Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 09. Feb. 2015 - W 7 K 14.390

bei uns veröffentlicht am09.02.2015

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger bestand im Oktober 2009 die Bachelor-Prüfung zum staatlich anerkannten Sozialpädagogen. Im Oktober 2013 legte er die Prüfung im Weiterbildungsstudium Sozialmanagement zum Master of Social Management ab.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2013 teilte die Regierung von Oberbayern - Landesprüfungsamt für Humanmedizin und Pharmazie - auf Anfrage des Klägers mit, der Gesetzgeber habe eine behördliche Zulassung als Voraussetzung für den Zugang zu einer Ausbildung zum Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten im Psychotherapeutengesetz (PsychThG) nicht vorgesehen. Die Entscheidung über eine Aufnahme zur Ausbildung träfen vielmehr die staatlich anerkannten Ausbildungsstätten, die an die Vorgaben in § 5 Abs. 2 PsychThG gebunden seien. Könnten Zweifelsfragen von den Ausbildungsstätten nicht selbst ausgeräumt werden, so könnten Auskünfte bei den für den Vollzug des PsychThG zuständigen Behörden eingeholt werden. Dies sei derzeit für den Kläger die Regierung von Unterfranken, da er sich bei Ausbildungsstätten in N* … und E* … beworben habe. Im Übrigen setze § 5 Abs. 2 Satz 1 PsychThG eine bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie oder aber eine bestandene Abschlussprüfung in den Studiengängen Pädagogik oder Sozialpädagogik voraus. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit habe im Herbst 2009 klargestellt, dass in diesem Zusammenhang ein Master-Abschluss vorauszusetzen ist.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 wandte sich der Kläger an die Regierung von Unterfranken mit der Bitte um Mitteilung, ob er nach Absolvierung einer entsprechenden Ausbildung zur staatlichen Abschlussprüfung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zugelassen werde. Es sei zwar mitgeteilt worden, dass die Zulassung zur Ausbildung den Ausbildungsinstituten selbst obliege. Er habe nunmehr von zwei Ausbildungsinstituten verbindliche Zusagen zur Ausbildung erhalten, jedoch hätten diese ihm nicht mitteilen können, ob er letztendlich zur Abschlussprüfung zugelassen werde. Er möchte nicht am Ende der Ausbildung feststellen, dass er nicht zur Abschlussprüfung zugelassen werde. Er habe nur die Möglichkeit des Bachelor-Studiums gehabt. An seiner Hochschule sei dies der erste Durchlauf nach dem Diplom gewesen; er habe die gleichen Vorlesungen besucht wie die Diplomanden früher. Bis auf ein Praktikumssemester seien die Studiengänge absolut identisch, dies werde auch durch die Hochschule bestätigt. Er bat um verbindliche Aussage darüber, ob er mit seinen Qualifikationen am Ende der Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zur Abschlussprüfung zugelassen werde.

