Vergabekammer Südbayern Beschluss, 24. Juli 2018 - Z3-3-3194-1-11-04/18

bei uns veröffentlicht am24.07.2018

Gericht

Vergabekammer Südbayern

Tenor

1. Das streitgegenständliche Vergabeverfahren wird in Los 1 (K…) aufgehoben.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von …,00 Euro festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen. Der Antragsgegner ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Gründe

I.

Mit Vorinformation vom 17. März 2018 hat der Antragsgegner die gegenständliche Dienstleistungskonzession - Deutschland-S…: Rettungsdienste 2018/S … - im EU-Amtsblatt bekannt gemacht. Gegenstand des Verfahrens ist die Stationierung und der Betrieb von vier Rettungswagen an vier Standorten im Rettungsdienstbereich S… für den Zeitraum 1. Oktober 2018 - 31. September 2023 sowie rettungsdienstlicher Sonderbedarf. Das Verfahren ist in vier Lose - je nach Standort ein Los –aufgeteilt. Der Nachprüfungsantrag betrifft ausdrücklich nur das Los Nr. 1 für den Stellplatz K…

In der Vorinformation war unter Ziffer I.3) „Kommunikation“ geregelt:

Der Zugang zu den Auftragsunterlagen ist eingeschränkt. Weitere Auskünfte sind erhältlich unter: www.zrf-S…de

Weitere Auskünfte erteilen/erteilt die oben genannten Kontaktstellen

Bewerbungen oder gegebenenfalls Angebote sind einzureichen an die oben genannten Kontaktstellen

In der Vorinformation waren Ziffer III.1.4) waren folgende objektive Teilnahmeregeln und -kriterien genannt:

Auflistung und kurze Beschreibung der Regeln und Kriterien:

Die Eignungskriterien/Eignungsnachweise sind in Ziffer 12 lit. b) der Bewerbungsunterlagen (Teil A der Vergabeunterlagen) im Einzelnen aufgeführt. Dort sind auch folgende Mindestanforderungen an die Eignung aufgestellt:

– Vergleichbare Referenz aus dem Zeitraum 1.1.2015 bis 31.12.2017,

– Nachweis der fachlichen Eignung der zur Führung der Geschäfte berechtigten Person(en),

– Nachweis über das Bestehen einer Betriebshaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von jeweils 5 Millionen € für Personen-, Sach- und Vermögensschäden,

– Erfüllung der Anforderungen Sonderbedarf.

In Ziffern 12 lit. a) und lit. c) und 13 sind im Einzelnen die Teilnahmebedingungen/Mindestanforderungen i. S. d.§ 13 Abs. 1 Nr. 1 KonzVgV benannt.

Zuschlagskriterien sind:

– Leistungskosten (50%),

– Konzept Notfallrettung (50%).

Dazu sowie zu den Unterkriterien und den Wertungsmaßgaben siehe Ziffer 12 lit. d) derBewerbungsbedingungen.

Es wird auf die Ausführungen unten unter Ziffer VI.3 verwiesen.

Unter IV.2.2 der Vorinformation war als Schlusstermin für die Einreichung der Bewerbungen oder den Eingang der Angebote der 27.04.2018 – 12.00 Uhr genannt.

Unter Ziffer VI.3 „Zusätzliche Angaben“ fanden sich folgende Ausführungen:

1. Die Frist für Bieterfragen endet am 17.4.2018.

Fragen, Hinweise und Rügen zu den Vergabeunterlagen sind unverzüglich und rechtzeitig in Textform (Brief, Fax, E-Mail) und in deutscher Sprache ausschließlich an oben genannte Kontaktstelle zu richten.

Rechtzeitig gestellte Fragen und angeforderte zusätzliche Auskünfte über die Vergabeunterlagen werden spätestens bis 6 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist beantwortet bzw. erteilt. Weniger als 10 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist angeforderte Auskünfte gelten regelmäßig als nicht mehr rechtzeitig und werden vom Auftraggeber aus Gründen der Gleichbehandlung grundsätzlich nicht mehr beantwortet.

2. Nicht abschließend geklärt ist, ob das vorliegende Vergabeverfahren den Bestimmungen aus §§ 97 ff., 148 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) unterliegt. Denn es erscheint zumindest möglich, dass hier die Ausnahmebestimmung des§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB einschlägig ist. Vor dem Hintergrund der Entscheidung der VK Südbayern vom14.2.2017 (Az. Z3-3-3194-1-54-12/16) berücksichtigt der Konzessionsgeber vorliegend jedoch vorsorglich und vorrangig auch die Bestimmungen aus §§ 97 ff., 148 ff. des GWB und der KonzVgV. Eine Selbstbindung des Konzessionsgebers an diese Bestimmungen soll dadurch aber gerade nicht begründet werden.

3. Sollten die Bestimmungen des §§ 97 ff., 148 ff. des GWB sowie der KonzVgV nicht anwendbar sein, so ist zuständig für Rechtsbehelfe gegen das Verfahren nicht die unten unter Ziffer VI.4 benannte Vergabekammer, sondern das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, Haidplatz 1, 93047 Regensburg, Telefon +4994150220, Fax +499415022999.

4. Das vorliegende Bekanntmachungsformular bietet nicht ausreichend Platz für die exakte Benennung aller Teilnahmebedingungen und -kriterien. Daher sind diese oben unter Ziffer III.1.4 nur zusammengefasst und teilweise verkürzt wiedergegeben. Im Einzelnen wird deshalb auf die betreffenden Ausführungen in Teil A der Vergabeunterlagen, dort unter Ziffern 12 bis 13 der Bewerbungsbedingungen verwiesen. Diese Ausführungen in den Bewerbungsbedingungen gelten vorrangig.

5. Im Rahmen der Prüfung der Geeignetheit der Bewerber bzw. Bewerbergemeinschaften, rettungsdienstliche Einsätze durchzuführen, wird insbesondere geprüft, ob der Bewerber bzw. der Bewerbergemeinschaft in der Lage ist, durch zusätzliches Leistungspotential auch Großschadenslagen zu bewältigen (sog. Sonderbedarf –Art. 13 Abs. 2 S. 3 und 19 BayRDG). Insoweit besteht auch eine Mindestanforderung an die Eignung. Näheres hierzu siehe insbesondere in Ziffer 12 der Bewerbungsbedingungen (Teil A der Vergabeunterlagen) und in Teil C der Vergabeunterlagen.

Unter Ziffer VI.4.1) ist als zuständige Stelle für Rechtsbehelfs-/Nachprüfungsverfahren die Vergabekammer Südbayern bei der Regierung von Oberbayern genannt.

Die Antragstellerin erhielt den Zugang zu den Vergabeunterlagen, die nicht frei zum Download bereitstanden.

In den Vergabeunterlagen in unter Teil A „Bewerbungsbedingungen“ in Ziffer 5 „Verfahrensart“ geregelt:

Die Leistungen werden in einem einstufigen Verfahren nach Maßgabe von § 12 KonzVgV vergeben. Es werden mithin alle Interessierten Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Verhandlungen werden mit den Bietern bzw. den Bietergemeinschaften nicht geführt.

Das Verfahren wird zudem nach Maßgabe von Art. 13 BayRDG durchgeführt. Über die Anforderungen aus Art. 13 BayRDG hinausgehende Vorgaben aus§§ 97 ff., 148 ff. GWB und der KonzVgV werden jedoch (vorsorglich - siehe oben Ziffer 2) beachtet.

Unter Ziffer 8 d) „Kostenangaben im Angebot“ ist Folgendes festgelegt:

In dem Angebot sind die Kosten für Räumlichkeiten, Fahrzeuge, Material und Personal für den Bereich der Notfallrettung anzugeben, welche dem Bieter bzw. der Bietergemeinschaft entstehen. Hierzu ist das Kostenblatt in der Anlage 2 zu verwenden.

Die Kosten der Durchführung müssen so angegeben werden, dass ihre Kalkulation durch den Konzessionsgeber überprüft werden kann. Hierzu sind die Kosten gemäß der Anlage 2 aufzugliedern. Es sind die jeweiligen Einzelkosten vollständig anzugeben. Fehlende Kostenangaben in Anlage 2 können grundsätzlich nicht nachgefordert werden und haben den Ausschluss des Angebotes zur Folge. Die Einzelkosten müssen zudem stets zutreffend bei den betreffenden Kostenkategorien angegeben werden und dürfen nicht auf andere Kostenkategorien verteilt werden. Werden Einzelkosten im Wege einer Mischkalkulation auf andere Kostenkategorien umgelegt, kann das Angebot grundsätzlich ausgeschlossen werden.

Fallen in einer Kostenkategorie keine Kosten an, Ist in der betreffenden Zeile der Wert „0“ anzugeben.

Der Konzessionsnehmer kann sich bei der Beschaffung von Fahrzeugen für die ausgeschriebene öffentlich-rechtliche Vorhaltung an der Sammelbeschaffung der Durchführenden im Rettungsdienst in Bayern beteiligen. Federführend ist hier die Landesgeschäftsstelle des B… in München. Dies ist durch den Bieter bzw. die Bietergemeinschaft in eigener Zuständigkeit zu klären. Eine Erstattung von Investitionskosten durch den Konzessionsgeber ist ausgeschlossen.

Kosten der Vorhaltung des Sonderbedarfs (Art. 19 BayRDG) sind nicht gesondert anzugeben. Gemäß Art. 19 BayRDG wird in Großschadenslagen auf bei den Durchführenden der Notfallrettung zusätzlich vorhandene Einheiten zurückgegriffen. Es wird somit davon ausgegangen, dass diese Einheiten dort ohnehin vorhanden sind und daher keine gesonderten Vorhaltekosten geltend gemacht werden.

Unter Ziffer 8 f) „Inhalt und Aufbau des Konzepts für den Sonderbedarf“ findet sich auszugsweise folgende Regelung:

„Zum Nachweis seiner Eignung, hat der Bieter bzw. die Bietergemeinschaft mit dem Angebot ein schlüssiges Konzept für den Sonderbedarf vorzulegen und damit den Nachweis der Erfüllung der Mindestbedingungen für den Sonderbedarf gemäß den Vorgaben in Teil C der Vergabeunterlagen zu führen.

Das Konzept hat der folgenden Gliederung zu folgen und muss folgende Inhalte haben: 1) Angaben zu den Mindestbedingungen ln dem Konzept muss dargestellt werden, ob und wie die Mindestbedingungen gemäß den Vorgaben für den Sonderbedarf erfüllt werden. Hinsichtlich der einzelnen Mindestbedingungen und der insoweit erforderlichen Angaben wird auf die entsprechenden Ausführungen in Teil C der Vergabeunterlagen verwiesen.

Die Darstellung hat in folgender Reihenfolge zu erfolgen:

Für das Los 1 (Erweiterte Transportkapazität):ein Rettungswagen (RTW)

a) Angaben zu Mindestbedingungen bzgl. Standort

b) Angaben zu Mindestbedingungen bzgl. Fahrzeug

c) Angaben zu Mindestbedingungen bzgl. Personal Wichtige .Hinweise zum Konzept für den Sonderbedarf:

Das Konzept ist streng in der o.g. Reihenfolge zu gliedern. Für Konzepte, die der o.g. Gliederung nicht oder nur teilweise folgen, kann der Konzessionsgeber nicht gewährleisten, dass alle Inhalte des Konzepts bei der Angebotswertung gebührend berücksichtigt werden.

Es Ist darauf zu achten, dass in dem Konzept alle geforderten Angaben zu den Mindestbedingungen gemacht werden. Fehlende Angaben im Konzept können dazu führen, dass das Angebot wegen Nichterfüllung der Mindestbedingungen nicht berücksichtigt werden kann."

Unter Ziffer 12 b) „Zweite Stufe: Feststellung der Eignung der Bieter“ ist u.a. Folgendes geregelt

Zur Beurteilung der Eignung nach Maßgabe der oben geschilderten Anforderungen sind die nachfolgend geforderten Unterlagen, Erklärungen und Nachweise mit dem Angebot vorzulegen:

9) Schlüssiges Konzept für den Sonderbedarf gemäß Ziffer 8 lit. f) dieser Bewerbungsbedingungen mit Nachweis der Mindestbedingungen (sofern dem betreffenden Los ein Sonderbedarf zugeordnet ist).

Im Rahmen der Prüfung der Geeignetheit der Bieter bzw. Bietergemeinschaften, rettungsdienstliche Einsätze durchzuführen, wird - sofern dem betreffenden Los ein Sonderbedarf zugeordnet ist - zudem geprüft, ob der Bieter bzw. die Bietergemeinschaft in der Lage Ist, durch zusätzliches Leistungspotenzial auch Großschadenslagen zu bewältigen (Art. 19 Abs. 2 S. 4 BayRDG}. Dabei ist festzustellen, ob die Bieter bzw. Bietergemeinschaften im Rahmen des sog. Sonderbedarfs die logistische Herausforderung, sich auf Anforderung in ein System des Bevölkerungsschutzes zu Integrieren und das Leistungspotenzial innerhalb kürzester Zeit aufzustocken, bewältigen können (vgl. dazu auch das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 24.05.2012, Az: Vf.1-VII-10, Rn. 116). Maßgeblich ist insoweit, ob das Konzept des Bieters bzw. der Bietergemeinschaft für den Sonderbedarf (vgl. hierzu oben Ziffer 8 lit. f) dieser Bewerbungsbedingungen) schlüssig ist und erkennen lässt, dass die Mindestbedingungen aus Teil C der Vergabeunterlagen erfüllt werden. Bei dieser Vorgabe handelt es sich um eine weitere Mindestanforderung an die Eignung (sofern dem betreffenden Los ein Sonderbedarf zugeordnet ist}.

In Teil C: „Vorgaben und Beschreibung Sonderbedarf“ finden sich weitere Vorgaben zum Umfang des Sonderbedarfs u.a.:

a) Standort K… (Los 1)

Das Fahrzeug muss in einer abschließbaren, geeigneten Garage aufbewahrt werden. Von dem Standort aus muss das Fahrzeug von Montag bis Sonntag rund um die Uhr innerhalb einer Zeitspanne von maximal 30 Minuten ab Alarmierung durch die zuständige ILS an jedem möglichen Großschadensfall im Gebiet des Versorgungsbereichs der Rettungswache S… eintreffen können.

Die Erfüllung der oben genannten Mindestbedingungen ist insbesondere unter Angabe und Beschreibung des genauen Standorts im Konzept für den Sonderbedarf darzustellen (siehe hierzu auch Ziffer 8 lit. f) der Bewerbungsbedingungen).

Die weiteren Vorgaben und Mindestbedingungen gemäß den Buchstaben b) und c) gelten für die erweiterte Transportkapazität der Lose 1 - 4 gleichermaßen.

b) Fahrzeug

Bei dem Fahrzeug (erweiterten Transportkapazität) muss es sich um einen Rettungstransportwagen nach DIN/EN 1789 Typ C oder einen Notfallkrankenwagen nach DIN/EN 1789 Typ B handeln.

Das angebotene Fahrzeug darf nicht im Regelbetrieb (Notfallrettung bzw. Krankentransport) eingesetzt werden. Weiter darf das angebotene Fahrzeug nicht schon anderweitig als Sonderbedarf nach§ 19 Abs. 1 S. 2 BayRDG einbezogen sein. Zudem ist ein Einsatz des angebotenen Fahrzeugs als Reservefahrzeug für RTW des Regelbetriebes nur nach vorheriger Zustimmung des ZRF S… und nur in Ausnahmefällen zulässig.

Die Erfüllung der oben genannten Mindestbedingungen ist insbesondere unter genauer Angabe und Beschreibung des eingesetzten Fahrzeugs im Konzept für den Sonderbedarf darzustellen (siehe hierzu auch Ziffer 8 lit. f) der Bewerbungsbedingungen). Soweit das angebotene Fahrzeug bereits vorhanden ist, ist eine Kopie des Fahrzeugbriefes dem Konzept beizulegen. Ansonsten genügen für Konzept die Angabe des angebotenen Fahrzeugtyps und die Erklärung, dass das Fahrzeug bei Betriebsbeginn zur Verfügung stehen wird. Weiter Ist in dem Konzept ausdrücklich zu bestätigen, dass das angebotene Fahrzeug nicht im Regelbetrieb (Notfallrettung bzw. Krankentransport) eingesetzt werden wird und nicht schon anderweitig als Sonderbedarf nach § 19 Abs. 1 S. 2 BayRDG einbezogen ist oder einbezogen wird.

c) Personal

Für die Besetzung des Fahrzeugs muss der Bieter bzw. die Bietergemeinschaft nachweisen, dass er bzw. sie bei Auftragsbeginn über das in der folgenden Tabelle (dort Spalte Besetzung Vorhaltung“) angeführte Personal verfügt. Das Personalkonzept soll sich dabei, wie bei den freiwilligen Feuerwehren praktiziert, an der 200%-Regel orientieren. Das bedeutet, dass jede Funktion 3-fach besetzt sein muss, um im Bedarfsfall auch sicher durch einen (ggf. ehrenamtlichen) Mitarbeiter besetzt werden zu können.

Personalstärke Einsatz

Besetzung Vorhaltung

Notfallsanitäter bzw. Rettungsassistent

1 x

3 x

Rettungshelfer (= jede Person, die 1 X 3x die Qualifikation des § 43 Abs. 1 S. BayRDG erfüllt)

1 x

3 x

Die Erfüllung der oben genannten Mindestbedingungen ist im Konzept für den Sonderbedarf darzustellen (siehe hierzu auch Ziffer 8 lit. f) der Bewerbungsbedingungen). Dabei ist die Personalstärke durch eine Namensliste nachzuweisen, die die Qualifikation (Notfallassistent bzw. Rettungsassistent oder Rettungshelfer) und den gewöhnlichen Aufenthaltsort der betreffenden Person jeweils Angabe für Tag und Nacht) ausweist. Verfügt der Bieter bzw. die Bietergemeinschaft noch über kein entsprechendes Personal, so muss er anhand des Konzeptes nachvollziehbar und plausibel erläutern, wie er eine ausreichende Personalstärke bei Auftragsbeginn sicherstellen will.

In Teil D: „Öffentlichrechtlicher Vertrag“ ist unter § 3 Sonderbedarf

(1) Der Durchführende betreibt darüber hinaus im Rahmen des sog. Sonderbedarf für Großschadenslagen gemäß Art. 13 Abs. 2 Sätze 3 und 4 sowie 19 BayRDG:.. Rettungswagen (RTW -Typ C I N-KTW)

(2) Das in Abs. 1 genannte Fahrzeug incl. geeignetem Personal muss vom Durchführenden ab Vertragsbeginn durchgehend (24 Stunden an 365 Tagen) vor Ort einsatzbereit vorgehalten werden. „Vor Ort“ bedeutet hierbei entweder am Ort des Stellplatzes/der Rettungswache gem. § 2 Abs. 1 dieses Vertrages oder alternativ in einer vom Durchführenden betriebenen rettungsdienstliehen Einrichtung Im Versorgungsbereich des Stellplatzes/Rettungswache der vertragsgegenständlichen Regelvorhaltung.

Das Rettungsmittel ist in einem Gebäude witterungsgeschützt unterzubringen. Eine Zeitspanne von [ … ] Minuten bis zur Ausrückbereitschaft nach Alarmierung durch die ILS (Ausrückintervall) ist dauerhaft sicherzustellen. Eine Kontrolle durch simulierte Alarmierungen der Integrierten Leitstelle bleibt vorbehalten.

(3) Das Rettungsmittel des Sonderbedarfs darf nicht im Regelbetrieb (Notfallrettung bzw. Krankentransport) eingesetzt werden. Gleichfalls ist ein Einsatz als Reservefahrzeug für Krankenkraftwagen des Regelbetriebes nur nach vorheriger Zustimmung des ZRF und nur im Ausnahmefall zulässig, um das Fahrzeug Im Bedarfsfall ohne Einschränkungen oder Zeitverzögerungen für Sonderlagen verfügbar zu haben.

(4) Der Rettungswagen nach § 2 des Vertrages kann außerhalb seiner regulären Betriebszeit zur Sicherstellung des Sonderbedarfs herangezogen werden.

(5) Der ZRF kann die vorgeschriebene Vorhaltung auch in Zusammenarbeit mit der unteren Rettungsdienstbehörde kontrollieren.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.03.2018 rügte die Antragstellerin die ihr überlassenen Ausschreibungsunterlagen und stellte Fragen hinsichtlich der Vergabeunterlagen.

Die Antragstellerin wies den Antragsgegner darauf hin, dass in Bayern bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen oberhalb der Schwellenwerte die Bestimmungen des 4. Teils des GWB sowie der KonzVgV zur Anwendung kämen. Insoweit sei es auch richtig, als Rechtsbehelfs-/Nachprüfungsstelle die Vergabekammer Südbayern anzugeben. Die zusätzliche Angabe des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg werde als irreführend gerügt.

Weiterhin wurde gerügt, dass kein konkreter Bewertungsmaßstab vorhanden sei und somit gegen § 14 KonzVgV verstoßen werde, da bestimmte Unternehmen aufgrund fehlender Konkretisierung der Bewertungsmaßstäbe benachteiligt oder bevorzugt werden würden. Zudem werde dadurch auch gegen das Transparenzgebot verstoßen. Bestanddienstleister würden in dem Verfahren bevorzugt werden. Des Weiteren wurden u.a. die Vorgaben und die Bepreisung des Sonderbedarfs, ein Hineindrängen der Bieter in eine Mischkalkulation, die rechtswidrige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie die rechtswidrige Losaufteilung gerügt. Zu den einzelnen gerügten Punkten, wurden zudem umfangreiche Fragen gestellt:

– Wie viele Einsätze gab es in den letzten 5 Jahren, bei denen ein Sonderbedarf zum Einsatz gekommen wäre? Können die Ausführungen (u.a. auf S. 38 der Vergabeunterlagen) weiter ergänzt werden?

– Können wir zutreffend davon ausgehen, dass der Sonderbedarf erst aber einer Patientenzahl von 50 aufwärts alarmiert wird?

– Aber welcher Alarmierungsstufe gemäß ABEK (RD MANV 50-100?) kommt dieser zum Einsatz?

– Ist die ABEK bereits umgesetzt?

– Wenn nein, ab welchem Alarmstichwort ist der Sonderbedarf in der ILS hinterlegt?

– Ist bei der Bewerbung auf mehrere Lose der Sonderbedarf für jedes Los einzeln zu stellen, oder reicht ein RTW?

– Dürfen die bereits Durchführenden in Ihrem RDB schon verplante Sondereinsatzgruppen oder andere Einheiten des erweiterten Katastrophenschutzes als Sonderbedarf verwenden, oder müssen diese ein extra KFZ hierfür stellen?

– Bitte übersenden Sie die aktuellen Grunddaten der risikoabhängigen Fahrzeugbemessung.

– Wie viele Sonderbedarfseinsätze haben in den letzten drei Jahren stattgefunden?

– Wie viel Personal ist in diesem Zusammenhang eingesetzt worden?

– Wie ist die Abgrenzung der Leistung zu den bisher beauftragten Leistungserbringern?

– Wie viele Kilometer sind Fahrzeuge gefahren?

– Wieso muss der Durchführende darüber hinaus im Rahmen des sog. Sonderbedarf für Großschadenslagen gemäß Art. 13 Abs. 2 Sätze 3 und 4 sowie 19 BayRDG einen Rettungswagen nach DIN EN 1789 (RTW - Typ C) und nicht Typ B betreiben? Wer bezahlt den Rettungswagen und den Betrieb?

– Gelten die Besetzungsvorschriften des BayRDG für die Besetzung des NotfallKTWs?

– Wieso fordern Sie dennoch die Qualifikation Rettungsassistent/bzw. Notfallsanitäter?

Mit Schreiben vom 29.03.2018 nahm der Antragsgegner zu den Rügen und Fragen der Antragstellerin Stellung und wies die Rügen zurück.

Welche Fahrzeuge für die Vorhaltung des Sonderbedarfs verwendet werden dürfen, sei in Teil C, Ziff. 3, lit. c der Vergabeunterlagen geregelt. Ein neues Fahrzeug werde hier von keinem Bieter, weder von einer Hilfsorganisation noch von einem privaten Anbieter verlangt. Eine Ausweisung des Sonderbedarfs auf dem Preisblatt erfolge nicht, da der Sonderbedarf nicht Teil der nachgefragten Leistung, sondern wie im Urteil des BayVerfGH vom 24.05.2012 festgestellt worden sei, eine Eignungsfrage sei. Um dies zu verdeutlichen regeln die Ausschreibungsunterlagen die konkreten Anforderungen zum Sonderbedarf auch nicht in Teil B, sondern eigenständig in Teil C.

