Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2016 - 1 S 1244/15

bei uns veröffentlicht am28.06.2016

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen Bestimmungen in der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin zur Gestaltung von Grabstätten.
Der Friedhof der Antragsgegnerin ist eine öffentliche Einrichtung. Die Errichtung von Grabmalen auf dem Friedhof bedarf der vorherigen schriftlichen Genehmigung der Antragsgegnerin.
Die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin (im Folgenden: FS) vom 22.10.2012 bestimmte u.a.:
㤠13
Gestaltungsvorschriften

(7) Grabeinfassungen jeder Art – auch aus Pflanzen – sind nicht zulässig, soweit die Gemeinde die Grabzwischenwege in den einzelnen Grabfeldern mit Trittplatten belegt.
(8) Auf Grabstätten sind Grabmale bis zu folgenden Größen zulässig:
a) bei Reihengräbern für Verstorbene bis zum vollendeten 6. Lebensjahr:
Höhe einschließlich Sockel
60 cm 
Breite
40 cm 
b) bei Reihengräbern für Verstorbene ab dem vollendeten 6. Lebensjahr:
10 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
70 cm 
Pultsteine
bis 50 cm Länge und Breite
11 
c) bei Wahlgräbern:
12 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
150 cm
Pultsteine
bis 80 cm Länge und Breite
13 
d) bei Urnenreihen- und -wahlgräbern:
14 
Höhe einschließlich Sockel
80 cm 
Breite
60 cm 
Pultsteine
bis 50 cm Länge und Breite
15 
(9) Liegende Grabmale dürfen nur flach oder flach geneigt auf die Grabstätte gelegt werden; sie sind nicht in Verbindung mit stehenden Grabmalen zulässig.
….“
16 
Mit der Satzung zur Änderung der Friedhofssatzung vom 08.12.2014 fasste die Antragsgegnerin die Bestimmung des § 13 Abs. 1 FS über die Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit sowie die Vorschriften über Grabeinfassungen und Grabmale in § 13 Abs. 7, 8, und 9 FS neu. Die Absätze 7, 8 und 9 des § 13 FS lauten nun:
17 
„(7) Grabeinfassungen jeder Art – auch aus Pflanzen – sind nicht zulässig, soweit die Gemeinde die Grabzwischenwege in den einzelnen Grabfeldern mit Trittplatten belegt, es sei denn, die Grabeinfassungen sind Bestandteil eines liegenden Grabmals, d.h. sie werden als liegendes Grabmal ausgeführt.
18 
(8) Auf Grabstätten sind Grabmale bis zu folgenden Größen zulässig:
19 
a) bei Reihengräbern für Verstorbene bis zum vollendeten 6. Lebensjahr:
20 
Höhe einschließlich Sockel
60 cm 
Breite
40 cm 
21 
b) bei Reihengräbern für Verstorbene ab dem vollendeten 6. Lebensjahr:
22 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
70 cm 
Pultsteine
bis 0,3 m² Ansichtsfläche
23 
c) bei Wahlgräbern:
24 
Höhe einschließlich Sockel
100 cm
Breite
150 cm
Pultsteine
bis 0,7 m² Ansichtsfläche
25 
d) bei Urnenreihen- und -wahlgräbern:
26 
Höhe einschließlich Sockel
80 cm 
Breite
60 cm 
Pultsteine
bis 0,4 m² Ansichtsfläche
27 
(9) Liegende Grabmale dürfen nur flach oder flach geneigt auf die Grabstätte gelegt werden und können aus mehreren Teilen bestehen; sie sind auch in Verbindung mit stehenden Grabmalen zulässig. Die für Pultsteine angegebenen maximalen Ansichtsflächen gelten auch bei liegenden Grabmalen in Verbindung mit stehenden Grabmalen sowie bei mehrteiligen, liegenden Grabmalen als in Summe maximal zulässige, durch Grabmale und sonstige Grabausstattungen abgedeckte Grabflächen.“
28 
In der von der Gemeindeverwaltung erstellten Beschlussvorlage vom 27.11.2014 für die Änderungssatzung (Gemeinderatsdrucksache 088/14) wird zunächst der Änderungsbedarf zu § 13 Abs. 1 FS im Hinblick auf das Urteil des Senats zur Friedhofssatzung der Stadt Kehl vom 29.04.2014 und die Information des Gemeindetags Baden-Württemberg hierzu erläutert und sodann zu den vorgeschlagenen Änderungen des § 13 Abs. 7, 8, 9 FS ausgeführt:
29 
„Im Zuge des vorstehend dargestellten Änderungsbedarfs bei § 13 der Friedhofssatzung schlägt die Verwaltung vor, auch die bestehenden Gestaltungsvorschriften in § 13 Abs. 7-9 teilweise zu ändern.
30 
Insbesondere bei Urnenerdbestattungen gehen seit geraumer Zeit die Gestaltungswünsche der Hinterbliebenen an die zu erstellenden Grabmale immer mehr in Richtung einer Kombination aus stehenden und liegenden Grabmalen oder auch mehrteiliger, liegender Grabmale.
31 
Diesen Wünschen der Hinterbliebenen könnte mit den nachstehend angepassten Regelungen der Gestaltungsvorschriften in § 13 Abs. 7-9 entsprochen werden, ohne dass dadurch die Würde des Friedhofs oder der Gesamtcharakter des Friedhofs negativ berührt würde…“
32 
Die Antragstellerin ist ein Steinmetzbetrieb, der nach seinem Vorbringen auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin je nach Kundenanfrage Grabmale und Einfassungen versetzt. Mit Schreiben vom 16.06.2015, beim Verwaltungsgerichtshof am 17.06.2015 eingegangen, hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gegen § 13 Abs. 7, 8 und 9 FS in der Fassung vom 08.12.2014 gestellt. Sie macht geltend, für den Normenkontrollantrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis auch angesichts des Umstandes, dass bei einem Erfolg des Normenkontrollantrags gegebenenfalls die Vorgängerregelung der Friedhofssatzung vom 22.10.2012 wiederauflebe, die für die Antragstellerin ungünstigere Regelungen enthalte. Denn das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehle nur dann, wenn die Nutzlosigkeit der Rechtsverfolgung eindeutig gegeben sei. Daher liege ein Rechtsschutzbedürfnis vor, wenn bei einer Nichtigerklärung der angegriffenen Regelungen nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Antragsgegnerin eine neue, für die Antragstellerin günstigere Regelung treffen werde. Dies sei hier der Fall. Denn für die neue Regelung sei maßgeblich gewesen, den Gestaltungswünschen der Hinterbliebenen insbesondere bei Urnenerdbestattungen mehr Raum geben zu können. Zudem müsse die Antragsgegnerin den Vorgaben des Gerichts bei einem Erfolg des Normenkontrollantrags Folge leisten.
33 
Die angegriffenen Regelungen behinderten die Antragstellerin in der Ausübung ihrer Gewerbetätigkeit, da sie Kundenwünsche nicht befriedigen könne.
34 
Die Kundenwünsche in Bezug auf die Gestaltung der Grabmale seien vielfältig. Insbesondere würden Grabeinfassungen verlangt, weil etwa das Abschwemmen von Graberde bei Starkregen unerwünscht sei oder die Grabstätte durch eine Einfassung ansprechender wirke. § 13 Abs. 7 FS schränke dies jedoch ein. In § 13 Abs. 8 und 9 FS würden willkürliche Größenvorgaben gemacht. Ein Kind unter sieben Jahre habe ein kleineres Grabmal zu bekommen als größere Kinder und Erwachsene. Die Vorgaben der Ansichtsfläche in § 13 Abs. 8 FS seien nicht nachvollziehbar und beschränkten den Nutzungsberechtigten in seiner Handlungsfreiheit. In § 13 Abs. 9 FS würden Ansichtsflächen auch für liegende Grabmale übernommen. Eine Vollabdeckung bei Urnengrabmalen sei daher nicht möglich, obwohl Verwesungsfragen bei Aschenbeisetzungen keine Rolle spielten.
35 
Der kommunale Friedhofsträger könne strengere Gestaltungsvorschriften, als sie zur Erreichung des Friedhofswecks - einer würdigen, die Totenandacht nicht störenden Grabgestaltung - erforderlich seien, auf Monopolfriedhöfen nur fordern, sofern er auch eine gestaltungsfreie Friedhofsfläche vorsehe. Dort müsse eine von den ästhetischen Vorstellungen des Friedhofsträgers abweichende Grabmalgestaltung zulässig sein. Dem entspreche die angegriffene Satzungsregelung der Antragsgegnerin nicht.
36 
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin nach Hinweis des Gerichts ihr Begehren dahingehend präzisiert, dass sie sich nur gegen § 13 Abs. 7 und 8 FS wendet, jedoch nicht gegen § 13 Abs. 9 FS. Sie beantragt:
37 
Die Regelungen in § 13 (7) und (8) der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 08.12.2014 sind in der vorliegenden Form unwirksam.
38 
Die Antragsgegnerin beantragt,
39 
den Antrag zurückzuweisen.
40 
Die Antragsgegnerin bringt vor, die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Diese sei nicht Nutzungsberechtigte, sondern lediglich ein Gewerbebetrieb. Ein Steinmetzbetrieb selbst habe keine Antragsbefugnis gegen eine Friedhofssatzung. Dem Antrag fehle auch das Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsgegnerin würde im Fall eines etwaigen Erfolgs des Normenkontrollantrags keine günstigere als die geltende, angegriffene Regelung erlassen. Die Gemeindeverwaltung der Antragsgegnerin habe aufgrund des vorliegenden Normenkontrollverfahrens in die Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 21.03.2016 einen Beschlussantrag eingebracht, dass der Gemeinderat aufgrund des anhängigen Normenkontrollverfahrens grundsätzlich bereit sei, günstigere als die heutigen, streitgegenständlichen Satzungsregelungen in Bezug auf die Gestaltungsvorschriften von Grabmalen und sonstigen Grabausstattungen zu treffen. Diesen Beschlussantrag der Verwaltung habe der Gemeinderat jedoch einstimmig abgelehnt. Er sei demnach nicht bereit, günstigere als die heutigen Regelungen zu erlassen.
41 
Der Antrag sei auch unbegründet. Die Einschränkung bezüglich der Grabeinfassungen in § 13 Abs. 7 FS sei nicht zu beanstanden. Es handele sich nicht um ein vollständiges Verbot von Grabeinfassungen. Es bestehe, anders als in einer Entscheidung des VG Freiburg vom 19.02.2003 - 1 K 2283/01 -, keine Einschränkung dahingehend, dass die Grabeinfassungen durch das Garten- oder Friedhofsamt verlegt oder angelegt werden müssten. Es handele sich auch nicht um ein Verbot weiterer Einfassungen. Lediglich ein generelles Verbot von Grabeinfassungen gehöre nicht mehr zu den allgemeinen Gestaltungsvorschriften. Ein Friedhofsträger sei jedoch - wie das VG Gelsenkirchen entschieden habe (Urt. v. 14.10.2003 - 14 K 3668/01 -) - nicht schlechthin gehindert, Verbote oder Einschränkungen zu erlassen, auch wenn das jeweilige Verbot durch den generellen Friedhofszweck nicht geboten, aber mit ihm vereinbar sei. Wesentlich sei, dass nach § 13 Abs. 7 FS Grabeinfassungen nur dann unzulässig seien, soweit die Gemeinde Grabzwischenwege in den einzelnen Grabfeldern mit Trittplatten belege. Darüber hinaus seien Grabeinfassungen zulässig. Zudem seien bei liegenden Grabmalen Grabeinfassungen erlaubt.
42 
Auch § 13 Abs. 8 und 9 FS seien nicht zu beanstanden. Es handele sich um allgemeine Gestaltungsvorschriften, die durch den Friedhofszweck begründet seien. Dieser lasse es nicht zu, dass der Benutzer nach seinem Belieben ohne Rücksicht auf andere handele. Verboten werden könnten Grabmale, die im Rahmen der Totenehre unwürdig seien, durch Übergröße störten oder dem Zweck des Friedhofs abträglich seien. Maßgebend seien nicht bestimmte künstlerische oder besonders strenge ästhetische Auffassungen einzelner, sondern die Durchschnittsauffassung aller Friedhofsbesucher. Die Regelungsbefugnis des Friedhofsträgers zum Erlass von Vorschriften für die Grabgestaltung finde ihre Grenze nur dort, wo schutzwürdige Belange der Nutzungsberechtigten entgegenstünden. Insofern überschreite eine Gemeinde nicht den ihr im Hinblick auf die Beachtung des Friedhofszwecks eingeräumten gesetzgeberischen Ermessensspielraum, wenn sie zur Sicherstellung einer Verwesung der Leichen innerhalb der Ruhezeiten der Friedhofssatzung bestimme, dass bei Grabstätten für Erdbestattungen die Grabbeete nur bis zur Hälfte mit Platten und sonstigen wasserundurchlässigen Materialien abgedeckt werden dürften. Insofern sei die zulässige Ansichtsfläche bis 0,3 m² zur Sicherstellung der Verwesung innerhalb der Ruhezeit festgesetzt. Ein Verbot von Grababdeckplatten über 0,35 m² sei nach der Rechtsprechung rechtmäßig; hiervon weiche die Antragsgegnerin mit dem zulässigen Höchstmaß von 0,3 m² geringfügig ab; hierdurch wäre die Antragstellerin in ihrer Gestaltungsfreiheit nicht wesentlich eingeschränkt, wenn sie antragsbefugt sei; das sei aber nicht der Fall. Gleiches gelte für die Erstreckung auf liegende Grabmale gemäß § 13 Abs. 9 FS. Nicht zu beanstanden seien ferner die unterschiedlichen Größenvorgaben für Reihengräber von Verstorbenen bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und für solche ab dem 6. vollendeten Lebensjahr. Auch hier handele sich nur um allgemeine Gestaltungsvorschriften. Daher bestehe gerade keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, auf einer bestimmten Fläche des Friedhofs alternative Gestaltungsmöglichkeiten vorzuhalten. Es handele sich folglich nicht um einen Monopolfriedhof im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
43 
Dem Senat liegt die Akte der Antragsgegnerin (1 Hefter) vor.

Entscheidungsgründe

 
44 
Der gegen die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin gerichtete Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt. Der Antrag ist jedoch mangels Antragsbefugnis unzulässig.
45 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können (vgl. Senat, Urt. v. 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29 <30>; Urt. v. 28.07.2009 - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33; Urt. v. 24.10.2013 - 1 S 347/13 - juris Rn. 42; Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462; BVerwG, Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.>; Beschl. v. 29.12.2011 - 3 BN 1.11 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 183). Die Umstände, die eine Rechtsverletzung möglich erscheinen lassen, muss der Antragsteller hinreichend substantiiert vortragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1998 - 1 CN 1.98 - BVerwGE 108, 182 <184>, m.w.N.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 202; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 44 ).
46 
Ist der Antrag auf eine künftige Anwendung der Rechtsvorschrift gestützt, besteht die Antragsbefugnis, wenn die Anwendung der Norm hinreichend wahrscheinlich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.11.1993 - 7 NB 3.93 - NVwZ-RR 1994, 172 <173>). Das ist der Fall, wenn die Rechtsverletzung nach den gegebenen Umständen bereits vorausgesehen werden kann, weil die Rechtsverletzung mit hinreichender Gewissheit für so nahe Zukunft droht, dass ein vorsichtig und vernünftig Handelnder sich schon jetzt zur Antragstellung entschließen darf (vgl. HessVGH, Beschl. v. 28.09.1976 - V N 3/76 - juris Rn. 23; Beschl. v. 03.11.1980 - VIII N 2/79 - NJW 1981, 779; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 47 Rn. 60). Es reicht nicht aus, dass nur eine mehr oder weniger entfernte Möglichkeit des Beeinträchtigungseintritts besteht, dessen Zeitpunkt noch völlig offen ist, oder das zukünftige Betroffensein durch die Norm noch von ungewissen Ereignissen abhängt (vgl. Ziekow, a.a.O., Rn. 180; Ger-hardt/Bier, a.a.O., Rn. 48).
47 
Nach diesem Maßstab ist die Antragsbefugnis der Antragstellerin nicht gegeben. Diese ergibt sich weder aus Art. 12 Abs. 1 GG noch aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch aus einer sonstigen Rechtsposition.
48 
Es fehlt es an einem finalen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Ein solcher ist gegeben bei Bestimmungen, die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.10.1961 - 1 BvR 833/59 - BVerfGE 13, 181 <185>). Es muss sich um eine Maßnahme handeln, die sich auf die Berufstätigkeit selbst bezieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.07.2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191 <213>). Das ist hier nicht der Fall. § 13 Abs. 7, 8 FS regelt das Benutzungsverhältnis zwischen Grabnutzungsberechtigtem und der Antragsgegnerin. Im Hinblick auf den Widmungszweck eines Friedhofs, den Angehörigen eines Verstorbenen eine angemessene Leichenbestattung sowie eine dem Gedenken an den Verstorbenen entsprechende würdige Ausgestaltung der Grabstätte zu ermöglichen, sind nur die Grabstätteninhaber, jedoch nicht Gewerbetreibende wie Steinmetze und Gärtner Benutzer des Friedhofs (vgl. BayVGH, Urt. v. 08.03.1968 - 214 IV 64 - VGH n.F. 21, 47 <48 f.>). Die streitige Norm regelt, wie die Grabnutzungsberechtigten auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin Grabmale ausgestalten dürfen, eine unmittelbare Regelung der Berufstätigkeit von Steinmetzen erfolgt jedoch nicht (ebenso HessVGH, Beschl. v. 27.07.1988 - 11 N 216/84 - NVwZ-RR 1989, 360 <360 f.> zu § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. zu einer Vorschrift über die Größe von Grababdeckplatten; HessVGH, Beschl. v. 28.07.1988 - 11 N 873/85 - juris Rn. 28, zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F. beim Ausschluss von Aluminium bei der Aufstellung von Grabmalen).
49 
Die Antragstellerin ist auch nicht mittelbar in ihrer Berufsfreiheit betroffen. Der Schutz der Berufsfreiheit erfasst, wie der Senat bereits mehrfach zu Regelungen der gewerblichen Tätigkeit in Friedhofssatzungen entschieden hat, auch die gewerbliche Betätigung innerhalb einer öffentlichen Einrichtung, die mit Anstaltscharakter betrieben wird (vgl. Senat, Urt. v. 24.06.2002 - 1 S 2785/00 - VBlBW 2003, 65 <66>; Urt. v. 29.03.2007 - 1 S 179/06 - VBlBW 2007, 353 <354 f.>; ebenso: OVG NRW, Beschl. v. 21.02.2011 - 19 A 2437/08 - juris Rn. 38; noch a.A. Senat, Urt. v. 01.12.1986 - 1 S 667/86 - NVwZ 1987, 723 <725>). Ein solcher mittelbarer Eingriff ist zu bejahen, wenn die Regelung in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung steht oder objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lässt (vgl. BVerfG, Urt. v. 03.11.1982 - 1 BvL 4/78 - BVerfGE 61, 291 <308>; Beschl. v. 12.06.1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 <223 f.>; Beschl. v. 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267 <302>; Beschl. v. 12.04.2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29 <48>). Der Berufsbezug ist gegeben, wenn eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lässt, aber im Blick auf den Beruf die Rahmenbedingungen verändert, unter denen er ausgeübt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1997, a.a.O.). An der für die Grundrechtsbindung maßgebenden eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen ein bloßer Reflex einer nicht berufsspezifisch ausgerichteten, sondern anderen Zwecken dienenden gesetzlichen Regelung sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 u.a. - BVerfGE 106, 275 <299>; Beschl. v. 11.07.2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <222>).
50 
An einem solchen Berufsbezug fehlt es vorliegend. Die hier streitigen Vorschriften über Grabeinfassungen und die Größe von Grabmalen führen auch nicht zu einer mittelbaren Betroffenheit in der Berufsfreiheit von Steinmetzen.Die typischerweise mit solchen Vorschriften verfolgten Zwecke - Beschleunigung der Verwesungsdauer und Durchsetzung gestalterischer Vorstellungen - haben keine berufsregelnden Zielsetzungen im Hinblick auf Steinmetze. Die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Steinmetzbetriebe einschließlich ihrer Erwerbsmöglichkeiten wird insofern lediglich reflexartig betroffen. Es liegt daher keine gezielte Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu Lasten der Steinmetzbetriebe vor (vgl. zu Regelungen der Größe von Abdeckplatten: Senat, Beschl. v. 14.08.2007 - 1 S 1808/06 - juris; HessVGH, Beschl. v. 27.07.1988, a.a.O., S. 361; Beschl. v. 28.07.1998, a.a.O., Rn. 30; OVG NRW, Urt. v. 30.10.1978 - VIII A 1033/77 - BWGZ 1980, 55). Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats zu Verwendungsverboten für Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit in Friedhofssatzungen. Die mittelbare Betroffenheit in der Berufsfreiheit ergibt sich in jenen Fällen zum einen daraus, dass Steinmetze mit den Kosten und Mühen der Nachweisbeschaffung belastet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 CN 1.12 - BVerwGE 148, 133, juris Rn. 24). Zum anderen werden Grabnutzungsberechtigte bei Vertragsschluss mit einem Steinmetz regelmäßig verlangen, dass dieser nur Steine verwendet, die dem Verwendungsverbot entsprechen, und dass er hierüber einen ausreichenden Nachweis vorlegt. Folglich wird sich für Steinmetze Bezug und Lagerhaltung von Steinen zu einem erheblichen Teil an diesen Erfordernissen orientieren, was deutliche spürbare Auswirkungen auf die Berufsausübung haben kann (vgl. Senat, Urt. v. 29.04.2014, a.a.O.). An vergleichbaren Auswirkungen fehlt es hier.
51 
Entgegen der in der mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung der Antragstellerin ergibt sich eine mittelbare Betroffenheit in der Berufsfreiheit auch nicht aus dem Umstand, dass aufgrund des Verbots von Vollabdeckungen die Antragstellerin als Steinmetzbetrieb geringere Umsätze machen kann und Angehörige von Verstorbenen sich für eine Bestattung des Verstorbenen im Friedwald entscheiden. Vor solchen Auswirkungen von Normen schützt das Grundgesetz nicht. Denn das Grundgesetz gewährt kein Recht auf Erhaltung des Geschäftsumfangs und der Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.02.1973 - 1 BvR 426/72 u.a. - BVerfGE 34, 252 <256>; Urt. v. 17.12.2002, a.a.O.). Die eigene Wettbewerbsposition und damit Umsätze und Erträge unterliegen dem Risiko laufender Veränderungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252 <265>).
52 
Durch die Regelungen wird der einzelne Steinmetz auch in tatsächlicher Hinsicht nicht gehindert, am Wettbewerb um Grabmalgestaltungsaufträge weiterhin uneingeschränkt teilzunehmen (anders bei Verwendungsverboten für Grabmale aus ausbeuterischer Kinderarbeit, vgl. Senat, Urt. v. 29.04.2014, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt auch, wenn - wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - in anderen Gemeinden im Umkreis vergleichbare Größenbeschränkungen nicht bestehen sollten. Auf unterschiedliche Vorschriften über Grabmalgrößen in unterschiedlichen Gemeinden muss sich jeder Steinmetz einstellen, ohne dass ortsansässige Steinmetze insoweit besonders betroffen wären. Denn jeder Steinmetz, der Kundenaufträge für Grabmale auf dem Friedhof der Antragsgegnerin erhalten will, muss sich an die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin halten und hat andererseits die Möglichkeit, Kundenaufträge für Grabmale auf anderen Friedhöfen zu erhalten. Auf den - von der Antragstellerin pauschal behaupteten, von der Antragsgegnerin bestrittenen - Umstand, dass nicht ortsansässige Steinmetze auf dem Friedhof der Antragsgegnerin verbotene Vollabdeckungen verlegen und die Antragsgegnerin hiergegen nicht vorgeht, kann sich die Antragstellerin insoweit nicht berufen; für ein generelles Vollzugsdefizit ist nichts ersichtlich. Für die behauptete mittelbare Betroffenheit der Antragstellerin in der Berufsfreiheit aufgrund ihrer Ortsansässigkeit und großzügigerer Regelungen in Nachbargemeinden von Nufringen ist auch deswegen nichts erkennbar, weil die Antragstellerin nicht ortsansässig ist, sondern ihren Sitz über 15 km entfernt von Nufringen hat.
