rechnen können, auch wenn die Interessen des Bestellers, der sich gegebenenfalls anderweitig eindecken muss, zu berücksichtigen sind. Überdies bestand das im Insolvenzverfahren typischerweise höhere Risiko des Scheiterns der Betriebsfortführung. Selbst wenn der Kläger also die Erfüllung der Werklieferungsverträge gewählt hätte, wäre aus Sicht der Beklagten möglicherweise zu befürchten gewesen, dass die Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht werden würden.

Sowohl das Risiko der verzögerten Entscheidung über die Erfüllung der Verträge als auch dasjenige der Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren hat der Vertragspartner des Insolvenzschuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch hinzunehmen; eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen sie nicht. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO kann durch eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht unterlaufen werden. Das gilt sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Die Insolvenzordnung räumt dem Verwalter die Möglichkeit ein, sich unverzüglich - also innerhalb angemessener, den Interessen beider Vertragsparteien Rechnung tragender Frist - für oder gegen eine Erfüllung vor der Eröffnung geschlossener und beidseitig nicht vollständig erfüllter Verträge zu entscheiden. Entscheidet er sich für die Erfüllung eines Vertrages, ist der Vertrag wie vereinbart durchzuführen. Diese Rechte des Verwalters hält die Insolvenzordnung für so bedeutend, dass sie im Voraus nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden dürfen. Dann können sie aber auch nicht nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Begründung einer Kündigung aus wichtigem Grund wegen einer typischerweise mit ihnen verbundenen Gefährdung des Vertragszwecks herangezogen werden.

Auf das Schreiben des Klägers vom 27. März 2013 konnte die Kündigung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gestützt werden. Der Kläger hat in diesem Schreiben - folgt man zugunsten der Beklagten der Auslegung des Berufungsgerichts - zwar angekündigt, dass er sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr an die Vereinbarung vom 1./4. März 2013 gebunden sehen würde. Die fehlende Bindung an Verträge, die vor der Eröffnung geschlossen wurden und im Zeitpunkt der Eröffnung von keiner Seite vollständig erfüllt waren, ist in § 103 InsO jedoch vorgesehen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung aus wichtigem Grund vor der Eröffnung möglich gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung.

Der Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB setzt keine Erfüllungswahl des Verwalters voraus. Zwar kann der Verwalter grundsätzlich nur aus solchen Verträgen vertragliche Ansprüche herleiten, deren Erfüllung er gewählt hat. Nachdem die Beklagte die Werklieferungsverträge jedoch wirksam gekündigt hatte, war eine Erfüllung der Herstellungs- und Lieferungsansprüche der Beklagten aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

Gemäß § 649 Satz 2 BGB kann der Kläger Zahlung der vereinbarten Vergütung verlangen. Er muss sich dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung der Verträge an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Einwendungen gegen die Berechnung des Anspruchs erhebt die Revision nicht.

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(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Sept. 2017 - IX ZR 261/15

bei uns veröffentlicht am 14.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 261/15 Verkündet am: 14. September 2017 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja InsO § 103; BG