Mit E-Mail vom 17. Dezember 2013 teilte die Regierung von Unterfranken dem Kläger mit, dass dort Erklärungen der … N* … und des … N* … vorliegen, in denen beide Institute erklärten, den Kläger aufnehmen zu wollen, wenn die Voraussetzungen erfüllt seien. Auf die Einschätzung der Regierung von Oberbayern vom 4. Juli 2013 wurde Bezug genommen; diese Rechtsmeinung werde von der Regierung von Unterfranken geteilt. Ein siebensemestriger Bachelor-Abschluss reiche nicht, da im Gegensatz zum früheren Diplom-Abschluss ein Praxissemester fehle. Der Abschluss im Sozialmanagement erfülle nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 PsychThG. Eine Zulassung zur staatlichen Prüfung nach abgeschlossener Ausbildung könne daher nicht in Aussicht gestellt werden.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2014, bei Gericht eingegangen am 17. April 2014, ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben. Zur Begründung wurde mitgeteilt, der Kläger beabsichtige, beim Institut für P* … die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu absolvieren. Die Regierung von Unterfranken habe ihm mitgeteilt, dass der Kläger die Zulassungsvoraussetzungen hierfür nicht erfülle. Dies sei unzutreffend, da der Kläger die Master-Prüfung im Weiterbildungsstudium Sozialmanagement absolviert habe und zudem im Vorfeld die Bachelor-Prüfung zum staatlich anerkannten Sozialpädagogen bestanden habe. Damit seien die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen gegeben. Der Kläger ließ zuletzt (vgl. Niederschrift vom 9.2.2015) beantragen, Es wird festgestellt, dass die Ausbildung des Klägers (Master im Sozialmanagement sowie Bachelor zum staatlich anerkannten Sozialpädagogen) die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erfüllt.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, für eine Zulassung des Klägers zur Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten durch die Regierung von Unterfranken gebe es im PsychThG keine rechtliche Grundlage. Allein die Ausbildungsstätte entscheide über die Zugangsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 PsychThG. Da der Gesetzgeber eine staatliche Zulassung zur Ausbildung nicht vorgesehen habe, ergehe auch kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Den Instituten werde lediglich auf Anfrage eine bloße Wissenserklärung zur geltenden Rechtslage gegeben. Sollten diese einen Interessenten trotz negativer Rechtsauskunft zur Ausbildung zulassen, tragen sie sowie der Ausbildungsteilnehmer das Risiko einer späteren Ablehnung der Zulassung zur Prüfung. Da die hochschulrechtliche Umstellung von Diplomauf Bachelor- und Master-Studiengänge im Gesetz nicht nachvollzogen worden sei, müssten die Verwaltungen im Wege der Auslegung ermitteln, inwieweit die heutigen Abschlüsse den vom Gesetzgeber geforderten Abschlüssen entsprächen. Dies gestalte sich wegen des modularen Aufbaus der heutigen Studiengänge sehr schwierig, da diese oft trotz gleicher oder ähnlicher Bezeichnungen inhaltlich sehr verschieden sein könnten. Auch wenn im Gesetz nur die Studienfächer, nicht aber die Art der Abschlüsse genannt seien, gehe der Gesetzgeber gleichwohl von Diplom- oder Master-Abschlüssen aus, da diese regelmäßig eine Studiendauer von acht bis zehn Semestern hätten. Kürzere Studiengänge wie der Bachelor erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Die G* … N* … habe bestätigt, dass der Bachelor-Studiengang des Klägers gegenüber dem bisherigen Studiengang um ein Semester verkürzt sei. Die Regierung von Unterfranken sehe daher wie auch die übrigen zuständigen Landesbehörden die Zugangsvoraussetzungen nur durch einen Master-Abschluss in (Sozial-) Pädagogik als erfüllt an. Fraglich sei im Übrigen die Zuständigkeit des Gerichts, da die Ausbildungsstätten ihren Sitz in N* … hätten.

Mit Beschluss vom 30. Juni 2014 wurde das Institut für P* … … zum Verfahren beigeladen.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 4. August 2014 wurde u.a. die Problematik der Zulässigkeit der Klage erörtert. Das beigeladene Institut erklärte zur Niederschrift des Gerichts, auf deren Inhalt auch im Übrigen Bezug genommen wird, dass sie den Kläger nicht zur Ausbildung zulassen werde.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt, die beigezogenen Behördenakten und die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 9. Februar 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig, da die Sachurteilsvoraussetzungen für die erhobene Feststellungsklage nicht vorliegen.

