Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 10. Nov. 2014 - W 7 K 14.918
Tenor
I.
Der Bescheid der Beklagten vom
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.
Er ist türkischer Staatsangehöriger und wurde am ... 1985 in S. geboren, wo er seitdem ohne Unterbrechung lebt. Seit dem
Am
Am
Mit Schreiben vom
Mit Schreiben der Beklagten vom
Mit Bescheid der Beklagten vom
Der Kläger habe insbesondere durch seine mehrjährige Mitgliedschaft und die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen die IGMG und deren Ziele unterstützt. Es sei nicht glaubhaft, dass er sich nicht näher mit dem Hintergrund und den Bestrebungen der IGMG befasst habe, obwohl er seit vielen Jahren die Moschee der IGMG besuche. Konfrontiert mit den Zielen der Milli Görüs-Bewegung könne er sich vorstellen in einem Gottesstaat zu leben, wenn dies die Türkei weiterbringe und dieser nach den Regeln des Koran geführt werde. Zwar sei der Kläger der IGMG zu einem Zeitpunkt beigetreten, als diese nicht mehr als homogene verfassungsfeindliche Organisation anzusehen gewesen sei. Er sei jedoch der Strömung zuzurechnen, die weiterhin verfassungsfeindliche Ziele unterstütze. Er habe sich auch nicht von den verfassungsfeindlichen Bestrebungen abgewandt. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2012 Bezug genommen.
II.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom
Der Kläger sei hier geboren und sozialisiert. Politische Vorgänge in der Türkei seien für ihn ohne Bedeutung. Er sei der IGMG zu einem Zeitpunkt beigetreten, als sich diese in einer Phase des Umbruchs befunden habe und nicht mehr als homogene verfassungsfeindliche Organisation zu betrachten gewesen sei. Zwar habe er bei seiner Anhörung angeben, dass er sich mit einer islamischen Staatsform nach dem Koran anfreunden könne. Er habe später jedoch klargestellt, dass Demokratie überall sein müsse und er nicht für die strikte Einhaltung der Gebote des Koran sei. Damit habe er sich unverkennbar zur Demokratie und demokratischen Grundsätzen wie Meinungs- und Religionsfreiheit bekannt.
Auf die Schriftsätze der Klägerbevollmächtigten vom
Der Kläger lässt beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die seit vielen Jahren bestehende Mitgliedschaft des Klägers in der IGMG stelle einen gewichtigen Anhaltspunkt für eine Unterstützungshandlung i. S. d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG dar. Es sei ausreichend, dass der Kläger die Unterstützung der verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IGMG als mittelbare Nebenfolge seines Handelns billigend in Kauf nehme. Es sei nicht erkennbar, dass er ausschließlich für einbürgerungsunschädliche Reformbestrebungen eintrete. Er habe vielmehr angegeben auch bei Kenntnis der Ziele und Bestrebungen der IGMG dieser beigetreten zu sein. Ein Abwenden von dieser Unterstützung sei nicht erfolgt. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10. April 2013 wird Bezug genommen.
Die Regierung von Unterfranken als Vertreterin des öffentlichen Interesses hält die Klage ebenfalls für unbegründet, da der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben sei. Zur Begründung wird Bezug genommen auf eine Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 29. April 2013. Darin wird ausgeführt, die IGMG sei zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers 2009 noch eine einheitliche verfassungsfeindliche Organisation gewesen. Inhomogene Tendenzen seien allenfalls seit Kurzem festzustellen. Der Kläger wolle mit seinen Mitgliedsbeiträgen nur Kosten der Moschee begleichen, die er zum Beten und Fußballschauen besuche. Er kümmere sich jedoch nicht um die Verwendung seiner Beiträge und interessiere sich nicht für die Ziele der Organisation, der er angehöre. Dies sei nicht nachzuvollziehen. Bei der Anhörung sei deutlich geworden, dass der Kläger sich vorstellen könne, in einem islamisch geprägten Staat zu leben. Dass er innerhalb der IGMG wirkende Reformbemühungen unterstütze, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Zugehörigkeit zur Generation hier geborener Ausländer alleine reiche dafür nicht aus. Auf den Schriftsatz der Regierung von Unterfranken vom 27. Mai 2013 sowie die Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 29. April 2013 wird Bezug genommen.
Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Stadt Schweinfurt vom
1. Der Kläger erfüllt die Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG mit Ausnahme der Aufgabe bzw. des Verlustes seiner bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG).
2. Der Einbürgerung des Klägers steht nicht der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen. Durch seine Mitgliedschaft in der IGMG-Moscheegemeinde S. unterstützt er nicht Bestrebungen im Sinne dieser Vorschrift.
2.1 Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
2.2 Die erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme der Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG können sich nicht nur aus entsprechenden Handlungen des Ausländers ergeben, sondern auch aus dessen Zugehörigkeit zu einer und/oder aktiven Betätigung für eine Organisation, die ihrerseits Ziele im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt. Für die Einordnung einer Organisation als verfassungsfeindlich gilt dabei ebenfalls das herabgesetzte Beweismaß des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, d. h. es genügt der durch konkrete Tatsachen begründete Verdacht, dass die Organisation das Ziel verfolgt, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen (BVerwG, B.v. 27.1.2009 - 5 B 51.08 - juris). Dies gilt auch für eine Organisation, die sich selbst - wie die IGMG - nicht als politische Vereinigung, sondern als islamische religiöse Gemeinschaft versteht. Voraussetzung ist, dass sich diese Gemeinschaft nicht auf religiöse und soziale Ziele und Aktivitäten beschränkt, sondern - und sei es als Teil ihres religiösen Selbstverständnisses - auch weitergehende politische, verfassungsfeindliche Ziele verfolgt (BVerwG, U.v. 2.12.2009 - 5 C 24/08 - juris Rn. 18).
2.3 Der aus der Zugehörigkeit zu einer und/oder aktiven Betätigung für eine Organisation hergeleitete Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen kann im Einzelfall auch davon abhängen, ob die Organisation bei einer Gesamtbetrachtung ihres Wirkens in Bezug auf die Verfolgung oder Unterstützung von gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Zielen als homogen einzustufen ist oder verschiedene Strömungen aufweist, die unter dem Aspekt der Verfassungsfeindlichkeit unterschiedlich zu bewerten sind. Denn bei einer sich im Hinblick auf die Verfassungsfeindlichkeit als inhomogen darstellenden Organisation kann der Mitgliedschaft in ihr und/oder die Tätigkeit für sie keine vergleichbare indizielle Aussagekraft wie bei einer in Bezug auf die Verfassungsfeindlichkeit einheitlich zu beurteilenden Organisation beigemessen werden. In diesen Fällen hängt - vorausgesetzt, andere Anknüpfungstatsachen sind nicht gegeben - der begründete Verdacht vielmehr davon ab, welcher Richtung sich der Ausländer zurechnen lassen muss. Denn das Gesetz fordert mit Rücksicht auf die Höchstpersönlichkeit der Staatsangehörigkeit und des Einbürgerungsanspruchs - wie dargelegt - einen personenbezogenen Verdacht. Dementsprechend ist es erforderlich, im Wege einer umfassenden Gesamtwürdigung des jeweiligen Sachverhalts festzustellen, ob der Ausländer die Organisation als Ganzes einschließlich ihrer einbürgerungsschädlichen Ziele mitträgt oder ob er sich von letzteren glaubhaft distanziert. Liegen äußere Umstände vor, die es hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer den Kreisen innerhalb einer Organisation zuzurechnen ist, die ausschließlich einbürgerungsunschädliche Ziele verfolgen, ist für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG kein Raum. Denn tritt ein Ausländer einer Organisation zu einem Zeitpunkt bei, in dem sich diese bereits im Umbruch befindet und/oder wird er für eine solche tätig, fehlt es - sofern er der einbürgerungsrechtlich unbedenklichen Strömung zuzuordnen ist - von vornherein an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Demgegenüber steht das Tatbestandsmerkmal der glaubhaften Abwendung von derartigen Bestrebungen in Rede, wenn der Ausländer der Organisation auch schon zu einem Zeitpunkt angehörte und/oder sie unterstützte, als sie bezogen auf die fehlende Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in ihrer Zielrichtung noch als eine einheitliche Bewegung anzusehen war. Der Wegfall des Ausschlussgrundes des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG kann in diesem Fall nicht an die Bedingung geknüpft werden, dass sich die Organisation in ihrer Gesamtheit glaubhaft ideologisch neu ausrichtet, die alten, verfassungsfeindlichen Werte und Ziele überwindet und nunmehr als ein sich homogen sowohl nach innen als auch nach außen um einen dauerhaften Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bemühender Verband erscheint. Erforderlich und ausreichend für den Wegfall des Ausschlusses nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist vielmehr, dass der um Einbürgerung nachsuchende Ausländer glaubhaft macht, für die einbürgerungsunschädlichen Reformbestrebungen einzutreten (BVerwG, U.v. 2.12.2009 - 5 C 24/08 - juris Rn. 20).