53 
Auch eine aus dem Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG folgende Antragsbefugnis fehlt. Ein Eingriff der Neuregelung in bestehende Verträge der Antragstellerin oder in andere durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtspositionen ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
55 
Beschluss vom 28. Juni 2016
56 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 15.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
44 
Der gegen die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin gerichtete Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt. Der Antrag ist jedoch mangels Antragsbefugnis unzulässig.
45 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können (vgl. Senat, Urt. v. 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29 <30>; Urt. v. 28.07.2009 - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33; Urt. v. 24.10.2013 - 1 S 347/13 - juris Rn. 42; Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462; BVerwG, Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.>; Beschl. v. 29.12.2011 - 3 BN 1.11 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 183). Die Umstände, die eine Rechtsverletzung möglich erscheinen lassen, muss der Antragsteller hinreichend substantiiert vortragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1998 - 1 CN 1.98 - BVerwGE 108, 182 <184>, m.w.N.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 202; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 44 ).
46 
Ist der Antrag auf eine künftige Anwendung der Rechtsvorschrift gestützt, besteht die Antragsbefugnis, wenn die Anwendung der Norm hinreichend wahrscheinlich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.11.1993 - 7 NB 3.93 - NVwZ-RR 1994, 172 <173>). Das ist der Fall, wenn die Rechtsverletzung nach den gegebenen Umständen bereits vorausgesehen werden kann, weil die Rechtsverletzung mit hinreichender Gewissheit für so nahe Zukunft droht, dass ein vorsichtig und vernünftig Handelnder sich schon jetzt zur Antragstellung entschließen darf (vgl. HessVGH, Beschl. v. 28.09.1976 - V N 3/76 - juris Rn. 23; Beschl. v. 03.11.1980 - VIII N 2/79 - NJW 1981, 779; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 47 Rn. 60). Es reicht nicht aus, dass nur eine mehr oder weniger entfernte Möglichkeit des Beeinträchtigungseintritts besteht, dessen Zeitpunkt noch völlig offen ist, oder das zukünftige Betroffensein durch die Norm noch von ungewissen Ereignissen abhängt (vgl. Ziekow, a.a.O., Rn. 180; Ger-hardt/Bier, a.a.O., Rn. 48).
47 
Nach diesem Maßstab ist die Antragsbefugnis der Antragstellerin nicht gegeben. Diese ergibt sich weder aus Art. 12 Abs. 1 GG noch aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch aus einer sonstigen Rechtsposition.
48 
Es fehlt es an einem finalen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Ein solcher ist gegeben bei Bestimmungen, die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.10.1961 - 1 BvR 833/59 - BVerfGE 13, 181 <185>). Es muss sich um eine Maßnahme handeln, die sich auf die Berufstätigkeit selbst bezieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.07.2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191 <213>). Das ist hier nicht der Fall. § 13 Abs. 7, 8 FS regelt das Benutzungsverhältnis zwischen Grabnutzungsberechtigtem und der Antragsgegnerin. Im Hinblick auf den Widmungszweck eines Friedhofs, den Angehörigen eines Verstorbenen eine angemessene Leichenbestattung sowie eine dem Gedenken an den Verstorbenen entsprechende würdige Ausgestaltung der Grabstätte zu ermöglichen, sind nur die Grabstätteninhaber, jedoch nicht Gewerbetreibende wie Steinmetze und Gärtner Benutzer des Friedhofs (vgl. BayVGH, Urt. v. 08.03.1968 - 214 IV 64 - VGH n.F. 21, 47 <48 f.>). Die streitige Norm regelt, wie die Grabnutzungsberechtigten auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin Grabmale ausgestalten dürfen, eine unmittelbare Regelung der Berufstätigkeit von Steinmetzen erfolgt jedoch nicht (ebenso HessVGH, Beschl. v. 27.07.1988 - 11 N 216/84 - NVwZ-RR 1989, 360 <360 f.> zu § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. zu einer Vorschrift über die Größe von Grababdeckplatten; HessVGH, Beschl. v. 28.07.1988 - 11 N 873/85 - juris Rn. 28, zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F. beim Ausschluss von Aluminium bei der Aufstellung von Grabmalen).
49 
Die Antragstellerin ist auch nicht mittelbar in ihrer Berufsfreiheit betroffen. Der Schutz der Berufsfreiheit erfasst, wie der Senat bereits mehrfach zu Regelungen der gewerblichen Tätigkeit in Friedhofssatzungen entschieden hat, auch die gewerbliche Betätigung innerhalb einer öffentlichen Einrichtung, die mit Anstaltscharakter betrieben wird (vgl. Senat, Urt. v. 24.06.2002 - 1 S 2785/00 - VBlBW 2003, 65 <66>; Urt. v. 29.03.2007 - 1 S 179/06 - VBlBW 2007, 353 <354 f.>; ebenso: OVG NRW, Beschl. v. 21.02.2011 - 19 A 2437/08 - juris Rn. 38; noch a.A. Senat, Urt. v. 01.12.1986 - 1 S 667/86 - NVwZ 1987, 723 <725>). Ein solcher mittelbarer Eingriff ist zu bejahen, wenn die Regelung in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung steht oder objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lässt (vgl. BVerfG, Urt. v. 03.11.1982 - 1 BvL 4/78 - BVerfGE 61, 291 <308>; Beschl. v. 12.06.1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 <223 f.>; Beschl. v. 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267 <302>; Beschl. v. 12.04.2005 - 2 BvR 1027/02 - BVerfGE 113, 29 <48>). Der Berufsbezug ist gegeben, wenn eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lässt, aber im Blick auf den Beruf die Rahmenbedingungen verändert, unter denen er ausgeübt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1997, a.a.O.). An der für die Grundrechtsbindung maßgebenden eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen ein bloßer Reflex einer nicht berufsspezifisch ausgerichteten, sondern anderen Zwecken dienenden gesetzlichen Regelung sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 u.a. - BVerfGE 106, 275 <299>; Beschl. v. 11.07.2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <222>).
50 
An einem solchen Berufsbezug fehlt es vorliegend. Die hier streitigen Vorschriften über Grabeinfassungen und die Größe von Grabmalen führen auch nicht zu einer mittelbaren Betroffenheit in der Berufsfreiheit von Steinmetzen.Die typischerweise mit solchen Vorschriften verfolgten Zwecke - Beschleunigung der Verwesungsdauer und Durchsetzung gestalterischer Vorstellungen - haben keine berufsregelnden Zielsetzungen im Hinblick auf Steinmetze. Die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Steinmetzbetriebe einschließlich ihrer Erwerbsmöglichkeiten wird insofern lediglich reflexartig betroffen. Es liegt daher keine gezielte Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu Lasten der Steinmetzbetriebe vor (vgl. zu Regelungen der Größe von Abdeckplatten: Senat, Beschl. v. 14.08.2007 - 1 S 1808/06 - juris; HessVGH, Beschl. v. 27.07.1988, a.a.O., S. 361; Beschl. v. 28.07.1998, a.a.O., Rn. 30; OVG NRW, Urt. v. 30.10.1978 - VIII A 1033/77 - BWGZ 1980, 55). Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats zu Verwendungsverboten für Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit in Friedhofssatzungen. Die mittelbare Betroffenheit in der Berufsfreiheit ergibt sich in jenen Fällen zum einen daraus, dass Steinmetze mit den Kosten und Mühen der Nachweisbeschaffung belastet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 CN 1.12 - BVerwGE 148, 133, juris Rn. 24). Zum anderen werden Grabnutzungsberechtigte bei Vertragsschluss mit einem Steinmetz regelmäßig verlangen, dass dieser nur Steine verwendet, die dem Verwendungsverbot entsprechen, und dass er hierüber einen ausreichenden Nachweis vorlegt. Folglich wird sich für Steinmetze Bezug und Lagerhaltung von Steinen zu einem erheblichen Teil an diesen Erfordernissen orientieren, was deutliche spürbare Auswirkungen auf die Berufsausübung haben kann (vgl. Senat, Urt. v. 29.04.2014, a.a.O.). An vergleichbaren Auswirkungen fehlt es hier.
51 
Entgegen der in der mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung der Antragstellerin ergibt sich eine mittelbare Betroffenheit in der Berufsfreiheit auch nicht aus dem Umstand, dass aufgrund des Verbots von Vollabdeckungen die Antragstellerin als Steinmetzbetrieb geringere Umsätze machen kann und Angehörige von Verstorbenen sich für eine Bestattung des Verstorbenen im Friedwald entscheiden. Vor solchen Auswirkungen von Normen schützt das Grundgesetz nicht. Denn das Grundgesetz gewährt kein Recht auf Erhaltung des Geschäftsumfangs und der Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.02.1973 - 1 BvR 426/72 u.a. - BVerfGE 34, 252 <256>; Urt. v. 17.12.2002, a.a.O.). Die eigene Wettbewerbsposition und damit Umsätze und Erträge unterliegen dem Risiko laufender Veränderungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252 <265>).
52 
Durch die Regelungen wird der einzelne Steinmetz auch in tatsächlicher Hinsicht nicht gehindert, am Wettbewerb um Grabmalgestaltungsaufträge weiterhin uneingeschränkt teilzunehmen (anders bei Verwendungsverboten für Grabmale aus ausbeuterischer Kinderarbeit, vgl. Senat, Urt. v. 29.04.2014, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt auch, wenn - wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - in anderen Gemeinden im Umkreis vergleichbare Größenbeschränkungen nicht bestehen sollten. Auf unterschiedliche Vorschriften über Grabmalgrößen in unterschiedlichen Gemeinden muss sich jeder Steinmetz einstellen, ohne dass ortsansässige Steinmetze insoweit besonders betroffen wären. Denn jeder Steinmetz, der Kundenaufträge für Grabmale auf dem Friedhof der Antragsgegnerin erhalten will, muss sich an die Friedhofssatzung der Antragsgegnerin halten und hat andererseits die Möglichkeit, Kundenaufträge für Grabmale auf anderen Friedhöfen zu erhalten. Auf den - von der Antragstellerin pauschal behaupteten, von der Antragsgegnerin bestrittenen - Umstand, dass nicht ortsansässige Steinmetze auf dem Friedhof der Antragsgegnerin verbotene Vollabdeckungen verlegen und die Antragsgegnerin hiergegen nicht vorgeht, kann sich die Antragstellerin insoweit nicht berufen; für ein generelles Vollzugsdefizit ist nichts ersichtlich. Für die behauptete mittelbare Betroffenheit der Antragstellerin in der Berufsfreiheit aufgrund ihrer Ortsansässigkeit und großzügigerer Regelungen in Nachbargemeinden von Nufringen ist auch deswegen nichts erkennbar, weil die Antragstellerin nicht ortsansässig ist, sondern ihren Sitz über 15 km entfernt von Nufringen hat.
53 
Auch eine aus dem Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG folgende Antragsbefugnis fehlt. Ein Eingriff der Neuregelung in bestehende Verträge der Antragstellerin oder in andere durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtspositionen ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
55 
Beschluss vom 28. Juni 2016
56 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 15.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2016 - 1 S 1244/15

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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Tenor § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. März 2019 - 4 N 18.86

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Tenor I. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten des Verfahrens gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vol

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
10 
(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
11 
Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
12 
Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
13 
Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
14 
Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
15 
Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
16 
Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
17 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
23 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20. November 2007 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten der Antragsgegnerin i.d.F. vom 20.11.2007 (im Folgenden: POV).
Die Antragsgegnerin änderte ihre Polizeiverordnung vom 20.06.1989 durch eine Verordnung mit Zustimmung des Gemeinderats vom 20.11.2007. Sie fügte u.a die hier angegriffene, der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg entlehnte Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV an. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 12
Aufenthalt auf öffentlichen Straßen,
in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen
(1) Auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen ist untersagt:
1. ...
2. ...
3. ...
4. ...
5. das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Die Änderungsverordnung wurde am 22.12.2007 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 23.12.2007 in Kraft.
Nach der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 (DRS G-07/186) soll die Regelung jenen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenwirken, die von alkoholisierten Gruppen ausgehen, welche sich regelmäßig im öffentlichen Straßenraum, in öffentlichen Anlagen und Einrichtungen der Stadt niederlassen und dort längerfristig und unter Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs Dritter verweilen.
10 
Der 1982 geborene Antragsteller, Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, wohnt und arbeitet in Freiburg.
11 
Er hat am 11.08.2008 das Normkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
12 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er - wie schon bisher - auch in Zukunft auf öffentlichen Plätzen wie dem beliebten Augustinerplatz, in Parkanlagen wie dem Stühlinger Kirchplatz, der Sternwaldwiese oder entlang der Dreisam dauerhaft verweilen möchte, um dabei allein oder in der Gruppe Alkohol zu konsumieren. Es liege zwar nicht in seiner Intention, dadurch Dritte erheblich zu belästigen. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass sein Verhalten während des Alkoholkonsums in den Augen eines Polizeibeamten dazu „geeignet“ erscheinen könne, eine solche Belästigung darzustellen. Wegen der weit gefassten und unbestimmten Formulierung des Verbotstatbestandes könne er sich nicht sicher sein, ob nicht sein Verhalten als unter die Norm fallend beurteilt werde. Er sei im Oktober 2008 schon einmal Adressat einer auf die angegriffene Norm gestützten Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin gewesen. Die angegriffene Regelung sei materiell rechtswidrig. Dem Bestimmtheitsgebot sei in mehrfacher Hinsicht nicht Rechnung getragen. Die Vorschrift sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Die Vorschrift knüpfe schon nicht an ein polizeiliches Schutzgut an; jedenfalls liege keine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vor.
13 
Der Antragsteller beantragt,
14 
§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten i.d.F. vom 20. November 2007 für unwirksam zu erklären.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzulehnen.
17 
Sie trägt vor: Dem Antragsteller fehle es bereits an der Antragsbefugnis. Abgesehen von seiner erklärten Absicht, an bestimmten Plätzen des Stadtgebiets Alkohol konsumieren zu wollen, zeige der Antragsteller keinerlei realistische Sachverhalte auf, die ihn mit der angegriffenen Norm in Konflikt bringen könnten. Von der Verbotsnorm würden „Gruppentrinker“ erfasst, zu denen der Antragsteller offensichtlich nicht zu rechnen sei. Er nehme lediglich die Rolle als institutioneller Prozessführer ein. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag aber unbegründet. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Die angegriffene Regelung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es bestehe eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die exzessiven Trinkgelage bestimmter Randgruppen führten regelmäßig zu lautstarken Auseinandersetzungen unter den Beteiligten und im weiteren zu Verunsicherung, Verängstigung oder zur (körperlichen) Bedrängung unbeteiligter Passanten, die deshalb die Nähe solcher Gruppen mieden. Die angegriffene Norm verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung) der Stadt ... vom 17.07.2012 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung der Antragsgegnerin vom 17.07.2012.
Er ist Eigentümer des Grundstücks in der ... in ... ... mit der Flurstücksnummer ... Es grenzt unmittelbar an den Kinderspielplatz Maisenbacher Straße und den Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße. Im Anschluss an das Flurstück ... befindet sich zunächst der Kinderspielplatz. Dahinter liegt, vom Kinderspielplatz durch einen etwa 50 cm hohen Erdwall getrennt, der Bolzplatz. Nach dem folgenden, von der Antragsgegnerin vorgelegten Vermessungsplan beträgt der Abstand des Bolzplatzes von der Grundstücksgrenze an der westlichen Grenze genau 50 m und an der nördlichen Grenze 57 m:
In der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 bestimmte die Antragsgegnerin unter anderem:
㤠4
Lärm von Sport- und Spielplätzen
(1) Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, dürfen in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden.
(2) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.“
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beriet - nach einer Vorberatung am 22.05.2012 - in öffentlicher Sitzung am 17.07.2012 eine Änderung dieser Polizeiverordnung. Grundlage war die Beratungsvorlage 24/2012-GR. In dieser ist ausgeführt, aufgrund von § 22 Abs. 1a BImSchG stellten Geräuscheinwirkungen durch Kinder bis unter 14 Jahren, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgingen, in der Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen dar. Spiel- und Bolzplätze, die auch für Jugendliche ab 14 Jahren zur Benutzung freigegeben seien, würden von der Privilegierung nicht umfasst. Die Beratungsvorlage schlug eine Änderung der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 dergestalt vor, dass im neuen § 4 auf ein Verzeichnis der öffentlichen Bolz- und Spielplätze Bezug genommen werde, das Bestandteil der Polizeiverordnung sei. Die Vorlage sah folgendes Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze vor:
In dem Protokoll über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 ist zur Beratung unter anderem ausgeführt:
„Stadtrat ... äußert, dass die einheitlichen Regelungen der Kinderspielplätze auch für die Bolzplätze übernommen werden sollten. Eine einheitliche Regelung im ganzen Stadtgebiet sei zu befürworten. Auch solle die Durchgängigkeit der Zeiten der Kinderspielplätze für die Bolzplätze eingeführt werden.
10 
Hauptamtsleiter ... entgegnet auf die Anregung von Stadtrat ... bezüglich der einheitlichen Regelungen, dass diese im Falle des Bolzplatzes ‚Am Hährenwald‘ (ehemalige Tennisplätze) nicht möglich sei. Hier liegt bezüglich der festgelegten Zeiten ein gerichtlicher Vergleich vor.
11 
Nach weiterer kurzer Aussprache werden auf Antrag von Stadtrat ... die Zeiten für die Bolzplätze einheitlich von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr festgelegt.
12 
Bei 1 Enthaltung wird mit 21 Ja-Stimmen folgende Polizeiverordnung beschlossen:
13 
Aufgrund von § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 18 Abs. 1 PolG (PolG) § 19 hat der Gemeinderat der Stadt... in öffentlicher Sitzung vom 17.07.2012 folgende
14 
POLIZEIVERORDNUNG
gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung)
15 
beschlossen:
16 
17 
§ 4
Lärm von Sport- und Spielstätten
18 
(1) Spielplätze sind die mit Spielgeräten ausgestatteten Kinderspielplätze, Bolzplätze und Ballspielfelder. Die Stadtverwaltung führt ein Verzeichnis der öffentlichen Bolz- und Spielplätze, das Bestandteil dieser Polizeiverordnung ist.
19 
(2) Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, sind während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben. Diese Beschränkungen gelten nicht für Kinderspielplätze, d. h. Spielplätze deren Benutzung nur für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zugelassen ist.
20 
(3) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.
21 
22 
§ 21
Inkrafttreten
23 
(1) Diese Polizeiverordnung tritt am Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
24 
(2) Gleichzeitig tritt die Polizeiverordnung vom 11. Dezember 2001 außer Kraft.
25 
Anlage 1: Verzeichnis der Kinderspiel- und Bolzplätze“
26 
In der Kopie der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012, die in dem von der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgang enthalten ist, ist der beschlossene Text der Anlage 1 zur Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung nicht aufgeführt. Nach dem von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Original der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat die Anlage 1 zur Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung folgenden Wortlaut:
27 
Die Anlage in dieser Form hat dem Gemeinderat nach der Erklärung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bei der Beschlussfassung am 17.07.2012 nicht vorgelegen, sondern ist im Anschluss an diese nachträglich gefertigt worden.
28 
Der Bürgermeister der Antragsgegnerin hat am 18.07.2012 die am 17.07.2012 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung unterschrieben. Die Antragsgegnerin hat diese mit Schriftsatz vom 05.09.2013 als Ausfertigung im Original vorgelegt. Als Anlage ist dort das Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze aufgeführt, wie es Gegenstand der Beratungsvorlage 24/2012-GR war. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 08.10.2013, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausfertigung und der ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Verordnung bestünden, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16.10.2013 vorgetragen, bei der mit Schriftsatz vom 05.09.2013 vorgelegten Verordnung sei versehentlich als Anlage 1 das Verzeichnis der Kinderspiel- und Bolzplätze der Beratungsvorlage 24/2012-GR angefügt worden. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin erklärt, die mit Schriftsatz vom 05.09.2013 vorgelegte Anlage B 2 sei die Ausfertigung der Verordnung im Original.
29 
Im Stadtboten der Antragsgegnerin, der ihr Amtsblatt ist, wurde in der Ausgabe vom 27.07.2012 die am 17.07.2012 beschlossene Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung bekannt gemacht. Die Bekanntmachung enthält einen nicht näher ausgeführten "Hinweis auf § 4 Abs. 4 GemO“. Das „Verzeichnis der Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze“ lautet in dieser Bekanntmachung wie folgt:
30 
Nach Fotos, die der Antragsteller vorgelegt hat, ist der Kinderspielplatz Maisenbacher Straße jedenfalls durch drei grüngrundige Schilder ausgewiesen. Eines enthält den Text: „Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren. Geöffnet von 8 - 20 Uhr", ein weiteres zusätzlich zu diesem Text darunter einen roten Streifen mit den Worten: „Geöffnet von 8.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr.“ Ein drittes Schild lautet: „Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren. Mittagsruhe 13 - 15 Uhr. Abendruhe ab 20 Uhr.“ Der Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße ist ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Fotos jedenfalls durch ein grüngrundiges Schild mit dem Text: „Bolzplatz für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre" und darunter einem roten Streifen mit den Worten: „Geöffnet von 8.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr“ beschildert.
31 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Regelungen der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße und zum Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans liege das Flurstück ... in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Flächen des Kinderspiel- und Bolzplatzes seien nicht überplant. Der Kinderspiel- und Bolzplatz sei planungsrechtlich nicht genehmigt. Die Grenzwerte der TA Lärm von 55 dB (A) tagsüber würden durch den Bolzplatz überschritten. Er wende sich gegen die Regelung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Bolzplatz, weil die Benutzungsregelung für den Kinderspielplatz auf den Bolzplatz erstreckt worden sei, obwohl dieser von Jugendlichen genutzt werde und daher an der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG nicht teilnehme. Zudem wende er sich gegen die Regelung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Kinderspielplatz. Es sei eine gleichheitswidrige Differenzierung der Öffnungszeiten und Altersbeschränkungen für die verschiedenen Kinderspielplätze getroffen worden. Die Spielplätze Stadtsee (Nr. 4 des Verzeichnisses) und Am Dorfzentrum (Nr. 18 des Verzeichnisses) seien für Kinder über zwölf Jahre gesperrt. Eine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung fehle. Für seinen Antrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Wenn bei einer Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung die Polizeiverordnung vom 11.12.2001 wieder auflebe, würden die dort vorgesehenen zeitlichen Beschränkungen gelten. Sei dies nicht der Fall, würden jedenfalls die Regelungen durch die aufgestellten Schilder, die Verwaltungsakte seien, wieder aufleben.
32 
Der Antragsteller beantragt:
33 
Die Polizeiverordnung der Stadt ... gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung) vom 17.07.2012, bekanntgemacht am 27.07.2012, in Kraft getreten am 01.08.2012, ist unwirksam.
34 
Die Antragsgegnerin beantragt,
35 
den Antrag abzulehnen.
36 
Der Antrag sei bereits unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Antragsteller könne durch den Antrag keinen Vorteil erzielen, da bei der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung grundsätzlich eine Benutzung der Anlagen rund um die Uhr erlaubt wäre. Eine Verbesserung seiner rechtlichen Situation ergebe sich auch nicht bei einem Wiederaufleben der Satzung vom 11.12.2001. Diese regele in § 4 Abs. 1, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt seien, zu bestimmten Zeiten nicht benutzt werden dürften. Der Bolzplatz falle hierunter jedoch nicht, da er nicht weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt liege. Für die Regelung zu den Kinderspielplätzen fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, da - wie der Antragsteller selbst einräume - diese im Hinblick auf § 22 Abs. 1 a BImSchG sachlich nicht angreifbar sei. Eine Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO könne im Übrigen nur hinsichtlich der Regelung in § 4 Abs. 2 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung in Verbindung mit Nr. 23 des Verzeichnisses der Öffnungszeiten Sport- und Spielplätze bestehen. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Bolzplatz sei mit Datum vom 30.06.1986 genehmigt worden. Im Vergleich zu Kinderspielplätzen liege bei dem streitigen Bolzplatz kein gleicher Sachverhalt vor. Die Öffnungszeiten bezüglich der Bolzplätze seien einheitlich von 8:00 bis 22:00 Uhr geregelt, mit Ausnahme des Bolzplatzes in Monakam. Dafür bestehe ein sachlich gerechtfertigter Grund. Es handele sich ursprünglich um Tennishartplätze des früheren Ferienparks Monakam. Der Bolzplatz sei mit einem etwa 3 m hohen Gitterzaun umgrenzt. Beim Spielen des Platzes träfen Bälle auf den Gitterzaun auf. Aufgrund des Untergrunds und des Gitterzauns aus Metall sei es naheliegend gewesen, die Nutzungszeiten weitergehend einzuschränken. Beim streitigen Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße handele es sich lediglich um eine grüne Wiese, auf der zwei Tore aufgestellt seien. Ballfanggitter oder ein lärmintensiver Untergrund seien nicht vorhanden.