Eine Information über die Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren an die zentrale Fahrzeugbeschaffung des B… erfolge nicht. Der ZRF S… gebe keine Informationen über Teilnehmer am Vergabeverfahren an die Beschaffungsstelle weiter. Die Beschaffungsstelle werde durch den ZRF lediglich darüber informiert, zu welchem Zeitpunkt für welchen Standort ein Fahrzeug beschafft werden muss. Informationen über Bieter würden hingegen nicht erfolgen.

Die gestellten Fragen beantwortete der Antragsgegner nur teilweise. Die Fragen beträfen Informationen über die auch der ZRF als Auftraggeber nicht verfüge. Eine Beantwortung sei daher nicht möglich. Ferner sei bei einem Teil der Fragen eine Relevanz für das vorliegende Vergabeverfahren nicht erkennbar.

Da die Antragstellerin diese Antwort insgesamt rechtswidrig ansah, erhob sie mit Schreiben vom 08.04.2018 erneute Rügen. So habe der Antragsgegner das GWB anzuwenden. Er habe kein Wahl- oder Optionsrecht. Des Weiteren werde gegen § 19 Abs. 3 KonzVgV verstoßen. Der Bewertungsmaßstab bleibe - weil intransparent nicht weiter erläutert - weiter unklar. Der Sonderbedarf sei rechtswidrig definiert, weil die Vorgaben diskriminierend seien. Der Geheimwettbewerb sei verletzt, weil schon die Information der Beschaffungsstelle den Wettbewerb reduzieren könne. Es wurde zudem gerügt, dass die Fragen nicht beantwortet worden seien, obwohl der Antragsgegner die Unterlagen vom ZAST haben müsste. Die Fragen seien erläuternd im Kontext gestellt worden. Sie hätten alle Bezug zur konkreten Ausschreibung. Weiter rügte die Antragstellerin die fehlende Barrierefreiheit der Ausschreibung. Zudem rügte sie eine unzureichende Dokumentation.

Weil die vorangegangene Rüge den Antragsgegner nicht zur Änderung seiner Rechtsauffassung bewegte, beantragte die Antragstellerin am 09.04.2018 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens für das Los Nr. 1 und weiter:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch das von dem Antragsgegner durchgeführte Verfahren in ihren Rechten verletzt ist.

2. Der Antragsgegner ist verpflichtet, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht, Dienstleistungen in dem o.g. Bereich nur nach einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.

3. Hilfsweise: Die Kammer wirkt unabhängig auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hin (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 2 GWB).

4. Der Nachprüfungsantrag wird dem Antragsgegner - notfalls per Telefax - unverzüglich zugestellt.

5. Die Vergabeakten des Antragsgegners werden hinzugezogen.

6. Der Antragstellerin wird gem. § 165 Abs. 1 GWB Einsicht in die Vergabeakten des Antragsgegners gewährt.

7. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

8. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen.

Begründet wurde der Nachprüfungsantrag - der sich ausdrücklich nur auf das nur Los Nr. 1 bezieht - im Wesentlichen damit, dass das bisher durchgeführte Verfahren gegen die bieterschützenden Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz, der Gleichberechtigung, der Verhältnismäßigkeit aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 GWB und dem Grundsatz der Sachgerechtigkeit verstoße. Das Verfahren sei intransparent und diskriminierend gestaltet. Die Anforderungen in den Vergabeunterlagen seien nicht eindeutig und würden die Bieter bevorzugen, die bereits die Leistung erbringen.

Der Antragsgegner verletzte durch die Benennung mehrerer Rechtsbehelfs- und Nachprüfungsstellen - der Vergabekammer Südbayern und des Verwaltungsgerichts Regensburg - in der Auftragsbekanntmachung das Gebot der Transparenz nach § 97 Abs. 1 GWB und zudem § 19 Abs. 3 KonzVgV. Es sei keine „Erweiterung der Rechtsschutzmöglichkeiten“, sondern eine Hürde für einen effektiven Rechtschutz, weil die Antragstellerin im Hinblick auf die Rechtsschutzgewähr unzumutbaren Risiken ausgesetzt werde. Die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, feststellen zu lassen, dass das Verfahren nach der KonzVgV zwingend durchzuführen sei. Nur so könne sie sicher sein, dass förmliches Vergaberecht (welches strengere Verfahrensregeln als das allgemeine Verwaltungsgerecht enthält) auch tatsächlich angewandt werde.

Der Antragsgegner verletze außerdem das Transparenzgebot nach § 97 Abs. 1 GWB durch unzureichende Angaben bzgl. des Sonderbedarfs. Der Antragsgegner habe das Transparenzgebot zu beachten. Dieses verlange, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens den Bietern so bekannt gemacht werden, dass sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber prüfen könne, ob die Angebote der Bieter die geltenden Kriterien erfüllen. Insofern gebe § 121 Abs. 1 GWB vor, dass in der Leistungsbeschreibung der Gegenstand so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist, dass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich sei. Dies sei hier aber nicht möglich. In der Leistungsbeschreibung werde ausgeführt:

„Kosten der Vorhaltung des Sonderbedarfs (Art. 19 BayRDG) sind nicht gesondert anzugeben. Gemäß Art. 19 BayRDG wird in Großschadenslagen auf den bei den Durchführenden des Rettungsdienstes zusätzlich vorhandenen Einheiten zurückgegriffen. Es wird somit davon ausgegangen, dass diese Einheiten dort ohnehin vorhanden sind und daher keine gesonderten Vorhaltekosten geltend gemacht werden.“

Es sei hier unklar, welche Einheiten bereits vorhanden seien. Überdies würden die bisherigen Leistungserbringer dadurch bevorteilt, was offen in der Leistungsbeschreibung zu Tage trete.

Zudem sei die Angabe in der Leistungsbeschreibung betreffend die Besetzung des Notfall-KTW Typ B falsch. Der Antragsgegner habe in seinem Rügeantwortschreiben ausgeführt, dass sich die Besetzung aus Art. 43 Abs. 1 BayRDG i.V.m. Art. 55 Abs. 4 Satz 1 BAyRDG ergebe. Demnach sei das Fahrzeug mit einem Notfallsanitäter oder einem Rettungsassistenten sowie einem Rettungshelfer zu besetzen. In Art. 43. Abs. 1 Satz 2 BayRDG heiße es jedoch:

„Beim Krankentransport ist mindestens eine Rettungssanitäterin oder ein Rettungssanitäter, bei der Notfallrettung ist mindestens eine Notfallsanitäterin oder ein Notfallsanitäter zur Betreuung des Patienten einzusetzen.“

Nach Art. 55 Abs. 4 Satz 1 BayRDG könnten längstens bis einschließlich 31.12.2023 anstelle der Notfallsanitäterin oder des Notfallsanitäters in den Fällen des Art. 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 und 4 eine Rettungsassistentin oder ein Rettungsassistent eingesetzt werden.

Die Vorgaben zum Sonderbedarf müssen zudem verhältnismäßig und keine objektive Berufszulassungsschranke sein. 12 Stunden RTW als Regelleistung und noch zusätzlich 24 Stunden ein zusätzliches KFZ sei ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Antragstellerin könne die bei der MHW Deutschland vorhanden Einheiten bei echten Katastrophenfällen zur Verfügung stellen. Dies sei im Übrigen beim letzten Hochwasser in Landkreis S… auch schon erfolgt.

Die Antragstellerin werde vom Antragsgegner zu einer verbotenen Mischkalkulation gedrängt, die zu einem Ausschluss des Angebots der Antragstellerin führen würde. Der Sonderbedarf werde nicht verpreist, sondern sei von dem Bewerber „kostenfrei“ zu erbringen. In dem Preisblatt hätte der Sonderbedarf gesondert ausgewiesen werden müssen, damit keine verbotene Mischkalkulation vorgenommen werden müsse. Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 18.05.2004 seien zu allen Positionen des Leistungsverzeichnisses Preise anzugeben, die der tatsächlichen Kalkulation der jeweiligen Position entsprechen. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteile, benenne nicht die von ihm geforderten Preise.

Soweit der Antragsgegner in der Rügeantwort vom 29.03.2018 ausführe, dass eine Ausweisung des Sonderbedarfs auf dem Preisblatt nicht erfolge, da der Sonderbedarf nicht Teil der nachgefragten Leistung sei, sondern wie im Urteil des BayVerfGH vom 24.05.2012 festgestellt worden sei, eine Eignungsfrage sei, so könne dies nicht überzeugen. Der Sonderbedarf sei vom Leistungserbringer zu erbringen, also sei diese Leistung zu bezahlen, unabhängig davon ob dieser Leistungsbestandteil Eignungskriterium sei oder nicht (was nicht der Fall ist, weil dazu ein Konzept verlangt werde). Wenn der Antragsgegner vorsehe, dass die Leistung kostenfrei erbracht werden müsse, dann sei dies erneut die Normierung einer objektiven Zugangsschranke, also genau die Tatsache, die der Verfassungsgerichtshof in Bayern für unzulässig angesehen habe.

Der Antragsgegner dürfe sich die Sonderleistungen nicht kostenlos zur Verfügung stellen lassen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Sonderbedarf als Eignungskriterium bezeichnet werde, obwohl es tatsächlich um eine Leistung gehe, die der Antragsgegner erhält. Auch hiermit würden wiederrum die Bestandsdienstleister bevorzugt werden. Es werde ein pauschalisiertes Angebot erwartet, dass aber - nicht bezahlte - Sonderleistungen enthalte.

Die Antragstellerin sei durch die rechtswidrige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in ihren Rechten verletzt. Dies betreffe insbesondere den Sonderbedarf und die Konzepte. Es sei rechtswidrig, wenn der Sonderbedarf als Eignungskriterium und nicht also gesondertes Los definiert werde, wie es bei dem gesonderten Teil C: „Vorgaben und Beschreibung Sonderbedarf“ zu erwarten sei.

Für das Los 1 sei in der Leistungsbeschreibung vorgegeben (S. 18):

„ Für das Los 1 (Erweiterte Transportkapazität): ein Rettungswagen (RTW)

a) Angaben zu Mindestbedingungen bzgl. Standort

b) Angaben zu Mindestbedingungen bzgl. Fahrzeug

c) Angaben zu Mindestbedingungen bzgl. Personal“

In Teil C heiße es auf S. 45 wörtlich:

„Der Durchführende muss also in der Lage sein, durch zusätzliches Leistungspotenzial auch Großschadenslagen zu bewältigen (Art. 13 Abs. 2 S. 3 BayRDG).

Ferner wird der Konzessionsgeber regelmäßig während der Vertragsdurchführung prüfen, ob die im o.g. Konzept beschriebene Vorhaltung des Sonderbedarfs auch tatsächlich während der Vertragslaufzeit durchgehend gewährleistet ist. Ist dies nicht der Fall und entfällt somit die Eignung ' des Durchführenden, so ist der Konzessionsgeber zur Kündigung des Konzessionsvertrages berechtigt (siehe Teil D der Vergabeunterlagen, dort § 15).“

Diese Vorgaben hätten nichts mit der Eignung des Konzessionsnehmers zu tun, sondern betreffen schlicht die Leistungserbringung (Vertragsdurchführung) und sei damit - als Konzept - als Zuschlagskriterium ausgestaltet.

Die Antragstellerin rüge weiter die rechtswidrige Losaufteilung. Insoweit hätte es einer weiteren Losaufteilung zwischen den Leistungen im Rettungsdienst und Krankentransport und dem zusätzlich nachgefragten Sonderbedarf bedurft. Die nachgefragten Leistungen hätte nach einer gründlichen Abwägung - getrennt nach Gebiets- und Fachlosen vergeben werden müssen. Die nachgefragten Leistungen würden üblicherweise bei vergleichbaren Leistungen in gesonderten Losen ausgeschrieben werden. Aufgrund mangelnder marktüblicher Trennung der ausgeschriebenen Leistungen, seien die Vergabeunterlagen rechts- und wettbewerbswidrig.

Die Leistungsbeschreibung sei in weiteren Punkten nicht eindeutig und erschöpfend, obwohl sie dies nach § 121 Abs. 1 GWB sein müsste. Der Antragsgegner gebe nicht an, welche Zahl an Einsätzen zu erwarten sei, obwohl ihm diese Zahlen notwendigerweise vorliegen. Zumindest aber hätten die Zahlen erfragt werden können. Nur so könne aber ein Bieter für sein Angebot kalkulieren, wieviel Personal er einsetzen müsse. Dies wiederrum sei äußerst relevant für die Bestimmungen der Kosten des abzugebenden Angebots. Die Personalkosten würden einen erheblichen Teil der Kosten der Leistung ausmachen. Weiterhin sei hinsichtlich der Standortvorgaben für den Stellplatz RTW zu Los Nr. 1 die Leistungsbeschreibung ebenfalls nicht eindeutig und erschöpfend.

Nur mit einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung könne der Konzessionsgeber die Angebote vergleichen. Vergleichbare Angebote seien aber nur dann zu erwarten, wenn die angegebenen Preise aufgrund aller dafür erforderlichen Umstände ermittelt worden seien. Hier fehle es jedoch an der Angabe, um welche Lose, welche Stationen und wie viele Arbeitnehmer mit ggf. Verträgen zu welchen Konditionen es sich handele.

Weiterhin wurden rechtswidrige Konzeptvorgaben, rechtswidrige Bewertungsmaßstäbe, die Verletzung des Transparenzgrundsatzes und die Bevorzugung Bestandsdienstleister durch den Bewertungsmaßstab gerügt.

Das Verfahren begünstige zudem rechtswidrig mögliche (Preis-)absprachen zwischen den Hilfsorganisationen. Durch die Fahrzeugbeschaffungen über das B… werde ein Mitbewerber über die mögliche Teilnahme der Antragstellerin (oder die Hilfsorganisationen untereinander) informiert. Der Passus in der Ausschreibung sei rechtswidrig:

„Der Konzessionsnehmer kann sich bei der Beschaffung von Fahrzeugen für die ausgeschriebene öffentlich-rechtliche Vorhaltung an der Sammelbeschaffung der Durchführenden im Rettungsdienst in Bayern beteiligen. Federführend ist hier die Landesgeschäftsstelle des Bayerischen Roten Kreuzes in München. Dies ist durch den Bieter bzw. die Bietergemeinschaft in eigener Zuständigkeit zu klären. Eine Erstattung von Investitionskosten durch den Konzessionsgeber ist ausgeschlossen.“

Die Rügeantwort, wonach die Beschaffungsstelle den ZRF lediglich darüber informiere, zu welchem Zeitpunkt für welchen Standort ein Fahrzeug beschafft werden müsse, gehe an der Rüge vorbei. Auch der Hinweis, wonach eine Information über Bieter nicht erfolge, sei mit dem Wortlaut der Vergabeunterlagen nicht überzeugend. Der Antragsgegner könne nicht sicherstellen, dass das Bayerische Roten Kreuz in München diese Informationen nicht direkt an den Kreisverband und die anderen Hilfsorganisationen weitergebe. Ein aufgrund einer ungeschickten Ablaufplanung fast unvermeidliches Aufeinandertreffen der Bieter sei ebenso einen Verstoß gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs wie etwa gemeinsame Besichtigungstermine oder ähnliches.

Weiterhin seien die Unterlagen nicht barrierefrei erhältlich. Der Konzessionsgeber müsse gem. § 19 Abs. 1 KonzVgV in der Konzessionsbekanntmachung oder - sofern die Konzessionsbekanntmachung keine Aufforderung zur Angebotsabgabe enthalte - in der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine elektronische Adresse angeben, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.

In der Bekanntmachung stehe unter Nr. 1.3 Kommunikation:

„Der Zugang zu den Auftragsunterlagen ist eingeschränkt. Weitere Auskünfte sind erhältlich unter: www.zrf-S…de“

„Klicke“ man auf den Dateipfad in der Bekanntmachung, so komme folgende Meldung:

„file:/ …Z :/Documents/GmbH/RKT /S…/Unterlagen/www.zrf-S…de“

wobei die Unterlagen nicht herunterladbar seien. Der Antragsgegner gewähre keinen barrierefreien Zugang zu den Unterlagen und verletze dadurch die Rechte der Antragstellerin.

Die in dem Rügeschreiben vom 23.03.2018 zu dem Sonderbedarf aufgeworfenen Fragen seien außerdem vom Antragsgegner nicht beantwortet worden. Es sei der Antragstellerin dadurch erheblich erschwert worden, ein Konzept für den Sonderbedarf zu erarbeiten, da sie, im Gegensatz zu den bisherigen Leistungserbringern, keine Kenntnisse insbesondere hinsichtlich der Vorhaltekosten habe. Diese Angaben wären aber von dem Antragsgegner zu Verfügung zu stellen. Insbesondere seien sie dem Antragsgegner bekannt oder können von ihm ohne weiteres erfragt werden. Das Bayerische Staatsministerium führe dahingehend in dem Rundschreiben vom 31. Juli 2017 aus:

„Die Kosten einer Vorhaltestunde sind aufgrund der gesetzlichen Finanzierungssystematik des Rettungsdienstes nur schwer zu ermitteln, da die gesetzlich vorgesehene Vereinbarung von Gesamtbudgets zwischen den Kostenträgern und den Durchführenden eine konkrete Aufteilung der Kosten auf die jeweiligen Rettungsmittel erschwert. Aufgrund der Schlussrechnungen, die bei der ZAST eingehen, kann jedoch der Wert einer Vorhaltestunde für das jeweils auszuschreibende Rettungsmittel im jeweiligen Rettungsdienstbereich annäherungsweise ermittelt wer-den. Es handelt sich dabei um einen Durchschnittswert für alle im jeweiligen Rettungsdienstbereich tätigen Durchführenden. Dies erscheint auch sachgerecht, da vor dem Auswahlverfahren naturgemäß nicht vorhergesagt werden kann, welcher Durchführende die Konzession erhält. Die jeweiligen Werte werden beim Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vorgehalten und können durch den ZRF vor dem Beginn eines Auswahlverfahrens abgefragt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Werte für das letzte Jahr immer erst ab Oktober des Folgejahres vorliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Werte des vorletzten Jahres verwendet werden. Der abgefragte Wert ist deswegen um die jeweiligen tatsächlichen Grundlohnsummensteigerungen nach § 71 Abs. 3 SGB V zu korrigieren, die im Bundesanzeiger veröf-fentlicht werden. Auf diesen Wert kann deswegen abgestellt werden, da die Kostenträger Kostensteigerungen im Rettungsdienst im Regelfall nur in diesem Rahmen akzeptieren. Beispielsweise ist bei einer Ausschreibung im Juni 2017 nur der Wert einer Vorhaltestunde für das Jahr 2015 vorhanden. Dieser Wert ist daher um die Grundlohnsummensteigerung von 2015 auf 2016 sowie von 2016 auf 2017 zu korrigieren. Bei einem Auswahlverfahren im Dezember 2017 sind die Werte für das Jahr 2016 vorhanden. Der Wert ist daher nur um die Grundlohnsummensteigerung von 2016 auf 2017 zu korrigieren.“

Hinsichtlich aller von den Unternehmen angeforderten Informationen bestehe eine uneingeschränkte und umfassende Auskunftspflicht. Die Auskunftspflicht habe als Ausprägung des Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatzes bieterschützenden Charakter.

In der Leistungsbeschreibung (5. 38) sei weiter ausgeführt, dass nähere Einzelheiten zu den Versorgungsbereichen und zur Situierung der Rettungsmittel der Beschreibung des jeweiligen Loses sowie der Internetseite www.zrf-bayern.de (insbesondere unter dem Menüpunkt „Mapserver“) entnommen werden können. Es sei jedoch rechtswidrig, dass die Unterlagen nicht beigefügt sind. Sämtliche Unterlagen, auf die sich der Antragsgegner beziehe, müssten vorgelegt werden. Dies betreffe insbesondere auch die Vereinbarungen mit der Landesgeschäftsstelle des Bayerischen Roten Kreuzes. Die hier fehlenden Dokumente würden für sich genommen schon zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung führen.

Mit Schreiben vom 11.04.2018 und 20.04.2018 übermittelte der Antragsgegner dem Bevollmächtigten der Antragstellerin die Information über eingegangene Bieterfragen und deren Beantwortung durch den ZRF S… Das hier vorliegende Vergabeverfahren leide zudem an einem Verfahrensfehler nach § 6 Abs. 1 KonzVgV. Dazu gehöre zum Beispiel gern. § 6 Abs. 1 S. 2 KonzVgV die Dokumentation der Kommunikation mit Unternehmen und internen Beratungen, der Vorbereitung der Konzessionsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen, der Öffnung der Teilnahmeanträge und Angebote, der Verhandlungen mit den Bewerbern und Bietern sowie der Gründe für Auswahlentscheidungen und den Zuschlag.

Nach § 8 Abs. 1 VgV sei das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.

Im Hinblick auf die bisherige Durchführung des Vergabeverfahrens sei zu bezweifeln, dass eine ordnungsgemäße Dokumentation des gesamten Verfahrens nebst sicherer Speicherung der Daten und Wahrung der Vertraulichkeit stattgefunden habe.

Die Vergabekammer informierte den Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 09.04.2018. Dieser legte die Vergabeunterlagen vor.

Mit Antragserwiderung vom 30.04.2018 nahm der Antragsgegner Stellung und beantragte,

  • 1.Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  • 2.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners.

  • 3.Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den Antragsgegner wird für notwendig erklärt.

Der Nachprüfungsantrag sei einesteils unzulässig, anderenteils unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Keine der vorgebrachten Rügen der Antragstellerin vermöge den Nachprüfungsantrag erfolgreich zu stützen.

Durch die Angaben des Antragsgegners hinsichtlich der fraglichen Anwendbarkeit des GWB und der KonzVgV sowie der zusätzlichen Benennung des VG Regensburg in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen sei weder ein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz noch ein anderer Vergaberechtsverstoß begründet. Vielmehr habe der Antragsgegner durch seine Angaben pflichtgemäß auf die insoweit ungeklärte Rechtslage hingewiesen. Die Frage der Anwendbarkeit von GWB und KonzVgV auf oberschwellige Vergaben von Rettungsdienstkonzessionen sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin für Bayern noch nicht abschließend geklärt. Weiter habe der Antragsgegner in Abschnitt A. 2. (S. 5) der Vergabeunterlagen klargestellt, dass er neben den Bestimmungen des Konzessionsvergaberechts in GWB und KonzVgV nachrangig auch die Bestimmungen des BayRDG anwende. Letztlich könne all dies aber dahinstehen, weil durch die vermeintlichen (tatsächlich nicht gegebenen) Vergaberechtsverstöße des Antragsgegners der Antragstellerin kein Schaden entstanden sei. Die Antragstellerin habe mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 09.04.2018 Rechtsschutz tatsächlich bei der Vergabekammer Südbayern (und nicht etwa beim VG Regensburg) nachgesucht. Den angeblichen (tatsächlich nicht gegebenen) Irreführungen durch den Antragsgegner sei die Antragstellerin also jedenfalls nicht gefolgt. Damit sei aber nicht ersichtlich, worin vorliegend ein Schaden der Antragstellerin begründet sein solle.

Weiter würden die Vergabeunterlagen auch keine rechtswidrigen Vorgaben zum Sonderbedarf enthalten. Bei der Durchführung des vorliegenden Vergabeverfahrens habe der Antragsgegner auch Art. 13 BayRDG zu beachten. Dort seien allgemeine Vorgaben zum Vergabeverfahren aufgestellt und somit nachrangiges, landesrechtliches Vergaberecht geregelt. Der Antragsgegner habe vorliegend in Übereinstimmung mit den landesrechtlichen Vorgaben einen Sonderbedarf im Rahmen der Eignungsprüfung gefordert. Die von der Antragstellerin beanstandete Vorgabe in den Vergabeunterlagen (Abschnitt A. 8. d), wonach gemäß Art. 19 BayRDG in Großschadenslagen auf bei den Durchführenden der Notfallrettung zusätzlich vorhandene Einheiten zurückgegriffen werde, sei weder unzulässig noch unklar. Vielmehr handele es sich hierbei um eine nahezu wortgleiche Wiedergabe der Bestimmung des Art. 19 BayRDG.