2.4 Nach Auffassung der Kammer stellt sich die IGMG weiterhin als inhomogene, islamisch fundierte Gemeinschaft dar, in der es nach wie vor sowohl Strömungen gibt, die Bestrebungen i. S. d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgen als auch solche, die in verfassungsrechtlicher Hinsicht als unverdächtig zu bewerten sind und für eine rein religiöse Ausrichtung der IGMG eintreten, so dass die oben genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Verfahren weiterhin maßgeblich ist.
Die Mitgliedschaft des Klägers in der IGMG ist daher nach den vom BVerwG im o.a. Urteil aufgestellten Kriterien zu bewerten. Dabei geht die Kammer von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aus, die dieser im Urteil vom 11. Juni 2008 (VGH BW, U.v. 11.6.2008 - 13 S 2613/03 - juris) zur Organisation Milli Görüs getroffen hat und die revisionsrechtlich nicht beanstandet wurden (BVerwG, U.v. 2.12.2009 - 5 C 24/08 - juris).
Der VGH Baden-Württemberg hat hinsichtlich der IGMG im Einzelnen ausgeführt (VGH BW, U.v. 11.6.2008 - 13 S 2613/03 - juris Rn. 46 f.):
„Insgesamt ergibt sich aus diesen Verlautbarungen, dass jedenfalls wesentliche Strömungen innerhalb der IGMG den Leitideen E.s folgend einen Absolutheitsanspruch verfolgen, der mit der Ablehnung westlicher Werte, des westlichen Staatssystems, der Freiheitsrechte und insbesondere des grundgesetzlichen Prinzips der Volkssouveränität und der Geltung der verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetze nicht vereinbar ist. Zwar wirkt auch eine in traditionalistischen religiösen Überzeugungen gründende antiemanzipatorische und patriarchalische Grundhaltung als solche noch nicht einbürgerungshindernd (so Berlit a. a. O. Rn. 109); die Milli-Görüs-Bewegung verlässt in den genannten Zielen jedoch den grundrechtlich durch Art. 4 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Raum. Wenn die weltliche Gewalt uneingeschränkt religiös-weltanschaulichen Geboten unterworfen wird, die ihrerseits verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der Rechtsordnung enthalten, Auslegungsrichtlinien für die Auslegung und Anwendung staatlicher Rechtsgebote darstellen und im Konfliktfall sogar Vorrang vor dem staatlichen Gesetz genießen sollen, gefährdet dies im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die freiheitliche demokratische Grundordnung. Nach der Weltanschauung von Milli Görüs darf die Politik z. B. ihre Unabhängigkeit von der Scharia gerade nicht erklären (s. Milli Gazete von 5.7.2005, VB.Bund 2005, S. 217).
Allerdings ist nicht zu verkennen - und davon geht auch der Senat im vorliegenden Verfahren aus -, dass die IGMG trotz ihrer Verwurzelung in der türkischen Milli-Görüs-Bewegung, trotz der engen Verbindung mit deren eigenen Publikationen und trotz der oben dargestellten personellen und organisatorischen Kontakte zu E. und zur SP zum gegenwärtigen (entscheidungserheblichen) Zeitpunkt nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen ist. Die IGMG selbst nimmt für sich in öffentlichen Verlautbarungen - bekräftigt durch ihren Generalsekretär in der mündlichen Verhandlung - in Anspruch, hinsichtlich ihrer Verfassungsnähe verglichen mit der ersten Immigrantengeneration, also sozusagen den „Gründervätern“, einen aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relevanten Wandel durchgemacht zu haben (vgl. auch dessen Interview in der TAZ vom 7.5.2004, S. 4 - 5), und die Existenz reformorientierter Kreise innerhalb der IGMG mit dem Ziel, sich von den ursprünglichen politischen Idealen der Milli-Görüs-Bewegung E.s abzusetzen und die Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes zu fördern, wird auch sonst anerkannt. Sie ergibt sich z. B. schon aus den im Gutachten ... herausgestellten Äußerungen des früheren Generalsekretärs M.S. E. (s. Gutachten S. 11 ff., 14, 28, insbesondere 16 - 30), und auch das Gutachten ... stellt - wenngleich zurückhaltender - unterschiedliche Strömungen und Positionen innerhalb der IGMG fest (S. 48 f.). Wenn dieses Gutachten gleichwohl „reformatorische Ansätze ... von der Führungsspitze her“ nicht erkennt (a. a. O. S. 48), so schließt sich dem der Senat in dieser Zuspitzung nicht an. Bereits die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP und deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 haben innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum (wesentlich gemäßigteren) Kurs der AKP geführt (s. dazu VB Berlin 2003, 111, zitiert bei OVG Koblenz a. a. O. und VB Berlin 2005, S. 284 f., zitiert bei VG Berlin a. a. O., S. 11). Der Generationenwechsel und die im Vergleich zur ersten Immigrantengeneration völlig veränderte Situation späterer, schon in Deutschland geborener und aufgewachsener türkischer Staatsangehöriger hatte nach der Literatur zur IGMG tiefgreifenden weltanschaulichen Neuentwicklungen innerhalb der IGMG zur Folge (s. dazu Kücükhüseyen, Türkische politische Organisationen in Deutschland, Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung Nr. 45, August 2002, S. 23 m.w.N). Bei deren Bewertung war man allerdings eher vorsichtig (siehe etwa K. Schuller in FASZ vom 18.4.2004: „noch zu früh“). Auch die Verfassungsschutzberichte der neueren und neuesten Zeit erkennen eine solche Weiterentwicklung der IGMG insbesondere im Hinblick auf die Frage der Verfassungsfeindlichkeit an (s. insbesondere VB Nordrhein-Westfalen 2007 vom 29.3.2008, S. 110 und 112). Ob es sich hier (nur) um einen Generationenkonflikt handelt oder ob die Grenzen zwischen den einzelnen Strömungen nicht vielmehr kulturell und mentalitätsbedingt sind, wie der Generalsekretär der IGMG in der Verhandlung andeutete, kann hier offenbleiben. Nach der Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind jedenfalls in der von ihm beobachteten IGMG trotz der noch immer vorhandenen Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer (islamistischer) Bestrebungen seit Jahren Tendenzen einer allmählichen Loslösung von islamistischen Inhalten zu beobachten. Der Einfluss E.s auf Personalentscheidungen der IGMG wird als „zurückgehend“ beurteilt, und als ein Ergebnis des Symposiums Ende 2007 in Bonn geht der Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen davon aus, dass die IGMG von einem Anhängsel einer extremistischen politischen Bewegung mit religiöser Verankerung inzwischen zu einer eigenständigen religiösen Gemeinschaft geworden ist (a. a. O.); er spricht von “guten Gründen” für die Annahme, die neue Generation der Funktionärsebene teile die ideologischen Vorgaben E.s nicht mehr (a. a. O. S. 110). Der auch vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörte Generalsekretär der IGMG hat bei dem genannten Symposium nach der Wertung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in seinem Schlussvortrag „ein in seiner Klarheit und Offenheit bemerkenswertes Bekenntnis“ abgelegt, das als „Absage an überkommene ideologische Vorstellungen“ bewertet wird (a. a. O. S. 