Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 25. Feb. 2010 - 8 S 2822/09

bei uns veröffentlicht am25.02.2010

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 2009 - 13 K 4093/09 - mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20. August 2009 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug je zur Hälfte. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO), insbesondere den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragsteller hat Erfolg. Die von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben Anlass, den angefochtenen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20.08.2009 anzuordnen, abgelehnt hat, zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen.
Die Baugenehmigung gestattet die Errichtung eines Wohnhauses als Hintergebäude auf dem an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.Nr. ... in Stuttgart-... unter Einhaltung eines Grenzabstandes von 2,50 m zum Grundstück der Antragsteller. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verletze voraussichtlich keine die Rechte der Antragsteller schützenden Vorschriften. Auf dem Baugrundstück sei nach § 5 der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 - OBS - ein Wohngebäude als Hintergebäude zulässig. Soweit das genehmigte Bauvorhaben die in § 43 Abs. 1 OBS festgesetzte Gebäudetiefe unterschreite und der nach § 38 Abs. 6 OBS vom Hintergebäude einzuhaltende Grenzabstand unterschritten sei, habe die Antragsgegnerin die erforderlichen Befreiungen erteilt. Eine Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme könne nicht festgestellt werden. Ein darüber hinausgehender Schutz könne nicht beansprucht werden, da den Festsetzungen keine nachbarschützende Wirkung zukomme.
1. Zwar dürfte die dagegen erhobene Rüge der Antragsteller, dass die zugelassene Wohnnutzung gegen die Festsetzung der Art der Nutzung in § 5 OBS für Hintergebäude verstoße, nicht durchgreifen. Die Auffassung der Antragsteller, dass sich die Regelung des § 5 Halbsatz 2 OBS auf einen Ausschluss von Wohnnutzung in Hintergebäuden erstrecke, begegnet erheblichen Zweifeln.
Nach § 5 OBS gelten in Baustaffel 4, zu der das Baugrundstück unstreitig gehört, die Bestimmungen über das Gemischte Gebiet; jedoch sind Hintergebäude nur für landwirtschaftliche und kleinere Gewerbebetriebe zugelassen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dem Regelungszusammenhang mit § 4 OBS (Gemischtes Gebiet) davon auszugehen sei, dass der Satzungsgeber durch § 5 Halbsatz 2 OBS nicht die im Gemischten Gebiet zulässige Wohnnutzung ausschließen, sondern lediglich die Zulässigkeit der dort aufgeführten emittierenden Betriebe habe beschränken wollen. Dem dürfte zuzustimmen sein.
§ 5 Halbsatz 2 OBS enthält seinem Wortlaut nach eine Einschränkung der zulässigen Nutzungsarten von Hintergebäuden. Doch knüpft diese Regelung - wie sich aus § 5 Halbsatz 1 OBS ergibt - an § 4 OBS an und ist im systematischen Zusammenhang mit dieser Norm auszulegen. Danach sind im Gemischten Gebiet und wegen der Verweisung in § 5 Halbsatz 1 OBS auch in der Staffel 4 Anlagen der in § 16 Abs. 1 der (Reichs-)Gewerbeordnung bezeichneten Art nicht zulässig (§ 4 Abs. 1 OBS), wenn nicht - zugunsten solcher Anlagen - die Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 2 OBS eingreift. Diese Ausschluss- und Ausnahmeregelung wird durch § 5 Halbsatz 2 OBS für Hintergebäude wiederum modifiziert, indem in Hintergebäuden nicht sämtliche von § 4 Abs. 2 OBS erfassten und unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen Nutzungen, sondern nur landwirtschaftliche und kleinere gewerbliche Betriebe zugelassen sind. Darin erschöpft sich indessen der Regelungsgehalt des § 5 Halbsatz 2 OBS, dem nicht der Charakter einer abschließenden Aufzählung der in Hintergebäuden der Staffel 4 zulässigen Nutzungen entnommen werden kann. § 5 Halbsatz 2 bezieht sich damit nicht auf die Wohnnutzung, deren Zulässigkeit zwar von §§ 4 und 5 OBS vorausgesetzt, aber nicht ausdrücklich geregelt und folglich von der Spezialvorschrift des § 5 Halbsatz 2 OBS auch nicht eingeschränkt wird.