Der Einwand der Antragstellerin, es sei unklar, welche Einheiten hier vorhanden seien erschließe sich für den Antragsgegner nicht. Gemeint sei mit dem Hinweis des Antragsgegners (und auch mit der dort zitierten gesetzlichen Regelung) jedenfalls, dass hinsichtlich des Sonderbedarfs auf bei den Durchführenden, also bei den Bietern, zusätzlich vorhandene Einheiten zurückgegriffen werde. Welche Einheiten dies im Einzelnen sind, sei dem Antragsgegner naturgemäß nicht bekannt. Vielmehr solle dies der Bieter in seinem Angebot darlegen (vgl. dazu die Vorgaben in Teil C der Vergabeunterlagen). Weiter sei auch nicht ersichtlich, warum mit dieser Vorgabe die bisherigen Leistungserbringer „offen“ bevorteilt würden. Zu beachten sei insoweit. dass bei der vorliegenden Ausschreibung ausschließlich neue Rettungsmittel ausgeschrieben werden. Es gebe also überhaupt keine „Bestandsdienstleister“. Ferner seien auch die Vorgaben zur Besetzung der Fahrzeuge des Sonderbedarfs nicht „falsch“. Dabei sei zunächst von Bedeutung, dass es für die Besetzung für Fahrzeuge des Sonderbedarfs keine gesetzliche Bestimmung gebe. Gleichwohl habe sich der Antragsgegner dazu entschieden, sich für die Vorgaben zur Besetzung der Fahrzeuge des Sonderbedarfs an den gesetzlichen Vorgaben zur Besetzung der Fahrzeuge der Regelvorhaltung zu orientieren. Das sei nicht zu beanstanden und werde von der Antragstellerin offenbar auch nicht beanstandet. Was die Antragstellerin hingegen genau beanstandet, werde aus ihren Ausführungen hierzu nicht verständlich. Schließlich stimme es auch nicht, dass die Bemessung des Sonderbedarfs in unverhältnismäßiger Weise erfolgt wäre. Vielmehr habe ein Gutachten des Instituts für Notfallmedizin (INM) bei der LMU München eine erhebliche Unterversorgung beim Sonderbedarf im Rettungsdienstbereich des Antragsgegners festgestellt.

Weiter würden die Bieter vorliegend auch nicht zu einer Mischkalkulation gedrängt, um dann allesamt ausgeschlossen zu werden. Denn der Antragsgegner habe ausdrücklich (vgl. Ziffer 8 lit. d) der Bewerbungsbedingungen) für den Sonderbedarf keine Angabe von Kosten gefordert. Für den Sonderbedarf bestünden also gar keine „geforderten Einheitspreise“. Es existierte hier somit aber auch gar keine Möglichkeit für die Bieter eines „Auf- und Abpreisens“ der Einheitspreise. Denn nachdem vorliegend für den Sonderbedarf keine Preisangabe gefordert seien, gebe es auch keine Position im Leistungsverzeichnis, die „abgepreist“ werden könnte. Ohne ein solches Abpreisen sei aber eine Mischkalkulation begrifflich schon ausgeschlossen. Es könne vorliegend also nicht davon die Rede sein, dass ein Bieter „nicht die von ihm geforderten Preise benennt“, wenn er den Sonderbedarf nicht gesondert bepreist. Vielmehr sei genau das von ihm nach Maßgabe der Bewerbungsbedingungen gefordert und könne deshalb auch nicht zum Angebotsausschluss führen.

Im Übrigen treffe es auch nicht zu, dass es sich bei der Bereitstellung des Sonderbedarfs um eine Leistung handele, die zwingend zu bezahlen wäre. Insoweit sei auch nochmals darauf hin-zuweisen, dass der Antragsgegner einerseits zur Forderung eines Sonderbedarfs gesetzlich verpflichtet ist. Andererseits sei der Antragsgegner aber kein Kostenträger und er verfüge auch über keinerlei nennenswerte Einnahmen, mittels denen er die Finanzierung des Sonderbedarfs leisten könne. Zu beachten sei weiter, dass die Durchführenden den Sonderbedarf auch nicht vollkommen unentgeltlich erbringen. Diese Vergütung erfolge zwar nicht vorhalte-, sondern ein-satzbezogen und erhöhe dabei durchaus das Betriebsrisiko des Konzessionsnehmers erheblich. Dies sei aber wiederum für eine Dienstleistungskonzession typisch und nichts, wofür der Antragsgegner verantwortlich zu machen wäre. Schließlich sei es auch nicht etwa so, dass der Antragsgegner hier „Leistungsempfänger“ hin-sichtlich des Sonderbedarfs wäre. Kostenschuldner seien hier jeweils die Sozialversicherungsträger. Sie bestimmten letztlich gemeinsam mit den Durchführenden im Wege von Verhandlungen nach Art. 34 Abs. 2 BayRDG über die Höhe der Vergütung des Sonderbedarfs und somit mittelbar über die Höhe des Betriebsrisikos.

Eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sei hier entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht festzustellen. Insbesondere würden der Sonderbedarf und die Konzepte für die Notfallrettung bzw. den Krankentransport bei dem hier vorgesehenen Wertungsvorgehen nicht miteinander vermengt werden. Aus den Vorgaben der Vergabeunterlagen werde vielmehr klar ersichtlich, dass die Prüfung des Sonderbedarfs auf der zweiten Stufe im Rahmen der Eignungsprüfung erfolge. Die Wertung der „Konzepte Notfallrettung“ sei hingegen auf den S. 30 ff. der Vergabeunterlagen geregelt und dort eindeutig der vierten Stufe der Angebotswertung zugeordnet. Nicht ersichtlich sei, inwiefern sich hieraus eine Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ergeben könne. Schließlich sei die Ausgestaltung des Sonderbedarfs als Eignungskriterium als solche nicht zu beanstanden. Hierzu die Vorgaben des bayerischen Verfassungsgerichtshofes (VerfGH München, Entscheidung v. 24.05.2012 - Vf. 1-Vll/10) sowie auf die Bestimmungen in Art. 13 Abs. 2 S. 2 und 3 BayRDG verwiesen werden. Gemäß dieser Vorgaben sei der Sonderbedarf vorliegend als Eignungskriterium ausgestaltet worden. Dies sei nach Maßgabe der vorgenannten Entscheidung des bayerischen Verfassungsgerichtshofes sowie nach in Art. 13 Abs. 2 S. 2 und 3 BayRDG nicht nur erlaubt, sondern vielmehr geboten.

Die Rüge einer angeblich rechtswidrigen Losaufteilung verfange schon deshalb nicht, weil im Rahmen des Konzessionsvergaberechts das Gebot des Mittelstandschutzes und der Losaufteilung nicht gelte. § 97 Abs. 4 GWB gelte ausweislich seines eindeutigen Wortlauts vielmehr nur für die Vergabe öffentlicher Aufträge.

Weiter könne die Antragstellerin auch nicht mit ihrer Rüge durchdringen, dass vorliegend eine rechtswidrige Leistungsbeschreibung festzustellen wäre. Nicht ganz verständlich sei, wie die Antragstellerin zu der Auffassung gelange, dass ihr der Antragsgegner Informationen zu den Einsatzzahlen und den „Personalangaben“ vorenthalten hätte. Insoweit werde auf die Antworten des Antragsgegners auf die diesbezügliche Bieterfrage der Antragstellerin vom 27.03.2018 zu verweisen. Weiter habe der Antragsgegner in Anlage 8 der Vergabeunterlagen für jeden Standort die im Versorgungsbereich der jeweiligen Rettungswache im Beobachtungszeitraum vom 01.08.2015 bis 31.07.2016 angefallenen Einsatzzahlen angegeben (untergliedert nach Notfällen, arztbegleiteten Patiententransporten, Krankentransporten und sonstigen Transporten). Der Antragsgegner habe also alle erforderlichen, ihm bekannten Angaben zu der Leistung gemacht. Vor dem Hintergrund, dass es sich hier um neue Standorte handele, bestehen vorliegend auch keine Bevorzugung und kein Wissensvorsprung der bisherigen Leistungserbringer. Weiter treffe es auch nicht zu, dass die Leistungsbeschreibung hinsichtlich der „Ortvorgabe“ zu unbestimmt wäre. Insoweit sei auf die entsprechende Bieterfrage vom 23.03.2018 zu verweisen. Zwar hätte der Antragsgegner konkrete Vorgaben zum Standort (etwa mit einer bestimmten Adresse) machen und um diese Standorte einen Radius von beispielsweise einem Kilometer ziehen können, würde dann aber Gefahr laufen, sofern und soweit der Radius zu weit gezogen wäre, dass die Einhaltung der Hilfsfristen nicht sicher gewährleisten wäre oder anderenfalls, also sofern und soweit der Radius zu eng gezogen wäre, dass er zu Lasten des Wettbewerbs Standorte ausschließe, die eigentlich geeignet wären. Gerade zugunsten eines möglichst breiten Wettbewerbs habe sich deshalb der Antragsgegner dazu entschieden, eine abstrakte Vorgabe zu treffen.

Schließlich sei die Leistungsbeschreibung auch nicht im Hinblick auf die fehlende Angabe der Stundenvergütungssätze rechtswidrig. Insoweit erscheine es unklar, warum die Antragstellerin meine, dass diese Angaben für ihre Angebotskalkulation essentiell seien. Es sei auch keines-wegs ersichtlich, warum die Antragstellerin offenbar meine, ohne diese Angaben ihre Durchführungskosten nicht beziffern zu können. Vielmehr sollte die Antragstellerin aus den Erfahrungswerten, die sie an den Standorten im Verbandsgebiet des ZRF Regensburg gesammelt habe, durchaus in der Lage sein, die in Anlage 2 zu den Vergabeunterlagen geforderten Kostenangaben beziffern zu können. Warum ihr dies ohne die beiden Durchschnittswerte für RTW und KTW im Verbandsgebiet des Antragsgegners nicht gelingen mag, erschließe sich nicht. Auch sei nicht ganz klar, warum das Angebot der Antragstellerin ohne diese Zahlen nicht bzw. schlechter mit anderen Angeboten verglichen werden könne. Diese pauschalen Behauptungen begründe die Antragstellerin allesamt nicht weiter.

Weiter seien auch die „Konzeptvorgaben“ nicht wie die Antragstellerin meine rechtswidrig. Die Durchführung einer Konzeptausschreibung sei ein allgemein anerkanntes und zulässiges Mittel des Auftrag- bzw. Konzessionsgebers, um die vertragliche Leistung nicht einseitig im (letzten) Detail vorzugeben, sondern teilweise über Konzepte von den Bietern beschreiben zu lassen. Es sei vorliegend schon nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht näher vorgetragen, dass hier den qualitativen Wertungskriterien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen sei und deshalb die Annahme nahelege, dass die Kriterien so ausgestaltet worden seien, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag hätten, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären. Es könne hier auch keine Rede davon sein, dass die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen ausschließen würden.

Hinsichtlich des angeblich unzureichend mitgeteilten Bewertungsmaßstabs sei zunächst auf die Vorgaben in Abschnitt 12 d) bb) der Bewerbungsbedingungen (S. 30 bis 33 der Vergabeunterlagen) hinzuweisen. Dort habe der Antragsgegner den Bewertungsmaßstab umfangreich und detailliert dargelegt. Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Wertungsmaßstab nach höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 - X ZB 3/17) nicht konkreter, als hier geschehen, mitzuteilen sei. Insbesondere müsse den Bietern nicht mitgeteilt werden, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen solle.

Ferner bestehe hier auch kein Verstoß gegen den Geheimwettbewerb. Insbesondere lasse sich aus dem Hinweis auf die zentrale Sammelbeschaffung in Ziffer 8 lit. d) der Bewerbungsbedingungen (S. 13 der Vergabeunterlagen) ein solcher Verstoß nicht entnehmen. Insoweit sei zunächst zu beachten, dass der Hinweis auf die zentrale Sammelbeschaffung rein informatorischer Natur sei und nicht etwa einer Vorgabe des Antragsgegners gleichkomme. Die zentrale Sammelbeschaffung finde also vollkommen außerhalb des Hoheits- und Verantwortungsbereichs des Antragsgegners statt. Die einzige Möglichkeit des Antragsgegners sich zu dieser zentralen Sammelbeschaffung zu verhalten, sei die vorliegend gewählte, nämlich auf die zentrale Sammelbeschaffung hinzuweisen. Somit bestehe in dem Hinweis auf die Sammelbeschaffung aber auch kein Rechtsverstoß des Antragsgegners.

Der Antragsgegner habe nicht gegen den Grundsatz der Barrierefreiheit verstoßen. Denn ein solcher Grundsatz existiere tatsächlich nicht. Zuzugestehen sei zwar, dass die Veröffentlichung der Vergabeunterlagen nicht den Anforderungen aus § 17 Abs. 1 KonzVgV genüge. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang aber, dass die Antragstellerin in diesem Punkt ihrer Rügeobliegenheit nicht genügt habe. Deshalb könne der Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 3 GWB nicht erfolgreich auf diese Rüge gestützt werden. Zudem sei auch nicht ersichtlich, wie die Antragstellerin durch die unterbliebene Veröffentlichung der Vergabeunterlagen auf einer Vergabeplattform in ihren Rechten verletzt sein könnte. Tatsächlich seien der Antragstellerin die Vergabeunterlagen nämlich durch den Antragsgegner unverzüglich auf Anforderung zur Verfügung gestellt worden.

Der Antragsgegner habe - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - die Bieterfragen pflichtgemäß beantwortet. Soweit die Bieterfragen nicht beantwortet worden seien, sei der Antragsgegner der Antragstellerin auch keine Antwort schuldig gewesen. Letzteres gelte auch für die Frage der Vorhaltekosten des Sonderbedarfs. Denn diese Kosten seien dem Antragsgegner nicht bekannt und könnten von dem Antragsgegner auch nicht in Erfahrung gebracht werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass weder beim Bayerischen Staatsministerium des Innern noch bei der ZAST noch bei den Kostenträgern nähere Informationen über die Vorhaltekosten des Sonderbedarfs verfügbar seien. Denn die Kosten des Sonderbedarfs würden von den Sozialversicherungsträgern nicht vorhaltebezogen, sondern nur einsatzbezogen vergütet werden, so dass dort (oder bei der ZAST oder bei dem Bayerischen Staatsministerium des Innern) keine Zahlen zu den konkreten Vorhaltekosten verfügbar seien. Hingegen handele es sich bei den „Kosten einer Vorhaltestunde“, auf die sich das von der Antragstellerin zitierte Rundschreiben beziehe, um die vorhaltekosten der Regelvorhaltung (siehe hierzu bzw. zu den Stundenvergütungssätzen der Regelvorhaltung bereits oben Abschnitt 6 c). Von besonderer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang wiederum, dass für den Sonderbedarf vorliegend keine Kosten zu benennen seien (vgl. dazu bereits oben Ziffer 3 sowie Ziffer 8 lit. d) der Bewerbungsbedingungen - S. 14 der Vergabeunterlagen). Mithin seien weitere Angaben zu den Vorhaltekosten des Sonderbedarfs für die Abgabe eines ordnungsgemäß kalkulierten Angebotes durch die Antragstellerin nicht erforderlich. Es sei auch neuerlich darauf hinzuweisen, dass es vorliegend keine „bisherigen Leistungserbringer“ gebe und dass es sich bei der Antragstellerin nicht um einen „Neuinteressenten“ handele.

Der Verweis auf die Internetseite www.zrf-bayern.de und den dort hinterlegten Mapserver sei nicht rechtswidrig. Der Antragsgegner habe unter Ziffer 2 lit. b) der Leistungsbeschreibung allgemein seinen Rettungsdienstbereich näher beschrieben, damit sich die Bieter von diesem ein besseres Bild machen können. Hingegen handele es sich hierbei nicht um Informationen, die für die Angebotserstellung erforderlich seien. Insbesondere sei es nicht so, dass ohne diese Informationen eine ordnungsgemäße Angebotsabgabe nicht möglich wäre. Zudem könne dieser Mapserver aufgrund seiner Eigenschaft als interaktive Karte auch nicht anderweitig zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere sei es technisch unmöglich, diesen Server in die Vergabeunterlagen zu integrieren. Was im Übrigen die von der Antragstellerin geforderte Vorlage der „Vereinbarungen mit der Landesgeschäftsstelle des B…“ anbelange, so sei vollkommen unklar, was die Antragstellerin damit meine. Festzustellen sei jedenfalls, dass solche Vereinbarungen nicht bestehen, die der Antragsgegner hier vorlegen müsse oder auch nur könne.

Der Antragsgegner habe die Vergabe ordnungsgemäß dokumentiert. Die ins Blaue hinein aufgestellte und unsubstantiierte Rüge der Antragstellerin verfange nicht.

Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle einer Verfahrenseinstellung auf den Vorsitzenden und den/die hauptamtliche/n Beisitzer/in übertragen.

Der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 17.05.2018 Einsicht in die relevanten Teile der Vergabedokumentation der Vergabestelle gewährt.

Mit Schreiben vom 28.05.2018 erwiderte die Antragstellerin auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 30.04.2018 und die gewährten Akteneinsicht vom 17.05.2018, dass der Nachprüfungsantrag auch weiterhin zulässig und begründet sei.

Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 04.06.2018 mit, dass der Antragsgegner mit Schreiben vom 30.05.2018 die Bewerber in dem gegenständlichen Verfahren über die Verlängerung der Angebotsfrist bis zum 20.07.2018, 12:00 Uhr informieren habe wollen. Dieses Schreiben sei der Antragstellerin erst am 04.06.2018 per E-Mail zugegangen. Der Zugang bei der Antragstellerin sei jedoch nicht durch den Antragsgegner bewirkt worden, sondern durch einen Mitbewerber der Antragstellerin in dem gegenständlichen Verfahren. Der Antragsgegner habe dem Mitbewerber nicht nur das Schreiben vom 30.05.2018, das an die Antragstellerin adressiert war zukommen lassen, sondern die Schreiben für alle Bewerber in dem gegenständlichen Verfahren. Der Antragsgegner habe die Namen der Bewerber für das gegenständliche Verfahren allen Bewerbern offenkundig gemacht. Ein Geheimwettbewerb sei nicht mehr gewährleistet, ebenso wenig eine Vergabe im Wettbewerb im Sinne des § 7 Abs. 1 GWB. Das gegenständliche Vergabeverfahren sei daher aufzuheben und neu durchzuführen.

Die Vergabekammer erteilte der Antragstellerin mit Beschluss vom 06.06.2018 über die mit Beschluss vom 17.05.2018 erteilte Einsicht hinaus Akteneinsicht in das Gutachten „Sonderbedarf an den Rettungsdienststandorten im Rettungsdienstbereich S… 02/2018 des Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) Klinikum der Universität München“, und die IMS vom 02.05.2013, 09.05.2014 sowie 31.05.2017 gewährt. Bei den Daten 09.05.2014 (richtig 31.07.2014) und 31.05.2017 (richtig 31.07.2017) handelt es sich offensichtlich um ein Versehen.

Mit Schreiben vom 10.06.2018 trug die Antragstellerin zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor, dass die Vorgaben zum Sonderbedarf - insbesondere bezogen auf das hier streitgegenständliche Los Nr. 1 K… - rechtswidrig seien. Für das streitgegenständliche Los werde laut Leistungsbeschreibung ein Rettungswagen erwartet (Leistungsbeschreibung S. 46). Aus dem übermittelten Gutachten sei aber für K… gar kein Sonderbedarf notwendig. Der Antragsgegner dürfe nur diejenigen Eignungsanforderungen (wenn es denn hier denn rechtmäßige Eignungsanforderungen wären, was nicht der Fall ist) stellen, die zur Sicherstellung des Erfüllungsinteresses erforderlich seien, die mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang stehen. Die Vorgaben des Antragsgegners seien unverhältnismäßig, unangemessen und unzumutbar, weil sie nicht notwendig seien. Es gebe kein Bedürfnis nach dem verlangten Sonderbedarf, wie die Gutachter des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) Klinikum der Universität München festgestellt haben.

Der Antragsgegner nahm mit Schreiben vom 11.06.2018 Stellung zu den Schriftsätzen der Antragstellerin vom 28.05.2018 und vom 04.06.2018 und erklärte, dass auch das weitere Vorbingen der Antragstellerin nichts daran ändere, dass der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen sei. Die vorgebrachten Rügen der Antragstellerin können - auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen der Antragstellerin - den Nachprüfungsantrag nicht erfolgreich stützen. Insbesondere könne aufgrund der fehlerhaften Übermittlung der Bieterschreiben vom 30.05.2018 keine Wiederholung des Verfahrens beansprucht werden. Zunächst sei klarzustellen, dass der Antragsgegner durch diese Panne allenfalls dem Bieter A… die Beteiligung der Antragstellerin an dem vorliegenden Verfahren offenbart habe. Hingegen habe der Antragsgegner in keiner Weise den anderen, Bietern die Beteiligung der Antragstellerin offengelegt. Wichtig sei in diesem Kontext auch, dass es sich bei dem Bieter A… um ein mit der „Antragstellerin befreundeten Wettbewerber“ handele, wie diese selbst vorgetragen habe. Es sei dabei auch nicht davon auszugehen, dass der Bieter A… die „Bieterliste“ mutwillig an weitere Bieter und insbesondere an die Hilfsorganisationen weiterreiche, denn damit würde der Bieter A… einen eigenständigen Verstoß gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs begehen und seinen Angebotsausschluss riskieren. Ein solches rechtswidriges und mutwilliges Verhalten wäre dem Antragsgegner aber nicht zuzurechnen. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Adressaten der Schreiben vom 30.05.2018 um diejenigen Interessenten handele, die beim Antragsgegner die Vergabeunterlagen abgefragt hatten. Diese Vergabeunterlagen seien aber einheitlich für alle vier ausgeschriebenen Lose gefasst. Es sei mithin nicht ausgemacht. dass sich alle Bieter, an die die Schreiben vom 30.05.2018 gerichtet gewesen seien, auch für das Los 1 bewerben wollen. Vielmehr sei es sehr naheliegend, dass ein Großteil der Interessenten für das Los 1 kein Angebot abgeben werde. In diesem Zusammenhang bleibe schließlich noch zu berücksichtigen. dass die „Bieterliste“ nicht mehr sei als eine Liste der „üblichen Verdächtigen“, die sich regelmäßig an Verfahren zur Vergabe von Rettungsdienstkonzession beteiligen. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang wiederum, dass die vermeintliche,,Bieterliste“ bislang nur dem Bieter A… und der Antragstellerin bekannt sei. Nur diese beiden Bieter könnten aus dieser Kenntnis also einen Vorteil ziehen (wobei schon fraglich sei, worin dieser Vorteil hier überhaupt bestehen könne). Im Übrigen sei hinsichtlich der begehrten Fehlerfolge (Aufhebung und Neudurchführung des Verfahrens) noch anzumerken, dass mit einer Verfahrenswiederholung die Panne vom 30.05.2018 nicht repariert werden könne. Denn es sei nicht zu erwarten, dass sich bei einer Verfahrenswiederholung die Antragstellerin nicht mehr bewerben werde, und auch das übrige Bieterfeld werde in dem Fall einer Verfahrenswiederholung kein anderes sein.

Auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 10.06.2018 erwiderte der Antragsgegner, dass das Gutachten belege, dass eine erhebliche Unterversorgung beim Sonderbedarf im Rettungsdienstbereich des Antragsgegners festgestellt worden sei (am Tag 19 und in der Nacht 23 Sonderbedarf-RTW). Vor diesem Hintergrund erscheine die Forderung von Rettungsmitteln des Sonderbedarfs in dem vorliegenden Umfang auch nicht unverhältnismäßig. Nichts anderes ergebe sich aus den Karten des Gutachtens, die die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 10.06.2018 ausschnittsweise abgebildet habe. Wie sich vielmehr beispielsweise aus dem folgenden Ausschnitt der Karte von S. 6 des Gutachtens ablesen lasse, bestehe im Südwesten des Einzugsbereichs des Stellplatzes K…, nämlich im Gemeindegebiet Ah…, ganz erheblicher Sonderbedarf. Gemäß diesen Vorgaben aus dem Gutachten habe der Antragsgegner auch für den Standort K…, nachdem dessen Einzugsbereich auch das Gemeindegebiet Ah… umfasse einen Sonderbedarf zugeordnet.

Im Ausgangspunkt zutreffend sei gleichwohl der Einwand der Antragstellerin, dass die Tabelle auf S. 9 des Gutachtens dem Stellplatz K… jeweils den Wert „0“ zuordne. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Modell, das der Tabelle des Gutachtens zugrunde liege, unterschiedslos die RTW auf diverse Standorte verteile, dabei aber nicht berücksichtige, dass nicht alle Standorte aktuell ausgeschrieben worden seien. Demgemäß habe das Gutachten den Sonderbedarf, der nach den Karten in den Einzugsbereich SP K… falle (insbesondere das Gemeindegebiet Ah…), den Standorten „RW S…“ und „SP S…“ zugeordnet, weil das betreffende Gemeindegebiet - je nach Bedarf und Verfügbarkeit - auch von diesen Standorten mitversorgt werde. Dieses Rechenmodell habe dabei aber - naturgemäß - nicht mit berücksichtigt, dass die Standorte „RW S…“ und „SP S…“ aktuell und auch auf absehbare Zeit nicht zur Ausschreibung anstehen. Deshalb könne der betreffende, dort zugeordnete Sonderbedarf nicht gedeckt werden. Zudem bestehe keine Möglichkeit den Sonderbedarf anderweitig (also anders als über eine Neuausschreibung) zu implementieren. Wenn der Antragsgegner also den in dem Gutachten festgestellten Sonderbedarf decken möchte, bleibe ihm nichts anderes übrig, als abweichend von dem Rechenmodell, wie es der Tabelle zugrunde liege, bei der Verteilung des Sonderbedarfs auch mit zu berücksichtigen, dass nicht alle Standort zeitgleich neu ausgeschrieben werden. Zu beachten sei dabei schließlich auch, dass von dem Sonderbedarf, den das Gutachten festgestellt habe (19 bzw. 23 Sonderbedarf-RTW), der Antragsgegner mit der aktuellen Ausschreibung allein 4 RTW (in jedem Los ein Sonderbedarf-RTW) abdecke. Der Antragsgegner habe also das Gutachten und seine Ergebnisse bei der Bestimmung des Sonderbedarfs sehr wohl genau beachtet. Er habe lediglich das Modell, das der Berechnung auf S. 9 des Gutachtens zugrunde liegt, nicht „1:1“ aus der Empfehlung des INM übernommen, weil dieses Modell - die Ausschreibungssituation nicht berücksichtige.