37 
Der Landkreis ... hat mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 18.06.2013 diese darauf hingewiesen, dass die in § 4 der Umweltschutz-Verordnung festgelegten Regelungen für die Benutzung von Spielplätzen positiv festgesetzt worden und daher von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 PolG nicht gedeckt seien.
38 
Hinsichtlich des Bolzplatzes Monakam Am Hährenwald ist ein Verfahren wegen Untersagung der Nutzung als Bolzplatz unter 10 S 68/11 am Verwaltungsgerichtshof anhängig, an dem der Antragsteller nicht beteiligt ist. Das Verfahren ruht seit dem 13.06.2013.
39 
Dem Senat liegt die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (1 Heft) vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
1. Der Antrag ist zulässig.
41 
a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
42 
b) Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33). Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können. Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - ESVGH 63, 70 = VBlBW 2013, 27, m.w.N.).
43 
Dies ist hier der Fall. Immissionen, die der Anwendung der angegriffenen Rechtsnorm zuzuordnen sind und den Antragsteller mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung geeignet (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 47 Rn. 254). Im Hinblick auf die Regelungen zum Bolzplatz für Jugendliche, für die die Privilegierung des § 22 Abs. 1 a BImSchG nicht gilt (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 6), ist eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, durch Lärm nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, möglich. Zudem hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin, wie sich insbesondere den Protokollen zu den Gemeinderatssitzungen vom 22.05.2012 und 17.07.2012 entnehmen lässt, bei der Regelung auch die Belange der Anlieger, den Schutz der Mittagsruhe und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm diskutiert und damit zumindest hinsichtlich der Bolzplätze eine Regelung auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn, deren Interessen die Grenzwerte der TA Lärm auch dienen, getroffen. Hinsichtlich des Kinderspielplatzes ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers ebenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Altersregelungen für Spielplätze erscheint die Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG möglich. § 22 Abs. 1a BImSchG, wonach von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen. Die Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 7). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder ist nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen. Der Gesetzgeber fordert bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. So wird ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - NVwZ 2012, 837; a.A. wohl OVG NRW, Beschl. v. 13.03.2013 - 7 A 1404/12 - juris Rn. 3).
44 
c) Für den Antrag besteht auch ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
45 
Ein Normenkontrollantrag, der darauf gerichtet ist, die durch Polizeiverordnung festgesetzte Nutzungsbeschränkung für nichtig zu erklären, und das Ziel hat, eine weitergehende Beschränkung zu erreichen, ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann. Denn die Frage, ob, wann und in welchem Umfang der Spielbetrieb auf Spiel- und Bolzplätzen zulässig ist, bestimmt sich in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch Widmung zum Ausdruck gebracht wurde, und im Weiteren durch die allgemeinen Gesetze. Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auf die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gestützt. Eine Polizeiverordnung darf danach nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf dieser Grundlage kann folglich keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Vielmehr können nur Nutzungen zu bestimmten Zeiten verboten werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012, a.a.O.). Mit der durch einen Normenkontrollantrag erstrebten Beseitigung einer solchen Beschränkung dürften die genannten Anlagen also grundsätzlich „rund um die Uhr“ benutzt werden, es sei denn andere gesetzliche Regelungen schränkten dies ein. Ein Antragsteller kann mit einer solchen Normenkontrolle keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen, so dass es an dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Anders liegt es jedoch, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Polizeiverordnung die Vorgängerregelung wieder auflebt (vgl. dazu nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323) und diese für den Antragsteller zumindest teilweise günstiger ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999, a.a.O.). Dann ist nicht auszuschließen, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggfs. von Nutzen sein kann, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613; Beschl. v. 07.03.2002 - 4 BN 60.01 - NVwZ 2002, 869).
46 
Dies ist hier zu bejahen. Im Falle der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung vom 17.07.2012 gilt wieder die mit dieser Verordnung aufgehobene Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 11.12.2001. Diese lebt dann wieder auf. Dem steht § 17 PolG, wonach Polizeiverordnungen spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten, nicht entgegen, da seit Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 20 Jahre noch nicht vergangen sind. Nach § 4 Abs. 1 dieser Vorgängerregelung durften Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden. Die Regelung ist für den Antragsteller bereits deswegen günstiger, da die Benutzung des Spielplatzes Maisenbacher Straße und des Bolzplatzes Beinberg Maisenbacher Straße - anders als nach der neuen Regelung, die zumindest in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober keine Mittagsruhe vorsieht - zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr verboten war. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wohnbebauung des Antragstellers 50 m und mehr vom Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße entfernt ist. Denn zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße besteht eine deutlich geringere Entfernung als 50 m.
47 
2. Der Antrag ist auch begründet.
48 
Gegenstand der Prüfung ist die Verordnung insgesamt. Der Verwaltungsgerichtshof muss die Gültigkeit einer Norm, die zulässig nach § 47 Abs. 2 VwGO angegriffen wurde, grundsätzlich umfassend prüfen und ggfs. für unwirksam erklären. Denn das Verfahren der Normenkontrolle dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern stellt zugleich ein Verfahren der objektiven Rechtskontrolle dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695, 696). Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig. Das setzt aber voraus, dass eine beschränkte Antragstellung sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Eine Ausnahme gilt jedoch hinsichtlich der Bestimmungen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB abtrennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O.; Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
49 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist nicht wirksam erlassen. Sie ist zudem weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Verordnung ist daher bereits nicht formell wirksam geworden (a). Sie ist zudem auch materiell nicht wirksam (b). Die Unwirksamkeit erfasst die gesamte Verordnung (c).
50 
a) aa) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist bereits nicht wirksam erlassen, weil innerhalb der Gemeinde nicht das zuständige Organ gehandelt hat. Für den Erlass von Polizeiverordnungen ist bei der Ortspolizeibehörde nach § 13 Satz 2 PolG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO der Bürgermeister zuständig. Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörde, die länger als einen Monat gelten sollen, bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats (§ 15 Abs. 2 PolG). Diese Vorschriften sind hier nicht eingehalten worden. Ein Erlass der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung durch den Bürgermeister und eine nachfolgende Zustimmung zur Polizeiverordnung durch den Gemeinderat ist nicht erfolgt. Vielmehr hat auf eine Beratungsvorlage der Gemeindeverwaltung hin der Gemeinderat die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung in der Sitzung vom 17.07.2012 beschlossen.
51 
bb) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch nicht wirksam ausgefertigt worden. Nach Art. 63 Abs. 2 LV werden Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Gesetzblatt verkündet. Für die ordnungsgemäße Ausfertigung ist erforderlich, dass die erlassende Behörde das Original der Polizeiverordnung mit vollem Text mit der Unterschrift des Behördenleiters oder seines ständigen Vertreters und mit Amtsbezeichnung und Datum versieht und bei den Akten aufbewahrt. Die Ausfertigung schafft die Originalurkunde, die zugleich Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist. Sie bestätigt die Authentizität des Norminhalts und die Legalität des Verfahrens (vgl. nur Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 12 Rn. 10, m.w.N.)
52 
Es ist bereits zweifelhaft, was der Gemeinderat am 17.07.2012 beschlossen hat. Die Formulierung des Protokolls („Nach weiterer kurzer Aussprache…“) legt nahe, dass der Gemeinderat für alle Bolzplätze, auch für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald, eine Öffnungszeit von 8.00 bis 22.00 beschlossen hat. Dies kann jedoch offen bleiben. Auch wenn der Gemeinderat - wovon die Antragsgegnerin offenbar ausgeht - beschlossen haben sollte, für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald Öffnungszeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr für die Tage Montag bis Samstag und von 9:00 bis 13:00 Uhr sowie 15:00 bis 20:00 an Sonn- und Feiertagen festzulegen, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung der beschlossenen Verordnung. Denn in jedem Fall weist die Ausfertigung der Satzung vom 18.07.2012 nicht aus, was der Gemeinderat beschlossen hat. Die Ausfertigung führt für die Bolzplätze die Benutzungszeiten aus der Anlage 3 zur Beratungsvorlage 24/2012-GR an, die der Gemeinderat nach dem Protokoll sicher nicht beschlossen hat. Die Ausfertigung gibt daher nicht den Willen des Gemeinderatsbeschlusses wieder. Sie ist damit unwirksam.
53 
Der Ausfertigungsmangel führt zur Nichtigkeit der Verordnung. Da die Ausfertigung einer Verordnung Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist, haben ihr Fehlen oder wesentliche Mängel der Ausfertigung ihre Ungültigkeit zur Folge (vgl. Belz/Mußmann, PolG BW, 7. Aufl., § 12 Rn. 17; für kommunale Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988 - 2 S 1140/87 - NVwZ-RR 1989, 267, 269; Beschl. v. 27.08.1992 - 2 S 909/90 - juris Rn. 24; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl., Rn. 144).
54 
cc) Die Verordnung ist auch nicht wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 5 VerkG werden Rechtsverordnungen der Gemeinden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen bestimmten Form verkündet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO sind Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Öffentliche Bekanntmachungen können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVOGemO, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen, durch Einrückung in das eigene Amtsblatt der Gemeinde durchgeführt werden. Satzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO mit ihrem vollen Wortlaut bekanntzumachen.
55 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist danach nicht wirksam verkündet. Die Beratungsvorlage enthielt im Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze eine Anmerkung (1) zur Altersbeschränkung für Kinderspielplätze, wonach die angegebenen Altersbegrenzungen nicht für Aufsichtspersonen von Kindern gelten. Nach dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat der Gemeinderat insoweit an der Verwaltungsvorlage nichts geändert, mithin diese Anmerkung beschlossen. Diese Anmerkung ist in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 27.07.2012 in der Spaltenüberschrift enthalten, der Text der Anmerkung ist in der Bekanntmachung jedoch nicht enthalten. Die Verkündung verstößt daher gegen Art. 63 Abs. 2 LV, § 5 VerKG, § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO, § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO, wonach Rechtsverordnungen der Gemeinden in ihrem vollen Wortlaut bekannt zu machen sind.
56 
Der Verkündungsmangel führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Verordnung. Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt deren ordnungsgemäße öffentliche Verkündung voraus. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit der Polizeiverordnung (vgl. Belz/Mußmann, a.a.O., § 12 Rn. 19). Fehlt die Verkündung oder leidet sie an wesentlichen Mängeln, so führt dies zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134; für Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988, a.a.O.; Beschl. v. 27.08.1992, a.a.O.; Gern, a.a.O., Rn. 144)
57 
b) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch materiell unwirksam. Es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG kann - wie ausgeführt - keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Zulässig sind auf dieser Grundlage nur Regelungen zur Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Solche liegen hier nicht vor. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung regelt ausdrücklich, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben sind. Das Verzeichnis Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze bestimmt, wie die Spaltenüberschriften eindeutig zeigen, Öffnungszeiten. Diese Regelungen können daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen in den Zeiten, in denen diese nicht zur Benutzung freigegeben sind, verboten sein sollen. Vielmehr handelt es sich um Benutzungsregelungen, die auf dieser Rechtsgrundlage nicht erlassen werden können.
58 
c) Der Verstoß gegen § 13 Satz 2 PolG sowie der Ausfertigungsmangel und der Bekanntmachungsmangel erfassen die Verordnung insgesamt. Insofern scheidet eine Teilbarkeit der Verordnung aus. Die Verordnung ist daher insgesamt unwirksam.
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
60 
Beschluss vom 24. Oktober 2013
61 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
1. Der Antrag ist zulässig.
41 
a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
42 
b) Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33). Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können. Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - ESVGH 63, 70 = VBlBW 2013, 27, m.w.N.).
43 
Dies ist hier der Fall. Immissionen, die der Anwendung der angegriffenen Rechtsnorm zuzuordnen sind und den Antragsteller mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung geeignet (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 47 Rn. 254). Im Hinblick auf die Regelungen zum Bolzplatz für Jugendliche, für die die Privilegierung des § 22 Abs. 1 a BImSchG nicht gilt (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 6), ist eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, durch Lärm nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, möglich. Zudem hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin, wie sich insbesondere den Protokollen zu den Gemeinderatssitzungen vom 22.05.2012 und 17.07.2012 entnehmen lässt, bei der Regelung auch die Belange der Anlieger, den Schutz der Mittagsruhe und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm diskutiert und damit zumindest hinsichtlich der Bolzplätze eine Regelung auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn, deren Interessen die Grenzwerte der TA Lärm auch dienen, getroffen. Hinsichtlich des Kinderspielplatzes ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers ebenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Altersregelungen für Spielplätze erscheint die Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG möglich. § 22 Abs. 1a BImSchG, wonach von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen. Die Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 7). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder ist nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen. Der Gesetzgeber fordert bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. So wird ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - NVwZ 2012, 837; a.A. wohl OVG NRW, Beschl. v. 13.03.2013 - 7 A 1404/12 - juris Rn. 3).
44 
c) Für den Antrag besteht auch ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
45 
Ein Normenkontrollantrag, der darauf gerichtet ist, die durch Polizeiverordnung festgesetzte Nutzungsbeschränkung für nichtig zu erklären, und das Ziel hat, eine weitergehende Beschränkung zu erreichen, ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann. Denn die Frage, ob, wann und in welchem Umfang der Spielbetrieb auf Spiel- und Bolzplätzen zulässig ist, bestimmt sich in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch Widmung zum Ausdruck gebracht wurde, und im Weiteren durch die allgemeinen Gesetze. Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auf die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gestützt. Eine Polizeiverordnung darf danach nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf dieser Grundlage kann folglich keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Vielmehr können nur Nutzungen zu bestimmten Zeiten verboten werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012, a.a.O.). Mit der durch einen Normenkontrollantrag erstrebten Beseitigung einer solchen Beschränkung dürften die genannten Anlagen also grundsätzlich „rund um die Uhr“ benutzt werden, es sei denn andere gesetzliche Regelungen schränkten dies ein. Ein Antragsteller kann mit einer solchen Normenkontrolle keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen, so dass es an dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Anders liegt es jedoch, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Polizeiverordnung die Vorgängerregelung wieder auflebt (vgl. dazu nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323) und diese für den Antragsteller zumindest teilweise günstiger ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999, a.a.O.). Dann ist nicht auszuschließen, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggfs. von Nutzen sein kann, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613; Beschl. v. 07.03.2002 - 4 BN 60.01 - NVwZ 2002, 869).
46 
Dies ist hier zu bejahen. Im Falle der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung vom 17.07.2012 gilt wieder die mit dieser Verordnung aufgehobene Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 11.12.2001. Diese lebt dann wieder auf. Dem steht § 17 PolG, wonach Polizeiverordnungen spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten, nicht entgegen, da seit Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 20 Jahre noch nicht vergangen sind. Nach § 4 Abs. 1 dieser Vorgängerregelung durften Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden. Die Regelung ist für den Antragsteller bereits deswegen günstiger, da die Benutzung des Spielplatzes Maisenbacher Straße und des Bolzplatzes Beinberg Maisenbacher Straße - anders als nach der neuen Regelung, die zumindest in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober keine Mittagsruhe vorsieht - zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr verboten war. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wohnbebauung des Antragstellers 50 m und mehr vom Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße entfernt ist. Denn zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße besteht eine deutlich geringere Entfernung als 50 m.
47 
2. Der Antrag ist auch begründet.
48 
Gegenstand der Prüfung ist die Verordnung insgesamt. Der Verwaltungsgerichtshof muss die Gültigkeit einer Norm, die zulässig nach § 47 Abs. 2 VwGO angegriffen wurde, grundsätzlich umfassend prüfen und ggfs. für unwirksam erklären. Denn das Verfahren der Normenkontrolle dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern stellt zugleich ein Verfahren der objektiven Rechtskontrolle dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695, 696). Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig. Das setzt aber voraus, dass eine beschränkte Antragstellung sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Eine Ausnahme gilt jedoch hinsichtlich der Bestimmungen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB abtrennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O.; Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
49 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist nicht wirksam erlassen. Sie ist zudem weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Verordnung ist daher bereits nicht formell wirksam geworden (a). Sie ist zudem auch materiell nicht wirksam (b). Die Unwirksamkeit erfasst die gesamte Verordnung (c).
50 
a) aa) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist bereits nicht wirksam erlassen, weil innerhalb der Gemeinde nicht das zuständige Organ gehandelt hat. Für den Erlass von Polizeiverordnungen ist bei der Ortspolizeibehörde nach § 13 Satz 2 PolG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO der Bürgermeister zuständig. Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörde, die länger als einen Monat gelten sollen, bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats (§ 15 Abs. 2 PolG). Diese Vorschriften sind hier nicht eingehalten worden. Ein Erlass der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung durch den Bürgermeister und eine nachfolgende Zustimmung zur Polizeiverordnung durch den Gemeinderat ist nicht erfolgt. Vielmehr hat auf eine Beratungsvorlage der Gemeindeverwaltung hin der Gemeinderat die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung in der Sitzung vom 17.07.2012 beschlossen.
51 
bb) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch nicht wirksam ausgefertigt worden. Nach Art. 63 Abs. 2 LV werden Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Gesetzblatt verkündet. Für die ordnungsgemäße Ausfertigung ist erforderlich, dass die erlassende Behörde das Original der Polizeiverordnung mit vollem Text mit der Unterschrift des Behördenleiters oder seines ständigen Vertreters und mit Amtsbezeichnung und Datum versieht und bei den Akten aufbewahrt. Die Ausfertigung schafft die Originalurkunde, die zugleich Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist. Sie bestätigt die Authentizität des Norminhalts und die Legalität des Verfahrens (vgl. nur Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 12 Rn. 10, m.w.N.)
52 
Es ist bereits zweifelhaft, was der Gemeinderat am 17.07.2012 beschlossen hat. Die Formulierung des Protokolls („Nach weiterer kurzer Aussprache…“) legt nahe, dass der Gemeinderat für alle Bolzplätze, auch für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald, eine Öffnungszeit von 8.00 bis 22.00 beschlossen hat. Dies kann jedoch offen bleiben. Auch wenn der Gemeinderat - wovon die Antragsgegnerin offenbar ausgeht - beschlossen haben sollte, für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald Öffnungszeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr für die Tage Montag bis Samstag und von 9:00 bis 13:00 Uhr sowie 15:00 bis 20:00 an Sonn- und Feiertagen festzulegen, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung der beschlossenen Verordnung. Denn in jedem Fall weist die Ausfertigung der Satzung vom 18.07.2012 nicht aus, was der Gemeinderat beschlossen hat. Die Ausfertigung führt für die Bolzplätze die Benutzungszeiten aus der Anlage 3 zur Beratungsvorlage 24/2012-GR an, die der Gemeinderat nach dem Protokoll sicher nicht beschlossen hat. Die Ausfertigung gibt daher nicht den Willen des Gemeinderatsbeschlusses wieder. Sie ist damit unwirksam.
53 
Der Ausfertigungsmangel führt zur Nichtigkeit der Verordnung. Da die Ausfertigung einer Verordnung Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist, haben ihr Fehlen oder wesentliche Mängel der Ausfertigung ihre Ungültigkeit zur Folge (vgl. Belz/Mußmann, PolG BW, 7. Aufl., § 12 Rn. 17; für kommunale Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988 - 2 S 1140/87 - NVwZ-RR 1989, 267, 269; Beschl. v. 27.08.1992 - 2 S 909/90 - juris Rn. 24; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl., Rn. 144).
54 
cc) Die Verordnung ist auch nicht wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 5 VerkG werden Rechtsverordnungen der Gemeinden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen bestimmten Form verkündet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO sind Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Öffentliche Bekanntmachungen können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVOGemO, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen, durch Einrückung in das eigene Amtsblatt der Gemeinde durchgeführt werden. Satzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO mit ihrem vollen Wortlaut bekanntzumachen.
55 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist danach nicht wirksam verkündet. Die Beratungsvorlage enthielt im Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze eine Anmerkung (1) zur Altersbeschränkung für Kinderspielplätze, wonach die angegebenen Altersbegrenzungen nicht für Aufsichtspersonen von Kindern gelten. Nach dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat der Gemeinderat insoweit an der Verwaltungsvorlage nichts geändert, mithin diese Anmerkung beschlossen. Diese Anmerkung ist in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 27.07.2012 in der Spaltenüberschrift enthalten, der Text der Anmerkung ist in der Bekanntmachung jedoch nicht enthalten. Die Verkündung verstößt daher gegen Art. 63 Abs. 2 LV, § 5 VerKG, § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO, § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO, wonach Rechtsverordnungen der Gemeinden in ihrem vollen Wortlaut bekannt zu machen sind.
56 
Der Verkündungsmangel führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Verordnung. Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt deren ordnungsgemäße öffentliche Verkündung voraus. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit der Polizeiverordnung (vgl. Belz/Mußmann, a.a.O., § 12 Rn. 19). Fehlt die Verkündung oder leidet sie an wesentlichen Mängeln, so führt dies zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134; für Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988, a.a.O.; Beschl. v. 27.08.1992, a.a.O.; Gern, a.a.O., Rn. 144)
57 
b) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch materiell unwirksam. Es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG kann - wie ausgeführt - keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Zulässig sind auf dieser Grundlage nur Regelungen zur Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Solche liegen hier nicht vor. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung regelt ausdrücklich, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben sind. Das Verzeichnis Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze bestimmt, wie die Spaltenüberschriften eindeutig zeigen, Öffnungszeiten. Diese Regelungen können daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen in den Zeiten, in denen diese nicht zur Benutzung freigegeben sind, verboten sein sollen. Vielmehr handelt es sich um Benutzungsregelungen, die auf dieser Rechtsgrundlage nicht erlassen werden können.
58 
c) Der Verstoß gegen § 13 Satz 2 PolG sowie der Ausfertigungsmangel und der Bekanntmachungsmangel erfassen die Verordnung insgesamt. Insofern scheidet eine Teilbarkeit der Verordnung aus. Die Verordnung ist daher insgesamt unwirksam.
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
60 
Beschluss vom 24. Oktober 2013
61 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

§ 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2007 wird für unwirksam erklärt, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten aller Art, insbesondere die Dekoration von Särgen, Aufbahrungsräumen, Feierhallen und Gräbern, auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin betreibt ein Bestattungsunternehmen. Sie wendet sich gegen Bestimmungen der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin, durch die sie sich in ihrer Geschäftstätigkeit behindert sieht.
Die Friedhofssatzung (FS) vom 18.01.2007 regelt - insoweit wortgleich mit der vorher geltenden Satzung vom 08.12.2005 - in § 7 die gewerbliche Tätigkeit auf den städtischen Friedhöfen.
Die Bestimmung hat, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, folgenden Wortlaut:
§ 7 Gewerbliche Arbeiten
(1) Gewerbetreibende bedürfen für die Tätigkeit auf dem Friedhof der Zulassung durch das Garten- und Friedhofsamt. Es kann Art, Umfang und Dauer der zu verrichtenden Arbeiten festlegen. Gewerblichen Grabmalaufstellern, die nicht allgemein zugelassen sind, kann das Garten- und Friedhofsamt in Einzelfällen die Aufstellung und Unterhaltung von Grabmalen gestatten. Gärtner erhalten die Zulassung mit der Verpflichtung, Dekoration von Aufbahrungsräumen, Feierhallen und geöffneten Grabstätten einschließlich der Herrichtung oder Anlage von Grabstätten und deren Pflege zu übernehmen.
(2) Zugelassen werden Gewerbetreibende, die in fachlicher und persönlicher Hinsicht die an sie zu stellenden Anforderungen erfüllen. Sie werden durch den Abschluss der Meisterprüfung, oder Eintrag in die Handwerksrolle nachgewiesen. Darüber hinaus können Gewerbetreibende zugelassen werden, die in ihrem Betrieb einen Mitarbeiter beschäftigen, der diese Voraussetzungen erfüllt. Weitere Ausnahmen kann das Garten- und Friedhofsamt zulassen.