113: Es sei ”nicht schmerzlich, sich einzugestehen, dass man auf der Suche nach vermeintlich islamischen Antworten auf gesellschaftliche Grundsatzfragen erkennt, dass bewährte Konzepte wie Demokratie und soziale Marktwirtschaft dem eigenen Ideal von einem auf Gerechtigkeit fußenden System am nächsten kommen…”). Auch der Senat hat in der mündlichen Verhandlung bei der ausführlichen Anhörung des Generalsekretärs, der immerhin ein entscheidendes Amt innerhalb der IGMG innehat und sie repräsentiert (s. dazu VB Bund 2007 S. 194 und „IGMG-Selbstdarstellung“ S. 20: Pflege der Beziehungen der Gemeinschaft zu anderen gesellschaftlichen Gruppen; Ansprechpartner zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft) und von daher auch die Ausrichtung der IGMG mit Öffentlichkeitswirkung mitbestimmen kann, den Eindruck gewonnen, dass jedenfalls von seiner Seite aus keine Infragestellung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung befürchtet werden muss; dem Generalsekretär geht es vielmehr offensichtlich eher darum, im Interesse der nunmehr heranwachsenden Generation der Milli-Görüs-Mitglieder und ihrer Integration auf einen Konsens zum Demokratieprinzip und zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinzuwirken und die Vereinbarkeit dieser Grundprinzipien auch mit der religiösen Fundierung der IGMG im Islam zu verdeutlichen. Dass es sich hier um bloße taktische Manöver der IGMG-Spitze handelt („vorsichtiger geworden“, siehe Gutachten ... ... S. 47), nimmt der Senat nicht an, zumal die IGMG insofern - etwa was den Beitritt der Türkei zur EU angeht - auch Spannungen mit den Milli-Görüs-Anhängern in der Türkei in Kauf genommen hat (siehe Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008). Im Übrigen kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass mehrfache und ausdrückliche Bekenntnisse zur Verfassung - wie sie mehrfach abgegeben worden sind - auch „nach innen“ langfristige Wirkungen haben (zum Problem einer sog. „doppelten Agenda“ siehe ... Gutachten S. 50; vgl. auch J. Miksch in FR vom 14.4.2005, speziell zur IGMG). Die genannten Wandlungstendenzen sind - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - auch von der Rechtsprechung anerkannt worden (VG Berlin a. a. O., S. 14 f.; VG Gelsenkirchen, a. a. O. S. 21 ff.; OVG Koblenz a. a. O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Wenn auch diese Gerichtsentscheidungen noch nicht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der festzustellende Wandlungsprozess bereits zu einem im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG positiven Abschluss gekommen ist, so ist doch jedenfalls nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die IGMG inzwischen nicht mehr als homogen-einheitliche, im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädliche Organisation zu betrachten ist; sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch vor § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG unverdächtige, festzustellen sind. Dies entspricht auch der Einschätzung der IGMG durch den gegenwärtigen Bundesinnenminister, der einer pauschalen „Vorverurteilung“ von Milli-Görüs- bzw. IGMG-Mitgliedern mehrfach öffentlich entgegengetreten ist und für eine differenzierte Bewertung eintritt („verschiedene Strömungen“, „heftige (interne) Spannungen“ vgl. Interview in FASZ vom 2.3.2008 und schon vom 22.4.2004). Auch zeigt das Verhalten der IGMG bei der sog. Islamkonferenz trotz noch immer bestehenden Unklarheiten im Detail (zum dortigen Verhalten des IGMG-Mitglieds ... in der Diskussion der später verabschiedeten „Eckpunkte“ - diese zit. in FR vom 14.3.2008 - s. Rüssmann in FR vom 26.6.2007 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008), dass sich die IGMG jedenfalls nicht mehr durchweg einem ernsthaften Bekenntnis zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung verweigert. Dass sie sich andererseits einer Forderung nach Assimilierung an eine deutsche „Leitkultur“ oder einem Bekenntnis zu ihr (unabhängig von den verfassungsrechtlich verbindlichen Vorgaben der Einbürgerung) verweigert (vgl. dazu den Streit um die Begriffe „Werteordnung des GG“ oder „Werteordnung, wie sie sich auch im GG widerspiegelt“, zit. bei Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008, Mönch in Tagesspiegel vom 14.3.2008 und Preuß/Drobinski in SZ vom 13.3.2008), steht dem nicht entgegen; derartiges könnte einbürgerungsrechtlich auch nicht verlangt werden. Insofern sieht der Senat die IGMG nach den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen inzwischen als eine Organisation an, die in relevanten Teilen gewissermaßen auf dem Weg zu einer Abwendung von ihren im Sinn des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlichen Wurzeln ist.“
Nach wie vor stellt sich die IGMG als eine inhomogene Vereinigung dar, in der es eine konservative, der politischen Ideologie der islamistischen Milli Görüs Bewegung in der Türkei verbundene Strömung sowie eine Strömung gibt, die aus der Milli Görüs Bewegung hervorgegangen ist, sich aber inzwischen von dieser ideologisch und politisch gelöst hat und nunmehr die Interessen der Muslime - insbesondere gerichtet auf den Islam - in Europa vertritt (vgl. a. VG Köln, U.v. 30.10.2013 - 10 K 2393/12 - juris Rn. 42). In der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 29. April 2013 geht dieses ebenfalls von einer derzeit inhomogenen Struktur der IGMG aus. Zwar sei nach Auffassung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern die IGMG im Jahr 2009 noch als einheitlich verfassungsfeindlich einzustufen gewesen, weiter wird jedoch ausgeführt: „Ob und ab wann hier inhomogene Tendenzen feststellbar sind, ist nach den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz allenfalls erst seit kurzem der Fall, wobei eine überwiegende oder generelle Abkehr noch immer nicht feststellbar ist“ (S. 2 der Stellungnahme vom 29.4.2013). Im Verfassungsschutzbericht Bayern 2013 wird zur IGMG auf Seite 38 nur kurz ausgeführt, dass weiterhin enge Verbindungen der IGMG zur Saadet-Partisi in der Türkei bestehen und sie sich auf dem Europatreffen zum Erbe E.s bekannte. Nähere Angaben zur inneren Entwicklung der IGMG fehlen, weshalb auch weiterhin von deren Inhomogenität auszugehen ist. Schließlich geht der Verfassungsschutzbericht 2013 des Bundesministeriums des Innern davon aus, dass die mit der Amtsübernahme von Ergün im Mai 2011 angestoßene personelle und strukturelle Umbruchphase weiter andauere und das Profil der IGMG deutlich religiöser ausgerichtet werde. Dennoch werde weiterhin auf einer Vielzahl von Veranstaltungen die Verbundenheit zu E. öffentlich bekundet, allerdings werde neben E. auch anderer islamischer Persönlichkeiten gedacht. Auch bestünden anhaltende Kontakte der IGMG zur politischen Ebene der Milli Görüs Bewegung, eine vollständige Loslösung sei noch nicht erfolgt (Verfassungsschutzbericht 2013 des Bundesministeriums des Innern, S. 255 f.).