Die mündliche Verhandlung fand am 18.06.2018 in den Räumen der Regierung von Oberbayern statt. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Die Beteiligten erhielten eine Schriftsatzfrist bis 02.07.2018 um sich zu den Themen „rechtliche Ausgestaltung des Sonderbedarfs“, „die Gefährdung des Geheimhaltungswettbewerbs durch die Sammelbeschaffung der Fahrzeuge durch das B…“ und zum Informationsbedarf (Bieterfragen), welche Antworten auf die Bieterfragen wann wem übermittelt wurden (Antragsgegner) und was (der Antragstellerin) zugegangen ist, zu äußern.

Der Antragsgegner teilte mit nachgelassenem Schreiben vom 02.07.2018 mit, dass er auch weiterhin der Auffassung sei, dass die Ausgestaltung des Sonderbedarfs als Eignungskriterium zulässig sei. Die Angebote seien beim Sonderbedarf sowohl was den Preis, als auch was die Leistung betreffe identisch. Unterschiede im Hinblick auf den wirtschaftlichen Gesamtvorteil für den Konzessionsgeber würden also beim Sonderbedarf nicht entstehen und seine deshalb bei den Zuschlagskriterien bzw. bei der Zuschlagerteilung nicht weiter zu berücksichtigen. Auch was die Frage der Sammelbeschaffung anbelange, sei der Antragsgegner weiterhin der Ansicht, dass hier kein (ihm zurechenbarer) Verstoß gegen den Geheimwettbewerb vorliege. Die zentrale Sammelbeschaffung beruhe allein auf einer allgemeinen, eigenständigen und unabhängig von der vorliegenden Ausschreibung getroffenen Vereinbarung zwischen den Kostenträgern, den Durchführenden des Rettungsdienstes und dem B… Der Antragsgegner habe dabei auf die zentrale Sammelbeschaffung, deren Abwicklung und die ihr zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen keinerlei Einfluss. Er könne zudem den Bietern auch nicht untersagen, sich an der zentralen Sammelbeschaffung zu beteiligen. Der Antragsgegner sei deshalb der Auffassung, dass er mit seinem Hinweis auf die Möglichkeit der Sammelbeschaffung auch seinen vergaberechtlichen Pflichten und insbesondere dem Transparenzgrundsatz hinreichend nachgekommen sei. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch noch auf den Umstand, dass die Sammelbeschaffung auf einer multilateralen Vereinbarung beruhe, an der auch die Antragstellerin beteiligt sei. Die Antragstellerin habe also die B…-Landesgeschäftsstelle über die Landesvereinigung Privater Rettungsdienste in Bayern, bei der sie Mitglied sei, mit der Sammelbeschaffung beauftragt.

Zudem übermittelte er alle Bieterinformationen bzw. Antworten auf Bieterfragen, die den Bietern nach Anhängigkeit des Vergabenachprüfungsverfahrens in anonymisierter Form übermittelt worden seien. Ebenfalls übermittelt wurden die entsprechenden Zugangsnachweise für die Antragstellerin bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten.

Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 1 und 2 BayNpV.

Gegenstand der Vergabe ist eine Dienstleistungskonzession i. S. d. § 105 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 2 GWB, da der Rettungsdienst in Bayern im Wege einer Konzession vergeben wird (EuGH v. 11.03.2011 – RS C 274-09).

Der Nachprüfungsantrag des Antragstellers ist auch nicht deshalb unzulässig, weil die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB eingreifen würde. Nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist der vierte Teil des GWB und damit auch das Nachprüfungsverfahren nicht anwendbar auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

Allerdings kann die Bereichsausnahme des Art. 10 Abs. 8 der Richtlinie 2014/23/EU § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB von vorneherein nicht eingreifen, wenn das Vergabeverfahren – wie in Bayern aufgrund Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayRDG regelmäßig der Fall - gleichermaßen für Hilfsorganisationen als auch für private Unternehmen geöffnet ist, da damit die streitgegenständlichen Dienstleistungen nicht von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht“ werden (VK Südbayern, Beschluss vom 16.03.2017 - Z3-3-3194-1-54-12/16).

Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.

Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag in einem Zeitraum vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe ausreichend durch die Stellung des Nachprüfungsantrags nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Dazu beabsichtigt Sie, Regelungen in den Vergabeunterlagen, in denen sie eine Verletzung ihrer Rechte aus § 97 Abs. 6 GWB sieht, zur Nachprüfung zu stellen. Dies ist für die Annahme eines Interesses am Auftrag ausreichend (vgl. BayObLG, Beschluss vom 04.02.2003 - Verg 31/02; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2009 - Vll-Verg 27/09).

Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion entgegen, da die Antragstellerin mit ihren Rügeschreiben vom 23.03.2018 und vom 08.04.2018, die beide vor Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe jedenfalls den Anforderungen des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB genügt hat.

Ebenso ist die Antragstellerin auch ihrer Rügeobligenheit aus § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nachgekommen. Dies gilt auch für die erst am 08.04.2018 erhobene Rüge des Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 KonzVgV. Ungeachtet dessen, ob man überhaupt eine Anwendbarkeit der 10-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB auf Vergabeverstöße annimmt, die aus der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbar sind und damit dem § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB unterfallen (dies ablehnend zur früheren Rechtslage OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/12) – sind in diesen Fällen strenge Anforderungen an den Nachweis des Zeitpunkts der positiven Kenntnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu stellen, um keine übermäßige Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz zu verursachen (vgl. EuGH, Urteil vom 11.10.2007, C – 241/06 Lämmerzahl). Die 10-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB erfordert positive Kenntnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vom Vergabeverstoß. Der Bevollmächtige des Antragstellers hat in der mündlichen Verhandlung nicht widerlegbar angegeben, dass ihm die Problematik der fehlenden unentgeltlichen, uneingeschränkten, vollständigen und direkten Abrufbarkeit der Vergabeunterlagen bei seiner Befassung mit der Vergabeunterlagen vor Erhebung der ersten Rüge nicht aufgefallen ist. Er habe den Verstoß erst bei der Erhebung der zweiten Rüge erkannt. Dies ist auch glaubhaft, da er angesichts seiner zahlreichen, bereits am 23.03.2018 erhobenen Rügen kein Interesse daran haben konnte, gerade diese Rüge zurückzuhalten. Da auch bei einem im Vergaberecht regelmäßig tätigen Rechtsanwalt, wie dem Bevollmächtigten der Antragstellerin, nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, dass er sämtliche denkbaren Rechtsprobleme eines Vergabeverfahrens bei der ersten Befassung positiv in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB erkennt, liegt auch insoweit keine Rügepräklusion vor

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

Das Vergabeverfahren ist aufzuheben, da die Vorgaben zum Sonderbedarf keine zulässigen Eignungsanforderungen, sondern Bestandteile der zu erbringenden Leistung sind. Die Antragstellerin wird hierdurch deshalb in ihren Rechten verletzt, weil der Antragsgegner Unterlagen zum Nachweis der Erbringung der Vorgaben zum Sonderbedarf bereits im Vergabeverfahren gefordert hat. Weitere Rechtsverletzungen der Antragstellerin liegen in der fehlenden unentgeltlichen, uneingeschränkten, vollständigen und direkten Abrufbarkeit der Vergabeunterlagen, der unzureichenden Beantwortung der Bieterfragen und der Verstöße gegen den Geheimwettbewerb.

2.1. Die Vorgaben zum Sonderbedarf sind keine zulässigen Mindestanforderungen an die Eignung.

In Ziffer III.1.4 der Vorinformation ist die „Erfüllung der Anforderungen Sonderbedarf“ explizit als Mindestanforderung an die Eignung gekennzeichnet. Abgesehen davon, dass – bei Unterstellung eines zulässigen Eignungskriteriums – die entsprechende Mindestanforderung gem. § 122 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 VgV nicht ausreichend bekanntgemacht wären, ist diese Regelung dahingehend auszulegen, dass die gesamten detaillierten Vorgaben an die Erbringung der Dienstleistung des Sonderbedarfs in Ziffer 8 f) „Inhalt und Aufbau des Konzepts für den Sonderbedarf“ der Vergabeunterlagen, in Teil C „Vorgaben und Beschreibung Sonderbedarf“ der Vergabeunterlagen und in § 3 „Sonderbedarf“ des öffentlich-rechtlichen Vertrags (Teil D der Vergabeunterlagen) Mindestanforderungen an die Eignung sein sollen. Explizit wird dies noch einmal in Ziffer 12 b) „Zweite Stufe: Feststellung der Eignung der Bieter“ bestätigt.

Der Leistungsgegenstand ist – unabhängig davon, ob man die Erfüllung der Anforderungen Sonderbedarf als besondere Bedingung für die Ausführung der Leistung gem. § 128 Abs. 2 GWB oder als (weitere) Hauptleistungspflicht neben dem Regelrettungsdienst ansieht – in jedem Fall von Mindestanforderungen an die Eignung abzugrenzen.

Das europäische Vergaberecht unterscheidet systematisch zwischen den Bedingungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren, den Bedingungen für die Vergabe des Auftrags und dem vertraglichen Inhalt der zu erbringenden Leistung. Nach Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23/EU prüfen die öffentlichen Auftraggeber die Erfüllung der Teilnahmebedingungen hinsichtlich der beruflichen und fachlichen Befähigung sowie der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter anhand von Eigenerklärungen oder Referenzen, die als Nachweis einzureichen sind, gemäß den in der Konzessionsbekanntmachung angegebenen Anforderungen, die nicht diskriminierend sein dürfen und in einem angemessenen Verhältnis zum Konzessionsgegenstand stehen müssen. §§ 152 Abs. 2 i.V.m. 122 Abs. 2 Satz 2 GWB regeln demzufolge, dass die Eignungskriterien ausschließlich die Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit betreffen dürfen.

Es erscheint nicht ausgeschlossen, die generelle Befähigung eines Unternehmens, zusätzliche Rettungsmittel für den Sonderbedarf zur Verfügung stellen zu können, als Aspekt der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit zum Gegenstand von Eignungskriterien zu machen. Im vorliegenden Fall werden jedoch sämtliche detailliert geregelten Vertragsinhalte zur Erbringung des Sonderbedarfs zur Mindestanforderung an die Eignung gemacht.

Diese detailliert geregelten Vertragsinhalte, die das „Wie“ der Erbringung des konkreten Auftrags und nicht die generelle Eignung eines Unternehmens für die Erbringung von Rettungsdienstleistungen einschließlich des Sonderbedarfs betreffen, können nicht zu Mindestanforderungen an die Eignung gemacht werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.05.2014, VII-Verg 46/13 und Beschluss vom 21.10.2015, VII-Verg 28/14; Opitz in Burgi/Dreher Beck'scher Vergaberechtskommentar § 122 GWB Rn. 54). Sie betreffen nicht die ausschließlich zulässigen Kriteriengruppen gem. §§ 152 Abs. 2 i.V.m. 122 Abs. 2 Satz 2 GWB, sondern regeln die Leistungserbringung im konkreten Auftrag. Sie sind in der vorliegenden Form nicht unternehmensbezogen, sondern auftragsbezogen und damit keine Eignungskriterien.

Daran vermag auch Art. 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayRDG nicht zu ändern, die die Befähigung des Durchführenden zur Bewältigung von Großschadenslagen durch zusätzliches Leistungspotential als Frage der Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sehen. Denn zum einen weist bereits Art. 13 Abs. 2 Satz 4 BayRDG zutreffend darauf hin, dass die nähere Bestimmung des Sonderbedarfs Gegenstand der Leistungsbeschreibung im Rahmen des Auswahlverfahrens ist. Entscheidend ist aber, dass Art. 13 Abs. 2 BayRDG als landesrechtliche Norm im Lichte der höherrangigen und später entstandenen Normen des Europarechts (Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23/EU) und des Bundesrechts (§§ 152 Abs. 2 i.V.m. 122 Abs. 2 GWB) ausgelegt werden muss.

Die Antragstellerin ist möglicherweise durch die bloße Falschbezeichnung dieser vertraglichen Anforderungen als Mindestanforderungen an die Eignung noch nicht zwingend in ihren Rechten verletzt. Allerdings bestehen gegen ein solches Vorgehen durchaus erhebliche Bedenken hinsichtlich der Transparenz und Verständlichkeit der Vergabeunterlagen. Zudem halten Stimmen in der Literatur eine Umdeutung von unzulässigen Zuschlagskriterien in Ausführungsbedingungen für unzulässig (Opitz in Burgi/Dreher Beck'scher Vergaberechtskommentar § 128 GWB Rn. 30).

Die Rechtsverletzung ergibt sich aber jedenfalls dadurch, dass die Antragstellerin Unterlagen zum Beleg der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen im Vergabeverfahren zu liefern hat. Sie hatte nämlich in einer detailliert vorgegebenen Form ein Konzept zur Erbringung des Sonderbedarfs zu erstellen und dort auch Nachweise wie genaue Angabe und Beschreibung des eingesetzten Fahrzeugs zu liefern, bei einem bestehenden Fahrzeug auch die Vorlage der Kopie des Fahrzeugbriefs.

Eine präventive Kontrolle, ob ein Bieter besondere Anforderungen an die Ausführung oder gar eine Hauptleistungspflicht erfüllen kann oder nicht, lässt das Vergaberecht nicht zu. §§ 152 Abs. 4 i.V.m. 128 Abs. 2 GWB sehen nicht vor, dass der öffentliche Auftraggeber oder Konzessionsgeber zum Beleg für die Einhaltung von zusätzlichen Anforderungen (Bedingungen) an die Ausführung im Vergabeverfahren - wie bei Eignungskriterien - von Bietern die Vorlage von Erklärungen oder Nachweisen verlangen darf. Das deutsche und das unionsrechtliche Vergaberecht lassen eine präventive Kontrolle durch den Auftraggeber oder Konzessionsgeber darüber, ob Bieter zusätzliche Anforderungen an die Ausführung einhalten können oder dies wahrscheinlich tun werden, nicht zu. Dies verbietet sich auch deshalb, weil zusätzliche Anforderungen nicht betriebs- oder unternehmensbezogen sind, sondern allein die Auftragsausführung betreffen. Demzufolge kann der Auftraggeber oder Konzessionsgeber die Einhaltung zusätzlicher Anforderungen lediglich bei der Auftragsausführung überprüfen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.05.2014, VII-Verg 46/13).

Da die Falschbezeichnung der Erfüllung der Anforderungen Sonderbedarf als Mindestanforderung an die Eignung bereits in der Bekanntmachung steht und widerspruchsfreie Vergabeunterlagen daher nur durch eine Korrektur der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen erreicht werden können, führt der Mangel zur Aufhebung des Verfahrens.

2.2 Die Antragstellerin ist zudem durch Verstöße gegen den Geheimwettbewerb in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt.

Dies betrifft insbesondere den Hinweis des Antragsgegners auf die Sammelbeschaffung von Fahrzeugen der Durchführenden im Rettungsdienst in Bayern (Ziffer 8 d der Vergabeunterlagen „Kostenangaben im Angebot“), die federführend von der Landesgeschäftsstelle des B… in München organisiert wird. Die Teilnahme an der Sammelbeschaffung ist nach den Vorgaben der Vergabeunterlagen durch die Bieter in eigener Zuständigkeit zu klären.

Die Antragstellerin hat hierzu unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie sich im Zuge dieser Sammelbeschaffung, an der sie sich über die Landesvereinigung Privater Rettungsdienste in Bayern beteiligen kann und - nach ihren Angaben - aus wirtschaftlichen Gründen faktisch beteiligen muss, bereits im laufenden Vergabeverfahren vor Zuschlagserteilung an die Landesgeschäftsstelle des B… wenden muss, um den etwaigen Bedarf anzumelden. Die Antragstellerin befürchtet nachvollziehbar, dass dadurch einen Mitbewerber mit großem Marktanteil, nämlich das B… nicht nur in Bezug auf die konkrete Vergabe, sondern in Bezug auf eine Vielzahl von Vergaben flächendeckende Informationen im laufenden Vergabeverfahren u. a. darüber erhält, welche Bieter sich an welchem Vergabeverfahren beteiligen. Sie weist zu Recht darauf hin, dass der Antragsgegner nicht sicherstellen kann, dass diese Informationen von der Landesgeschäftsstelle nicht an Untergliederungen des B… weitergegeben werden, die sich im Wettbewerb zur Antragstellerin an konkreten Vergabeverfahren beteiligen.

Wesentliches und unverzichtbares Kennzeichen einer Auftragsvergabe im Wettbewerb ist die Gewährleistung eines Geheimwettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern. Nur dann, wenn jeder Bieter die ausgeschriebene Leistung in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und Angebotskalkulation seiner Mitbewerber um den Zuschlag anbietet, ist ein echter Bieterwettbewerb möglich (OLG München, Beschluss vom 11.08.2008 - Verg 16/08; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.9.2003, Verg 52/03). Maßgeblich ist, dass durch den Verstoß gegen die Grundsätze des Geheimwettbewerbs ein echter Bieterwettbewerb verhindert wird. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass der Bieter das Angebot des Mitbieters kennt. Bereits die in der KonzVgV nicht vorgesehene Kenntnis eines Bieters von der Person seiner Mitbieter kann zu einer Verletzung des Grundsatzes des Geheimwettbewerbs führen. Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 KonzVgV sind die Namen von Bewerbern, die Vergabeunterlagen erhalten oder eingesehen haben, geheim zu halten. Diese Regelung dient dem Schutz des Wettbewerbs und soll verhindern, dass die konkurrierenden Unternehmen Preisabsprachen treffen. Aus diesem Grund hat die Rechtsprechung beispielsweise gemeinsame Ortstermine in Anwesenheit aller Bieter als Verstoß gegen den Geheimwettbewerb angesehen (BVerwG, Beschluss vom 29.01.2014 - 8 B 26.13; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.02.2013, 6 B 34.12).

Die vorliegende Problematik geht aber weit über die eines gemeinsamen Ortstermins hinaus. Durch die Durchführung der Sammelbeschaffung erhält die Landesgeschäftsstelle des B… einen umfassenden langjährigen Überblick, welche Bieter sich an welchen Ausschreibungen für Rettungsdienststandort beteiligen. Bestehen beim B… keine ausreichenden Vorkehrungen, um eine Weitergabe dieses Wissens an die Untergliederungen des B…, die Angebote unterbreiten, zu verhindern, entstünde hierdurch ein erheblicher Wettbewerbsvorteil, weil sich die entsprechenden Untergliederungen des B… von vorneherein auf die zu erwartenden Wettbewerber einstellen könnten. Die Vergabekammer hat keinen Anlass, dem B… solche wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu unterstellen, es wäre allerdings Aufgabe des Antragsgegners gewesen, sich zu vergewissern, dass diese tatsächlich nicht zu befürchten sind. Dieser Problematik kann sich der Antragsgegner nicht mit dem Hinweis auf die Freiwilligkeit der Sammelbeschaffung entziehen, da er davon ausgehen muss, dass sich die Bieter aus wirtschaftlichen Gründen an der Sammelbeschaffung beteiligen werden. Der Antragsgegner darf seine Bieter nur dann auf diese Möglichkeit verweisen, wenn er sich vergewissert hat, dass beim B… Informationsflüsse von der Landesgeschäftsstelle zu den Untergliederungen, die Angebote unterbreiten, ausgeschlossen sind. Derartige Prüfungen hat der Antragsgegner nicht dokumentiert und wohl auch nicht durchgeführt. Solange er dies nicht tut – möglicherweise ist er dazu auch nicht in der Lage – ist er zur Sicherstellung des Geheimwettbewerbs gehalten, wie im Schriftsatz vom 02.07.2018 skizziert, der Landesgeschäftsstelle vorab den voraussichtlichen Bedarf an Rettungsfahrzeugen zu melden und die Bieter auf diese Vorabmeldung hinzuweisen.

Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie über die L… in Bayern Beteiligte an der Vereinbarung über die Sammelbeschaffung durch die Landesgeschäftsstelle des B… ist. Die Verpflichtung zur Vertraulichkeit nach § 4 Abs. 1 und 2 KonzVgV trifft den Konzessionsgeber und ist von ihm zwingend und in allen Stadien des Verfahrens zu beachten. Der Grundsatz des Geheimwettbewerbs kann daher auch nicht mit Zustimmung der Bewerber oder Bieter eingeschränkt werden, da er nicht zu ihrer Disposition steht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.02.2013, 6 B 34.12).

Ähnliches gilt in Bezug auf die Panne vom 30.05.2018, als der Antragsgegner die Bewerber im streitgegenständlichen Verfahren über die Verlängerung der Angebotsfrist bis zum 20.07.2018 informieren wollte und sämtliche an alle Bewerber adressierte Schreiben an den Bewerber A… Group GmbH & Co. KG schickte. Der Vergabekammer ist bewusst, dass solche Missgeschicke im Zuge eines Vergabeverfahrens geschehen können und die bekanntgewordenen Informationen nicht mehr rückholbar sind.

Dennoch ist die Antragstellerin insbesondere durch die fehlende – jedenfalls nicht dokumentierte - Aufklärung des Sachverhalts durch den Antragsgegner im Nachgang zur verunglückten Versendung in ihren Rechten verletzt. Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht begründet einen schweren Vergabemangel (BVerwG, Beschluss vom 29.01.2014 - 8 B 26.13). Der öffentliche Auftraggeber oder hier Konzessionsgeber hat als Folge einer derartigen Panne zu entscheiden, ob das Vergabeverfahren fortgesetzt werden kann oder aufgehoben werden muss. Eine solche Entscheidung kann er nur auf einer vollständigen Tatsachengrundlage treffen. Wie sich aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 11.06.2018 ergibt, ging dieser – ohne, dass für die Vergabekammer erkennbar ist, dass er dies geprüft hat – davon aus, dass durch die fehlerhafte Übermittlung allenfalls die Beteiligung der Antragstellerin am Verfahren der A… Group GmbH & Co. KG offenbart wurde, die ohnehin ein „befreundetes“ Unternehmen sei. Abgesehen davon, dass zumindest dem Bewerber A… Group GmbH & Co. KG sämtliche Mitbewerber offenbart wurden, hätte sich der Antragsgegner jedenfalls darüber informieren müssen, wem die A… Group GmbH & Co. KG welche Teile des Bewerberfelds zugänglich gemacht hat. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass sämtliche Bewerber vom kompletten Bewerberfeld Kenntnis haben, was ihnen vor Angebotsabgabe ermöglichen würde, ihre Angebote konkret anhand der Beteiligung bestimmter Mitbewerber auszurichten oder Marktabsprachen zu treffen. Eine solche Verpflichtung kann der Antragsgegner auch nicht deshalb von sich weisen, weil bei Verfahren zur Vergabe von Rettungsdienststandorten ohnehin „immer dieselben Verdächtigen“ teilnehmen würden. Ganz im Gegenteil kommt gerade in solchen engen Märkten mit großer Markttransparenz insbesondere bei einigen dominierenden Anbietern dem Geheimwettbewerb besonderes Gewicht zu.

Es kann vorliegend letztlich offen bleiben, ob aufgrund der Verstöße gegen den Geheimwettbewerb eine Wiederholung des Vergabeverfahrens erforderlich wäre, da die Vergabe bereits aufgrund der unzulässigen Eignungskriterien (s.o.) aufzuheben ist.

2.3 Die Antragstellerin ist weiterhin durch die teilweise nicht erfolgte Beantwortung ihrer Bieterfragen vom 23.03.2018 in ihren Rechten verletzt.

