Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. März 2010 - 11 S 1626/08

published on 22/03/2010 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. März 2010 - 11 S 1626/08
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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31. Januar 2008 - 9 K 2257/06 - geändert.

Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 3. August 2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland.
Der am … März 1973 in Tunesien geborene Kläger ist tunesischer Staatangehöriger. Er reiste erstmals 1988 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er etwa fünf Monate bei einer Tante in ... lebte. Dort lernte er seine spätere Ehefrau kennen, eine deutsche Staatsangehörige, die er am 29. Juli 1991 in Tunesien heiratete. Am 1. Dezember 1991 kehrte er im Rahmen des Familiennachzugs in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Am 24. August 1992 wurde die gemeinsame Tochter ... geboren. Im Jahre 1993 trennte er sich von seiner Ehefrau. Mit Urteil vom 1. Juni 1995 wurde die Ehe geschieden und die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter zunächst der Mutter und im Februar 1996 auf ihn übertragen.
Am 7. September 1995 wurde der aus einer nichtehelichen Beziehung stammende Sohn ... geboren, der in einer Pflegefamilie lebt.
Am 2. April 1998 erhielt er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Ende der 90er-Jahre begann er, gelegentlich Kokain zu konsumieren, weshalb er in der Folge nur noch unregelmäßig an seinem jeweiligen Arbeitsplatz erschien. Im Jahre 2000 wurde er arbeitslos und lebte seitdem von Arbeitslosen- bzw. Sozialhilfe. Seine Leben war vor allem von Diskotheken- und Partybesuchen geprägt. Bei diesen Gelegenheiten betrank er sich häufig und konsumierte gelegentlich Kokain. Mehrfach musste er in alkoholisiertem Zustand in Polizeigewahrsam genommen werden. Das Jugendamt der Stadt ... wurde im Oktober 2002 auf die familiäre Situation aufmerksam. Auf seine Veranlassung wurde ihm wegen Vernachlässigung der Kindesinteressen und erzieherischen Versagens mit Beschluss des Familiengerichtes ... vom 12. März 2004 das Sorgerecht für die Tochter ... entzogen, die seit Mai 2003 bei der Schwester seiner geschiedenen Ehefrau lebte.
Von September 2003 bis 4. März 2004 hielt er sich in Tunesien auf. Nach seiner Rückkehr wurde er am gleichen Tag verhaftet und in Untersuchungshaft genommen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts ... vom 16. November 2004 (4 KLs 800 Js 24295/02) wurde er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 97 Fällen sowie unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bereits vorher war er mehrfach im Bundesgebiet straffällig geworden.
Nach vorheriger Anhörung wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger mit Verfügung vom 3. August 2006 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Bundesrepublik Deutschland aus und drohte ihm die Abschiebung nach Tunesien an. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Er erfülle den Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 2 AufenthG. Da er besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG genieße, könne er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Solche seien hier als Regelfall im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gegeben. Atypische Umstände lägen nicht vor. Zwar werde die Ist-Ausweisung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zur Regel-Ausweisung herabgestuft. Es lägen jedoch keine Gründe für die Annahme eines atypischen Ausnahmefalles vor. Insbesondere ergebe sich ein solcher nicht aus dem Umstand, dass der Kläger Vater eines Sohnes sei und auch nicht aus dem Schutz der familiären Beziehung zu seiner deutschen Tochter, auch wenn er seine Bereitschaft zur Durchführung einer Drogentherapie erklärt habe. Selbst wenn ein atypischer Sachverhalt vorläge, sei nach Abwägung seiner Interessen mit dem öffentlicher Interesse an seiner Ausreise auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Ausweisung aus Ermessensgründen gerechtfertigt und geboten.
Die Verfügung wurde dem Kläger am 21. August 2006 zugestellt.
10 
Am 8. September 2006 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
11 
Der Beklagte trat der Klage aus den Gründen der angegriffenen Entscheidung entgegen.
12 
Mit Beschluss vom 29. Januar 2007 (9 K 2258/06) lehnte das Verwaltungsgericht das vorläufige Rechtsschutzbegehren ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 15. März 2007 - 11 S 428/07 - zurück.
13 
Am 16. März 2007 wurde der Kläger aus der Haft heraus abgeschoben, nachdem der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt worden war.
14 
Im Laufe des Monats Dezember 2007 reiste der Kläger unerlaubt wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein.
15 
Aus einer nichtehelichen Beziehung zu der litauischen Staatsangehörigen ... ... ging der am 19. September 2008 in Frankreich geborene gemeinsame Sohn ... hervor; beide Eltern üben gemeinsam das Sorgerecht aus. Frau ... lebte und lebt in ..., wo sie mittlerweile einer Vollzeitbeschäftigung als Zimmermädchen nachgeht.
16 
Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts ... vom 7. Februar 2009 (5227 Js 2836/08.b Ds) wurde der Kläger wegen der illegalen Einreise zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 6 Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Der Kläger verbüßte in der Folgezeit diese Strafe vollständig.
17 
Unter dem 6. Juni 2008 widerrief das Landgericht ... die Aussetzung des Strafrestes aus dem Urteil vom 16. November 2004 zur Bewährung. Da der Aufenthalt des Klägers in der Folgezeit seit 2. November 2008 nicht bekannt war, erging am 4. Dezember 2008 ein Vollstreckungshaftbefehl der Staatsanwaltschaft .... Zuvor hatte er mit Frau ... und dem gemeinsamen Sohn zusammen in ... gelebt. Seit 7. Juli 2009 verbüßt der Kläger in der Justizvollzugsanstalt ... den Strafrest.
18 
Mit Urteil vom 31. Januar 2008 wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage ab und führte zur Begründung aus: Die Klage sei schon wegen nachträglichen Entfallens des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Ein Wegfall eines ursprünglich gegebenen Rechtsschutzbedürfnisses komme im Einzelfall auch dann in Betracht, wenn das Verhalten eines Rechtsschutzsuchenden Anlass zu der Annahme biete, dass ihm an einer Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr gelegen sei. Berechtigte Zweifel am Fortbestehen des Interesses an einer Sachentscheidung durch das Gericht könne ein Kläger auch durch den Abbruch des Kontakts zu einem das Gerichtsverfahren betreibenden Bevollmächtigten begründen. So lägen die Dinge hier. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers habe sowohl in einem Telefongespräch gegenüber dem Berichterstatter als auch schriftlich mitgeteilt, dass sie keinen Kontakt zum Kläger mehr habe.
19 
Das Urteil wurde dem Kläger am 27. März 2008 zugestellt.
20 
Am 14. April 2008 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und trug zur Begründung eine ladungsfähige Anschrift vor, weshalb wieder das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis bestehe.
21 
Durch Beschluss vom 20. Juni 2008 - dem Kläger am 26. Juni 2008 zugestellt - ließ der Senat die Berufung zu, die der Kläger am 17. Juli 2008 unter Stellung eines Antrags begründete.
22 
Er führt aus: Mit Rücksicht auf das gemeinsame Sorgerecht für den Sohn ..., der auch wegen dem durch seine Mutter gesicherten Lebensunterhalt freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger sei, sei er selbst nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils in der Sache Chen freizügigkeitsberechtigt. Er habe früher über viele Jahre selbst gearbeitet. Seit seiner Inhaftierung im März 2004 habe er keine Drogen mehr zu sich genommen. Anfang des Jahres 2009 seien mehrere kontrollierte Drogentests mit negativem Ergebnis gemacht worden. Er sei bis zum Haftantritt in regelmäßiger ambulanter ärztlicher und therapeutischer Betreuung gewesen, insbesondere habe er regelmäßig den Drogenverein ... aufgesucht, woraus sich auch ableiten lasse, dass er sich - entgegen den Vermutungen des Beklagten - ständig weiter in ... aufgehalten habe. Beim ihm liege allerdings eine Polytoxikomanie vor und es sei eine schizoaffektive Psychose diagnostiziert worden. Er wolle seine Verlobte heiraten, was aber erhebliche Schwierigkeiten mache und auch sehr viel Zeit koste, da die Ehescheidung noch in einem aufwändigen Verfahren in Tunesien anerkannt werden müsse. Die Zweifel des Beklagten an der Beziehung des Klägers zu seiner Verlobten und seinem Kind und der Intensität der Beziehung seien nicht berechtigt. Das Kind sei in ... geboren worden, weil sie an sich die Absicht gehabt hätten, nach Frankreich zu gehen, was sich dann aber zerschlagen habe, weshalb sie wieder nach ... zurückgekehrt seien.
23 
Der Kläger beantragt,
24 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31. Januar 2008 - 9 K 2257/06 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 3. August 2006 aufzuheben.
25 
Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und führt aus: Entgegen der Auffassung des Klägers sei er nicht freizügigkeitsberechtigt, weil sein Sohn ihm keinen Unterhalt leiste und auch er ihm keinen leisten könne. Die vom EuGH in der Rechtssache Chen entwickelten Grundsätze beträfen daher einen anderen Fall. Nachdem nunmehr Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK zugunsten des Klägers zu berücksichtigen seien, könne die Ausweisung nur noch als Ermessensentscheidung ergehen. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass mit Rücksicht auf die beim Kläger gestellte Diagnose und seinen früheren Drogenkonsum von diesem nach wie vor eine erhebliche Gefährdung ausgehe, weshalb an der Ausweisung festgehalten werde. Gewisse Zweifel an der Beziehung zu Frau ... und dem Kind ... bestünden deshalb, weil das Kind nach der Geburtsurkunde in Frankreich geboren sei und hiernach Frau ... auch dort gewohnt haben soll.
26 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Senat liegen die Ausländerakten der Stadt ..., die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie die Strafakten des Landgerichts ... einschließlich der hierzu gehörenden Vollstreckungsakten der Staatsanwaltschaft ... vor; weiter die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angefallenen Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und des Senats.