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 261/15
Verkündet am:
14. September 2017
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers stellt für
sich genommen keinen wichtigen, die Vergütungsansprüche des Unternehmers ausschließenden
Grund für die Kündigung eines nach dem Eröffnungsantrag geschlossenen
Werklieferungsvertrages dar.
BGH, Urteil vom 14. September 2017 - IX ZR 261/15 - OLG München
LG München I
ECLI:DE:BGH:2017:140917UIXZR261.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Oktober 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. April 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH (fortan: Schuldnerin ). In einem Rahmenvertrag vom 28. Juli 2008 hatte sich die Schuldnerin gegenüber der Beklagten zur Lieferung näher bezeichneter Metallgussteile an näher bezeichnete bezugsberechtigte Werke verpflichtet. Im Oktober 2012 beantragte sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom 22. Oktober 2012 wurde der Kläger zum vorläufigen Verwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt und angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam waren. Der Kläger machte eine Fortsetzung der Lieferungen von einem Preisaufschlag von 30 v.H. abhängig. Unter dem 1./4. März 2013 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, nach welcher die Beklagte weiter beliefert wurde, aber einen Aufschlag von 30 v.H. des Nettopreises zu zahlen hatte. Die Vereinbarung sollte mit Ablauf des 31. März 2013 enden, wenn keine Verlängerung zustande kommen würde.
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Am 26. März 2013 wurde der Kläger zum starken vorläufigen Verwalter bestellt. Am 27. März 2013 übersandte der Kläger der Beklagten den Entwurf einer neuen Vereinbarung, in welcher auf die Bestellung zum vorläufigen starken Insolvenzverwalter und auf die in Aussicht genommene Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2013 Bezug genommen wurde. Für Lieferungen der Schuldnerin ab dem 1. April 2013 sollte die Beklagte einen Aufschlag von 38 v.H. auf den bis zur Vereinbarung vom 1./4. März 2013 geltenden Nettopreis zahlen. In Abschnitt d) des Entwurfs heißt es:
3
"Während der Laufzeit dieser Vereinbarung übt … (der Verwalter) sein Wahlreicht nach § 103 InsO nicht aus. Die Weiterbelieferung - auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - ist für die Parteien keine konkludente Erfüllungswahl hinsichtlich der zwischen … (der Schuldnerin) und … (der Beklagten) bereits vor Antragstellung abgeschlossener Verträge im Sinne von § 103 InsO."
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Die Beklagte antwortete unter dem 28. März 2013, sie wolle sich nicht weiter unter Druck setzen lassen und sehe keine Grundlage für eine weitere Geschäftsbeziehung. Dieses Schreiben ging am 2. April 2013 beim Kläger ein. Der Kläger antwortete am 2. April 2013 unter Bezugnahme auf ein Telefonat vom selben Tage, er werde die Produktion für die Beklagte einstellen. Die Beklagte erwiderte am 3. April 2013, ihrer Ansicht nach liege in den seit dem 1. April 2013 ausbleibenden Lieferungen eine implizite Wahl der Nichterfüllung, so dass keine Einwände gegen den Produktionsstopp bestünden. Am 11. April 2013 schrieb ein der Kanzlei des Klägers angehörender Rechtsanwalt auf dem Briefpapier der Anwaltskanzlei ohne Hinweis darauf, dass er für den Kläger als Verwalter handeln wolle, an die Beklagte, nicht der Kläger, sondern die Beklagte habe die Geschäftsbeziehung beendet. Wenn die Beklagte an einer einvernehmlichen Regelung interessiert sei, sei der Kläger bereit, die von der Beklagten abgerufenen Teile zu den Preisen und Bedingungen der Vereinbarung vom 1./4. März 2013 zu liefern.
5
Der Kläger meint, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 28. März 2013 den zwischen ihr und der Schuldnerin geschlossenen Werklieferungsvertrag wirksam gekündigt. Er verlangt, soweit jetzt noch von Interesse, den in der Fortführungsvereinbarung vereinbarten Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen für die bestellten, aber nicht abgenommenen Metallgussteile in Höhe von 1.106.000,61 € nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz sämtlicher durch die Nichtabnahme entstandener gegenwärtiger und künftiger Schäden verpflichtet sei. Das Landgericht hat die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision will die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten bestehende Rahmenvertrag sei durch die Fortführungsvereinbarung Anfang März 2013 modifiziert worden, habe aber fortbestanden. Die einzelnen Abrufe hätten jeweils zu Werklieferungsverträgen geführt. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die angeforderten Leistungen abzunehmen und nach Maßgabe der Fortführungsvereinbarung zu bezahlen. Die Vergütungsansprüche seien nicht durch eine Nichterfüllungswahl gemäß § 103 InsO obsolet geworden. Das Wahlrecht entstehe erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ; Rechtshandlungen vor dem 1. April 2013 seien insoweit unbeachtlich. Das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2013 stelle eine Kündigung gemäß § 649 BGB dar. Ein Rücktrittsgrund nach anderen Vorschriften des BGB habe nicht bestanden. Insbesondere habe das Schreiben vom 26. März 2013 keinen solchen Grund geboten. Der Kläger habe sich allerdings vertragswidrig verhalten. Von einer zum Rücktritt berechtigenden endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung könne jedoch nicht ausgegangen werden. Die Beklagte müsse daher die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zahlen.