2.5 Da sich die IGMG im Hinblick auf ihre Verfassungsfeindlichkeit weiterhin als inhomogen erweist, hängt die Frage, ob die Mitgliedschaft des Klägers seine Einbürgerung nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausschließt davon ab, welcher Richtung der IGMG sich der Kläger zurechnen lassen muss.
2.5.1 Der Kläger ist der IGMG zu einem Zeitpunkt beigetreten, als diese bereits inhomogene Strukturen in Bezug auf verfassungsfeindliche Bestrebungen aufwies. Er ist der einbürgerungsrechtlich unbedenklichen Strömung zuzuordnen. Er wurde im Juli 2009 Mitglied des Schweinfurter Moschee-Vereins, welcher der IGMG angehört. Als solches zahlt er Mitgliedsbeiträge in Höhe von monatlich 10,00 EUR. Darüber hinaus hat der Kläger weder ein Amt noch sonstige Funktionen innerhalb der Gemeinschaft übernommen. Er ist auch nicht Mitglied im Dachverband. Die Mitgliedschaft im IGMG-Ortsverband und die damit verbundene Beitragszahlung stellen hier die einzigen Anhaltspunkte für die Prüfung dar, ob die Einbürgerung gemäß § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausgeschlossen ist. Die Kammer gelangte nach der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung, dass er aus rein religiösen und sozialen Gründen Mitglied der IGMG geworden ist. Er ist deshalb nicht der die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdenden Strömung innerhalb der IGMG zuzurechnen. Der Kläger hat glaubhaft geschildert, in die S. IGMG-Moschee durch seinen Vater hineingewachsen zu sein. Dementsprechend findet sich ein großer Teil seines sozialen Umfelds in dieser Moschee-Gemeinde. Er besucht die Moschee, um seinen religiösen Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere um an den Freitagsgebeten teilzunehmen. Seinen Beitritt 2009 und die Zahlung der Mitgliedsbeiträge erklärte der Kläger sowohl in der sicherheitsrechtlichen Befragung durch die Beklagte als auch in der mündlichen Verhandlung damit, dass er einen Beitrag zur Deckung der Kosten für den Unterhalt der Moschee, d. h. für Strom, Wasser, Heizung und Renovierungsarbeiten, leisten möchte. Er nutzt seit vielen Jahren die Moschee zum Gebet, weshalb er sich dazu verpflichtet fühlt. Er erklärte, bis zur Beantragung seiner Einbürgerung nichts von der Beobachtung der IGMG durch den Verfassungsschutz gewusst zu haben, Bestrebungen und Ziele der Milli Görüs und ihres geistigen Gründers E. seien ihm nicht bekannt. Er beteuerte wiederholt, sich nicht für Politik zu interessieren. Diese Äußerungen wirken vor dem Hintergrund, dass etwa seinem Bruder die Beobachtung durch den Verfassungsschutz bekannt war, zwar naiv, aber nicht unglaubwürdig. Unter Berücksichtigung des Bildungsstandes und des Gesamteindrucks in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer zu der Auffassung gekommen, dass es sich bei dem Kläger um einen gänzlich unpolitischen Menschen handelt, der sich nicht mit den ideologischen Hintergründen der Milli Görüs befasst. Nach seiner sicherheitsrechtlichen Befragung durch die Beklagte hat er sich jedoch darüber informiert, wofür seine Mitgliedsbeiträge verwendet werden und die entsprechende Jahresversammlung besucht. Danach sei ihm bestätigt worden, dass die gesamten Mitgliedsbeiträge in S. für den Unterhalt der Moschee verwendet würden. Der Kläger hat im Verwaltungs- und Klageverfahren keinerlei Erklärungen abgegeben, die ihn in die Nähe der politischen, konservativen, an den Vorstellungen E.s und der Saadet Partisi anknüpfenden Ausrichtung der IGMG rücken. Soweit er bei der Befragung durch die Beklagte angegeben hatte, sich vorstellen zu können, in einem islamischen Staat zu leben, wenn dies die Türkei voranbringe und nach dem Koran geschehe, hat er diese Aussagen im weiteren Verlauf der Befragung relativiert. Demokratie müsse überall herrschen und er sei gegen die strikte Befolgung und Durchsetzung der Gebote und Verbote des Korans. In der mündlichen Verhandlung erweckte der Kläger den Eindruck, dass ihm auch nicht vollständig bewusst ist, was die Einführung eines islamischen Staates tatsächlich bedeutet und mit welchen Konsequenzen dies vor allem für Freiheitsrechte verbunden ist. Er wiederholte, dass er versuche, die Regeln des Islam zu achten. Dies aber nur insoweit, als sie mit den Gesetzen der Bundesrepublik nicht in Konflikt gerieten. Er sprach sich gegen die Todesstrafe und gegen körperliche Strafen aus. Befragt nach den Beweggründen für seinen Einbürgerungswunsch gab er an, dass er sein ganzes Leben hier in Deutschland verbracht habe und deshalb nun auch deutscher Staatsbürger werden wolle.
Der Kläger ist der IGMG zu einem Zeitpunkt beigetreten, zu welchem diese bereits in verfassungsrechtlicher Hinsicht inhomogene Strukturen auswies. Deshalb ist es darüber hinaus nicht erforderlich, dass er aktiv für die einbürgerungsunschädlichen Reformbestrebungen eintritt (BVerwG, U.v. 2.12.2009 - 5 C 24/08 - juris Rn. 20).
2.6 Für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist somit kein Raum und der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Einbürgerungszusicherung (Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Würzburg Urteil, 10. Nov. 2014 - W 7 K 14.918 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er
- 1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die - a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder - b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder - c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt, - 3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat, - 4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert, - 5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, - 6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, - 7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.
(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.
(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.
(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.
(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.
(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.
(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er
- 1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die - a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder - b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder - c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt, - 3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat, - 4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert, - 5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, - 6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, - 7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.
(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.
(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.
(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.
(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.
(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.
(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er
- 1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die - a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder - b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder - c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt, - 3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat, - 4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert, - 5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, - 6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, - 7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.
(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.
(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.
(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.
(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.
(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.
(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2003 – 4 K 2234/01 - geändert; die Klage wird abgewiesen
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.02.2012 verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist 1981 in Köln geboren und aufgewachsen. Er hat von 1994 bis 1997 in Ankara eine deutsche Schule besucht und danach in Köln seinen Schul- und Studienabschluss gemacht. Der Kläger ist Diplom-Kaufmann und arbeitet seit 2008 freiberuflich im Bildungsbereich, u. a. ist er Dozent an der Hochschule C. .
