Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Jan. 2015 - A 9 S 314/12

bei uns veröffentlicht am29.01.2015

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2006 - A 5 K 12656/05 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.
Der am ... geborene Kläger ist algerischer Staatsangehöriger. Er stellte am 09.11.1992 in Karlsruhe einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung trug er bei der dortigen Anhörung am selben Tag vor, er habe in Algerien mehrmals Strafen wegen politischer Delikte verbüßt. Er sei ein Funktionär der „Front Islamique du Salut“ - FIS - („Islamische Heilsfront“) und als Imam tätig gewesen.
Mit Bescheid vom 27.10.1993 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen und kein Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG besteht.
Mit Urteil vom 29.09.1995 (A 5 K 18227/93) hob das Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid des Bundesamts auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Das Urteil ist seit dem 19.12.1995 rechtskräftig. Hierauf erkannte das Bundesamt mit Bescheid vom 31.01.1996 den Kläger als Asylberechtigten an und stellte die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Algerien fest.
Im Mai 1998 wurde gegen den Kläger in Frankreich ein Haftbefehl erlassen, der Kläger in der Folgezeit von der französischen Polizei festgenommen und gegen ihn Anklage erhoben. Mit Urteil vom 12.12.2000 sprach ihn das Tribunal de Grande Instance de Paris frei; in zweiter Instanz verurteilte der Appellationsgerichtshof (Cour d‘Appel) Paris den Kläger mit Urteil vom 14.03.2002 wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung mit dem Ziel der Vorbereitung eines Terrorakts zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Am 01.07.2002 wurde der Kläger in Stuttgart festgenommen.
Mit Beschluss vom 22.11.2002 hob das Oberlandesgericht Stuttgart den Auslieferungshaftbefehl vom 09.08.2002 gegen den Kläger auf. Mit einem weiteren Beschluss vom 07.04.2003 erklärte es die Auslieferung des Klägers an Frankreich für nicht zulässig.
Am 13.03.2003 verwarf der französische Kassationsgerichtshof die Revision des Klägers gegen seine strafrechtliche Verurteilung.
Mit Bescheid vom 26.07.2005 widerrief das Bundesamt nach vorheriger Anhörung die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (Nrn. 1 und 2); ferner stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen (Nr. 3). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, der Widerruf werde darauf gestützt, dass Umstände eingetreten seien, die die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG (diese Bestimmung habe seit 01.01.2005 § 51 Abs. 3 AuslG ersetzt) rechtfertigten. Die Verurteilung des Klägers zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe durch den Appellationsgerichtshof Paris wegen Beteiligung an einer Vereinigung zur Vorbereitung eines Terroranschlags erfülle die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 Alt. 3 AufenthG. Die hohe Freiheitsstrafe begründe eine konkrete Wiederholungsgefahr, zumal sich der Kläger nicht eindeutig von terroristischen Aktivitäten distanziert habe. § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG liege die Umsetzung der Resolution 1373 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zugrunde. Der Sicherheitsrat habe klargestellt, dass dem Ziel der Vereinten Nationen, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, und den hierzu geltenden Grundsätzen nicht allein Personen zuwiderhandeln könnten, die aufgrund ihrer Stellung im Staatsgefüge eines Mitgliedstaates die Möglichkeit hätten, zu einer Verletzung der insoweit für das Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander und gegenüber der Völkergemeinschaft im Ganzen maßgeblichen Leitlinien der Organisation durch ihren Staat direkt beizutragen, sondern dass sich auch eine Privatperson zu diesen Zielen und Grundsätzen in Widerspruch setzen könne, wenn sie nach Maßgabe von Nr. 5 der Resolution in den Terrorismus verstrickt sei.
Der Kläger hat am 15.08.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 26.07.2005 aufzuheben.
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Mit Urteil vom 27.10.2006 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Es könne offen bleiben, ob der Widerruf bereits an der Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2, § 48 Abs. 4 VwVfG scheitere. Es lägen jedenfalls die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG nicht vor. Danach müsse von dem Betroffenen eine konkrete erhebliche Gefahr ausgehen. Eine derartige Gefahr lasse sich nicht feststellen.
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Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 01.08.2006 den Widerruf über das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 60 Abs. 8 AufenthG hinaus auch auf eine Änderung der Lage in Algerien stütze und vorgetragen habe, eine politische Verfolgung des Klägers in Algerien könne heute mit hinreichender Sicherheit vor dem Hintergrund der am 29.09.2005 für ein Referendum angenommenen „Charta für Frieden und nationale Aussöhnung“ und der hierauf mit Verordnung vom 27.02.2006 erfolgten Amnestieregelungen für Personen, die im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten verurteilt worden seien, ausgeschlossen werden, führe auch dieser Gesichtspunkt nicht zur Rechtmäßigkeit des verfügten Widerrufs. Voraussetzung für eine Amnestie auf der Grundlage der Verordnung vom 27.02.2006 (VO 06-01) sei, dass sich der Betreffende innerhalb von sechs Monaten - bis Ende August 2006 - selbst stelle, was auch für exilierte Islamisten gelte. Der Kläger habe sich dem algerischen Staat nicht gestellt. Folglich könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Gefahr politischer Verfolgung des Klägers im Falle seiner Rückkehr nach Algerien nicht mehr bestehe.
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Auf den Antrag der Beklagten vom 02.03.2007 hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 02.04.2007 - A 9 S 194/07 - die Berufung zugelassen.
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Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte auf die Ausführungen in ihrer Antragsschrift vom 02.03.2007 sowie auf ihre weitere Begründung vom 07.03.2007 Bezug genommen. Darin hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts setze § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG nicht voraus, dass von dem Betroffenen eine Wiederholungsgefahr ausgehe. Das Verwaltungsgericht hätte daher den Ausschlusstatbestand als gegeben ansehen und die Klage abweisen müssen. Zudem sei bei zutreffender Würdigung der Erkenntnislage eine Berufung auf die Amnestie gemäß der Verordnung vom 27.02.2006 auch über die darin geregelte Frist hinaus erfolgversprechend.
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Mit Beschluss vom 26.09.2008 ist auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Berufungsverfahrens angeordnet worden.
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Auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls vom 31.05.2006 erließ das Oberlandesgericht Stuttgart am 04.08.2011 gegen den Kläger einen Auslieferungshaftbefehl, der in der Folgezeit auch vollstreckt wurde, und erklärte mit Beschluss vom 16.11.2011 die Auslieferung nach Frankreich für zulässig. Am 20.01.2012 wurde der Kläger zum Zweck der Strafvollstreckung an Frankreich ausgeliefert und wurde dort bis zu seiner Rücküberstellung an Deutschland (20.05.2014) inhaftiert.
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Am 14.02.2012 hat die Beklagte das Verfahren wiederangerufen. Sie hat sodann noch vorgetragen: Unabhängig von der Frage, ob der Widerruf schon mit Blick auf die Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse im Heimatland des Klägers rechtmäßig sei, könne diesem wegen seiner Verurteilung in Frankreich ein Asylanspruch oder der Flüchtlingsstatus nicht mehr zustehen. Bei seiner Straftat handele es sich gemäß Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13.06.2002 über den Europäischen Haftbefehl um eine sogenannte Katalogtat. Für solche Straftaten komme es für die Überstellung nicht darauf an, ob die abgeurteilte Handlung auch eine Straftat nach dem Recht des Überstellungsmitgliedstaats darstelle. Ersichtlich gehe diese Übereinkunft auf eine Konzeption normativer Vergewisserung zurück, die auch Auswirkung auf die asyl- beziehungsweise flüchtlingsrechtliche Prognose haben müsse. Angesichts dessen liege es nahe, von einer grundsätzlich unwiderleglichen Vermutung der Richtigkeit des strafrechtlich festgestellten Vorwurfs und damit der Beteiligung des Klägers an einem Akt des internationalen Terrorismus auszugehen. Zu dieser Feststellung müsse aber ungeachtet dessen ebenso die Gesamtschau der sonstigen Gegebenheiten des Falles führen. Insbesondere müsse für den Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 AsylVfG nicht feststellbar sein, dass der Betreffende einen Tatbestand des deutschen Strafgesetzbuches erfüllt habe.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2006 - A 5 K 12656/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen,
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weiter hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
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Er vertritt die Auffassung, für einen Ausschluss der Flüchtlingseigenschaft müsse zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass er einen Tatbestand nach dem Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht habe. Eine rein schematische Bezugnahme auf ausländische Verurteilungen komme nicht in Betracht. Entscheidend sei, ob seine Handlungen nach deutschem Strafrecht als Akte des internationalen Terrorismus zu qualifizieren seien. Ein derartiger Nachweis sei nicht erbracht.
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Zwar sei er nach Angaben der französischen Behörden wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zur Vorbereitung eines Terroranschlages nach Art. 421-1 ff des französischen Strafgesetzbuches verurteilt worden. Die Sachverhaltsfeststellungen in dem französischen Strafurteil reichten jedoch zum Nachweis eines internationalen Terrordeliktes nicht aus. Jedenfalls unter Zugrundelegung des eine höhere Bestimmtheit und Konkretisierung erfordernden deutschen Strafrechts fehle es an einer hinreichenden Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen worden sei einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung.
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Von ihm gingen keine Gefahren aus. Er sei zwar Moslem, lehne aber Gewalt ab. Er unterhalte keinen Kontakt zu militanten oder gewaltgeneigten Personen oder Organisationen. Er sei in einem labilen Gesundheitszustand. Unter anderem habe er sich nach der Entfernung eines Teils seines Darmes aufgrund eines Karzinoms einer Chemotherapie unterziehen müssen.
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Im Falle eines Entzugs seines Asyl- beziehungsweise Flüchtlingsstatus sei er bei einer Abschiebung in sein Herkunftsland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an Leib und Leben gefährdet. Ihm stehe daher jedenfalls subsidiärer Schutz zur Seite.
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Dem Senat liegen die Akten des Bundesamts und des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Ausländerakten der Landeshauptstadt Stuttgart, die Akten der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - A 5 K 18227/93, A 5 K 18228/93 und A 5 K 12656/05 - vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Bundesamts vom 26.07.2005 zu Recht aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) liegen die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG für einen Widerruf der Asylanerkennung des Klägers sowie der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des (seinerzeitigen) § 51 Abs. 1 AuslG nicht vor.
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1. Gegenstand des Verfahrens ist der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 26.07.2005. Auf die Anfechtungsklage des Klägers ist die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids uneingeschränkt zu überprüfen. Eine Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle auf einen von mehreren möglichen Widerrufsgründen würde der Verpflichtung des Verwaltungsgerichts widersprechen, die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen unteilbaren Verwaltungsakts umfassend zu prüfen. Dabei muss das Verwaltungsgericht zum einen auch solche Anfechtungsgründe berücksichtigen, die der Kläger nicht geltend gemacht hat. Zum anderen hat es die Rechtmäßigkeit eines nicht im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakts auch unter Gesichtspunkten zu prüfen, die von der Behörde im Bescheid oder im Gerichtsverfahren nicht angeführt worden sind. Denn die Aufhebung eines solchen Verwaltungsakts setzt nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unter anderem seine objektive Rechtswidrigkeit voraus; daran fehlt es auch dann, wenn er unter einem im Bescheid oder im Verfahren nicht angesprochenen Grund rechtmäßig ist. Die vorliegende Klage ist also nicht schon dann begründet, wenn der im Widerrufsbescheid allein angeführte Widerrufsgrund des § 60 Abs. 8 AufenthG nicht gegeben ist, sondern nur dann, wenn der Bescheid auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar ist und er den Adressaten in seinen Rechten verletzt, insbesondere also, wenn auch andere in Betracht kommende Widerrufsgründe ausscheiden. Nur diese Sichtweise wird der im Asylverfahren geltenden Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime gerecht, nach der alle in einem Asylprozess typischerweise relevanten Fragen in einem Prozess abschließend geklärt werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, BVerwGE 146, 31, m.w.N.).
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Widerrufs ist § 73 AsylVfG in der durch Gesetz vom 28.08.2013 (BGBl. I S. 3474) mit Wirkung vom 01.12.2013 geänderten Fassung.
31 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (hier noch im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG; jetzt: § 3 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG) unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist gemäß Satz 2 der Vorschrift insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Asylanerkennung oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Satz 2 gilt nicht, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG).
32 
Mit § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12; berichtigt ABl. EU Nr. L 204 vom 05.08.2005 S. 24) über das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Wegfall der die Anerkennung begründenden Umstände umgesetzt. Daher sind die Widerrufsvoraussetzungen in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie (bzw. nunmehr der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011) auszulegen, die sich ihrerseits an Art. 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - orientieren. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind (vgl. BVerwG vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22, unter Bezug auf Urteil vom 24.02.2011 - 10 C 3.10 -, BVerwGE 139, 109).
33 
Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie ist ein Drittstaatsangehöriger nicht mehr Flüchtling, wenn er nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Bei der Prüfung dieses Erlöschensgrundes haben die Mitgliedstaaten zu untersuchen, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann (Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie regelt die Beweislastverteilung dahingehend, dass der Mitgliedstaat - unbeschadet der Pflicht des Flüchtlings, gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie alle maßgeblichen Tatsachen offenzulegen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen - in jedem Einzelfall nachweist, dass die betreffende Person nicht länger Flüchtling ist oder es nie gewesen ist (vgl. BVerwG vom 01.06.2011, a.a.O.).
34 
Diese Auslegung ist - soweit sich aus Art. 16a GG nichts Abweichendes ergibt - auch auf den Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter anzuwenden, um den es hier ebenfalls geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.11.2011 - 10 C 29.10 -, BVerwGE 141, 161; Bay. VGH, Urteil vom 16.05.2013 - 9 B 12.30032 -, juris).
35 
Die im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelte Jahresfrist für den Widerruf von Verwaltungsakten (§ 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG) findet auf den angefochtenen Bescheid keine Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.06.2012 - 10 C 4.11 -, BVerwGE 143, 183; Bergmann, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 73 AsylVfG Rn. 30).
36 
2. Ausgehend von diesem Maßstab ist der für den Widerruf erforderliche Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen hier nicht eingetreten.
37 
Eine nachträgliche Änderung der Sachlage folgt weder aus veränderten Verhältnissen im Herkunftsland des Klägers (dazu a), noch daraus, dass der Kläger durch eigenes Verhalten nach der Anerkennung durch die nachträgliche Verwirklichung eines Ausschlusstatbestandes einen Grund für den Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen geschaffen hat (dazu b). Auch ein Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen aufgrund einer nachträglichen Änderung der Rechtslage scheidet aus (dazu c).
38 
a) Ein Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen wegen veränderter Verhältnisse im Herkunftsland des Klägers ist zu verneinen, denn es fehlt bereits an der für einen Widerruf erforderlichen erheblichen Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände, so dass es nicht darauf ankommt, ob es sich nur um womöglich bloß vorübergehende oder um hinreichend verfestigte Änderungen handelt.
39 
Eine erhebliche Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände setzt voraus, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland mit Blick auf die Faktoren, aus denen die zur Flüchtlingsanerkennung führende Verfolgungsgefahr hergeleitet worden ist, deutlich und wesentlich geändert haben. In der vergleichenden Betrachtung der Umstände im Zeitpunkt der Flüchtlingsanerkennung und der für den Widerruf gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Sachlage muss sich durch neue Tatsachen eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben. Die Neubeurteilung einer im Kern unveränderten Sachlage reicht nicht aus, denn reiner Zeitablauf bewirkt für sich genommen keine Sachlagenänderung. Allerdings sind wegen der Zeit- und Faktizitätsbedingtheit einer asylrechtlichen Gefahrenprognose Fallkonstellationen denkbar, in denen der Ablauf einer längeren Zeitspanne ohne besondere Ereignisse im Verfolgerstaat im Zusammenhang mit anderen Faktoren eine vergleichsweise höhere Bedeutung als in anderen Rechtsgebieten zukommt (vgl. BVerwG vom 01.06.2011, a.a.O., unter Bezug auf Urteile vom 19.09.2000 - 9 C 12.00 -, BVerwGE 112, 80, 84, und vom 18.09.2001 - 1 C 7.01 -, BVerwGE 115, 118, 124 f.). Aus der konstruktiven Spiegelbildlichkeit von Anerkennungs- und Erlöschensprüfung, in der die gleiche Frage des Vorliegens einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 9 in Verbindung mit Art. 10 der Richtlinie zu beurteilen ist, ergibt sich, dass sich der Maßstab der Erheblichkeit für die Veränderung der Umstände danach bestimmt, ob noch eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O., unter Bezug auf EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 -, Abdulla u.a., NVwZ 2010, 505, Rn. 84 ff., 98 f.).
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Eine deutliche und wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland mit Blick auf die Faktoren, aus denen die zur Flüchtlingsanerkennung führende Verfolgungsgefahr hergeleitet worden ist, lässt sich hier - zumal Veränderungen innerhalb eines fortbestehenden Regimes zu beurteilen sind (zu den Anforderungen vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.) - nicht feststellen.
41 
Anknüpfungspunkt für die dem Kläger günstige Entscheidung des Bundesamts vom 31.01.1996, mit der dieser als Asylberechtigter anerkannt wurde und ihm gegenüber die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Algerien festgestellt wurden, waren die in dem rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.09.1995 enthaltenen Erwägungen. Danach gehörte der Kläger zu den Personen, die wegen Aktivitäten für den „Front islamique du Salut“ im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat mit asylerheblichen behördlichen Maßnahmen zu rechnen hatten. Er war als maßgebendes Mitglied in dieser Organisation in B. (Algerien) bei ihrer Gründung tätig und hatte seine fundamentalistische Überzeugung insbesondere auch durch seine Arbeit als Imam zum Ausdruck gebracht. Der Kläger war für sechs Monate im Wüstenlager A. (Algerien) inhaftiert und stand danach bis zu seiner Ausreise aus Algerien am 05.11.1992 unter polizeilicher Kontrolle. Es stand zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts fest, dass er bei der Einreise nach Algerien mit Polizeigewahrsam zum Zweck der Personenkontrolle und mit Verhören rechnen musste, was vor allem der Prüfung dienen sollte, ob er in islamistische Aktivitäten gegen den Heimatstaat oder in Straftaten verwickelt war. Da sich hierfür beim Kläger Verdachtsmomente ergeben würden, wurde es ferner als naheliegend angesehen, dass seine Asylantragstellung in Deutschland bei den algerischen Behörden den Verdacht wecken oder bestärken würde, er sei „als Anhänger der Opposition ins Ausland geflüchtet“, was gleichfalls mit der Folge verbunden wäre, verhaftet und als Regimegegner behandelt zu werden.
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Der Wegfall der im Anerkennungsbescheid vom 31.01.1996 bejahten beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit lässt sich danach bei einer Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände derzeit nicht begründen. Soweit sich das Bundesamt auf die Straferlassregelungen in der zur Umsetzung der Charta für Frieden und Nationale Aussöhnung erlassenen Verordnung 06-01 vom 27.02.2006 (veröffentlicht im Journal officiel de la Republique Algerienne No. 11 vom 28.02.2006) beruft, folgt dies zunächst schon daraus, dass der Kläger nicht in deren Anwendungsbereich fällt. Denn die Amnestieregelungen gelten nach dem Wortlaut der Vorschriften nur für diejenigen Personen, die sich den Behörden bis Ende August 2006 gestellt haben. Zwar wird eine weitere Anwendung im Einzelfall durch das Auswärtige Amt bestätigt (vgl. etwa Lagebericht vom 15.04.2009, S. 10); hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass dies auch im Falle des Klägers so wäre.
43 
Dies gilt umso mehr, als Unklarheiten nicht nur in Bezug auf die zeitliche Geltung, sondern insbesondere auch hinsichtlich des personellen Anwendungsbereichs bestehen. Denn ein Strafverfahren auf Grundlage des algerischen Strafgesetzes im Sinne von Art. 2 der Verordnung 06-01 liegt im Fall des Klägers nicht vor. Vielmehr wurde er - nach der Asylanerkennung in Deutschland - von einem französischen Gericht nach französischem Strafrecht verurteilt. Unsicher ist ferner, ob beziehungsweise inwieweit die in Frankreich abgeurteilten Taten dem Ausnahmekatalog aus Art. 10 der Verordnung 06-01 zuzuordnen sind (vgl. zum Ausschluss auch bereits bei Vorbereitungshandlungen etwa die vom Bundesamt im August 2006 herausgegebene Broschüre „Die Amnestieverordnung vom 27.02.2006“, S. 11). Auch das Auswärtige Amt führt zu den Ausschlussklauseln aus, dass aufgrund der Vieldeutigkeit der tatbestandlichen Bestimmungen und der nicht transparenten Entscheidungspraxis der algerischen Behörden Einzelfallprognosen nicht möglich sind (Lagebericht vom 15.04.2009, S. 10).
44 
Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Amnestieregelungen - deren Anwendbarkeit für den Kläger jedenfalls höchst unsicher erscheint - zu einer allgemeinen Liberalisierung geführt hätten, sind angesichts der weiterhin kritischen Sicherheitslage, der nach wie vor bestehenden Repressionsstrukturen und dem nur teilweisen Erfolg der Aussöhnungspolitik (vgl. dazu Lageberichte vom 15.04.2009, S. 5, und vom 31.01.2013, S. 6) nicht vorhanden. Vielmehr bestätigt auch das Auswärtige Amt - noch immer - „ernstzunehmende Hinweise“ auf Übergriffe und Folter durch die algerischen Sicherheitsbehörden und Polizeikräfte, vor allem in Fällen mit Terrorismusbezug (vgl. dazu Lagebericht vom 31.01.2013, S. 21, 22 und 26; ebenso: Österr. AsylGH, Entscheidungen vom 07.09.2012 - Gz. B4 409882-1/2009 -, und vom 04.11.2013 - Gz. B5 415586-1/2010 -, jeweils abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/AsylGH/). Diese Einschätzung wird durch andere Erkenntnisquellen erhärtet (vgl. Deutsches Orient-Institut an VG Gießen, 15.01.2011, amnesty international, Länderbericht Algerien vom Juni 2014, sowie Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 24.02.2010: Berichte zum Militärgeheimdienst DRS über geheime Haftorte mit Folter und Misshandlungen). Angesichts der medienwirksamen Verurteilung beziehungsweise Verhaftung (siehe zu letzterer die bei den Bundesamtsakten befindlichen Presseberichte deutscher Zeitungen, in denen der Kläger auch mit vollem Namen benannt wurde) dürfte der Kläger den algerischen Behörden auch namentlich bekannt (vgl. Stellungnahme des Auswärtigen Amtes gegenüber dem Bundesamt vom 31.05.2007, S. 2) und in das Umfeld terroristischer Aktivitäten gestellt sein. Die mögliche Erwägung, dass angesichts des vorhandenen Strafurteils und des Zeitablaufs kein Anlass zu weiteren Ermittlungen gegen den Kläger durch algerische Behörden bestehe, erscheint fernliegend. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus Gründen des fortgeschrittenen Alters des Klägers oder wegen seiner schweren Erkrankung entfällt. Ob die Sicherheitsbehörden Algeriens diese Umstände berücksichtigen und zum Anlass nehmen würden, den Kläger zu verschonen, erscheint höchst ungewiss.