II.


8
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
1. Zwischen der Beklagten und der Schuldnerin sind Werklieferungsverträge zustande gekommen, indem die Beklagte nach Maßgabe des Rahmen- vertrages vom 28. Juli 2008 und der Änderungsvereinbarung vom 1./4. März 2013 Leistungen der Schuldnerin abgerufen hat. Die Schuldnerin hatte bewegliche nicht vertretbare Sachen nach Maßgabe der jeweils aktuellen Anlage zum Rahmenvertrag herzustellen. Für die Verträge gelten damit die in § 651 Satz 3 BGB genannten Bestimmungen, insbesondere diejenige des § 649 BGB.
10
2. Mit ihrem dem Kläger am 2. April 2013 zugegangenen Schreiben vom 28. März 2013 hat die Beklagte diese Verträge wirksam gekündigt.
11
a) Die Auslegung des Schreibens vom 28. März 2013 als Kündigungserklärung durch das Berufungsgericht kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 30 Rn. 49). Solche Auslegungsfehler liegen hier nicht vor.
12
b) Die Werklieferungsverträge konnten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 649 BGB gekündigt werden.
13
(1) Die Bestellungen aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens , aus welchen der Kläger seinen Anspruch herleitet, stellten gegenseitige Verträge gemäß § 103 InsO dar, die im Zeitpunkt der Eröffnung weder von der Schuldnerin noch von der Beklagten vollständig erfüllt worden waren. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte auf den Bestand und den Inhalt dieser Verträge keinen Einfluss. Sie blieben vielmehr in der Lage bestehen, in welcher sie sich bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens befanden (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 359; vom 7. Februar 2013 - IX ZR 218/11, BGHZ 196, 160 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Kreft, 3. Aufl., § 103 Rn. 15). Als Folge der Eröffnung verloren die Ansprüche der Beklagten auf die bestellten Metallgussteile und diejenigen der Schuldnerin auf den entsprechenden Werklohn allerdings ihre Durchsetzbarkeit (BGH, Urteil vom 25. April 2002, aaO; vom 19. November 2015 - IX ZR 198/14, WM 2016, 90 Rn. 18). Die Beklagte konnte ihre Ansprüche auf Lieferung der bestellten Teile nicht mehr durchsetzen; der Kläger als Verwalter konnte, solange er nicht die Erfüllung der Verträge wählte, weder die Abnahme der Teile noch die Zahlung von Werklohn verlangen. Die Verträge mussten grundsätzlich insolvenzrechtlich abgewickelt werden.
14
(2) Das in § 649 BGB geregelte Kündigungsrecht des Bestellers besteht auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers fort.
15
Die Insolvenzordnung enthält keine Vorschrift, welche das Kündigungsrecht des Bestellers in der Insolvenz des Unternehmers ausschließt. Der Schutz der Masse verlangt keine derartige Einschränkung des Kündigungsrechts. Die Vorschrift des § 649 Satz 1 BGB gestattet es dem Besteller, den Werkvertrag jederzeit zu kündigen. Die Zubilligung dieses freien Kündigungsrechts beruht auf der gesetzgeberischen Überlegung, dass vorzugsweise der Besteller an der Ausführung der Werkleistungen interessiert ist und er deshalb die Möglichkeit einer Lösung vom Vertrag für den Fall erhalten soll, dass dieses Interesse entfällt. Dem in erster Linie auf die Vergütung gerichteten Interesse des Werkunternehmers trägt § 649 Satz 2 BGB dadurch Rechnung, dass ihm der Anspruch auf die Gegenleistung im Ausgangspunkt auch für diejenigen Leistungen verbleibt , die er wegen der Kündigung des Vertrages nicht mehr erbringen muss (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - VII ZR 133/10, BGHZ 188, 149 Rn. 11). Nichts anderes gilt für Werklieferungsverträge über unvertretbare Leistungen.
16
Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Zulässigkeit einer Kündigung nach § 649 BGB in der Insolvenz des Unternehmers noch nicht entschieden. In früheren Entscheidungen ist er jedoch vom Fortbestand eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgegangen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 90). Eine Kündigung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) in der Insolvenz des Unternehmers wurde insbesondere deshalb für zulässig gehalten , weil diese Bestimmung nicht wesentlich vom gesetzlichen Leitbild des § 649 BGB abweiche (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 25 f). Das Kündigungsrecht gemäß § 649 BGB wird damit stillschweigend vorausgesetzt. Schließlich ist auch der Gesetzgeber der Insolvenzordnung von einem jederzeitigen Kündigungsrecht des Bestellers in der Insolvenz des Unternehmers ausgegangen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 153 zu § 137 InsO-E).
17
c) Die Kündigung war schließlich nicht im Hinblick auf eine im Schreiben des Klägers vom 27. März 2013 enthaltene Erfüllungsablehnung unwirksam.
18
(1) Gemäß § 103 InsO kann der Verwalter die Erfüllung eines vor der Eröffnung des Insolvenzverfahren geschlossen, beidseits nicht vollständig erfüllten Vertrages verlangen oder die Erfüllung des Vertrages ablehnen. Er ist nicht berechtigt, den Vertrag inhaltlich zu ändern. Es gibt grundsätzlich keine den ursprünglichen Vertrag modifizierende oder nur einzelne Ansprüche oder Rechte betreffende Erfüllungswahl (BGH, Urteil vom 10. August 2006 - IX ZR 28/05, BGHZ 169, 43 Rn. 14). Ein Erfüllungsverlangen unter Vorbehal- ten wird deshalb häufig als Ablehnung der Erfüllung anzusehen sein (BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 - IX ZR 36/87, BGHZ 103, 250, 253 zu § 17 KO).
19
(2) Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO entsteht jedoch erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Das Wahlrecht steht dem Insolvenzverwalter zu, nicht dem vorläufigen Insolvenzverwalter. Es setzt zudem einen gegenseitigen Vertrag zwischen dem Insolvenzschuldner und dem anderen Teil voraus, welcher zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von keiner Vertragspartei vollständig erfüllt war. Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann diese Voraussetzung nicht erfüllt sein. Die Vorschrift des § 103 InsO steht im Zweiten Abschnitt des Dritten Teils der Insolvenzordnung, welcher sich mit den Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens befasst. Sinn und Zweck der Vorschrift ist schließlich der Schutz der Insolvenzmasse. § 103 InsO ermöglicht dem Verwalter , einen von keiner Seite bereits vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag zum Vorteil der Masse und damit der Gläubigergesamtheit auszuführen und damit zugleich dem Vertragspartner den durch das funktionelle Synallagma vermittelten Schutz zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 457/99, BGHZ 150, 138, 148 mwN). Ob das Festhalten am Vertrag der Masse nützt, kann typischerweise erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden werden. Die Vorschrift des § 22 InsO, welche die Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters regelt, verweist schließlich nicht auf § 103 InsO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und allgemeiner Meinung in der Fachliteratur ist § 103 InsO daher auf den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht anwendbar (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 90 (zu § 17 KO); vom 8. November 2007 - IX ZR 53/04, WM 2007, 2331 Rn. 9; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442 Rn. 30; MünchKomm-InsO/Huber, 3. Aufl., § 103 Rn. 150; HK-InsO/Marotzke, 8. Aufl., § 103 Rn. 117 f; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 103 Rn. 21).
20
(3) Die Revision verweist demgegenüber auf die Senatsrechtsprechung zur Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verfügungsbefugnis (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 161/11, WM 2013, 510 Rn. 18; vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 52). Der Vertragspartner des späteren Insolvenzschuldners, der mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters einen Vertrag geschlossen oder Leistungen des Schuldners entgegen genommen hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen darauf vertrauen, dass die Rechtshandlung Bestand hat, also vom Verwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr angefochten wird. Ebenso müsse der Verwalter unter den genannten Umständen an Verträge gebunden sein, deren Erfüllung der vorläufige Verwalter ohne Verfügungsbefugnis verlangt habe. Gleiches müsse in dem hier gegebenen Fall gelten, dass der vorläufige Verwalter der Sache nach erklärt habe, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht an den bestehenden Verträgen festhalten zu wollen. Der Verwalter müsse an die Erklärungen des vorläufigen Verwalters gebunden sein.