(3) Sonstigen Gewerbetreibenden kann die Ausübung anderer als in Abs. 1 genannten Tätigkeiten gestattet werden, wenn dies mit dem Friedhofszweck vereinbar ist. Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(4) - (7)
Mit Schreiben vom 19.10.2005 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin, auf deren Friedhöfen für die gewerblichen Tätigkeiten der Dekoration von Särgen, Aufbahrungsräumen, Feierhallen und Gräbern zugelassen zu werden. Das Garten- und Friedhofsamt der Antragsgegnerin lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 07.12.2005 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Antragstellerin u.a. damit, dass der im Betrieb tätige Sohn des Inhabers die für die Ausführung von Dekorationstätigkeiten erforderliche Sachkunde besitze. Er habe im Jahr 1995 erfolgreich an einem vom Bundesverband des Deutschen Bestattungsgewerbes e.V. veranstalteten berufsbezogenen Seminar „Trauerfloristik für Bestatter“ teilgenommen und im Jahr 1996 die Fortbildungsprüfung zum geprüften Bestatter vor der Handwerkskammer für München und Oberbayern erfolgreich abgelegt. Mit Bescheid vom 11.04.2006 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und führte aus, dass nach § 7 Abs. 1 Satz 4 FS für Dekorationsarbeiten ausschließlich Gärtner vorgesehen seien. Als Friedhofsgärtner könne die Antragstellerin nicht zugelassen werden, da sie nicht nachgewiesen habe, dass einer ihrer Mitarbeiter eine erfolgreich abgeschlossene Gärtnerausbildung besitze. Eine auf die Ausführung von Dekorationstätigkeiten beschränkte Zulassung könne nicht erfolgen, da für Teilbereiche eines Berufsbildes eine Zulassung nicht ausgesprochen werde. Die Antragstellerin hat inzwischen Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der sie ihr Ziel, zu den o.g. Dekorationstätigkeiten zugelassen zu werden, weiter verfolgt. Über diese Klage ist bislang nicht entschieden.
10 
Am 23.01.2006 hat die Antragsstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: § 7 FS widerspreche in der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Auslegung dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem Rechtsstaatsprinzip. Die Vorschrift verstoße gegen das Übermaßverbot, da sie zur Wahrung des Friedhofszwecks weder angemessen noch erforderlich sei. Die Gemeinden könnten zwar in ihre Friedhofssatzung Zulassungsbestimmungen aufnehmen und die Zulassung Gewerbetreibender von der Erfüllung bestimmter fachlicher und persönlicher Anforderungen abhängig machen; dabei müssten sich die der fachlichen Zuverlässigkeit zugrunde zu legenden Anforderungen an den jeweiligen Berufsausbildungen und Berufsbildern orientieren. Die Ausführung von Dekorationsarbeiten in Aufbahrungsräumen, Feierhallen und an Grabstätten erfordere jedoch keine Fachausbildung als Gärtner. Die entsprechenden Fertigkeiten würden nämlich in gleicher Weise im Rahmen der Ausbildung zum Bestatter gelehrt. Zum Berufsprofil des geprüften Bestatters, des Bestattermeisters (Funeralmaster) und der Bestattungsfachkraft gehörten nach den einschlägigen Vorschriften seit jeher die Durchführung der Dekorationen, die Grabgestaltung und die Erbringung jeglicher Form der Trauerfloristik. Da es sich hierbei jeweils um staatlich anerkannte Prüfungen handele, gehe es nicht an, die Zulassung grundsätzlich auch für solche Tätigkeiten nur einem Gärtnereibetrieb zu erteilen. Denn der Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung zum Gärtner sei nur für die gärtnerische Anlage von Gräbern erforderlich, worum es ihr aber nicht gehe. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit es einem geordneten und reibungslosen Ablauf der Bestattungen entgegenstehen könnte, wenn das beanspruchte Tätigkeitsfeld auch Bestattern eröffnet werde.
11 
Die Antragstellerin beantragt,
12 
§ 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18.01.2007 für unwirksam zu erklären, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten aller Art, insbesondere die Dekoration von Särgen, Aufbahrungsräumen, Feierhallen und Gräbern, auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.
13 
Die Antragsgegnerin beantragt,
14 
den Antrag abzulehnen.
15 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Vorschriften verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. § 7 Abs. 1 Satz 4 FS diene dem Interesse der Friedhofsbenutzer, für die es in Fällen, in denen sie am Friedhof nur einen Friedhofsgärtner vorfänden, unzumutbar sei, an einen Friedhofsgärtner verwiesen zu werden, der seinen Betrieb in weiter Entfernung führe. § 7 FS sehe aus Gründen der Zweckmäßigkeit dem jeweiligen Berufsbild entsprechend nur die Erteilung einer Zulassung für die Tätigkeiten eines Friedhofsgärtners vor. Eine Zulassung für einen Teilbereich der Tätigkeiten, die von Friedhofsgärtnern erbracht werde, sei nach der Systematik der Vorschrift ausgeschlossen. Die Berufsfreiheit der Antragstellerin werde jedenfalls nicht wesentlich beeinträchtigt, da sie durch die Berufsausübungsregelung nicht gehindert werde, in ihrer eigenen Trauerhalle nach ihren Vorstellungen zu dekorieren. Die Regelung für den Friedhofsbereich sei aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig. Es werde sichergestellt, dass die Tätigkeitsbereiche von Friedhofsgärtnern und Bestattern klar abgegrenzt seien, da nur so ein geordneter und reibungsloser Ablauf der Bestattungen möglich sei und die Kunden nicht verunsichert würden. Nur eine entsprechend qualifizierte und zielgerichtete Ausbildung stelle die Qualität der einer Trauerfeier angemessenen Blumendekoration und die Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbauberufsgenossenschaft bei Dekorationen am offenen Grab sicher. Die Dekoration von Aufbahrungsräumen und Feierhallen, die Grabdekoration und Grababdeckungen seien typische Tätigkeiten des Friedhofsgärtners; diese Tätigkeiten entsprächen weder dem Berufsbild des Bestatters, noch würden sie Bestattern in der Praxis typischerweise übertragen. Von der Ausbildung eines Bestatters her handele es sich um Randgebiete, die lediglich eine sinnvolle Ergänzung darstellten; im Wesentlichen sei die Tätigkeit des Bestatters aber am Friedhofstor bereits abgeschlossen. Der in § 7 Abs. 2 FS geforderte Sachkundenachweis diene dem Friedhofszweck, eine würdige Bestattung zu gewährleisten.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
17 
Der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Änderung des Streitgegenstands durch Einbeziehung der in der einschlägigen Bestimmung unveränderten Neufassung der Satzung ist sachdienlich und daher entsprechend § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig, da der Streitstoff in der Sache derselbe bleibt und die Entscheidung über den neuen Antrag die endgültige Beilegung des Streits fördert.
18 
1. Die Antragstellerin ist gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie kann geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
19 
Die von der Antragstellerin zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Vorschrift des § 7 Abs. 3 FS regelt deren gewerbliche Betätigung auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, da sie zu den sonstigen Gewerbetreibenden i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS gehört; gemeinsam mit § 7 Abs. 1 Satz 4 FS steht § 7 Abs. 3 FS der von der Antragstellerin erstrebten Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes entgegen.
20 
Im Unterschied dazu ist der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 1 und Abs. 2 FS auf die Zulassung von Gewerbetreibenden als Friedhofsgärtner und als Grabmalaufsteller beschränkt; eine derartige Zulassung wird von der Antragstellerin jedoch nicht erstrebt, so dass sie durch diese Vorschriften nicht betroffen ist. Zwar spricht § 7 Abs. 1 umfassend von Gewerbetreibenden. Als zulassungsfähige Gewerbetreibende werden in Satz 3 und 4 indessen ausdrücklich nur Grabmalaufsteller und Gärtner erwähnt. Dies knüpft an die historisch gewachsene Situation an und ist Ausdruck eines Verständnisses, wonach auf Friedhöfen gewerbliche Tätigkeiten nur von Grabmalaufstellern und Friedhofsgärtnern verrichtet werden. § 7 Abs. 2 Satz 2 FS spricht ebenfalls dafür, den Begriff „Gewerbetreibende“ i.S.v. Abs. 1 auf Grabmalhersteller und Friedhofsgärtner zu beschränken. Bei den dort genannten beruflichen Qualifizierungen (Eintragung in die Handwerksrolle, Ablegung der Meisterprüfung) handelt es sich nämlich - jedenfalls herkömmlich - gerade um die typischen beruflichen Qualifikationen dieser Berufsgruppen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723 <724>). Die Trennung in zwei Gruppen von Gewerbetreibenden - einen beschränkten Kreis, der nach Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 zugelassen wird, und sonstige Gewerbetreibende, deren Tätigkeit nach Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 gestattet wird - findet sich in Mustersatzungen, an die sich die streitige Bestimmung des § 7 Abs. 3 FS offenbar anlehnt. § 4 Abs. 1 der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (abgedruckt in BWGZ 1983, 558) sieht vor, dass Bildhauer, Steinmetze, Gärtner und sonstige Gewerbetreibende für ihre Tätigkeit auf dem Friedhof der vorherigen Zulassung bedürfen. Hier findet sich die in § 7 Abs. 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin angelegte Unterscheidung zwischen Bildhauern, Steinmetzen - sie lassen sich unter dem Begriff Grabmalhersteller zusammenfassen - und Gärtnern einerseits, und den sonstigen Gewerbetreibenden andererseits. Eine ähnliche Differenzierung findet sich in § 7 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (abgedruckt bei Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl. 2004, S. 674). Dort heißt es in Absatz 1: „Steinmetze, Bildhauer, Gärtner und Bestatter bedürfen für die dem jeweiligen Berufsbild entsprechende gewerbliche Tätigkeit auf den Friedhöfen der vorherigen Zulassung durch die Friedhofsverwaltung.“ Absatz 3 stimmt sodann wörtlich mit § 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin überein. Auch hier wird also unterschieden zwischen Grabmalaufstellern und Gärtnern (ergänzt durch Bestatter) einerseits und sonstigen Gewerbetreibenden andererseits.
21 
2. Die Normenkontrolle wahrt die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; danach kann der Normenkontrollantrag nur innerhalb von zwei Jahren, nach der Neufassung durch das Gesetz vom 21.12.2006 (BGBl. I S, 3316) innerhalb eines Jahres, nach Bekanntmachung der angegriffenen Rechtsvorschrift gestellt werden.
22 
Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung vom 18.01.2007 ebenso wie die Vorschrift in der Satzung vom 08.12.2005 wörtlich mit § 7 Abs. 3 Satz 1 der bis zum 15.12.2005 gültigen Friedhofssatzung vom 02.07.1998 übereinstimmt. Zwar ist anerkannt, dass grundsätzlich weder die Änderung einzelner Bestimmungen noch die durch die Änderung einzelner Bestimmungen veranlasste Bekanntmachung der Neufassung einer Satzung die Antragsfrist hinsichtlich einer inhaltlich unverändert gebliebenen Vorschrift erneut in Gang setzt (vgl. Urteil des Senats vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, DVBl. 2002, 416). Etwas anderes gilt jedoch, wenn in der Neuregelung bestimmt ist, dass die Gesamtregelung anstelle der alten Regelung in Kraft tritt. In einem solchen Fall läuft die Antragsfrist insgesamt von neuem, und zwar auch hinsichtlich solcher in der Neuregelung enthaltener Vorschriften, die wortgleich in der außer Kraft getretenen Regelung enthalten waren. Ein solcher Fall liegt - ungeachtet der den Satzungen jeweils vorangestellten Präambeln, in denen auf die vom Gemeinderat am 02.07.1998 beschlossene Satzung Bezug genommen wird - hier vor. Denn nach § 37 Abs. 2 der Friedhofssatzungen vom 18.01.2007 und 08.12.2005 sollten die bisher gültigen Satzungen jeweils zugleich außer Kraft treten. § 37 der Friedhofssatzungen bringt somit zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die gesamte Friedhofssatzung durch den Gemeinderat neu in Geltung gesetzt und an die Stelle der alten Friedhofssatzung treten sollte.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18.01.2007 überschreitet die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.Vm. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis. Sie ist mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und daher für unwirksam zu erklären, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.
24 
1. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS verbietet sonstigen Gewerbetreibenden die gewerbliche Betätigung jedweder Art auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, solange ihre Tätigkeit nicht durch das Garten- und Friedhofsamt gestattet worden ist. Die Gestattung ist von vornherein ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit mit dem Friedhofszweck unvereinbar ist. Im Übrigen hängt sie gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FS davon ab, ob der Gewerbetreibende die in fachlicher und persönlicher Hinsicht an ihn zu stellenden Anforderungen erfüllt. Darüber hinaus können nach § 7 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 FS sonstigen Gewerbetreibenden bestimmte Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Grabmalaufstellers sowie des Gärtners gehören, überhaupt nicht gestattet werden. Dazu zählen im Fall des Gärtners insbesondere auch Dekorationstätigkeiten jeder Art, wobei neben der ausdrücklich erwähnten Dekoration von Aufbahrungsräumen, Feierhallen und geöffneten Grabstätten etwa auch die Dekoration von Särgen in Betracht kommt.
25 
2. Diese Beschränkung der Tätigkeit auch der Antragstellerin ist am Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen.
26 
Wie der Senat in seinem Urteil vom 24.06.2002 (- 1 S 2725/00 -, NVwZ-RR 2003, 142 <144>) ausgeführt hat, erfasst der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährte Schutz der Berufsfreiheit auch die gewerbliche Betätigung innerhalb einer öffentlichen Einrichtung, die mit Anstaltscharakter betrieben wird. Die in früheren Urteilen (s. z.B. Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723) im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1979 - 7 B 8.79 -, Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 7) vertretene gegenteilige Auffassung, auf die sich die Antragsgegnerin anfänglich berufen hat, hat der Senat in der genannten Entscheidung ausdrücklich aufgegeben. Denn mit Blick auf die Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) kann auch die von einer Gemeinde als Friedhofsträger für sich in Anspruch genommene Anstaltsgewalt keinen „grundrechtsfreien Raum“ begründen. Da Art. 12 Abs. 1 GG auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, stellt jede Regelung, die bewirkt, dass eine beruflichen Tätigkeit nicht in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann, einen Eingriff in dieses Grundrecht dar.
27 
3. Dieser Eingriff durch § 7 Abs. 3 FS ist durch den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Berufsausübung durch oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden kann, nur teilweise gedeckt.
28 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG regelt § 7 Abs. 3 Satz 1 FS die Berufsausübung. Die Vornahme bestimmter Tätigkeiten ausschließlich auf dem Friedhof stellt - bei Orientierung an den typischen Berufsbildern - keinen eigenständigen Beruf dar, sondern ist Teil der von dem jeweiligen Gewerbetreibenden ausgeübten Tätigkeit, so dass § 7 Abs. 3 FS nur die Bedingungen und Modalitäten bestimmt, unter denen sich die berufliche Tätigkeit vollzieht. Eine Berufsausübungsregelung ist zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt ist (siehe hierzu nur Wieland in: Dreier , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 117 ff. m.N.).
29 
b) Soweit § 7 Abs. 3 FS eine Gestattung nur für den Fall vorsieht, dass die erstrebten Tätigkeiten mit dem Friedhofszweck vereinbar sind, und sie davon abhängig macht, dass der Gewerbetreibende die an ihn in fachlicher und persönlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen erfüllt, ist der hierin liegende Eingriff in die Berufsfreiheit zur Sicherung des Friedhofszwecks (vgl. 15 Abs. 1 BestattG) geeignet, erforderlich und angemessen. Er beruht daher auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Dies bedarf keiner näheren Darlegung, zumal die Rechtmäßigkeit von § 7 Abs. 3 FS von der Antragstellerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogen wird.
30 
c) Demgegenüber vermag der Senat einen vernünftigen Grund für die Regelung nicht zu erkennen, einen Gewerbetreibenden, der zwar mangels abgeschlossener Gärtnerausbildung nicht nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 FS als Friedhofsgärtner zugelassen werden, seine Fachkunde im Hinblick auf die Vornahme von Dekorationsarbeiten jedoch auf andere Weise nachweisen kann, von vornherein von Dekorationstätigkeiten auszuschließen und diese Gärtnern vorzubehalten. Eine derartige Beschränkung ist nicht notwendig, um Tote geordnet und würdig zu bestatten, beizusetzen und zu ehren oder die Ordnung auf dem Friedhof aufrecht zu erhalten. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe überzeugen nicht. Es leuchtet nicht ein, dass nur durch eine klare Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Friedhofsgärtnern und Bestattern ein geordneter und reibungsloser Ablauf der Bestattungen möglich sein soll. Soweit bei der jeweiligen Bestattung der Auftrag - wie zu erwarten - in eindeutiger Weise an in der Regel nur einen Unternehmer erteilt wird, sind Unzuträglichkeiten nicht zu besorgen. Für solche Störungen ist insbesondere dann auch nichts ersichtlich, wenn der Bestatter seine Leistungen für den Auftraggeber durch Dekorationstätigkeiten auf dem Friedhof abrundet.
31 
Um zu gewährleisten, dass für Bestattungen nur dem Anlass angemessene Blumendekorationen verwendet werden, ist die Beschränkung von Dekorationstätigkeiten auf Gärtner ebenfalls nicht notwendig. Dieses Ziel kann vielmehr bereits dann erreicht werden, wenn eine Person tätig wird, bei der von einer entsprechenden Sachkunde auszugehen ist. Der hierfür erforderliche Nachweis kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht nur durch eine abgeschlossene Gärtnerausbildung oder die Ablegung der Meisterprüfung als Gärtner erbracht werden. So liegt auf der Hand, dass etwa ein Floristmeister, der nach dem Urteil des Senats vom 19.10.1987 - 1 S 3274/86 - zwar nicht als Friedhofsgärtner zuzulassen ist, gleichwohl die für die Dekorationstätigkeiten erforderliche Sachkunde - jedenfalls bezogen auf Aufbahrungsräume und Feierhallen - besitzt; denn das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt gerade in der Gestaltung des Blumenschmucks. Bei gewerblichen Bestattern spricht ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften alles dafür, dass durch die erfolgreiche Abschlussprüfung auch insoweit die erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen sind. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ bzw. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) der fachpraktische Teil der Prüfung jeweils eine Dekoration in der Trauerhalle oder am Grab, und der fachtheoretische Teil erstreckt sich auch auf die Trauerfloristik. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft (Verordnung über die Entwicklung und Erprobung des Ausbildungsberufs Bestattungsfachkraft vom 03.07.2003, BGBl. I S. 1264, 1269) wird unter Nr. 12 „Durchführung von Trauerfeiern und Bestattungen“ bei den grabtechnischen Arbeiten ausdrücklich folgendes angeführt: „Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“. Unter der Rubrik „Vorbereiten, Organisieren und Durchführen von Bestattungen“ wird die Trauerfloristik und die Dekoration zwar nicht ausdrücklich benannt; ausweislich des von der Antragstellerin auszugsweise vorgelegten Berichts des Bundesinstituts für Berufbildung - BIBB - über die Evaluation „Ausbildungsberuf Bestattungsfachkraft“ stellen indessen sowohl die Dekoration der Trauerhalle als auch die Trauerfloristik wichtige Ausbildungsinhalte dar. Zusätzliche Hinweise auf ihre Fachkunde können gegebenenfalls Personen aufweisen, die - wie der Sohn des Inhabers der Antragstellerin - an einem anerkannten Seminar für Trauerfloristik teilgenommen haben.
32 
Auch der Hinweis der Antragsgegnerin, dass für Dekorationen am offenen Grab die Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbauberufsgenossenschaft einzuhalten seien, was eine entsprechend qualifizierte und zielgerichtete Ausbildung voraussetze, rechtfertigt es nicht, andere Personen als Gärtner von vornherein auszuschließen. Wird für Dekorationen am offenen Grab - sofern für derartige Dekorationen in der Praxis überhaupt ein Bedarf besteht - eine Gestattung begehrt, gehört zur fachlichen Eignung auch die entsprechende Sachkenntnis. Diese kann wiederum ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften für gewerbliche Bestatter vorausgesetzt werden. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 sowohl der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ wie auch zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) das „Einbringen einer Schalung im Grab, Herrichten des Grabes zur Beerdigung, Überbauung eines Nachbargrabes“. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft wird unter Nr. 12 bei den grabtechnischen Arbeiten folgendes angeführt: „Grabstellen einrichten, öffnen und schließen; Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
35 
Beschluss
36 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
17 
Der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Änderung des Streitgegenstands durch Einbeziehung der in der einschlägigen Bestimmung unveränderten Neufassung der Satzung ist sachdienlich und daher entsprechend § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig, da der Streitstoff in der Sache derselbe bleibt und die Entscheidung über den neuen Antrag die endgültige Beilegung des Streits fördert.
18 
1. Die Antragstellerin ist gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie kann geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
19 
Die von der Antragstellerin zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Vorschrift des § 7 Abs. 3 FS regelt deren gewerbliche Betätigung auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, da sie zu den sonstigen Gewerbetreibenden i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS gehört; gemeinsam mit § 7 Abs. 1 Satz 4 FS steht § 7 Abs. 3 FS der von der Antragstellerin erstrebten Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes entgegen.
20 
Im Unterschied dazu ist der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 1 und Abs. 2 FS auf die Zulassung von Gewerbetreibenden als Friedhofsgärtner und als Grabmalaufsteller beschränkt; eine derartige Zulassung wird von der Antragstellerin jedoch nicht erstrebt, so dass sie durch diese Vorschriften nicht betroffen ist. Zwar spricht § 7 Abs. 1 umfassend von Gewerbetreibenden. Als zulassungsfähige Gewerbetreibende werden in Satz 3 und 4 indessen ausdrücklich nur Grabmalaufsteller und Gärtner erwähnt. Dies knüpft an die historisch gewachsene Situation an und ist Ausdruck eines Verständnisses, wonach auf Friedhöfen gewerbliche Tätigkeiten nur von Grabmalaufstellern und Friedhofsgärtnern verrichtet werden. § 7 Abs. 2 Satz 2 FS spricht ebenfalls dafür, den Begriff „Gewerbetreibende“ i.S.v. Abs. 1 auf Grabmalhersteller und Friedhofsgärtner zu beschränken. Bei den dort genannten beruflichen Qualifizierungen (Eintragung in die Handwerksrolle, Ablegung der Meisterprüfung) handelt es sich nämlich - jedenfalls herkömmlich - gerade um die typischen beruflichen Qualifikationen dieser Berufsgruppen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723 <724>). Die Trennung in zwei Gruppen von Gewerbetreibenden - einen beschränkten Kreis, der nach Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 zugelassen wird, und sonstige Gewerbetreibende, deren Tätigkeit nach Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 gestattet wird - findet sich in Mustersatzungen, an die sich die streitige Bestimmung des § 7 Abs. 3 FS offenbar anlehnt. § 4 Abs. 1 der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (abgedruckt in BWGZ 1983, 558) sieht vor, dass Bildhauer, Steinmetze, Gärtner und sonstige Gewerbetreibende für ihre Tätigkeit auf dem Friedhof der vorherigen Zulassung bedürfen. Hier findet sich die in § 7 Abs. 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin angelegte Unterscheidung zwischen Bildhauern, Steinmetzen - sie lassen sich unter dem Begriff Grabmalhersteller zusammenfassen - und Gärtnern einerseits, und den sonstigen Gewerbetreibenden andererseits. Eine ähnliche Differenzierung findet sich in § 7 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (abgedruckt bei Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl. 2004, S. 674). Dort heißt es in Absatz 1: „Steinmetze, Bildhauer, Gärtner und Bestatter bedürfen für die dem jeweiligen Berufsbild entsprechende gewerbliche Tätigkeit auf den Friedhöfen der vorherigen Zulassung durch die Friedhofsverwaltung.“ Absatz 3 stimmt sodann wörtlich mit § 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin überein. Auch hier wird also unterschieden zwischen Grabmalaufstellern und Gärtnern (ergänzt durch Bestatter) einerseits und sonstigen Gewerbetreibenden andererseits.