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b) Der Widerruf ist auch nicht deshalb zu Recht erfolgt, weil die Anerkennungsvoraussetzungen dadurch nachträglich weggefallen sind, dass der Kläger mit seinem eigenen Verhalten einen Ausschlusstatbestand verwirklicht hat. In der Person des Klägers ist gegenwärtig keiner der in § 60 Abs. 8 Satz 1 und 2 AufenthG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 AsylVfG geregelten Ausschlussgründe erfüllt.
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aa) Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG (rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren) nicht gegeben. Soll ein Widerruf auf diesen Tatbestand gestützt werden, so muss zusätzlich eine konkrete Wiederholungsgefahr bestehen. Diese liegt nur vor, wenn von dem Ausländer in Zukunft neue vergleichbare Straftaten ernsthaft drohen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, a.a.O., unter Bezug auf Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185, 188 ff.). Bei der Prognose sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, aber auch die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und seine Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einer hohen Wiederholungsgefahr verknüpft sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.10.2009 - 10 B 17.09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2009 - A 4 S 120/09 -, juris; Bay. VGH, Urteil vom 25.02.2013 - 9 B 10.30347 -, juris).
47 
Daraus, dass der Kläger offenbar Katalogtaten im Sinne der Regelungen über den Europäischen Haftbefehl begangen hat (vgl. Art. 2 Abs. 2 Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13.06.2002: „Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung“ / „Terrorismus“), ergeben sich für den vorliegenden Zusammenhang keine entscheidenden Schlüsse, da es sich um eine bereichsspezifische Regelung auf dem Gebiet der Strafrechtspflege handelt. Es mag unterstellt werden, dass auch eine Verurteilung in Frankreich der Norm unterfallen kann, zumal der Wortlaut des Ausschlussgrundes anders als etwa § 18 Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG („in der Bundesrepublik Deutschland … zu einer Freiheitsstrafe“) nicht ausdrücklich eine Verurteilung im Inland verlangt (für die Gleichwertigkeit einer Verurteilung in Frankreich: VG Düsseldorf, Urteil vom 01.08.2000 - 11 K 3130/97.A -; mit Vorbehalt auch Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 231). Daneben kann offen bleiben, ob das Merkmal der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren erfüllt ist, obwohl es bei der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe erforderlich ist, dass zumindest eine der Einzelstrafen, aus denen die Gesamtstrafe gebildet wird, eine wenigstens dreijährige Freiheitsstrafe ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, a.a.O.). Dem Urteil des französischen Strafgerichts vom 14.03.2002 lässt sich nicht mit letzter Sicherheit entnehmen, wie die Freiheitsstrafe im Einzelnen gebildet wurde.
48 
Es bedarf hierzu indes keiner abschließenden Würdigung und keiner weiteren Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht, da es jedenfalls an belastbaren Anhaltspunkten für eine konkrete Wiederholungsgefahr fehlt. Die abgeurteilten Taten fanden bis spätestens Mai 1998 statt. Seither sind mehr als 16 Jahre vergangen, ohne dass - soweit bekannt - der Kläger den Sicherheitsbehörden nochmals auffiel. Auch unter Berücksichtigung einer von dem hohen Strafmaß ausgehenden Indizwirkung lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt keine vom Kläger ausgehende hinreichend konkrete Gefährdung mehr erkennen, zumal er mittlerweile 70 Jahre alt ist und an einer schweren Erkrankung leidet.
49 
bb) Eine Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG kommt nicht in Betracht, weil der Kläger die in Frankreich strafrechtlich abgeurteilte(n) Tat(en) nicht vor, sondern erstnach der Aufnahme als Flüchtling begangen hat. Eine entsprechende Anwendung dieses Ausschlussgrundes auf einen Fall, in dem es um eine schwere nichtpolitische Straftat geht, die zwar nach der Aufnahme als Flüchtling, jedoch vor der Einführung des Ausschlussgrundes begangen wurde, scheidet aus. Andernfalls würde man den Ausschlussgrund über seinen Sinn und Zweck hinaus ausdehnen (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 3 Rn. 34; UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Dezember 2003, Rn. 153; Zimmermann, DVBl. 2006, 1478, 1483).
50 
cc) Es besteht ferner nicht der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 2 AsylVfG, denn es ist nicht (mehr) aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, der Kläger habe den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt beziehungsweise sich in relevanter Weise an derartigen Zuwiderhandlungen beteiligt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es bei beiden Ausschlussgründen weder einer gegenwärtigen Gefahr noch einer (nachgelagerten) Verhältnismäßigkeitsprüfung bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.).
51 
Ausschlaggebend hierfür ist, dass der Ausschlussgrund mit der doppelten Zielsetzung geschaffen wurde, zum einen von der Flüchtlingsanerkennung Personen auszuschließen, die als des sich aus ihr ergebenden Schutzes unwürdig angesehen werden, und zum anderen zu verhindern, dass diese Anerkennung den Urhebern bestimmter schwerwiegender Straftaten ermöglicht, sich einer strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, NVwZ 2011, 285, Rn. 104). Im Fall des Klägers kommt die zweite Zielsetzung von vornherein nicht zum Tragen, nachdem er wegen seiner Handlungen in Frankreich strafrechtlich verurteilt wurde und seine Strafe verbüßt hat. Der damit allein berücksichtigungsfähige Gesichtspunkt der fortdauernden Unwürdigkeit rechtfertigt aus Sicht des Senats aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls hier die Anwendung von § 3 Abs. 2 AsylVfG gegenwärtig nicht.
52 
In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinien zum Internationalen Schutz des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) „Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ (HCR/GIP/03/05) vom 04.09.2003 zu verweisen. Darin heißt es unter II. E. Nr. 23 (ähnlich UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, September 1979 / Neuauflage Dezember 2003, Rn. 157; vgl. ferner Zimmermann, DVBl. 2006, 1478, 1484), die Anwendung der Ausschlussklauseln sei möglicherweise nicht mehr gerechtfertigt, wenn das Verbrechen als verbüßt gelte. Das könne der Fall sein, wenn die Person die Strafe für das betreffende Verbrechen verbüßt habe oder etwa wenn die Straftat lange Zeit zurückliege. Maßgebliche Faktoren seien hier die Schwere der Tat, die vergangene Zeit und jeder Ausdruck des Bedauerns durch die betreffende Person. Einige Verbrechen seien so schwerwiegend und verabscheuungswürdig, dass die Anwendung selbst im Fall einer Begnadigung oder Amnestie als gerechtfertigt angesehen werde. Ferner heißt es unter II. C. Nr. 17 zu dem in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 (i.V.m. Satz 2) AsylVfG aufgegriffenen Ausschlussgrund des Art. 1 F (c) GFK, angesichts der umfassenden, allgemeinen Formulierung der Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen sei der Anwendungsbereich dieser Kategorie eher unklar, weshalb dieser Unterabsatz eng ausgelegt werden solle. Eine Berufung auf Artikel 1 F (c) komme nur unter extremen Umständen im Fall von Handlungen vor, die einen Angriff auf die Grundlagen der Koexistenz der internationalen Staatengemeinschaft darstellten. Solche Handlungen müssten eine internationale Dimension haben. In diese Kategorie würden Verbrechen fallen, die den Weltfrieden, die internationale Sicherheit und die friedlichen Beziehungen zwischen Staaten erschüttern könnten, sowie schwere, anhaltende Verletzungen der Menschenrechte.
53 
Angesichts dessen erscheint die Anwendung des Ausschlusstatbestandes auf den Kläger - auch bei Berücksichtigung des abgesenkten Beweismaßes (vgl. Treiber, a.a.O., § 60 Rn. 263) - nicht (mehr) angemessen, wenngleich der Europäische Gerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls im Bereich von Aktivitäten des internationalen Terrorismus eine verschärfte Auslegung postulieren und insbesondere davon abgerückt sind, dass (grundsätzlich) nur mit einer Machtposition versehene Personen den Ausschlussgrund verwirklichen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 -, BVerwGE 140, 114 unter Bezug auf EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, NVwZ 2011, 285; siehe auch BVerwG, Urteil vom 19.11.2013 - 10 C 26.12 -, NVwZ-RR 2014, 283). Die Auslegungsrichtlinien des UNHCR entfalten zwar keine rechtliche Bindung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26.09.2006 - 2 BvR 1731/04 -, BVerfGK 9, 259). Sie stellen aber regelmäßig eine beachtliche Rechtsauffassung zur Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Die hier herangezogenen Auslegungsrichtlinien sind auch erst nach Erlass der Sicherheitsratsresolutionen 1269 (1999) und 1373 (2001) verfasst worden und können daher nicht durch diese überholt sein. Die Richtlinien stellen ausweislich des sie einleitenden Textes eine Zusammenfassung der „Background Note on the Application of the Exclusion Clauses: Article 1 F of the 1951 Convention relating to the Status of Refugees“ dar. Diese wiederum beschäftigt sich ausdrücklich mit dem Begriff des Terrorismus nach dem 11.09.2001 (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12.03.2008 - 2 BvR 378/05 -, InfAuslR 2008, 263). Den in den Auslegungsrichtlinien vorgesehenen Restriktionen kommt deshalb auch aktuell noch besondere Bedeutung zu.
54 
Ausgehend davon lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger derzeit (noch immer) der Anerkennung als Asylberechtigter beziehungsweise des Flüchtlingsschutzes unwürdig ist. Abgesehen von der Strafverbüßung fällt zu seinen Gunsten ins Gewicht, dass sich eine Strafbarkeit gemessen am deutschen Strafrecht nicht sicher feststellen lässt. Da die Verurteilung des Klägers nicht in Deutschland erfolgte, ist das Strafurteil zwar noch immer (zumindest) als ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Tatbegehung anzusehen, kann jedoch trotz der für Frankreich anzunehmenden hohen rechtsstaatlichen Standards im vorliegenden Zusammenhang nicht den gleichen Stellenwert haben wie ein deutsches Strafurteil (vgl. Zeitler, HTK-AuslR / § 60 AufenthG / zu Abs. 8 Satz 2 04/2013 Nr. 3). Insbesondere hat das Oberlandesgericht Stuttgart hierzu in seinem Beschluss vom 07.04.2003 ausgeführt, soweit nach deutschem Recht der Tatbestand der Verabredung eines Tötungsdelikts nach § 30 Abs. 2, §§ 211, 212 StGB in Betracht komme, lasse sich weder anhand der zunächst eingegangenen Auslieferungsunterlagen noch anhand ihrer späteren Ergänzungen hinreichend klären, ob die in Aussicht genommene Tat nach Ort, Zeit und Inhalt bereits in dem erforderlichen Maße konkretisiert gewesen sei. Den Auslieferungsunterlagen sei auch nicht zu entnehmen, dass dem Kläger das Organisationsdelikt der Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b in Verbindung mit §§ 129, 129a StGB zur Last fiele. Offen bleibe schließlich, ob dem Kläger bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts das Organisationsdelikt der Mitgliedschaft in einer inländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung nach §§ 129, 129a StGB vorzuwerfen wäre. Vor diesem Hintergrund ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sich der Kläger gemessen am deutschen Recht straflos verhalten hat. Diesem Gesichtspunkt misst der Senat Bedeutung zu, auch wenn der Ausnahmetatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraussetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.). Denn um der Funktion des Ausschlussgrundes gerecht zu werden, ist in jedem Fall zu prüfen, ob der individuelle Beitrag ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.11.2013, a.a.O.). An dieser Voraussetzung fehlt es.
55 
Zudem fanden die Handlungen des Klägers nach den Feststellungen des französischen Strafgerichts zwar im Rahmen eines islamistischen Netzwerkes statt, lassen sich aber keiner heute noch existierenden oder sonst allgemein bekannten terroristischen Vereinigung verlässlich zuordnen. Vielmehr hat bereits das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 07.04.2003 betont, die vom Außenministerium der Französischen Republik am 06.09.2002 übermittelte ergänzende Sachverhaltsdarstellung des Generalstaatsanwalts beim Appellationsgerichtshof vom 04.09.2002 stelle klar, dass Gegenstand des in Frankreich erhobenen Tatvorwurfs nicht die Mitgliedschaft des Klägers in den allgemeinkundig terroristischen Organisationen Groupe Islamique Armé (GIA) oder GIA Deuxième Région sei, die vornehmlich in Algerien operierten und von dort operierenden Personen beherrscht würden, sondern der Aufbau und die Leitung eines Netzwerks, das zwar mit letzterer Organisation in Verbindung gestanden habe, von dieser jedoch völlig unabhängig gewesen sei und gänzlich andere Ziele verfolgt habe. Soweit sich den Unterlagen der Vorwurf entnehmen lasse, das vom Kläger ins Leben gerufene Netzwerk habe die GIA Deuxième Région unterstützt, sei logistisches Zentrum für deren Anführer sowie für deren algerische Untergrundkämpfer gewesen und habe der Beschaffung von Waffen, Sprengstoff und falschen Papieren dienen sollen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft beim Tribunal de Grande Instance de Paris vom 27.03.2000, S. 14 ff.), fehle es wiederum an der Mitteilung konkreter, dem Kläger zurechenbarer Unterstützungshandlungen. Mithin bestehen auch durchgreifende Zweifel an der notwendigen internationalen Dimension der dem Kläger zuzurechnenden Handlungen. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahre 2011, die letztlich doch zur Auslieferung des Klägers führten, beinhalten keine andere Wertung, da sie auf der Sonderregelung zum Europäischen Haftbefehl beruhen und keine (nähere) inhaltliche Prüfung der Strafbarkeit nach deutschem Recht voraussetzten. Somit deutet auch weiterhin manches - ebenso die Tatsache, dass der Kläger in erster Instanz freigesprochen worden war - auf einen „Indizienprozess“ hin.
56 
Was die die GIA als solche angeht, so dürfte diese zwar ohne Weiteres als terroristisch einzustufen sein, obwohl sie nicht in der sogenannten EU-Terrorliste geführt wird (vgl. Beschluss des Rates 2014/483/GASP als derzeit aktuellste Nachfolgeregelung zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2001/931/GASP). Allerdings kann die GIA zumindest weitgehend als zerschlagen gelten und existiert manchen Quellen zufolge - wenngleich sie personell zum Teil in anderen Gruppierungen aufgegangen sein mag - bereits seit einigen Jahren gar nicht mehr (vgl. etwa Deutsches Orient-Institut an VG Gießen, 15.01.2011).
57 
Schließlich liegt die Begehung der abgeurteilten Handlungen des Klägers nunmehr über 16 Jahre zurück. Erkenntnisse über andere Vorgänge, die zu seinen Lasten gewertet werden könnten, wurden seither nicht gewonnen. Aufgrund seines Alters von 70 Jahren und seiner schweren Erkrankung dürften vom Kläger wohl auch keine gewichtigen oder umfangreichen politischen Aktivitäten mehr zu erwarten sein. Darauf, ob die vom Kläger abgegebene, mit dem 29.01.2015 datierte „Erklärung für das Gericht“, in der er sich zur Gewaltfreiheit bekennt, ein früheres Fehlverhalten aber nicht einräumt und damit auch weder Reue noch Bedauern zum Ausdruck bringt, zusätzlich zu seinen Gunsten gewertet werden könnte, kommt es nicht an.
58 
c) Die Anerkennungsvoraussetzungen für den Kläger sind auch nicht aufgrund einer nachträglichen Änderung der Rechtslage weggefallen. Zwar wurden erst nach dem zur Anerkennung verpflichtenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.09.1995 beziehungsweise auch erst nach der Anerkennungsentscheidung des Bundesamtes vom 31.01.1996 zusätzliche Ausschlussgründe in die Vorschrift des § 51 Abs. 3 AuslG und später in § 60 Abs. 8 AufenthG aufgenommen (vgl. das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus - Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002, BGBl. I S. 361 ff.). Der Kläger erfüllt jedoch keinen dieser Ausschlusstatbestände, so dass sich die Rechtsänderungen nicht zu seinen Lasten auswirken.
II.
59 
Die Kostenentscheidung für das gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreie Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht.

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Bundesamts vom 26.07.2005 zu Recht aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) liegen die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG für einen Widerruf der Asylanerkennung des Klägers sowie der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des (seinerzeitigen) § 51 Abs. 1 AuslG nicht vor.
29 
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 26.07.2005. Auf die Anfechtungsklage des Klägers ist die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids uneingeschränkt zu überprüfen. Eine Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle auf einen von mehreren möglichen Widerrufsgründen würde der Verpflichtung des Verwaltungsgerichts widersprechen, die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen unteilbaren Verwaltungsakts umfassend zu prüfen. Dabei muss das Verwaltungsgericht zum einen auch solche Anfechtungsgründe berücksichtigen, die der Kläger nicht geltend gemacht hat. Zum anderen hat es die Rechtmäßigkeit eines nicht im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakts auch unter Gesichtspunkten zu prüfen, die von der Behörde im Bescheid oder im Gerichtsverfahren nicht angeführt worden sind. Denn die Aufhebung eines solchen Verwaltungsakts setzt nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unter anderem seine objektive Rechtswidrigkeit voraus; daran fehlt es auch dann, wenn er unter einem im Bescheid oder im Verfahren nicht angesprochenen Grund rechtmäßig ist. Die vorliegende Klage ist also nicht schon dann begründet, wenn der im Widerrufsbescheid allein angeführte Widerrufsgrund des § 60 Abs. 8 AufenthG nicht gegeben ist, sondern nur dann, wenn der Bescheid auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar ist und er den Adressaten in seinen Rechten verletzt, insbesondere also, wenn auch andere in Betracht kommende Widerrufsgründe ausscheiden. Nur diese Sichtweise wird der im Asylverfahren geltenden Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime gerecht, nach der alle in einem Asylprozess typischerweise relevanten Fragen in einem Prozess abschließend geklärt werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, BVerwGE 146, 31, m.w.N.).
30 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Widerrufs ist § 73 AsylVfG in der durch Gesetz vom 28.08.2013 (BGBl. I S. 3474) mit Wirkung vom 01.12.2013 geänderten Fassung.
31 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (hier noch im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG; jetzt: § 3 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG) unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist gemäß Satz 2 der Vorschrift insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Asylanerkennung oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Satz 2 gilt nicht, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG).
32 
Mit § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12; berichtigt ABl. EU Nr. L 204 vom 05.08.2005 S. 24) über das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft nach Wegfall der die Anerkennung begründenden Umstände umgesetzt. Daher sind die Widerrufsvoraussetzungen in § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie (bzw. nunmehr der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011) auszulegen, die sich ihrerseits an Art. 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - orientieren. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind (vgl. BVerwG vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22, unter Bezug auf Urteil vom 24.02.2011 - 10 C 3.10 -, BVerwGE 139, 109).
33 
Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie ist ein Drittstaatsangehöriger nicht mehr Flüchtling, wenn er nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Bei der Prüfung dieses Erlöschensgrundes haben die Mitgliedstaaten zu untersuchen, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann (Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie regelt die Beweislastverteilung dahingehend, dass der Mitgliedstaat - unbeschadet der Pflicht des Flüchtlings, gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie alle maßgeblichen Tatsachen offenzulegen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen - in jedem Einzelfall nachweist, dass die betreffende Person nicht länger Flüchtling ist oder es nie gewesen ist (vgl. BVerwG vom 01.06.2011, a.a.O.).
34 
Diese Auslegung ist - soweit sich aus Art. 16a GG nichts Abweichendes ergibt - auch auf den Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter anzuwenden, um den es hier ebenfalls geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.11.2011 - 10 C 29.10 -, BVerwGE 141, 161; Bay. VGH, Urteil vom 16.05.2013 - 9 B 12.30032 -, juris).
35 
Die im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelte Jahresfrist für den Widerruf von Verwaltungsakten (§ 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG) findet auf den angefochtenen Bescheid keine Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.06.2012 - 10 C 4.11 -, BVerwGE 143, 183; Bergmann, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 73 AsylVfG Rn. 30).
36 
2. Ausgehend von diesem Maßstab ist der für den Widerruf erforderliche Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen hier nicht eingetreten.
37 
Eine nachträgliche Änderung der Sachlage folgt weder aus veränderten Verhältnissen im Herkunftsland des Klägers (dazu a), noch daraus, dass der Kläger durch eigenes Verhalten nach der Anerkennung durch die nachträgliche Verwirklichung eines Ausschlusstatbestandes einen Grund für den Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen geschaffen hat (dazu b). Auch ein Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen aufgrund einer nachträglichen Änderung der Rechtslage scheidet aus (dazu c).
38 
a) Ein Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen wegen veränderter Verhältnisse im Herkunftsland des Klägers ist zu verneinen, denn es fehlt bereits an der für einen Widerruf erforderlichen erheblichen Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände, so dass es nicht darauf ankommt, ob es sich nur um womöglich bloß vorübergehende oder um hinreichend verfestigte Änderungen handelt.
39 
Eine erhebliche Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände setzt voraus, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland mit Blick auf die Faktoren, aus denen die zur Flüchtlingsanerkennung führende Verfolgungsgefahr hergeleitet worden ist, deutlich und wesentlich geändert haben. In der vergleichenden Betrachtung der Umstände im Zeitpunkt der Flüchtlingsanerkennung und der für den Widerruf gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Sachlage muss sich durch neue Tatsachen eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben. Die Neubeurteilung einer im Kern unveränderten Sachlage reicht nicht aus, denn reiner Zeitablauf bewirkt für sich genommen keine Sachlagenänderung. Allerdings sind wegen der Zeit- und Faktizitätsbedingtheit einer asylrechtlichen Gefahrenprognose Fallkonstellationen denkbar, in denen der Ablauf einer längeren Zeitspanne ohne besondere Ereignisse im Verfolgerstaat im Zusammenhang mit anderen Faktoren eine vergleichsweise höhere Bedeutung als in anderen Rechtsgebieten zukommt (vgl. BVerwG vom 01.06.2011, a.a.O., unter Bezug auf Urteile vom 19.09.2000 - 9 C 12.00 -, BVerwGE 112, 80, 84, und vom 18.09.2001 - 1 C 7.01 -, BVerwGE 115, 118, 124 f.). Aus der konstruktiven Spiegelbildlichkeit von Anerkennungs- und Erlöschensprüfung, in der die gleiche Frage des Vorliegens einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 9 in Verbindung mit Art. 10 der Richtlinie zu beurteilen ist, ergibt sich, dass sich der Maßstab der Erheblichkeit für die Veränderung der Umstände danach bestimmt, ob noch eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O., unter Bezug auf EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 -, Abdulla u.a., NVwZ 2010, 505, Rn. 84 ff., 98 f.).