Entscheidungsgründe

 
27 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
28 
Die vom Senat zugelassene Berufung, die rechtzeitig und formgerecht unter Stellung eines Antrags begründet wurde, hat Erfolg.
29 
Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. BVerwG, Urteil v. 15. November 2007 – 1 C 45.06 – BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) ist die angegriffene Ausweisung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
30 
Nachdem mittlerweile eine ladungsfähige Anschrift des Klägers wieder bekannt geworden ist, sind die vom Verwaltungsgericht formulierten Einwände gegen das Bestehen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses behoben.
31 
Die vom Beklagten ausgesprochene Ausweisungsverfügung wurde von ihm auf die §§ 53 ff. AufenthG gestützt. Diese Rechtsgrundlagen sind indes nicht mehr geeignet, die Verfügung zu tragen, weil der Kläger mittlerweile Familienangehöriger eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger geworden ist (1.) und die streitgegenständliche Verfügung auch nicht nach § 47 LVwVfG in eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU umgedeutet werden kann (2.).
1.
32 
Der Kläger ist in entsprechender bzw. erweiternder unionsrechtskonformer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU Familienangehöriger seines am 19. September 2008 in Frankreich geborenen und nach der Geburt im Bundesgebiet lebenden Sohnes litauischer Staatsangehörigkeit. Die Mutter des Sohnes, die ebenfalls die litauische Staatsangehörigkeit besitzt, lebte vor der Geburt und lebt auch weiterhin mit ihrem Sohn im Bundesgebiet in häuslicher Gemeinschaft. Sie ist im Besitz einer Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU der Stadt... und im Übrigen seit 19. August 2009 (auf ein Jahr befristet) bei der Firma ... ... in Vollzeitarbeit beschäftigt und mit dem Sohn gesetzlich krankenversichert.
33 
Ausgehend hiervon hat der Sohn des Klägers die Stellung eines Freizügigkeit genießenden Unionsbürgers (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 und § 4 FreizügG/EU).
34 
Der Kläger, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin sorgeberechtigt ist, ist auch Familienangehöriger im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU. Der Senat kann offen lassen, ob insoweit auch vorausgesetzt wird, dass weiterhin eine familiäre Lebensgemeinschaft besteht und diese nicht endgültig aufgehoben sein darf (vgl. im Einzelnen Epe, in: GK-AufenthG § 3 FreizügG/EU Rdn. 35). Denn jedenfalls bestand - ohne dass insoweit hieran durchgreifende Zweifel bestünden - eine solche zunächst bei der Geburt und im Anschluss daran. Auch wenn der Kläger sich in der Folgezeit nach Erlass des Vollstreckungshaftbefehls vom 4. Dezember 2008 vorübergehend nicht in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten haben sollte, ist diese vorübergehende Trennung ebenso unschädlich wie die spätere am 7. Juli 2009 erfolgte Inhaftierung zur Verbüßung der Reststrafe, jedenfalls wenn nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand und den Plänen der Beteiligten eine Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft nach der Haftentlassung zu erwarten ist.
35 
Zwar sind nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU nur solche Verwandten in aufsteigender Linie auch freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige, denen der freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger Unterhalt gewährt, was der Sohn des Klägers offensichtlich nicht tut. Nach Auffassung des Senats ist die Bestimmung namentlich mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK sowie Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union jedoch erweiternd dahingehend zu verstehen, dass die Einschränkung der Unterhaltsgewährung nicht für minderjährige freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger gilt, wenn der Verwandte in aufsteigender Linie sorgeberechtigt ist, es sich also insbesondere um einen sorgeberechtigten Elternteil handelt.
36 
Unübersehbar hat der Gesetzgeber bei der Formulierung der später verabschiedeten Fassung des § 3 Abs. 2 AufenthG in erster Linie die Fälle im Auge gehabt, in denen der freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger volljährig und erwerbstätig ist und hat deshalb den Nachzug seiner Verwandten in aufsteigender Linie restriktiv gefasst, um eine Belastung der öffentlichen Kassen zu vermeiden bzw. zu begrenzen. Andererseits hat er aber durchaus in der gleichen Bestimmung die besondere Situation des nicht aus eigenem Recht freizügigkeitsberechtigten Elternteils, der das Sorgerecht hinsichtlich eines minderjährigen Kindes ausübt, gesehen und gewürdigt. In § 3 Abs. 4 FreizügG/EU (vgl. auch Art. 12 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG v. 29. April 2004) wird für den Fall des Todes oder Wegzugs des freizügigkeitsberechtigten anderen Elternteils den Kindern und dem personensorgeberechtigten Elternteil bis zum Abschluss der Ausbildung der Kinder ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, und zwar völlig losgelöst von irgendwelchen Unterhaltszahlungen. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht nachzuvollziehen und nicht zu rechtfertigen, dass gewissermaßen bis zum Zeitpunkt des Todes oder des Wegzugs bei bis dahin erfolgender gemeinsamer Ausübung der Personensorge der drittstaatsangehörige sorgeberechtigte Elternteil zur Wahrung der Familieneinheit nicht an der Freizügigkeit teilnähme und lediglich den allgemeinen Status eines Drittstaatsangehörigen hätte.
37 