21
Eine Übertragung des Rechtsgedankens der Rechtsprechung zur Einschränkung der Anfechtung von Rechtshandlungen, denen der vorläufige Verwalter zugestimmt hatte, auf das Schreiben des Klägers vom 27. März 2013 kommt hier schon aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht. Die von der Revision in Bezug genommene Senatsrechtsprechung beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes. Der Gläubiger darf regelmäßig davon ausgehen, die Leistungen des Schuldners behalten zu dürfen, wenn der vorläufige Verwalter vorbehaltlos zugestimmt hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013, aaO). Das Angebot vom 27. März 2013 stammte vom Kläger als dem damaligen vorläufigen starken Verwalter. Hätte die Beklagte das Angebot angenommen, wäre ein den Kläger als endgültigen Verwalter bindender Vertrag zustande gekommen (§ 55 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die Beklagte hat das Angebot jedoch nicht angenommen ; dazu war sie auch nicht verpflichtet. Wie der Kläger sich nunmehr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhalten würde, war damit offen. Gemäß § 103 InsO konnte er die Erfüllung der bis zu diesem Zeitpunkt geschlossenen , von keiner Seite vollständig erfüllten Werklieferungsverträge nach Maßgabe der Vereinbarung vom 1./4. März 2013 wählen oder aber deren Erfüllung ablehnen. Im Schreiben vom 27. März 2013 heißt es dazu nur, Lieferungen vor Abschluss der neuen Vereinbarung stellten keine Erfüllungswahl im Sinne von § 103 InsO dar. Es war also nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die bestellten Metallgussteile nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch geliefert werden würden, auch wenn die Beklagte den Entwurf nicht unterzeichnete. Ob unter ganz besonderen Umständen der Verwalter an Erklärungen des vorläufigen Verwalters, nach der Eröffnung einen Vertrag erfüllen oder nicht erfüllen zu wollen, gebunden sein kann (§ 242 BGB), bedarf damit keiner Entscheidung. Ebenso bleibt offen, welche Rechte die Beklagte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus diesem Schreiben hätte herleiten können.
22
3. Die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund waren nicht erfüllt.
23
a) Die Vorschrift des § 314 BGB greift nicht ein. Gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein wichtiger Grund, der zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses berechtigt, dann gegeben, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbar- ten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der Rahmenvertrag aus dem Jahre 2008 stellte ein Dauerschuldverhältnis dar. Eine Kündigung dieses Vertrages ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Auch der Feststellungsantrag betrifft nur die Schäden, die aus der Nichterfüllung der einzelnen Werklieferungsverträge entstanden sind und noch entstehen werden.
24
b) Eine Kündigung aus wichtigem Grund sieht § 649 BGB in seiner derzeit noch geltenden Fassung nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Auftraggeber eines Werkvertrages jedoch berechtigt , den Vertrag zu kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 - VII ZR 140/95, WM 1996, 2023, 2024 mwN; vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 40). Kündigt der Besteller aus wichtigem Grund, entfällt der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers aus § 649 Satz 2 BGB für noch nicht erbrachte Leistungen (BGH, Urteil vom 7. April 2016, aaO Rn. 40, 52 mwN).
25