40 
Eine deutliche und wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland mit Blick auf die Faktoren, aus denen die zur Flüchtlingsanerkennung führende Verfolgungsgefahr hergeleitet worden ist, lässt sich hier - zumal Veränderungen innerhalb eines fortbestehenden Regimes zu beurteilen sind (zu den Anforderungen vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.) - nicht feststellen.
41 
Anknüpfungspunkt für die dem Kläger günstige Entscheidung des Bundesamts vom 31.01.1996, mit der dieser als Asylberechtigter anerkannt wurde und ihm gegenüber die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Algerien festgestellt wurden, waren die in dem rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.09.1995 enthaltenen Erwägungen. Danach gehörte der Kläger zu den Personen, die wegen Aktivitäten für den „Front islamique du Salut“ im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat mit asylerheblichen behördlichen Maßnahmen zu rechnen hatten. Er war als maßgebendes Mitglied in dieser Organisation in B. (Algerien) bei ihrer Gründung tätig und hatte seine fundamentalistische Überzeugung insbesondere auch durch seine Arbeit als Imam zum Ausdruck gebracht. Der Kläger war für sechs Monate im Wüstenlager A. (Algerien) inhaftiert und stand danach bis zu seiner Ausreise aus Algerien am 05.11.1992 unter polizeilicher Kontrolle. Es stand zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts fest, dass er bei der Einreise nach Algerien mit Polizeigewahrsam zum Zweck der Personenkontrolle und mit Verhören rechnen musste, was vor allem der Prüfung dienen sollte, ob er in islamistische Aktivitäten gegen den Heimatstaat oder in Straftaten verwickelt war. Da sich hierfür beim Kläger Verdachtsmomente ergeben würden, wurde es ferner als naheliegend angesehen, dass seine Asylantragstellung in Deutschland bei den algerischen Behörden den Verdacht wecken oder bestärken würde, er sei „als Anhänger der Opposition ins Ausland geflüchtet“, was gleichfalls mit der Folge verbunden wäre, verhaftet und als Regimegegner behandelt zu werden.
42 
Der Wegfall der im Anerkennungsbescheid vom 31.01.1996 bejahten beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit lässt sich danach bei einer Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände derzeit nicht begründen. Soweit sich das Bundesamt auf die Straferlassregelungen in der zur Umsetzung der Charta für Frieden und Nationale Aussöhnung erlassenen Verordnung 06-01 vom 27.02.2006 (veröffentlicht im Journal officiel de la Republique Algerienne No. 11 vom 28.02.2006) beruft, folgt dies zunächst schon daraus, dass der Kläger nicht in deren Anwendungsbereich fällt. Denn die Amnestieregelungen gelten nach dem Wortlaut der Vorschriften nur für diejenigen Personen, die sich den Behörden bis Ende August 2006 gestellt haben. Zwar wird eine weitere Anwendung im Einzelfall durch das Auswärtige Amt bestätigt (vgl. etwa Lagebericht vom 15.04.2009, S. 10); hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass dies auch im Falle des Klägers so wäre.
43 
Dies gilt umso mehr, als Unklarheiten nicht nur in Bezug auf die zeitliche Geltung, sondern insbesondere auch hinsichtlich des personellen Anwendungsbereichs bestehen. Denn ein Strafverfahren auf Grundlage des algerischen Strafgesetzes im Sinne von Art. 2 der Verordnung 06-01 liegt im Fall des Klägers nicht vor. Vielmehr wurde er - nach der Asylanerkennung in Deutschland - von einem französischen Gericht nach französischem Strafrecht verurteilt. Unsicher ist ferner, ob beziehungsweise inwieweit die in Frankreich abgeurteilten Taten dem Ausnahmekatalog aus Art. 10 der Verordnung 06-01 zuzuordnen sind (vgl. zum Ausschluss auch bereits bei Vorbereitungshandlungen etwa die vom Bundesamt im August 2006 herausgegebene Broschüre „Die Amnestieverordnung vom 27.02.2006“, S. 11). Auch das Auswärtige Amt führt zu den Ausschlussklauseln aus, dass aufgrund der Vieldeutigkeit der tatbestandlichen Bestimmungen und der nicht transparenten Entscheidungspraxis der algerischen Behörden Einzelfallprognosen nicht möglich sind (Lagebericht vom 15.04.2009, S. 10).
44 
Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Amnestieregelungen - deren Anwendbarkeit für den Kläger jedenfalls höchst unsicher erscheint - zu einer allgemeinen Liberalisierung geführt hätten, sind angesichts der weiterhin kritischen Sicherheitslage, der nach wie vor bestehenden Repressionsstrukturen und dem nur teilweisen Erfolg der Aussöhnungspolitik (vgl. dazu Lageberichte vom 15.04.2009, S. 5, und vom 31.01.2013, S. 6) nicht vorhanden. Vielmehr bestätigt auch das Auswärtige Amt - noch immer - „ernstzunehmende Hinweise“ auf Übergriffe und Folter durch die algerischen Sicherheitsbehörden und Polizeikräfte, vor allem in Fällen mit Terrorismusbezug (vgl. dazu Lagebericht vom 31.01.2013, S. 21, 22 und 26; ebenso: Österr. AsylGH, Entscheidungen vom 07.09.2012 - Gz. B4 409882-1/2009 -, und vom 04.11.2013 - Gz. B5 415586-1/2010 -, jeweils abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/AsylGH/). Diese Einschätzung wird durch andere Erkenntnisquellen erhärtet (vgl. Deutsches Orient-Institut an VG Gießen, 15.01.2011, amnesty international, Länderbericht Algerien vom Juni 2014, sowie Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 24.02.2010: Berichte zum Militärgeheimdienst DRS über geheime Haftorte mit Folter und Misshandlungen). Angesichts der medienwirksamen Verurteilung beziehungsweise Verhaftung (siehe zu letzterer die bei den Bundesamtsakten befindlichen Presseberichte deutscher Zeitungen, in denen der Kläger auch mit vollem Namen benannt wurde) dürfte der Kläger den algerischen Behörden auch namentlich bekannt (vgl. Stellungnahme des Auswärtigen Amtes gegenüber dem Bundesamt vom 31.05.2007, S. 2) und in das Umfeld terroristischer Aktivitäten gestellt sein. Die mögliche Erwägung, dass angesichts des vorhandenen Strafurteils und des Zeitablaufs kein Anlass zu weiteren Ermittlungen gegen den Kläger durch algerische Behörden bestehe, erscheint fernliegend. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus Gründen des fortgeschrittenen Alters des Klägers oder wegen seiner schweren Erkrankung entfällt. Ob die Sicherheitsbehörden Algeriens diese Umstände berücksichtigen und zum Anlass nehmen würden, den Kläger zu verschonen, erscheint höchst ungewiss.
45 
b) Der Widerruf ist auch nicht deshalb zu Recht erfolgt, weil die Anerkennungsvoraussetzungen dadurch nachträglich weggefallen sind, dass der Kläger mit seinem eigenen Verhalten einen Ausschlusstatbestand verwirklicht hat. In der Person des Klägers ist gegenwärtig keiner der in § 60 Abs. 8 Satz 1 und 2 AufenthG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 AsylVfG geregelten Ausschlussgründe erfüllt.
46 
aa) Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG (rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren) nicht gegeben. Soll ein Widerruf auf diesen Tatbestand gestützt werden, so muss zusätzlich eine konkrete Wiederholungsgefahr bestehen. Diese liegt nur vor, wenn von dem Ausländer in Zukunft neue vergleichbare Straftaten ernsthaft drohen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, a.a.O., unter Bezug auf Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185, 188 ff.). Bei der Prognose sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, aber auch die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und seine Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einer hohen Wiederholungsgefahr verknüpft sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.10.2009 - 10 B 17.09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2009 - A 4 S 120/09 -, juris; Bay. VGH, Urteil vom 25.02.2013 - 9 B 10.30347 -, juris).
47 
Daraus, dass der Kläger offenbar Katalogtaten im Sinne der Regelungen über den Europäischen Haftbefehl begangen hat (vgl. Art. 2 Abs. 2 Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13.06.2002: „Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung“ / „Terrorismus“), ergeben sich für den vorliegenden Zusammenhang keine entscheidenden Schlüsse, da es sich um eine bereichsspezifische Regelung auf dem Gebiet der Strafrechtspflege handelt. Es mag unterstellt werden, dass auch eine Verurteilung in Frankreich der Norm unterfallen kann, zumal der Wortlaut des Ausschlussgrundes anders als etwa § 18 Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG („in der Bundesrepublik Deutschland … zu einer Freiheitsstrafe“) nicht ausdrücklich eine Verurteilung im Inland verlangt (für die Gleichwertigkeit einer Verurteilung in Frankreich: VG Düsseldorf, Urteil vom 01.08.2000 - 11 K 3130/97.A -; mit Vorbehalt auch Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 231). Daneben kann offen bleiben, ob das Merkmal der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren erfüllt ist, obwohl es bei der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe erforderlich ist, dass zumindest eine der Einzelstrafen, aus denen die Gesamtstrafe gebildet wird, eine wenigstens dreijährige Freiheitsstrafe ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, a.a.O.). Dem Urteil des französischen Strafgerichts vom 14.03.2002 lässt sich nicht mit letzter Sicherheit entnehmen, wie die Freiheitsstrafe im Einzelnen gebildet wurde.
48 
Es bedarf hierzu indes keiner abschließenden Würdigung und keiner weiteren Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht, da es jedenfalls an belastbaren Anhaltspunkten für eine konkrete Wiederholungsgefahr fehlt. Die abgeurteilten Taten fanden bis spätestens Mai 1998 statt. Seither sind mehr als 16 Jahre vergangen, ohne dass - soweit bekannt - der Kläger den Sicherheitsbehörden nochmals auffiel. Auch unter Berücksichtigung einer von dem hohen Strafmaß ausgehenden Indizwirkung lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt keine vom Kläger ausgehende hinreichend konkrete Gefährdung mehr erkennen, zumal er mittlerweile 70 Jahre alt ist und an einer schweren Erkrankung leidet.
49 
bb) Eine Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG kommt nicht in Betracht, weil der Kläger die in Frankreich strafrechtlich abgeurteilte(n) Tat(en) nicht vor, sondern erstnach der Aufnahme als Flüchtling begangen hat. Eine entsprechende Anwendung dieses Ausschlussgrundes auf einen Fall, in dem es um eine schwere nichtpolitische Straftat geht, die zwar nach der Aufnahme als Flüchtling, jedoch vor der Einführung des Ausschlussgrundes begangen wurde, scheidet aus. Andernfalls würde man den Ausschlussgrund über seinen Sinn und Zweck hinaus ausdehnen (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 3 Rn. 34; UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Dezember 2003, Rn. 153; Zimmermann, DVBl. 2006, 1478, 1483).
50 
cc) Es besteht ferner nicht der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 2 AsylVfG, denn es ist nicht (mehr) aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, der Kläger habe den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt beziehungsweise sich in relevanter Weise an derartigen Zuwiderhandlungen beteiligt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es bei beiden Ausschlussgründen weder einer gegenwärtigen Gefahr noch einer (nachgelagerten) Verhältnismäßigkeitsprüfung bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.).
51 
Ausschlaggebend hierfür ist, dass der Ausschlussgrund mit der doppelten Zielsetzung geschaffen wurde, zum einen von der Flüchtlingsanerkennung Personen auszuschließen, die als des sich aus ihr ergebenden Schutzes unwürdig angesehen werden, und zum anderen zu verhindern, dass diese Anerkennung den Urhebern bestimmter schwerwiegender Straftaten ermöglicht, sich einer strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, NVwZ 2011, 285, Rn. 104). Im Fall des Klägers kommt die zweite Zielsetzung von vornherein nicht zum Tragen, nachdem er wegen seiner Handlungen in Frankreich strafrechtlich verurteilt wurde und seine Strafe verbüßt hat. Der damit allein berücksichtigungsfähige Gesichtspunkt der fortdauernden Unwürdigkeit rechtfertigt aus Sicht des Senats aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls hier die Anwendung von § 3 Abs. 2 AsylVfG gegenwärtig nicht.
52 
In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinien zum Internationalen Schutz des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) „Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ (HCR/GIP/03/05) vom 04.09.2003 zu verweisen. Darin heißt es unter II. E. Nr. 23 (ähnlich UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, September 1979 / Neuauflage Dezember 2003, Rn. 157; vgl. ferner Zimmermann, DVBl. 2006, 1478, 1484), die Anwendung der Ausschlussklauseln sei möglicherweise nicht mehr gerechtfertigt, wenn das Verbrechen als verbüßt gelte. Das könne der Fall sein, wenn die Person die Strafe für das betreffende Verbrechen verbüßt habe oder etwa wenn die Straftat lange Zeit zurückliege. Maßgebliche Faktoren seien hier die Schwere der Tat, die vergangene Zeit und jeder Ausdruck des Bedauerns durch die betreffende Person. Einige Verbrechen seien so schwerwiegend und verabscheuungswürdig, dass die Anwendung selbst im Fall einer Begnadigung oder Amnestie als gerechtfertigt angesehen werde. Ferner heißt es unter II. C. Nr. 17 zu dem in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 (i.V.m. Satz 2) AsylVfG aufgegriffenen Ausschlussgrund des Art. 1 F (c) GFK, angesichts der umfassenden, allgemeinen Formulierung der Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen sei der Anwendungsbereich dieser Kategorie eher unklar, weshalb dieser Unterabsatz eng ausgelegt werden solle. Eine Berufung auf Artikel 1 F (c) komme nur unter extremen Umständen im Fall von Handlungen vor, die einen Angriff auf die Grundlagen der Koexistenz der internationalen Staatengemeinschaft darstellten. Solche Handlungen müssten eine internationale Dimension haben. In diese Kategorie würden Verbrechen fallen, die den Weltfrieden, die internationale Sicherheit und die friedlichen Beziehungen zwischen Staaten erschüttern könnten, sowie schwere, anhaltende Verletzungen der Menschenrechte.
53 
Angesichts dessen erscheint die Anwendung des Ausschlusstatbestandes auf den Kläger - auch bei Berücksichtigung des abgesenkten Beweismaßes (vgl. Treiber, a.a.O., § 60 Rn. 263) - nicht (mehr) angemessen, wenngleich der Europäische Gerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls im Bereich von Aktivitäten des internationalen Terrorismus eine verschärfte Auslegung postulieren und insbesondere davon abgerückt sind, dass (grundsätzlich) nur mit einer Machtposition versehene Personen den Ausschlussgrund verwirklichen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 -, BVerwGE 140, 114 unter Bezug auf EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, NVwZ 2011, 285; siehe auch BVerwG, Urteil vom 19.11.2013 - 10 C 26.12 -, NVwZ-RR 2014, 283). Die Auslegungsrichtlinien des UNHCR entfalten zwar keine rechtliche Bindung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26.09.2006 - 2 BvR 1731/04 -, BVerfGK 9, 259). Sie stellen aber regelmäßig eine beachtliche Rechtsauffassung zur Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Die hier herangezogenen Auslegungsrichtlinien sind auch erst nach Erlass der Sicherheitsratsresolutionen 1269 (1999) und 1373 (2001) verfasst worden und können daher nicht durch diese überholt sein. Die Richtlinien stellen ausweislich des sie einleitenden Textes eine Zusammenfassung der „Background Note on the Application of the Exclusion Clauses: Article 1 F of the 1951 Convention relating to the Status of Refugees“ dar. Diese wiederum beschäftigt sich ausdrücklich mit dem Begriff des Terrorismus nach dem 11.09.2001 (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12.03.2008 - 2 BvR 378/05 -, InfAuslR 2008, 263). Den in den Auslegungsrichtlinien vorgesehenen Restriktionen kommt deshalb auch aktuell noch besondere Bedeutung zu.
54 
Ausgehend davon lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger derzeit (noch immer) der Anerkennung als Asylberechtigter beziehungsweise des Flüchtlingsschutzes unwürdig ist. Abgesehen von der Strafverbüßung fällt zu seinen Gunsten ins Gewicht, dass sich eine Strafbarkeit gemessen am deutschen Strafrecht nicht sicher feststellen lässt. Da die Verurteilung des Klägers nicht in Deutschland erfolgte, ist das Strafurteil zwar noch immer (zumindest) als ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Tatbegehung anzusehen, kann jedoch trotz der für Frankreich anzunehmenden hohen rechtsstaatlichen Standards im vorliegenden Zusammenhang nicht den gleichen Stellenwert haben wie ein deutsches Strafurteil (vgl. Zeitler, HTK-AuslR / § 60 AufenthG / zu Abs. 8 Satz 2 04/2013 Nr. 3). Insbesondere hat das Oberlandesgericht Stuttgart hierzu in seinem Beschluss vom 07.04.2003 ausgeführt, soweit nach deutschem Recht der Tatbestand der Verabredung eines Tötungsdelikts nach § 30 Abs. 2, §§ 211, 212 StGB in Betracht komme, lasse sich weder anhand der zunächst eingegangenen Auslieferungsunterlagen noch anhand ihrer späteren Ergänzungen hinreichend klären, ob die in Aussicht genommene Tat nach Ort, Zeit und Inhalt bereits in dem erforderlichen Maße konkretisiert gewesen sei. Den Auslieferungsunterlagen sei auch nicht zu entnehmen, dass dem Kläger das Organisationsdelikt der Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b in Verbindung mit §§ 129, 129a StGB zur Last fiele. Offen bleibe schließlich, ob dem Kläger bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts das Organisationsdelikt der Mitgliedschaft in einer inländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung nach §§ 129, 129a StGB vorzuwerfen wäre. Vor diesem Hintergrund ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sich der Kläger gemessen am deutschen Recht straflos verhalten hat. Diesem Gesichtspunkt misst der Senat Bedeutung zu, auch wenn der Ausnahmetatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraussetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.). Denn um der Funktion des Ausschlussgrundes gerecht zu werden, ist in jedem Fall zu prüfen, ob der individuelle Beitrag ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.11.2013, a.a.O.). An dieser Voraussetzung fehlt es.
55 
Zudem fanden die Handlungen des Klägers nach den Feststellungen des französischen Strafgerichts zwar im Rahmen eines islamistischen Netzwerkes statt, lassen sich aber keiner heute noch existierenden oder sonst allgemein bekannten terroristischen Vereinigung verlässlich zuordnen. Vielmehr hat bereits das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 07.04.2003 betont, die vom Außenministerium der Französischen Republik am 06.09.2002 übermittelte ergänzende Sachverhaltsdarstellung des Generalstaatsanwalts beim Appellationsgerichtshof vom 04.09.2002 stelle klar, dass Gegenstand des in Frankreich erhobenen Tatvorwurfs nicht die Mitgliedschaft des Klägers in den allgemeinkundig terroristischen Organisationen Groupe Islamique Armé (GIA) oder GIA Deuxième Région sei, die vornehmlich in Algerien operierten und von dort operierenden Personen beherrscht würden, sondern der Aufbau und die Leitung eines Netzwerks, das zwar mit letzterer Organisation in Verbindung gestanden habe, von dieser jedoch völlig unabhängig gewesen sei und gänzlich andere Ziele verfolgt habe. Soweit sich den Unterlagen der Vorwurf entnehmen lasse, das vom Kläger ins Leben gerufene Netzwerk habe die GIA Deuxième Région unterstützt, sei logistisches Zentrum für deren Anführer sowie für deren algerische Untergrundkämpfer gewesen und habe der Beschaffung von Waffen, Sprengstoff und falschen Papieren dienen sollen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft beim Tribunal de Grande Instance de Paris vom 27.03.2000, S. 14 ff.), fehle es wiederum an der Mitteilung konkreter, dem Kläger zurechenbarer Unterstützungshandlungen. Mithin bestehen auch durchgreifende Zweifel an der notwendigen internationalen Dimension der dem Kläger zuzurechnenden Handlungen. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahre 2011, die letztlich doch zur Auslieferung des Klägers führten, beinhalten keine andere Wertung, da sie auf der Sonderregelung zum Europäischen Haftbefehl beruhen und keine (nähere) inhaltliche Prüfung der Strafbarkeit nach deutschem Recht voraussetzten. Somit deutet auch weiterhin manches - ebenso die Tatsache, dass der Kläger in erster Instanz freigesprochen worden war - auf einen „Indizienprozess“ hin.
56 
Was die die GIA als solche angeht, so dürfte diese zwar ohne Weiteres als terroristisch einzustufen sein, obwohl sie nicht in der sogenannten EU-Terrorliste geführt wird (vgl. Beschluss des Rates 2014/483/GASP als derzeit aktuellste Nachfolgeregelung zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2001/931/GASP). Allerdings kann die GIA zumindest weitgehend als zerschlagen gelten und existiert manchen Quellen zufolge - wenngleich sie personell zum Teil in anderen Gruppierungen aufgegangen sein mag - bereits seit einigen Jahren gar nicht mehr (vgl. etwa Deutsches Orient-Institut an VG Gießen, 15.01.2011).
57 
Schließlich liegt die Begehung der abgeurteilten Handlungen des Klägers nunmehr über 16 Jahre zurück. Erkenntnisse über andere Vorgänge, die zu seinen Lasten gewertet werden könnten, wurden seither nicht gewonnen. Aufgrund seines Alters von 70 Jahren und seiner schweren Erkrankung dürften vom Kläger wohl auch keine gewichtigen oder umfangreichen politischen Aktivitäten mehr zu erwarten sein. Darauf, ob die vom Kläger abgegebene, mit dem 29.01.2015 datierte „Erklärung für das Gericht“, in der er sich zur Gewaltfreiheit bekennt, ein früheres Fehlverhalten aber nicht einräumt und damit auch weder Reue noch Bedauern zum Ausdruck bringt, zusätzlich zu seinen Gunsten gewertet werden könnte, kommt es nicht an.