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinn die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (so z. B. BVerwG v. 28.5.2014 - 6 A 1/13 - juris m.w.N.). Die Feststellungsklage muss sich dabei auf einen konkreten, gerade den Kläger betreffenden Sachverhalt beziehen. Die bloßen Möglichkeiten einer tatsächlichen Betroffenheit reicht dabei nicht aus, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO anzunehmen; dieses Erfordernis dient dazu, Popularklagen auszuschließen (BVerwG, a.a.O.). Nicht als Gegenstand einer Feststellungsklage in Betracht kommen abstrakte Rechtsfragen, wie die Frage, in welchem Sinn eine bestimmte Vorschrift auszulegen ist (Kopp/Schenke, VwGO, § 43, Rn.14). Ebenfalls keine Rechtsverhältnisse im oben genannten Sinn sind bloße Vorfragen oder einzelne Elemente von Rechtsverhältnissen, die nicht selbst Rechte oder Pflichten zum Gegenstand haben, insbesondere die Frage, ob einzelne Tatbestandsmerkmale einer Norm erfüllt sind oder nicht (Eyermann/Happ, VwGO, 14. Auflage, § 43, Rn. 15).

Gemessen an diesen Voraussetzungen liegt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis in diesem Sinn vor. Denn der Kläger begehrt die Feststellung, dass die von ihm erreichten Studienabschlüsse (Master im Sozialmanagement sowie Bachelor zum staatlich anerkannten Sozialpädagogen) die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJPsychTh-APrV) erfüllt, ohne dass eine Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten überhaupt begonnen wurde und damit noch keine rechtliche Beziehung im oben genannten Sinn zur Beklagtenseite vorliegt. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger überdies - anders als im bisherigen Verfahren - klargestellt, dass er noch nicht wisse, bei welcher Ausbildungseinrichtung er eine Ausbildung beginnen möchte. Nach Auffassung der Kammer liegt ein hinreichender Konkretisierungsgrad aber erst vor, wenn eine derartige Ausbildung überhaupt begonnen wird. Denn vor Beginn einer Ausbildung können sich keine rechtlichen Beziehungen im Sinne von oben genannter Definition ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht. Solange insbesondere nicht einmal die Ausbildungsstätte feststeht, handelt es sich um eine bloße Absichtserklärung des Klägers, eine solche Ausbildung aufnehmen zu wollen, ohne dass konkrete Schritte zur Einleitung einer konkreten Rechtsbeziehung unternommen wurden. Die bloße Möglichkeit einer (zukünftigen) Betroffenheit genügt jedoch nicht.

Die Frage, ob es jemals zu einer Zulassungsentscheidung der zuständigen Behörde i.S.d. § 7 Abs. 1 KJPsychTh-APrV kommen wird, hängt zum einen davon ab, ob überhaupt eine Ausbildungsstätte den Kläger als Auszubildenden annimmt; in diesem Bereich sind der Behörde nach dem PsychThG keinerlei Entscheidungsbefugnisse zugewiesen. Darüber hinaus müsste der Kläger für eine Zulassung zur Prüfung gemäß § 7 Abs. 2 KJPsychTh-APrV noch weitere Voraussetzungen erfüllen, z.B. die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen nachweisen; weiterhin müssen mindestens zwei Falldarstellungen von der Ausbildungsstätte als Prüfungsfall angenommen werden. Ob der Kläger diese Voraussetzungen erfüllen wird, ist nicht absehbar. Vor der Wahl der Ausbildungsstätte und der Aufnahme der Ausbildung handelt es sich lediglich um abstrakte Möglichkeiten; abstrakte Rechtsfragen sind jedoch nicht Gegenstand von Feststellungsklagen. Entsprechende öffentlich-rechtliche Beziehungen sind daher in diesem Stadium nicht denkbar. Denn die Feststellungsklage dient nicht der Klärung abstrakter Rechtsfragen auf der Grundlage eines lediglich als möglich vorgestellten Sachverhalts (BVerwG v. 28.5.2014 - 6 A 1/13).