3Der Kläger besuchte als Kind und Jugendlicher die Fatih Moschee in der Neusser Straße in Köln, welche zur Dachorganisation der „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş e.V. (IGMG)“ gehört. Er war zunächst Kassenwart des Jugendlokals der Moscheegemeinde und verantwortlich für die Hausaufgabenhilfe. Mit 20 Jahren engagierte er sich in der Jugendabteilung des IGMG-Regionalverbandes Köln im Aufgabenbereich Bildung für Jugendliche und war verantwortlich für die Hausaufgabenbetreuung im Rahmen des „Islamischen Erziehungs- und Bildungsvereins e.V.“. In diesem Verein gab er Nachhilfeunterricht und war zugleich Kassenwart. Nach einer kurzfristigen Tätigkeit in der Marketingabteilung der zentralen Jugendorganisation des IGMG übernahm der Kläger mit 27 Jahren die sog. Schülerabteilung.
4Von Ende 2004 bis 2009 war der Kläger gewähltes Mitglied im Integrationsrat der Stadt Köln. Zudem war er eine Zeit lang im Vorstand des Niehler Elternvereins tätig.
5Der Kläger, der seit dem 25.11.1997 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, stellte unter dem 18.03.2010 einen Einbürgerungsantrag und gab Loyalitätserklärungen ab.
6Mit Schreiben vom 16.04.2010 teilte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen der Beklagten mit, der Kläger sei seit 2003 als Funktionär der „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş e.V. (IGMG)“ bekannt. Er sei vom 7.10.2003 bis zum 29.03.2007 im Vorstand des „Islamischen Erziehungs- und Bildungsvereins e. V.“ (vormals „Islamischer Verband Köln e.V.“) tätig gewesen.
7Die Beklagte hörte den Kläger am 07.07.2010 zu seinen Aktivitäten an. In seinen Stellungnahmen vom 07.09.2010 und 08.11.2010 zu seiner Beziehung zur IGMG führte der Kläger aus, für ihn sei die IGMG das Sprachrohr von europäischen Muslimen. Es sei eine große Organisation, welche die Bedürfnisse der europäischen Muslime zu befriedigen versuche. Sie sei zudem vielerorts auch Ansprechpartner von Nichtmuslimen bei Fragen des Islam. Mit ihren sozialen und religiösen Angeboten wolle die IGMG es den Muslimen vereinfachen, ihre Religion auszuüben. Er selbst habe sich in die Jugendorganisation eingebracht, um im weitesten Sinne europaweit dafür zu sorgen, dass muslimische Jugendliche in der Schule, im Berufsleben und im privaten Leben erfolgreich sind.
8In seiner Befragung am 26.05.2011 hat der Kläger auf die Frage, welcher Strömung innerhalb der IGMG er angehöre, erklärt: Von verfassungsfeindlichen Strukturen sei ihm nichts bekannt. Inzwischen würden immer mehr junge Leute in wichtige Positionen des Vereins nachrücken und die ältere Generation ablösen. Seine Vorstandskollegen gehörten überwiegend der jüngeren Generation an. Die Funktionäre, mit denen er hauptsächlich zu tun habe, seien gebildeter und in Deutschland verwurzelter als früher, so dass die Identifikation als „Deutsch-Türken“ sehr tief sei. Entscheidungen in dem Vorstand, dem er angehöre, verliefen demokratisch.
9Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK) teilte auf erneute Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 21.06.2011 mit, nach dem in 2010 erfolgten Besuch des Gründers der Millî Görüş Bewegung Prof. Dr. Necmettin Erbakan in Deutschland sei allem Anschein nach die IGMG wieder näher an die Ideologie und die Ziele der Bewegung gerückt. Einbürgerungsbewerber, welche eine Funktionärstätigkeit der IGMG ausübten, müssten bei der Prüfung der Verfassungstreue vortragen, keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu unterstützen, und diese Behauptung glaubhaft belegen.
10In seinen Stellungnahmen vom 18.10.2011 und 30.11.2011 führte der Kläger aus, er strebe ganz gewiss keine verfassungswidrigen Bemühungen an. Ganz im Gegenteil arbeite er mit seinen ehrenamtlichen Aufgaben dafür, dass die Jugend mit Migrationshintergrund ihre verfassungsrechtlichen Rechte kenne und respektiere. Durch seine Aktivitäten im Bereich der Bildung würden muslimische Jugendliche ein wichtiger Teil der deutschen Gesellschaft. Er engagiere sich, um zu dieser Gesellschaft mit ihrer freiheitlichen Ordnung beizutragen, sie zu unterstützen und auszuleben. Er sehe in der freiheitlich demokratischen Ordnung eine Chance und keine Bedrohung, eine Chance dahingehend, seine religiösen Werte, also den Islam, auszuleben und nicht irgendwelche fragwürdigen Ideologien sowie eine Chance, dass sein Dasein und seine Werte als Bereicherung in dieser Gesellschaft wahrgenommen würden.
11Nach erneuter Anhörung des Klägers wurde sein Einbürgerungsantrag mit Bescheid vom 27.02.2012, zugestellt am 06.03.2012, abgelehnt. In der Begründung heißt es u. a., der Kläger habe in seinen Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht, dass er die Auffassung des Verfassungsschutzes zur IGMG nicht teile. Da ihm Reformbestrebungen innerhalb der IGMG nicht bekannt seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er solchen zuzurechnen sei. Der Kläger habe auch nicht erklärt, wie er selbst zur IGMG stehe und sei nicht auf das Thema „reformwillige Strömung“ innerhalb der IGMG eingegangen. Er habe in seiner Stellungnahme vom 30.11.2011 zwar ausgeführt, dass sich die IGMG wandle, habe aber nicht erklärt, welcher Art der Wandel sei und inwieweit er persönlich daran beteiligt sei. Der Kläger könne als langjähriges Mitglied und Funktionär der IGMG, das bereits lange vor Beginn der einsetzenden Reformbewegungen in die Organisation eingetreten sei, nur der ursprünglichen Strömung zugerechnet werden, so dass seine Funktionärstätigkeit seiner Einbürgerung entgegenstehe. Der Kläger sei dem nichtreformierten Flügel der IGMG zuzurechnen, da er weiterhin eine Funktionärstätigkeit innerhalb der Organisation ausübe und sich nicht glaubhaft von der verfassungsfeindlichen Ideologie der IGMG abgewandt habe.
12Der Kläger hat am 05.04.2012 Klage erhoben.
13Zur Begründung seiner Klage nimmt er zu seinem Verhältnis zur IGMG Stellung und führt aus, er sehe in der IGMG ein Sprachrohr von europäischen Muslimen. Die IGMG biete zudem europaweit Dienstleistungen an, welche für Muslime für das Praktizieren ihrer Religion notwendig seien. Eine politische Orientierung, die vor allem aus der türkischen Millî Görüş Bewegung initiiert sei, stehe nicht mehr zur Debatte. Heute fühlten sich sowohl Mitglieder als auch Funktionäre der IGMG in Deutschland bzw. Europa heimisch und seien nicht mehr auf die Politik in der Türkei fokussiert. Die Aktivitäten der IGMG konzentrierten sich mittlerweise verstärkt auf die junge Generation, welche in Europa geboren und hier aufgewachsen sei. Die Organisation bemühe sich, die islamischen Grundwerte zu vermitteln und das muslimische Gemeinschaftsleben zu fördern. Mit seiner Bildungsarbeit innerhalb der IGMG gebe er vielen Jugendlichen Orientierung in der Schule und im Beruf. Von den Jugendlichen erwarte dabei keiner, dass sie Mitglieder der IGMG würden oder eine politische Sichtweise einnähmen.