58 
c) Die Anerkennungsvoraussetzungen für den Kläger sind auch nicht aufgrund einer nachträglichen Änderung der Rechtslage weggefallen. Zwar wurden erst nach dem zur Anerkennung verpflichtenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.09.1995 beziehungsweise auch erst nach der Anerkennungsentscheidung des Bundesamtes vom 31.01.1996 zusätzliche Ausschlussgründe in die Vorschrift des § 51 Abs. 3 AuslG und später in § 60 Abs. 8 AufenthG aufgenommen (vgl. das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus - Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002, BGBl. I S. 361 ff.). Der Kläger erfüllt jedoch keinen dieser Ausschlusstatbestände, so dass sich die Rechtsänderungen nicht zu seinen Lasten auswirken.
II.
59 
Die Kostenentscheidung für das gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreie Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Jan. 2015 - A 9 S 314/12 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 129 Bildung krimineller Vereinigungen


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstm

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Apr. 2009 - A 4 S 120/09

bei uns veröffentlicht am 21.04.2009

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - geändert. Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verp

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - geändert. Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am … 1976 geborene Kläger ist srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 04.09.1995 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik ein, wo er am 06.09.1995 die Anerkennung als Asylberechtigter beantragte. Bei seinen Anhörungen im September 1995 trug er vor: Er habe in Sri Lanka im Jaffna-Gebiet gelebt. 1993 sei sein älterer Bruder von der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) erschossen worden. Im Dezember 1994 habe er nach Colombo gehen wollen, weil er Angst gehabt habe, von der Tigerbewegung getötet zu werden. In Vavuniya sei er am 01.12.1994 von der Armee festgenommen worden. Wegen vorhandener Verletzungen sei er verdächtigt worden, Tiger-Angehöriger zu sein. Im Rahmen seiner Festnahme sei er auch gefesselt und geschlagen worden. Am 12.12.1994 sei er wieder freigelassen worden. Sein in Vavuniya lebender Onkel habe ihn freigekauft. Dieser habe ihm geraten, das Land zu verlassen. Mit der Tigerbewegung habe er keine Probleme gehabt, aber er sei vor fünf Jahren bei einem Hubschrauberangriff der Armee auf sein Dorf am Arm angeschossen und schwer verletzt worden. Mit Bescheid vom 06.10.1995 lehnte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte zugleich fest, das die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. sowie Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG a.F. nicht vorliegen. Auf die hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde die Beklagte mit (rechtskräftigem) Urteil vom 20.01.1998 (- A 3 K 16180/95 -) unter Aufhebung des Bescheids vom 06.10.1995 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen. Dem kam das Bundesamt mit Bescheid vom 19.03.1998 nach.
Der Kläger ist in der Bundesrepublik wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: Er wurde vom Amtsgericht Ludwigsburg am 28.01.1997 (- 8 CS 52 JS 98074/96 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen, am 21.07.1997 (- 8 CS 57 JS 42838/97 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen und am 11.11.1997 (- 8 CS 57 JS 83514/97 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen - jeweils wegen Verstößen gegen das Asylverfahrensgesetz - verurteilt. Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen erhielt er durch das Amtsgericht Ludwigsburg am 30.12.1997 (- 8 CS 57 JS 92701/97 1245 VRS -) wegen Leistungserschleichung in drei Fällen, Diebstahls und Beihilfe zum versuchten geringwertigen Betrug. Am 23.04.1998 wurde er durch das Amtsgericht Stuttgart (- B 18 CS 104 JS 13988/98 1245 VRS -) wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 20.07.1998 (- 8 CS 57 JS 42838/97 1245 VRS) wurde aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 21.07.1997 und vom 30.12.1997 eine nachträgliche Gesamtstrafe von 42 Tagessätzen gebildet. Mit Urteil vom 02.11.2000 (- 16 KLS 201 JS 82491/99 3253 VRS -) wurde er vom Landgericht Stuttgart wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Mitglied einer im Stuttgarter Raum ansässigen Gruppierung srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit, die sich zusammenfand, um eine unbestimmte Anzahl von Personen zumeist tamilischer Volkszugehörigkeit ohne das erforderliche Einreisevisum nach Deutschland und die eingereisten oder andere in Deutschland aufenthaltsberechtigte Personen von Stuttgart aus über den Seeweg - via Frankreich oder Belgien unter Verstoß gegen Einreisebestimmungen - nach Großbritannien zu bringen. Die Ausreisewilligen hatten hierfür erhebliche Geldbeträge zu zahlen. Der Kläger begleitete zusammen mit Mittätern die Personen, die ohne die erforderlichen Einreisepapiere über Frankreich oder Belgien nach Großbritannien gelangen wollten, bis zu den Kanalhäfen nach Belgien oder Frankreich. Sie suchten auf Lkw-Parkplätzen geeignete Speditionslaster, die auf dem Weg nach Großbritannien waren. Sie öffneten die Planen der Lkws, versteckten die Ausreisewilligen auf der Ladefläche und verplombten anschließend die Planen wieder. Der Kläger führte auch eigenverantwortlich zahlreiche Personentransporte unter Verstoß gegen Einreise- und Ausreisebestimmungen durch. Hierfür setzte er zwei Fahrer ein. Auch andere Mitglieder der Gruppe organisierten teilweise selbständig Schleusungsfahrten und halfen sich gegenseitig - etwa mit Fahrern oder Vermittlung von „know how“ - aus. Das gemeinsame Interesse ging dahin, Anlaufstelle für ausreisewillige Personen zu sein, um sämtlichen Mitgliedern der Gruppe eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen. Der Kläger erhielt für jeden ausreisewilligen Erwachsenen, den er nach Belgien oder Frankreich brachte, ca. 1.100,-- DM bzw. erhoffte sich einen Betrag in dieser Höhe. In der Zeit von August 1999 bis Januar 2000 führte der Kläger 22 Fahrten durch, bei denen er zusammen mit einem von ihm bezahlten Fahrer die Schleusungswilligen nach Belgien oder Frankreich brachte. Im Rahmen einer der Fahrten im Zeitraum vom 22.10.1999 bis 24.10.1999 wurde der Kläger von der belgischen Polizei festgenommen und befand sich bis zum 23.11.2000 in belgischer Haft. Im Anschluss hieran setzte er seine Schleusertätigkeit fort, bis er am 23.01.2000 von der deutschen Polizei festgenommen wurde. Der Kläger wurde am 09.04.2003 - bei einer Bewährungszeit von drei Jahren - aus der Haft entlassen. Am 28.02.2005 wurde er vom Amtsgericht Limburg an der Lahn (- 7 JS 4989/05 52CS -) wegen Diebstahls und Unterschlagung geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Daraufhin wurde die Bewährungszeit um ein Jahr bis zum 21.03.2007 verlängert. Am 09.05.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt (- C 3 Cs 34 Js 37383/07 3258 VRs -) wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Am 29.01.2008 wurde er vom Amtsgericht Tübingen (- 4 Cs 15 Js 21770/07 960 VRs -) wegen gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt, die Fahrerlaubnis wurde ihm bis zum 28.07.2008 gesperrt.
Mit bestandskräftiger Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.04.2002 wurde der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 13.10.2004 gab das Bundesamt dem Kläger Gelegenheit, sich innerhalb eines Monats zum beabsichtigten Widerruf des Anerkennungsbescheids vom 19.03.1998 zu äußern. Es führte zur Begründung an, die Sachlage in Sri Lanka habe sich geändert. Eine Gruppenverfolgung der Tamilen bestehe inzwischen nicht mehr. Unabhängig hiervon stehe der Großraum Colombo als inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Auch die in seinem Fall als Grundlage für die Anerkennung als Asylberechtigter durch das Verwaltungsgericht Stuttgart angenommene Festnahme durch srilankische Sicherheitskräfte vor seiner Ausreise führe zu keiner anderen Einschätzung. Mit Schreiben vom 18.10.2004 wandte der Kläger ein, unverändert ließen die Verhältnisse in Sri Lanka eine Rückkehr nicht zu. Weiter habe er nach der Verhaftung am 23.01.2000 in einem „Schleuserverfahren“ „ausgepackt“ und dadurch dazu beigetragen, dass eine Reihe von Schleusern hätten überführt werden können. Sein Vater sei am 26.05.2001 von der LTTE erschossen worden. Die von ihm Verratenen hätten die LTTE mit monatlichen Beiträgen unterstützt. Die Ermordung des Vaters sei eine Reaktion auf sein Verhalten gewesen. Bei einer Rückkehr würde er sicher ebenfalls unbeschadet des stagnierenden Friedensprozesses als Verräter umgebracht werden. Er bedauere seine Straftaten. Eine Wiederholung sei im Übrigen schon dadurch ausgeschlossen, dass er für die einschlägigen Kreise durch seine Zusammenarbeit mit der Polizei „verbrannt“ sei. Das Bundesamt widerrief mit Bescheid vom 12.07.2005 die Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 1) sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG a.F. vorliegen (Nr. 2). Gleichzeitig stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nr. 3) noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (Nr. 4). In der Begründung heißt es im Wesentlichen: Der Kläger habe bei einer Rückkehr in seine Heimat nicht mehr mit politisch motivierter Verfolgung zu rechnen. Soweit im verpflichtenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart festgestellt worden sei, dass er aufgrund der Narben als LTTE-Zugehöriger angesehen werden könne, könne dies nunmehr keine besondere Gefährdung mehr darstellen. Er sei nach eigener Aussage bereits fast zehn Jahre lang nicht mehr in seiner Heimat gewesen, was auch den srilankischen Sicherheitskräften nicht verborgen bleiben dürfte, wenn er jetzt nach Sri Lanka zurückkehren würde. Allein diese lange Abwesenheit aus der Heimat beweise bereits, dass er nicht der LTTE zugehörig sei. Die Einlassung, er habe in einem Schleuserverfahren ausgesagt und deshalb drohe ihm bei einer Rückkehr der Tod, könne nicht nachvollzogen werden. Es sei nicht substantiiert dargetan worden, inwieweit seine Aussagen im Schleuserverfahren in Zusammenhang mit einer potentiellen Gefahr bei einer Rückkehr stünden. Auf Grund seiner tamilischen Volkszugehörigkeit habe er politische Verfolgung nicht mehr zu befürchten. Seit dem 24.12.2001 hielten Regierung und LTTE eine Waffenruhe ein.
Die hiergegen am 18.07.2005 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 03.05.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht von der zwingenden Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG Gebrauch gemacht. Eine von der Rechtskraft befreiende entscheidungserhebliche Änderung der Sachlage sei im Falle des Klägers gegeben, berücksichtige man die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen wesentlichen Faktoren, wie die allgemeine und politische Lage und die allgemeine Menschenrechtslage in Sri Lanka. Die frühere Verfolgungsprognose sei darauf gestützt gewesen, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungsmaßnahmen der LTTE im Norden zu rechnen habe und eine Inhaftierung durch die Sicherheitskräfte im Süden des Landes erlitten hätte. Diese für den Kläger angenommene Gefährdungslage habe sich so nachhaltig verändert, dass auf sie die angenommene Verfolgungsprognose nicht mehr gestützt werden könne. Vielmehr sei er jetzt vor einer derartigen Verfolgung hinreichend sicher.
Mit der vom Senat durch Beschluss vom 15.01.2009 - 4 S 656/06 -antragsgemäß zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 03. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - zu ändern und den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids vom 12.07.2005 zu verpflichten festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG,
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hilfsweise nach § 60 Abs. 5 AufenthG,
11 
hilfsweise nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt.
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Zur Begründung trägt er vor: Die Situation in Sri Lanka habe sich weiter drastisch verschlechtert. Im Hinblick auf die aktuelle Verfolgungssituation der tamilischen Minderheit in Sri Lanka liege die Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung, jedenfalls für Untergruppen jüngerer Tamilinnen und Tamilen im Rekrutierungsalter der LTTE sowie der paramilitärischen tamilischen Gruppierungen, mithin im Alter von etwa 15 bis etwa 40 Jahren, vor. Insoweit bestehe zwischen allen Personen und Institutionen, die in letzter Zeit Berichte zur Menschenrechtsituation in Sri Lanka abgegeben hätten, Einigkeit dahingehend, dass von einer drastischen Verschärfung der Verfolgungssituation für Tamilen in Sri Lanka seit dem Amtsantritt des jetzigen Präsidenten gesprochen werden müsse. Die srilankische Regierung verfolge eine allein militärische Strategie und wolle die LTTE „niederwerfen“. Dies habe zu einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs geführt, der bis heute andauere. Im Zuge dieses Bürgerkriegs sei zu konstatieren, dass Angehörige der tamilischen Minderheit einem „Generalverdacht“ unterlägen, die LTTE als separatistische Ziele verfolgende Gruppierung zu unterstützen. Gerade auf Grund des angesprochenen Generalverdachts müsse jedes Mitglied der tamilischen Bevölkerung in Sri Lanka, zumindest Angehörige dieser Ethnie in der vorstehend gebildeten Untergruppe, damit rechnen, willkürlich inhaftiert, misshandelt und gegebenenfalls auch getötet zu werden. Die Zahlen der hiervon Betroffenen - soweit überhaupt feststellbar - seien extrem nach oben geschnellt, so habe die Zahl der Verschwundenen in Sri Lanka im letzten Jahr derart zugenommen, dass Sri Lanka im Weltvergleich einen unrühmlichen Spitzenplatz einnehme. Die nunmehrigen gesetzlichen Bestimmungen - sofern selbst diese noch eingehalten würden - erlaubten es den srilankischen Sicherheitsorganen, Personen praktisch grenzenlos festzuhalten, ohne dass eine effektive gerichtliche Überprüfung möglich sei. Es sei zu konstatieren, dass es offenbar staatlichem Willen entspreche, die Sicherheitskräfte völlig grenzen- und kontrolllos walten zu lassen, ohne dass diese in irgendeiner Art und Weise befürchten müssten, bei menschenrechtswidrigen Übergriffen zur Verantwortung gezogen zu werden. Erst recht gelte dies dann für Angehörige der paramilitärischen Gruppierungen wie etwa der sogenannten Karuna-Gruppe, die im Osten Sri Lankas nach den Ausführungen des Auswärtigen Amts förmlich eine „Schreckensherrschaft“ etabliert hätten. Bei dieser Situation sei die Lage für Angehörige der tamilischen Minderheit vollkommen aussichtslos, es bleibe allein dem Zufall überlassen, ob sie Opfer derartiger Übergriffe würden oder nicht. Die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung lägen daher vor, dies gelte erst recht für die Gruppe jüngerer Tamilinnen und Tamilen, denen - wie bereits in den 90er Jahren - in besonderem Maße pauschal eine Affinität zur LTTE unterstellt werde und die deshalb erst recht mit asylrelevanten Maßnahmen der vorstehend beschriebenen Art und Weise rechnen müssten. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn ein tamilischer Flüchtling seine Heimat seinerzeit auch individuell unter dem Druck entsprechender Verfolgungsmaßnahmen bzw. der konkreten Gefahr derartiger Verfolgungsmaßnahmen verlassen habe. Er habe - unbestritten und auch im Widerrufsverfahren nicht in Frage gestellt - vorgetragen, dass er Sri Lanka verlassen habe, weil er asylrechtlich erhebliche Übergriffe sowohl von Seiten der srilankischen Sicherheitsbehörden als auch von Seiten der LTTE befürchte. Angesichts der vorstehend skizzierten Situation in Sri Lanka sei davon auszugehen, dass derartige Verfolgungsmaßnahmen weiterhin zumindest überwiegend wahrscheinlich seien, jedenfalls nicht - nur dies könne einen Widerruf rechtfertigen - nach menschlichem Ermessen praktisch ausgeschlossen seien. Soweit die Beklagte auf § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG abstelle, weise sie selbst darauf hin, dass es nach der Verurteilung im Jahr 2005 keinerlei Auffälligkeiten mehr gegeben habe. Strafrechtliche Verfehlungen seien also seitdem über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren nicht mehr aufgetreten. Die Wertung der Beklagten, seine Bestrafung habe bei ihm keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, sei nicht nachvollziehbar.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie führt aus: Es entspreche ihrer grundsätzlichen gegenwärtigen Praxis, Widerrufsbescheide in Verfahren srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Herkunft im Hinblick auf die zur Zeit fragliche hinreichende Rückkehrsicherheit aufzuheben. Die Voraussetzungen für das weitere Bestehen der Asylanerkennung bzw. der Feststellung eines Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG a.F. sei in Bezug auf den Kläger aber gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Insoweit verweist die Beklagte auf ihre Ausführungen im Berufungszulassungsverfahren, wonach bei dem Kläger die konkrete Gefahr gegeben sei, dass er im Bundesgebiet weitere schwere Straftaten begehe. Hierfür spreche zunächst die gesamte „kriminelle Karriere“ des Klägers, der bereits vor seiner Asylanerkennung mehrfach straffällig geworden sei und dessen Straftaten sich bis zu der Verurteilung vom 02.11.2000 in ihrer Schwere gesteigert hätten. Die Verurteilung wegen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen belege, dass der Kläger in ein kriminelles Netzwerk eingebunden gewesen sei und mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. Nach der Aussetzung der zu verbüßenden Restfreiheitsstrafe zur Bewährung habe er sich des Diebstahls und der Unterschlagung schuldig gemacht und dadurch seine rechtsfeindliche Gesinnung gezeigt. Das Wohlverhalten, welches der Kläger seit zwei Jahren augenscheinlich zeige, könne nicht verdecken, dass er fast während seines gesamten bisherigen Aufenthalts in Deutschland eine kriminelle Existenz am Rande der Gesellschaft geführt habe und dass er überwiegend von Gelegenheitsarbeiten und Sozialhilfe gelebt habe. Nach der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.04.2002 sei die religiös angetraute Ehefrau des Klägers ebenfalls wegen Straftaten aus Deutschland ausgewiesen worden. Anhaltspunkte für eine nachhaltige, positive Veränderung der persönlichen Verhältnisse des Klägers lägen nicht vor. Daher rechtfertige die langdauernde, schwere Straffälligkeit des Klägers die Prognose, dass von ihm weitere Straftaten mittelfristig zu erwarten seien. Straftaten, die so schwerwiegend seien, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt hätten, seien typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verbunden. Dieser Einschätzung stehe die Aussetzung eines Strafrests zur Bewährung grundsätzlich nicht entgegen. Im Hinblick auf die bereits solchermaßen gegebene Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung komme es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation im Herkunftsland geändert habe. Der Kläger sei zeitnah zur Aussetzung des Strafrests zur Bewährung im Jahr 2004 wiederum straffällig geworden, was zur erneuten Verurteilung im Jahr 2005 und zu einer einjährigen Verlängerung der Bewährungsfrist geführt habe. Allein hierdurch habe der Kläger demonstriert, dass die bis dato erfolgten Verurteilungen im Ergebnis keinen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen hätten. Etwaige Abschiebungshindernisse lägen ebenfalls nicht vor. Hier sei der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen. Insoweit sei festzustellen, dass die tamilische Bevölkerung zwar allein auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht systematisch verfolgt werde, dass aber eine Art Generalverdacht der Sicherheitskräfte gegen sie bestehe, der im Einzelfall bei Vorverfolgung zu einer erneuten Beeinträchtigung der Sicherheit führen könne. Jeder, der der Nähe zur LTTE verdächtigt werde, müsse mit Verhaftung rechnen. Nach aktuellen Erkenntnissen kontrolliere die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern. Sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Anhänger konzentrieren würden. Der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Er habe nicht glaubhaft machen können, während seines Aufenthalts im Bundesgebiet den Kampf der LTTE in seinem Heimatland mit persönlichem Einsatz unterstützt bzw. die Ziele der genannten Terrorgruppe in irgendeiner sonstigen Weise gefördert zu haben. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte führe in seinem Urteil vom 17.07.2008 - Application no. 25904/07 - aus, dass für nach Colombo zurückkehrende Tamilen keine generelle Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung bestehe. Es bedürfe vielmehr der individuellen Prüfung eines jeden Einzelfalls. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass allein im Großraum der Hauptstadt Colombo mehr als 300.000 Tamilen lebten. Die Internetseite TAMILNET berichte kontinuierlich von angeblichen Kontrollen und Inhaftierungen (angeblich meist junger) Tamilen. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussagen handele es sich allerdings schon nach den weiteren dortigen Behauptungen lediglich um einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, der zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen werde. Es liege auf der Hand, dass hierdurch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Inhaftierung nicht abgeleitet werden könne. Ebenso wenig sei beachtlich wahrscheinlich, dass ausgerechnet der Kläger - bei rein theoretischer Unterstellung einer vorübergehenden Festnahme - gelegentlich einer etwaigen solchen Kontrolle einer rechtswidrigen Behandlung unterzogen würde, die die Feststellung eines Abschiebungshindernisses z.B. gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG rechtfertige.
16 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört; hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behörden- sowie die beigezogenen Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden; denn auf diese Möglichkeit war in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 12.07.2005 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) als rechtmäßig, soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen, widerrufen worden sind und festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter 1.). Der streitgegenständliche Bescheid ist aber rechtswidrig, soweit er unter Nr. 4 feststellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, denn der Kläger hat - wie hilfsweise begehrt - einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (hierzu unter 2.).
20 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Bundesamts ist § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, DVBl. 2006, 511).
21 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG a.F.) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist hier der Fall.
22 
Die Voraussetzungen sind gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Nach dieser Bestimmung findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG schließt nicht nur den Anspruch gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bei systematischer Gesetzesauslegung schon aus § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008 - 15 A 620/07.A -, juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.12.2006 - 10 A 10887/06 -, juris).
23 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen insoweit vor, als der Kläger durch (rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist.
24 
Weiter zu prüfen ist, ob der Kläger auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG anzusehen ist. Dabei ist spezialpräventiv auf die von dem Ausländer konkret ausgehende Wiederholungs- oder Rückfallgefahr abzustellen. Das bedeutet, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss, die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt dagegen nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Allein der Umstand, dass der Ausländer die Freiheitsstrafe verbüßt hat, lässt nicht auf einen Wegfall des Wiederholungsrisikos schließen. Denn rechtskräftige Verurteilungen im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG führen regelmäßig zur Verbüßung der Freiheitsstrafe, da eine Aussetzung ihrer Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 StGB wegen der Strafhöhe von vornherein nicht in Betracht kommt. Würde der bloße mit der Strafverbüßung verbundene Zeitablauf regelmäßig zum Wegfall des Ausschlussgrundes führen, liefe die Vorschrift praktisch weitgehend leer. Dies gilt zumal in Asylverfahren, da es hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Falle eines Rechtsstreits auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185 ff. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 AuslG a.F.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
25 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung neuer vergleichbarer Straftaten zu bejahen.