Eine andere Betrachtung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes in Hinblick auf § 19 Abs. 4 GG geboten. Zwar ist sich die Kammer durchaus der möglichen mittelbaren Folgewirkung der Auskunft der Regierung bewusst. Ebenso nachvollziehbar ist für die Kammer das Interesse des Klägers, nicht Zeit und finanzielle Mittel in eine Ausbildung investieren zu wollen, um dann das Risiko zu tragen, gegen Ende der Ausbildung nicht zur staatlichen Prüfung zugelassen zu werden. Diese Interessenlage rechtfertigt aber keine andere Auslegung des Begriffs des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses. Denn im Rahmen des Zulassungsverfahrens zur Ausbildung kann der Kläger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zeitnah und ohne größeren Einsatz finanzieller Mittel klären lassen, ob er mit den von ihm erreichten Studienabschlüssen eine Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bei einem bayerischen Institut beginnen kann. Sollte bereits eine Zulassung zur Ausbildung scheitern, ist auch keine Zulassung zur staatlichen Prüfung mehr denkbar. Die Rechtsbeziehung zwischen Kläger- und Beklagtenseite ist demnach erst dann konkret genug, wenn die Ausbildung tatsächlich begonnen wurde. Es liegt damit bereits kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor.

Ob die Klage darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 VwGO) sowie des besonderen Feststellungsinteresses bzw. Rechtsschutzbedürfnisses zulässig ist, kann daher offen bleiben.

Die Klage war somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das beigeladene Institut trägt seine außergerichtlichen Kosten gem. § 162 Abs. 3 VwGO selbst, da es keinen eigenen Antrag gestellt, sich damit nicht am Prozessrisiko beteiligt hat und das Verfahren auch sonst nicht wesentlich gefördert hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Psychotherapeutengesetz - PsychThG 2020 | § 5 Rücknahme, Widerruf und Ruhen


(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzung des § 2 Absatz 1 Nummer 1 nicht vorgelegen hat. Die Approbation kann zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzung des § 2 Absatz 1 Nummer 2 oder N

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Mai 2014 - 6 A 1/13

bei uns veröffentlicht am 28.05.2014

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst im Jahre 2010.

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(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzung des § 2 Absatz 1 Nummer 1 nicht vorgelegen hat. Die Approbation kann zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzung des § 2 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht vorgelegen hat. Im Übrigen bleiben die dem § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften unberührt.

(2) Die Approbation ist zu widerrufen, wenn nachträglich

1.
die Voraussetzung nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 wegfällt oder
2.
dauerhaft die Voraussetzung nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 wegfällt.
Im Übrigen bleiben die dem § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften unberührt.

(3) Das Ruhen der Approbation kann angeordnet werden, wenn

1.
gegen die betreffende Person wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergeben würde, ein Strafverfahren eingeleitet worden ist,
2.
die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufs voraussichtlich nur vorübergehend wegfällt,
3.
Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der betreffenden Person bestehen, die Person sich aber weigert, sich einer von der zuständigen Behörde angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen,
4.
sich erweist, dass die betreffende Person nicht über die für die Ausübung des Berufs erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt oder
5.
sich ergibt, dass die betreffende Person nicht ausreichend gegen die sich aus ihrer Berufsausübung ergebenden Haftpflichtgefahren versichert ist, sofern kraft Landesrechts oder kraft Standesrechts eine Pflicht zur Versicherung besteht.
Die Anordnung des Ruhens der Erlaubnis ist aufzuheben, sobald die Voraussetzung für die Anordnung nicht mehr vorliegt.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Personen mit einer Erlaubnis zur vorübergehenden Berufsausübung oder einer Erlaubnis zur partiellen Berufsausübung.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst im Jahre 2010.