2. Eine Rechtsverletzung der Antragsteller folgt aber daraus, dass die Baugenehmigung gegen die - nachbarschützende - Festsetzung in § 38 Abs. 6 OBS verstößt, wonach von sämtlichen Eigentumsgrenzen mindestens ein Abstand von 4 m einzuhalten ist, und die erteilte Befreiung von dieser Festsetzung rechtswidrig ist.
a) Durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vorschrift bestehen nicht. Zwar ist § 38 Abs. 6 OBS als bauplanungsrechtliche Vorschrift mit Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1960 außer Kraft getreten, da nach §§ 233 Abs. 3 BauGB, 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 nur planungsrechtliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art fortgelten. Damit ist gemeint, dass die (überzuleitende) Festsetzung einen Inhalt haben muss, der nach dem Bauplanungsrecht des BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein konnte (BVerwG, Urteil vom 03.06.1971 - IV C 64.69 -, BVerwGE 38, 152). Zu Festsetzungen über die Einhaltung von Grenzabständen ermächtigte § 9 Abs. 1 BBauG 1960 jedoch nicht. Die Vorschrift kann insbesondere nicht als eine Festsetzung über die überbaubare oder nicht überbaubare Grundstücksfläche im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 b BBauG 1960 verstanden werden, da hierfür als Instrument gemäß § 23 Abs. 1 BauNVO nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen zur Verfügung steht. Sie ist auch keine Festsetzung über die Stellung der baulichen Anlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 b BBauG 1960; damit wird im Wesentlichen die Ausrichtung der Längsachse des Gebäudes zu einer Himmelsrichtung oder zu einer Straße bestimmt (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1995 - 8 S 2383/95 -, Juris und Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Komm., 7. Aufl., 2004, RdNr. 24 a).
Der Senat sieht § 38 Abs. 6 OBS jedoch - jedenfalls auch - als bauordnungsrechtliche Vorschrift an, die beim Inkrafttreten der Landesbauordnung am 01.01.1964 trotz der gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 LBO 1964 erfolgten Aufhebung der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 wirksam übergeleitet worden ist. Nach § 118 Abs. 5 LBO 1964 bleiben Verordnungen und Satzungen, die aufgrund der in Abs. 1 aufgehobenen Vorschriften erlassen worden sind, bis zum Erlass neuer Vorschriften in Kraft, soweit sie diesem Gesetz nicht widersprechen. Die in § 38 Abs. 6 OBS getroffene Regelung über die Einhaltung eines Mindestabstands von 4 m zu sämtlichen Eigentumsgrenzen steht in Einklang mit § 111 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964, der zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über die Festsetzung größerer Abstände, als in § 7 LBO 1964 vorgeschrieben, ermächtigte. § 38 Abs. 6 OBS schreibt für Hintergebäude die Einhaltung eines Abstandes von mindestens 4 m von sämtlichen Eigentumsgrenzen und damit größere als die in § 7 Abs. 7 LBO 1964 vorgesehenen Mindestabstände von 3 m vor (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1995 - 8 S 2383/95 - a.a.O.).