Zwar entspricht die Definition des Familienangehörigen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU einschließlich des Unterhaltserfordernisses den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 2 Nr. 2 lit. d) der Richtlinie 2004/38/EG v. 29. April 2004. Auch in diesem Zusammenhang bestimmt, wie bereits oben angesprochen, Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie, dass weder infolge des Wegzugs des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder dessen Todes für den anderen Elternteil, der die elterliche Sorge ausübt, oder das Kind das Recht auf Aufenthalt verloren geht, solange das Kind in einer Bildungseinrichtung eingeschrieben ist. Weiter muss in diesem Zusammenhang zum sachgerechten Verständnis Art. 3 Abs. 2 a dieser Richtlinie einbezogen werden. Hiernach soll der Aufenthalt auch solcher Personen begünstigt werden, die gerade nicht der engeren Begrifflichkeit des Art. 2 Nr. 2 lit. d) der Richtlinie 2004/38/EG entsprechen, die jedoch früher im Heimatstaat mit dem freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen zusammen in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Auch hier wäre es nur schwer verständlich, wenn der sorgeberechtigte Elternteil im Falle der Geburt in einem Mitgliedstaat, der von diesem Zeitpunkt zusammen in familiärer Gemeinschaft lebte, anders und wesentlich ungünstiger behandelt würde mit der Folge, dass jedenfalls im Unionsrecht auf sekundärrechtlicher Ebene eine Gewährleistung der Familieneinheit nicht effektiv gesichert wäre. Denn die Richtlinie 2003/86/EG v. 22. September 2003 betrifft nur den Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen zu Drittstaatszugehörigen und würde auch bei einer entsprechenden Anwendung von deren Art. 4 Abs. 2 lit. b) nicht weiter helfen, ganz abgesehen davon, dass insoweit gemeinschaftsrechtlich nur eine Öffnungsklausel für die jeweilige nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten besteht. Denn auch hier besteht die Verknüpfung mit der Leistung von Unterhalt. Sekundärrechtlich bestünden damit keine wirksamen Vorkehrungen gegen eine Trennung der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile voneinander bzw. eines Elternteils von den minderjährigen Kindern. Es ist nicht ersichtlich, dass nach der Konzeption des FreizügG/EU wie auch der des Unionsrechts solches beabsichtigt gewesen sein könnte.
38 
Der Europäische Gerichtshof hat zum inhaltlich im Wesentlichen gleich lautenden Art. 1 Abs. 2 lit. b) der – aufgehobenen - Richtlinie 90/364/EWG v. 28. Juni 1990 in Fällen, in denen nur ein Elternteil für ein freizügigkeitsberechtigtes Kleinkind tatsächlich gesorgt hat, sich vom strikten Wortlaut der Norm gelöst und dem betreffenden Elternteil ein Freizügigkeitsrecht als Familienangehöriger zuerkannt, obwohl er von dem Kind keinen Unterhalt erhielt, und dies damit begründet, dass andernfalls dem freizügigkeitsbedingten Aufenthaltsrecht des Kindes nach Art. 21 AEUV „jede praktische Wirksamkeit genommen würde“ (vgl. EuGH; Urt. v. 19. Oktober 2004 – C-200/99, Zhu und Chen - InfAuslR 2004, 413 Rn. 45 f. auch unter Hinweis auf das Urteil v. 17. September 2002 – C-413/99, Baumbast - InfAuslR 2002, 463 Rn. 71 ff.). Allerdings unterschied sich die Rechtssache Zhu und Chen von der hier zu beurteilenden Fallgestaltung dadurch, dass bei Frau Zhu eine wirtschaftliche Existenzsicherung gegeben war (in diesem Sinne auch Ziff. 3.2.2.2 AVwV-FreizügG/EU), während hier die wirtschaftliche Lage des Klägers - im Gegensatz zu der seines Sohnes - jedenfalls gegenwärtig und solange er noch seine Reststrafe verbüßt und keine Perspektive einer eigenen Erwerbstätigkeit von einigem Gewicht besteht, ungesichert erscheint (vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 FreizügG/EU). Wie aber bereits ausgeführt, wäre es im Hinblick auf den durch Art. 8 EMRK und Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gerade auch unionsrechtlich zu gewährleistenden effektiven Schutz der familiären Gemeinschaft mit einem freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger nicht gerechtfertigt, eine hiervon abweichende Behandlung der vorliegenden Fallkonstellation zu befürworten (vgl. zur Bedeutung des Art. 8 EMRK in diesem Zusammenhang EuGH, Urteil v. v. 17. September 2002 – C-413/99, a.a.O. Rdn. 72). Der sorgeberechtigte Vater ist mithin auch ohne Unterhaltsgewährung durch das Kind gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU „Familienangehöriger“ seines leiblichen Kindes.
2.
39 
Eine Umdeutung der Ausweisungsverfügung in eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU scheidet aus. Nach § 47 LVwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Das gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes.
40 
Ein Verwaltungsakt ist u.a. dann nicht auf das gleiche Ziel gerichtet, wenn der Verwaltungsakt, in den umgedeutet würde, gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt wesensverschieden wäre (vgl. Sachs, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 47 Rdn. 34 ff.; Schwemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, § 47 Rdn. 21 ff.). Davon ist hier auszugehen. Denn die Verlustfeststellung beträfe eine völlig andere – wesentlich privilegiertere – Rechtsstellung, die darüber hinaus einem grundlegend anders strukturierten rechtlichen Regime unterliegt.
41 
Ob eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU getroffen werden kann und auch soll, hat der Beklagte daher zunächst in eigener Zuständigkeit und Verantwortung zu klären und zu entscheiden.
42 
Der Senat kann deshalb offen lassen, ob - als unabdingbare Voraussetzung einer Umdeutung - das Regierungspräsidium Karlsruhe hier abweichend von der allgemeinen Zuständigkeit der unteren Ausländerbehörde gleichfalls zuständig wäre. Zwar wird ihm in § 6 Abs. 3 der Aufenthalts- und Asyl-Zuständigkeitsverordnung (AAZuVO) v. 2. Dezember 2008 eine solche Zuständigkeit ausdrücklich eingeräumt. In der Eingangsformel der Verordnung wird allerdings insoweit keine einschlägige Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Rechtsverordnung genannt (vgl. Art. 61 Abs. 1 LV BW). Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist § 71 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nach § 11 Abs. 1 FreizügG/EU gerade nicht anzuwenden und auch § 12 Abs. 1 Satz 2 LVG a.F. betrifft bei einer an sich bestehenden Zuständigkeit der Regierungspräsidien nur den Fall der Konzentration auf ein einziges Regierungspräsidium. § 12 Abs. 1 Satz 1 LVG a.F. wird in der Eingangsformel nicht in Bezug genommen und enthielte im Übrigen keine eigenständige und originäre Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung. § 6 Abs. 3 AAZuVO könnte mithin nichtig sein.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
45 
Beschluss vom 22. März 2010
46 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. den §§ 47 Abs. 1 und 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
47 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
28 
Die vom Senat zugelassene Berufung, die rechtzeitig und formgerecht unter Stellung eines Antrags begründet wurde, hat Erfolg.