2

Das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtete unter dem 10. Februar 2012 den Deutschen Bundestag gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10) über Art und Umfang der im Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 vorgenommenen Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 3, 5, 7a und 8 G 10 (BTDrucks 17/8639). Zur strategischen Beschränkung nach § 5 G 10 wurde mitgeteilt, dass zu drei der in § 5 Abs. 1 Satz 3 G 10 genannten Gefahrenbereichen Maßnahmen angeordnet und durchgeführt worden seien (BTDrucks 17/8639 S. 6 f.). Im Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 G 10) hätten sich anhand von 1 944 Suchbegriffen im ersten Halbjahr und 1 808 Suchbegriffen im zweiten Halbjahr insgesamt 10 213 329 Telekommunikationsverkehre "qualifiziert", davon 10 208 525 E-Mails. 29 der erfassten Telekommunikationsverkehre seien als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden (7 Metadatenerfassungen, 17 Webforenerfassungen, 5 Sprachverkehre). Im Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 G 10) seien im ersten Halbjahr 12 843 und im zweiten Halbjahr 13 304 Suchbegriffe angeordnet worden, anhand derer sich insgesamt 27 079 533 Telekommunikationsverkehre "qualifiziert" hätten, 180 davon (12 E-Mail-, 94 Fax- und 74 Sprachverkehre) seien schließlich als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden. Im Gefahrenbereich "Illegale Schleusung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 G 10) seien im ersten Halbjahr 313 und im zweiten Halbjahr 321 Suchbegriffe angeordnet, insgesamt 45 655 Telekommunikationsverkehre, darunter 45 599 E-Mails, selektiert und schließlich vier Sprachverkehre als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden. Zu dem Anstieg der Anzahl der selektierten Telekommunikationsverkehre im Vergleich zum Vorjahr 2009, für das der Vorgängerbericht (BTDrucks 17/4278 S. 7) insgesamt 6 841 725 Erfassungen (1 807 580 im Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" + 5 034 145 im Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung") und 278 (69 + 209) als nachrichtendienstlich relevant eingestufte Telekommunikationsverkehre ausweist, habe ein sehr hoher Spam-Anteil beigetragen. Die zur Selektion unerlässliche Verwendung inhaltlicher Suchbegriffe, bei denen es sich auch um gängige und mit dem aktuellen Zeitgeschehen einhergehende Begriffe handeln könne, führe unweigerlich zu einem relativ hohen Spam-Anteil, da viele Spam-Mails solche Begriffe ebenfalls beinhalten könnten.

3

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Mit seiner am 25. Februar 2013 erhobenen Klage wendet er sich gegen die strategische Beschränkung des E-Mail-Verkehrs im Jahr 2010. Zur Begründung trägt er vor: Er habe 2010 häufig per E-Mail mit Kollegen, Mandanten und anderen Personen im Ausland kommuniziert, vielfach in Angelegenheiten, die dem Anwaltsgeheimnis unterlegen hätten. Er müsse damit rechnen, dass diese Auslandskommunikation von strategischen Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 G 10, von denen er durch Presseberichte frühestens am 25. Februar 2012 Kenntnis erlangt habe, betroffen gewesen sei. Angesichts der Verwendung tausender auch allgemein gängiger Suchbegriffe und ca. 37 Mio. "Treffern" müsse er davon ausgehen, dass auch seine eigene, insbesondere anwaltliche E-Mail-Korrespondenz erfasst und auf nachrichtendienstliche Relevanz hin ausgewertet worden sei. Die Klage sei zulässig, weil er danach mit einiger Wahrscheinlichkeit in seinem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG betroffen worden sei. Eine stärkere Substantiierung der eigenen Betroffenheit sei ihm wegen der Heimlichkeit der Maßnahmen nicht möglich und könne deshalb auch nicht verlangt werden.