Gem. § 18 KonzVgV erteilt der Konzessionsgeber allen Unternehmen, die sich an dem Vergabeverfahren beteiligen, spätestens sechs Tage vor dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote zusätzliche Auskünfte zu den Vergabeunterlagen, sofern die Unternehmen diese zusätzlichen Auskünfte rechtzeitig angefordert haben. An der Rechtzeitigkeit der Anforderung der Informationen im Schreiben vom 23.03.2018 kann angesichts der vom Konzessionsgeber in Nr. 7 a) der Bewerbungsbedingungen festgelegten Frist für die Einreichung von Bieterfragen bis zum 17.04.2018, kein Zweifel bestehen. Hinsichtlich der zusätzlichen Informationen besteht grundsätzlich eine uneingeschränkte und umfassende Auskunftspflicht. Die Gleichbehandlung bedingt ferner, dass die zusätzlichen Informationen gegenüber allen Unternehmen in gleicher Weise erteilt werden. Der Auftraggeber oder Konzessionsgeber ist von daher verpflichtet, jede Information gleichermaßen allen Unternehmen zur Verfügung zu stellen (Völlink in Ziekow/Völlink, Vergaberecht § 18 KonzVgV Rn. 2). Ausnahmen von der Beantwortungspflicht sind nur dann denkbar, wenn die Frage eindeutig keinen Bezug zum Vergabeverfahren hat oder dem Auftraggeber oder Konzessionsgeber die Informationen weder vorliegen noch von ihm in zumutbarer Weise beschafft werden können. Die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme sind für jede Frage gesondert zu prüfen und zu dokumentieren.

Soweit für die Vergabekammer ersichtlich, sind unter Berücksichtigung der Auflistung des Antragsgegners im nachgelassenen Schriftsatz vom 02.07.2018, welche Beantwortungen der Bieterfragen der Antragstellerin nachweislich zugegangen sind, noch folgende Fragen aus dem Schreiben vom 23.03.2018 unbeantwortet.

– Wie viele Einsätze gab es in den letzten 5 Jahren, bei denen ein Sonderbedarf zum Einsatz gekommen wäre? Können die Ausführungen (u.a. auf S. 38 der Vergabeunterlagen) weiter ergänzt werden?

– Aber welcher Alarmierungsstufe gemäß ABEK (RD MANV 50-100?) kommt dieser zum Einsatz?

– Ist die ABEK bereits umgesetzt?

– Wenn nein, ab welchem Alarmstichwort ist der Sonderbedarf in der ILS hinterlegt?

– Bitte übersenden Sie die aktuellen Grunddaten der risikoabhängigen Fahrzeugbemessung.

– Wie viele Sonderbedarfseinsätze haben in den letzten drei Jahren stattgefunden?

– Wie viel Personal ist in diesem Zusammenhang eingesetzt worden?

– Wie ist die Abgrenzung der Leistung zu den bisher beauftragten Leistungserbringern?

– Wie viele Kilometer sind Fahrzeuge gefahren?

Da diese Fragen – anders als der Antragsgegner im Schreiben vom 29.03.2018 behauptet – sämtlich Relevanz für das vorliegende Vergabeverfahren haben, hätte der Antragsgegner für jede Frage darlegen müssen, warum ihm eine Beantwortung unmöglich oder unzumutbar ist. Dies ist nicht geschehen, so dass der Antragsteller aufgrund der nicht geleisteten Informationen in seinen bieterschützenden Rechten aus § 18 KonzVgV verletzt ist.

Befremdlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die von der Antragstellerin und vom B… fast wortgleich gestellte Frage

– Können wir zutreffend davon ausgehen, dass der Sonderbedarf erst aber einer Patientenzahl von 50 aufwärts alarmiert wird? nur dem B… gegenüber beantwortet wurde, während die Beantwortung im Schreiben vom 29.03.2018 an den Antragsteller verweigert wurde. Die Antragstellerin ist durch diesen Sachverhalt zwar nicht mehr in ihren Rechten verletzt, da sie die Beantwortung in der Bieterinformation vom 11.04.2018 doch noch bekam. Dies ändert aber nichts daran, dass der Antragsgegner dieselbe Frage gegenüber einer Hilfsorganisation beantwortete, gegenüber der Antragstellerin aber (zunächst) nicht.

2.4 Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob die Antragstellerin durch den unstrittigen Verstoß des Antragsgegners gegen die Verpflichtung zur unentgeltlichen, uneingeschränkten, vollständigen und direkten Abrufbarkeit der Vergabeunterlagen gem. § 17 Abs. 1 KonzVgV noch in ihren Rechten verletzt ist, da sie die Unterlagen auf Anfrage zeitnah erhalten hat und das Vergabeverfahren ohnehin zu überarbeiten ist.

2.5 Es bedarf weiterhin keiner Entscheidung der Vergabekammer mehr darüber, ob die konkrete Vorgabe des Sonderbedarfs vergaberechtskonform bemessen war und ob der Antragsgegner den Sonderbedarf fordern durfte, ohne eine Möglichkeit für die Bieter vorzusehen, die Vorhaltekosten für die Erfüllung des Sonderbedarfs zu bepreisen.

Sieht man die Vorgaben zum Sonderbedarf allerdings wie oben dargestellt und im Einklang mit Art. 13 Abs. 2 Satz 4 BayRDG als Teil der zu erbringenden Leistung oder als Ausführungsbedingung gem. § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB an, dann ist zu berücksichtigen, dass dem Konzessionsgeber insoweit das Leistungsbestimmungsrecht zusteht, während die Festlegung von Eignungskriterien gem. § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB unter dem strikten Vorbehalt eines angemessenen Verhältnisses zum Auftragsgegenstand stünde. Da die Leistungsbestimmung in Hinblick auf den Sonderbedarf trotz der abweichenden Ergebnisse des Gutachtens des Instituts für Notfallmedizin (INM) bei der LMU München aufgrund des vom Konzessionsgebers angenommenen Nachholbedarfs bei Rettungsmitteln des Sonderbedarfs nicht willkürlich erscheint, sondern von sachlichen Erwägungen getragen ist, ist die konkrete Festlegung des Sonderbedarfs im streitgegenständlichen Vergabeverfahren möglicherweise nicht zu beanstanden.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Sonderbedarf im vorliegenden Fall ein ähnliches, wenn nicht größeres Leistungsvolumen hat, als der ausgeschriebene Regelrettungsdienst und nur einsatzbezogen, nicht aber vorhaltebezogen vergütet wird, worauf der Antragsgegner keinen Einfluss hat. Das hieraus resultierende – an sich konzessionstypische – Risiko für die Bieter, die nicht sicher sein können, dass die einsatzbezogene Vergütung für die Sonderbedarfseinsätze ihre (erheblichen) Vorhaltekosten für die Rettungsmittel des Sonderbedarfs nicht deckt, darf unter Geltung des europäischen Vergaberechts nicht derart groß werden, dass es für private Rettungsdienstbetreiber zu einer faktischen Marktzutrittsbeschränkung wird. Die Entscheidung des VerfGH Bayern vom 24.05.2012, Vf. 1-VII-10, die dies noch als tendenziell hinzunehmend ansah, ist insoweit durch die Rechtsänderungen und die Anwendbarkeit von GWB und KonzVgV partiell überholt. Es bedarf jedenfalls einer eingehenden und dokumentierten Begründung der Leistungsbestimmung, wenn im Zuge der Vergabe eines Rettungsdienststandortes der zugehörige Sonderbedarf derart umfangreich festgelegt wird, dass das entsprechende Risiko nur noch von den großen Hilfsorganisationen getragen werden kann. Dies gilt insbesondere deshalb, weil ein Bieter aufgrund der Vergütungsregelungen für den Regelrettungsdienst, vom ihm angenommene Vorhaltekosten für die Rettungsmittel des Sonderbedarfs, die nach seiner Kalkulation nicht von der einsatzbezogenen Vergütung für die Sonderbedarfseinsätze abgedeckt werden, nicht ohne weiteres „quersubventionieren“ kann. Der Antragsgegner muss im Ansatz davon ausgehen, dass es sich bei der Bereitstellung des Sonderbedarfs um eine Leistung handelt, die dem Durchführenden zu vergüten ist. Keinesfalls darf die Festlegung des Sonderbedarfs gezielt dazu eingesetzt werden, privaten Rettungsdienstbetreibern die Bewerbung um einen Rettungsdienststandort faktisch unmöglich zu machen.

2.6 Keine Rechtsverletzung der Antragstellerin besteht durch die Ausgestaltung der Zuschlagskriterien, die alternative Rechtsbehelfsbelehrung:und die unterbliebene weitere Losaufteilung.

In Bezug auf die Ausgestaltung der Zuschlagskriterien hat der Antragsgegner zutreffend auf die Vorgaben in Abschnitt 12 d) bb) der Bewerbungsbedingungen (S. 30 bis 33 der Vergabeunterlagen) hingewiesen. Dort hat er den Bewertungsmaßstab umfangreich und detailliert dargelegt. Dies dürfte unter Berücksichtigung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 - X ZB 3/17) ausreichend sein.

Auch durch die alternative Angabe der möglichen Rechtswege ist die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Der Antragsgegner hat durch seine Angaben pflichtgemäß auf die insoweit zumindest obergerichtlich noch ungeklärte Rechtslage hingewiesen, aber durch die Angaben in Ziffer VI.4.1 der Vorinformation hinreichend deutlich gemacht, dass seiner Ansicht nach der Rechtsweg zur Vergabekammer besteht. Zudem hat er auf die Entscheidung der VK Südbayern vom 14.02.2017, Z3-3-3194-1-54-12/16 hingewiesen. Weiter hat der Antragsgegner in Abschnitt A. 2. (S. 5) der Vergabeunterlagen klargestellt, dass er neben den Bestimmungen des Konzessionsvergaberechts in GWB und KonzVgV nachrangig auch die Bestimmungen des BayRDG anwenden will. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin, die Nachprüfungsantrag erhoben hat und sich nicht an das VG Regensburg gewandt hat, kommt durch die alternativen Angaben zum Rechtsweg jedenfalls solange nicht in Betracht, als nicht das OLG München im Rahmen einer möglichen sofortigen Beschwerde das Vergabeverfahren an die Verwaltungsgerichtsbarkeit verweist und dort etwaige Fristen zur Stellung des Rechtsbehelfs abgelaufen wären.

Ebenfalls nicht in ihren Rechten verletzt wird die Antragstellerin durch die unterbliebene weitere Losaufteilung und die fehlende Vorgabe eines Fachloses für den Sonderbedarf. Angesichts des Wortlauts des § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB, der nur von öffentlichen Aufträgen, nicht aber von Konzessionen spricht, gilt die Verpflichtung zur Losaufteilung bei Vergaben von Konzessionen nicht (so auch Ziekow, in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 97 GWB Rn. 78). Zwar ist es auch ohne eine explizite Regelung in der Richtlinie 2014/23/EU ohne weiteres zulässig, auch Konzessionen - wie vorliegend auch erfolgt - in Lose aufzuteilen (vgl. Art. 8 Abs. 5 und 6 und Anhang V Nr. 4, 5 und 6 der Richtlinie 2014/23/EU), eine mit § 97 Abs. 4 GWB vergleichbare Verpflichtung hierzu besteht aber nicht. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass bereits im Auftragsbereich § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB eine nach Art. 46 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU zulässige Ausnahmeregelung von den Unionsregelungen ist, die in Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU nur eine Pflicht der öffentlichen Auftraggeber vorsehen, das Unterlassen einer Losaufteilung zu begründen. Hätte der nationale Gesetzgeber eine mit § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB vergleichbare Verpflichtung zur Losaufteilung auch für den Konzessionsbereich schaffen wollen, hätte er dies eindeutig regeln müssen, wobei zu beachten ist, dass die Richtlinie 2014/23/EU keine mit Art. 46 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU vergleichbare Öffnungsklausel für die Mitgliedsstaaten enthält. Es ist aus diesem Grund bei der Formulierung des § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB auch nicht ohne Weiteres von einem Redaktionsversehen des deutschen Gesetzgebers auszugehen.

3. Kosten des Verfahrens

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S.1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend der Antragsgegner.

Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Sie wird vorliegend auf …,00 Euro festgesetzt.

Der Antragsgegner ist als Gemeindeverband von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S.2 GWB i. V. m. §°8 Abs. 1 Nr.3 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.

Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.

Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.

Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i.S.v. § 182 Abs. 4 S.4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte ist die Antragstellerin hier aufgrund der komplexen Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen. Hierüber hinaus war die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters notwendig, um die erforderliche „Waffengleichheit“ gegenüber dem anwaltlich vertretenen Antragsgegner herzustellen.

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Referenzen - Gesetze

Vergabekammer Südbayern Beschluss, 24. Juli 2018 - Z3-3-3194-1-11-04/18 zitiert 26 §§.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 97 Grundsätze der Vergabe


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 107 Allgemeine Ausnahmen


(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen 1. zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,2. für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem u

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 128 Auftragsausführung


(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelunge

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 71 Beitragssatzstabilität, besondere Aufsichtsmittel


(1) Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Ve

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 160 Einleitung, Antrag


(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. (2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 dur

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 182 Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer


(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 121 Leistungsbeschreibung


(1) In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 156 Vergabekammern


(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechn

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 122 Eignung


(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach den §§ 123 oder 124 ausgeschlossen worden sind. (2) Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 168 Entscheidung der Vergabekammer


(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge ni

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 155 Grundsatz


Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 165 Akteneinsicht


(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. (2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen,

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 105 Konzessionen


(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen 1. mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 8 Dokumentation und Vergabevermerk


(1) Der öffentliche Auftraggeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich is

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 119 Verfahrensarten


(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft. (2) Öffentlichen Auftraggebern stehen das offene Verfa

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 48 Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen


(1) In der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung ist neben den Eignungskriterien ferner anzugeben, mit welchen Unterlagen (Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstige Nachweise) Bewerber oder Bieter ihre

Verordnung über die Vergabe von Konzessionen


Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 19 Konzessionsbekanntmachung; Ex-ante-Transparenz


(1) Der Konzessionsgeber teilt seine Absicht, eine Konzession zu vergeben, in einer Konzessionsbekanntmachung mit. (2) Die Konzessionsbekanntmachung wird nach den Vorgaben der Spalte 19 der Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 17 Bereitstellung der Vergabeunterlagen


(1) Der Konzessionsgeber gibt in der Konzessionsbekanntmachung oder – sofern die Konzessionsbekanntmachung keine Aufforderung zur Angebotsabgabe enthält – in der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunte

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 6 Dokumentation und Vergabevermerk


(1) Der Konzessionsgeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Dazu

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 4 Wahrung der Vertraulichkeit


(1) Sofern in dieser Verordnung oder anderen Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, darf der Konzessionsgeber keine von den Unternehmen übermittelten und von diesen als vertraulich gekennzeichneten Informationen weitergeben. Dazu gehören ins

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 12 Allgemeine Grundsätze


(1) Der Konzessionsgeber darf das Verfahren zur Vergabe von Konzessionen nach Maßgabe dieser Verordnung frei ausgestalten. Der Konzessionsgeber kann das Verfahren an den Vorschriften der Vergabeverordnung zum Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Tei

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 14 Umgehungsverbot


Das Verfahren zur Vergabe einer Konzession darf nicht in einer Weise ausgestaltet werden, dass es vom Anwendungsbereich des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen wird oder bestimmte Unternehmen oder bestimmte Bauleistungen,

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 18 Zusätzliche Auskünfte zu den Vergabeunterlagen


Der Konzessionsgeber erteilt allen Unternehmen, die sich an dem Vergabeverfahren beteiligen, spätestens sechs Tage vor dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote zusätzliche Auskünfte zu den Vergabeunterlagen, sofern die Unternehmen diese zusätzl

Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV | § 13 Verfahrensgarantien


(1) Konzessionen werden auf der Grundlage der von dem Konzessionsgeber gemäß § 31 festgelegten Zuschlagskriterien vergeben, sofern alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:1.Der Bieter erfüllt die von dem Konzessionsgeber festgelegten Eignungskriterie

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Vergabekammer Südbayern Beschluss, 24. Juli 2018 - Z3-3-3194-1-11-04/18 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2017 - X ZB 3/17

bei uns veröffentlicht am 04.04.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 3/17 Verkündet am: 4. April 2017 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Konzessionen werden auf der Grundlage der von dem Konzessionsgeber gemäß § 31 festgelegten Zuschlagskriterien vergeben, sofern alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

1.
Der Bieter erfüllt die von dem Konzessionsgeber festgelegten Eignungskriterien und weiteren Teilnahmebedingungen sowie die gegebenenfalls festgelegten Mindestanforderungen, die insbesondere technische, physische, funktionelle und rechtliche Bedingungen und Merkmale umfassen, die jedes Angebot erfüllen sollte, und
2.
der Bieter ist vorbehaltlich des § 154 Nummer 2 in Verbindung mit § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht gemäß § 154 Nummer 2 in Verbindung mit den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen.

(2) Der Konzessionsgeber erteilt folgende Angaben:

1.
in der Konzessionsbekanntmachung gemäß § 19 eine Beschreibung der Konzession sowie der Teilnahmebedingungen und
2.
in der Konzessionsbekanntmachung gemäß § 19, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in anderen Vergabeunterlagen die Zuschlagskriterien sowie die gegebenenfalls festgelegten Mindestanforderungen.

(3) Der Konzessionsgeber übermittelt den Teilnehmern an einem Vergabeverfahren einen Organisations- und Zeitplan des Vergabeverfahrens einschließlich eines unverbindlichen Schlusstermins. Der Konzessionsgeber teilt sämtliche Änderungen allen Teilnehmern mit. Sofern diese Änderungen Inhalte der Konzessionsbekanntmachung betreffen, sind sie bekanntzumachen.

(4) Die Zahl der Bewerber oder Angebote kann auf eine angemessene Zahl begrenzt werden, sofern dies anhand objektiver Kriterien und in transparenter Weise geschieht. Die Zahl der zur Teilnahme oder Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerber oder Bieter muss ausreichend hoch sein, dass der Wettbewerb gewährleistet ist.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Der Konzessionsgeber darf das Verfahren zur Vergabe von Konzessionen nach Maßgabe dieser Verordnung frei ausgestalten. Der Konzessionsgeber kann das Verfahren an den Vorschriften der Vergabeverordnung zum Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb ausrichten.

(2) Das Verfahren kann ein- oder mehrstufig durchgeführt werden. Der Konzessionsgeber darf mit Bewerbern und Bietern Verhandlungen führen. Während der Verhandlungen dürfen der Konzessionsgegenstand, die Mindestanforderungen an das Angebot und die Zuschlagskriterien nicht geändert werden.

(3) Der Konzessionsgeber darf Bewerber oder Bieter bei der Weitergabe von Informationen nicht diskriminieren.

Das Verfahren zur Vergabe einer Konzession darf nicht in einer Weise ausgestaltet werden, dass es vom Anwendungsbereich des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen wird oder bestimmte Unternehmen oder bestimmte Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen auf unzulässige Weise bevorzugt oder benachteiligt werden.

(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen.

(2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist.

(3) Jeder Beteiligte hat mit Übersendung seiner Akten oder Stellungnahmen auf die in Absatz 2 genannten Geheimnisse hinzuweisen und diese in den Unterlagen entsprechend kenntlich zu machen. Erfolgt dies nicht, kann die Vergabekammer von seiner Zustimmung auf Einsicht ausgehen.

(4) Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Die Leistungsbeschreibung enthält die Funktions- oder Leistungsanforderungen oder eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, deren Kenntnis für die Erstellung des Angebots erforderlich ist, sowie die Umstände und Bedingungen der Leistungserbringung.

(2) Bei der Beschaffung von Leistungen, die zur Nutzung durch natürliche Personen vorgesehen sind, sind bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung außer in ordnungsgemäß begründeten Fällen die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen oder die Konzeption für alle Nutzer zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungsbeschreibung ist den Vergabeunterlagen beizufügen.

(1) Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). Ausgabensteigerungen auf Grund von gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen oder für zusätzliche Leistungen, die im Rahmen zugelassener strukturierter Behandlungsprogramme (§ 137g) auf Grund der Anforderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f oder der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 erbracht werden, verletzen nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität.

(2) Um den Vorgaben nach Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu entsprechen, darf die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet nach Absatz 3 ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten. Abweichend von Satz 1 ist eine Überschreitung zulässig, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit stellt bis zum 15. September eines jeden Jahres für die Vereinbarungen der Vergütungen des jeweils folgenden Kalenderjahres die nach den Absätzen 1 und 2 anzuwendende durchschnittliche Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen je Mitglied für den gesamten Zeitraum der zweiten Hälfte des Vorjahres und der ersten Hälfte des laufenden Jahres gegenüber dem entsprechenden Zeitraum der jeweiligen Vorjahre fest. Grundlage sind die monatlichen Erhebungen der Krankenkassen und die vierteljährlichen Rechnungsergebnisse des Gesundheitsfonds, die die beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen ausweisen. Die Feststellung wird durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Veränderungsrate nach Satz 1 werden für die Jahre 2017 und 2018 die Mitglieder nicht berücksichtigt, die nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung vorrangig familienversichert gewesen wären.

(3a) (weggefallen)

(4) Die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83 und 85 sind den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Vereinbarungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Die Vereinbarungen nach Absatz 4 Satz 1 und die Verträge nach den §§ 73b und 140a sind unabhängig von Absatz 4 auch den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder, in denen sie wirksam werden, zu übermitteln, soweit diese nicht die Aufsicht über die vertragsschließende Krankenkasse führen.

(6) Wird durch einen der in den §§ 73b, 127 und 140a genannten Verträge das Recht erheblich verletzt, kann die Aufsichtsbehörde abweichend von § 89 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Vierten Buches alle Anordnungen treffen, die für eine sofortige Behebung der Rechtsverletzung geeignet und erforderlich sind. Sie kann gegenüber der Krankenkasse oder der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen insbesondere anordnen, den Vertrag dafür zu ändern oder aufzuheben. Die Krankenkasse oder Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen kann bei einer solchen Anordnung den Vertrag auch außerordentlich kündigen. Besteht die Gefahr eines schweren, nicht wieder gutzumachenden Schadens insbesondere für die Belange der Versicherten, kann die Aufsichtsbehörde einstweilige Maßnahmen anordnen. Ein Zwangsgeld kann bis zu einer Höhe von 10 Millionen Euro zugunsten des Gesundheitsfonds nach § 271 festgesetzt werden. Die Aufsichtsbehörde kann eine erhebliche Rechtsverletzung auch feststellen, nachdem diese beendet ist, sofern ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht. Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Sätzen 1 bis 4 haben keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 1 bis 7 gelten auch für Verträge nach § 140a Absatz 1 Satz 3. Die Sätze 1 und 4 bis 7 gelten entsprechend bei Verstößen gegen die Pflicht nach § 127 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2, Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern dürfen keine Vorschläge in elektronischer oder maschinell verwertbarer Form für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen für den Vertragspartner beinhalten. Die Krankenkassen haben auf Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde bezüglich der Einhaltung Nachweise zu erbringen.

(1) Der Konzessionsgeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Dazu gehört zum Beispiel die Dokumentation der Kommunikation mit Unternehmen und internen Beratungen, der Vorbereitung der Konzessionsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen, der Öffnung der Teilnahmeanträge und Angebote, der Verhandlungen mit den Bewerbern und Bietern sowie der Gründe für Auswahlentscheidungen und den Zuschlag.

(2) Der Konzessionsgeber fertigt über jedes Vergabeverfahren einen Vermerk in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Dieser Vergabevermerk umfasst mindestens Folgendes:

1.
den Namen und die Anschrift des Konzessionsgebers sowie Gegenstand und Vertragswert der Konzession,
2.
die Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl,
3.
die nicht berücksichtigten Teilnahmeanträge und Angebote sowie die Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung,
4.
den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebots sowie, falls bekannt, den Anteil an der Konzession, den der erfolgreiche Bieter an Dritte weiterzugeben beabsichtigt, und die Namen der Unterauftragnehmer,
5.
die Gründe, aus denen der Konzessionsgeber auf die Vergabe einer Konzession verzichtet hat,
6.
die Gründe, aus denen andere als elektronische Mittel für die Einreichung der Angebote verwendet wurden, und
7.
Angaben zu aufgedeckten Interessenkonflikten und getroffenen Abhilfemaßnahmen.

(3) Die Dokumentation, der Vergabevermerk, die Teilnahmeanträge und die Angebote einschließlich ihrer Anlagen sind bis zum Ende der Vertragslaufzeit vertraulich zu behandeln und aufzubewahren, mindestens jedoch für drei Jahre ab dem Tag des Zuschlags.

(4) § 4 bleibt unberührt.

(1) Der öffentliche Auftraggeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Dazu gehört zum Beispiel die Dokumentation der Kommunikation mit Unternehmen und interner Beratungen, der Vorbereitung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen, der Öffnung der Angebote, Teilnahmeanträge und Interessensbestätigungen, der Verhandlungen und der Dialoge mit den teilnehmenden Unternehmen sowie der Gründe für Auswahlentscheidungen und den Zuschlag.