29 
Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. BVerwG, Urteil v. 15. November 2007 – 1 C 45.06 – BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) ist die angegriffene Ausweisung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
30 
Nachdem mittlerweile eine ladungsfähige Anschrift des Klägers wieder bekannt geworden ist, sind die vom Verwaltungsgericht formulierten Einwände gegen das Bestehen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses behoben.
31 
Die vom Beklagten ausgesprochene Ausweisungsverfügung wurde von ihm auf die §§ 53 ff. AufenthG gestützt. Diese Rechtsgrundlagen sind indes nicht mehr geeignet, die Verfügung zu tragen, weil der Kläger mittlerweile Familienangehöriger eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger geworden ist (1.) und die streitgegenständliche Verfügung auch nicht nach § 47 LVwVfG in eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU umgedeutet werden kann (2.).
1.
32 
Der Kläger ist in entsprechender bzw. erweiternder unionsrechtskonformer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU Familienangehöriger seines am 19. September 2008 in Frankreich geborenen und nach der Geburt im Bundesgebiet lebenden Sohnes litauischer Staatsangehörigkeit. Die Mutter des Sohnes, die ebenfalls die litauische Staatsangehörigkeit besitzt, lebte vor der Geburt und lebt auch weiterhin mit ihrem Sohn im Bundesgebiet in häuslicher Gemeinschaft. Sie ist im Besitz einer Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU der Stadt... und im Übrigen seit 19. August 2009 (auf ein Jahr befristet) bei der Firma ... ... in Vollzeitarbeit beschäftigt und mit dem Sohn gesetzlich krankenversichert.
33 
Ausgehend hiervon hat der Sohn des Klägers die Stellung eines Freizügigkeit genießenden Unionsbürgers (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 und § 4 FreizügG/EU).
34 
Der Kläger, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin sorgeberechtigt ist, ist auch Familienangehöriger im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU. Der Senat kann offen lassen, ob insoweit auch vorausgesetzt wird, dass weiterhin eine familiäre Lebensgemeinschaft besteht und diese nicht endgültig aufgehoben sein darf (vgl. im Einzelnen Epe, in: GK-AufenthG § 3 FreizügG/EU Rdn. 35). Denn jedenfalls bestand - ohne dass insoweit hieran durchgreifende Zweifel bestünden - eine solche zunächst bei der Geburt und im Anschluss daran. Auch wenn der Kläger sich in der Folgezeit nach Erlass des Vollstreckungshaftbefehls vom 4. Dezember 2008 vorübergehend nicht in der gemeinsamen Wohnung aufgehalten haben sollte, ist diese vorübergehende Trennung ebenso unschädlich wie die spätere am 7. Juli 2009 erfolgte Inhaftierung zur Verbüßung der Reststrafe, jedenfalls wenn nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand und den Plänen der Beteiligten eine Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft nach der Haftentlassung zu erwarten ist.
35 
Zwar sind nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU nur solche Verwandten in aufsteigender Linie auch freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige, denen der freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger Unterhalt gewährt, was der Sohn des Klägers offensichtlich nicht tut. Nach Auffassung des Senats ist die Bestimmung namentlich mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK sowie Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union jedoch erweiternd dahingehend zu verstehen, dass die Einschränkung der Unterhaltsgewährung nicht für minderjährige freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger gilt, wenn der Verwandte in aufsteigender Linie sorgeberechtigt ist, es sich also insbesondere um einen sorgeberechtigten Elternteil handelt.
36 
Unübersehbar hat der Gesetzgeber bei der Formulierung der später verabschiedeten Fassung des § 3 Abs. 2 AufenthG in erster Linie die Fälle im Auge gehabt, in denen der freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger volljährig und erwerbstätig ist und hat deshalb den Nachzug seiner Verwandten in aufsteigender Linie restriktiv gefasst, um eine Belastung der öffentlichen Kassen zu vermeiden bzw. zu begrenzen. Andererseits hat er aber durchaus in der gleichen Bestimmung die besondere Situation des nicht aus eigenem Recht freizügigkeitsberechtigten Elternteils, der das Sorgerecht hinsichtlich eines minderjährigen Kindes ausübt, gesehen und gewürdigt. In § 3 Abs. 4 FreizügG/EU (vgl. auch Art. 12 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG v. 29. April 2004) wird für den Fall des Todes oder Wegzugs des freizügigkeitsberechtigten anderen Elternteils den Kindern und dem personensorgeberechtigten Elternteil bis zum Abschluss der Ausbildung der Kinder ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, und zwar völlig losgelöst von irgendwelchen Unterhaltszahlungen. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht nachzuvollziehen und nicht zu rechtfertigen, dass gewissermaßen bis zum Zeitpunkt des Todes oder des Wegzugs bei bis dahin erfolgender gemeinsamer Ausübung der Personensorge der drittstaatsangehörige sorgeberechtigte Elternteil zur Wahrung der Familieneinheit nicht an der Freizügigkeit teilnähme und lediglich den allgemeinen Status eines Drittstaatsangehörigen hätte.
37 
Zwar entspricht die Definition des Familienangehörigen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU einschließlich des Unterhaltserfordernisses den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 2 Nr. 2 lit. d) der Richtlinie 2004/38/EG v. 29. April 2004. Auch in diesem Zusammenhang bestimmt, wie bereits oben angesprochen, Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie, dass weder infolge des Wegzugs des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder dessen Todes für den anderen Elternteil, der die elterliche Sorge ausübt, oder das Kind das Recht auf Aufenthalt verloren geht, solange das Kind in einer Bildungseinrichtung eingeschrieben ist. Weiter muss in diesem Zusammenhang zum sachgerechten Verständnis Art. 3 Abs. 2 a dieser Richtlinie einbezogen werden. Hiernach soll der Aufenthalt auch solcher Personen begünstigt werden, die gerade nicht der engeren Begrifflichkeit des Art. 2 Nr. 2 lit. d) der Richtlinie 2004/38/EG entsprechen, die