b) Die Festsetzung eines Mindestgrenzabstands von 4 m in § 38 Abs. 6 OBS entfaltet auch eine nachbarschützende Wirkung zu Gunsten der Antragsteller als Eigentümer des unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks. Die Vorschriften der Württembergischen Bauordnung und der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin, insbesondere des § 38 Abs. 6 OBS, über die Abstände zu Eigentumsgrenzen, sind, wie der Verwaltungsgerichtshof Stuttgart bereits mit Urteil vom 02.11.1956 - 2 S 183/54 -, DÖV-Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt 1956, 184 ff.) entschieden hat, auch im Interesse des Grundstücksnachbarn erlassen und gewähren diesem daher ein subjektives Recht mit der Folge, dass die Verletzung der Grenzabstandsvorschriften eine Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte darstellen kann. Die nachbarschützende Wirkung beschränkt sich dabei jeweils auf den Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, zu dem der Grenzabstand unterschritten wird. Gegen die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung des § 38 Abs. 6 OBS können nicht, wie die Beigeladene meint, die Erwägungen des Senats in seinem Urteil vom 01.02.1993 (- 8 S 2796/92 -, Juris) zur nachbarschützenden Wirkung des § 40 Buchst. b OBS herangezogen werden, der für Hintergebäude in Baustaffel 8 bis 10 von den Eigentumsgrenzen einen Abstand gleich der Höhe der der Grenze gegenüberstehenden Gebäudeseite, jedoch nicht unter 4 m verlangt. Die genannte Entscheidung verneint zwar eine nachbarschützende Wirkung der Forderung nach einem Abstand in Höhe des Gebäudes, tendiert aber bereits zur Annahme einer nachbarschützenden Wirkung der - mit der vorliegenden Vorschrift unter Umständen vergleichbaren - Festsetzung eines Mindestabstands von 4 m, wenn auch die Frage nicht näher erläutert und beantwortet wird, weil der Grenzabstand in jenem Fall eingehalten war.
10 
c) Die Antragsteller können sich auf einen Verstoß gegen § 38 Abs. 6 OBS auch berufen. Zwar ist nach dem auch im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben ein Nachbar gehindert, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er in vergleichbarer Weise gegen diese Vorschrift verstoßen hat (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 23 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zahlreicher Oberverwaltungsgerichte). § 38 Abs. 6 OBS ist auf das Wohngebäude der Antragsteller, welches ebenfalls keinen Abstand von 4 m zur Grenze der Beigeladenen einhält, aber nicht anwendbar. Denn das Wohngebäude der Antragsteller ist kein Hintergebäude, für welches der Abstand des § 38 Abs. 6 OBS gilt.
11 
Wie der beschließende Gerichtshof zum Begriff des Hintergebäudes in §§ 30 und 32 der Badischen Landesbauordnung vom 01.09.1907 entschieden hat (Urteil vom 06.12.1960 - III 20/60 -, Leitsatz in Juris, im Übrigen nicht veröffentlicht), kommt es darauf an, ob das zu beurteilende Gebäude von der Straße aus gesehen in einem natürlichen Sinne hinter einem an der Bauflucht stehenden Vordergebäude gelegen ist. Im Verhältnis zur Straße ist jedes Gebäude als Hintergebäude anzusehen, das nicht unwesentlich hinter der Reihe der in der Bauflucht stehenden Gebäude zurücksteht. Diese Auslegung des Begriffs des Hintergebäudes lässt sich auf Art. 56 (wie auch auf Art. 48 Abs. 2, 53 Abs. 4) WürttBauO und den darauf gestützten § 38 Abs. 6 OBS übertragen. Diese Regelungen stellen in mit §§ 30, 32 der Badischen Landesbauordnung vergleichbarer Weise Anforderungen an Hintergebäude (beispielsweise hinsichtlich der zulässigen Größe, der Höhe, der Geschosszahl).