14Der Kläger beantragt,
15die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.02.2012 zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie trägt vor, die Klagebegründung lasse eine glaubhafte Hinwendung des Klägers zum reformorientierten Flügel der IGMG nicht erkennen. Dieser sei seit dem 01.08.2012 Vorsitzender der Jugendorganisation der IGMG-Generalzentrale in Kerpen und somit einer der zentralen Funktionäre der IGMG.
19Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu seiner Tätigkeit bei der IGMG angehört worden. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang ergänzend Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe
22Die Klage ist zulässig und begründet.
23Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Bescheid der Beklagten vom 27.02.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Ein gesetzlicher Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 - StAG - (RGBl. S. 583), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3458), steht der Einbürgerung nicht entgegen. Rechtsgrundlage für die begehrte Einbürgerungszusicherung ist § 10 StAG.
24Der Kläger erfüllt mit Ausnahme der Aufgabe bzw. des Verlustes seiner bisherigen Staatsangehörigkeit unstreitig die Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 StAG. Streitig ist allein, ob § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG der Einbürgerung entgegen steht.
25Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 1. Alt. StAG ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einzubürgernde Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, „es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat“.
26§ 11 Satz 1 Nr. 1 StAG bezweckt eine Vorverlagerung des Schutzes der genannten verfassungsrechtlichen Güter; erforderlich, aber auch hinreichend ist die aus bestimmten Tatsachen gerechtfertigte Annahme eines Sicherheitsgefährdungsverdachts. Für den Anspruchsausschluss nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genügt es, wenn die Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. Sie müssen nicht auch objektiv geeignet sein, diese zu beeinträchtigen. Es reicht vielmehr aus, wenn der Träger der Bestrebungen mit ihnen das Ziel verfolgt, die besagten Grundprinzipien zu beeinträchtigen. Ebenfalls wird nicht verlangt, dass das Verhalten des Ausländers tatsächlich Erfolg hat oder für einen Erfolg ursächlich ist.
27Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 -, juris Rn 16, BVerwGE 128, 140; siehe auch Berlit in GK-StAR, Rn 66 und 87 und 89 zu § 11 m.w.N.; Hailbronner-Renner, StAR 2010, Rn 7 zu § 11;
28„Unterstützen“ im Sinn von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist jede Handlung des Ausländers, die für Bestrebungen im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist, d.h. sich in irgendeiner Weise für diese positiv auswirkt. Einschränkend gilt aber, dass nur solche Handlungen unterstützen, “die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt“,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 – 5 C 20.05 -, juris Rn 18.
30Die Frage, ob im Einzelfall in Bezug auf die Person des konkreten Einbürgerungsbewerbers tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass er Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, ist nur unter Berücksichtigung der konkreten Umständen des Einzelfalles zu beantworten. Soweit die tatsächlichen Anhaltspunkte aus der Zugehörigkeit bzw. aktiven Betätigung des Einbürgerungsbewerbers für eine bestimmte Organisation hergeleitet werden, gilt dies auch bezüglich der Organisation.
31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.2009 – 5 B 51.08 – juris Rn 5.
32Der Einbürgerungsbehörde steht kein Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung zu, ob die Anknüpfungstatsachen je für sich oder in ihrer Gesamtschau nach Inhalt, Art und Gewicht für die Annahme ausreichen, dass der Ausländer Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat. Das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes einschließlich der Frage der glaubhaften Abwendung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterliegt vielmehr in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle,
33vgl. BVerwG, Urteil vom 02.12.2009 - 5 C 24.08 -, juris Rn 21.
34Die Beklagte sieht in dem frühen Eintritt des Klägers in die IGMG und seiner seit 2003 bis heute ausgeübten Funktionärstätigkeit für diese Organisation eine Unterstützungshandlung einer Vereinigung, die verfassungswidrige Bestrebungen verfolgt. Dem vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.
35Nach Auffassung der Kammer ist die IGMG heute keine in sich homogene Organisation mehr, die insgesamt Bestrebungen verfolgt, wie sie in § 11 Satz 1 Ziffer 1 StAG aufgeführt werden. Sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch unverdächtige gemäß § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, festzustellen sind.
36Die Kammer macht sich diesbezüglich die tatsächlichen Feststellungen des VGH Baden-Württemberg im Urteil vom 11.06.2008
37- 13 S 2613/03 - , juris,
38hinsichtlich der Organisation Millî Görüş zu eigen. Diese tatsächlichen Feststellungen wurden revisionsrechtlich nicht beanstandet,
39vgl. BVerwG, Urteil vom 02.12.2009, 5 C 24/08 - , juris.
40Der VGH Baden-Württemberg hat hinsichtlich der IGMG im Einzelnen ausgeführt: „
41„.....Insgesamt ergibt sich aus diesen Verlautbarungen, dass jedenfalls wesentliche Strömungen innerhalb der IGMG den Leitideen Erbakans folgend einen Absolutheitsanspruch verfolgen, der mit der Ablehnung westlicher Werte, des westlichen Staatssystems, der Freiheitsrechte und insbesondere des grundgesetzlichen Prinzips der Volkssouveränität und der Geltung der verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetze nicht vereinbar ist. Zwar wirkt auch eine in traditionalistischen religiösen Überzeugungen gründende antiemanzipatorische und patriarchalische Grundhaltung als solche noch nicht einbürgerungshindernd (so Berlit a.a.O. Rn 109); die Millî Görüş -Bewegung verlässt in den genannten Zielen jedoch den grundrechtlich durch Art. 4 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Raum. Wenn die weltliche Gewalt uneingeschränkt religiös-weltanschaulichen Geboten unterworfen wird, die ihrerseits verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der Rechtsordnung enthalten, Auslegungsrichtlinien für die Auslegung und Anwendung staatlicher Rechtsgebote darstellen und im Konfliktfall sogar Vorrang vor dem staatlichen Gesetz genießen sollen, gefährdet dies im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die freiheitliche demokratische Grundordnung. Nach der Weltanschauung von Millî Görüş darf die Politik z.B. ihre Unabhängigkeit von der Scharia gerade nicht erklären (s. Millî Gazete von 5.7.2005, VB.Bund 2005, S. 217).
42Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die IGMG trotz ihrer Verwurzelung in der türkischen Millî Görüş -Bewegung, trotz der engen Verbindung mit deren eigenen Publikationen und trotz der oben dargestellten personellen und organisatorischen Kontakte zu Erbakan und zur SP zum gegenwärtigen (entscheidungserheblichen) Zeitpunkt nicht mehr als eine homogene und - bezogen auf die Frage der Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - in ihrer Zielrichtung einheitliche Bewegung anzusehen ist. Die IGMG selbst nimmt für sich in öffentlichen Verlautbarungen - bekräftigt durch ihren Generalsekretär in der mündlichen Verhandlung - in Anspruch, hinsichtlich ihrer Verfassungsnähe verglichen mit der ersten Immigrantengeneration, also sozusagen den „Gründervätern“, einen aus der Sicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relevanten Wandel durchgemacht zu haben (vgl. auch dessen Interview in der TAZ vom 7.5.2004, S. 4-5), und die Existenz reformorientierter Kreise innerhalb der IGMG mit dem Ziel, sich von den ursprünglichen politischen Idealen der Millî Görüş-Bewegung Erbakans abzusetzen und die Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes zu fördern, wird auch sonst anerkannt. Sie ergibt sich z.B. schon aus den im Gutachten Schiffauer herausgestellten Äußerungen des früheren Generalsekretärs M.S. Erbakan (s. Gutachten S. 11 ff., 14, 28, insbesondere 16-30), und auch das Gutachten Spuler-Stegemann stellt - wenngleich zurückhaltender - unterschiedliche Strömungen und Positionen innerhalb der IGMG fest (S. 48 f.). Wenn dieses Gutachten gleichwohl „reformatorische Ansätze ... von der Führungsspitze her“ nicht erkennt (a.a.O. S. 48), so schließt sich dem der Senat in dieser Zuspitzung nicht an. Bereits die Abspaltung und Gründung der AKP von der SP und deren Niederlage bei den Parlamentswahlen in der Türkei im November 2002 haben innerhalb der IGMG zu Diskussionen über eine Neu- oder Umorientierung hin zum (wesentlich gemäßigteren) Kurs der AKP geführt (s. dazu VB Berlin 2003, 111, zitiert bei OVG Koblenz a.a.O. und VB Berlin 2005, S. 284 f., zitiert bei VG Berlin a.a.O., S. 11). Der Generationenwechsel und die im Vergleich zur ersten Immigrantengeneration völlig veränderte Situation späterer, schon in Deutschland geborener und aufgewachsener türkischer Staatsangehöriger hatte nach der Literatur zur IGMG tiefgreifenden weltanschaulichen Neuentwicklungen innerhalb der IGMG zur Folge (s. dazu Kücükhüseyen, Türkische politische Organisationen in Deutschland, Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung Nr. 45, August 2002, S. 23 m.w.N). ....