jedoch früher im Heimatstaat mit dem freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen zusammen in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Auch hier wäre es nur schwer verständlich, wenn der sorgeberechtigte Elternteil im Falle der Geburt in einem Mitgliedstaat, der von diesem Zeitpunkt zusammen in familiärer Gemeinschaft lebte, anders und wesentlich ungünstiger behandelt würde mit der Folge, dass jedenfalls im Unionsrecht auf sekundärrechtlicher Ebene eine Gewährleistung der Familieneinheit nicht effektiv gesichert wäre. Denn die Richtlinie 2003/86/EG v. 22. September 2003 betrifft nur den Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen zu Drittstaatszugehörigen und würde auch bei einer entsprechenden Anwendung von deren Art. 4 Abs. 2 lit. b) nicht weiter helfen, ganz abgesehen davon, dass insoweit gemeinschaftsrechtlich nur eine Öffnungsklausel für die jeweilige nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten besteht. Denn auch hier besteht die Verknüpfung mit der Leistung von Unterhalt. Sekundärrechtlich bestünden damit keine wirksamen Vorkehrungen gegen eine Trennung der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile voneinander bzw. eines Elternteils von den minderjährigen Kindern. Es ist nicht ersichtlich, dass nach der Konzeption des FreizügG/EU wie auch der des Unionsrechts solches beabsichtigt gewesen sein könnte.
38 
Der Europäische Gerichtshof hat zum inhaltlich im Wesentlichen gleich lautenden Art. 1 Abs. 2 lit. b) der – aufgehobenen - Richtlinie 90/364/EWG v. 28. Juni 1990 in Fällen, in denen nur ein Elternteil für ein freizügigkeitsberechtigtes Kleinkind tatsächlich gesorgt hat, sich vom strikten Wortlaut der Norm gelöst und dem betreffenden Elternteil ein Freizügigkeitsrecht als Familienangehöriger zuerkannt, obwohl er von dem Kind keinen Unterhalt erhielt, und dies damit begründet, dass andernfalls dem freizügigkeitsbedingten Aufenthaltsrecht des Kindes nach Art. 21 AEUV „jede praktische Wirksamkeit genommen würde“ (vgl. EuGH; Urt. v. 19. Oktober 2004 – C-200/99, Zhu und Chen - InfAuslR 2004, 413 Rn. 45 f. auch unter Hinweis auf das Urteil v. 17. September 2002 – C-413/99, Baumbast - InfAuslR 2002, 463 Rn. 71 ff.). Allerdings unterschied sich die Rechtssache Zhu und Chen von der hier zu beurteilenden Fallgestaltung dadurch, dass bei Frau Zhu eine wirtschaftliche Existenzsicherung gegeben war (in diesem Sinne auch Ziff. 3.2.2.2 AVwV-FreizügG/EU), während hier die wirtschaftliche Lage des Klägers - im Gegensatz zu der seines Sohnes - jedenfalls gegenwärtig und solange er noch seine Reststrafe verbüßt und keine Perspektive einer eigenen Erwerbstätigkeit von einigem Gewicht besteht, ungesichert erscheint (vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 FreizügG/EU). Wie aber bereits ausgeführt, wäre es im Hinblick auf den durch Art. 8 EMRK und Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gerade auch unionsrechtlich zu gewährleistenden effektiven Schutz der familiären Gemeinschaft mit einem freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger nicht gerechtfertigt, eine hiervon abweichende Behandlung der vorliegenden Fallkonstellation zu befürworten (vgl. zur Bedeutung des Art. 8 EMRK in diesem Zusammenhang EuGH, Urteil v. v. 17. September 2002 – C-413/99, a.a.O. Rdn. 72). Der sorgeberechtigte Vater ist mithin auch ohne Unterhaltsgewährung durch das Kind gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU „Familienangehöriger“ seines leiblichen Kindes.
2.
39 
Eine Umdeutung der Ausweisungsverfügung in eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU scheidet aus. Nach § 47 LVwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Das gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes.
40 
Ein Verwaltungsakt ist u.a. dann nicht auf das gleiche Ziel gerichtet, wenn der Verwaltungsakt, in den umgedeutet würde, gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt wesensverschieden wäre (vgl. Sachs, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 47 Rdn. 34 ff.; Schwemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, § 47 Rdn. 21 ff.). Davon ist hier auszugehen. Denn die Verlustfeststellung beträfe eine völlig andere – wesentlich privilegiertere – Rechtsstellung, die darüber hinaus einem grundlegend anders strukturierten rechtlichen Regime unterliegt.
41 
Ob eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU getroffen werden kann und auch soll, hat der Beklagte daher zunächst in eigener Zuständigkeit und Verantwortung zu klären und zu entscheiden.
42 
Der Senat kann deshalb offen lassen, ob - als unabdingbare Voraussetzung einer Umdeutung - das Regierungspräsidium Karlsruhe hier abweichend von der allgemeinen Zuständigkeit der unteren Ausländerbehörde gleichfalls zuständig wäre. Zwar wird ihm in § 6 Abs. 3 der Aufenthalts- und Asyl-Zuständigkeitsverordnung (AAZuVO) v. 2. Dezember 2008 eine solche Zuständigkeit ausdrücklich eingeräumt. In der Eingangsformel der Verordnung wird allerdings insoweit keine einschlägige Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Rechtsverordnung genannt (vgl. Art. 61 Abs. 1 LV BW). Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist § 71 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nach § 11 Abs. 1 FreizügG/EU gerade nicht anzuwenden und auch § 12 Abs. 1 Satz 2 LVG a.F. betrifft bei einer an sich bestehenden Zuständigkeit der Regierungspräsidien nur den Fall der Konzentration auf ein einziges Regierungspräsidium. § 12 Abs. 1 Satz 1 LVG a.F. wird in der Eingangsformel nicht in Bezug genommen und enthielte im Übrigen keine eigenständige und originäre Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung. § 6 Abs. 3 AAZuVO könnte mithin nichtig sein.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
45 
Beschluss vom 22. März 2010
46 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. den §§ 47 Abs. 1 und 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
47 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
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published on 13/07/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg Aktenzeichen: W 7 K 14.770 Im Namen des Volkes Urteil vom 13. Juli 2015 7. Kammer Sachgebiets-Nr: 600 Hauptpunkte: ausreichende Existenzmittel nicht er
published on 30/06/2016 00:00