(2) Der öffentliche Auftraggeber fertigt über jedes Vergabeverfahren einen Vermerk in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Dieser Vergabevermerk umfasst mindestens Folgendes:

1.
den Namen und die Anschrift des öffentlichen Auftraggebers sowie Gegenstand und Wert des Auftrags, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems,
2.
die Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl,
3.
die nicht berücksichtigten Angebote und Teilnahmeanträge sowie die Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung,
4.
die Gründe für die Ablehnung von Angeboten, die für ungewöhnlich niedrig befunden wurden,
5.
den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebots sowie, falls bekannt, den Anteil am Auftrag oder an der Rahmenvereinbarung, den der Zuschlagsempfänger an Dritte weiterzugeben beabsichtigt, und gegebenenfalls, soweit zu jenem Zeitpunkt bekannt, die Namen der Unterauftragnehmer des Hauptauftragnehmers,
6.
bei Verhandlungsverfahren und wettbewerblichen Dialogen die in § 14 Absatz 3 genannten Umstände, die die Anwendung dieser Verfahren rechtfertigen,
7.
bei Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb die in § 14 Absatz 4 genannten Umstände, die die Anwendung dieses Verfahrens rechtfertigen,
8.
gegebenenfalls die Gründe, aus denen der öffentliche Auftraggeber auf die Vergabe eines Auftrags, den Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems verzichtet hat,
9.
gegebenenfalls die Gründe, aus denen andere als elektronische Mittel für die Einreichung der Angebote verwendet wurden,
10.
gegebenenfalls Angaben zu aufgedeckten Interessenkonflikten und getroffenen Abhilfemaßnahmen,
11.
gegebenenfalls die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, und
12.
gegebenenfalls die Gründe für die Nichtangabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien.

(3) Der Vergabevermerk ist nicht erforderlich für Aufträge auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen, sofern diese gemäß § 21 Absatz 3 oder gemäß § 21 Absatz 4 Nummer 1 geschlossen wurden. Soweit die Vergabebekanntmachung die geforderten Informationen enthält, kann sich der öffentliche Auftraggeber auf diese beziehen.

(4) Die Dokumentation, der Vergabevermerk sowie die Angebote, die Teilnahmeanträge, die Interessensbekundungen, die Interessensbestätigungen und ihre Anlagen sind bis zum Ende der Laufzeit des Vertrags oder der Rahmenvereinbarung aufzubewahren, mindestens jedoch für drei Jahre ab dem Tag des Zuschlags. Gleiches gilt für Kopien aller abgeschlossenen Verträge, die mindestens den folgenden Auftragswert haben:

1.
1 Million Euro im Falle von Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen,
2.
10 Millionen Euro im Falle von Bauaufträgen.

(5) Der Vergabevermerk oder dessen Hauptelemente sowie die abgeschlossenen Verträge sind der Europäischen Kommission sowie den zuständigen Aufsichts-oder Prüfbehörden auf deren Anforderung hin zu übermitteln.

(6) § 5 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.

(2) Öffentlichen Auftraggebern stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach ihrer Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.

(3) Das offene Verfahren ist ein Verfahren, in dem der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auffordert.

(4) Das nicht offene Verfahren ist ein Verfahren, bei dem der öffentliche Auftraggeber nach vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme eine beschränkte Anzahl von Unternehmen nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien auswählt (Teilnahmewettbewerb), die er zur Abgabe von Angeboten auffordert.

(5) Das Verhandlungsverfahren ist ein Verfahren, bei dem sich der öffentliche Auftraggeber mit oder ohne Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über die Angebote zu verhandeln.

(6) Der wettbewerbliche Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge mit dem Ziel der Ermittlung und Festlegung der Mittel, mit denen die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers am besten erfüllt werden können. Nach einem Teilnahmewettbewerb eröffnet der öffentliche Auftraggeber mit den ausgewählten Unternehmen einen Dialog zur Erörterung aller Aspekte der Auftragsvergabe.

(7) Die Innovationspartnerschaft ist ein Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen. Nach einem Teilnahmewettbewerb verhandelt der öffentliche Auftraggeber in mehreren Phasen mit den ausgewählten Unternehmen über die Erst- und Folgeangebote.

(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach den §§ 123 oder 124 ausgeschlossen worden sind.

(2) Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Kriterien (Eignungskriterien) erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen ausschließlich Folgendes betreffen:

1.
Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung,
2.
wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit,
3.
technische und berufliche Leistungsfähigkeit.

(3) Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden.

(4) Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Sie sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/17 Verkündet am:
4. April 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Postdienstleistungen
a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht
entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien
Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere
konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret
abhängen soll.
b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen
linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist
ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala
in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten
ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet
werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer
Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.
c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter
ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen
untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als
solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten
, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung
des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der
ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der
Vergabekammer anschließen.
b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde
nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen
werden.
BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - X ZB 3/17 - OLG Dresden
Vergabekammer Sachsen
ECLI:DE:BGH:2017:040417BXZB3.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Februar 2017 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird dieser Beschluss aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist; der Nachprüfungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens beider Instanzen zu tragen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen zu ersetzen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin auch vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt. Der Beschwerdewert wird auf 360.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf den von
1
der Antragsgegnerin im offenen Verfahren ausgeschriebenen Abschluss von Rahmenverträgen über Postdienstleistungen in zwei Losen (Brief- und Paketpost ) für die Dauer von sechs Jahren. Der Auftragnehmer soll das komplette Leistungsspektrum von der Abholung der Sendungen bei der Antragsgegnerin über alle erforderlichen Zwischenschritte bis zur Zustellung an die Empfänger erbringen und dabei in der Organisation der Zwischenschritte und des Erfolgs - etwa durch Eigenleistung oder über Nachunternehmer/Dienstleister - in gewisser Weise frei sein; von der Antragsgegnerin vorgegeben sind der Zustand der Sendungen bei Abholung und die Ablieferung innerhalb einer bestimmten Zeit an die Empfänger in einer bestimmten Sendungsform sowie bestimmte Berichtspflichten (Sendungsverfolgung, Meldungen des Sendeaufkommens etc.).
Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Zuschlags2 kriterien sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbringung angegeben. Für Letztere als zweites Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei Unterkriterien mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar:
1. Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%) 2. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und 3. Zustellzeiten (10%).
3
Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die effektive Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ersten Unterkriterium maximal 15 Punkte und beim zweiten - das in den Vergabeunterlagen nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn. 45) - bis zu 25 Punkte errungen werden, außerdem bis zu 10 Punkte für die Zustellzeiten. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0 Punkte) über mangelhaft (1 Punkt), ausreichend (2 Punkte), befriedigend (3 Punkte) und gut (4 Punkte) bis zu sehr gut (5 Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor 3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert. Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach
4
dem Anteil der am auf den Einlieferungstag folgenden Tag ("E+1") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punktewerte aller Unterkriterien werden anschließend für die Wertung mit den beim Preiskriterium erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert. Der Auftrag wurde am 20. August 2016 im Supplement zum Amtsblatt
5
der EU veröffentlicht; am 30. August 2016 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, der Angebotspreis sei im Verhältnis zur Qualitätsbewertung untergewichtet und die Bewertungsmatrix intransparent.
6
2. Die Vergabekammer hat die Berechnungsformel für die Bestimmung der bezüglich des Preiskriteriums erzielten Anzahl von Punkten für vergaberechtskonform erachtet, eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten (§ 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) aber in der Verwendung des Systems zur Bewertung der Qualität in Bezug auf die ersten beiden Unterkriterien gesehen. Die Vergabekammer hält dieses für intransparent und hat insoweit bemängelt, aus den Vergabeunterlagen gehe nicht hinreichend deutlich hervor, in welcher Hinsicht die Antragsgegnerin Angaben zur Bewältigung der Schwankungen im Sendungsaufkommen bzw. bei den Auftragsspitzen erwarte, und, das Bewertungssystem lasse im Zusammenspiel mit diesem unzulänglich dargestellten Erwartungshorizont nicht erkennen, welcher Zielerfüllungsgrad nötig sei, um für ein Konzept einen bestimmten Punktwert zu erreichen. Entsprechendes gelte für das zweite Kriterium der Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Leistungserbringung; auch insoweit sei nicht ersichtlich, wovon die zu erzielende Punktzahl im vorzulegenden Konzept abhänge.
7
3. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist der Antragsgegnerin am 12. Dezember 2016 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. Januar 2017 zugestellt worden.
8
Mit ihrer am 28. Dezember 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und sich dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin zugleich mit dem Antrag angeschlossen, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben , soweit hinsichtlich der Verwendung der Unterkriterien "Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen" und "Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Auftragserbringung" zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
9
4. Der Vergabesenat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und die Sache im Übrigen dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er erachtet die Anschlussbeschwerde für begründet und möchte den Nachprüfungsantrag auch insoweit zurückweisen. Daran sieht er sich durch die Recht- sprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehindert, das im Zusammenhang mit der Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien eine Bewertung mit Punkten oder Noten ("Schulnoten") auch bei Verwendung von Unterkriterien ohne diesbezügliche ergänzende Erläuterungen nicht für zulässig erachte, weil dies nicht im Voraus erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad ("Zielerreichungsgrad") die Angebote aufweisen müssten, um mit den jeweils festgelegten Punkten bewertet zu werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - Verg 25/15, VergabeR 2016, 487, 489 f.; Beschluss vom 15. Juni 2016 - Verg 49/15, VergabeR 2016, 762, 767 f.).

II.


10
Der Bundesgerichtshof hat aufgrund der zulässigen Divergenzvorlage ungeachtet der nur teilweisen Vorlage der Sache und ungeachtet der von der Antragstellerin erklärten Rücknahme der Beschwerde über die Beschwerde und über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden.
11
1. Die Sache ist dem Bundesgerichtshof mit dem Vorlagebeschluss insgesamt angefallen und nicht nur im Umfang der Anschlussbeschwerde. Im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit ist der Beschluss des Vergabesenats deshalb aufzuheben, soweit er die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin betrifft (Ausspruch zu 1).
12
a) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf einen Teil des Streitstoffs des Beschwerdeverfahrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in dem Maße zulässig, in dem im Zivilprozess ein Teilurteil ergehen oder - was hier nicht einschlägig ist, weil es um Rechtsmittel unterschiedlicher Beteiligter geht - die Revision wirksam beschränkt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538 Rn. 13 - Fahrbahnerneuerung I). Der Vergabesenat hat dies zwar im Ausgangspunkt nicht verkannt. Seine Annahme, ein Teilbeschluss sei zulässig, berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht lediglich die Vorlagefragen abstrakt beantwortet, sondern anstelle des Oberlandesgerichts in der Sache entscheidet, wenn kein Fall von § 179 Abs. 2 Satz 3 GWB vorliegt, und in diesem Rahmen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilbeschlusses nicht vorliegen.
13
b) Ein Teilurteil (§ 301 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - besteht (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2017 - I ZR 91/15, juris Rn. 23 - Flughafen Lübeck). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist bereits dann anzunehmen, wenn Urteilselemente , die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden können, unterschiedlich bewertet werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 23 Rn. 29). Solche Gefahren bestehen im Streitfall bei Erlass eines Teilbeschlusses durch den Vergabesenat; dass der Bundesgerichtshof in derselben Instanz entscheidet und nicht als Rechtsmittelgericht, beruht auf der gesetzlichen Regelung und ist insoweit unerheblich.
14
Die vergaberechtliche Überprüfung der beiden paritätischen Wertungskriterien des Preises und der Qualität der Leistungserbringung kann zur Vermeidung von widersprüchlichen Beurteilungen nicht zwischen dem Bundesgerichtshof einerseits und dem Vergabesenat andererseits aufgeteilt werden. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, die Antragsgegnerin habe eine rechtswidrige Gewichtung zwischen den beiden Bewertungskriterien "Preis" und "Qualität" vorgenommen. Über diesen Angriff kann nur aufgrund einer umfassenden Abwägung dieser beiden Kriterien und ihres Verhältnisses zueinander entschieden werden. Dies schließt eine Teilentscheidung über die Zulässigkeit eines der beiden Kriterien aus. Erachtete der Vergabesenat beispielsweise, wie geschehen, das Preiskriterium als vergaberechtskonform und käme der Bundesgerichtshof in Bezug auf das Qualitätskriterium zum gegenteiligen Ergebnis, würde durch diese beiden Entscheidungen nicht komplementär und einheitlich insgesamt über die Wertungskriterien entschieden. Entsprechend verhielte es sich im umgekehrt gedachten Fall (Vergaberechtswidrigkeit des Preiskriteriums und -konformität der Qualitätsbewertung). Bei Gefahr solcher Widersprüche ist ein Teilbeschluss durch den Vergabesenat unzulässig.
15
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
16
a) Im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist das Institut der Anschlussbeschwerde allerdings nicht positiv geregelt. Ihre Statthaftigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Fachliteratur gleichwohl von Anfang an bejaht worden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10. Januar 2000 - WVerg 1/99, BauR 2000, 1582, 1588; Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 6 Verg 4/01, VergabeR 2002, 256; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2002 - Verg 8-15/01 - juris Rn. 38; BayObLG, Beschluss vom 5. November 2002 - Verg 22/02, NZBau 2003, 342, 346; OLG Naumburg, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 1 Verg 17/03, VergabeR 2004, 387, 390; Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 1. Aufl. Rn. 830; Beck'scher VOBKommentar /Gröning, 2001, § 116 GWB Rn. 17). Diese Auffassung ist zutreffend.
17
b) Die Anschlussbeschwerde ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
18
Der Senat hält mit dem vorlegenden Vergabesenat dafür, dass die Anschlussbeschwerde in Anlehnung an § 524 Abs. 2 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner - üblicherweise - für die Erwiderung auf die Beschwerde gesetzten Frist eingelegt und begründet werden kann (ebenso OLG Naumburg, VergabeR 2004, 387, 390). Zwar könnte die Einlegung der Anschlussbeschwerde zeitlich auch an starre Fristen geknüpft werden, etwa - in Anlehnung an die Frist für die Einlegung und Begründung der sofortigen Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 GWB - an eine solche von zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeschrift (BayObLG, NZBau 2003, 342, 346) oder an eine solche von einem Monat ab Zustellung der Beschwerdebegründungsschrift (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Für eine solche stärkere Beschränkung des Rechts zur Anschlussbeschwerde fehlt es aber angesichts des Schweigens des Gesetzes an einer hinreichenden Rechtfertigung; es erschiene zudem unter prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll, für die Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite eine andere Frist zu postulieren als die dem Beschwerdegegner für die Beschwerdeerwiderung gesetzte.
19
3. Die von der Antragstellerin am Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Rücknahme der Beschwerde ist wirkungslos, da die Antragsgegnerin der Rücknahme nicht zugestimmt hat. Entscheidet der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts, kann die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO ohne Einwilligung des Beschwerdegegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zurückgenommen werden.
20
a) Mit der Vorschrift des § 565 Satz 2 ZPO will der Gesetzgeber sicherstellen , dass der Rechtsmittelführer in einem Rechtsstreit, in dem die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder deshalb zugelassen worden ist, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO), nach Beginn der mündlichen Verhandlung die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage nicht mehr einseitig verhindern kann. Stimmt der Revisionsbeklagte einer Rücknahme des Rechtsmittels nicht zu, räumt das Gesetz ab diesem Zeitpunkt der höchstrichterlichen Entscheidung der Grundsatzfrage oder der Auflösung einer Divergenz Vorrang vor der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelklägers ein. Eine entsprechende Vorschrift für das Revisionsverfahren enthält etwa auch die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
21
b) Dem Sinn und Zweck dieser Regelung entspricht eine entsprechende Anwendung, wenn der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts im Vergabenachprüfungsverfahren entscheidet. Soweit das Gesetz dieses Verfahren nicht näher regelt, ist grundsätzlich auf die sachnächsten Vorschriften der Zivilprozessordnung zurückzugreifen, wie es, wie ausgeführt, beispielsweise bei der auf die Anschlussbeschwerde anzuwendenden Frist geboten ist. Der Bundesgerichtshof entscheidet nach § 179 Abs. 2 GWB, wenn das an sich zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das Gesetz sieht mithin aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Gründen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor. Dass diese nicht in einem Revisionsoder Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz das Vergabenachprüfungsverfahren besonders beschleunigen will. Gerade unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des Vergabenachprüfungsverfahrens entspricht es aber dem Sinn und Zweck der Befassung des Bundesgerichtshofs mit der Sache, dass der Rechtsmittelführer die Entscheidung der Divergenzfrage nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof ohne Zustimmung des Rechtsmittelgegners nicht mehr verhindern kann.
22
4. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen vor.
23
a) Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16, NZBau 2017, 23 Rn. 6 - Notärztliche Dienstleistungen). So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinen beiden vom vorlegenden Vergabesenat in Bezug genommenen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2016, 487 ff.; 762 ff.) in vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen beanstandet , dass in den Vergabeunterlagen nicht näher aufgeschlüsselt und erläutert war, wodurch bzw. wofür die den einzelnen Unterkriterien zugeordneten Punktbewertungen oder Benotungen errungen werden konnten. Dazu würde sich das vorlegende Oberlandesgericht in Widerspruch begeben, wenn es in der von ihm befürworteten Weise entschiede.
24
b) Die Voraussetzungen für die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB sind nicht nachträglich dadurch entfallen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer neueren Entscheidung von seiner zur Divergenzvorlage führenden Rechtsprechung Abstand genommen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - Verg 39/16). Für eine "Rück- gabe" des Verfahrens an den vorlegenden Vergabesenat wegen Wegfalls der Vorlagevoraussetzungen ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum, weil der Bundesgerichtshof danach anstelle des Oberlandesgerichts entscheidet (§ 179 Abs. 2 Satz 2 GWB).

III.