21 
2. Die Normenkontrolle wahrt die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; danach kann der Normenkontrollantrag nur innerhalb von zwei Jahren, nach der Neufassung durch das Gesetz vom 21.12.2006 (BGBl. I S, 3316) innerhalb eines Jahres, nach Bekanntmachung der angegriffenen Rechtsvorschrift gestellt werden.
22 
Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung vom 18.01.2007 ebenso wie die Vorschrift in der Satzung vom 08.12.2005 wörtlich mit § 7 Abs. 3 Satz 1 der bis zum 15.12.2005 gültigen Friedhofssatzung vom 02.07.1998 übereinstimmt. Zwar ist anerkannt, dass grundsätzlich weder die Änderung einzelner Bestimmungen noch die durch die Änderung einzelner Bestimmungen veranlasste Bekanntmachung der Neufassung einer Satzung die Antragsfrist hinsichtlich einer inhaltlich unverändert gebliebenen Vorschrift erneut in Gang setzt (vgl. Urteil des Senats vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, DVBl. 2002, 416). Etwas anderes gilt jedoch, wenn in der Neuregelung bestimmt ist, dass die Gesamtregelung anstelle der alten Regelung in Kraft tritt. In einem solchen Fall läuft die Antragsfrist insgesamt von neuem, und zwar auch hinsichtlich solcher in der Neuregelung enthaltener Vorschriften, die wortgleich in der außer Kraft getretenen Regelung enthalten waren. Ein solcher Fall liegt - ungeachtet der den Satzungen jeweils vorangestellten Präambeln, in denen auf die vom Gemeinderat am 02.07.1998 beschlossene Satzung Bezug genommen wird - hier vor. Denn nach § 37 Abs. 2 der Friedhofssatzungen vom 18.01.2007 und 08.12.2005 sollten die bisher gültigen Satzungen jeweils zugleich außer Kraft treten. § 37 der Friedhofssatzungen bringt somit zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die gesamte Friedhofssatzung durch den Gemeinderat neu in Geltung gesetzt und an die Stelle der alten Friedhofssatzung treten sollte.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18.01.2007 überschreitet die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.Vm. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis. Sie ist mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und daher für unwirksam zu erklären, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.
24 
1. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS verbietet sonstigen Gewerbetreibenden die gewerbliche Betätigung jedweder Art auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, solange ihre Tätigkeit nicht durch das Garten- und Friedhofsamt gestattet worden ist. Die Gestattung ist von vornherein ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit mit dem Friedhofszweck unvereinbar ist. Im Übrigen hängt sie gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FS davon ab, ob der Gewerbetreibende die in fachlicher und persönlicher Hinsicht an ihn zu stellenden Anforderungen erfüllt. Darüber hinaus können nach § 7 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 FS sonstigen Gewerbetreibenden bestimmte Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Grabmalaufstellers sowie des Gärtners gehören, überhaupt nicht gestattet werden. Dazu zählen im Fall des Gärtners insbesondere auch Dekorationstätigkeiten jeder Art, wobei neben der ausdrücklich erwähnten Dekoration von Aufbahrungsräumen, Feierhallen und geöffneten Grabstätten etwa auch die Dekoration von Särgen in Betracht kommt.
25 
2. Diese Beschränkung der Tätigkeit auch der Antragstellerin ist am Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen.
26 
Wie der Senat in seinem Urteil vom 24.06.2002 (- 1 S 2725/00 -, NVwZ-RR 2003, 142 <144>) ausgeführt hat, erfasst der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährte Schutz der Berufsfreiheit auch die gewerbliche Betätigung innerhalb einer öffentlichen Einrichtung, die mit Anstaltscharakter betrieben wird. Die in früheren Urteilen (s. z.B. Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723) im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1979 - 7 B 8.79 -, Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 7) vertretene gegenteilige Auffassung, auf die sich die Antragsgegnerin anfänglich berufen hat, hat der Senat in der genannten Entscheidung ausdrücklich aufgegeben. Denn mit Blick auf die Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) kann auch die von einer Gemeinde als Friedhofsträger für sich in Anspruch genommene Anstaltsgewalt keinen „grundrechtsfreien Raum“ begründen. Da Art. 12 Abs. 1 GG auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, stellt jede Regelung, die bewirkt, dass eine beruflichen Tätigkeit nicht in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann, einen Eingriff in dieses Grundrecht dar.
27 
3. Dieser Eingriff durch § 7 Abs. 3 FS ist durch den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Berufsausübung durch oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden kann, nur teilweise gedeckt.
28 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG regelt § 7 Abs. 3 Satz 1 FS die Berufsausübung. Die Vornahme bestimmter Tätigkeiten ausschließlich auf dem Friedhof stellt - bei Orientierung an den typischen Berufsbildern - keinen eigenständigen Beruf dar, sondern ist Teil der von dem jeweiligen Gewerbetreibenden ausgeübten Tätigkeit, so dass § 7 Abs. 3 FS nur die Bedingungen und Modalitäten bestimmt, unter denen sich die berufliche Tätigkeit vollzieht. Eine Berufsausübungsregelung ist zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt ist (siehe hierzu nur Wieland in: Dreier , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 117 ff. m.N.).
29 
b) Soweit § 7 Abs. 3 FS eine Gestattung nur für den Fall vorsieht, dass die erstrebten Tätigkeiten mit dem Friedhofszweck vereinbar sind, und sie davon abhängig macht, dass der Gewerbetreibende die an ihn in fachlicher und persönlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen erfüllt, ist der hierin liegende Eingriff in die Berufsfreiheit zur Sicherung des Friedhofszwecks (vgl. 15 Abs. 1 BestattG) geeignet, erforderlich und angemessen. Er beruht daher auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Dies bedarf keiner näheren Darlegung, zumal die Rechtmäßigkeit von § 7 Abs. 3 FS von der Antragstellerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogen wird.
30 
c) Demgegenüber vermag der Senat einen vernünftigen Grund für die Regelung nicht zu erkennen, einen Gewerbetreibenden, der zwar mangels abgeschlossener Gärtnerausbildung nicht nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 FS als Friedhofsgärtner zugelassen werden, seine Fachkunde im Hinblick auf die Vornahme von Dekorationsarbeiten jedoch auf andere Weise nachweisen kann, von vornherein von Dekorationstätigkeiten auszuschließen und diese Gärtnern vorzubehalten. Eine derartige Beschränkung ist nicht notwendig, um Tote geordnet und würdig zu bestatten, beizusetzen und zu ehren oder die Ordnung auf dem Friedhof aufrecht zu erhalten. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe überzeugen nicht. Es leuchtet nicht ein, dass nur durch eine klare Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Friedhofsgärtnern und Bestattern ein geordneter und reibungsloser Ablauf der Bestattungen möglich sein soll. Soweit bei der jeweiligen Bestattung der Auftrag - wie zu erwarten - in eindeutiger Weise an in der Regel nur einen Unternehmer erteilt wird, sind Unzuträglichkeiten nicht zu besorgen. Für solche Störungen ist insbesondere dann auch nichts ersichtlich, wenn der Bestatter seine Leistungen für den Auftraggeber durch Dekorationstätigkeiten auf dem Friedhof abrundet.
31 
Um zu gewährleisten, dass für Bestattungen nur dem Anlass angemessene Blumendekorationen verwendet werden, ist die Beschränkung von Dekorationstätigkeiten auf Gärtner ebenfalls nicht notwendig. Dieses Ziel kann vielmehr bereits dann erreicht werden, wenn eine Person tätig wird, bei der von einer entsprechenden Sachkunde auszugehen ist. Der hierfür erforderliche Nachweis kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht nur durch eine abgeschlossene Gärtnerausbildung oder die Ablegung der Meisterprüfung als Gärtner erbracht werden. So liegt auf der Hand, dass etwa ein Floristmeister, der nach dem Urteil des Senats vom 19.10.1987 - 1 S 3274/86 - zwar nicht als Friedhofsgärtner zuzulassen ist, gleichwohl die für die Dekorationstätigkeiten erforderliche Sachkunde - jedenfalls bezogen auf Aufbahrungsräume und Feierhallen - besitzt; denn das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt gerade in der Gestaltung des Blumenschmucks. Bei gewerblichen Bestattern spricht ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften alles dafür, dass durch die erfolgreiche Abschlussprüfung auch insoweit die erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen sind. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ bzw. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) der fachpraktische Teil der Prüfung jeweils eine Dekoration in der Trauerhalle oder am Grab, und der fachtheoretische Teil erstreckt sich auch auf die Trauerfloristik. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft (Verordnung über die Entwicklung und Erprobung des Ausbildungsberufs Bestattungsfachkraft vom 03.07.2003, BGBl. I S. 1264, 1269) wird unter Nr. 12 „Durchführung von Trauerfeiern und Bestattungen“ bei den grabtechnischen Arbeiten ausdrücklich folgendes angeführt: „Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“. Unter der Rubrik „Vorbereiten, Organisieren und Durchführen von Bestattungen“ wird die Trauerfloristik und die Dekoration zwar nicht ausdrücklich benannt; ausweislich des von der Antragstellerin auszugsweise vorgelegten Berichts des Bundesinstituts für Berufbildung - BIBB - über die Evaluation „Ausbildungsberuf Bestattungsfachkraft“ stellen indessen sowohl die Dekoration der Trauerhalle als auch die Trauerfloristik wichtige Ausbildungsinhalte dar. Zusätzliche Hinweise auf ihre Fachkunde können gegebenenfalls Personen aufweisen, die - wie der Sohn des Inhabers der Antragstellerin - an einem anerkannten Seminar für Trauerfloristik teilgenommen haben.
32 
Auch der Hinweis der Antragsgegnerin, dass für Dekorationen am offenen Grab die Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbauberufsgenossenschaft einzuhalten seien, was eine entsprechend qualifizierte und zielgerichtete Ausbildung voraussetze, rechtfertigt es nicht, andere Personen als Gärtner von vornherein auszuschließen. Wird für Dekorationen am offenen Grab - sofern für derartige Dekorationen in der Praxis überhaupt ein Bedarf besteht - eine Gestattung begehrt, gehört zur fachlichen Eignung auch die entsprechende Sachkenntnis. Diese kann wiederum ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften für gewerbliche Bestatter vorausgesetzt werden. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 sowohl der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ wie auch zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) das „Einbringen einer Schalung im Grab, Herrichten des Grabes zur Beerdigung, Überbauung eines Nachbargrabes“. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft wird unter Nr. 12 bei den grabtechnischen Arbeiten folgendes angeführt: „Grabstellen einrichten, öffnen und schließen; Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
35 
Beschluss
36 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
10 
(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
11 
Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
12 
Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
13 
Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
14 
Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
15 
Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
16 
Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
17 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
23 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
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- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
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Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
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In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
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Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
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Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
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Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
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Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
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Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
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Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
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Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
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Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
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Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
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Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
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Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
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Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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Beschluss vom 28. Juli 2009
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Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
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Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
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1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
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Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
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2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
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2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
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2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
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Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
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Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
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2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
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Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
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Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
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- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
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Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
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In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
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Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
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Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
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Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
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Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
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Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
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Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
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Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
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Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
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Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
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Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
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Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
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Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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Beschluss vom 28. Juli 2009
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Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20. November 2007 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten der Antragsgegnerin i.d.F. vom 20.11.2007 (im Folgenden: POV).
Die Antragsgegnerin änderte ihre Polizeiverordnung vom 20.06.1989 durch eine Verordnung mit Zustimmung des Gemeinderats vom 20.11.2007. Sie fügte u.a die hier angegriffene, der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg entlehnte Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV an. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 12
Aufenthalt auf öffentlichen Straßen,
in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen
(1) Auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen ist untersagt:
1. ...
2. ...
3. ...
4. ...
5. das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Die Änderungsverordnung wurde am 22.12.2007 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 23.12.2007 in Kraft.
Nach der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 (DRS G-07/186) soll die Regelung jenen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenwirken, die von alkoholisierten Gruppen ausgehen, welche sich regelmäßig im öffentlichen Straßenraum, in öffentlichen Anlagen und Einrichtungen der Stadt niederlassen und dort längerfristig und unter Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs Dritter verweilen.
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Der 1982 geborene Antragsteller, Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, wohnt und arbeitet in Freiburg.
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Er hat am 11.08.2008 das Normkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
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Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er - wie schon bisher - auch in Zukunft auf öffentlichen Plätzen wie dem beliebten Augustinerplatz, in Parkanlagen wie dem Stühlinger Kirchplatz, der Sternwaldwiese oder entlang der Dreisam dauerhaft verweilen möchte, um dabei allein oder in der Gruppe Alkohol zu konsumieren. Es liege zwar nicht in seiner Intention, dadurch Dritte erheblich zu belästigen. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass sein Verhalten während des Alkoholkonsums in den Augen eines Polizeibeamten dazu „geeignet“ erscheinen könne, eine solche Belästigung darzustellen. Wegen der weit gefassten und unbestimmten Formulierung des Verbotstatbestandes könne er sich nicht sicher sein, ob nicht sein Verhalten als unter die Norm fallend beurteilt werde. Er sei im Oktober 2008 schon einmal Adressat einer auf die angegriffene Norm gestützten Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin gewesen. Die angegriffene Regelung sei materiell rechtswidrig. Dem Bestimmtheitsgebot sei in mehrfacher Hinsicht nicht Rechnung getragen. Die Vorschrift sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Die Vorschrift knüpfe schon nicht an ein polizeiliches Schutzgut an; jedenfalls liege keine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vor.
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Der Antragsteller beantragt,
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§ 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten i.d.F. vom 20. November 2007 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie trägt vor: Dem Antragsteller fehle es bereits an der Antragsbefugnis. Abgesehen von seiner erklärten Absicht, an bestimmten Plätzen des Stadtgebiets Alkohol konsumieren zu wollen, zeige der Antragsteller keinerlei realistische Sachverhalte auf, die ihn mit der angegriffenen Norm in Konflikt bringen könnten. Von der Verbotsnorm würden „Gruppentrinker“ erfasst, zu denen der Antragsteller offensichtlich nicht zu rechnen sei. Er nehme lediglich die Rolle als institutioneller Prozessführer ein. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag aber unbegründet. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Die angegriffene Regelung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es bestehe eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die exzessiven Trinkgelage bestimmter Randgruppen führten regelmäßig zu lautstarken Auseinandersetzungen unter den Beteiligten und im weiteren zu Verunsicherung, Verängstigung oder zur (körperlichen) Bedrängung unbeteiligter Passanten, die deshalb die Nähe solcher Gruppen mieden. Die angegriffene Norm verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
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1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
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Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
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Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
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Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
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Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
21 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall.Der Antragsteller kann, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, durch die Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein bzw. in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der 1982 geborene Antragsteller wohnt und arbeitet in Freiburg. Er möchte - wie schon bisher - auch in Zukunft auf beliebten öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet, wie dem Augustinerplatz, oder entlang der Dreisam in der Gruppe dauerhaft verweilen, um dabei Bier zu trinken. Dies ist nach seinen Angaben nicht immer, aber gerade im Sommer mitunter auch der überwiegende Zweck seines Verweilens. Er gehört damit zum Kreis der potentiell Betroffenen. Auch wenn der Antragsteller es dabei nicht darauf anlegt, Dritte erheblich zu belästigen, läuft er gleichwohl bei zunächst unauffälligem Konsum von Alkohol Gefahr, dass die Auswirkungen seines Alkoholgenusses als geeignet eingestuft werden, derartige Belästigungen hervorzurufen. Hinzu kommt, dass ihm nach seinem unwidersprochenen Vortrag am 11.10.2008 im Zusammenhang mit einer sog. Botellón-Veranstaltung eine Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 ausgehändigt wurde, in der als Rechtsgrundlage u.a. die hier angegriffene Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Fassung vom 20.11.2007 - POV - aufgeführt ist. Er ist damit bereits einmal Adressat eines auf § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV gestützten Verwaltungsakts geworden, dessen Nichtbefolgung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 26 POV als Ordnungswidrigkeit hätte geahndet werden können.
22 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
23 
2.1 Formelle Bedenken gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV bestehen allerdings nicht. Die Änderungsverordnung, durch die die angegriffene Regelung in die Polizeiverordnung vom 20.06.1989 eingefügt worden ist, ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
24 
2.2 Die angegriffene Bestimmung ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot hinreichender Bestimmtheit.
25 
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
26 
Diesem Maßstab wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV nicht gerecht. Die darin normierten Tatbestandsmerkmale (das Lagern oder dauerhafte Verweilen außerhalb von Freischankflächen oder Einrichtungen wie Grillstellen u.ä., ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses, wenn dessen Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen) ermöglichen keine hinreichend eindeutige Abgrenzung zwischen verbotenem und noch zulässigem Verhalten.
27 
Was mit „Lagern oder dauerhaftem Verweilen“ gemeint ist, ist allerdings der Auslegung zugänglich. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene liegt, sitzt oder steht, während er Alkohol konsumiert. Auch das unbestimmte Merkmal „dauerhaft“ lässt sich dahingehend konkretisieren, dass ein kurzzeitiges Verweilen, um etwa den Durst mit einer Flasche Bier zu stillen, hiervon nicht erfasst sein soll. Das Verweilen muss schon so lange andauern, dass sich die Auswirkungen des Alkoholgenusses überhaupt zeigen können. Soweit „Einrichtungen wie Grillstellen u.ä.“ ebenso wie Freischankflächen von dem Verbot nicht erfasst sind, ist auch diese unbestimmte Formulierung auslegungsfähig. Denn der Begriff der Einrichtungen weist darauf hin, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln muss, die - wie eine Grillstelle - dem Essen und Trinken gewidmet ist. Dies gilt etwa für Picknickareale. Andere Einrichtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Essen und Trinken dienen, werden von dem Verbot folglich nicht ausgenommen. Auch soweit die Verbotsnorm auf den Zweck des Verbleibens am Ort (ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses) Bezug nimmt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm. Denn dem Betroffenen ist in aller Regel bewusst, welches der (Haupt) Zweck seines dauerhaften Verweilens ist, und auch für die Vollzugsbeamten ist insoweit aufgrund äußerer Umstände, insbesondere aufgrund Art und Menge des mitgeführten Alkohols, erkennbar, ob das Verweilen ausschließlich oder überwiegend zum Alkoholgenuss erfolgt. Jedenfalls kann man sich der Zweckrichtung auch hier mit den anerkannten Auslegungsmethoden nähern.
28 
Unbestimmt ist die Norm hingegen, wenn sie den Alkoholkonsum zu beschreiben versucht, der die Verbotsfolge (schon das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses) auslösen soll. „Dessen Auswirkungen“ müssen danach „geeignet“ sein, „Dritte erheblich zu belästigen“. Der Verordnungsgeber gibt damit zu Recht im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Normenkontrollbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 146 ff.) zu erkennen, dass allein durch das Lagern zum Zwecke des Alkoholgenusses noch kein polizeiwidriger Zustand herbei geführt wird, sondern erst durch die alkoholbedingten, mit Belästigungen Dritter verbundenen Ausfall- und Folgeerscheinungen, wie aggressives Verhalten, Verunreinigungen, ruhestörender Lärm u.ä.. Um schon im frühen Stadium - also bevor es zu Belästigungen kommt - einschreiten zu können, versucht er nun, die Fälle mit einer weit gefassten Formulierung zu erfassen, in denen es seinen Erwartungen nach zu solchen Ausschreitungen kommen wird. Die für eine inhaltlich bestimmte Normanwendung notwendigen näheren Umstände, unter denen diese Befürchtungen gerechtfertigt sind, beschreibt der Normgeber hingegen nicht; möglicherweise entziehen diese sich einer Festlegung in einem abstrakten Obersatz. Das Verbot des Verweilens zum Zwecke des Alkoholgenusses wird der Sache nach unter den Vorbehalt einer weiteren Sachverhaltsfeststellung gestellt, d.h. dass in jedem Einzelfall noch eine Überprüfung stattfinden muss, ob tatsächlich eine Gefahr gegeben ist (vgl. auch Hecker, Die Regelung des Aufenthalts von Personen im innerstädtischen Raum, 1998, S. 35). Vom Normadressaten sind daher die Grenzen nicht auszumachen, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen das Verweilen zum Alkoholgenuss geeignet ist, sich belästigend auf Dritte auszuwirken und Sanktionen nach sich zu ziehen. In welchen Grenzen dürfen junge Leute sich etwa auf dem beliebten Augustinerplatz niederlassen, um gemeinsam Alkohol zu trinken? Inwieweit werden feucht-fröhliche Abiturfeiern oder Junggesellenabschiedsfeiern auf öffentlichen Plätzen toleriert, wenn das Feiern im wesentlichen aus Alkoholtrinken besteht? Der Wortlaut der angegriffenen Norm gibt keine eindeutige Antwort auf diese Fragen, insbesondere auch nicht darauf, welche - bevorstehenden - Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht mehr hingenommen werden.
29 
Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Bestimmung lassen eine klare Grenzziehung zwischen Verbotenem und Erlaubtem nicht zu. Die übrigen Verbotstatbestände des § 12 POV (Nr. 1: grob ungehöriges Belästigen oder Behindern von Personen, insbesondere in angetrunkenem Zustand; Nr. 3: das Verrichten der Notdurft; Nr. 4: das Verunreinigen) tragen zur Konkretisierung der Regelung nichts bei. Ein Vergleich mit der Verbotsnorm unter Nr. 1 macht lediglich zweierlei deutlich: Zum einen werden im Unterschied zu Nr. 1 nicht nur grob ungehörige Belästigungen erfasst, sondern bereits erhebliche Belästigungen unterhalb der unter Nr. 1 genannten Schwelle. Zum anderen soll die Verbotsnorm durch das Abstellen auf die Geeignetheit des Alkoholgenusses, Belästigungen hervorzurufen, im Sinne eines vorsorgenden Vorgehens schon dann greifen, wenn die Gefahrengrenze noch nicht überschritten ist, also lediglich die Belästigungen durch die zum Alkoholgenuss Verweilenden möglich erscheinen. Ob es zu diesen Verhaltensweisen wirklich kommen wird, steht zum Zeitpunkt des Lagerns und dauerhaften Verweilens zum Alkoholkonsum indes noch nicht fest. Vielmehr ist in der Feststellung der Geeignetheit ein Prognoseelement enthalten, das einer Einzelfall bezogenen Einschätzung bedarf und weder einen verlässlichen Vollzug noch die Erkennbarkeit der Reichweite der Norm gewährleistet.
30 
Schließlich stellt der Zweck der Regelung für den Betroffenen die Erkennbarkeit der Rechtslage ebenfalls nicht sicher. Wie in der Beschlussvorlage vom 07.11.2007 zur Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kommt, wollte die Antragsgegnerin mit dieser an die Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, BWGZ 1999, 778) angelehnten Bestimmung eine rechtliche Handhabe schaffen, um im Vorfeld den von der sog. Trinkerszene ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken. Wie dies rechtlich zu bewerten ist, insbesondere ob hierdurch eine vermeintlich allgemeine, aber verdeckt konkrete und allein schon deshalb unzulässige Sonderregelung zum Einschreiten gegen soziale Randgruppen geschaffen wurde (vgl. hierzu Hecker, a.a.O., S. 33), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn soweit die Antragsgegnerin allein die Belästigungen durch das „Gruppentrinken“ sozialer Randgruppen von der Verbotsnorm erfasst sehen will, kommt dies in der Regelung nicht zum Ausdruck. Sie richtet sich von ihrem Wortlaut her sowohl an Einzel- wie an Gruppentrinker. Daher bleibt für den Normunterworfenen offen, wie derjenige, der zum Zwecke des Alkoholgenusses auf öffentlichen Straßen, in öffentlichen Anlagen und öffentlichen Einrichtungen verweilt, sich verhalten muss, um dem Eindruck entgegen zu wirken, sein Alkoholkonsum werde Dritte erheblich belästigen. Auch darf es nicht dem Rechtsanwender überlassen bleiben festzustellen, ob der Alkoholkonsum regelmäßig zu einer erheblichen Belästigung Dritter führt (vgl. auch Finger, Die offenen Szenen der Städte, 2006, S. 98). Damit ist die Regelung ungeeignet, dem Betroffenen eine Leitlinie für sein Verhalten an die Hand zu geben.