(1) Im Bauvertragsrecht ist ein wichtiger Grund unter anderem dann anzunehmen , wenn der Auftragnehmer das für den Bauvertrag als eines auf Kooperation der Vertragspartner angelegten Langzeitvertrags vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch sein schuldhaftes Verhalten derart empfindlich stört, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet und dem Auftraggeber die Vertragsfortsetzung nicht mehr zumutbar ist (BGH, Urteil vom 7. April 2016, aaO). Die Vorschrift des § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts (u.a.) vom 28. April 2017 (BGBl. I 969), die am 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, erlaubt eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann; allerdings entfällt der Vergütungsanspruch des Unternehmers im Fall einer berechtigten Kündigung aus wichtigem Grund nicht insgesamt (vgl. § 648a Abs. 5 BGB-neu).
26
(2) In der bereits zitierten Entscheidung vom 7. April 2016 (VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1 Rn. 53 ff, 61) hat der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs einen wichtigen Grund für die Kündigung eines Bauvertrages bereits im Eigenantrag des Unternehmers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesehen. Der Auftraggeber eines Bauvertrages habe regelmäßig ein schwerwiegendes, die Interessen der Insolvenzgläubiger an einer Fortführung des Bauvertrages erheblich überwiegendes Interesse daran, sich im Falle eines Eigeninsolvenzantrages des Auftragnehmers frühzeitig vom Vertrag lösen zu können und den ihm durch die anderweitige Vergabe der Restarbeiten etwa entstehenden Schaden geltend zu machen, ohne gemäß § 649 Satz 2 BGB gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Zahlung einer Vergütung für nicht erbrachte Leistungen verpflichtet zu sein. Wegen der dem Verwalter eingeräumten angemessenen Überlegungszeit sei dem Auftraggeber nicht zuzumuten, dessen Entschließung über die Fortführung des Bauvertrages nach § 103 InsO abzuwarten. Zudem habe der Auftragnehmer mit seinem Eigenantrag zum Ausdruck gebracht, dass ihm die finanziellen Mittel zur vertragsgemäßen Erfüllung des Bauvertrages fehlten und er keine Gewähr mehr für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung geben könne. Der Verwalter, welcher mit der Eröffnung an die Stelle des Schuldners trete, könne das für die Erfüllung des Bauvertrages erforderliche Vertrauen nicht in gleicher Weise für sich in Anspruch nehmen wie der Schuldner vor dem Eröffnungsantrag. Seine fehlende Liquidität habe der Schuldner gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann zu vertreten, wenn er gemäß § 15a InsO zur Antragstellung verpflichtet gewesen sei.
27
Auf den hier vorliegenden Fall der Kündigung einzelner Werklieferungsverträge lässt sich diese Rechtsprechung nicht übertragen. Die Beklagte hat ihre Kündigung nicht auf den Eigenantrag der Schuldnerin vom Oktober 2012 gestützt. Die Kündigung betraf vielmehr Verträge, die erst nach dem Insolvenzantrag und in dessen Kenntnis geschlossen worden waren.
28
(3) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welche die Beklagte zum Anlass ihrer Kündigung genommen hat und die ebenfalls auf den von der Schuldnerin zu vertretenden Mangel an Zahlungsmitteln zurückzuführen ist, stellt keinen wichtigen Grund für die Kündigung der zuvor geschlossenen Werklieferungsverträge dar.
29
aa) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin hatte die Beklagte zwar keine Sicherheit mehr darüber, ob der Verwalter die Verträge erfüllen würde oder nicht. Sie hatte nur noch die Möglichkeit den Verwalter gemäß § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO zur Ausübung des Wahlrechts aufzufordern. Der Verwalter hat unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) seine Entscheidung mitzuteilen. Welche Überlegungsfrist angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 145 zu § 117 InsO-E). Mit einer Entscheidung innerhalb weniger Tage hätte die Beklagte nicht ohne weiteres rechnen können, auch wenn die Interessen des Bestellers, der sich gegebenenfalls anderweitig eindecken muss, zu berücksichtigen sind (vgl. Jaeger/Jacoby, InsO, 2014, § 103 Rn. 211 f). Überdies bestand das im Insolvenzverfahren typi- scherweise höhere Risiko des Scheiterns der Betriebsfortführung. Selbst wenn der Kläger also die Erfüllung der Werklieferungsverträge gewählt hätte, wäre aus Sicht der Beklagten möglicherweise zu befürchten gewesen, dass die Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht werden würden.