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Insofern spricht gegen den Kläger bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben, zumal im vorliegenden Fall die verhängte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG um zwei Jahre übersteigt. Die vom Kläger verwirklichte Straftat gemäß § 92b Abs. 1 AuslG a.F. gehört zu den besonders schweren Formen des Schleusens illegaler Ausländer und ist Ausdruck erheblicher krimineller Energie. Zu Gunsten des Klägers spricht nach dem Strafurteil vom 02.11.2000 im Wesentlichen, dass er schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Taten angegeben hat, die sonst nicht bekannt geworden wären, und er auch einen Großteil der Taten in der strafrechtlichen Hauptverhandlung einräumte. Hinzu kommen sein von Reue getragenes Geständnis und der Umstand, dass ihn die erlittene (Untersuchungs-)Haft als Erstverbüßer, der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, besonders hart trifft. Zu Lasten des Klägers ist nach den Ausführungen des Strafgerichts dagegen zu berücksichtigen, dass er im Rahmen der Stuttgarter Gruppierung Organisator eigener Schleusungsfahrten war und es sich um eine Vielzahl von Taten handelte, die teilweise innerhalb sehr kurzer Zeiträume begangen wurden. Hierbei wurde vom Strafgericht allerdings auch berücksichtigt, dass mit zunehmender Anzahl der Taten die zu überwindende Hemmschwelle abnahm. Zu Lasten des Klägers wurde weiter berücksichtigt, dass er die in Belgien erlittene Haft als Warnung nicht beachtet und nach seiner Haftentlassung die Schleusertätigkeit fast umgehend wieder aufgenommen hat. Gegen den Kläger spricht nach dem Strafurteil weiterhin die Vorbestrafung, auch wenn es sich hierbei lediglich um Verurteilungen zu Geldstrafen gehandelt hat. Der Kläger hat mit seinem Verhalten gezeigt, dass er bereit ist, gegebenenfalls seinen Lebensunterhalt auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Rechtsordnung zu bestreiten.
27 
Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - vom 07.03.2003 (- StVK 137/03 -), mit dem die weitere Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 zur Bewährung ausgesetzt worden ist, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenso wenig entgegen wie der Beschluss vom 16.06.2005, mit dem die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre (bis 21.03.2007) verlängert worden ist. Die im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung der Strafgerichte bindet weder die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.03.1998 - 1 C 28.97 -, NVwZ 1998, 740, und vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, NVwZ 2001, 442; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.) Das Bundesamt bzw. das dessen Entscheidungen überprüfende Verwaltungsgericht haben vielmehr eine eigenständige Prognose bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr zu treffen. Dies gilt schon deshalb, weil der anzulegende Prognosemaßstab in beiden Fällen ein anderer ist (vgl. zu § 57 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen naturgemäß Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund (auch wenn gemäß der seit 1998 geltenden Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonders zu berücksichtigen ist). Eine günstige Sozialprognose in dem Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, setzt keine weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung voraus, sondern kann auch bei Bestehen eines gewissen Restrisikos getroffen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.02.1999 - 2 WS 14/99 -, StraFO 1999,175). Dabei kann das Strafgericht zu einer günstigen Sozialprognose auch unter Heranziehung der Erwägung gelangen, dass der von der Vollstreckung ausgesetzte Strafrest einen nachhaltigen Druck auf den Verurteilten ausüben wird, sich in der Bewährungszeit straffrei zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.1990 - 1 StE 3/81 StB 39/89 -, EzSt StGB § 57 Nr. 1). Demgegenüber haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht ausschließlich ordnungsbehördliche Überlegungen anzustellen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten des Ausländers steht. Sie sind, da Resozialisierungsgesichtspunkte bzw. den obigen Überlegungen vergleichbare Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen, bei der Einschätzung des Maßes der Wiederholungsgefahr nicht gehalten, ein gleich großes Restrisiko in Kauf zu nehmen wie die Strafgerichte. Ihre Prognose orientiert sich daher im Regelfall an strengeren Kriterien. Unabhängig davon verlangt die ausländerrechtlich erforderliche Prognose - im Gegensatz zu der der Strafgerichte im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB - eine über die Bewährungsdauer hinausgehende längerfristige Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Das bedeutet, dass auch die Frage prognostisch zu beantworten ist, ob der Ausländer sich nach Ablauf der Bewährungszeit, d. h. wenn der Druck der bei Bewährungsversagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei verhalten wird. Schließlich können Umstände, die den Strafgerichten nicht bekannt gewesen oder von ihnen nicht beachtet worden sind, ebenso wie eine andere Würdigung des feststehenden Sachverhalts zu einer abweichenden Prognoseentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Die Entscheidungen der Strafgerichte gemäß § 57 Abs. 1 StGB haben nach alledem lediglich die Bedeutung eines - regelmäßig allerdings gewichtigen - Indizes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend rechtfertigt der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 07.03.2003 nicht die Annahme, dass von dem Kläger auch längerfristig keine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG mehr ausgeht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die lange Dauer der Untersuchungs- und der anschließenden Vollstreckungshaft ausreichend Eindruck auf den Kläger gemacht habe, sich künftig straffrei zu führen. Die nachfolgenden - wenn auch nur mit Geldstrafen geahndeten - drei Straftaten zeigen jedoch, dass diese Annahme verfehlt war. Der Kläger hat die erste Straftat nach der Verurteilung vom 02.11.2000 am 14.11.2004 und damit noch innerhalb seiner Bewährungszeit begangen. Der Diebstahl einer geringwertigen Sache erfolgte unter Ausnutzung seines damaligen Arbeitsverhältnisses als Reinigungskraft und führte zur Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen durch Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg an der Lahn vom 28.02.2005. Daraufhin wurde die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr verlängert. Der Kläger hat sich mit diesem straffälligen Verhalten dem Risiko eines Widerrufs der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus der Verurteilung vom 02.11.2000 ausgesetzt. Der Druck der Bewährungszeit und die damit drohende (weitere) Strafhaft haben ihn nicht von der Begehung einer Straftat abgehalten. Darüber hinaus hat er durch den Diebstahl im Rahmen seiner damaligen Beschäftigung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf genommen. Das Landgericht konnte bei seiner Prognose auch das Verhalten des Klägers nach der (verlängerten) Bewährungszeit nicht berücksichtigen. Dieser hat unmittelbar, nachdem mit Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10.04.2007 die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe erlassen worden war, am 14.04.2007 einen weiteren Diebstahl begangen, der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.05.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen geahndet wurde. Hinzu kamen die am 15.10.2007 verwirklichten gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung gemäß §§ 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, 315c Abs. 1 Nr. 2b, 240 Abs. 1, 52, 69, 69a StGB, die zu einer vom Amtsgericht Tübingen mit Strafbefehl vom 29.01.2008 verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen führten. Damit hat der Kläger Straftaten innerhalb seiner Bewährungszeit, unmittelbar danach und auch im zeitlichen Abstand dazu verwirklicht. Die verbüßte Haftstrafe - selbst teilweise der Bewährungsdruck - hat ihn nicht von der Verwirklichung weiterer Straftaten abgehalten und damit erkennbar nicht ausreichend Eindruck auf ihn gemacht, sich künftig straffrei zu führen, wovon das Landgericht Karlsruhe bei der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgegangen ist.
29 
Zwar hat sich mit der Geburt seines Sohnes im Juli 2008 die familiäre Situation des Klägers geändert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Kläger das Zusammenleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und deren leiblicher Tochter bislang nicht davon abgehalten hat, weitere Straftaten zu begehen, zumal es sich bei seiner Ehefrau um eine mitangeklagte Mittäterin des mit Strafurteil vom 02.11.2000 geahndeten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen handelt. Auch wenn er seit der Verurteilung vom 02.11.2000 keine Straftaten von vergleichbarem Gewicht mehr verwirklicht hat, kann unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Kläger sprechenden Umstände derzeit eine positive längerfristige Prognose dahingehend, dass er keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, (noch) nicht gestellt werden.
30 
Ob das Bundesamt den Widerruf unverzüglich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgesprochen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf dient ausschließlich öffentlichen Interessen. Ein etwaiger Verstoß hiergegen verletzt keine Rechte des betroffenen Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.).
31 
§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte). Dadurch soll der Sondersituation solcher Personen Rechnung getragen werden, die ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Flüchtlingsschicksal erlitten haben und denen es deshalb selbst lange Zeit danach - auch ungeachtet etwaiger veränderter Verhältnisse - nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.2007 - A 6 S 1097/05 -, juris). Eine derartiges Verfolgungsschicksal hat der Kläger nach dem seinem Asylbegehren stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.01.1998 nicht erlitten. Er hat sich auf derartige Gründe auch im Übrigen nicht berufen.
32 
§ 73 Abs. 2a AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts ebenfalls nicht entgegen.
33 
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG bei Widerrufsentscheidungen gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG zu beachten ist. Die Jahresfrist wäre hier eingehalten. Ihr Lauf beginnt frühestens nach einer Anhörung des Ausländers mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.11.2005, a.a.O., und vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Der Widerrufsbescheid erging am 12.07.2005, nachdem das Bundesamt dem Kläger durch Schreiben vom 13.10.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben hatte.
34 
Ist der Widerruf nach dem Vorstehenden bereits gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG wegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 02.11.2000 und der von diesem nach wie vor ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit gerechtfertigt, so kommt es für dessen Rechtmäßigkeit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation des Klägers in Sri Lanka geändert hat, wovon das Bundesamt noch im Bescheid vom 12.07.2005 ausgegangen ist.
35 
Erweist sich somit der angefochtene Widerruf als rechtmäßig, so ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Zusammenhang damit festgestellt hat, dass auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 sowie 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG. Im Hinblick darauf, dass § 60 AufenthG die früheren §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG a.F. ersetzt, gilt nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nichts anderes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Im Übrigen hat die Feststellung ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 27) und (bereits) in diesem Zusammenhang geprüft worden.
36 
2. Die Klage hat Erfolg, soweit der Kläger - hilfsweise - unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts vom 12.07.2005 die Verpflichtung der Beklagten begehrt festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.
37 
Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wird durch § 60 Abs. 8 AufenthG nicht ausgeschlossen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142; BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1).
38 
Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. § 60 Abs. 2 AufenthG erfasst nicht nur ver-folgungsunabhängige, sondern auch verfolgungstypische Gefahren, die in den Anwendungsbereich des Art. 16a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG fallen.
39 
Erheblich sind die in § 60 Abs. 2 AufenthG benannten Gefahren bzw. Repressalien grundsätzlich nur dann, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Allerdings gilt - was die Beklagte verkennt - gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12, - Qualifikationsrichtlinie -) im Fall bereits erlittener Schädigung eine Beweiserleichterung. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie liegen in der Person des Klägers vor.
40 
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Urteil vom 20.01.1998 war der Kläger, der aufgrund vorhandener Narben wegen Verdachts der LTTE-Zugehörigkeit in Sri Lanka durch die Armee festgehalten und misshandelt worden war, von politischer Verfolgung unmittelbar bedroht. Er hat damit Sri Lanka auch nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie als Vorverfolgter verlassen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Es sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr derzeit erneut von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Vielmehr ergibt sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 07.04.2009, dass sich die Situation für Tamilen in Sri Lanka in den letzten Monaten weiter verschärft hat. Danach gibt es für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen allein wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung seit der Aufkündigung des Waffenstillstandabkommens zwischen der Regierung und der LTTE im Januar 2008 immer mehr Anzeichen. Es kommt zu staatlichen repressiven Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Davon sind fast ausschließlich Tamilen betroffen, da sie unter dem Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen. Tamilen werden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt, müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien, PKW-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die im Dezember 2006 verfügte Wiederaufnahme des mit dem Waffenstillstandsabkommen 2002 ausgesetzten Sicherheitsgesetzes „Prevention of Terrorism Act“ von 1979 ist die richterliche Kontrolle solcher Verfolgungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Jeder, der in den Augen der Sicherheitskräfte der Nähe der LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden. Ein Anfangsverdacht, der LTTE nahe zu stehen, trifft Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Colombo oder dem Süden niederlassen. Ebenso steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Der Kläger, der nicht nur bereits unter LTTE-Verdacht verhaftet und misshandelt worden ist, sondern darüber hinaus aus dem Norden stammt und weiterhin Narben aufweist, muss nach alledem konkret mit einer Verhaftung rechnen. Dass es bei derartigen Verhaftungen auch (erneut) zu Misshandlungen und damit einer zumindest erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG kommen kann, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Lagebericht. Danach hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Manfred Novak, nach seinem Sri-Lanka-Besuch im Herbst 2007 festgestellt, dass Folter als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Weiter sind dem Auswärtigen Amt im Frühjahr 2007 Fälle bekannt geworden, in denen im Jahr 2005 nach Sri Lanka zurückgeschobene Tamilen von LTTE und Sicherheitskräften gefoltert worden sind.
41 
Nach der maßgeblichen Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist danach festzustellen, dass sich die allgemeine politische Lage in Sri Lanka in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere in Bezug auf das Risiko von Tamilen, wegen des Verdachts der Unterstützung der LTTE verfolgt zu werden, im Vergleich zum Jahr 1998 nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Auch in der Person des Klägers haben sich keine Änderungen ergeben, die es als zumutbar erscheinen ließen, ihn auf den Schutz seines Heimatstaates zu verweisen. Die Beklagte hat keine stichhaltigen Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass der vorverfolgt ausgereiste Kläger bei einer Rückkehr nicht (erneut) von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Derartige stichhaltige Gründe ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern kontrolliere, und deren Vermutung, sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Angehöriger konzentrieren würden; der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Dem stehen die Ausführungen im aktuellen Lagebericht vom 07.04.2009 entgegen, wonach es innerhalb Sri Lankas keine Gebiete mehr gibt, in denen die beschriebenen Verfolgungshandlungen nicht ausgeübt werden, auch wenn die Intensität der Bedrohung sich in den einzelnen Landesteilen unterscheidet. Nach der sogenannten „Befreiung“ des von der LTTE infiltrierten Gebiets im Osten durch die Regierung bleibt die Lage dort nach wie vor angespannt. Im Norden herrscht weiter offener Krieg, dessen Ende möglich, aber nicht abzusehen ist. Im Übrigen beruht die von der Beklagten vermutete künftige Entwicklung des Verfolgungsrisikos des Klägers allein auf Spekulation, was zur Feststellung stichhaltiger (Gegen-)Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht ausreicht. Auch soweit die Beklagte ausführt, für nach Colombo zurückkehrende Tamilen bestehe keine generelle Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung, allein im Großraum der Hauptstadt Colombo lebten mehr als 300.000 Tamilen und Kontrollen und Inhaftierungen beträfen lediglich einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, die zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen würden, erschüttert sie damit nicht den sich gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie aus der Vorverfolgung des Klägers ergebenden Hinweis, dass dieser bei einer Rückkehr nach Sri Lanka tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden (im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG) zu erleiden.
42 
Offen bleiben kann die vom Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 07.02.2008 - 10 C 33.07 - (juris) vorgelegte Frage, ob Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie einen inneren Zusammenhang zwischen einer erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung und dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, voraussetzt, denn dieser Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Die Vorverfolgung, die den Kläger zur Ausreise aus Sri Lanka veranlasst hat, unterscheidet sich nicht von der ihm derzeit bei einer Rückkehr drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG.
43 
Über die weiteren Hilfsanträge braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall gestellt sind, dass der (erste) Hilfsantrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG keinen Erfolg hat.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylVfG, wobei der Senat von einem „Wert“ des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG von etwa 1/3 ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9.5.1998 - 9 C 5.98 -, AuAS 1998, 224).
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden; denn auf diese Möglichkeit war in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 12.07.2005 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) als rechtmäßig, soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen, widerrufen worden sind und festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter 1.). Der streitgegenständliche Bescheid ist aber rechtswidrig, soweit er unter Nr. 4 feststellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, denn der Kläger hat - wie hilfsweise begehrt - einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (hierzu unter 2.).
20 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Bundesamts ist § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, DVBl. 2006, 511).
21 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG a.F.) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist hier der Fall.
22 
Die Voraussetzungen sind gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Nach dieser Bestimmung findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG schließt nicht nur den Anspruch gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bei systematischer Gesetzesauslegung schon aus § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008 - 15 A 620/07.A -, juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.12.2006 - 10 A 10887/06 -, juris).
23 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen insoweit vor, als der Kläger durch (rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist.
24 
Weiter zu prüfen ist, ob der Kläger auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG anzusehen ist. Dabei ist spezialpräventiv auf die von dem Ausländer konkret ausgehende Wiederholungs- oder Rückfallgefahr abzustellen. Das bedeutet, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss, die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt dagegen nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Allein der Umstand, dass der Ausländer die Freiheitsstrafe verbüßt hat, lässt nicht auf einen Wegfall des Wiederholungsrisikos schließen. Denn rechtskräftige Verurteilungen im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG führen regelmäßig zur Verbüßung der Freiheitsstrafe, da eine Aussetzung ihrer Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 StGB wegen der Strafhöhe von vornherein nicht in Betracht kommt. Würde der bloße mit der Strafverbüßung verbundene Zeitablauf regelmäßig zum Wegfall des Ausschlussgrundes führen, liefe die Vorschrift praktisch weitgehend leer. Dies gilt zumal in Asylverfahren, da es hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Falle eines Rechtsstreits auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185 ff. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 AuslG a.F.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
25 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung neuer vergleichbarer Straftaten zu bejahen.
26 
Insofern spricht gegen den Kläger bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben, zumal im vorliegenden Fall die verhängte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG um zwei Jahre übersteigt. Die vom Kläger verwirklichte Straftat gemäß § 92b Abs. 1 AuslG a.F. gehört zu den besonders schweren Formen des Schleusens illegaler Ausländer und ist Ausdruck erheblicher krimineller Energie. Zu Gunsten des Klägers spricht nach dem Strafurteil vom 02.11.2000 im Wesentlichen, dass er schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Taten angegeben hat, die sonst nicht bekannt geworden wären, und er auch einen Großteil der Taten in der strafrechtlichen Hauptverhandlung einräumte. Hinzu kommen sein von Reue getragenes Geständnis und der Umstand, dass ihn die erlittene (Untersuchungs-)Haft als Erstverbüßer, der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, besonders hart trifft. Zu Lasten des Klägers ist nach den Ausführungen des Strafgerichts dagegen zu berücksichtigen, dass er im Rahmen der Stuttgarter Gruppierung Organisator eigener Schleusungsfahrten war und es sich um eine Vielzahl von Taten handelte, die teilweise innerhalb sehr kurzer Zeiträume begangen wurden. Hierbei wurde vom Strafgericht allerdings auch berücksichtigt, dass mit zunehmender Anzahl der Taten die zu überwindende Hemmschwelle abnahm. Zu Lasten des Klägers wurde weiter berücksichtigt, dass er die in Belgien erlittene Haft als Warnung nicht beachtet und nach seiner Haftentlassung die Schleusertätigkeit fast umgehend wieder aufgenommen hat. Gegen den Kläger spricht nach dem Strafurteil weiterhin die Vorbestrafung, auch wenn es sich hierbei lediglich um Verurteilungen zu Geldstrafen gehandelt hat. Der Kläger hat mit seinem Verhalten gezeigt, dass er bereit ist, gegebenenfalls seinen Lebensunterhalt auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Rechtsordnung zu bestreiten.
27 
Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - vom 07.03.2003 (- StVK 137/03 -), mit dem die weitere Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 zur Bewährung ausgesetzt worden ist, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenso wenig entgegen wie der Beschluss vom 16.06.2005, mit dem die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre (bis 21.03.2007) verlängert worden ist. Die im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung der Strafgerichte bindet weder die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.03.1998 - 1 C 28.97 -, NVwZ 1998, 740, und vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, NVwZ 2001, 442; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.) Das Bundesamt bzw. das dessen Entscheidungen überprüfende Verwaltungsgericht haben vielmehr eine eigenständige Prognose bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr zu treffen. Dies gilt schon deshalb, weil der anzulegende Prognosemaßstab in beiden Fällen ein anderer ist (vgl. zu § 57 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen naturgemäß Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund (auch wenn gemäß der seit 1998 geltenden Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonders zu berücksichtigen ist). Eine günstige Sozialprognose in dem Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, setzt keine weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung voraus, sondern kann auch bei Bestehen eines gewissen Restrisikos getroffen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.02.1999 - 2 WS 14/99 -, StraFO 1999,175). Dabei kann das Strafgericht zu einer günstigen Sozialprognose auch unter Heranziehung der Erwägung gelangen, dass der von der Vollstreckung ausgesetzte Strafrest einen nachhaltigen Druck auf den Verurteilten ausüben wird, sich in der Bewährungszeit straffrei zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.1990 - 1 StE 3/81 StB 39/89 -, EzSt StGB § 57 Nr. 1). Demgegenüber haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht ausschließlich ordnungsbehördliche Überlegungen anzustellen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten des Ausländers steht. Sie sind, da Resozialisierungsgesichtspunkte bzw. den obigen Überlegungen vergleichbare Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen, bei der Einschätzung des Maßes der Wiederholungsgefahr nicht gehalten, ein gleich großes Restrisiko in Kauf zu nehmen wie die Strafgerichte. Ihre Prognose orientiert sich daher im Regelfall an strengeren Kriterien. Unabhängig davon verlangt die ausländerrechtlich erforderliche Prognose - im Gegensatz zu der der Strafgerichte im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB - eine über die Bewährungsdauer hinausgehende längerfristige Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Das bedeutet, dass auch die Frage prognostisch zu beantworten ist, ob der Ausländer sich nach Ablauf der Bewährungszeit, d. h. wenn der Druck der bei Bewährungsversagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei verhalten wird. Schließlich können Umstände, die den Strafgerichten nicht bekannt gewesen oder von ihnen nicht beachtet worden sind, ebenso wie eine andere Würdigung des feststehenden Sachverhalts zu einer abweichenden Prognoseentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Die Entscheidungen der Strafgerichte gemäß § 57 Abs. 1 StGB haben nach alledem lediglich die Bedeutung eines - regelmäßig allerdings gewichtigen - Indizes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend rechtfertigt der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 07.03.2003 nicht die Annahme, dass von dem Kläger auch längerfristig keine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG mehr ausgeht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die lange Dauer der Untersuchungs- und der anschließenden Vollstreckungshaft ausreichend Eindruck auf den Kläger gemacht habe, sich künftig straffrei zu führen. Die nachfolgenden - wenn auch nur mit Geldstrafen geahndeten - drei Straftaten zeigen jedoch, dass diese Annahme verfehlt war. Der Kläger hat die erste Straftat nach der Verurteilung vom 02.11.2000 am 14.11.2004 und damit noch innerhalb seiner Bewährungszeit begangen. Der Diebstahl einer geringwertigen Sache erfolgte unter Ausnutzung seines damaligen Arbeitsverhältnisses als Reinigungskraft und führte zur Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen durch Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg an der Lahn vom 28.02.2005. Daraufhin wurde die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr verlängert. Der Kläger hat sich mit diesem straffälligen Verhalten dem Risiko eines Widerrufs der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus der Verurteilung vom 02.11.2000 ausgesetzt. Der Druck der Bewährungszeit und die damit drohende (weitere) Strafhaft haben ihn nicht von der Begehung einer Straftat abgehalten. Darüber hinaus hat er durch den Diebstahl im Rahmen seiner damaligen Beschäftigung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf genommen. Das Landgericht konnte bei seiner Prognose auch das Verhalten des Klägers nach der (verlängerten) Bewährungszeit nicht berücksichtigen. Dieser hat unmittelbar, nachdem mit Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10.04.2007 die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe erlassen worden war, am 14.04.2007 einen weiteren Diebstahl begangen, der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.05.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen geahndet wurde. Hinzu kamen die am 15.10.2007 verwirklichten gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung gemäß §§ 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, 315c Abs. 1 Nr. 2b, 240 Abs. 1, 52, 69, 69a StGB, die zu einer vom Amtsgericht Tübingen mit Strafbefehl vom 29.01.2008 verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen führten. Damit hat der Kläger Straftaten innerhalb seiner Bewährungszeit, unmittelbar danach und auch im zeitlichen Abstand dazu verwirklicht. Die verbüßte Haftstrafe - selbst teilweise der Bewährungsdruck - hat ihn nicht von der Verwirklichung weiterer Straftaten abgehalten und damit erkennbar nicht ausreichend Eindruck auf ihn gemacht, sich künftig straffrei zu führen, wovon das Landgericht Karlsruhe bei der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgegangen ist.