31 
Der Senat verkennt nicht die Formulierungsschwierigkeiten der Polizeibehörden, die sich auf diese Weise ergeben. Diese sind jedoch nicht auf zu hohe Bestimmtheitsanforderungen zurückzuführen, sondern beruhen vielmehr auf dem Versuch der Kommunen, - einem praktischen Bedürfnis entsprechend - einen konkreten Tatbestand, der eine Entscheidung im Einzelfall erfordert, in eine generell-abstrakte Form zu gießen (vgl. auch Hecker, a.a.O., S. 31 f. <35>; Finger, Bettel- und Alkoholverbote im Spiegel der Rechtsprechung, KommJur 2006, 441 f. <445>; Deger, Handlungsformen der Polizei gegen störende Ansammlungen, VBlBW 2004, 96 f. <99>).
32 
Wird § 12 Abs. 1 Nr. 5 POV dem rechtsstaatlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit nicht gerecht, so war die Regelung bereits aus diesem Grunde für unwirksam zu erklären. Einer weiteren Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen bedurfte es daher nicht.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 28. Juli 2009
36 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Polizeiverordnung gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung) der Stadt ... vom 17.07.2012 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung der Antragsgegnerin vom 17.07.2012.
Er ist Eigentümer des Grundstücks in der ... in ... ... mit der Flurstücksnummer ... Es grenzt unmittelbar an den Kinderspielplatz Maisenbacher Straße und den Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße. Im Anschluss an das Flurstück ... befindet sich zunächst der Kinderspielplatz. Dahinter liegt, vom Kinderspielplatz durch einen etwa 50 cm hohen Erdwall getrennt, der Bolzplatz. Nach dem folgenden, von der Antragsgegnerin vorgelegten Vermessungsplan beträgt der Abstand des Bolzplatzes von der Grundstücksgrenze an der westlichen Grenze genau 50 m und an der nördlichen Grenze 57 m:
In der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 bestimmte die Antragsgegnerin unter anderem:
㤠4
Lärm von Sport- und Spielplätzen
(1) Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, dürfen in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden.
(2) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.“
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beriet - nach einer Vorberatung am 22.05.2012 - in öffentlicher Sitzung am 17.07.2012 eine Änderung dieser Polizeiverordnung. Grundlage war die Beratungsvorlage 24/2012-GR. In dieser ist ausgeführt, aufgrund von § 22 Abs. 1a BImSchG stellten Geräuscheinwirkungen durch Kinder bis unter 14 Jahren, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgingen, in der Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen dar. Spiel- und Bolzplätze, die auch für Jugendliche ab 14 Jahren zur Benutzung freigegeben seien, würden von der Privilegierung nicht umfasst. Die Beratungsvorlage schlug eine Änderung der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 dergestalt vor, dass im neuen § 4 auf ein Verzeichnis der öffentlichen Bolz- und Spielplätze Bezug genommen werde, das Bestandteil der Polizeiverordnung sei. Die Vorlage sah folgendes Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze vor:
In dem Protokoll über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 ist zur Beratung unter anderem ausgeführt:
„Stadtrat ... äußert, dass die einheitlichen Regelungen der Kinderspielplätze auch für die Bolzplätze übernommen werden sollten. Eine einheitliche Regelung im ganzen Stadtgebiet sei zu befürworten. Auch solle die Durchgängigkeit der Zeiten der Kinderspielplätze für die Bolzplätze eingeführt werden.
10 
Hauptamtsleiter ... entgegnet auf die Anregung von Stadtrat ... bezüglich der einheitlichen Regelungen, dass diese im Falle des Bolzplatzes ‚Am Hährenwald‘ (ehemalige Tennisplätze) nicht möglich sei. Hier liegt bezüglich der festgelegten Zeiten ein gerichtlicher Vergleich vor.
11 
Nach weiterer kurzer Aussprache werden auf Antrag von Stadtrat ... die Zeiten für die Bolzplätze einheitlich von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr festgelegt.
12 
Bei 1 Enthaltung wird mit 21 Ja-Stimmen folgende Polizeiverordnung beschlossen:
13 
Aufgrund von § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 18 Abs. 1 PolG (PolG) § 19 hat der Gemeinderat der Stadt... in öffentlicher Sitzung vom 17.07.2012 folgende
14 
POLIZEIVERORDNUNG
gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung)
15 
beschlossen:
16 
17 
§ 4
Lärm von Sport- und Spielstätten
18 
(1) Spielplätze sind die mit Spielgeräten ausgestatteten Kinderspielplätze, Bolzplätze und Ballspielfelder. Die Stadtverwaltung führt ein Verzeichnis der öffentlichen Bolz- und Spielplätze, das Bestandteil dieser Polizeiverordnung ist.
19 
(2) Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, sind während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben. Diese Beschränkungen gelten nicht für Kinderspielplätze, d. h. Spielplätze deren Benutzung nur für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zugelassen ist.
20 
(3) Bei Sportplätzen bleiben die Vorschriften nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung, unberührt.
21 
22 
§ 21
Inkrafttreten
23 
(1) Diese Polizeiverordnung tritt am Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
24 
(2) Gleichzeitig tritt die Polizeiverordnung vom 11. Dezember 2001 außer Kraft.
25 
Anlage 1: Verzeichnis der Kinderspiel- und Bolzplätze“
26 
In der Kopie der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012, die in dem von der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgang enthalten ist, ist der beschlossene Text der Anlage 1 zur Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung nicht aufgeführt. Nach dem von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Original der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat die Anlage 1 zur Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung folgenden Wortlaut:
27 
Die Anlage in dieser Form hat dem Gemeinderat nach der Erklärung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bei der Beschlussfassung am 17.07.2012 nicht vorgelegen, sondern ist im Anschluss an diese nachträglich gefertigt worden.
28 
Der Bürgermeister der Antragsgegnerin hat am 18.07.2012 die am 17.07.2012 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung unterschrieben. Die Antragsgegnerin hat diese mit Schriftsatz vom 05.09.2013 als Ausfertigung im Original vorgelegt. Als Anlage ist dort das Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze aufgeführt, wie es Gegenstand der Beratungsvorlage 24/2012-GR war. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 08.10.2013, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausfertigung und der ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Verordnung bestünden, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16.10.2013 vorgetragen, bei der mit Schriftsatz vom 05.09.2013 vorgelegten Verordnung sei versehentlich als Anlage 1 das Verzeichnis der Kinderspiel- und Bolzplätze der Beratungsvorlage 24/2012-GR angefügt worden. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin erklärt, die mit Schriftsatz vom 05.09.2013 vorgelegte Anlage B 2 sei die Ausfertigung der Verordnung im Original.
29 
Im Stadtboten der Antragsgegnerin, der ihr Amtsblatt ist, wurde in der Ausgabe vom 27.07.2012 die am 17.07.2012 beschlossene Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung bekannt gemacht. Die Bekanntmachung enthält einen nicht näher ausgeführten "Hinweis auf § 4 Abs. 4 GemO“. Das „Verzeichnis der Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze“ lautet in dieser Bekanntmachung wie folgt:
30 
Nach Fotos, die der Antragsteller vorgelegt hat, ist der Kinderspielplatz Maisenbacher Straße jedenfalls durch drei grüngrundige Schilder ausgewiesen. Eines enthält den Text: „Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren. Geöffnet von 8 - 20 Uhr", ein weiteres zusätzlich zu diesem Text darunter einen roten Streifen mit den Worten: „Geöffnet von 8.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr.“ Ein drittes Schild lautet: „Spielplatz für Kinder unter 14 Jahren. Mittagsruhe 13 - 15 Uhr. Abendruhe ab 20 Uhr.“ Der Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße ist ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Fotos jedenfalls durch ein grüngrundiges Schild mit dem Text: „Bolzplatz für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre" und darunter einem roten Streifen mit den Worten: „Geöffnet von 8.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr“ beschildert.
31 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Regelungen der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße und zum Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans liege das Flurstück ... in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Flächen des Kinderspiel- und Bolzplatzes seien nicht überplant. Der Kinderspiel- und Bolzplatz sei planungsrechtlich nicht genehmigt. Die Grenzwerte der TA Lärm von 55 dB (A) tagsüber würden durch den Bolzplatz überschritten. Er wende sich gegen die Regelung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Bolzplatz, weil die Benutzungsregelung für den Kinderspielplatz auf den Bolzplatz erstreckt worden sei, obwohl dieser von Jugendlichen genutzt werde und daher an der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG nicht teilnehme. Zudem wende er sich gegen die Regelung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung zum Kinderspielplatz. Es sei eine gleichheitswidrige Differenzierung der Öffnungszeiten und Altersbeschränkungen für die verschiedenen Kinderspielplätze getroffen worden. Die Spielplätze Stadtsee (Nr. 4 des Verzeichnisses) und Am Dorfzentrum (Nr. 18 des Verzeichnisses) seien für Kinder über zwölf Jahre gesperrt. Eine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung fehle. Für seinen Antrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Wenn bei einer Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung die Polizeiverordnung vom 11.12.2001 wieder auflebe, würden die dort vorgesehenen zeitlichen Beschränkungen gelten. Sei dies nicht der Fall, würden jedenfalls die Regelungen durch die aufgestellten Schilder, die Verwaltungsakte seien, wieder aufleben.
32 
Der Antragsteller beantragt:
33 
Die Polizeiverordnung der Stadt ... gegen umweltschädliches Verhalten, Belästigung der Allgemeinheit, zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen und über das Anbringen von Hausnummern (Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung) vom 17.07.2012, bekanntgemacht am 27.07.2012, in Kraft getreten am 01.08.2012, ist unwirksam.
34 
Die Antragsgegnerin beantragt,
35 
den Antrag abzulehnen.
36 
Der Antrag sei bereits unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Antragsteller könne durch den Antrag keinen Vorteil erzielen, da bei der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung grundsätzlich eine Benutzung der Anlagen rund um die Uhr erlaubt wäre. Eine Verbesserung seiner rechtlichen Situation ergebe sich auch nicht bei einem Wiederaufleben der Satzung vom 11.12.2001. Diese regele in § 4 Abs. 1, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt seien, zu bestimmten Zeiten nicht benutzt werden dürften. Der Bolzplatz falle hierunter jedoch nicht, da er nicht weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt liege. Für die Regelung zu den Kinderspielplätzen fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, da - wie der Antragsteller selbst einräume - diese im Hinblick auf § 22 Abs. 1 a BImSchG sachlich nicht angreifbar sei. Eine Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO könne im Übrigen nur hinsichtlich der Regelung in § 4 Abs. 2 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung in Verbindung mit Nr. 23 des Verzeichnisses der Öffnungszeiten Sport- und Spielplätze bestehen. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Bolzplatz sei mit Datum vom 30.06.1986 genehmigt worden. Im Vergleich zu Kinderspielplätzen liege bei dem streitigen Bolzplatz kein gleicher Sachverhalt vor. Die Öffnungszeiten bezüglich der Bolzplätze seien einheitlich von 8:00 bis 22:00 Uhr geregelt, mit Ausnahme des Bolzplatzes in Monakam. Dafür bestehe ein sachlich gerechtfertigter Grund. Es handele sich ursprünglich um Tennishartplätze des früheren Ferienparks Monakam. Der Bolzplatz sei mit einem etwa 3 m hohen Gitterzaun umgrenzt. Beim Spielen des Platzes träfen Bälle auf den Gitterzaun auf. Aufgrund des Untergrunds und des Gitterzauns aus Metall sei es naheliegend gewesen, die Nutzungszeiten weitergehend einzuschränken. Beim streitigen Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße handele es sich lediglich um eine grüne Wiese, auf der zwei Tore aufgestellt seien. Ballfanggitter oder ein lärmintensiver Untergrund seien nicht vorhanden.
37 
Der Landkreis ... hat mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 18.06.2013 diese darauf hingewiesen, dass die in § 4 der Umweltschutz-Verordnung festgelegten Regelungen für die Benutzung von Spielplätzen positiv festgesetzt worden und daher von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 PolG nicht gedeckt seien.
38 
Hinsichtlich des Bolzplatzes Monakam Am Hährenwald ist ein Verfahren wegen Untersagung der Nutzung als Bolzplatz unter 10 S 68/11 am Verwaltungsgerichtshof anhängig, an dem der Antragsteller nicht beteiligt ist. Das Verfahren ruht seit dem 13.06.2013.
39 
Dem Senat liegt die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (1 Heft) vor.

Entscheidungsgründe

 
40 
1. Der Antrag ist zulässig.
41 
a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
42 
b) Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33). Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können. Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - ESVGH 63, 70 = VBlBW 2013, 27, m.w.N.).
43 
Dies ist hier der Fall. Immissionen, die der Anwendung der angegriffenen Rechtsnorm zuzuordnen sind und den Antragsteller mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung geeignet (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 47 Rn. 254). Im Hinblick auf die Regelungen zum Bolzplatz für Jugendliche, für die die Privilegierung des § 22 Abs. 1 a BImSchG nicht gilt (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 6), ist eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, durch Lärm nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, möglich. Zudem hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin, wie sich insbesondere den Protokollen zu den Gemeinderatssitzungen vom 22.05.2012 und 17.07.2012 entnehmen lässt, bei der Regelung auch die Belange der Anlieger, den Schutz der Mittagsruhe und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm diskutiert und damit zumindest hinsichtlich der Bolzplätze eine Regelung auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn, deren Interessen die Grenzwerte der TA Lärm auch dienen, getroffen. Hinsichtlich des Kinderspielplatzes ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers ebenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Altersregelungen für Spielplätze erscheint die Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG möglich. § 22 Abs. 1a BImSchG, wonach von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen. Die Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 7). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder ist nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen. Der Gesetzgeber fordert bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. So wird ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - NVwZ 2012, 837; a.A. wohl OVG NRW, Beschl. v. 13.03.2013 - 7 A 1404/12 - juris Rn. 3).
44 
c) Für den Antrag besteht auch ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
45 
Ein Normenkontrollantrag, der darauf gerichtet ist, die durch Polizeiverordnung festgesetzte Nutzungsbeschränkung für nichtig zu erklären, und das Ziel hat, eine weitergehende Beschränkung zu erreichen, ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann. Denn die Frage, ob, wann und in welchem Umfang der Spielbetrieb auf Spiel- und Bolzplätzen zulässig ist, bestimmt sich in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch Widmung zum Ausdruck gebracht wurde, und im Weiteren durch die allgemeinen Gesetze. Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auf die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gestützt. Eine Polizeiverordnung darf danach nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf dieser Grundlage kann folglich keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Vielmehr können nur Nutzungen zu bestimmten Zeiten verboten werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012, a.a.O.). Mit der durch einen Normenkontrollantrag erstrebten Beseitigung einer solchen Beschränkung dürften die genannten Anlagen also grundsätzlich „rund um die Uhr“ benutzt werden, es sei denn andere gesetzliche Regelungen schränkten dies ein. Ein Antragsteller kann mit einer solchen Normenkontrolle keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen, so dass es an dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Anders liegt es jedoch, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Polizeiverordnung die Vorgängerregelung wieder auflebt (vgl. dazu nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323) und diese für den Antragsteller zumindest teilweise günstiger ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999, a.a.O.). Dann ist nicht auszuschließen, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggfs. von Nutzen sein kann, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613; Beschl. v. 07.03.2002 - 4 BN 60.01 - NVwZ 2002, 869).
46 
Dies ist hier zu bejahen. Im Falle der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung vom 17.07.2012 gilt wieder die mit dieser Verordnung aufgehobene Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 11.12.2001. Diese lebt dann wieder auf. Dem steht § 17 PolG, wonach Polizeiverordnungen spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten, nicht entgegen, da seit Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 20 Jahre noch nicht vergangen sind. Nach § 4 Abs. 1 dieser Vorgängerregelung durften Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden. Die Regelung ist für den Antragsteller bereits deswegen günstiger, da die Benutzung des Spielplatzes Maisenbacher Straße und des Bolzplatzes Beinberg Maisenbacher Straße - anders als nach der neuen Regelung, die zumindest in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober keine Mittagsruhe vorsieht - zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr verboten war. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wohnbebauung des Antragstellers 50 m und mehr vom Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße entfernt ist. Denn zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße besteht eine deutlich geringere Entfernung als 50 m.
47 
2. Der Antrag ist auch begründet.
48 
Gegenstand der Prüfung ist die Verordnung insgesamt. Der Verwaltungsgerichtshof muss die Gültigkeit einer Norm, die zulässig nach § 47 Abs. 2 VwGO angegriffen wurde, grundsätzlich umfassend prüfen und ggfs. für unwirksam erklären. Denn das Verfahren der Normenkontrolle dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern stellt zugleich ein Verfahren der objektiven Rechtskontrolle dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695, 696). Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig. Das setzt aber voraus, dass eine beschränkte Antragstellung sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Eine Ausnahme gilt jedoch hinsichtlich der Bestimmungen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB abtrennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O.; Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
49 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist nicht wirksam erlassen. Sie ist zudem weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Verordnung ist daher bereits nicht formell wirksam geworden (a). Sie ist zudem auch materiell nicht wirksam (b). Die Unwirksamkeit erfasst die gesamte Verordnung (c).
50 
a) aa) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist bereits nicht wirksam erlassen, weil innerhalb der Gemeinde nicht das zuständige Organ gehandelt hat. Für den Erlass von Polizeiverordnungen ist bei der Ortspolizeibehörde nach § 13 Satz 2 PolG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO der Bürgermeister zuständig. Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörde, die länger als einen Monat gelten sollen, bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats (§ 15 Abs. 2 PolG). Diese Vorschriften sind hier nicht eingehalten worden. Ein Erlass der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung durch den Bürgermeister und eine nachfolgende Zustimmung zur Polizeiverordnung durch den Gemeinderat ist nicht erfolgt. Vielmehr hat auf eine Beratungsvorlage der Gemeindeverwaltung hin der Gemeinderat die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung in der Sitzung vom 17.07.2012 beschlossen.
51 
bb) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch nicht wirksam ausgefertigt worden. Nach Art. 63 Abs. 2 LV werden Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Gesetzblatt verkündet. Für die ordnungsgemäße Ausfertigung ist erforderlich, dass die erlassende Behörde das Original der Polizeiverordnung mit vollem Text mit der Unterschrift des Behördenleiters oder seines ständigen Vertreters und mit Amtsbezeichnung und Datum versieht und bei den Akten aufbewahrt. Die Ausfertigung schafft die Originalurkunde, die zugleich Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist. Sie bestätigt die Authentizität des Norminhalts und die Legalität des Verfahrens (vgl. nur Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 12 Rn. 10, m.w.N.)
52 
Es ist bereits zweifelhaft, was der Gemeinderat am 17.07.2012 beschlossen hat. Die Formulierung des Protokolls („Nach weiterer kurzer Aussprache…“) legt nahe, dass der Gemeinderat für alle Bolzplätze, auch für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald, eine Öffnungszeit von 8.00 bis 22.00 beschlossen hat. Dies kann jedoch offen bleiben. Auch wenn der Gemeinderat - wovon die Antragsgegnerin offenbar ausgeht - beschlossen haben sollte, für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald Öffnungszeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr für die Tage Montag bis Samstag und von 9:00 bis 13:00 Uhr sowie 15:00 bis 20:00 an Sonn- und Feiertagen festzulegen, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung der beschlossenen Verordnung. Denn in jedem Fall weist die Ausfertigung der Satzung vom 18.07.2012 nicht aus, was der Gemeinderat beschlossen hat. Die Ausfertigung führt für die Bolzplätze die Benutzungszeiten aus der Anlage 3 zur Beratungsvorlage 24/2012-GR an, die der Gemeinderat nach dem Protokoll sicher nicht beschlossen hat. Die Ausfertigung gibt daher nicht den Willen des Gemeinderatsbeschlusses wieder. Sie ist damit unwirksam.
53 
Der Ausfertigungsmangel führt zur Nichtigkeit der Verordnung. Da die Ausfertigung einer Verordnung Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist, haben ihr Fehlen oder wesentliche Mängel der Ausfertigung ihre Ungültigkeit zur Folge (vgl. Belz/Mußmann, PolG BW, 7. Aufl., § 12 Rn. 17; für kommunale Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988 - 2 S 1140/87 - NVwZ-RR 1989, 267, 269; Beschl. v. 27.08.1992 - 2 S 909/90 - juris Rn. 24; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl., Rn. 144).
54 
cc) Die Verordnung ist auch nicht wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 5 VerkG werden Rechtsverordnungen der Gemeinden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen bestimmten Form verkündet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO sind Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Öffentliche Bekanntmachungen können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVOGemO, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen, durch Einrückung in das eigene Amtsblatt der Gemeinde durchgeführt werden. Satzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO mit ihrem vollen Wortlaut bekanntzumachen.
55 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist danach nicht wirksam verkündet. Die Beratungsvorlage enthielt im Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze eine Anmerkung (1) zur Altersbeschränkung für Kinderspielplätze, wonach die angegebenen Altersbegrenzungen nicht für Aufsichtspersonen von Kindern gelten. Nach dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat der Gemeinderat insoweit an der Verwaltungsvorlage nichts geändert, mithin diese Anmerkung beschlossen. Diese Anmerkung ist in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 27.07.2012 in der Spaltenüberschrift enthalten, der Text der Anmerkung ist in der Bekanntmachung jedoch nicht enthalten. Die Verkündung verstößt daher gegen Art. 63 Abs. 2 LV, § 5 VerKG, § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO, § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO, wonach Rechtsverordnungen der Gemeinden in ihrem vollen Wortlaut bekannt zu machen sind.
56 
Der Verkündungsmangel führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Verordnung. Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt deren ordnungsgemäße öffentliche Verkündung voraus. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit der Polizeiverordnung (vgl. Belz/Mußmann, a.a.O., § 12 Rn. 19). Fehlt die Verkündung oder leidet sie an wesentlichen Mängeln, so führt dies zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134; für Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988, a.a.O.; Beschl. v. 27.08.1992, a.a.O.; Gern, a.a.O., Rn. 144)
57 
b) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch materiell unwirksam. Es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG kann - wie ausgeführt - keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Zulässig sind auf dieser Grundlage nur Regelungen zur Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Solche liegen hier nicht vor. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung regelt ausdrücklich, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben sind. Das Verzeichnis Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze bestimmt, wie die Spaltenüberschriften eindeutig zeigen, Öffnungszeiten. Diese Regelungen können daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen in den Zeiten, in denen diese nicht zur Benutzung freigegeben sind, verboten sein sollen. Vielmehr handelt es sich um Benutzungsregelungen, die auf dieser Rechtsgrundlage nicht erlassen werden können.
58 
c) Der Verstoß gegen § 13 Satz 2 PolG sowie der Ausfertigungsmangel und der Bekanntmachungsmangel erfassen die Verordnung insgesamt. Insofern scheidet eine Teilbarkeit der Verordnung aus. Die Verordnung ist daher insgesamt unwirksam.
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
60 
Beschluss vom 24. Oktober 2013
61 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
1. Der Antrag ist zulässig.
41 
a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
42 
b) Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsurteile vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - ESVGH 60, 65 = VBlBW 2010, 29, und - 1 S 2340/08 - ESVGH 60, 125 = VBlBW 2010, 33). Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden können. Beim Erlass der angegriffenen untergesetzlichen Rechtsnorm muss demnach die Heranziehung von Rechtssätzen in Betracht kommen, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen in der rechtlichen Situation des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich ist, ob nach der gesetzlichen Ermächtigung oder nach den das Ermessen des Normgebers steuernden Abwägungsdirektiven Belange der von dem Antragsteller geltend gemachten Art bei der Normsetzung zu berücksichtigen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 - ESVGH 63, 70 = VBlBW 2013, 27, m.w.N.).
43 
Dies ist hier der Fall. Immissionen, die der Anwendung der angegriffenen Rechtsnorm zuzuordnen sind und den Antragsteller mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung geeignet (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 47 Rn. 254). Im Hinblick auf die Regelungen zum Bolzplatz für Jugendliche, für die die Privilegierung des § 22 Abs. 1 a BImSchG nicht gilt (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 6), ist eine Verletzung der Rechte des Antragstellers, durch Lärm nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, möglich. Zudem hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin, wie sich insbesondere den Protokollen zu den Gemeinderatssitzungen vom 22.05.2012 und 17.07.2012 entnehmen lässt, bei der Regelung auch die Belange der Anlieger, den Schutz der Mittagsruhe und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm diskutiert und damit zumindest hinsichtlich der Bolzplätze eine Regelung auch zum Schutz der betroffenen Nachbarn, deren Interessen die Grenzwerte der TA Lärm auch dienen, getroffen. Hinsichtlich des Kinderspielplatzes ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers ebenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der unterschiedlichen Altersregelungen für Spielplätze erscheint die Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG möglich. § 22 Abs. 1a BImSchG, wonach von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind, steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen. Die Norm ist nach dem Willen des Gesetzgebers eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung (vgl. BT-Drucks. 17/4836, S. 7). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder ist nach § 22 Abs. 1a BImSchG nicht auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen. Der Gesetzgeber fordert bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. So wird ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 - 7 B 1.13 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - NVwZ 2012, 837; a.A. wohl OVG NRW, Beschl. v. 13.03.2013 - 7 A 1404/12 - juris Rn. 3).