30
bb) Sowohl das Risiko der verzögerten Entscheidung über die Erfüllung der Verträge als auch dasjenige der Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren hat der Vertragspartner des Insolvenzschuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch hinzunehmen; eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen sie nicht. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO kann durch eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht unterlaufen werden. Das gilt sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Die Insolvenzordnung räumt dem Verwalter die Möglichkeit ein, sich unverzüglich - also innerhalb angemessener , den Interessen beider Vertragsparteien Rechnung tragender Frist - für oder gegen eine Erfüllung vor der Eröffnung geschlossener und beidseitig nicht vollständig erfüllter Verträge zu entscheiden. Entscheidet er sich für die Erfüllung eines Vertrages, ist der Vertrag wie vereinbart durchzuführen. Diese Rechte des Verwalters hält die Insolvenzordnung für so bedeutend, dass sie im Voraus nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden dürfen (§ 119 InsO). Dann können sie aber auch nicht nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Begründung einer Kündigung aus wichtigem Grund wegen einer typischerweise mit ihnen verbundenen Gefährdung des Vertragszwecks herangezogen werden.
31
(4) Auf das Schreiben des Klägers vom 27. März 2013 konnte die Kündigung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gestützt werden. Der Kläger hat in diesem Schreiben - folgt man zugunsten der Beklagten der Auslegung des Berufungsgerichts - zwar angekündigt, dass er sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr an die Vereinbarung vom 1./4. März 2013 gebunden sehen würde. Die fehlende Bindung an Verträge, die vor der Eröffnung geschlossen wurden und im Zeitpunkt der Eröffnung von keiner Seite vollständig erfüllt waren, ist in § 103 InsO jedoch vorgesehen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung aus wichtigem Grund vor der Eröffnung möglich gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung.
32
4. Der Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB setzt keine Erfüllungswahl des Verwalters voraus. Zwar kann der Verwalter grundsätzlich nur aus solchen Verträgen vertragliche Ansprüche herleiten, deren Erfüllung er gewählt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2015 - IX ZR 198/14, WM 2016, 90). Nachdem die Beklagte die Werklieferungsverträge jedoch wirksam gekündigt hatte, war eine Erfüllung der Herstellungs- und Lieferungsansprüche der Beklagten aus Rechtsgründen ausgeschlossen.
33
5. Gemäß § 649 Satz 2 BGB kann der Kläger Zahlung der vereinbarten Vergütung verlangen. Er muss sich dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung der Verträge an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Einwendungen gegen die Berechnung des Anspruchs erhebt die Revision nicht.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.11.2014 - 12 HKO 4346/14 -
OLG München, Entscheidung vom 21.10.2015 - 7 U 4916/14 -

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter:

1.
das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten;
2.
ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stillegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden;
3.
zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird; das Gericht kann ihn zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen.

(2) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne daß dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie dürfen nicht über die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 hinausgehen.

(3) Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.