25
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hat hingegen Erfolg und führt auch insoweit zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. Die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Zuschlagskriterien stehen mit dem Gesetz in Einklang.
26
1. Die von der Antragsgegnerin für die Preisbewertung vorgesehene Methode hält - auch unter Berücksichtigung des sich durch die gewählten Zuschlagskriterien insgesamt eröffnenden Wertungsspielraums - der vergaberechtlichen Nachprüfung stand.
27
a) Die Antragstellerin meint, der Preis werde infolge der gewählten Berechnungsmethode entgegen den Vergabeunterlagen faktisch nicht mit 50 % berücksichtigt, sondern wettbewerbsverzerrend völlig entwertet. Diese Rüge geht an dem Erklärungsgehalt der Angaben in den Vergabeunterlagen zur Gleichbewertung von Preis und Qualität vorbei und greift deshalb nicht durch. aa) Wie die in den Vergabeunterlagen angekündigte paritätische Bewer28 tung von Preis und Qualitätskriterien zu verstehen ist, ergibt sich aus der Sicht der angesprochenen Bieter nicht durch isolierte Interpretation dieser Angaben, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Erläuterungen der beabsichtigten Wertung in den Vergabeunterlagen. Danach ist erkennbar, wie die angekündigte jeweils hälftige Bewertung von Preis und Qualität gehandhabt werden soll, nämlich in der Weise, dass auf den günstigsten Preis einerseits und die bei der Qualität der Leistung maximal mögliche Bewertung andererseits jeweils die Hälfte der höchstens zu erreichenden Punktzahl entfällt. Die Bewertung des Preises mit 50% erfolgt danach durch Umrechnung
29
des Preises in einem Punktesystem mit maximal 50 Punkten. Der niedrigste Angebotspreis (Gesamtsumme sechs Jahre brutto) je Los erhält 50 Punkte. Zur Berechnung des Abstands der teureren Angebote wird der niedrigste Angebotspreis der in die letzte Wertungsstufe gelangten Angebote mit der maximal zu vergebenden Punktzahl (50 Punkte) multipliziert und das Ergebnis durch die jeweiligen höheren Angebotspreise der übrigen Bieter dividiert. Die Ankündigung der hälftigen Berücksichtigung des Preises ist deshalb für sich genommen nicht irreführend. bb) Der Rückgriff auf diese Bewertungsmethode kann der Antragsgegne30 rin vergaberechtlich auch nicht wegen seiner vermeintlichen wettbewerbsverzerrenden Wirkung verwehrt werden.
31
(1) Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass unter der von ihr angenommenen Prämisse, der Wettbewerb lasse eine Spreizung der Angebotspreise von allenfalls 10 % erwarten, die gesamte Punkteskala nicht annähernd ausgeschöpft, sondern nur der Bereich zwischen 50 und etwa 45 Punkten belegt werden dürfte. Das vergaberechtlich erfahrene Oberlandesgericht teilt diese Einschätzung. Sie erscheint auch in Anbetracht des beiderseitigen Vorbringens zu den Rabattspannen der Deutschen Post AG gegenüber sogenannten Konsolidierungsunternehmen für vorsortiert angelieferte Massensendungen durchaus plausibel. Den eingereichten Unterlagen zufolge hat die Deutsche Post 2016 insoweit etwa bei Einlieferungen ab 250 Briefen im regionalen Versand zwar einen Rabatt von 45 % auf das reguläre Porto gewährt.
Dieser Rabattierung bei Konsolidierungsleistungen müssen aber die Preisgestaltungsmöglichkeiten von Konkurrenten der Deutschen Post im Wettbewerb um den vorliegend ausgeschriebenen Auftrag schon deshalb nicht entsprechen, weil sie auch Beiträge zu den eigenen Fixkosten erwirtschaften und, wenn sie, wie die Antragstellerin, nur im regionalen Bereich eigene Zusteller einsetzen können, im überregionalen Versand Subunternehmer einschalten und bezahlen müssen.
32
(2) Auch wenn bei der Preisbewertung nach der hier eingesetzten "einfachen linearen Methode" eine volle Ausschöpfung der Punkteskala nicht annähernd zu erwarten ist, rechtfertigt das nicht, der Antragsgegnerin ihre Anwendung zu untersagen. Diese durchaus gängige Methode (vgl. dazu Krohn in: von Wietersheim (Hrsg.) "Vergabe von Postdienstleistungen", Schriftenreihe des forum vergabe e.V., S. 164) kann nicht per se als vergaberechtswidrig bewertet werden. Das gilt umso mehr, als in der Fachliteratur nachvollziehbar aufgezeigt wird, dass auch andere Bewertungsmethoden unter Umständen zu als unbillig oder widersprüchlich empfundenen Ergebnissen führen können (vgl. etwa Kiiver /Kodym, NZBau 2015, 59; Bartsch/von Gehlen/Hirsch, NZBau 2012, 393; Roth, NZBau 2011, 75; Schneider, NZBau 2002, 555 und dazu OLG Düsseldorf , NZBau 2002, 578 ff.) und dem Auftraggeber insoweit nicht ohne Weiteres angesonnen werden kann, sich für oder gegen eine alternative Berechnungsmethode zu entscheiden. Mit einer Diskrepanz zwischen der Spreizung der zu erwartenden Angebotspreise und der Spreizung der zu erwartenden Qualitätsbewertungen bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er der Qualität der Leistung erhebliches Gewicht beimessen und einen etwas niedrigeren Preis gegebenenfalls geringer gewichten will als ein qualitativ etwas besseres Angebot ; dies ist für sich genommen nicht rechtswidrig. In welchem Umfang eine solche Diskrepanz auftritt, hängt überdies vom Einzelfall und von dem Spielraum ab, den insoweit die Kriterien bieten, nach denen die Qualität der angebo- tenen Leistungen zu bewerten ist. Das Argument der Antragstellerin, selbst ein den niedrigsten um das Fünfzigfache übersteigender Preis erhalte immer noch einen Punkt, ist deshalb für das Verhältnis zwischen Preis- und Qualitätsbewertung ohne Aussagekraft.
33
b) Unter diesen Umständen kann die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode vergaberechtlich vielmehr nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erwiese. Das lässt sich im Streitfall indes nicht feststellen. Die Preisbewertungsmethode begegnet auch in der Gesamtschau unter Einschluss der Qualitätskriterien nicht solchen vergaberechtlichen Bedenken, dass die Verwendung des vorgesehenen Wertungsschemas zur Vermeidung von Rechtsverletzungen einzelner Bieter und Schädigung ihrer geschützten Interessen (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) untersagt werden müsste.
34
aa) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (§ 127 Abs. 1 Satz 1, 3 GWB). Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers , ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen (§ 127 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die Zuschlagskriterien spiegeln dementsprechend wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der aus § 97 GWB abzuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu die- ser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.
35
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 17. Februar 2017 (BGBl. I S. 203) sind ihm dabei insoweit Grenzen gesetzt, als der Preis bzw. die Kosten in der Angebotswertung zwingend berücksichtigt werden müssen (vgl. BT-Drucks. 18/6281 S. 111 zu § 127 Abs. 1 RegE VergRModG). Diese Sichtweise stimmt mit der Richtlinie 2014/24 EU über die öffentliche Auftragsvergabe überein (vgl. dort Erwägungsgrund 90 Abs. 1, 92 Abs. 3). Sind zwei Angebote qualitativ in jeder Hinsicht gleichwertig, ist der Zuschlag zwingend auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Neben dem Preis bzw. den Kosten kann der öffentliche Auftraggeber eine Vielzahl qualitativer Zuschlagskriterien festlegen (§ 127 Abs. 1 Satz 4 GWB), die grundsätzlich umso größeres Gewicht haben sollen, desto weniger es sich bei dem nachgefragten Wirtschaftsgut um eine marktübliche, standardisierte Leistung handelt. Eine allzu einseitige Ausrichtung am Preis birgt, worauf auch der Bundesgerichtshof hingewiesen hat, die Gefahr, dass Vergabeentscheidungen getroffen werden, die sich letztlich als unwirtschaftlich erweisen, weil sie qualitativen Unterschieden der Leistung nicht Rechnung tragen (BGH, NZBau 2017, 230 Rn. 21 - Notärztliche Dienstleistungen).
36
bb) Im Streitfall geht es zwar mit Postdienstleistungen um die Beschaffung vergleichsweise weitgehend standardisierter Leistungen (unten Rn. 40). Aber auch bei einer in dieser Weise geprägten Nachfrage ist der öffentliche Auftraggeber nicht gehindert, Qualitätskriterien in die Wertung einfließen zu lassen (BT-Drucks. 18/6281 aaO) und die Bewertung der Angebote, wie im Streitfall, in erheblichem Maße davon abhängig zu machen, inwieweit kontinuierlich eine zügige und reibungslose Erbringung der Dienstleistung mit möglichst geringem Reklamationsaufkommen gewährleistet ist.
37
Dabei kann ein hoher Einfluss von Qualitätskriterien auf die Zuschlagsentscheidung , wie er im Streitfall zu verzeichnen ist, unter Umständen einzelnen Anbietern, namentlich dem ressourcenstarken früheren Inhaber eines Monopols , mehr als anderen Bewerbern entgegenkommen. Dieser Umstand lässt die Verwendung des von der Antragsgegnerin konzipierten Wertungsschemas für sich genommen aber noch nicht als vergaberechtswidrig erscheinen. Öffentliche Auftraggeber sind zwar generell verpflichtet, ihren Bedarf in transparentem Wettbewerb unter Gleichbehandlung der Bieter zu decken (§ 97 Abs. 1, 2 GWB). Es stellt für sich ohne Weiteres aber noch keine vergaberechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung dar, wenn ein Wertungsschema, das ein öffentlicher Auftraggeber in der Position der Antragsgegnerin anwendet, der selbst nur Nachfrager ohne eigene Regulierungsverantwortung ist und grundsätzlich die für ihn bestmögliche Bedarfsdeckung anstreben darf, qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung wie geschehen hervorhebt.
38
cc) Die Grenze zur Vergaberechtswidrigkeit der Verwendung eines solchen Wertungsschemas wäre überschritten, wenn qualitativen Wertungskriterien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären. In einer solchen Fallgestaltung würden die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen ausschließen. Dafür, dass dies im Streitfall der Fall wäre, hat die Antragstellerin jedoch nichts geltend gemacht , und hierfür ist auch nichts erkennbar.
39
2. Auch die vorgesehene Methode der Qualitätsbewertung ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden. Im Streitfall steht es einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB) nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte für die Kompensation von Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen und zur Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
40
a) Gegenstand des Vergabeverfahrens sind im Streitfall mit der Abholung , Weiterleitung und Zustellung postalischer Sendungen weitgehend standardisierte Dienstleistungen (oben Rn. 36), die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in mehr oder minder massenhafter Wiederkehr zu erbringen sind. Die bis zur Aushändigung jeder einzelnen Sendung an den jeweiligen Empfänger zu erbringenden Einzelleistungen von der Abholung und Beförderung von Brief- oder Paketsendungen bis hin zu deren Ablieferung beim Empfänger sind für sich und in ihrer Abfolge in den Vergabeunterlagen konkret und erschöpfend beschrieben.
41
b) Soweit die Bieter ihre Konzepte für die Erfüllung der QualitätsUnterkriterien schriftlich darstellen sollen, hat der Wettbewerb partiell das Gepräge eines Vergabeverfahrens mit funktionaler Leistungsbeschreibung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV, vgl. dazu Prieß/Simonis in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 31 Rn. 14). Gegenstand der Wertung sind insoweit die vom einzelnen Bieter zur Bewältigung eines deutlich überdurchschnittlichen Anfalls von Sendungen vorgesehenen Vorkehrungen zur Gewährleistung einer insgesamt gleichwohl zeitnahen Zustellung. Sinngemäß das Gleiche gilt für die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gemäß den Anforderungen der Vergabeunterlagen zum Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung.
42
Gegenstand der Angebotswertung ist insoweit in einem ersten Schritt die prognostische Beurteilung, ob bzw. inwieweit die aus den Konzepten ersichtlichen Maßnahmen zur Bewältigung von Auftragsspitzen bzw. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung beitragen können. Je nachdem, in welchem Maße die Lösungsvorschläge aus Sicht der Antragsgegnerin insoweit Erfolg versprechen, erhält das jeweilige Konzept in einem zweiten Schritt eine entsprechende Benotung und die nach dem Schlüssel in den Vergabeunterlagen zu errechnende Punktzahl.
43
c) Die von der Vergabekammer geforderten weiteren Erläuterungen der Auftraggeberin zu ihren Erwartungen an die Inhalte des einzureichenden Konzepts sind rechtlich nicht geboten.
44
aa) Dass das Unterkriterium "Schwankungen im Sendungsaufkommen/ Auftragsspitzen" auf die Sicherstellung einer möglichst rückstaufreien Bewältigung der angefallenen Post auch in Spitzenlastzeiten zielt, versteht sich für die Bieter von selbst. Infolge der ergänzenden Informationen in den Vergabeunterlagen , dass bei Los 1 im Tagesdurchschnitt ein Aufkommen von ca. 8.000 Sendungen zu erwarten sei, es jedoch zu Abweichungen von bis zu 40% kommen könne, etwa wenn zu einem vom Auftraggeber vorgegebenen Stichtag teilweise bis zu mehrere tausend Sendungen mit Gebühren- oder Grundsteuerbescheiden gleichzeitig versendet und mit dem Datum dieses Tages frei gemacht werden müssten, und dass Los 2 durchschnittlich 30 Paketsendungen täglich betreffe, die tatsächliche Anzahl aber zwischen 5 und 100 Paketen schwanken könne, können die Bieter sich ein Bild davon machen, wofür ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.
45
bb) Entsprechendes gilt für das zweite Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung mit Blick darauf, dass in der Leistungsbeschreibung folgende Unterpunkte gebildet sind: - Sicherstellung der Zustellung in Häusern, bei denen aufgeschlossen bzw. geklingelt werden muss; - Reaktionsweise bei Notfällen wie Personal- oder Fahrzeugausfällen oder extremen Wetterbedingungen; - Reklamationsmanagement und Reklamations- und Erreichbarkeitszeiten ; - internes Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der anforderungsgerechten Leistungserbringung (unter anderem Darstellung des Umgangs von [gemeint: mit] betriebsinternen Änderungen bezüglich Software oder eingesetzter Technik sowie sonstige Weiterbildungsmaßnahmen).
46
Damit werden den Bietern die Anforderungen der Antragsgegnerin unter Transparenzgesichtspunkten hinreichend verdeutlicht. Die Forderung der Vergabekammer nach Unterlegung der erzielbaren Noten bzw. Punkte mit konkretisierenden Informationen zu den von der Antragsgegnerin mit der Erfüllung der Unterkriterien verbundenen Erwartungen läuft darauf hinaus, ihr die Durchführung eines partiell anderen Vergabeverfahrens aufzuerlegen, als es ihren eigentlichen Intentionen entspricht, und den Bietern direkt oder mittelbar Lösungskomponenten vorzugeben, die diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit würde die Antragsgegnerin gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung sie im Rahmen der funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren wollte.
47
Diese Bewertung steht im Übrigen in Einklang mit der neuesten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-6/15, VergabeR 2016, 721 - Dimarso), die auch das Oberlandesgericht Düsseldorf zum Anlass für die Korrektur seiner Rechtsprechung genommen hat.
48
d) Ob es unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn die Komplexität des Auftragsgegenstands besonders vielschichtige Wertungskriterien erforderlich macht, bei Verwendung eines Benotungs- oder Punktbewertungssystems durch die Vergabestelle zur Vermeidung einer intransparenten Wertung erforderlich sein könnte, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren Zielerreichungsgrad erläutert und damit Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung vorgibt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

IV.


49
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Auftrag im ausgeschriebenen Vergabeverfahren, in dem die ursprüngliche Frist zur Abgabe der Angebote bis zum 3. November 2016 bemessen war, oder in einem neuen Verfahren mit gleichen Wertungskriterien vergeben möchte, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
50
1. Von der Frage der generellen Zulässigkeit des zugrunde gelegten Wertungsschemas zu trennen ist die Frage der Vergaberechtskonformität der auf seiner Grundlage durchgeführten Wertung.
51
Mit dem hohen Stellenwert der Qualität der Leistungserbringung für die Zuschlagserteilung in diesem Wertungssystem geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Benotung der vorgelegten Konzepte einher. Auf das Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung entfällt ein Viertel aller überhaupt erreichbaren Wertungspunkte. Es wird in den Vergabeunterlagen mit dem großen Interesse an einer effektiven Leistungserbringung begründet, die die amtlichen Betriebsabläufe möglichst nicht stört. An diesem das Qualitätskriterium begründenden und damit für die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung ausschlaggebenden Interesse der Antragsgegnerin wird sich die Benotung auszurichten haben. Beispielsweise können Unterschiede im internen Qualitätsmanagement unterschiedliches Gewicht haben oder gar ohne Bedeutung sein, wenn es fernliegt, dass sie das Qualitätsinteresse der Antragsgegnerin berühren könnten.
52
2. Der Gefahr, dass die Offenheit des im Streitfall vorgesehenen Wertungsschemas zu einer nicht hinreichend transparenten Vergabe führt, ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen.
53
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt (oben Rn. 31), muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Wird die Auswahlentscheidung zur Vergabenachprüfung gestellt, untersuchen die Nachprüfungsinstanzen auf Rüge gerade auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Auch wenn dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen in diesem Rahmen insbesondere auch darauf hin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

V.


54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 analog, § 78 GWB. Die von den Beteiligten nicht angefochtene Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2017 - Verg 7/16 -

(1) Der Konzessionsgeber gibt in der Konzessionsbekanntmachung oder – sofern die Konzessionsbekanntmachung keine Aufforderung zur Angebotsabgabe enthält – in der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.

(2) Der Konzessionsgeber kann die Vergabeunterlagen auf einem anderen geeigneten Weg übermitteln, wenn aufgrund hinreichend begründeter Umstände aus außergewöhnlichen Sicherheitsgründen oder technischen Gründen oder aufgrund der besonderen Sensibilität von Handelsinformationen, die eines sehr hohen Datenschutzniveaus bedürfen, ein unentgeltlicher, uneingeschränkter und vollständiger elektronischer Zugang nicht angeboten werden kann. In diesem Fall gibt der Konzessionsgeber in der Konzessionsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe an, dass die Vergabeunterlagen auf einem anderen geeigneten Weg übermittelt werden können und die Frist für den Eingang der Angebote verlängert wird.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen wahr.

(2) Rechte aus § 97 Absatz 6 sowie sonstige Ansprüche gegen Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden.

(3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden zur Verfolgung von Verstößen insbesondere gegen die §§ 19 und 20 bleiben unberührt.

(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

1.
mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung; oder
2.
mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Nummer 1 bestehen (Dienstleistungskonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.

(2) In Abgrenzung zur Vergabe öffentlicher Aufträge geht bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Nutzung des Bauwerks oder für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer über. Dies ist der Fall, wenn

1.
unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können, und
2.
der Konzessionsnehmer den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, sodass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht vernachlässigbar sind.
Das Betriebsrisiko kann ein Nachfrage- oder Angebotsrisiko sein.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Konzessionsgeber gibt in der Konzessionsbekanntmachung oder – sofern die Konzessionsbekanntmachung keine Aufforderung zur Angebotsabgabe enthält – in der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.

(2) Der Konzessionsgeber kann die Vergabeunterlagen auf einem anderen geeigneten Weg übermitteln, wenn aufgrund hinreichend begründeter Umstände aus außergewöhnlichen Sicherheitsgründen oder technischen Gründen oder aufgrund der besonderen Sensibilität von Handelsinformationen, die eines sehr hohen Datenschutzniveaus bedürfen, ein unentgeltlicher, uneingeschränkter und vollständiger elektronischer Zugang nicht angeboten werden kann. In diesem Fall gibt der Konzessionsgeber in der Konzessionsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe an, dass die Vergabeunterlagen auf einem anderen geeigneten Weg übermittelt werden können und die Frist für den Eingang der Angebote verlängert wird.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) In der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung ist neben den Eignungskriterien ferner anzugeben, mit welchen Unterlagen (Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstige Nachweise) Bewerber oder Bieter ihre Eignung gemäß den §§ 43 bis 47 und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen zu belegen haben.

(2) Der öffentliche Auftraggeber fordert grundsätzlich die Vorlage von Eigenerklärungen an. Wenn der öffentliche Auftraggeber Bescheinigungen und sonstige Nachweise anfordert, verlangt er in der Regel solche, die vom Online-Dokumentenarchiv e-Certis abgedeckt sind.

(3) Als vorläufigen Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen akzeptiert der öffentliche Auftraggeber die Vorlage einer Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung nach § 50.

(4) Als ausreichenden Beleg dafür, dass die in § 123 Absatz 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Ausschlussgründe auf den Bewerber oder Bieter nicht zutreffen, erkennt der öffentliche Auftraggeber einen Auszug aus einem einschlägigen Register, insbesondere ein Führungszeugnis aus dem Bundeszentralregister oder, in Ermangelung eines solchen, eine gleichwertige Bescheinigung einer zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslands oder des Niederlassungsstaats des Bewerbers oder Bieters an.

(5) Als ausreichenden Beleg dafür, dass die in § 123 Absatz 4 und § 124 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Ausschlussgründe auf den Bewerber oder Bieter nicht zutreffen, erkennt der öffentliche Auftraggeber eine von der zuständigen Behörde des Herkunftslands oder des Niederlassungsstaats des Bewerbers oder Bieters ausgestellte Bescheinigung an.

(6) Werden Urkunden oder Bescheinigungen nach den Absätzen 4 und 5 von dem Herkunftsland oder dem Niederlassungsstaat des Bewerbers oder Bieters nicht ausgestellt oder werden darin nicht alle Ausschlussgründe nach § 123 Absatz 1 bis 4 sowie § 124 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erwähnt, so können sie durch eine Versicherung an Eides statt ersetzt werden. In den Staaten, in denen es keine Versicherung an Eides statt gibt, darf die Versicherung an Eides statt durch eine förmliche Erklärung ersetzt werden, die ein Vertreter des betreffenden Unternehmens vor einer zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde, einem Notar oder einer dazu bevollmächtigten Berufs- oder Handelsorganisation des Herkunftslands oder des Niederlassungsstaats des Bewerbers oder Bieters abgibt.

(7) Der öffentliche Auftraggeber kann Bewerber oder Bieter auffordern, die erhaltenen Unterlagen zu erläutern.

(8) Sofern der Bewerber oder Bieter in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU entsprechen, werden die im amtlichen Verzeichnis oder dem Zertifizierungssystem niedergelegten Unterlagen und Angaben vom öffentlichen Auftraggeber nur in begründeten Fällen in Zweifel gezogen (Eignungsvermutung). Ein den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU entsprechendes amtliches Verzeichnis kann auch durch Industrie- und Handelskammern eingerichtet werden. Die Industrie- und Handelskammern bedienen sich bei der Führung des amtlichen Verzeichnisses einer gemeinsamen verzeichnisführenden Stelle. Der öffentliche Auftraggeber kann mit Blick auf die Entrichtung von Steuern, Abgaben oder Sozialversicherungsbeiträgen die gesonderte Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung verlangen.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach den §§ 123 oder 124 ausgeschlossen worden sind.

(2) Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Kriterien (Eignungskriterien) erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen ausschließlich Folgendes betreffen:

1.
Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung,
2.
wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit,
3.
technische und berufliche Leistungsfähigkeit.

(3) Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden.

(4) Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Sie sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Sofern in dieser Verordnung oder anderen Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, darf der Konzessionsgeber keine von den Unternehmen übermittelten und von diesen als vertraulich gekennzeichneten Informationen weitergeben. Dazu gehören insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und die vertraulichen Aspekte der Angebote einschließlich ihrer Anlagen.

(2) Bei der gesamten Kommunikation sowie beim Austausch und bei der Speicherung von Informationen muss der Konzessionsgeber die Integrität der Daten sowie die Vertraulichkeit der Teilnahmeanträge und Angebote einschließlich ihrer Anlagen gewährleisten. Die Teilnahmeanträge und Angebote einschließlich ihrer Anlagen sowie die Dokumentation über die Angebotsöffnung sind auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens vertraulich zu behandeln.

(3) Der Konzessionsgeber kann Unternehmen Anforderungen vorschreiben, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen im Rahmen des Vergabeverfahrens abzielen. Hierzu gehört insbesondere die Abgabe einer Verschwiegenheitserklärung.

Der Konzessionsgeber erteilt allen Unternehmen, die sich an dem Vergabeverfahren beteiligen, spätestens sechs Tage vor dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote zusätzliche Auskünfte zu den Vergabeunterlagen, sofern die Unternehmen diese zusätzlichen Auskünfte rechtzeitig angefordert haben.

(1) Der Konzessionsgeber gibt in der Konzessionsbekanntmachung oder – sofern die Konzessionsbekanntmachung keine Aufforderung zur Angebotsabgabe enthält – in der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine elektronische Adresse an, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.

(2) Der Konzessionsgeber kann die Vergabeunterlagen auf einem anderen geeigneten Weg übermitteln, wenn aufgrund hinreichend begründeter Umstände aus außergewöhnlichen Sicherheitsgründen oder technischen Gründen oder aufgrund der besonderen Sensibilität von Handelsinformationen, die eines sehr hohen Datenschutzniveaus bedürfen, ein unentgeltlicher, uneingeschränkter und vollständiger elektronischer Zugang nicht angeboten werden kann. In diesem Fall gibt der Konzessionsgeber in der Konzessionsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe an, dass die Vergabeunterlagen auf einem anderen geeigneten Weg übermittelt werden können und die Frist für den Eingang der Angebote verlängert wird.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach den §§ 123 oder 124 ausgeschlossen worden sind.

(2) Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Kriterien (Eignungskriterien) erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen ausschließlich Folgendes betreffen:

1.
Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung,
2.
wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit,
3.
technische und berufliche Leistungsfähigkeit.

(3) Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden.

(4) Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Sie sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/17 Verkündet am:
4. April 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Postdienstleistungen
a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht
entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien
Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere
konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret
abhängen soll.
b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen
linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist
ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala
in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten
ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet
werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer
Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.
c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter
ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen
untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als
solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten
, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung
des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der
ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der
Vergabekammer anschließen.
b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde
nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen
werden.
BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - X ZB 3/17 - OLG Dresden
Vergabekammer Sachsen
ECLI:DE:BGH:2017:040417BXZB3.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Februar 2017 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird dieser Beschluss aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist; der Nachprüfungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens beider Instanzen zu tragen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen zu ersetzen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin auch vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt. Der Beschwerdewert wird auf 360.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf den von
1
der Antragsgegnerin im offenen Verfahren ausgeschriebenen Abschluss von Rahmenverträgen über Postdienstleistungen in zwei Losen (Brief- und Paketpost ) für die Dauer von sechs Jahren. Der Auftragnehmer soll das komplette Leistungsspektrum von der Abholung der Sendungen bei der Antragsgegnerin über alle erforderlichen Zwischenschritte bis zur Zustellung an die Empfänger erbringen und dabei in der Organisation der Zwischenschritte und des Erfolgs - etwa durch Eigenleistung oder über Nachunternehmer/Dienstleister - in gewisser Weise frei sein; von der Antragsgegnerin vorgegeben sind der Zustand der Sendungen bei Abholung und die Ablieferung innerhalb einer bestimmten Zeit an die Empfänger in einer bestimmten Sendungsform sowie bestimmte Berichtspflichten (Sendungsverfolgung, Meldungen des Sendeaufkommens etc.).
Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Zuschlags2 kriterien sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbringung angegeben. Für Letztere als zweites Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei Unterkriterien mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar:
1. Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%) 2. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und 3. Zustellzeiten (10%).
3
Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die effektive Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ersten Unterkriterium maximal 15 Punkte und beim zweiten - das in den Vergabeunterlagen nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn. 45) - bis zu 25 Punkte errungen werden, außerdem bis zu 10 Punkte für die Zustellzeiten. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0 Punkte) über mangelhaft (1 Punkt), ausreichend (2 Punkte), befriedigend (3 Punkte) und gut (4 Punkte) bis zu sehr gut (5 Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor 3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert. Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach
4
dem Anteil der am auf den Einlieferungstag folgenden Tag ("E+1") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punktewerte aller Unterkriterien werden anschließend für die Wertung mit den beim Preiskriterium erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert. Der Auftrag wurde am 20. August 2016 im Supplement zum Amtsblatt
5
der EU veröffentlicht; am 30. August 2016 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, der Angebotspreis sei im Verhältnis zur Qualitätsbewertung untergewichtet und die Bewertungsmatrix intransparent.
6
2. Die Vergabekammer hat die Berechnungsformel für die Bestimmung der bezüglich des Preiskriteriums erzielten Anzahl von Punkten für vergaberechtskonform erachtet, eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten (§ 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) aber in der Verwendung des Systems zur Bewertung der Qualität in Bezug auf die ersten beiden Unterkriterien gesehen. Die Vergabekammer hält dieses für intransparent und hat insoweit bemängelt, aus den Vergabeunterlagen gehe nicht hinreichend deutlich hervor, in welcher Hinsicht die Antragsgegnerin Angaben zur Bewältigung der Schwankungen im Sendungsaufkommen bzw. bei den Auftragsspitzen erwarte, und, das Bewertungssystem lasse im Zusammenspiel mit diesem unzulänglich dargestellten Erwartungshorizont nicht erkennen, welcher Zielerfüllungsgrad nötig sei, um für ein Konzept einen bestimmten Punktwert zu erreichen. Entsprechendes gelte für das zweite Kriterium der Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Leistungserbringung; auch insoweit sei nicht ersichtlich, wovon die zu erzielende Punktzahl im vorzulegenden Konzept abhänge.
7
3. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist der Antragsgegnerin am 12. Dezember 2016 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. Januar 2017 zugestellt worden.
8
Mit ihrer am 28. Dezember 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und sich dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin zugleich mit dem Antrag angeschlossen, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben , soweit hinsichtlich der Verwendung der Unterkriterien "Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen" und "Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Auftragserbringung" zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
9
4. Der Vergabesenat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und die Sache im Übrigen dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er erachtet die Anschlussbeschwerde für begründet und möchte den Nachprüfungsantrag auch insoweit zurückweisen. Daran sieht er sich durch die Recht- sprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehindert, das im Zusammenhang mit der Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien eine Bewertung mit Punkten oder Noten ("Schulnoten") auch bei Verwendung von Unterkriterien ohne diesbezügliche ergänzende Erläuterungen nicht für zulässig erachte, weil dies nicht im Voraus erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad ("Zielerreichungsgrad") die Angebote aufweisen müssten, um mit den jeweils festgelegten Punkten bewertet zu werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - Verg 25/15, VergabeR 2016, 487, 489 f.; Beschluss vom 15. Juni 2016 - Verg 49/15, VergabeR 2016, 762, 767 f.).

II.