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
published on 04/07/2014 00:00

Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2012 verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Freizü
published on 14/09/2010 00:00

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2010 - 3 K 4155/08 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die
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Annotations

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind. Nach Satz 2 kann durch die zuständigen Stellen der betroffenen Länder auch geregelt werden, dass den Ausländerbehörden eines Landes für die Bezirke von Ausländerbehörden verschiedener Länder Aufgaben zugeordnet werden. Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen. Die Länder sollen jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, die bei Visumanträgen nach § 6 zu Zwecken nach den §§ 16a, 16d, 17 Absatz 1, den §§ 18a, 18b, 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19, 19b, 19c und 20 sowie bei Visumanträgen des Ehegatten oder der minderjährigen ledigen Kinder zum Zweck des Familiennachzugs, die in zeitlichem Zusammenhang gestellt werden, die zuständige Ausländerbehörde ist.

(2) Im Ausland sind für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. Das Auswärtige Amt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Visums zu übertragen. Soweit von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, stehen dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Befugnisse zur Datenverarbeitung sowie alle sonstigen Aufgaben und Befugnisse einer Auslandsvertretung bei der Erteilung von Visa gemäß Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe b sowie gemäß den §§ 54, 66, 68, 69, 72, 72a, 73, 73a, 75, 87, 90c, 91d und 91g zu.

(3) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind zuständig für

1.
die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze, einschließlich der Überstellung von Drittstaatsangehörigen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, wenn der Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird,
1a.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bei oder nach der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Binnengrenze) aufgegriffen wird,
1b.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bereits unerlaubt eingereist ist, sich danach weiter fortbewegt hat und in einem anderen Grenzraum oder auf einem als Grenzübergangsstelle zugelassenen oder nicht zugelassenen Flughafen, Flug- oder Landeplatz oder See- oder Binnenhafen aufgegriffen wird,
1c.
die Befristung der Wirkungen auf Grund der von ihnen vorgenommenen Ab- und Zurückschiebungen nach § 11 Absatz 2, 4 und 8,
1d.
die Rückführungen von Ausländern aus anderen und in andere Staaten; die Zuständigkeit besteht neben derjenigen der in Absatz 1 und in Absatz 5 bestimmten Stellen,
1e.
die Beantragung von Haft und die Festnahme, soweit es zur Vornahme der in den Nummern 1 bis 1d bezeichneten Maßnahmen erforderlich ist,
2.
die Erteilung eines Visums und die Ausstellung eines Passersatzes nach § 14 Abs. 2 sowie die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2a,
3.
die Rücknahme und den Widerruf eines nationalen Visums sowie die Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009
a)
im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, soweit die Voraussetzungen der Nummer 1a oder 1b erfüllt sind,
b)
auf Ersuchen der Auslandsvertretung, die das Visum erteilt hat, oder
c)
auf Ersuchen der Ausländerbehörde, die der Erteilung des Visums zugestimmt hat, sofern diese ihrer Zustimmung bedurfte,
4.
das Ausreiseverbot und die Maßnahmen nach § 66 Abs. 5 an der Grenze,
5.
die Prüfung an der Grenze, ob Beförderungsunternehmer und sonstige Dritte die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und Anordnungen beachtet haben,
6.
sonstige ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, soweit sich deren Notwendigkeit an der Grenze ergibt und sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt sind,
7.
die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe in Einzelfällen für Ausländer,
8.
die Erteilung von in Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehenen Vermerken und Bescheinigungen vom Datum und Ort der Einreise über die Außengrenze eines Mitgliedstaates, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet; die Zuständigkeit der Ausländerbehörden oder anderer durch die Länder bestimmter Stellen wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

(4) Für die erforderlichen Maßnahmen nach den §§ 48, 48a und 49 Absatz 2 bis 9 sind die Ausländerbehörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Bundespolizei und andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörden zuständig. In den Fällen des § 49 Abs. 4 sind auch die Behörden zuständig, die die Verteilung nach § 15a veranlassen. In den Fällen des § 49 Absatz 5 Nummer 5 und 6 sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. In den Fällen des § 49 Absatz 8 und 9 sind auch die Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes und die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befugt, bei Tätigwerden in Amtshilfe die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei ausländischen Kindern oder Jugendlichen, die unbegleitet in das Bundesgebiet eingereist sind, vorzunehmen; diese Maßnahmen sollen im Beisein des zuvor zur vorläufigen Inobhutnahme verständigten Jugendamtes und in kindgerechter Weise durchgeführt werden.