12 
Nach diesen Grundsätzen ist das Gebäude der Antragsteller nicht als Hintergebäude zu betrachten. Es steht nicht hinter einer Reihe von in einer Bauflucht stehenden Gebäuden. Denn die Baufluchten entlang der ...straße und der ... Straße sind nicht maßgebend. Das Gebäude der Antragsteller ist in Beziehung zu setzen zur ...straße (Flst.Nr. ...), auch wenn diese nur als kurzer, ca. 22 m langer Straßenstich in das Hinterland der ...straße hinein reicht. Im Verhältnis zur ...straße kann das Gebäude der Antragsteller nicht als Hintergebäude betrachtet werden. Es steht bezogen auf diese Straße nicht hinter der Reihe von in einer Bauflucht stehenden Gebäuden. Zwischen seiner Westseite und der westlich gelegenen, dort als Sackgasse endenden ...straße, der das Gebäude zugewandt ist, liegt lediglich ein ca. 6 m breites freies Gelände, das nicht selbständig bebaubar ist. Das Gebäude der Antragsteller kann daher im Verhältnis zur ...straße nicht als Hintergebäude angesehen werden (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.1993 - 8 S 2796/92 -, Juris). Damit ist den Antragstellern die Berufung auf die nur für Hintergebäude geltende Vorschrift nicht verwehrt.
13 
d) Die von der Antragsgegnerin wegen des Verstoßes des Bauvorhabens gegen § 38 Abs. 6 OBS erteilte Befreiung ist rechtswidrig und verletzt die Antragsteller in ihren Rechten. Da von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit wurde, können sie verlangen, dass die Befreiung in vollem Umfang rechtsfehlerfrei ist. Dazu gehört auch eine fehlerfreie Ermessensentscheidung. Die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Befreiung leidet jedoch an Ermessensfehlern. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 VwGO). Sie hat die Zulässigkeit einer solchen Befreiung anhand des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt und aus Gründen der städtebaulichen Vertretbarkeit (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB) erteilt. Diese Vorschrift ist jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Zulässigkeit einer Befreiung von dem als bauordnungsrechtliche Vorschrift übergeleiteten § 38 Abs. 6 OBS richtet sich vielmehr nach § 56 Abs. 5 LBO. Danach kann von den Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes (wozu auch die nach dem Gesetz übergeleiteten Bestimmungen gehören) Befreiung erteilt werden, wenn die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 2). Es spricht einiges dafür, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind. Eine besondere Härte könnte möglicherweise darin gesehen werden, dass das Grundstück aufgrund seines schmalen Zuschnitts bei einer Einhaltung des Mindestabstandes von 4 m zu allen Eigentumsgrenzen nicht mit einem Wohngebäude bebaubar wäre.
14 
Die vorliegende Befreiungsentscheidung ist aber selbst dann rechtswidrig, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 5 LBO für eine Befreiung von der Abstandsvorschrift des § 38 Abs. 6 OBS vorliegen. Denn es liegt jedenfalls ein Ermessensfehlgebrauch vor, weil die Antragsgegnerin ihre Ermessensentscheidung auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 16. Aufl., 2007, § 114 RdNr. 12). Die auf § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gestützten Ermessenserwägungen tragen eine Befreiungsentscheidung nach § 56 Abs. 5 LBO nicht, da sich die Zwecksetzungen der Vorschriften in wesentlicher Hinsicht unterscheiden. Zudem ist das Interesse der Nachbarn an der Einhaltung von nachbarschützenden Vorschriften mit anderem Gewicht in die Abwägung einzustellen als ihr Interesse an der Einhaltung einer nicht nachbarschützenden Vorschrift. Eine dementsprechende Gewichtung der entgegenstehenden Belange hat die Antragsgegnerin aber nicht vorgenommen. Sie hat die Belange der Antragsteller auf die Maßstäbe des Gebots der Rücksichtnahme beschränkt. Bei der Befreiung von einer nachbarschützenden Vorschrift sind die Belange des Nachbarn bei der Ermessensausübung aber nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn sich das Bauvorhaben ihnen gegenüber als rücksichtslos erweist. Vielmehr ist es im Rahmen einer Befreiung von nachbarschützenden Vorschriften geboten, die Belange des Nachbarn auch dann zu berücksichtigen, wenn sie durch das genehmigte Bauvorhaben in einer Weise betroffen werden, die unterhalb der Schwelle des Rücksichtnahmegebots liegt.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Beigeladene war an den Kosten des ersten Rechtszuges zu beteiligen, da sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
16 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.