43Die genannten Wandlungstendenzen sind - wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung - auch von der Rechtsprechung anerkannt worden (VG Berlin a.a.O., S. 14 f.; VG Gelsenkirchen, a.a.O. S. 21 ff.; OVG Koblenz a.a.O., S. 16 des Urteilsabdrucks). Wenn auch diese Gerichtsentscheidungen noch nicht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der festzustellende Wandlungsprozess bereits zu einem im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG bzw. des Verlustes seiner bisherigen Staatsangehörigkeit positiven Abschluss gekommen ist, so ist doch jedenfalls nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die IGMG inzwischen nicht mehr als homogen-einheitliche, im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädliche Organisation zu betrachten ist; sie erscheint vielmehr als eine islamisch fundierte Gemeinschaft, in der mehrere starke Strömungen, also durchaus auch vor § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unverdächtige, festzustellen sind. Dies entspricht auch der Einschätzung der IGMG durch den gegenwärtigen Bundesinnenminister, der einer pauschalen „Vorverurteilung“ von Millî Görüş - bzw. IGMG-Mitgliedern mehrfach öffentlich entgegengetreten ist und für eine differenzierte Bewertung eintritt („verschiedene Strömungen“, „heftige (interne) Spannungen“ vgl. Interview in FAS vom 2.3.2008 und schon vom 22.4.2004). Auch zeigt das Verhalten der IGMG bei der sog. Islamkonferenz trotz noch immer bestehenden Unklarheiten im Detail (zum dortigen Verhalten des IGMG-Mitglieds Kizilkaya. in der Diskussion der später verabschiedeten „Eckpunkte“ - diese zit. in FR vom 14.3.2008 - s. Rüssmann in FR vom 26.6.2007 und Drobinski in SZ vom 13.3.2008), dass sich die IGMG jedenfalls nicht mehr durchweg einem ernsthaften Bekenntnis zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung verweigert. Dass sie sich andererseits einer Forderung nach Assimilierung an eine deutsche „Leitkultur“ oder einem Bekenntnis zu ihr (unabhängig von den verfassungsrechtlich verbindlichen Vorgaben der Einbürgerung) verweigert (vgl. dazu den Streit um die Begriffe „Werteordnung des GG“ oder „Werteordnung, wie sie sich auch im GG widerspiegelt“ , zit. bei Ehrhardt in FAZ vom 5.3.2008, Mönch in Tagesspiegel vom 14.3.2008 und Preuß/Drobinski in SZ vom 13.3.2008), steht dem nicht entgegen; derartiges könnte einbürgerungsrechtlich auch nicht verlangt werden. Insofern sieht der Senat die IGMG nach den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen inzwischen als eine Organisation an, die in relevanten Teilen gewissermaßen auf dem Weg zu einer Abwendung von ihren im Sinn des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlichen Wurzeln ist.“
44Nach wie vor stellt sich die IGMG als eine inhomogene Vereinigung dar, in der es eine konservative, der politischen Ideologie der islamistischen Millî Görüş Bewegung in der Türkei verbundene Strömung sowie eine Strömung gibt, die aus der Millî Görüş Bewegung hervorgegangen ist, sich aber inzwischen von dieser ideologisch und politisch gelöst hat und nunmehr die Interessen der Muslime - insbesondere gerichtet auf den Islam - in Europa vertritt. Während der Verfassungsschutzbericht NRW 2010, den die Beklagte ihrer Entscheidung zugrundelegte, in Aussicht stellte, dass die Richtung der IGMG sich wieder der Ideologie Erbakans annähert (vgl. Verfassungschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2010, S. 223-231), der Verfassungsschutzbericht NRW 2011 sich hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Organisation zurückhielt (vgl. S. 235-242), geht der Verfassungsschutzbericht NRW 2012 nunmehr davon aus, dass die Entwicklung der IGMG in die Richtung einer faktischen Loslösung der IGMG von der Ideologie der Millî Görüş weist (vgl. S. 254-262):
45Personelle Umgestaltung
46Seit der Wahl von Kemal Ergün zum Generalvorsitzenden im Jahr 2011 ist ein fortwährender personeller Umbau innerhalb der IGMG-Struktur feststellbar. Inwieweit diese personelle Umstrukturierung innerhalb der IGMG Auswirkungen auf die ideologische Richtung der IGMG hat, kann noch nicht abschließend bewertet werden. Eine eindeutige Abkehr von der Ideologie Erbakans ist bisher von der IGMG-Führung jedenfalls nicht erklärt worden, die Kontakte zur türkischen Regierungspartei AKP scheinen aber weiter ausgebaut zu werden.
47Ausblick
48Seit geraumer Zeit sind Teile der IGMG in hervorgehobener Position bemüht, die politische Agenda in den Hintergrund treten zu lassen und die Organisation mehr auf die religiösen Belange zu konzentrieren. Damit einher geht eine allmähliche Loslösung von der 'Saadet Partisi', der Vertreterin von Erbakans politischem und ideologischem Erbe, die jedoch nicht eindeutig ausgesprochen wird. Eine eindeutige Klärung der Haltung der IGMG zu Erbakans politischer „Mission“ und seinen ordnungspolitischen Zielen sowie seinen Feindbildern hat somit bis heute nicht stattgefunden. Deshalb wird die IGMG nach wie vor als Teil der von Erbakan gegründeten und inspirierten politischen Bewegung 'Millî Görüş' angesehen. Die beschriebene Entwicklung weist aber in die Richtung einer faktischen Loslösung der IGMG von der Ideologie der 'Millî Görüş'.