29 
Zwar hat sich mit der Geburt seines Sohnes im Juli 2008 die familiäre Situation des Klägers geändert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Kläger das Zusammenleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und deren leiblicher Tochter bislang nicht davon abgehalten hat, weitere Straftaten zu begehen, zumal es sich bei seiner Ehefrau um eine mitangeklagte Mittäterin des mit Strafurteil vom 02.11.2000 geahndeten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen handelt. Auch wenn er seit der Verurteilung vom 02.11.2000 keine Straftaten von vergleichbarem Gewicht mehr verwirklicht hat, kann unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Kläger sprechenden Umstände derzeit eine positive längerfristige Prognose dahingehend, dass er keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, (noch) nicht gestellt werden.
30 
Ob das Bundesamt den Widerruf unverzüglich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgesprochen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf dient ausschließlich öffentlichen Interessen. Ein etwaiger Verstoß hiergegen verletzt keine Rechte des betroffenen Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.).
31 
§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte). Dadurch soll der Sondersituation solcher Personen Rechnung getragen werden, die ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Flüchtlingsschicksal erlitten haben und denen es deshalb selbst lange Zeit danach - auch ungeachtet etwaiger veränderter Verhältnisse - nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.2007 - A 6 S 1097/05 -, juris). Eine derartiges Verfolgungsschicksal hat der Kläger nach dem seinem Asylbegehren stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.01.1998 nicht erlitten. Er hat sich auf derartige Gründe auch im Übrigen nicht berufen.
32 
§ 73 Abs. 2a AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts ebenfalls nicht entgegen.
33 
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG bei Widerrufsentscheidungen gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG zu beachten ist. Die Jahresfrist wäre hier eingehalten. Ihr Lauf beginnt frühestens nach einer Anhörung des Ausländers mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.11.2005, a.a.O., und vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Der Widerrufsbescheid erging am 12.07.2005, nachdem das Bundesamt dem Kläger durch Schreiben vom 13.10.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben hatte.
34 
Ist der Widerruf nach dem Vorstehenden bereits gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG wegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 02.11.2000 und der von diesem nach wie vor ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit gerechtfertigt, so kommt es für dessen Rechtmäßigkeit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation des Klägers in Sri Lanka geändert hat, wovon das Bundesamt noch im Bescheid vom 12.07.2005 ausgegangen ist.
35 
Erweist sich somit der angefochtene Widerruf als rechtmäßig, so ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Zusammenhang damit festgestellt hat, dass auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 sowie 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG. Im Hinblick darauf, dass § 60 AufenthG die früheren §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG a.F. ersetzt, gilt nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nichts anderes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Im Übrigen hat die Feststellung ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 27) und (bereits) in diesem Zusammenhang geprüft worden.
36 
2. Die Klage hat Erfolg, soweit der Kläger - hilfsweise - unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts vom 12.07.2005 die Verpflichtung der Beklagten begehrt festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.
37 
Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wird durch § 60 Abs. 8 AufenthG nicht ausgeschlossen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142; BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1).
38 
Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. § 60 Abs. 2 AufenthG erfasst nicht nur ver-folgungsunabhängige, sondern auch verfolgungstypische Gefahren, die in den Anwendungsbereich des Art. 16a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG fallen.
39 
Erheblich sind die in § 60 Abs. 2 AufenthG benannten Gefahren bzw. Repressalien grundsätzlich nur dann, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Allerdings gilt - was die Beklagte verkennt - gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12, - Qualifikationsrichtlinie -) im Fall bereits erlittener Schädigung eine Beweiserleichterung. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie liegen in der Person des Klägers vor.
40 
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Urteil vom 20.01.1998 war der Kläger, der aufgrund vorhandener Narben wegen Verdachts der LTTE-Zugehörigkeit in Sri Lanka durch die Armee festgehalten und misshandelt worden war, von politischer Verfolgung unmittelbar bedroht. Er hat damit Sri Lanka auch nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie als Vorverfolgter verlassen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Es sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr derzeit erneut von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Vielmehr ergibt sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 07.04.2009, dass sich die Situation für Tamilen in Sri Lanka in den letzten Monaten weiter verschärft hat. Danach gibt es für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen allein wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung seit der Aufkündigung des Waffenstillstandabkommens zwischen der Regierung und der LTTE im Januar 2008 immer mehr Anzeichen. Es kommt zu staatlichen repressiven Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Davon sind fast ausschließlich Tamilen betroffen, da sie unter dem Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen. Tamilen werden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt, müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien, PKW-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die im Dezember 2006 verfügte Wiederaufnahme des mit dem Waffenstillstandsabkommen 2002 ausgesetzten Sicherheitsgesetzes „Prevention of Terrorism Act“ von 1979 ist die richterliche Kontrolle solcher Verfolgungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Jeder, der in den Augen der Sicherheitskräfte der Nähe der LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden. Ein Anfangsverdacht, der LTTE nahe zu stehen, trifft Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Colombo oder dem Süden niederlassen. Ebenso steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Der Kläger, der nicht nur bereits unter LTTE-Verdacht verhaftet und misshandelt worden ist, sondern darüber hinaus aus dem Norden stammt und weiterhin Narben aufweist, muss nach alledem konkret mit einer Verhaftung rechnen. Dass es bei derartigen Verhaftungen auch (erneut) zu Misshandlungen und damit einer zumindest erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG kommen kann, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Lagebericht. Danach hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Manfred Novak, nach seinem Sri-Lanka-Besuch im Herbst 2007 festgestellt, dass Folter als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Weiter sind dem Auswärtigen Amt im Frühjahr 2007 Fälle bekannt geworden, in denen im Jahr 2005 nach Sri Lanka zurückgeschobene Tamilen von LTTE und Sicherheitskräften gefoltert worden sind.
41 
Nach der maßgeblichen Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist danach festzustellen, dass sich die allgemeine politische Lage in Sri Lanka in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere in Bezug auf das Risiko von Tamilen, wegen des Verdachts der Unterstützung der LTTE verfolgt zu werden, im Vergleich zum Jahr 1998 nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Auch in der Person des Klägers haben sich keine Änderungen ergeben, die es als zumutbar erscheinen ließen, ihn auf den Schutz seines Heimatstaates zu verweisen. Die Beklagte hat keine stichhaltigen Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass der vorverfolgt ausgereiste Kläger bei einer Rückkehr nicht (erneut) von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Derartige stichhaltige Gründe ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern kontrolliere, und deren Vermutung, sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Angehöriger konzentrieren würden; der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Dem stehen die Ausführungen im aktuellen Lagebericht vom 07.04.2009 entgegen, wonach es innerhalb Sri Lankas keine Gebiete mehr gibt, in denen die beschriebenen Verfolgungshandlungen nicht ausgeübt werden, auch wenn die Intensität der Bedrohung sich in den einzelnen Landesteilen unterscheidet. Nach der sogenannten „Befreiung“ des von der LTTE infiltrierten Gebiets im Osten durch die Regierung bleibt die Lage dort nach wie vor angespannt. Im Norden herrscht weiter offener Krieg, dessen Ende möglich, aber nicht abzusehen ist. Im Übrigen beruht die von der Beklagten vermutete künftige Entwicklung des Verfolgungsrisikos des Klägers allein auf Spekulation, was zur Feststellung stichhaltiger (Gegen-)Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht ausreicht. Auch soweit die Beklagte ausführt, für nach Colombo zurückkehrende Tamilen bestehe keine generelle Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung, allein im Großraum der Hauptstadt Colombo lebten mehr als 300.000 Tamilen und Kontrollen und Inhaftierungen beträfen lediglich einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, die zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen würden, erschüttert sie damit nicht den sich gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie aus der Vorverfolgung des Klägers ergebenden Hinweis, dass dieser bei einer Rückkehr nach Sri Lanka tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden (im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG) zu erleiden.
42 
Offen bleiben kann die vom Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 07.02.2008 - 10 C 33.07 - (juris) vorgelegte Frage, ob Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie einen inneren Zusammenhang zwischen einer erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung und dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, voraussetzt, denn dieser Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Die Vorverfolgung, die den Kläger zur Ausreise aus Sri Lanka veranlasst hat, unterscheidet sich nicht von der ihm derzeit bei einer Rückkehr drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG.
43 
Über die weiteren Hilfsanträge braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall gestellt sind, dass der (erste) Hilfsantrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG keinen Erfolg hat.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylVfG, wobei der Senat von einem „Wert“ des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG von etwa 1/3 ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9.5.1998 - 9 C 5.98 -, AuAS 1998, 224).
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - geändert. Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am … 1976 geborene Kläger ist srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 04.09.1995 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik ein, wo er am 06.09.1995 die Anerkennung als Asylberechtigter beantragte. Bei seinen Anhörungen im September 1995 trug er vor: Er habe in Sri Lanka im Jaffna-Gebiet gelebt. 1993 sei sein älterer Bruder von der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) erschossen worden. Im Dezember 1994 habe er nach Colombo gehen wollen, weil er Angst gehabt habe, von der Tigerbewegung getötet zu werden. In Vavuniya sei er am 01.12.1994 von der Armee festgenommen worden. Wegen vorhandener Verletzungen sei er verdächtigt worden, Tiger-Angehöriger zu sein. Im Rahmen seiner Festnahme sei er auch gefesselt und geschlagen worden. Am 12.12.1994 sei er wieder freigelassen worden. Sein in Vavuniya lebender Onkel habe ihn freigekauft. Dieser habe ihm geraten, das Land zu verlassen. Mit der Tigerbewegung habe er keine Probleme gehabt, aber er sei vor fünf Jahren bei einem Hubschrauberangriff der Armee auf sein Dorf am Arm angeschossen und schwer verletzt worden. Mit Bescheid vom 06.10.1995 lehnte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte zugleich fest, das die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. sowie Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG a.F. nicht vorliegen. Auf die hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde die Beklagte mit (rechtskräftigem) Urteil vom 20.01.1998 (- A 3 K 16180/95 -) unter Aufhebung des Bescheids vom 06.10.1995 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen. Dem kam das Bundesamt mit Bescheid vom 19.03.1998 nach.
Der Kläger ist in der Bundesrepublik wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: Er wurde vom Amtsgericht Ludwigsburg am 28.01.1997 (- 8 CS 52 JS 98074/96 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen, am 21.07.1997 (- 8 CS 57 JS 42838/97 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen und am 11.11.1997 (- 8 CS 57 JS 83514/97 1245 VRS -) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen - jeweils wegen Verstößen gegen das Asylverfahrensgesetz - verurteilt. Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen erhielt er durch das Amtsgericht Ludwigsburg am 30.12.1997 (- 8 CS 57 JS 92701/97 1245 VRS -) wegen Leistungserschleichung in drei Fällen, Diebstahls und Beihilfe zum versuchten geringwertigen Betrug. Am 23.04.1998 wurde er durch das Amtsgericht Stuttgart (- B 18 CS 104 JS 13988/98 1245 VRS -) wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 20.07.1998 (- 8 CS 57 JS 42838/97 1245 VRS) wurde aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 21.07.1997 und vom 30.12.1997 eine nachträgliche Gesamtstrafe von 42 Tagessätzen gebildet. Mit Urteil vom 02.11.2000 (- 16 KLS 201 JS 82491/99 3253 VRS -) wurde er vom Landgericht Stuttgart wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Mitglied einer im Stuttgarter Raum ansässigen Gruppierung srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit, die sich zusammenfand, um eine unbestimmte Anzahl von Personen zumeist tamilischer Volkszugehörigkeit ohne das erforderliche Einreisevisum nach Deutschland und die eingereisten oder andere in Deutschland aufenthaltsberechtigte Personen von Stuttgart aus über den Seeweg - via Frankreich oder Belgien unter Verstoß gegen Einreisebestimmungen - nach Großbritannien zu bringen. Die Ausreisewilligen hatten hierfür erhebliche Geldbeträge zu zahlen. Der Kläger begleitete zusammen mit Mittätern die Personen, die ohne die erforderlichen Einreisepapiere über Frankreich oder Belgien nach Großbritannien gelangen wollten, bis zu den Kanalhäfen nach Belgien oder Frankreich. Sie suchten auf Lkw-Parkplätzen geeignete Speditionslaster, die auf dem Weg nach Großbritannien waren. Sie öffneten die Planen der Lkws, versteckten die Ausreisewilligen auf der Ladefläche und verplombten anschließend die Planen wieder. Der Kläger führte auch eigenverantwortlich zahlreiche Personentransporte unter Verstoß gegen Einreise- und Ausreisebestimmungen durch. Hierfür setzte er zwei Fahrer ein. Auch andere Mitglieder der Gruppe organisierten teilweise selbständig Schleusungsfahrten und halfen sich gegenseitig - etwa mit Fahrern oder Vermittlung von „know how“ - aus. Das gemeinsame Interesse ging dahin, Anlaufstelle für ausreisewillige Personen zu sein, um sämtlichen Mitgliedern der Gruppe eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen. Der Kläger erhielt für jeden ausreisewilligen Erwachsenen, den er nach Belgien oder Frankreich brachte, ca. 1.100,-- DM bzw. erhoffte sich einen Betrag in dieser Höhe. In der Zeit von August 1999 bis Januar 2000 führte der Kläger 22 Fahrten durch, bei denen er zusammen mit einem von ihm bezahlten Fahrer die Schleusungswilligen nach Belgien oder Frankreich brachte. Im Rahmen einer der Fahrten im Zeitraum vom 22.10.1999 bis 24.10.1999 wurde der Kläger von der belgischen Polizei festgenommen und befand sich bis zum 23.11.2000 in belgischer Haft. Im Anschluss hieran setzte er seine Schleusertätigkeit fort, bis er am 23.01.2000 von der deutschen Polizei festgenommen wurde. Der Kläger wurde am 09.04.2003 - bei einer Bewährungszeit von drei Jahren - aus der Haft entlassen. Am 28.02.2005 wurde er vom Amtsgericht Limburg an der Lahn (- 7 JS 4989/05 52CS -) wegen Diebstahls und Unterschlagung geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Daraufhin wurde die Bewährungszeit um ein Jahr bis zum 21.03.2007 verlängert. Am 09.05.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt (- C 3 Cs 34 Js 37383/07 3258 VRs -) wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Am 29.01.2008 wurde er vom Amtsgericht Tübingen (- 4 Cs 15 Js 21770/07 960 VRs -) wegen gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt, die Fahrerlaubnis wurde ihm bis zum 28.07.2008 gesperrt.
Mit bestandskräftiger Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.04.2002 wurde der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 13.10.2004 gab das Bundesamt dem Kläger Gelegenheit, sich innerhalb eines Monats zum beabsichtigten Widerruf des Anerkennungsbescheids vom 19.03.1998 zu äußern. Es führte zur Begründung an, die Sachlage in Sri Lanka habe sich geändert. Eine Gruppenverfolgung der Tamilen bestehe inzwischen nicht mehr. Unabhängig hiervon stehe der Großraum Colombo als inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Auch die in seinem Fall als Grundlage für die Anerkennung als Asylberechtigter durch das Verwaltungsgericht Stuttgart angenommene Festnahme durch srilankische Sicherheitskräfte vor seiner Ausreise führe zu keiner anderen Einschätzung. Mit Schreiben vom 18.10.2004 wandte der Kläger ein, unverändert ließen die Verhältnisse in Sri Lanka eine Rückkehr nicht zu. Weiter habe er nach der Verhaftung am 23.01.2000 in einem „Schleuserverfahren“ „ausgepackt“ und dadurch dazu beigetragen, dass eine Reihe von Schleusern hätten überführt werden können. Sein Vater sei am 26.05.2001 von der LTTE erschossen worden. Die von ihm Verratenen hätten die LTTE mit monatlichen Beiträgen unterstützt. Die Ermordung des Vaters sei eine Reaktion auf sein Verhalten gewesen. Bei einer Rückkehr würde er sicher ebenfalls unbeschadet des stagnierenden Friedensprozesses als Verräter umgebracht werden. Er bedauere seine Straftaten. Eine Wiederholung sei im Übrigen schon dadurch ausgeschlossen, dass er für die einschlägigen Kreise durch seine Zusammenarbeit mit der Polizei „verbrannt“ sei. Das Bundesamt widerrief mit Bescheid vom 12.07.2005 die Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 1) sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG a.F. vorliegen (Nr. 2). Gleichzeitig stellte es fest, dass weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nr. 3) noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (Nr. 4). In der Begründung heißt es im Wesentlichen: Der Kläger habe bei einer Rückkehr in seine Heimat nicht mehr mit politisch motivierter Verfolgung zu rechnen. Soweit im verpflichtenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart festgestellt worden sei, dass er aufgrund der Narben als LTTE-Zugehöriger angesehen werden könne, könne dies nunmehr keine besondere Gefährdung mehr darstellen. Er sei nach eigener Aussage bereits fast zehn Jahre lang nicht mehr in seiner Heimat gewesen, was auch den srilankischen Sicherheitskräften nicht verborgen bleiben dürfte, wenn er jetzt nach Sri Lanka zurückkehren würde. Allein diese lange Abwesenheit aus der Heimat beweise bereits, dass er nicht der LTTE zugehörig sei. Die Einlassung, er habe in einem Schleuserverfahren ausgesagt und deshalb drohe ihm bei einer Rückkehr der Tod, könne nicht nachvollzogen werden. Es sei nicht substantiiert dargetan worden, inwieweit seine Aussagen im Schleuserverfahren in Zusammenhang mit einer potentiellen Gefahr bei einer Rückkehr stünden. Auf Grund seiner tamilischen Volkszugehörigkeit habe er politische Verfolgung nicht mehr zu befürchten. Seit dem 24.12.2001 hielten Regierung und LTTE eine Waffenruhe ein.
Die hiergegen am 18.07.2005 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 03.05.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht von der zwingenden Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG Gebrauch gemacht. Eine von der Rechtskraft befreiende entscheidungserhebliche Änderung der Sachlage sei im Falle des Klägers gegeben, berücksichtige man die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen wesentlichen Faktoren, wie die allgemeine und politische Lage und die allgemeine Menschenrechtslage in Sri Lanka. Die frühere Verfolgungsprognose sei darauf gestützt gewesen, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungsmaßnahmen der LTTE im Norden zu rechnen habe und eine Inhaftierung durch die Sicherheitskräfte im Süden des Landes erlitten hätte. Diese für den Kläger angenommene Gefährdungslage habe sich so nachhaltig verändert, dass auf sie die angenommene Verfolgungsprognose nicht mehr gestützt werden könne. Vielmehr sei er jetzt vor einer derartigen Verfolgung hinreichend sicher.
Mit der vom Senat durch Beschluss vom 15.01.2009 - 4 S 656/06 -antragsgemäß zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 03. Mai 2006 - A 4 K 12446/05 - zu ändern und den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2005 aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids vom 12.07.2005 zu verpflichten festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG,
10 
hilfsweise nach § 60 Abs. 5 AufenthG,
11 
hilfsweise nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt.