44 
c) Für den Antrag besteht auch ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
45 
Ein Normenkontrollantrag, der darauf gerichtet ist, die durch Polizeiverordnung festgesetzte Nutzungsbeschränkung für nichtig zu erklären, und das Ziel hat, eine weitergehende Beschränkung zu erreichen, ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, wenn der Antragsteller durch die Nichtigerklärung keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen kann. Denn die Frage, ob, wann und in welchem Umfang der Spielbetrieb auf Spiel- und Bolzplätzen zulässig ist, bestimmt sich in erster Linie aus dem Zweck der öffentlichen Einrichtung, wie er durch Widmung zum Ausdruck gebracht wurde, und im Weiteren durch die allgemeinen Gesetze. Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auf die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG gestützt. Eine Polizeiverordnung darf danach nur erlassen werden, um von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf dieser Grundlage kann folglich keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Vielmehr können nur Nutzungen zu bestimmten Zeiten verboten werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999 - 1 S 1226/99 - NVwZ 2000, 457; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2012, a.a.O.). Mit der durch einen Normenkontrollantrag erstrebten Beseitigung einer solchen Beschränkung dürften die genannten Anlagen also grundsätzlich „rund um die Uhr“ benutzt werden, es sei denn andere gesetzliche Regelungen schränkten dies ein. Ein Antragsteller kann mit einer solchen Normenkontrolle keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen, so dass es an dem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Anders liegt es jedoch, wenn bei einer Ungültigkeit der angegriffenen Polizeiverordnung die Vorgängerregelung wieder auflebt (vgl. dazu nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.1992 - 5 S 173/91 - NuR 1993, 323) und diese für den Antragsteller zumindest teilweise günstiger ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.09.1999, a.a.O.). Dann ist nicht auszuschließen, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden ggfs. von Nutzen sein kann, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1997 - 4 BN 17.97 - NVwZ 1998, 613; Beschl. v. 07.03.2002 - 4 BN 60.01 - NVwZ 2002, 869).
46 
Dies ist hier zu bejahen. Im Falle der Nichtigkeit der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung vom 17.07.2012 gilt wieder die mit dieser Verordnung aufgehobene Polizeiverordnung der Antragsgegnerin vom 11.12.2001. Diese lebt dann wieder auf. Dem steht § 17 PolG, wonach Polizeiverordnungen spätestens 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten, nicht entgegen, da seit Inkrafttreten der Polizeiverordnung vom 11.12.2001 20 Jahre noch nicht vergangen sind. Nach § 4 Abs. 1 dieser Vorgängerregelung durften Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr und zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr nicht benutzt werden. Die Regelung ist für den Antragsteller bereits deswegen günstiger, da die Benutzung des Spielplatzes Maisenbacher Straße und des Bolzplatzes Beinberg Maisenbacher Straße - anders als nach der neuen Regelung, die zumindest in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober keine Mittagsruhe vorsieht - zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr verboten war. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wohnbebauung des Antragstellers 50 m und mehr vom Bolzplatz Beinberg Maisenbacher Straße entfernt ist. Denn zum Kinderspielplatz Maisenbacher Straße besteht eine deutlich geringere Entfernung als 50 m.
47 
2. Der Antrag ist auch begründet.
48 
Gegenstand der Prüfung ist die Verordnung insgesamt. Der Verwaltungsgerichtshof muss die Gültigkeit einer Norm, die zulässig nach § 47 Abs. 2 VwGO angegriffen wurde, grundsätzlich umfassend prüfen und ggfs. für unwirksam erklären. Denn das Verfahren der Normenkontrolle dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern stellt zugleich ein Verfahren der objektiven Rechtskontrolle dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695, 696). Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig. Das setzt aber voraus, dass eine beschränkte Antragstellung sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Eine Ausnahme gilt jedoch hinsichtlich der Bestimmungen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB abtrennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O.; Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227).
49 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist nicht wirksam erlassen. Sie ist zudem weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Verordnung ist daher bereits nicht formell wirksam geworden (a). Sie ist zudem auch materiell nicht wirksam (b). Die Unwirksamkeit erfasst die gesamte Verordnung (c).
50 
a) aa) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist bereits nicht wirksam erlassen, weil innerhalb der Gemeinde nicht das zuständige Organ gehandelt hat. Für den Erlass von Polizeiverordnungen ist bei der Ortspolizeibehörde nach § 13 Satz 2 PolG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO der Bürgermeister zuständig. Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörde, die länger als einen Monat gelten sollen, bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats (§ 15 Abs. 2 PolG). Diese Vorschriften sind hier nicht eingehalten worden. Ein Erlass der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung durch den Bürgermeister und eine nachfolgende Zustimmung zur Polizeiverordnung durch den Gemeinderat ist nicht erfolgt. Vielmehr hat auf eine Beratungsvorlage der Gemeindeverwaltung hin der Gemeinderat die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung in der Sitzung vom 17.07.2012 beschlossen.
51 
bb) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch nicht wirksam ausgefertigt worden. Nach Art. 63 Abs. 2 LV werden Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Gesetzblatt verkündet. Für die ordnungsgemäße Ausfertigung ist erforderlich, dass die erlassende Behörde das Original der Polizeiverordnung mit vollem Text mit der Unterschrift des Behördenleiters oder seines ständigen Vertreters und mit Amtsbezeichnung und Datum versieht und bei den Akten aufbewahrt. Die Ausfertigung schafft die Originalurkunde, die zugleich Grundlage und Voraussetzung der Verkündung ist. Sie bestätigt die Authentizität des Norminhalts und die Legalität des Verfahrens (vgl. nur Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 12 Rn. 10, m.w.N.)
52 
Es ist bereits zweifelhaft, was der Gemeinderat am 17.07.2012 beschlossen hat. Die Formulierung des Protokolls („Nach weiterer kurzer Aussprache…“) legt nahe, dass der Gemeinderat für alle Bolzplätze, auch für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald, eine Öffnungszeit von 8.00 bis 22.00 beschlossen hat. Dies kann jedoch offen bleiben. Auch wenn der Gemeinderat - wovon die Antragsgegnerin offenbar ausgeht - beschlossen haben sollte, für den Bolzplatz Monakam Am Hährenwald Öffnungszeiten von 8:00 bis 20:00 Uhr für die Tage Montag bis Samstag und von 9:00 bis 13:00 Uhr sowie 15:00 bis 20:00 an Sonn- und Feiertagen festzulegen, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung der beschlossenen Verordnung. Denn in jedem Fall weist die Ausfertigung der Satzung vom 18.07.2012 nicht aus, was der Gemeinderat beschlossen hat. Die Ausfertigung führt für die Bolzplätze die Benutzungszeiten aus der Anlage 3 zur Beratungsvorlage 24/2012-GR an, die der Gemeinderat nach dem Protokoll sicher nicht beschlossen hat. Die Ausfertigung gibt daher nicht den Willen des Gemeinderatsbeschlusses wieder. Sie ist damit unwirksam.
53 
Der Ausfertigungsmangel führt zur Nichtigkeit der Verordnung. Da die Ausfertigung einer Verordnung Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist, haben ihr Fehlen oder wesentliche Mängel der Ausfertigung ihre Ungültigkeit zur Folge (vgl. Belz/Mußmann, PolG BW, 7. Aufl., § 12 Rn. 17; für kommunale Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988 - 2 S 1140/87 - NVwZ-RR 1989, 267, 269; Beschl. v. 27.08.1992 - 2 S 909/90 - juris Rn. 24; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl., Rn. 144).
54 
cc) Die Verordnung ist auch nicht wirksam bekannt gemacht worden. Nach § 5 VerkG werden Rechtsverordnungen der Gemeinden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen bestimmten Form verkündet. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO sind Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Öffentliche Bekanntmachungen können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVOGemO, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen, durch Einrückung in das eigene Amtsblatt der Gemeinde durchgeführt werden. Satzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO mit ihrem vollen Wortlaut bekanntzumachen.
55 
Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist danach nicht wirksam verkündet. Die Beratungsvorlage enthielt im Verzeichnis der Kinderspielplätze und Bolzplätze eine Anmerkung (1) zur Altersbeschränkung für Kinderspielplätze, wonach die angegebenen Altersbegrenzungen nicht für Aufsichtspersonen von Kindern gelten. Nach dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 17.07.2012 hat der Gemeinderat insoweit an der Verwaltungsvorlage nichts geändert, mithin diese Anmerkung beschlossen. Diese Anmerkung ist in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 27.07.2012 in der Spaltenüberschrift enthalten, der Text der Anmerkung ist in der Bekanntmachung jedoch nicht enthalten. Die Verkündung verstößt daher gegen Art. 63 Abs. 2 LV, § 5 VerKG, § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO, § 1 Abs. 2 Satz 1 DVOGemO, wonach Rechtsverordnungen der Gemeinden in ihrem vollen Wortlaut bekannt zu machen sind.
56 
Der Verkündungsmangel führt ebenfalls zur Nichtigkeit der Verordnung. Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt deren ordnungsgemäße öffentliche Verkündung voraus. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit der Polizeiverordnung (vgl. Belz/Mußmann, a.a.O., § 12 Rn. 19). Fehlt die Verkündung oder leidet sie an wesentlichen Mängeln, so führt dies zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134; für Satzungen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.11.1988, a.a.O.; Beschl. v. 27.08.1992, a.a.O.; Gern, a.a.O., Rn. 144)
57 
b) Die Polizeiliche Umweltschutz-Verordnung ist auch materiell unwirksam. Es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 PolG i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG kann - wie ausgeführt - keine Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung in der Weise erfolgen, dass abschließende positive Nutzungszeiten der Einrichtung festgesetzt werden. Zulässig sind auf dieser Grundlage nur Regelungen zur Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Solche liegen hier nicht vor. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung regelt ausdrücklich, dass Sport- und Spielplätze, die weniger als 50 m von der Wohnbebauung entfernt sind, während der im Verzeichnis festgelegten Öffnungszeiten zur Benutzung freigegeben sind. Das Verzeichnis Öffnungszeiten Kinderspielplätze und Bolzplätze bestimmt, wie die Spaltenüberschriften eindeutig zeigen, Öffnungszeiten. Diese Regelungen können daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen in den Zeiten, in denen diese nicht zur Benutzung freigegeben sind, verboten sein sollen. Vielmehr handelt es sich um Benutzungsregelungen, die auf dieser Rechtsgrundlage nicht erlassen werden können.
58 
c) Der Verstoß gegen § 13 Satz 2 PolG sowie der Ausfertigungsmangel und der Bekanntmachungsmangel erfassen die Verordnung insgesamt. Insofern scheidet eine Teilbarkeit der Verordnung aus. Die Verordnung ist daher insgesamt unwirksam.
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
60 
Beschluss vom 24. Oktober 2013
61 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

§ 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2007 wird für unwirksam erklärt, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten aller Art, insbesondere die Dekoration von Särgen, Aufbahrungsräumen, Feierhallen und Gräbern, auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin betreibt ein Bestattungsunternehmen. Sie wendet sich gegen Bestimmungen der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin, durch die sie sich in ihrer Geschäftstätigkeit behindert sieht.
Die Friedhofssatzung (FS) vom 18.01.2007 regelt - insoweit wortgleich mit der vorher geltenden Satzung vom 08.12.2005 - in § 7 die gewerbliche Tätigkeit auf den städtischen Friedhöfen.
Die Bestimmung hat, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, folgenden Wortlaut:
§ 7 Gewerbliche Arbeiten
(1) Gewerbetreibende bedürfen für die Tätigkeit auf dem Friedhof der Zulassung durch das Garten- und Friedhofsamt. Es kann Art, Umfang und Dauer der zu verrichtenden Arbeiten festlegen. Gewerblichen Grabmalaufstellern, die nicht allgemein zugelassen sind, kann das Garten- und Friedhofsamt in Einzelfällen die Aufstellung und Unterhaltung von Grabmalen gestatten. Gärtner erhalten die Zulassung mit der Verpflichtung, Dekoration von Aufbahrungsräumen, Feierhallen und geöffneten Grabstätten einschließlich der Herrichtung oder Anlage von Grabstätten und deren Pflege zu übernehmen.
(2) Zugelassen werden Gewerbetreibende, die in fachlicher und persönlicher Hinsicht die an sie zu stellenden Anforderungen erfüllen. Sie werden durch den Abschluss der Meisterprüfung, oder Eintrag in die Handwerksrolle nachgewiesen. Darüber hinaus können Gewerbetreibende zugelassen werden, die in ihrem Betrieb einen Mitarbeiter beschäftigen, der diese Voraussetzungen erfüllt. Weitere Ausnahmen kann das Garten- und Friedhofsamt zulassen.
(3) Sonstigen Gewerbetreibenden kann die Ausübung anderer als in Abs. 1 genannten Tätigkeiten gestattet werden, wenn dies mit dem Friedhofszweck vereinbar ist. Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(4) - (7)
Mit Schreiben vom 19.10.2005 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin, auf deren Friedhöfen für die gewerblichen Tätigkeiten der Dekoration von Särgen, Aufbahrungsräumen, Feierhallen und Gräbern zugelassen zu werden. Das Garten- und Friedhofsamt der Antragsgegnerin lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 07.12.2005 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Antragstellerin u.a. damit, dass der im Betrieb tätige Sohn des Inhabers die für die Ausführung von Dekorationstätigkeiten erforderliche Sachkunde besitze. Er habe im Jahr 1995 erfolgreich an einem vom Bundesverband des Deutschen Bestattungsgewerbes e.V. veranstalteten berufsbezogenen Seminar „Trauerfloristik für Bestatter“ teilgenommen und im Jahr 1996 die Fortbildungsprüfung zum geprüften Bestatter vor der Handwerkskammer für München und Oberbayern erfolgreich abgelegt. Mit Bescheid vom 11.04.2006 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und führte aus, dass nach § 7 Abs. 1 Satz 4 FS für Dekorationsarbeiten ausschließlich Gärtner vorgesehen seien. Als Friedhofsgärtner könne die Antragstellerin nicht zugelassen werden, da sie nicht nachgewiesen habe, dass einer ihrer Mitarbeiter eine erfolgreich abgeschlossene Gärtnerausbildung besitze. Eine auf die Ausführung von Dekorationstätigkeiten beschränkte Zulassung könne nicht erfolgen, da für Teilbereiche eines Berufsbildes eine Zulassung nicht ausgesprochen werde. Die Antragstellerin hat inzwischen Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der sie ihr Ziel, zu den o.g. Dekorationstätigkeiten zugelassen zu werden, weiter verfolgt. Über diese Klage ist bislang nicht entschieden.
10 
Am 23.01.2006 hat die Antragsstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: § 7 FS widerspreche in der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Auslegung dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem Rechtsstaatsprinzip. Die Vorschrift verstoße gegen das Übermaßverbot, da sie zur Wahrung des Friedhofszwecks weder angemessen noch erforderlich sei. Die Gemeinden könnten zwar in ihre Friedhofssatzung Zulassungsbestimmungen aufnehmen und die Zulassung Gewerbetreibender von der Erfüllung bestimmter fachlicher und persönlicher Anforderungen abhängig machen; dabei müssten sich die der fachlichen Zuverlässigkeit zugrunde zu legenden Anforderungen an den jeweiligen Berufsausbildungen und Berufsbildern orientieren. Die Ausführung von Dekorationsarbeiten in Aufbahrungsräumen, Feierhallen und an Grabstätten erfordere jedoch keine Fachausbildung als Gärtner. Die entsprechenden Fertigkeiten würden nämlich in gleicher Weise im Rahmen der Ausbildung zum Bestatter gelehrt. Zum Berufsprofil des geprüften Bestatters, des Bestattermeisters (Funeralmaster) und der Bestattungsfachkraft gehörten nach den einschlägigen Vorschriften seit jeher die Durchführung der Dekorationen, die Grabgestaltung und die Erbringung jeglicher Form der Trauerfloristik. Da es sich hierbei jeweils um staatlich anerkannte Prüfungen handele, gehe es nicht an, die Zulassung grundsätzlich auch für solche Tätigkeiten nur einem Gärtnereibetrieb zu erteilen. Denn der Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung zum Gärtner sei nur für die gärtnerische Anlage von Gräbern erforderlich, worum es ihr aber nicht gehe. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit es einem geordneten und reibungslosen Ablauf der Bestattungen entgegenstehen könnte, wenn das beanspruchte Tätigkeitsfeld auch Bestattern eröffnet werde.
11 
Die Antragstellerin beantragt,
12 
§ 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18.01.2007 für unwirksam zu erklären, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten aller Art, insbesondere die Dekoration von Särgen, Aufbahrungsräumen, Feierhallen und Gräbern, auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.
13 
Die Antragsgegnerin beantragt,
14 
den Antrag abzulehnen.
15 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Vorschriften verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. § 7 Abs. 1 Satz 4 FS diene dem Interesse der Friedhofsbenutzer, für die es in Fällen, in denen sie am Friedhof nur einen Friedhofsgärtner vorfänden, unzumutbar sei, an einen Friedhofsgärtner verwiesen zu werden, der seinen Betrieb in weiter Entfernung führe. § 7 FS sehe aus Gründen der Zweckmäßigkeit dem jeweiligen Berufsbild entsprechend nur die Erteilung einer Zulassung für die Tätigkeiten eines Friedhofsgärtners vor. Eine Zulassung für einen Teilbereich der Tätigkeiten, die von Friedhofsgärtnern erbracht werde, sei nach der Systematik der Vorschrift ausgeschlossen. Die Berufsfreiheit der Antragstellerin werde jedenfalls nicht wesentlich beeinträchtigt, da sie durch die Berufsausübungsregelung nicht gehindert werde, in ihrer eigenen Trauerhalle nach ihren Vorstellungen zu dekorieren. Die Regelung für den Friedhofsbereich sei aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig. Es werde sichergestellt, dass die Tätigkeitsbereiche von Friedhofsgärtnern und Bestattern klar abgegrenzt seien, da nur so ein geordneter und reibungsloser Ablauf der Bestattungen möglich sei und die Kunden nicht verunsichert würden. Nur eine entsprechend qualifizierte und zielgerichtete Ausbildung stelle die Qualität der einer Trauerfeier angemessenen Blumendekoration und die Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbauberufsgenossenschaft bei Dekorationen am offenen Grab sicher. Die Dekoration von Aufbahrungsräumen und Feierhallen, die Grabdekoration und Grababdeckungen seien typische Tätigkeiten des Friedhofsgärtners; diese Tätigkeiten entsprächen weder dem Berufsbild des Bestatters, noch würden sie Bestattern in der Praxis typischerweise übertragen. Von der Ausbildung eines Bestatters her handele es sich um Randgebiete, die lediglich eine sinnvolle Ergänzung darstellten; im Wesentlichen sei die Tätigkeit des Bestatters aber am Friedhofstor bereits abgeschlossen. Der in § 7 Abs. 2 FS geforderte Sachkundenachweis diene dem Friedhofszweck, eine würdige Bestattung zu gewährleisten.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
17 
Der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Änderung des Streitgegenstands durch Einbeziehung der in der einschlägigen Bestimmung unveränderten Neufassung der Satzung ist sachdienlich und daher entsprechend § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig, da der Streitstoff in der Sache derselbe bleibt und die Entscheidung über den neuen Antrag die endgültige Beilegung des Streits fördert.
18 
1. Die Antragstellerin ist gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie kann geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
19 
Die von der Antragstellerin zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Vorschrift des § 7 Abs. 3 FS regelt deren gewerbliche Betätigung auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, da sie zu den sonstigen Gewerbetreibenden i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS gehört; gemeinsam mit § 7 Abs. 1 Satz 4 FS steht § 7 Abs. 3 FS der von der Antragstellerin erstrebten Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes entgegen.
20 
Im Unterschied dazu ist der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 1 und Abs. 2 FS auf die Zulassung von Gewerbetreibenden als Friedhofsgärtner und als Grabmalaufsteller beschränkt; eine derartige Zulassung wird von der Antragstellerin jedoch nicht erstrebt, so dass sie durch diese Vorschriften nicht betroffen ist. Zwar spricht § 7 Abs. 1 umfassend von Gewerbetreibenden. Als zulassungsfähige Gewerbetreibende werden in Satz 3 und 4 indessen ausdrücklich nur Grabmalaufsteller und Gärtner erwähnt. Dies knüpft an die historisch gewachsene Situation an und ist Ausdruck eines Verständnisses, wonach auf Friedhöfen gewerbliche Tätigkeiten nur von Grabmalaufstellern und Friedhofsgärtnern verrichtet werden. § 7 Abs. 2 Satz 2 FS spricht ebenfalls dafür, den Begriff „Gewerbetreibende“ i.S.v. Abs. 1 auf Grabmalhersteller und Friedhofsgärtner zu beschränken. Bei den dort genannten beruflichen Qualifizierungen (Eintragung in die Handwerksrolle, Ablegung der Meisterprüfung) handelt es sich nämlich - jedenfalls herkömmlich - gerade um die typischen beruflichen Qualifikationen dieser Berufsgruppen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723 <724>). Die Trennung in zwei Gruppen von Gewerbetreibenden - einen beschränkten Kreis, der nach Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 zugelassen wird, und sonstige Gewerbetreibende, deren Tätigkeit nach Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 gestattet wird - findet sich in Mustersatzungen, an die sich die streitige Bestimmung des § 7 Abs. 3 FS offenbar anlehnt. § 4 Abs. 1 der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (abgedruckt in BWGZ 1983, 558) sieht vor, dass Bildhauer, Steinmetze, Gärtner und sonstige Gewerbetreibende für ihre Tätigkeit auf dem Friedhof der vorherigen Zulassung bedürfen. Hier findet sich die in § 7 Abs. 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin angelegte Unterscheidung zwischen Bildhauern, Steinmetzen - sie lassen sich unter dem Begriff Grabmalhersteller zusammenfassen - und Gärtnern einerseits, und den sonstigen Gewerbetreibenden andererseits. Eine ähnliche Differenzierung findet sich in § 7 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (abgedruckt bei Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl. 2004, S. 674). Dort heißt es in Absatz 1: „Steinmetze, Bildhauer, Gärtner und Bestatter bedürfen für die dem jeweiligen Berufsbild entsprechende gewerbliche Tätigkeit auf den Friedhöfen der vorherigen Zulassung durch die Friedhofsverwaltung.“ Absatz 3 stimmt sodann wörtlich mit § 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin überein. Auch hier wird also unterschieden zwischen Grabmalaufstellern und Gärtnern (ergänzt durch Bestatter) einerseits und sonstigen Gewerbetreibenden andererseits.
21 
2. Die Normenkontrolle wahrt die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; danach kann der Normenkontrollantrag nur innerhalb von zwei Jahren, nach der Neufassung durch das Gesetz vom 21.12.2006 (BGBl. I S, 3316) innerhalb eines Jahres, nach Bekanntmachung der angegriffenen Rechtsvorschrift gestellt werden.