(5) Für die Zurückschiebung sowie die Durchsetzung der Verlassenspflicht des § 12 Abs. 3 und die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft sind auch die Polizeien der Länder zuständig.

(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle entscheidet im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren (§ 3 Abs. 1); die Entscheidungen ergehen als Allgemeinverfügung und können im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind. Nach Satz 2 kann durch die zuständigen Stellen der betroffenen Länder auch geregelt werden, dass den Ausländerbehörden eines Landes für die Bezirke von Ausländerbehörden verschiedener Länder Aufgaben zugeordnet werden. Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen. Die Länder sollen jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, die bei Visumanträgen nach § 6 zu Zwecken nach den §§ 16a, 16d, 17 Absatz 1, den §§ 18a, 18b, 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19, 19b, 19c und 20 sowie bei Visumanträgen des Ehegatten oder der minderjährigen ledigen Kinder zum Zweck des Familiennachzugs, die in zeitlichem Zusammenhang gestellt werden, die zuständige Ausländerbehörde ist.

(2) Im Ausland sind für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. Das Auswärtige Amt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Visums zu übertragen. Soweit von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, stehen dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Befugnisse zur Datenverarbeitung sowie alle sonstigen Aufgaben und Befugnisse einer Auslandsvertretung bei der Erteilung von Visa gemäß Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe b sowie gemäß den §§ 54, 66, 68, 69, 72, 72a, 73, 73a, 75, 87, 90c, 91d und 91g zu.

(3) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind zuständig für

1.
die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze, einschließlich der Überstellung von Drittstaatsangehörigen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, wenn der Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird,
1a.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bei oder nach der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Binnengrenze) aufgegriffen wird,
1b.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bereits unerlaubt eingereist ist, sich danach weiter fortbewegt hat und in einem anderen Grenzraum oder auf einem als Grenzübergangsstelle zugelassenen oder nicht zugelassenen Flughafen, Flug- oder Landeplatz oder See- oder Binnenhafen aufgegriffen wird,
1c.
die Befristung der Wirkungen auf Grund der von ihnen vorgenommenen Ab- und Zurückschiebungen nach § 11 Absatz 2, 4 und 8,
1d.
die Rückführungen von Ausländern aus anderen und in andere Staaten; die Zuständigkeit besteht neben derjenigen der in Absatz 1 und in Absatz 5 bestimmten Stellen,
1e.
die Beantragung von Haft und die Festnahme, soweit es zur Vornahme der in den Nummern 1 bis 1d bezeichneten Maßnahmen erforderlich ist,
2.
die Erteilung eines Visums und die Ausstellung eines Passersatzes nach § 14 Abs. 2 sowie die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2a,
3.
die Rücknahme und den Widerruf eines nationalen Visums sowie die Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009
a)
im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, soweit die Voraussetzungen der Nummer 1a oder 1b erfüllt sind,
b)
auf Ersuchen der Auslandsvertretung, die das Visum erteilt hat, oder
c)
auf Ersuchen der Ausländerbehörde, die der Erteilung des Visums zugestimmt hat, sofern diese ihrer Zustimmung bedurfte,
4.
das Ausreiseverbot und die Maßnahmen nach § 66 Abs. 5 an der Grenze,
5.
die Prüfung an der Grenze, ob Beförderungsunternehmer und sonstige Dritte die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und Anordnungen beachtet haben,
6.
sonstige ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, soweit sich deren Notwendigkeit an der Grenze ergibt und sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt sind,
7.
die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe in Einzelfällen für Ausländer,
8.
die Erteilung von in Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehenen Vermerken und Bescheinigungen vom Datum und Ort der Einreise über die Außengrenze eines Mitgliedstaates, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet; die Zuständigkeit der Ausländerbehörden oder anderer durch die Länder bestimmter Stellen wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

(4) Für die erforderlichen Maßnahmen nach den §§ 48, 48a und 49 Absatz 2 bis 9 sind die Ausländerbehörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Bundespolizei und andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörden zuständig. In den Fällen des § 49 Abs. 4 sind auch die Behörden zuständig, die die Verteilung nach § 15a veranlassen. In den Fällen des § 49 Absatz 5 Nummer 5 und 6 sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. In den Fällen des § 49 Absatz 8 und 9 sind auch die Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes und die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befugt, bei Tätigwerden in Amtshilfe die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei ausländischen Kindern oder Jugendlichen, die unbegleitet in das Bundesgebiet eingereist sind, vorzunehmen; diese Maßnahmen sollen im Beisein des zuvor zur vorläufigen Inobhutnahme verständigten Jugendamtes und in kindgerechter Weise durchgeführt werden.

(5) Für die Zurückschiebung sowie die Durchsetzung der Verlassenspflicht des § 12 Abs. 3 und die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft sind auch die Polizeien der Länder zuständig.

(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle entscheidet im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren (§ 3 Abs. 1); die Entscheidungen ergehen als Allgemeinverfügung und können im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.