12 
Zur Begründung trägt er vor: Die Situation in Sri Lanka habe sich weiter drastisch verschlechtert. Im Hinblick auf die aktuelle Verfolgungssituation der tamilischen Minderheit in Sri Lanka liege die Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung, jedenfalls für Untergruppen jüngerer Tamilinnen und Tamilen im Rekrutierungsalter der LTTE sowie der paramilitärischen tamilischen Gruppierungen, mithin im Alter von etwa 15 bis etwa 40 Jahren, vor. Insoweit bestehe zwischen allen Personen und Institutionen, die in letzter Zeit Berichte zur Menschenrechtsituation in Sri Lanka abgegeben hätten, Einigkeit dahingehend, dass von einer drastischen Verschärfung der Verfolgungssituation für Tamilen in Sri Lanka seit dem Amtsantritt des jetzigen Präsidenten gesprochen werden müsse. Die srilankische Regierung verfolge eine allein militärische Strategie und wolle die LTTE „niederwerfen“. Dies habe zu einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs geführt, der bis heute andauere. Im Zuge dieses Bürgerkriegs sei zu konstatieren, dass Angehörige der tamilischen Minderheit einem „Generalverdacht“ unterlägen, die LTTE als separatistische Ziele verfolgende Gruppierung zu unterstützen. Gerade auf Grund des angesprochenen Generalverdachts müsse jedes Mitglied der tamilischen Bevölkerung in Sri Lanka, zumindest Angehörige dieser Ethnie in der vorstehend gebildeten Untergruppe, damit rechnen, willkürlich inhaftiert, misshandelt und gegebenenfalls auch getötet zu werden. Die Zahlen der hiervon Betroffenen - soweit überhaupt feststellbar - seien extrem nach oben geschnellt, so habe die Zahl der Verschwundenen in Sri Lanka im letzten Jahr derart zugenommen, dass Sri Lanka im Weltvergleich einen unrühmlichen Spitzenplatz einnehme. Die nunmehrigen gesetzlichen Bestimmungen - sofern selbst diese noch eingehalten würden - erlaubten es den srilankischen Sicherheitsorganen, Personen praktisch grenzenlos festzuhalten, ohne dass eine effektive gerichtliche Überprüfung möglich sei. Es sei zu konstatieren, dass es offenbar staatlichem Willen entspreche, die Sicherheitskräfte völlig grenzen- und kontrolllos walten zu lassen, ohne dass diese in irgendeiner Art und Weise befürchten müssten, bei menschenrechtswidrigen Übergriffen zur Verantwortung gezogen zu werden. Erst recht gelte dies dann für Angehörige der paramilitärischen Gruppierungen wie etwa der sogenannten Karuna-Gruppe, die im Osten Sri Lankas nach den Ausführungen des Auswärtigen Amts förmlich eine „Schreckensherrschaft“ etabliert hätten. Bei dieser Situation sei die Lage für Angehörige der tamilischen Minderheit vollkommen aussichtslos, es bleibe allein dem Zufall überlassen, ob sie Opfer derartiger Übergriffe würden oder nicht. Die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung lägen daher vor, dies gelte erst recht für die Gruppe jüngerer Tamilinnen und Tamilen, denen - wie bereits in den 90er Jahren - in besonderem Maße pauschal eine Affinität zur LTTE unterstellt werde und die deshalb erst recht mit asylrelevanten Maßnahmen der vorstehend beschriebenen Art und Weise rechnen müssten. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn ein tamilischer Flüchtling seine Heimat seinerzeit auch individuell unter dem Druck entsprechender Verfolgungsmaßnahmen bzw. der konkreten Gefahr derartiger Verfolgungsmaßnahmen verlassen habe. Er habe - unbestritten und auch im Widerrufsverfahren nicht in Frage gestellt - vorgetragen, dass er Sri Lanka verlassen habe, weil er asylrechtlich erhebliche Übergriffe sowohl von Seiten der srilankischen Sicherheitsbehörden als auch von Seiten der LTTE befürchte. Angesichts der vorstehend skizzierten Situation in Sri Lanka sei davon auszugehen, dass derartige Verfolgungsmaßnahmen weiterhin zumindest überwiegend wahrscheinlich seien, jedenfalls nicht - nur dies könne einen Widerruf rechtfertigen - nach menschlichem Ermessen praktisch ausgeschlossen seien. Soweit die Beklagte auf § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG abstelle, weise sie selbst darauf hin, dass es nach der Verurteilung im Jahr 2005 keinerlei Auffälligkeiten mehr gegeben habe. Strafrechtliche Verfehlungen seien also seitdem über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren nicht mehr aufgetreten. Die Wertung der Beklagten, seine Bestrafung habe bei ihm keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, sei nicht nachvollziehbar.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: Es entspreche ihrer grundsätzlichen gegenwärtigen Praxis, Widerrufsbescheide in Verfahren srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Herkunft im Hinblick auf die zur Zeit fragliche hinreichende Rückkehrsicherheit aufzuheben. Die Voraussetzungen für das weitere Bestehen der Asylanerkennung bzw. der Feststellung eines Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG a.F. sei in Bezug auf den Kläger aber gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Insoweit verweist die Beklagte auf ihre Ausführungen im Berufungszulassungsverfahren, wonach bei dem Kläger die konkrete Gefahr gegeben sei, dass er im Bundesgebiet weitere schwere Straftaten begehe. Hierfür spreche zunächst die gesamte „kriminelle Karriere“ des Klägers, der bereits vor seiner Asylanerkennung mehrfach straffällig geworden sei und dessen Straftaten sich bis zu der Verurteilung vom 02.11.2000 in ihrer Schwere gesteigert hätten. Die Verurteilung wegen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen belege, dass der Kläger in ein kriminelles Netzwerk eingebunden gewesen sei und mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. Nach der Aussetzung der zu verbüßenden Restfreiheitsstrafe zur Bewährung habe er sich des Diebstahls und der Unterschlagung schuldig gemacht und dadurch seine rechtsfeindliche Gesinnung gezeigt. Das Wohlverhalten, welches der Kläger seit zwei Jahren augenscheinlich zeige, könne nicht verdecken, dass er fast während seines gesamten bisherigen Aufenthalts in Deutschland eine kriminelle Existenz am Rande der Gesellschaft geführt habe und dass er überwiegend von Gelegenheitsarbeiten und Sozialhilfe gelebt habe. Nach der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.04.2002 sei die religiös angetraute Ehefrau des Klägers ebenfalls wegen Straftaten aus Deutschland ausgewiesen worden. Anhaltspunkte für eine nachhaltige, positive Veränderung der persönlichen Verhältnisse des Klägers lägen nicht vor. Daher rechtfertige die langdauernde, schwere Straffälligkeit des Klägers die Prognose, dass von ihm weitere Straftaten mittelfristig zu erwarten seien. Straftaten, die so schwerwiegend seien, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt hätten, seien typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verbunden. Dieser Einschätzung stehe die Aussetzung eines Strafrests zur Bewährung grundsätzlich nicht entgegen. Im Hinblick auf die bereits solchermaßen gegebene Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung komme es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation im Herkunftsland geändert habe. Der Kläger sei zeitnah zur Aussetzung des Strafrests zur Bewährung im Jahr 2004 wiederum straffällig geworden, was zur erneuten Verurteilung im Jahr 2005 und zu einer einjährigen Verlängerung der Bewährungsfrist geführt habe. Allein hierdurch habe der Kläger demonstriert, dass die bis dato erfolgten Verurteilungen im Ergebnis keinen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen hätten. Etwaige Abschiebungshindernisse lägen ebenfalls nicht vor. Hier sei der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen. Insoweit sei festzustellen, dass die tamilische Bevölkerung zwar allein auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht systematisch verfolgt werde, dass aber eine Art Generalverdacht der Sicherheitskräfte gegen sie bestehe, der im Einzelfall bei Vorverfolgung zu einer erneuten Beeinträchtigung der Sicherheit führen könne. Jeder, der der Nähe zur LTTE verdächtigt werde, müsse mit Verhaftung rechnen. Nach aktuellen Erkenntnissen kontrolliere die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern. Sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Anhänger konzentrieren würden. Der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Er habe nicht glaubhaft machen können, während seines Aufenthalts im Bundesgebiet den Kampf der LTTE in seinem Heimatland mit persönlichem Einsatz unterstützt bzw. die Ziele der genannten Terrorgruppe in irgendeiner sonstigen Weise gefördert zu haben. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte führe in seinem Urteil vom 17.07.2008 - Application no. 25904/07 - aus, dass für nach Colombo zurückkehrende Tamilen keine generelle Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung bestehe. Es bedürfe vielmehr der individuellen Prüfung eines jeden Einzelfalls. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass allein im Großraum der Hauptstadt Colombo mehr als 300.000 Tamilen lebten. Die Internetseite TAMILNET berichte kontinuierlich von angeblichen Kontrollen und Inhaftierungen (angeblich meist junger) Tamilen. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussagen handele es sich allerdings schon nach den weiteren dortigen Behauptungen lediglich um einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, der zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen werde. Es liege auf der Hand, dass hierdurch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Inhaftierung nicht abgeleitet werden könne. Ebenso wenig sei beachtlich wahrscheinlich, dass ausgerechnet der Kläger - bei rein theoretischer Unterstellung einer vorübergehenden Festnahme - gelegentlich einer etwaigen solchen Kontrolle einer rechtswidrigen Behandlung unterzogen würde, die die Feststellung eines Abschiebungshindernisses z.B. gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG rechtfertige.
16 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört; hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behörden- sowie die beigezogenen Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden; denn auf diese Möglichkeit war in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 12.07.2005 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) als rechtmäßig, soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen, widerrufen worden sind und festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter 1.). Der streitgegenständliche Bescheid ist aber rechtswidrig, soweit er unter Nr. 4 feststellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, denn der Kläger hat - wie hilfsweise begehrt - einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (hierzu unter 2.).
20 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Bundesamts ist § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, DVBl. 2006, 511).
21 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG a.F.) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist hier der Fall.
22 
Die Voraussetzungen sind gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Nach dieser Bestimmung findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG schließt nicht nur den Anspruch gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bei systematischer Gesetzesauslegung schon aus § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008 - 15 A 620/07.A -, juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.12.2006 - 10 A 10887/06 -, juris).
23 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen insoweit vor, als der Kläger durch (rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist.
24 
Weiter zu prüfen ist, ob der Kläger auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG anzusehen ist. Dabei ist spezialpräventiv auf die von dem Ausländer konkret ausgehende Wiederholungs- oder Rückfallgefahr abzustellen. Das bedeutet, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss, die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt dagegen nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Allein der Umstand, dass der Ausländer die Freiheitsstrafe verbüßt hat, lässt nicht auf einen Wegfall des Wiederholungsrisikos schließen. Denn rechtskräftige Verurteilungen im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG führen regelmäßig zur Verbüßung der Freiheitsstrafe, da eine Aussetzung ihrer Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 StGB wegen der Strafhöhe von vornherein nicht in Betracht kommt. Würde der bloße mit der Strafverbüßung verbundene Zeitablauf regelmäßig zum Wegfall des Ausschlussgrundes führen, liefe die Vorschrift praktisch weitgehend leer. Dies gilt zumal in Asylverfahren, da es hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Falle eines Rechtsstreits auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185 ff. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 AuslG a.F.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
25 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung neuer vergleichbarer Straftaten zu bejahen.
26 
Insofern spricht gegen den Kläger bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben, zumal im vorliegenden Fall die verhängte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG um zwei Jahre übersteigt. Die vom Kläger verwirklichte Straftat gemäß § 92b Abs. 1 AuslG a.F. gehört zu den besonders schweren Formen des Schleusens illegaler Ausländer und ist Ausdruck erheblicher krimineller Energie. Zu Gunsten des Klägers spricht nach dem Strafurteil vom 02.11.2000 im Wesentlichen, dass er schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Taten angegeben hat, die sonst nicht bekannt geworden wären, und er auch einen Großteil der Taten in der strafrechtlichen Hauptverhandlung einräumte. Hinzu kommen sein von Reue getragenes Geständnis und der Umstand, dass ihn die erlittene (Untersuchungs-)Haft als Erstverbüßer, der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, besonders hart trifft. Zu Lasten des Klägers ist nach den Ausführungen des Strafgerichts dagegen zu berücksichtigen, dass er im Rahmen der Stuttgarter Gruppierung Organisator eigener Schleusungsfahrten war und es sich um eine Vielzahl von Taten handelte, die teilweise innerhalb sehr kurzer Zeiträume begangen wurden. Hierbei wurde vom Strafgericht allerdings auch berücksichtigt, dass mit zunehmender Anzahl der Taten die zu überwindende Hemmschwelle abnahm. Zu Lasten des Klägers wurde weiter berücksichtigt, dass er die in Belgien erlittene Haft als Warnung nicht beachtet und nach seiner Haftentlassung die Schleusertätigkeit fast umgehend wieder aufgenommen hat. Gegen den Kläger spricht nach dem Strafurteil weiterhin die Vorbestrafung, auch wenn es sich hierbei lediglich um Verurteilungen zu Geldstrafen gehandelt hat. Der Kläger hat mit seinem Verhalten gezeigt, dass er bereit ist, gegebenenfalls seinen Lebensunterhalt auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Rechtsordnung zu bestreiten.
27 
Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - vom 07.03.2003 (- StVK 137/03 -), mit dem die weitere Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 zur Bewährung ausgesetzt worden ist, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenso wenig entgegen wie der Beschluss vom 16.06.2005, mit dem die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre (bis 21.03.2007) verlängert worden ist. Die im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung der Strafgerichte bindet weder die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.03.1998 - 1 C 28.97 -, NVwZ 1998, 740, und vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, NVwZ 2001, 442; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.) Das Bundesamt bzw. das dessen Entscheidungen überprüfende Verwaltungsgericht haben vielmehr eine eigenständige Prognose bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr zu treffen. Dies gilt schon deshalb, weil der anzulegende Prognosemaßstab in beiden Fällen ein anderer ist (vgl. zu § 57 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen naturgemäß Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund (auch wenn gemäß der seit 1998 geltenden Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonders zu berücksichtigen ist). Eine günstige Sozialprognose in dem Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, setzt keine weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung voraus, sondern kann auch bei Bestehen eines gewissen Restrisikos getroffen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.02.1999 - 2 WS 14/99 -, StraFO 1999,175). Dabei kann das Strafgericht zu einer günstigen Sozialprognose auch unter Heranziehung der Erwägung gelangen, dass der von der Vollstreckung ausgesetzte Strafrest einen nachhaltigen Druck auf den Verurteilten ausüben wird, sich in der Bewährungszeit straffrei zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.1990 - 1 StE 3/81 StB 39/89 -, EzSt StGB § 57 Nr. 1). Demgegenüber haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht ausschließlich ordnungsbehördliche Überlegungen anzustellen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten des Ausländers steht. Sie sind, da Resozialisierungsgesichtspunkte bzw. den obigen Überlegungen vergleichbare Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen, bei der Einschätzung des Maßes der Wiederholungsgefahr nicht gehalten, ein gleich großes Restrisiko in Kauf zu nehmen wie die Strafgerichte. Ihre Prognose orientiert sich daher im Regelfall an strengeren Kriterien. Unabhängig davon verlangt die ausländerrechtlich erforderliche Prognose - im Gegensatz zu der der Strafgerichte im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB - eine über die Bewährungsdauer hinausgehende längerfristige Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Das bedeutet, dass auch die Frage prognostisch zu beantworten ist, ob der Ausländer sich nach Ablauf der Bewährungszeit, d. h. wenn der Druck der bei Bewährungsversagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei verhalten wird. Schließlich können Umstände, die den Strafgerichten nicht bekannt gewesen oder von ihnen nicht beachtet worden sind, ebenso wie eine andere Würdigung des feststehenden Sachverhalts zu einer abweichenden Prognoseentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Die Entscheidungen der Strafgerichte gemäß § 57 Abs. 1 StGB haben nach alledem lediglich die Bedeutung eines - regelmäßig allerdings gewichtigen - Indizes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend rechtfertigt der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 07.03.2003 nicht die Annahme, dass von dem Kläger auch längerfristig keine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG mehr ausgeht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die lange Dauer der Untersuchungs- und der anschließenden Vollstreckungshaft ausreichend Eindruck auf den Kläger gemacht habe, sich künftig straffrei zu führen. Die nachfolgenden - wenn auch nur mit Geldstrafen geahndeten - drei Straftaten zeigen jedoch, dass diese Annahme verfehlt war. Der Kläger hat die erste Straftat nach der Verurteilung vom 02.11.2000 am 14.11.2004 und damit noch innerhalb seiner Bewährungszeit begangen. Der Diebstahl einer geringwertigen Sache erfolgte unter Ausnutzung seines damaligen Arbeitsverhältnisses als Reinigungskraft und führte zur Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen durch Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg an der Lahn vom 28.02.2005. Daraufhin wurde die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr verlängert. Der Kläger hat sich mit diesem straffälligen Verhalten dem Risiko eines Widerrufs der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus der Verurteilung vom 02.11.2000 ausgesetzt. Der Druck der Bewährungszeit und die damit drohende (weitere) Strafhaft haben ihn nicht von der Begehung einer Straftat abgehalten. Darüber hinaus hat er durch den Diebstahl im Rahmen seiner damaligen Beschäftigung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf genommen. Das Landgericht konnte bei seiner Prognose auch das Verhalten des Klägers nach der (verlängerten) Bewährungszeit nicht berücksichtigen. Dieser hat unmittelbar, nachdem mit Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10.04.2007 die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe erlassen worden war, am 14.04.2007 einen weiteren Diebstahl begangen, der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.05.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen geahndet wurde. Hinzu kamen die am 15.10.2007 verwirklichten gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung gemäß §§ 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, 315c Abs. 1 Nr. 2b, 240 Abs. 1, 52, 69, 69a StGB, die zu einer vom Amtsgericht Tübingen mit Strafbefehl vom 29.01.2008 verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen führten. Damit hat der Kläger Straftaten innerhalb seiner Bewährungszeit, unmittelbar danach und auch im zeitlichen Abstand dazu verwirklicht. Die verbüßte Haftstrafe - selbst teilweise der Bewährungsdruck - hat ihn nicht von der Verwirklichung weiterer Straftaten abgehalten und damit erkennbar nicht ausreichend Eindruck auf ihn gemacht, sich künftig straffrei zu führen, wovon das Landgericht Karlsruhe bei der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgegangen ist.
29 
Zwar hat sich mit der Geburt seines Sohnes im Juli 2008 die familiäre Situation des Klägers geändert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Kläger das Zusammenleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und deren leiblicher Tochter bislang nicht davon abgehalten hat, weitere Straftaten zu begehen, zumal es sich bei seiner Ehefrau um eine mitangeklagte Mittäterin des mit Strafurteil vom 02.11.2000 geahndeten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen handelt. Auch wenn er seit der Verurteilung vom 02.11.2000 keine Straftaten von vergleichbarem Gewicht mehr verwirklicht hat, kann unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Kläger sprechenden Umstände derzeit eine positive längerfristige Prognose dahingehend, dass er keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, (noch) nicht gestellt werden.
30 
Ob das Bundesamt den Widerruf unverzüglich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgesprochen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf dient ausschließlich öffentlichen Interessen. Ein etwaiger Verstoß hiergegen verletzt keine Rechte des betroffenen Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.).
31 
§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte). Dadurch soll der Sondersituation solcher Personen Rechnung getragen werden, die ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Flüchtlingsschicksal erlitten haben und denen es deshalb selbst lange Zeit danach - auch ungeachtet etwaiger veränderter Verhältnisse - nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.2007 - A 6 S 1097/05 -, juris). Eine derartiges Verfolgungsschicksal hat der Kläger nach dem seinem Asylbegehren stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.01.1998 nicht erlitten. Er hat sich auf derartige Gründe auch im Übrigen nicht berufen.
32 
§ 73 Abs. 2a AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts ebenfalls nicht entgegen.
33 
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG bei Widerrufsentscheidungen gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG zu beachten ist. Die Jahresfrist wäre hier eingehalten. Ihr Lauf beginnt frühestens nach einer Anhörung des Ausländers mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.11.2005, a.a.O., und vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Der Widerrufsbescheid erging am 12.07.2005, nachdem das Bundesamt dem Kläger durch Schreiben vom 13.10.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben hatte.
34 
Ist der Widerruf nach dem Vorstehenden bereits gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG wegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 02.11.2000 und der von diesem nach wie vor ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit gerechtfertigt, so kommt es für dessen Rechtmäßigkeit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation des Klägers in Sri Lanka geändert hat, wovon das Bundesamt noch im Bescheid vom 12.07.2005 ausgegangen ist.
35 
Erweist sich somit der angefochtene Widerruf als rechtmäßig, so ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Zusammenhang damit festgestellt hat, dass auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 sowie 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG. Im Hinblick darauf, dass § 60 AufenthG die früheren §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG a.F. ersetzt, gilt nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nichts anderes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Im Übrigen hat die Feststellung ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 27) und (bereits) in diesem Zusammenhang geprüft worden.
36 
2. Die Klage hat Erfolg, soweit der Kläger - hilfsweise - unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts vom 12.07.2005 die Verpflichtung der Beklagten begehrt festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.
37 
Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wird durch § 60 Abs. 8 AufenthG nicht ausgeschlossen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142; BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1).
38 
Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. § 60 Abs. 2 AufenthG erfasst nicht nur ver-folgungsunabhängige, sondern auch verfolgungstypische Gefahren, die in den Anwendungsbereich des Art. 16a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG fallen.
39 
Erheblich sind die in § 60 Abs. 2 AufenthG benannten Gefahren bzw. Repressalien grundsätzlich nur dann, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Allerdings gilt - was die Beklagte verkennt - gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12, - Qualifikationsrichtlinie -) im Fall bereits erlittener Schädigung eine Beweiserleichterung. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie liegen in der Person des Klägers vor.
40 
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Urteil vom 20.01.1998 war der Kläger, der aufgrund vorhandener Narben wegen Verdachts der LTTE-Zugehörigkeit in Sri Lanka durch die Armee festgehalten und misshandelt worden war, von politischer Verfolgung unmittelbar bedroht. Er hat damit Sri Lanka auch nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie als Vorverfolgter verlassen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Es sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr derzeit erneut von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Vielmehr ergibt sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 07.04.2009, dass sich die Situation für Tamilen in Sri Lanka in den letzten Monaten weiter verschärft hat. Danach gibt es für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen allein wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung seit der Aufkündigung des Waffenstillstandabkommens zwischen der Regierung und der LTTE im Januar 2008 immer mehr Anzeichen. Es kommt zu staatlichen repressiven Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Davon sind fast ausschließlich Tamilen betroffen, da sie unter dem Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen. Tamilen werden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt, müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien, PKW-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die im Dezember 2006 verfügte Wiederaufnahme des mit dem Waffenstillstandsabkommen 2002 ausgesetzten Sicherheitsgesetzes „Prevention of Terrorism Act“ von 1979 ist die richterliche Kontrolle solcher Verfolgungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Jeder, der in den Augen der Sicherheitskräfte der Nähe der LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden. Ein Anfangsverdacht, der LTTE nahe zu stehen, trifft Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Colombo oder dem Süden niederlassen. Ebenso steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Der Kläger, der nicht nur bereits unter LTTE-Verdacht verhaftet und misshandelt worden ist, sondern darüber hinaus aus dem Norden stammt und weiterhin Narben aufweist, muss nach alledem konkret mit einer Verhaftung rechnen. Dass es bei derartigen Verhaftungen auch (erneut) zu Misshandlungen und damit einer zumindest erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG kommen kann, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Lagebericht. Danach hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Manfred Novak, nach seinem Sri-Lanka-Besuch im Herbst 2007 festgestellt, dass Folter als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Weiter sind dem Auswärtigen Amt im Frühjahr 2007 Fälle bekannt geworden, in denen im Jahr 2005 nach Sri Lanka zurückgeschobene Tamilen von LTTE und Sicherheitskräften gefoltert worden sind.