10
Der Bundesgerichtshof hat aufgrund der zulässigen Divergenzvorlage ungeachtet der nur teilweisen Vorlage der Sache und ungeachtet der von der Antragstellerin erklärten Rücknahme der Beschwerde über die Beschwerde und über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden.
11
1. Die Sache ist dem Bundesgerichtshof mit dem Vorlagebeschluss insgesamt angefallen und nicht nur im Umfang der Anschlussbeschwerde. Im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit ist der Beschluss des Vergabesenats deshalb aufzuheben, soweit er die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin betrifft (Ausspruch zu 1).
12
a) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf einen Teil des Streitstoffs des Beschwerdeverfahrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in dem Maße zulässig, in dem im Zivilprozess ein Teilurteil ergehen oder - was hier nicht einschlägig ist, weil es um Rechtsmittel unterschiedlicher Beteiligter geht - die Revision wirksam beschränkt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538 Rn. 13 - Fahrbahnerneuerung I). Der Vergabesenat hat dies zwar im Ausgangspunkt nicht verkannt. Seine Annahme, ein Teilbeschluss sei zulässig, berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht lediglich die Vorlagefragen abstrakt beantwortet, sondern anstelle des Oberlandesgerichts in der Sache entscheidet, wenn kein Fall von § 179 Abs. 2 Satz 3 GWB vorliegt, und in diesem Rahmen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilbeschlusses nicht vorliegen.
13
b) Ein Teilurteil (§ 301 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - besteht (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2017 - I ZR 91/15, juris Rn. 23 - Flughafen Lübeck). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist bereits dann anzunehmen, wenn Urteilselemente , die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden können, unterschiedlich bewertet werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 23 Rn. 29). Solche Gefahren bestehen im Streitfall bei Erlass eines Teilbeschlusses durch den Vergabesenat; dass der Bundesgerichtshof in derselben Instanz entscheidet und nicht als Rechtsmittelgericht, beruht auf der gesetzlichen Regelung und ist insoweit unerheblich.
14
Die vergaberechtliche Überprüfung der beiden paritätischen Wertungskriterien des Preises und der Qualität der Leistungserbringung kann zur Vermeidung von widersprüchlichen Beurteilungen nicht zwischen dem Bundesgerichtshof einerseits und dem Vergabesenat andererseits aufgeteilt werden. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, die Antragsgegnerin habe eine rechtswidrige Gewichtung zwischen den beiden Bewertungskriterien "Preis" und "Qualität" vorgenommen. Über diesen Angriff kann nur aufgrund einer umfassenden Abwägung dieser beiden Kriterien und ihres Verhältnisses zueinander entschieden werden. Dies schließt eine Teilentscheidung über die Zulässigkeit eines der beiden Kriterien aus. Erachtete der Vergabesenat beispielsweise, wie geschehen, das Preiskriterium als vergaberechtskonform und käme der Bundesgerichtshof in Bezug auf das Qualitätskriterium zum gegenteiligen Ergebnis, würde durch diese beiden Entscheidungen nicht komplementär und einheitlich insgesamt über die Wertungskriterien entschieden. Entsprechend verhielte es sich im umgekehrt gedachten Fall (Vergaberechtswidrigkeit des Preiskriteriums und -konformität der Qualitätsbewertung). Bei Gefahr solcher Widersprüche ist ein Teilbeschluss durch den Vergabesenat unzulässig.
15
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
16
a) Im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist das Institut der Anschlussbeschwerde allerdings nicht positiv geregelt. Ihre Statthaftigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Fachliteratur gleichwohl von Anfang an bejaht worden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10. Januar 2000 - WVerg 1/99, BauR 2000, 1582, 1588; Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 6 Verg 4/01, VergabeR 2002, 256; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2002 - Verg 8-15/01 - juris Rn. 38; BayObLG, Beschluss vom 5. November 2002 - Verg 22/02, NZBau 2003, 342, 346; OLG Naumburg, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 1 Verg 17/03, VergabeR 2004, 387, 390; Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 1. Aufl. Rn. 830; Beck'scher VOBKommentar /Gröning, 2001, § 116 GWB Rn. 17). Diese Auffassung ist zutreffend.
17
b) Die Anschlussbeschwerde ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
18
Der Senat hält mit dem vorlegenden Vergabesenat dafür, dass die Anschlussbeschwerde in Anlehnung an § 524 Abs. 2 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner - üblicherweise - für die Erwiderung auf die Beschwerde gesetzten Frist eingelegt und begründet werden kann (ebenso OLG Naumburg, VergabeR 2004, 387, 390). Zwar könnte die Einlegung der Anschlussbeschwerde zeitlich auch an starre Fristen geknüpft werden, etwa - in Anlehnung an die Frist für die Einlegung und Begründung der sofortigen Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 GWB - an eine solche von zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeschrift (BayObLG, NZBau 2003, 342, 346) oder an eine solche von einem Monat ab Zustellung der Beschwerdebegründungsschrift (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Für eine solche stärkere Beschränkung des Rechts zur Anschlussbeschwerde fehlt es aber angesichts des Schweigens des Gesetzes an einer hinreichenden Rechtfertigung; es erschiene zudem unter prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll, für die Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite eine andere Frist zu postulieren als die dem Beschwerdegegner für die Beschwerdeerwiderung gesetzte.
19
3. Die von der Antragstellerin am Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Rücknahme der Beschwerde ist wirkungslos, da die Antragsgegnerin der Rücknahme nicht zugestimmt hat. Entscheidet der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts, kann die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO ohne Einwilligung des Beschwerdegegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zurückgenommen werden.
20
a) Mit der Vorschrift des § 565 Satz 2 ZPO will der Gesetzgeber sicherstellen , dass der Rechtsmittelführer in einem Rechtsstreit, in dem die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder deshalb zugelassen worden ist, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO), nach Beginn der mündlichen Verhandlung die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage nicht mehr einseitig verhindern kann. Stimmt der Revisionsbeklagte einer Rücknahme des Rechtsmittels nicht zu, räumt das Gesetz ab diesem Zeitpunkt der höchstrichterlichen Entscheidung der Grundsatzfrage oder der Auflösung einer Divergenz Vorrang vor der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelklägers ein. Eine entsprechende Vorschrift für das Revisionsverfahren enthält etwa auch die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
21
b) Dem Sinn und Zweck dieser Regelung entspricht eine entsprechende Anwendung, wenn der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts im Vergabenachprüfungsverfahren entscheidet. Soweit das Gesetz dieses Verfahren nicht näher regelt, ist grundsätzlich auf die sachnächsten Vorschriften der Zivilprozessordnung zurückzugreifen, wie es, wie ausgeführt, beispielsweise bei der auf die Anschlussbeschwerde anzuwendenden Frist geboten ist. Der Bundesgerichtshof entscheidet nach § 179 Abs. 2 GWB, wenn das an sich zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das Gesetz sieht mithin aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Gründen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor. Dass diese nicht in einem Revisionsoder Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz das Vergabenachprüfungsverfahren besonders beschleunigen will. Gerade unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des Vergabenachprüfungsverfahrens entspricht es aber dem Sinn und Zweck der Befassung des Bundesgerichtshofs mit der Sache, dass der Rechtsmittelführer die Entscheidung der Divergenzfrage nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof ohne Zustimmung des Rechtsmittelgegners nicht mehr verhindern kann.
22
4. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen vor.
23
a) Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16, NZBau 2017, 23 Rn. 6 - Notärztliche Dienstleistungen). So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinen beiden vom vorlegenden Vergabesenat in Bezug genommenen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2016, 487 ff.; 762 ff.) in vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen beanstandet , dass in den Vergabeunterlagen nicht näher aufgeschlüsselt und erläutert war, wodurch bzw. wofür die den einzelnen Unterkriterien zugeordneten Punktbewertungen oder Benotungen errungen werden konnten. Dazu würde sich das vorlegende Oberlandesgericht in Widerspruch begeben, wenn es in der von ihm befürworteten Weise entschiede.
24
b) Die Voraussetzungen für die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB sind nicht nachträglich dadurch entfallen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer neueren Entscheidung von seiner zur Divergenzvorlage führenden Rechtsprechung Abstand genommen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - Verg 39/16). Für eine "Rück- gabe" des Verfahrens an den vorlegenden Vergabesenat wegen Wegfalls der Vorlagevoraussetzungen ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum, weil der Bundesgerichtshof danach anstelle des Oberlandesgerichts entscheidet (§ 179 Abs. 2 Satz 2 GWB).

III.


25
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hat hingegen Erfolg und führt auch insoweit zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. Die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Zuschlagskriterien stehen mit dem Gesetz in Einklang.
26
1. Die von der Antragsgegnerin für die Preisbewertung vorgesehene Methode hält - auch unter Berücksichtigung des sich durch die gewählten Zuschlagskriterien insgesamt eröffnenden Wertungsspielraums - der vergaberechtlichen Nachprüfung stand.
27
a) Die Antragstellerin meint, der Preis werde infolge der gewählten Berechnungsmethode entgegen den Vergabeunterlagen faktisch nicht mit 50 % berücksichtigt, sondern wettbewerbsverzerrend völlig entwertet. Diese Rüge geht an dem Erklärungsgehalt der Angaben in den Vergabeunterlagen zur Gleichbewertung von Preis und Qualität vorbei und greift deshalb nicht durch. aa) Wie die in den Vergabeunterlagen angekündigte paritätische Bewer28 tung von Preis und Qualitätskriterien zu verstehen ist, ergibt sich aus der Sicht der angesprochenen Bieter nicht durch isolierte Interpretation dieser Angaben, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Erläuterungen der beabsichtigten Wertung in den Vergabeunterlagen. Danach ist erkennbar, wie die angekündigte jeweils hälftige Bewertung von Preis und Qualität gehandhabt werden soll, nämlich in der Weise, dass auf den günstigsten Preis einerseits und die bei der Qualität der Leistung maximal mögliche Bewertung andererseits jeweils die Hälfte der höchstens zu erreichenden Punktzahl entfällt. Die Bewertung des Preises mit 50% erfolgt danach durch Umrechnung
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des Preises in einem Punktesystem mit maximal 50 Punkten. Der niedrigste Angebotspreis (Gesamtsumme sechs Jahre brutto) je Los erhält 50 Punkte. Zur Berechnung des Abstands der teureren Angebote wird der niedrigste Angebotspreis der in die letzte Wertungsstufe gelangten Angebote mit der maximal zu vergebenden Punktzahl (50 Punkte) multipliziert und das Ergebnis durch die jeweiligen höheren Angebotspreise der übrigen Bieter dividiert. Die Ankündigung der hälftigen Berücksichtigung des Preises ist deshalb für sich genommen nicht irreführend. bb) Der Rückgriff auf diese Bewertungsmethode kann der Antragsgegne30 rin vergaberechtlich auch nicht wegen seiner vermeintlichen wettbewerbsverzerrenden Wirkung verwehrt werden.
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(1) Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass unter der von ihr angenommenen Prämisse, der Wettbewerb lasse eine Spreizung der Angebotspreise von allenfalls 10 % erwarten, die gesamte Punkteskala nicht annähernd ausgeschöpft, sondern nur der Bereich zwischen 50 und etwa 45 Punkten belegt werden dürfte. Das vergaberechtlich erfahrene Oberlandesgericht teilt diese Einschätzung. Sie erscheint auch in Anbetracht des beiderseitigen Vorbringens zu den Rabattspannen der Deutschen Post AG gegenüber sogenannten Konsolidierungsunternehmen für vorsortiert angelieferte Massensendungen durchaus plausibel. Den eingereichten Unterlagen zufolge hat die Deutsche Post 2016 insoweit etwa bei Einlieferungen ab 250 Briefen im regionalen Versand zwar einen Rabatt von 45 % auf das reguläre Porto gewährt.
Dieser Rabattierung bei Konsolidierungsleistungen müssen aber die Preisgestaltungsmöglichkeiten von Konkurrenten der Deutschen Post im Wettbewerb um den vorliegend ausgeschriebenen Auftrag schon deshalb nicht entsprechen, weil sie auch Beiträge zu den eigenen Fixkosten erwirtschaften und, wenn sie, wie die Antragstellerin, nur im regionalen Bereich eigene Zusteller einsetzen können, im überregionalen Versand Subunternehmer einschalten und bezahlen müssen.
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(2) Auch wenn bei der Preisbewertung nach der hier eingesetzten "einfachen linearen Methode" eine volle Ausschöpfung der Punkteskala nicht annähernd zu erwarten ist, rechtfertigt das nicht, der Antragsgegnerin ihre Anwendung zu untersagen. Diese durchaus gängige Methode (vgl. dazu Krohn in: von Wietersheim (Hrsg.) "Vergabe von Postdienstleistungen", Schriftenreihe des forum vergabe e.V., S. 164) kann nicht per se als vergaberechtswidrig bewertet werden. Das gilt umso mehr, als in der Fachliteratur nachvollziehbar aufgezeigt wird, dass auch andere Bewertungsmethoden unter Umständen zu als unbillig oder widersprüchlich empfundenen Ergebnissen führen können (vgl. etwa Kiiver /Kodym, NZBau 2015, 59; Bartsch/von Gehlen/Hirsch, NZBau 2012, 393; Roth, NZBau 2011, 75; Schneider, NZBau 2002, 555 und dazu OLG Düsseldorf , NZBau 2002, 578 ff.) und dem Auftraggeber insoweit nicht ohne Weiteres angesonnen werden kann, sich für oder gegen eine alternative Berechnungsmethode zu entscheiden. Mit einer Diskrepanz zwischen der Spreizung der zu erwartenden Angebotspreise und der Spreizung der zu erwartenden Qualitätsbewertungen bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er der Qualität der Leistung erhebliches Gewicht beimessen und einen etwas niedrigeren Preis gegebenenfalls geringer gewichten will als ein qualitativ etwas besseres Angebot ; dies ist für sich genommen nicht rechtswidrig. In welchem Umfang eine solche Diskrepanz auftritt, hängt überdies vom Einzelfall und von dem Spielraum ab, den insoweit die Kriterien bieten, nach denen die Qualität der angebo- tenen Leistungen zu bewerten ist. Das Argument der Antragstellerin, selbst ein den niedrigsten um das Fünfzigfache übersteigender Preis erhalte immer noch einen Punkt, ist deshalb für das Verhältnis zwischen Preis- und Qualitätsbewertung ohne Aussagekraft.
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b) Unter diesen Umständen kann die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode vergaberechtlich vielmehr nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erwiese. Das lässt sich im Streitfall indes nicht feststellen. Die Preisbewertungsmethode begegnet auch in der Gesamtschau unter Einschluss der Qualitätskriterien nicht solchen vergaberechtlichen Bedenken, dass die Verwendung des vorgesehenen Wertungsschemas zur Vermeidung von Rechtsverletzungen einzelner Bieter und Schädigung ihrer geschützten Interessen (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) untersagt werden müsste.
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aa) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (§ 127 Abs. 1 Satz 1, 3 GWB). Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers , ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen (§ 127 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die Zuschlagskriterien spiegeln dementsprechend wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der aus § 97 GWB abzuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu die- ser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.
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Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 17. Februar 2017 (BGBl. I S. 203) sind ihm dabei insoweit Grenzen gesetzt, als der Preis bzw. die Kosten in der Angebotswertung zwingend berücksichtigt werden müssen (vgl. BT-Drucks. 18/6281 S. 111 zu § 127 Abs. 1 RegE VergRModG). Diese Sichtweise stimmt mit der Richtlinie 2014/24 EU über die öffentliche Auftragsvergabe überein (vgl. dort Erwägungsgrund 90 Abs. 1, 92 Abs. 3). Sind zwei Angebote qualitativ in jeder Hinsicht gleichwertig, ist der Zuschlag zwingend auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Neben dem Preis bzw. den Kosten kann der öffentliche Auftraggeber eine Vielzahl qualitativer Zuschlagskriterien festlegen (§ 127 Abs. 1 Satz 4 GWB), die grundsätzlich umso größeres Gewicht haben sollen, desto weniger es sich bei dem nachgefragten Wirtschaftsgut um eine marktübliche, standardisierte Leistung handelt. Eine allzu einseitige Ausrichtung am Preis birgt, worauf auch der Bundesgerichtshof hingewiesen hat, die Gefahr, dass Vergabeentscheidungen getroffen werden, die sich letztlich als unwirtschaftlich erweisen, weil sie qualitativen Unterschieden der Leistung nicht Rechnung tragen (BGH, NZBau 2017, 230 Rn. 21 - Notärztliche Dienstleistungen).
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bb) Im Streitfall geht es zwar mit Postdienstleistungen um die Beschaffung vergleichsweise weitgehend standardisierter Leistungen (unten Rn. 40). Aber auch bei einer in dieser Weise geprägten Nachfrage ist der öffentliche Auftraggeber nicht gehindert, Qualitätskriterien in die Wertung einfließen zu lassen (BT-Drucks. 18/6281 aaO) und die Bewertung der Angebote, wie im Streitfall, in erheblichem Maße davon abhängig zu machen, inwieweit kontinuierlich eine zügige und reibungslose Erbringung der Dienstleistung mit möglichst geringem Reklamationsaufkommen gewährleistet ist.
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Dabei kann ein hoher Einfluss von Qualitätskriterien auf die Zuschlagsentscheidung , wie er im Streitfall zu verzeichnen ist, unter Umständen einzelnen Anbietern, namentlich dem ressourcenstarken früheren Inhaber eines Monopols , mehr als anderen Bewerbern entgegenkommen. Dieser Umstand lässt die Verwendung des von der Antragsgegnerin konzipierten Wertungsschemas für sich genommen aber noch nicht als vergaberechtswidrig erscheinen. Öffentliche Auftraggeber sind zwar generell verpflichtet, ihren Bedarf in transparentem Wettbewerb unter Gleichbehandlung der Bieter zu decken (§ 97 Abs. 1, 2 GWB). Es stellt für sich ohne Weiteres aber noch keine vergaberechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung dar, wenn ein Wertungsschema, das ein öffentlicher Auftraggeber in der Position der Antragsgegnerin anwendet, der selbst nur Nachfrager ohne eigene Regulierungsverantwortung ist und grundsätzlich die für ihn bestmögliche Bedarfsdeckung anstreben darf, qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung wie geschehen hervorhebt.
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cc) Die Grenze zur Vergaberechtswidrigkeit der Verwendung eines solchen Wertungsschemas wäre überschritten, wenn qualitativen Wertungskriterien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären. In einer solchen Fallgestaltung würden die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen ausschließen. Dafür, dass dies im Streitfall der Fall wäre, hat die Antragstellerin jedoch nichts geltend gemacht , und hierfür ist auch nichts erkennbar.
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2. Auch die vorgesehene Methode der Qualitätsbewertung ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden. Im Streitfall steht es einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB) nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte für die Kompensation von Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen und zur Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
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a) Gegenstand des Vergabeverfahrens sind im Streitfall mit der Abholung , Weiterleitung und Zustellung postalischer Sendungen weitgehend standardisierte Dienstleistungen (oben Rn. 36), die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in mehr oder minder massenhafter Wiederkehr zu erbringen sind. Die bis zur Aushändigung jeder einzelnen Sendung an den jeweiligen Empfänger zu erbringenden Einzelleistungen von der Abholung und Beförderung von Brief- oder Paketsendungen bis hin zu deren Ablieferung beim Empfänger sind für sich und in ihrer Abfolge in den Vergabeunterlagen konkret und erschöpfend beschrieben.
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b) Soweit die Bieter ihre Konzepte für die Erfüllung der QualitätsUnterkriterien schriftlich darstellen sollen, hat der Wettbewerb partiell das Gepräge eines Vergabeverfahrens mit funktionaler Leistungsbeschreibung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV, vgl. dazu Prieß/Simonis in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 31 Rn. 14). Gegenstand der Wertung sind insoweit die vom einzelnen Bieter zur Bewältigung eines deutlich überdurchschnittlichen Anfalls von Sendungen vorgesehenen Vorkehrungen zur Gewährleistung einer insgesamt gleichwohl zeitnahen Zustellung. Sinngemäß das Gleiche gilt für die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gemäß den Anforderungen der Vergabeunterlagen zum Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung.
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Gegenstand der Angebotswertung ist insoweit in einem ersten Schritt die prognostische Beurteilung, ob bzw. inwieweit die aus den Konzepten ersichtlichen Maßnahmen zur Bewältigung von Auftragsspitzen bzw. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung beitragen können. Je nachdem, in welchem Maße die Lösungsvorschläge aus Sicht der Antragsgegnerin insoweit Erfolg versprechen, erhält das jeweilige Konzept in einem zweiten Schritt eine entsprechende Benotung und die nach dem Schlüssel in den Vergabeunterlagen zu errechnende Punktzahl.
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c) Die von der Vergabekammer geforderten weiteren Erläuterungen der Auftraggeberin zu ihren Erwartungen an die Inhalte des einzureichenden Konzepts sind rechtlich nicht geboten.
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aa) Dass das Unterkriterium "Schwankungen im Sendungsaufkommen/ Auftragsspitzen" auf die Sicherstellung einer möglichst rückstaufreien Bewältigung der angefallenen Post auch in Spitzenlastzeiten zielt, versteht sich für die Bieter von selbst. Infolge der ergänzenden Informationen in den Vergabeunterlagen , dass bei Los 1 im Tagesdurchschnitt ein Aufkommen von ca. 8.000 Sendungen zu erwarten sei, es jedoch zu Abweichungen von bis zu 40% kommen könne, etwa wenn zu einem vom Auftraggeber vorgegebenen Stichtag teilweise bis zu mehrere tausend Sendungen mit Gebühren- oder Grundsteuerbescheiden gleichzeitig versendet und mit dem Datum dieses Tages frei gemacht werden müssten, und dass Los 2 durchschnittlich 30 Paketsendungen täglich betreffe, die tatsächliche Anzahl aber zwischen 5 und 100 Paketen schwanken könne, können die Bieter sich ein Bild davon machen, wofür ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.
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bb) Entsprechendes gilt für das zweite Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung mit Blick darauf, dass in der Leistungsbeschreibung folgende Unterpunkte gebildet sind: - Sicherstellung der Zustellung in Häusern, bei denen aufgeschlossen bzw. geklingelt werden muss; - Reaktionsweise bei Notfällen wie Personal- oder Fahrzeugausfällen oder extremen Wetterbedingungen; - Reklamationsmanagement und Reklamations- und Erreichbarkeitszeiten ; - internes Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der anforderungsgerechten Leistungserbringung (unter anderem Darstellung des Umgangs von [gemeint: mit] betriebsinternen Änderungen bezüglich Software oder eingesetzter Technik sowie sonstige Weiterbildungsmaßnahmen).
46
Damit werden den Bietern die Anforderungen der Antragsgegnerin unter Transparenzgesichtspunkten hinreichend verdeutlicht. Die Forderung der Vergabekammer nach Unterlegung der erzielbaren Noten bzw. Punkte mit konkretisierenden Informationen zu den von der Antragsgegnerin mit der Erfüllung der Unterkriterien verbundenen Erwartungen läuft darauf hinaus, ihr die Durchführung eines partiell anderen Vergabeverfahrens aufzuerlegen, als es ihren eigentlichen Intentionen entspricht, und den Bietern direkt oder mittelbar Lösungskomponenten vorzugeben, die diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit würde die Antragsgegnerin gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung sie im Rahmen der funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren wollte.
47
Diese Bewertung steht im Übrigen in Einklang mit der neuesten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-6/15, VergabeR 2016, 721 - Dimarso), die auch das Oberlandesgericht Düsseldorf zum Anlass für die Korrektur seiner Rechtsprechung genommen hat.
48
d) Ob es unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn die Komplexität des Auftragsgegenstands besonders vielschichtige Wertungskriterien erforderlich macht, bei Verwendung eines Benotungs- oder Punktbewertungssystems durch die Vergabestelle zur Vermeidung einer intransparenten Wertung erforderlich sein könnte, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren Zielerreichungsgrad erläutert und damit Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung vorgibt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

IV.


49
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Auftrag im ausgeschriebenen Vergabeverfahren, in dem die ursprüngliche Frist zur Abgabe der Angebote bis zum 3. November 2016 bemessen war, oder in einem neuen Verfahren mit gleichen Wertungskriterien vergeben möchte, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
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1. Von der Frage der generellen Zulässigkeit des zugrunde gelegten Wertungsschemas zu trennen ist die Frage der Vergaberechtskonformität der auf seiner Grundlage durchgeführten Wertung.
51
Mit dem hohen Stellenwert der Qualität der Leistungserbringung für die Zuschlagserteilung in diesem Wertungssystem geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Benotung der vorgelegten Konzepte einher. Auf das Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung entfällt ein Viertel aller überhaupt erreichbaren Wertungspunkte. Es wird in den Vergabeunterlagen mit dem großen Interesse an einer effektiven Leistungserbringung begründet, die die amtlichen Betriebsabläufe möglichst nicht stört. An diesem das Qualitätskriterium begründenden und damit für die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung ausschlaggebenden Interesse der Antragsgegnerin wird sich die Benotung auszurichten haben. Beispielsweise können Unterschiede im internen Qualitätsmanagement unterschiedliches Gewicht haben oder gar ohne Bedeutung sein, wenn es fernliegt, dass sie das Qualitätsinteresse der Antragsgegnerin berühren könnten.
52
2. Der Gefahr, dass die Offenheit des im Streitfall vorgesehenen Wertungsschemas zu einer nicht hinreichend transparenten Vergabe führt, ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen.
53
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt (oben Rn. 31), muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Wird die Auswahlentscheidung zur Vergabenachprüfung gestellt, untersuchen die Nachprüfungsinstanzen auf Rüge gerade auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Auch wenn dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen in diesem Rahmen insbesondere auch darauf hin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

V.


54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 analog, § 78 GWB. Die von den Beteiligten nicht angefochtene Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2017 - Verg 7/16 -

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.

(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.

(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.