49Da sich die IGMG im Hinblick auf die Verfassungsfeindlichkeit weiterhin als inhomogen erweist, hängt der begründete Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen davon ab, welcher Richtung dieser Vereinigung sich der Kläger zurechnen lassen muss. Der Mitgliedschaft bzw. der Funktionärstätigkeit in einer sich als inhomogen darstellenden Organisation kommt nämlich keine vergleichbare Indizwirkung wie bei einer in Bezug auf die Verfassungsfeindlichkeit einheitlich zu beurteilenden Organisation zu. Nach der Rechtsprechung des BVerwG,
50vgl. Urteil vom 02.12.2009 - 5 C 24.08 - , juris Rn 20,
51kommt es daher darauf an, welcher Richtung sich der Kläger zurechnen lassen muss. Liegen äußerliche Umstände vor, die es hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer den Kreisen innerhalb einer Organisation zuzurechnen ist, die ausschließlich einbürgerungsunschädliche Ziele verfolgen, ist für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG kein Raum. Demgegenüber steht das Tatbestandsmerkmal der glaubhaften Abwendung von derartigen Bestrebungen in Rede, wenn der Ausländer der Organisation auch schon zu einem Zeitpunkt angehörte und/oder sie unterstützte, als sie bezogen auf die fehlende Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in ihrer Zielrichtung noch als eine einheitliche Bewegung anzusehen war. Der Wegfall des Ausschlussgrundes des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG kann in diesem Fall nicht an die Bedingung geknüpft werden, dass sich die Organisation in ihrer Gesamtheit glaubhaft ideologisch neu ausrichtet, die alten, verfassungsfeindlichen Werte und Ziele überwindet und nunmehr als ein sich homogen sowohl nach innen als auch nach außen um einen dauerhaften Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bemühender Verband erscheint. Erforderlich und ausreichend für den Wegfall des Ausschlusses nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist vielmehr, dass der um Einbürgerung nachsuchende Ausländer glaubhaft macht, für die einbürgerungsunschädlichen Reformbestrebungen einzutreten.
52Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger der „jungen“ Generation der Funktionsträger zuzurechnen ist, die eine Abkehr von der Ideologie Erbakans vollzogen hat und sich auf die religiösen Belange der Organisation in Deutschland und Europa konzentriert. Ob der Kläger zu einem Zeitpunkt in die IGMG eingetreten ist, als diese sich noch nicht im Umbruch befand, wovon die Beklagte ausgeht, kann insoweit dahinstehen, als der Kläger durch seine Stellungnahmen im Verwaltungs- und Klageverfahren glaubhaft gemacht hat, jedenfalls nunmehr für die einbürgerungsunschädlichen Reformbestrebungen der IGMG einzutreten.
53Die Meinung des Gerichts gründet zunächst auf der Tatsache, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren keinerlei Erklärungen abgegeben hat, die ihn in die Nähe der politischen, konservativen, an den Vorstellungen Erbakans und der Saadet Partisi (SP - Partei der Glückseligkeit) anknüpfenden Ausrichtung der IGMG rücken. Vielmehr hat der Kläger stets klargestellt, die europäischen Werte, von denen er geprägt worden ist, zu vertreten. Dabei hat er sich klar und eindeutig zur Demokratie bekannt. Ausdrücklich hat er sich von der ehemaligen Ausrichtung der IGMG zu Erbakan und der Millî Görüş Bewegung, die politisch in der Türkei in der SP organisiert ist, abgegrenzt, indem er in der mündlichen Verhandlung u. a. ausgeführt hat:
54„Vor allen Dingen habe ich mich immer gegen die Türkei-Zentrierung gewandt, die Erbakan und auch manche in der IGMG vertreten haben. Wir leben als Muslime in Europa, so dass dieser Türkei-Bezug überhaupt nichts mehr mit unserem Leben zu tun hat. Vor allen Dingen aus der Türkei, vereinzelt aber auch in Deutschland, gibt es auch Äußerungen zum Thema Antisemitismus oder zur Wirtschaftsordnung, die auf keinen Fall meinen Auffassungen dazu entsprechen.“
55Die ablehnende Haltung des Klägers zur politischen und ideologischen Ausrichtung Erbakans und der Millî Görüş Bewegung und sein Engagement als Vorsitzender der Jugendorganisation der IGMG-Zentrale an einer Förderung der Bildung und der religiösen Werte für die IGMG in Deutschland und in Europa zeigen auf, dass der Kläger dem Zweig der sog. Modernisierer in der Zentrale der IGMG in Kerpen angehört, der laut Verfassungsschutzbericht NRW 2012 europäisch ausgerichtet ist und sich mehr auf die religiösen Belange konzentriert, wobei die politische Agenda und Ideologie der Millî Görüş Bewegung in den Hintergrund tritt. Seine Zugehörigkeit zu dieser Ausrichtung der IGMG lässt sich schon in seiner ersten Stellungnahme vom 07.09.2010 feststellen, in der es heißt:
56„Für mich ist die IGMG das Sprachrohr von europäischen Muslimen. Es ist eine große Organisation, welche die Bedürfnisse der europäischen Muslime versucht zu befriedigen. Sie ist zudem vielerorts auch Ansprechpartner von Nichtmuslimen, wenn es um Fragen rund um den Islam geht. Mit ihren sozialen und religiösen Angeboten möchte die IGMG den Muslimen in Europa vereinfachen, ihre Religion auszuüben.“
57Der Kläger hat seine Motive, sich innerhalb der IGMG zu engagieren, nachvollziehbar dargelegt und anschaulich aufgrund seines eigenen Werdegangs vermittelt. Diese Gründe beruhen danach zum einen auf seinem Interesse, Bildung Jugendlichen zu vermitteln, und zum anderen auf seinen religiösen Anschauungen. Anhaltspunkte dafür, dass er sich aus politischen Gründen oder wegen einer konservativen, islamistischen Ideologie dieser Vereinigung angeschlossen hat, finden sich in den Äußerungen des Klägers nicht.
58Es finden sich auch keine Anhaltspunkte für die in der Klageerwiderung geäußerten Bedenken der Beklagten, der Kläger würde im Hinblick auf die religiösen Werte des Islam die Grenzen der verfassungsmäßig garantierten Religionsfreiheit nicht vermitteln. Vielmehr hat sich der Kläger im Verwaltungsverfahren und ausdrücklich im Klageverfahren zur Toleranz und zur pluralistischen Gesellschaft geäußert und ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung abgegeben. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung nochmals eingehend zu seinem Verständnis des Islam befragt worden. Der Kläger hat dabei verdeutlicht, dass es ihm bei der „Irschadarbeit“ der IGMG um die Vermittlung der religiösen Lehre (Gebete etc.) geht. Anhaltspunkte für einen radikal ausgerichteten, demokratiefeindlichen Islam hat die Kammer in seinen Äußerungen nicht gefunden.
59Der Vortrag des Klägers ist im Verwaltungs- wie im Klageverfahren in sich bemerkenswert übereinstimmend und insgesamt nachvollziehbar und glaubhaft.
60Dass der Kläger zum Kreis derjenigen gehört, die die Einbindung der IGMG in Europa und nicht in der Türkei und die Ziele der IGMG in der Erhaltung und Förderung der kulturellen und religiösen Werte und nicht in politischen – insbesondere solchen der türkischen Saadet Partisi – sehen, ergibt sich auch aus den Presseberichten zu seiner Antrittsrede als neuer Vorsitzender der IGMG Jugendorganisation.
61Insgesamt kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass der Kläger ein konservativ gläubiger Muslim ist, der sich mit seinem Engagement im Bildungsbereich aktiv für die Reformströmungen in der IGMG in Deutschland einsetzt, weil er persönlich von der hiesigen demokratischen Staatsform und der religiösen Toleranz überzeugt ist.
62Da kein Anhalt für den Verdacht einer Unterstützung verfassungsfeindlicher Ziele besteht, ist für den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG kein Raum und der Kläger hat Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung
63Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 709 Zivilprozessordnung.
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er
- 1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die - a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder - b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder - c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt, - 3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat, - 4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert, - 5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, - 6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, - 7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.
(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.
(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.
(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.
(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.
(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.
(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.