41 
Nach der maßgeblichen Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist danach festzustellen, dass sich die allgemeine politische Lage in Sri Lanka in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere in Bezug auf das Risiko von Tamilen, wegen des Verdachts der Unterstützung der LTTE verfolgt zu werden, im Vergleich zum Jahr 1998 nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Auch in der Person des Klägers haben sich keine Änderungen ergeben, die es als zumutbar erscheinen ließen, ihn auf den Schutz seines Heimatstaates zu verweisen. Die Beklagte hat keine stichhaltigen Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass der vorverfolgt ausgereiste Kläger bei einer Rückkehr nicht (erneut) von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Derartige stichhaltige Gründe ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern kontrolliere, und deren Vermutung, sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Angehöriger konzentrieren würden; der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Dem stehen die Ausführungen im aktuellen Lagebericht vom 07.04.2009 entgegen, wonach es innerhalb Sri Lankas keine Gebiete mehr gibt, in denen die beschriebenen Verfolgungshandlungen nicht ausgeübt werden, auch wenn die Intensität der Bedrohung sich in den einzelnen Landesteilen unterscheidet. Nach der sogenannten „Befreiung“ des von der LTTE infiltrierten Gebiets im Osten durch die Regierung bleibt die Lage dort nach wie vor angespannt. Im Norden herrscht weiter offener Krieg, dessen Ende möglich, aber nicht abzusehen ist. Im Übrigen beruht die von der Beklagten vermutete künftige Entwicklung des Verfolgungsrisikos des Klägers allein auf Spekulation, was zur Feststellung stichhaltiger (Gegen-)Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht ausreicht. Auch soweit die Beklagte ausführt, für nach Colombo zurückkehrende Tamilen bestehe keine generelle Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung, allein im Großraum der Hauptstadt Colombo lebten mehr als 300.000 Tamilen und Kontrollen und Inhaftierungen beträfen lediglich einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, die zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen würden, erschüttert sie damit nicht den sich gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie aus der Vorverfolgung des Klägers ergebenden Hinweis, dass dieser bei einer Rückkehr nach Sri Lanka tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden (im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG) zu erleiden.
42 
Offen bleiben kann die vom Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 07.02.2008 - 10 C 33.07 - (juris) vorgelegte Frage, ob Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie einen inneren Zusammenhang zwischen einer erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung und dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, voraussetzt, denn dieser Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Die Vorverfolgung, die den Kläger zur Ausreise aus Sri Lanka veranlasst hat, unterscheidet sich nicht von der ihm derzeit bei einer Rückkehr drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG.
43 
Über die weiteren Hilfsanträge braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall gestellt sind, dass der (erste) Hilfsantrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG keinen Erfolg hat.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylVfG, wobei der Senat von einem „Wert“ des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG von etwa 1/3 ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9.5.1998 - 9 C 5.98 -, AuAS 1998, 224).
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden; denn auf diese Möglichkeit war in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 12.07.2005 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG) als rechtmäßig, soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die mit Bescheid vom 19.03.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG a.F. vorliegen, widerrufen worden sind und festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen (hierzu unter 1.). Der streitgegenständliche Bescheid ist aber rechtswidrig, soweit er unter Nr. 4 feststellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, denn der Kläger hat - wie hilfsweise begehrt - einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (hierzu unter 2.).
20 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Widerrufsentscheidung des Bundesamts ist § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, DVBl. 2006, 511).
21 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG a.F.) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist hier der Fall.
22 
Die Voraussetzungen sind gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG weggefallen. Nach dieser Bestimmung findet § 60 Abs. 1 AufenthG keine Anwendung, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG schließt nicht nur den Anspruch gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG aus, sondern auch den Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bei systematischer Gesetzesauslegung schon aus § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 AufenthG vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008 - 15 A 620/07.A -, juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.12.2006 - 10 A 10887/06 -, juris).
23 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG liegen insoweit vor, als der Kläger durch (rechtskräftiges) Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist.
24 
Weiter zu prüfen ist, ob der Kläger auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG anzusehen ist. Dabei ist spezialpräventiv auf die von dem Ausländer konkret ausgehende Wiederholungs- oder Rückfallgefahr abzustellen. Das bedeutet, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss, die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt dagegen nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Allein der Umstand, dass der Ausländer die Freiheitsstrafe verbüßt hat, lässt nicht auf einen Wegfall des Wiederholungsrisikos schließen. Denn rechtskräftige Verurteilungen im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG führen regelmäßig zur Verbüßung der Freiheitsstrafe, da eine Aussetzung ihrer Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 StGB wegen der Strafhöhe von vornherein nicht in Betracht kommt. Würde der bloße mit der Strafverbüßung verbundene Zeitablauf regelmäßig zum Wegfall des Ausschlussgrundes führen, liefe die Vorschrift praktisch weitgehend leer. Dies gilt zumal in Asylverfahren, da es hier gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Falle eines Rechtsstreits auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, BVerwGE 112, 185 ff. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 51 Abs. 3 AuslG a.F.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
25 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung neuer vergleichbarer Straftaten zu bejahen.
26 
Insofern spricht gegen den Kläger bereits das typischerweise hohe Wiederholungsrisiko bei Straftaten, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach sich gezogen haben, zumal im vorliegenden Fall die verhängte Strafe die gesetzliche Mindeststrafe des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG um zwei Jahre übersteigt. Die vom Kläger verwirklichte Straftat gemäß § 92b Abs. 1 AuslG a.F. gehört zu den besonders schweren Formen des Schleusens illegaler Ausländer und ist Ausdruck erheblicher krimineller Energie. Zu Gunsten des Klägers spricht nach dem Strafurteil vom 02.11.2000 im Wesentlichen, dass er schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Taten angegeben hat, die sonst nicht bekannt geworden wären, und er auch einen Großteil der Taten in der strafrechtlichen Hauptverhandlung einräumte. Hinzu kommen sein von Reue getragenes Geständnis und der Umstand, dass ihn die erlittene (Untersuchungs-)Haft als Erstverbüßer, der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig ist, besonders hart trifft. Zu Lasten des Klägers ist nach den Ausführungen des Strafgerichts dagegen zu berücksichtigen, dass er im Rahmen der Stuttgarter Gruppierung Organisator eigener Schleusungsfahrten war und es sich um eine Vielzahl von Taten handelte, die teilweise innerhalb sehr kurzer Zeiträume begangen wurden. Hierbei wurde vom Strafgericht allerdings auch berücksichtigt, dass mit zunehmender Anzahl der Taten die zu überwindende Hemmschwelle abnahm. Zu Lasten des Klägers wurde weiter berücksichtigt, dass er die in Belgien erlittene Haft als Warnung nicht beachtet und nach seiner Haftentlassung die Schleusertätigkeit fast umgehend wieder aufgenommen hat. Gegen den Kläger spricht nach dem Strafurteil weiterhin die Vorbestrafung, auch wenn es sich hierbei lediglich um Verurteilungen zu Geldstrafen gehandelt hat. Der Kläger hat mit seinem Verhalten gezeigt, dass er bereit ist, gegebenenfalls seinen Lebensunterhalt auch mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Rechtsordnung zu bestreiten.
27 
Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Strafvollstreckungskammer Pforzheim - vom 07.03.2003 (- StVK 137/03 -), mit dem die weitere Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2000 zur Bewährung ausgesetzt worden ist, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenso wenig entgegen wie der Beschluss vom 16.06.2005, mit dem die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre (bis 21.03.2007) verlängert worden ist. Die im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung der Strafgerichte bindet weder die für die Anwendung des § 60 Abs. 8 AufenthG zuständigen Behörden noch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.03.1998 - 1 C 28.97 -, NVwZ 1998, 740, und vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, NVwZ 2001, 442; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.) Das Bundesamt bzw. das dessen Entscheidungen überprüfende Verwaltungsgericht haben vielmehr eine eigenständige Prognose bezüglich des Bestehens einer Wiederholungsgefahr zu treffen. Dies gilt schon deshalb, weil der anzulegende Prognosemaßstab in beiden Fällen ein anderer ist (vgl. zu § 57 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Bei der strafgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung stehen naturgemäß Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund (auch wenn gemäß der seit 1998 geltenden Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonders zu berücksichtigen ist). Eine günstige Sozialprognose in dem Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, setzt keine weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung voraus, sondern kann auch bei Bestehen eines gewissen Restrisikos getroffen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.02.1999 - 2 WS 14/99 -, StraFO 1999,175). Dabei kann das Strafgericht zu einer günstigen Sozialprognose auch unter Heranziehung der Erwägung gelangen, dass der von der Vollstreckung ausgesetzte Strafrest einen nachhaltigen Druck auf den Verurteilten ausüben wird, sich in der Bewährungszeit straffrei zu verhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.1990 - 1 StE 3/81 StB 39/89 -, EzSt StGB § 57 Nr. 1). Demgegenüber haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht ausschließlich ordnungsbehördliche Überlegungen anzustellen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten des Ausländers steht. Sie sind, da Resozialisierungsgesichtspunkte bzw. den obigen Überlegungen vergleichbare Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen, bei der Einschätzung des Maßes der Wiederholungsgefahr nicht gehalten, ein gleich großes Restrisiko in Kauf zu nehmen wie die Strafgerichte. Ihre Prognose orientiert sich daher im Regelfall an strengeren Kriterien. Unabhängig davon verlangt die ausländerrechtlich erforderliche Prognose - im Gegensatz zu der der Strafgerichte im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB - eine über die Bewährungsdauer hinausgehende längerfristige Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Das bedeutet, dass auch die Frage prognostisch zu beantworten ist, ob der Ausländer sich nach Ablauf der Bewährungszeit, d. h. wenn der Druck der bei Bewährungsversagen drohenden Verbüßung der Reststrafe weggefallen ist, voraussichtlich straffrei verhalten wird. Schließlich können Umstände, die den Strafgerichten nicht bekannt gewesen oder von ihnen nicht beachtet worden sind, ebenso wie eine andere Würdigung des feststehenden Sachverhalts zu einer abweichenden Prognoseentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, a.a.O.). Die Entscheidungen der Strafgerichte gemäß § 57 Abs. 1 StGB haben nach alledem lediglich die Bedeutung eines - regelmäßig allerdings gewichtigen - Indizes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend rechtfertigt der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 07.03.2003 nicht die Annahme, dass von dem Kläger auch längerfristig keine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG mehr ausgeht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die lange Dauer der Untersuchungs- und der anschließenden Vollstreckungshaft ausreichend Eindruck auf den Kläger gemacht habe, sich künftig straffrei zu führen. Die nachfolgenden - wenn auch nur mit Geldstrafen geahndeten - drei Straftaten zeigen jedoch, dass diese Annahme verfehlt war. Der Kläger hat die erste Straftat nach der Verurteilung vom 02.11.2000 am 14.11.2004 und damit noch innerhalb seiner Bewährungszeit begangen. Der Diebstahl einer geringwertigen Sache erfolgte unter Ausnutzung seines damaligen Arbeitsverhältnisses als Reinigungskraft und führte zur Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen durch Strafbefehl des Amtsgerichts Limburg an der Lahn vom 28.02.2005. Daraufhin wurde die Bewährungszeit des Klägers um ein Jahr verlängert. Der Kläger hat sich mit diesem straffälligen Verhalten dem Risiko eines Widerrufs der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus der Verurteilung vom 02.11.2000 ausgesetzt. Der Druck der Bewährungszeit und die damit drohende (weitere) Strafhaft haben ihn nicht von der Begehung einer Straftat abgehalten. Darüber hinaus hat er durch den Diebstahl im Rahmen seiner damaligen Beschäftigung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf genommen. Das Landgericht konnte bei seiner Prognose auch das Verhalten des Klägers nach der (verlängerten) Bewährungszeit nicht berücksichtigen. Dieser hat unmittelbar, nachdem mit Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 10.04.2007 die zur Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe erlassen worden war, am 14.04.2007 einen weiteren Diebstahl begangen, der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 09.05.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen geahndet wurde. Hinzu kamen die am 15.10.2007 verwirklichten gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung gemäß §§ 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, 315c Abs. 1 Nr. 2b, 240 Abs. 1, 52, 69, 69a StGB, die zu einer vom Amtsgericht Tübingen mit Strafbefehl vom 29.01.2008 verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen führten. Damit hat der Kläger Straftaten innerhalb seiner Bewährungszeit, unmittelbar danach und auch im zeitlichen Abstand dazu verwirklicht. Die verbüßte Haftstrafe - selbst teilweise der Bewährungsdruck - hat ihn nicht von der Verwirklichung weiterer Straftaten abgehalten und damit erkennbar nicht ausreichend Eindruck auf ihn gemacht, sich künftig straffrei zu führen, wovon das Landgericht Karlsruhe bei der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgegangen ist.
29 
Zwar hat sich mit der Geburt seines Sohnes im Juli 2008 die familiäre Situation des Klägers geändert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Kläger das Zusammenleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und deren leiblicher Tochter bislang nicht davon abgehalten hat, weitere Straftaten zu begehen, zumal es sich bei seiner Ehefrau um eine mitangeklagte Mittäterin des mit Strafurteil vom 02.11.2000 geahndeten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 22 Fällen handelt. Auch wenn er seit der Verurteilung vom 02.11.2000 keine Straftaten von vergleichbarem Gewicht mehr verwirklicht hat, kann unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Kläger sprechenden Umstände derzeit eine positive längerfristige Prognose dahingehend, dass er keine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, (noch) nicht gestellt werden.
30 
Ob das Bundesamt den Widerruf unverzüglich im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ausgesprochen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf dient ausschließlich öffentlichen Interessen. Ein etwaiger Verstoß hiergegen verletzt keine Rechte des betroffenen Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.).
31 
§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte). Dadurch soll der Sondersituation solcher Personen Rechnung getragen werden, die ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Flüchtlingsschicksal erlitten haben und denen es deshalb selbst lange Zeit danach - auch ungeachtet etwaiger veränderter Verhältnisse - nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.2007 - A 6 S 1097/05 -, juris). Eine derartiges Verfolgungsschicksal hat der Kläger nach dem seinem Asylbegehren stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.01.1998 nicht erlitten. Er hat sich auf derartige Gründe auch im Übrigen nicht berufen.
32 
§ 73 Abs. 2a AsylVfG steht der Widerrufsentscheidung des Bundesamts ebenfalls nicht entgegen.
33 
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Jahresfrist nach §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG bei Widerrufsentscheidungen gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG zu beachten ist. Die Jahresfrist wäre hier eingehalten. Ihr Lauf beginnt frühestens nach einer Anhörung des Ausländers mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.11.2005, a.a.O., und vom 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Der Widerrufsbescheid erging am 12.07.2005, nachdem das Bundesamt dem Kläger durch Schreiben vom 13.10.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben hatte.
34 
Ist der Widerruf nach dem Vorstehenden bereits gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG wegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 02.11.2000 und der von diesem nach wie vor ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit gerechtfertigt, so kommt es für dessen Rechtmäßigkeit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die tatsächliche Verfolgungssituation des Klägers in Sri Lanka geändert hat, wovon das Bundesamt noch im Bescheid vom 12.07.2005 ausgegangen ist.
35 
Erweist sich somit der angefochtene Widerruf als rechtmäßig, so ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Zusammenhang damit festgestellt hat, dass auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 sowie 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG. Im Hinblick darauf, dass § 60 AufenthG die früheren §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG a.F. ersetzt, gilt nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nichts anderes (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.07.2008, a.a.O.). Im Übrigen hat die Feststellung ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 27) und (bereits) in diesem Zusammenhang geprüft worden.
36 
2. Die Klage hat Erfolg, soweit der Kläger - hilfsweise - unter Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts vom 12.07.2005 die Verpflichtung der Beklagten begehrt festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Sri Lanka nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt.
37 
Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wird durch § 60 Abs. 8 AufenthG nicht ausgeschlossen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142; BVerwG, Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 -, BVerwGE 109, 1).
38 
Nach § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. § 60 Abs. 2 AufenthG erfasst nicht nur ver-folgungsunabhängige, sondern auch verfolgungstypische Gefahren, die in den Anwendungsbereich des Art. 16a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG fallen.
39 
Erheblich sind die in § 60 Abs. 2 AufenthG benannten Gefahren bzw. Repressalien grundsätzlich nur dann, wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Allerdings gilt - was die Beklagte verkennt - gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12, - Qualifikationsrichtlinie -) im Fall bereits erlittener Schädigung eine Beweiserleichterung. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie liegen in der Person des Klägers vor.
40 
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Urteil vom 20.01.1998 war der Kläger, der aufgrund vorhandener Narben wegen Verdachts der LTTE-Zugehörigkeit in Sri Lanka durch die Armee festgehalten und misshandelt worden war, von politischer Verfolgung unmittelbar bedroht. Er hat damit Sri Lanka auch nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie als Vorverfolgter verlassen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, BVerwGE 128, 199). Es sprechen keine stichhaltigen Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr derzeit erneut von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Vielmehr ergibt sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 07.04.2009, dass sich die Situation für Tamilen in Sri Lanka in den letzten Monaten weiter verschärft hat. Danach gibt es für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen allein wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung seit der Aufkündigung des Waffenstillstandabkommens zwischen der Regierung und der LTTE im Januar 2008 immer mehr Anzeichen. Es kommt zu staatlichen repressiven Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Davon sind fast ausschließlich Tamilen betroffen, da sie unter dem Generalverdacht stehen, die LTTE zu unterstützen. Tamilen werden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt, müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien, PKW-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die im Dezember 2006 verfügte Wiederaufnahme des mit dem Waffenstillstandsabkommen 2002 ausgesetzten Sicherheitsgesetzes „Prevention of Terrorism Act“ von 1979 ist die richterliche Kontrolle solcher Verfolgungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung kommen muss. Jeder, der in den Augen der Sicherheitskräfte der Nähe der LTTE verdächtig ist, muss damit rechnen, verhaftet zu werden. Ein Anfangsverdacht, der LTTE nahe zu stehen, trifft Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Colombo oder dem Süden niederlassen. Ebenso steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Der Kläger, der nicht nur bereits unter LTTE-Verdacht verhaftet und misshandelt worden ist, sondern darüber hinaus aus dem Norden stammt und weiterhin Narben aufweist, muss nach alledem konkret mit einer Verhaftung rechnen. Dass es bei derartigen Verhaftungen auch (erneut) zu Misshandlungen und damit einer zumindest erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG kommen kann, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Lagebericht. Danach hat der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Manfred Novak, nach seinem Sri-Lanka-Besuch im Herbst 2007 festgestellt, dass Folter als gängige Praxis im Rahmen der Terrorismusbekämpfung angewendet wird. Weiter sind dem Auswärtigen Amt im Frühjahr 2007 Fälle bekannt geworden, in denen im Jahr 2005 nach Sri Lanka zurückgeschobene Tamilen von LTTE und Sicherheitskräften gefoltert worden sind.
41 
Nach der maßgeblichen Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist danach festzustellen, dass sich die allgemeine politische Lage in Sri Lanka in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere in Bezug auf das Risiko von Tamilen, wegen des Verdachts der Unterstützung der LTTE verfolgt zu werden, im Vergleich zum Jahr 1998 nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Auch in der Person des Klägers haben sich keine Änderungen ergeben, die es als zumutbar erscheinen ließen, ihn auf den Schutz seines Heimatstaates zu verweisen. Die Beklagte hat keine stichhaltigen Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergeben könnte, dass der vorverfolgt ausgereiste Kläger bei einer Rückkehr nicht (erneut) von einem sonstigen ernsthaften Schaden im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG bedroht wird. Derartige stichhaltige Gründe ergeben sich zunächst nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die LTTE gegenwärtig nur noch ein Gebiet in der Größe von ca. 60 Quadratkilometern kontrolliere, und deren Vermutung, sofern die Rebellen - erwartungsgemäß - deshalb zukünftig einen Guerillakampf führen würden, sei davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte dann noch gezielter als bisher auf die Bekämpfung aktiver, die Sicherheit des Landes konkret bedrohender LTTE-Angehöriger konzentrieren würden; der Kläger sei dieser Personengruppe nicht zuzurechnen. Dem stehen die Ausführungen im aktuellen Lagebericht vom 07.04.2009 entgegen, wonach es innerhalb Sri Lankas keine Gebiete mehr gibt, in denen die beschriebenen Verfolgungshandlungen nicht ausgeübt werden, auch wenn die Intensität der Bedrohung sich in den einzelnen Landesteilen unterscheidet. Nach der sogenannten „Befreiung“ des von der LTTE infiltrierten Gebiets im Osten durch die Regierung bleibt die Lage dort nach wie vor angespannt. Im Norden herrscht weiter offener Krieg, dessen Ende möglich, aber nicht abzusehen ist. Im Übrigen beruht die von der Beklagten vermutete künftige Entwicklung des Verfolgungsrisikos des Klägers allein auf Spekulation, was zur Feststellung stichhaltiger (Gegen-)Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht ausreicht. Auch soweit die Beklagte ausführt, für nach Colombo zurückkehrende Tamilen bestehe keine generelle Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung, allein im Großraum der Hauptstadt Colombo lebten mehr als 300.000 Tamilen und Kontrollen und Inhaftierungen beträfen lediglich einen Personenkreis von ca. 60 Betroffenen pro Woche, die zudem mehrheitlich nach der Personenkontrolle wieder freigelassen würden, erschüttert sie damit nicht den sich gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie aus der Vorverfolgung des Klägers ergebenden Hinweis, dass dieser bei einer Rückkehr nach Sri Lanka tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden (im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG) zu erleiden.
42 
Offen bleiben kann die vom Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 07.02.2008 - 10 C 33.07 - (juris) vorgelegte Frage, ob Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie einen inneren Zusammenhang zwischen einer erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung und dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, voraussetzt, denn dieser Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Die Vorverfolgung, die den Kläger zur Ausreise aus Sri Lanka veranlasst hat, unterscheidet sich nicht von der ihm derzeit bei einer Rückkehr drohenden Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG.
43 
Über die weiteren Hilfsanträge braucht der Senat nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall gestellt sind, dass der (erste) Hilfsantrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG keinen Erfolg hat.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 83b AsylVfG, wobei der Senat von einem „Wert“ des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG von etwa 1/3 ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9.5.1998 - 9 C 5.98 -, AuAS 1998, 224).
45 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.