22 
Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung vom 18.01.2007 ebenso wie die Vorschrift in der Satzung vom 08.12.2005 wörtlich mit § 7 Abs. 3 Satz 1 der bis zum 15.12.2005 gültigen Friedhofssatzung vom 02.07.1998 übereinstimmt. Zwar ist anerkannt, dass grundsätzlich weder die Änderung einzelner Bestimmungen noch die durch die Änderung einzelner Bestimmungen veranlasste Bekanntmachung der Neufassung einer Satzung die Antragsfrist hinsichtlich einer inhaltlich unverändert gebliebenen Vorschrift erneut in Gang setzt (vgl. Urteil des Senats vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, DVBl. 2002, 416). Etwas anderes gilt jedoch, wenn in der Neuregelung bestimmt ist, dass die Gesamtregelung anstelle der alten Regelung in Kraft tritt. In einem solchen Fall läuft die Antragsfrist insgesamt von neuem, und zwar auch hinsichtlich solcher in der Neuregelung enthaltener Vorschriften, die wortgleich in der außer Kraft getretenen Regelung enthalten waren. Ein solcher Fall liegt - ungeachtet der den Satzungen jeweils vorangestellten Präambeln, in denen auf die vom Gemeinderat am 02.07.1998 beschlossene Satzung Bezug genommen wird - hier vor. Denn nach § 37 Abs. 2 der Friedhofssatzungen vom 18.01.2007 und 08.12.2005 sollten die bisher gültigen Satzungen jeweils zugleich außer Kraft treten. § 37 der Friedhofssatzungen bringt somit zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die gesamte Friedhofssatzung durch den Gemeinderat neu in Geltung gesetzt und an die Stelle der alten Friedhofssatzung treten sollte.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18.01.2007 überschreitet die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.Vm. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis. Sie ist mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und daher für unwirksam zu erklären, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.
24 
1. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS verbietet sonstigen Gewerbetreibenden die gewerbliche Betätigung jedweder Art auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, solange ihre Tätigkeit nicht durch das Garten- und Friedhofsamt gestattet worden ist. Die Gestattung ist von vornherein ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit mit dem Friedhofszweck unvereinbar ist. Im Übrigen hängt sie gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FS davon ab, ob der Gewerbetreibende die in fachlicher und persönlicher Hinsicht an ihn zu stellenden Anforderungen erfüllt. Darüber hinaus können nach § 7 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 FS sonstigen Gewerbetreibenden bestimmte Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Grabmalaufstellers sowie des Gärtners gehören, überhaupt nicht gestattet werden. Dazu zählen im Fall des Gärtners insbesondere auch Dekorationstätigkeiten jeder Art, wobei neben der ausdrücklich erwähnten Dekoration von Aufbahrungsräumen, Feierhallen und geöffneten Grabstätten etwa auch die Dekoration von Särgen in Betracht kommt.
25 
2. Diese Beschränkung der Tätigkeit auch der Antragstellerin ist am Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen.
26 
Wie der Senat in seinem Urteil vom 24.06.2002 (- 1 S 2725/00 -, NVwZ-RR 2003, 142 <144>) ausgeführt hat, erfasst der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährte Schutz der Berufsfreiheit auch die gewerbliche Betätigung innerhalb einer öffentlichen Einrichtung, die mit Anstaltscharakter betrieben wird. Die in früheren Urteilen (s. z.B. Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723) im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1979 - 7 B 8.79 -, Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 7) vertretene gegenteilige Auffassung, auf die sich die Antragsgegnerin anfänglich berufen hat, hat der Senat in der genannten Entscheidung ausdrücklich aufgegeben. Denn mit Blick auf die Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) kann auch die von einer Gemeinde als Friedhofsträger für sich in Anspruch genommene Anstaltsgewalt keinen „grundrechtsfreien Raum“ begründen. Da Art. 12 Abs. 1 GG auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, stellt jede Regelung, die bewirkt, dass eine beruflichen Tätigkeit nicht in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann, einen Eingriff in dieses Grundrecht dar.
27 
3. Dieser Eingriff durch § 7 Abs. 3 FS ist durch den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Berufsausübung durch oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden kann, nur teilweise gedeckt.
28 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG regelt § 7 Abs. 3 Satz 1 FS die Berufsausübung. Die Vornahme bestimmter Tätigkeiten ausschließlich auf dem Friedhof stellt - bei Orientierung an den typischen Berufsbildern - keinen eigenständigen Beruf dar, sondern ist Teil der von dem jeweiligen Gewerbetreibenden ausgeübten Tätigkeit, so dass § 7 Abs. 3 FS nur die Bedingungen und Modalitäten bestimmt, unter denen sich die berufliche Tätigkeit vollzieht. Eine Berufsausübungsregelung ist zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt ist (siehe hierzu nur Wieland in: Dreier , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 117 ff. m.N.).
29 
b) Soweit § 7 Abs. 3 FS eine Gestattung nur für den Fall vorsieht, dass die erstrebten Tätigkeiten mit dem Friedhofszweck vereinbar sind, und sie davon abhängig macht, dass der Gewerbetreibende die an ihn in fachlicher und persönlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen erfüllt, ist der hierin liegende Eingriff in die Berufsfreiheit zur Sicherung des Friedhofszwecks (vgl. 15 Abs. 1 BestattG) geeignet, erforderlich und angemessen. Er beruht daher auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Dies bedarf keiner näheren Darlegung, zumal die Rechtmäßigkeit von § 7 Abs. 3 FS von der Antragstellerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogen wird.
30 
c) Demgegenüber vermag der Senat einen vernünftigen Grund für die Regelung nicht zu erkennen, einen Gewerbetreibenden, der zwar mangels abgeschlossener Gärtnerausbildung nicht nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 FS als Friedhofsgärtner zugelassen werden, seine Fachkunde im Hinblick auf die Vornahme von Dekorationsarbeiten jedoch auf andere Weise nachweisen kann, von vornherein von Dekorationstätigkeiten auszuschließen und diese Gärtnern vorzubehalten. Eine derartige Beschränkung ist nicht notwendig, um Tote geordnet und würdig zu bestatten, beizusetzen und zu ehren oder die Ordnung auf dem Friedhof aufrecht zu erhalten. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe überzeugen nicht. Es leuchtet nicht ein, dass nur durch eine klare Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Friedhofsgärtnern und Bestattern ein geordneter und reibungsloser Ablauf der Bestattungen möglich sein soll. Soweit bei der jeweiligen Bestattung der Auftrag - wie zu erwarten - in eindeutiger Weise an in der Regel nur einen Unternehmer erteilt wird, sind Unzuträglichkeiten nicht zu besorgen. Für solche Störungen ist insbesondere dann auch nichts ersichtlich, wenn der Bestatter seine Leistungen für den Auftraggeber durch Dekorationstätigkeiten auf dem Friedhof abrundet.
31 
Um zu gewährleisten, dass für Bestattungen nur dem Anlass angemessene Blumendekorationen verwendet werden, ist die Beschränkung von Dekorationstätigkeiten auf Gärtner ebenfalls nicht notwendig. Dieses Ziel kann vielmehr bereits dann erreicht werden, wenn eine Person tätig wird, bei der von einer entsprechenden Sachkunde auszugehen ist. Der hierfür erforderliche Nachweis kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht nur durch eine abgeschlossene Gärtnerausbildung oder die Ablegung der Meisterprüfung als Gärtner erbracht werden. So liegt auf der Hand, dass etwa ein Floristmeister, der nach dem Urteil des Senats vom 19.10.1987 - 1 S 3274/86 - zwar nicht als Friedhofsgärtner zuzulassen ist, gleichwohl die für die Dekorationstätigkeiten erforderliche Sachkunde - jedenfalls bezogen auf Aufbahrungsräume und Feierhallen - besitzt; denn das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt gerade in der Gestaltung des Blumenschmucks. Bei gewerblichen Bestattern spricht ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften alles dafür, dass durch die erfolgreiche Abschlussprüfung auch insoweit die erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen sind. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ bzw. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) der fachpraktische Teil der Prüfung jeweils eine Dekoration in der Trauerhalle oder am Grab, und der fachtheoretische Teil erstreckt sich auch auf die Trauerfloristik. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft (Verordnung über die Entwicklung und Erprobung des Ausbildungsberufs Bestattungsfachkraft vom 03.07.2003, BGBl. I S. 1264, 1269) wird unter Nr. 12 „Durchführung von Trauerfeiern und Bestattungen“ bei den grabtechnischen Arbeiten ausdrücklich folgendes angeführt: „Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“. Unter der Rubrik „Vorbereiten, Organisieren und Durchführen von Bestattungen“ wird die Trauerfloristik und die Dekoration zwar nicht ausdrücklich benannt; ausweislich des von der Antragstellerin auszugsweise vorgelegten Berichts des Bundesinstituts für Berufbildung - BIBB - über die Evaluation „Ausbildungsberuf Bestattungsfachkraft“ stellen indessen sowohl die Dekoration der Trauerhalle als auch die Trauerfloristik wichtige Ausbildungsinhalte dar. Zusätzliche Hinweise auf ihre Fachkunde können gegebenenfalls Personen aufweisen, die - wie der Sohn des Inhabers der Antragstellerin - an einem anerkannten Seminar für Trauerfloristik teilgenommen haben.
32 
Auch der Hinweis der Antragsgegnerin, dass für Dekorationen am offenen Grab die Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbauberufsgenossenschaft einzuhalten seien, was eine entsprechend qualifizierte und zielgerichtete Ausbildung voraussetze, rechtfertigt es nicht, andere Personen als Gärtner von vornherein auszuschließen. Wird für Dekorationen am offenen Grab - sofern für derartige Dekorationen in der Praxis überhaupt ein Bedarf besteht - eine Gestattung begehrt, gehört zur fachlichen Eignung auch die entsprechende Sachkenntnis. Diese kann wiederum ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften für gewerbliche Bestatter vorausgesetzt werden. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 sowohl der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ wie auch zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) das „Einbringen einer Schalung im Grab, Herrichten des Grabes zur Beerdigung, Überbauung eines Nachbargrabes“. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft wird unter Nr. 12 bei den grabtechnischen Arbeiten folgendes angeführt: „Grabstellen einrichten, öffnen und schließen; Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
35 
Beschluss
36 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
17 
Der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Änderung des Streitgegenstands durch Einbeziehung der in der einschlägigen Bestimmung unveränderten Neufassung der Satzung ist sachdienlich und daher entsprechend § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig, da der Streitstoff in der Sache derselbe bleibt und die Entscheidung über den neuen Antrag die endgültige Beilegung des Streits fördert.
18 
1. Die Antragstellerin ist gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn sie kann geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
19 
Die von der Antragstellerin zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Vorschrift des § 7 Abs. 3 FS regelt deren gewerbliche Betätigung auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, da sie zu den sonstigen Gewerbetreibenden i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS gehört; gemeinsam mit § 7 Abs. 1 Satz 4 FS steht § 7 Abs. 3 FS der von der Antragstellerin erstrebten Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes entgegen.
20 
Im Unterschied dazu ist der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 1 und Abs. 2 FS auf die Zulassung von Gewerbetreibenden als Friedhofsgärtner und als Grabmalaufsteller beschränkt; eine derartige Zulassung wird von der Antragstellerin jedoch nicht erstrebt, so dass sie durch diese Vorschriften nicht betroffen ist. Zwar spricht § 7 Abs. 1 umfassend von Gewerbetreibenden. Als zulassungsfähige Gewerbetreibende werden in Satz 3 und 4 indessen ausdrücklich nur Grabmalaufsteller und Gärtner erwähnt. Dies knüpft an die historisch gewachsene Situation an und ist Ausdruck eines Verständnisses, wonach auf Friedhöfen gewerbliche Tätigkeiten nur von Grabmalaufstellern und Friedhofsgärtnern verrichtet werden. § 7 Abs. 2 Satz 2 FS spricht ebenfalls dafür, den Begriff „Gewerbetreibende“ i.S.v. Abs. 1 auf Grabmalhersteller und Friedhofsgärtner zu beschränken. Bei den dort genannten beruflichen Qualifizierungen (Eintragung in die Handwerksrolle, Ablegung der Meisterprüfung) handelt es sich nämlich - jedenfalls herkömmlich - gerade um die typischen beruflichen Qualifikationen dieser Berufsgruppen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723 <724>). Die Trennung in zwei Gruppen von Gewerbetreibenden - einen beschränkten Kreis, der nach Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 zugelassen wird, und sonstige Gewerbetreibende, deren Tätigkeit nach Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 gestattet wird - findet sich in Mustersatzungen, an die sich die streitige Bestimmung des § 7 Abs. 3 FS offenbar anlehnt. § 4 Abs. 1 der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg (abgedruckt in BWGZ 1983, 558) sieht vor, dass Bildhauer, Steinmetze, Gärtner und sonstige Gewerbetreibende für ihre Tätigkeit auf dem Friedhof der vorherigen Zulassung bedürfen. Hier findet sich die in § 7 Abs. 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin angelegte Unterscheidung zwischen Bildhauern, Steinmetzen - sie lassen sich unter dem Begriff Grabmalhersteller zusammenfassen - und Gärtnern einerseits, und den sonstigen Gewerbetreibenden andererseits. Eine ähnliche Differenzierung findet sich in § 7 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (abgedruckt bei Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl. 2004, S. 674). Dort heißt es in Absatz 1: „Steinmetze, Bildhauer, Gärtner und Bestatter bedürfen für die dem jeweiligen Berufsbild entsprechende gewerbliche Tätigkeit auf den Friedhöfen der vorherigen Zulassung durch die Friedhofsverwaltung.“ Absatz 3 stimmt sodann wörtlich mit § 7 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin überein. Auch hier wird also unterschieden zwischen Grabmalaufstellern und Gärtnern (ergänzt durch Bestatter) einerseits und sonstigen Gewerbetreibenden andererseits.
21 
2. Die Normenkontrolle wahrt die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; danach kann der Normenkontrollantrag nur innerhalb von zwei Jahren, nach der Neufassung durch das Gesetz vom 21.12.2006 (BGBl. I S, 3316) innerhalb eines Jahres, nach Bekanntmachung der angegriffenen Rechtsvorschrift gestellt werden.
22 
Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung vom 18.01.2007 ebenso wie die Vorschrift in der Satzung vom 08.12.2005 wörtlich mit § 7 Abs. 3 Satz 1 der bis zum 15.12.2005 gültigen Friedhofssatzung vom 02.07.1998 übereinstimmt. Zwar ist anerkannt, dass grundsätzlich weder die Änderung einzelner Bestimmungen noch die durch die Änderung einzelner Bestimmungen veranlasste Bekanntmachung der Neufassung einer Satzung die Antragsfrist hinsichtlich einer inhaltlich unverändert gebliebenen Vorschrift erneut in Gang setzt (vgl. Urteil des Senats vom 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, DVBl. 2002, 416). Etwas anderes gilt jedoch, wenn in der Neuregelung bestimmt ist, dass die Gesamtregelung anstelle der alten Regelung in Kraft tritt. In einem solchen Fall läuft die Antragsfrist insgesamt von neuem, und zwar auch hinsichtlich solcher in der Neuregelung enthaltener Vorschriften, die wortgleich in der außer Kraft getretenen Regelung enthalten waren. Ein solcher Fall liegt - ungeachtet der den Satzungen jeweils vorangestellten Präambeln, in denen auf die vom Gemeinderat am 02.07.1998 beschlossene Satzung Bezug genommen wird - hier vor. Denn nach § 37 Abs. 2 der Friedhofssatzungen vom 18.01.2007 und 08.12.2005 sollten die bisher gültigen Satzungen jeweils zugleich außer Kraft treten. § 37 der Friedhofssatzungen bringt somit zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die gesamte Friedhofssatzung durch den Gemeinderat neu in Geltung gesetzt und an die Stelle der alten Friedhofssatzung treten sollte.
II.
23 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. § 7 Abs. 3 Satz 1 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 18.01.2007 überschreitet die Grenzen der der Antragsgegnerin durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 Abs. 1 BestattG i.Vm. § 4 GemO eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis. Sie ist mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und daher für unwirksam zu erklären, soweit sonstigen Gewerbetreibenden Dekorationstätigkeiten auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin von vornherein nicht gestattet werden.
24 
1. § 7 Abs. 3 Satz 1 FS verbietet sonstigen Gewerbetreibenden die gewerbliche Betätigung jedweder Art auf den Friedhöfen der Antragsgegnerin, solange ihre Tätigkeit nicht durch das Garten- und Friedhofsamt gestattet worden ist. Die Gestattung ist von vornherein ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit mit dem Friedhofszweck unvereinbar ist. Im Übrigen hängt sie gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FS davon ab, ob der Gewerbetreibende die in fachlicher und persönlicher Hinsicht an ihn zu stellenden Anforderungen erfüllt. Darüber hinaus können nach § 7 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 FS sonstigen Gewerbetreibenden bestimmte Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Grabmalaufstellers sowie des Gärtners gehören, überhaupt nicht gestattet werden. Dazu zählen im Fall des Gärtners insbesondere auch Dekorationstätigkeiten jeder Art, wobei neben der ausdrücklich erwähnten Dekoration von Aufbahrungsräumen, Feierhallen und geöffneten Grabstätten etwa auch die Dekoration von Särgen in Betracht kommt.
25 
2. Diese Beschränkung der Tätigkeit auch der Antragstellerin ist am Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen.
26 
Wie der Senat in seinem Urteil vom 24.06.2002 (- 1 S 2725/00 -, NVwZ-RR 2003, 142 <144>) ausgeführt hat, erfasst der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährte Schutz der Berufsfreiheit auch die gewerbliche Betätigung innerhalb einer öffentlichen Einrichtung, die mit Anstaltscharakter betrieben wird. Die in früheren Urteilen (s. z.B. Urteil des Senats vom 01.12.1986 - 1 S 667/86 -, NVwZ 1987, 723) im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1979 - 7 B 8.79 -, Buchholz 408.2 Friedhofsbenutzung Nr. 7) vertretene gegenteilige Auffassung, auf die sich die Antragsgegnerin anfänglich berufen hat, hat der Senat in der genannten Entscheidung ausdrücklich aufgegeben. Denn mit Blick auf die Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) kann auch die von einer Gemeinde als Friedhofsträger für sich in Anspruch genommene Anstaltsgewalt keinen „grundrechtsfreien Raum“ begründen. Da Art. 12 Abs. 1 GG auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, stellt jede Regelung, die bewirkt, dass eine beruflichen Tätigkeit nicht in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann, einen Eingriff in dieses Grundrecht dar.
27 
3. Dieser Eingriff durch § 7 Abs. 3 FS ist durch den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Berufsausübung durch oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden kann, nur teilweise gedeckt.
28 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG regelt § 7 Abs. 3 Satz 1 FS die Berufsausübung. Die Vornahme bestimmter Tätigkeiten ausschließlich auf dem Friedhof stellt - bei Orientierung an den typischen Berufsbildern - keinen eigenständigen Beruf dar, sondern ist Teil der von dem jeweiligen Gewerbetreibenden ausgeübten Tätigkeit, so dass § 7 Abs. 3 FS nur die Bedingungen und Modalitäten bestimmt, unter denen sich die berufliche Tätigkeit vollzieht. Eine Berufsausübungsregelung ist zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt ist (siehe hierzu nur Wieland in: Dreier , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 117 ff. m.N.).
29 
b) Soweit § 7 Abs. 3 FS eine Gestattung nur für den Fall vorsieht, dass die erstrebten Tätigkeiten mit dem Friedhofszweck vereinbar sind, und sie davon abhängig macht, dass der Gewerbetreibende die an ihn in fachlicher und persönlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen erfüllt, ist der hierin liegende Eingriff in die Berufsfreiheit zur Sicherung des Friedhofszwecks (vgl. 15 Abs. 1 BestattG) geeignet, erforderlich und angemessen. Er beruht daher auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Dies bedarf keiner näheren Darlegung, zumal die Rechtmäßigkeit von § 7 Abs. 3 FS von der Antragstellerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogen wird.
30 
c) Demgegenüber vermag der Senat einen vernünftigen Grund für die Regelung nicht zu erkennen, einen Gewerbetreibenden, der zwar mangels abgeschlossener Gärtnerausbildung nicht nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 FS als Friedhofsgärtner zugelassen werden, seine Fachkunde im Hinblick auf die Vornahme von Dekorationsarbeiten jedoch auf andere Weise nachweisen kann, von vornherein von Dekorationstätigkeiten auszuschließen und diese Gärtnern vorzubehalten. Eine derartige Beschränkung ist nicht notwendig, um Tote geordnet und würdig zu bestatten, beizusetzen und zu ehren oder die Ordnung auf dem Friedhof aufrecht zu erhalten. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe überzeugen nicht. Es leuchtet nicht ein, dass nur durch eine klare Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von Friedhofsgärtnern und Bestattern ein geordneter und reibungsloser Ablauf der Bestattungen möglich sein soll. Soweit bei der jeweiligen Bestattung der Auftrag - wie zu erwarten - in eindeutiger Weise an in der Regel nur einen Unternehmer erteilt wird, sind Unzuträglichkeiten nicht zu besorgen. Für solche Störungen ist insbesondere dann auch nichts ersichtlich, wenn der Bestatter seine Leistungen für den Auftraggeber durch Dekorationstätigkeiten auf dem Friedhof abrundet.
31 
Um zu gewährleisten, dass für Bestattungen nur dem Anlass angemessene Blumendekorationen verwendet werden, ist die Beschränkung von Dekorationstätigkeiten auf Gärtner ebenfalls nicht notwendig. Dieses Ziel kann vielmehr bereits dann erreicht werden, wenn eine Person tätig wird, bei der von einer entsprechenden Sachkunde auszugehen ist. Der hierfür erforderliche Nachweis kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht nur durch eine abgeschlossene Gärtnerausbildung oder die Ablegung der Meisterprüfung als Gärtner erbracht werden. So liegt auf der Hand, dass etwa ein Floristmeister, der nach dem Urteil des Senats vom 19.10.1987 - 1 S 3274/86 - zwar nicht als Friedhofsgärtner zuzulassen ist, gleichwohl die für die Dekorationstätigkeiten erforderliche Sachkunde - jedenfalls bezogen auf Aufbahrungsräume und Feierhallen - besitzt; denn das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt gerade in der Gestaltung des Blumenschmucks. Bei gewerblichen Bestattern spricht ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften alles dafür, dass durch die erfolgreiche Abschlussprüfung auch insoweit die erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen sind. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ bzw. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) der fachpraktische Teil der Prüfung jeweils eine Dekoration in der Trauerhalle oder am Grab, und der fachtheoretische Teil erstreckt sich auch auf die Trauerfloristik. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft (Verordnung über die Entwicklung und Erprobung des Ausbildungsberufs Bestattungsfachkraft vom 03.07.2003, BGBl. I S. 1264, 1269) wird unter Nr. 12 „Durchführung von Trauerfeiern und Bestattungen“ bei den grabtechnischen Arbeiten ausdrücklich folgendes angeführt: „Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“. Unter der Rubrik „Vorbereiten, Organisieren und Durchführen von Bestattungen“ wird die Trauerfloristik und die Dekoration zwar nicht ausdrücklich benannt; ausweislich des von der Antragstellerin auszugsweise vorgelegten Berichts des Bundesinstituts für Berufbildung - BIBB - über die Evaluation „Ausbildungsberuf Bestattungsfachkraft“ stellen indessen sowohl die Dekoration der Trauerhalle als auch die Trauerfloristik wichtige Ausbildungsinhalte dar. Zusätzliche Hinweise auf ihre Fachkunde können gegebenenfalls Personen aufweisen, die - wie der Sohn des Inhabers der Antragstellerin - an einem anerkannten Seminar für Trauerfloristik teilgenommen haben.
32 
Auch der Hinweis der Antragsgegnerin, dass für Dekorationen am offenen Grab die Unfallverhütungsvorschriften der Gartenbauberufsgenossenschaft einzuhalten seien, was eine entsprechend qualifizierte und zielgerichtete Ausbildung voraussetze, rechtfertigt es nicht, andere Personen als Gärtner von vornherein auszuschließen. Wird für Dekorationen am offenen Grab - sofern für derartige Dekorationen in der Praxis überhaupt ein Bedarf besteht - eine Gestattung begehrt, gehört zur fachlichen Eignung auch die entsprechende Sachkenntnis. Diese kann wiederum ausweislich der einschlägigen Bestimmungen in den Aus- und Fortbildungsvorschriften für gewerbliche Bestatter vorausgesetzt werden. So umfasst nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 sowohl der besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung „Geprüfter Bestatter/Geprüfte Bestatterin“ wie auch zum Funeralmaster (Bestattermeister/Bestattermeisterin) das „Einbringen einer Schalung im Grab, Herrichten des Grabes zur Beerdigung, Überbauung eines Nachbargrabes“. Im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zur Bestattungsfachkraft wird unter Nr. 12 bei den grabtechnischen Arbeiten folgendes angeführt: „Grabstellen einrichten, öffnen und schließen; Grabstellen für die Bestattung anlegen und dekorieren“.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
35 
Beschluss
36 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.