4

Die Klage sei auch begründet. Die angeordneten Telekommunikationsbeschränkungen hätten gegen das Übermaßverbot verstoßen. Insoweit sei bereits die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen zur strategischen Fernmeldeüberwachung zweifelhaft. Jedenfalls aber sei die exzessive Überwachungspraxis des Jahres 2010 unverhältnismäßig. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - (BVerfGE 100, 313) die strategische Fernmeldeüberwachung im Kern für verfassungsgemäß erachtet. Jedoch habe der Gesetzgeber die Überwachungsbefugnisse inzwischen erheblich ausgeweitet, insbesondere durch umfassende Einbeziehung auch der leitungsgebundenen Telekommunikation einschließlich des E-Mail-Verkehrs sowie durch Erhöhung des zulässigen Überwachungsvolumens auf bis zu 20 v.H. des Auslands-Fernmeldeverkehrs (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 4 G 10). Im Zusammenspiel mit größeren Überwachungs- und Auswertungskapazitäten infolge des technischen Fortschritts und mangels effektiver gesetzlicher Vorkehrungen zur Eingrenzung des Umfangs der Überwachungsmaßnahmen sei die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit damit überschritten worden. Im Übrigen fehle es an einer dem § 3b G 10 entsprechenden Regelung zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses im Rahmen der nachrichtendienstlichen Auswertung erfasster Telekommunikationsverkehre. Jedenfalls aber sei die Überwachungspraxis im Jahr 2010 in Anbetracht des Missverhältnisses von 37 Mio. "Treffern" - sowie der dahinter stehenden, noch wesentlich größeren Zahl überwachter Telekommunikationsverkehre - auf der einen Seite und nur 12 als nachrichtendienstlich relevant eingestufter E-Mails auf der anderen Seite verfassungswidrig. Der im Vergleich zu den Vorjahren exorbitante Anstieg der "Trefferzahl" sei weder auf ein Mehr an Suchbegriffen noch auf ein erhöhtes Spam-Aufkommen zurückzuführen und lasse sich deshalb nur mit einer Vergrößerung der technischen Überwachungskapazitäten und/oder der Verwendung besonders gängiger, unspezifischer Suchbegriffe erklären. Diese Ausweitung der Überwachung ohne ein Mehr an verwertbaren Ergebnissen sei willkürlich und unverhältnismäßig gewesen. Den angeordneten Maßnahmen habe bereits die Eignung gefehlt, weil angesichts des zahlenmäßigen Missverhältnisses von überwachten E-Mails und als nachrichtendienstlich relevant eingestuften E-Mails allenfalls von einer zufälligen Förderung des Gefahrenabwehrzwecks des § 5 G 10 die Rede sein könne. Die weitgehende Erfolglosigkeit der Überwachung lasse sich mit dem Einsatz von Verschlüsselungstechnologien erklären. Die mit der strategischen Überwachung des E-Mail-Verkehrs im Jahr 2010 verbundene Beeinträchtigung des Fernmeldegeheimnisses habe auch außer Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen gestanden. Die Beeinträchtigung sei schwerwiegend gewesen, weil eine Vielzahl auch unbeteiligter Personen anlasslos, verdachtsunabhängig und weit im Vorfeld einer drohenden Rechtsgutsverletzung betroffen gewesen sei. Der Einzelne habe bei jedem Auslandskontakt per E-Mail mit der Möglichkeit einer Erfassung durch den Bundesnachrichtendienst rechnen müssen, sodass sich ein Gefühl ständigen Überwachtwerdens mit nachteiligen Folgen für die individuelle wie auch die gesamtgesellschaftliche Kommunikation habe einstellen können. Unter Berücksichtigung auch der mangelhaften Effizienz der Überwachungsmaßnahmen habe der damit verfolgte Gefahrenabwehrzweck diese Beeinträchtigungen nicht aufwiegen können. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf seine - des Klägers - besondere Situation als Rechtsanwalt, weil die Auswertungspraxis des Bundesnachrichtendienstes der besonderen Sensibilität anwaltlicher E-Mail-Korrespondenz nicht ansatzweise Rechnung getragen habe, was die Eingriffsintensität zusätzlich erhöht habe.

5

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Bundesnachrichtendienst im Jahre 2010 das Fernmeldegeheimnis des Klägers verletzt hat, indem er im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung E-Mail-Verkehr des Klägers erfasst und weiterbearbeitet hat.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Die Beklagte hält die Klage für unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Ob der Kläger im Jahr 2010 von Maßnahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung betroffen gewesen sei, wisse sie nicht. Nicht auszuschließen sei eine Betroffenheit dergestalt, dass ein oder mehrere seiner Telekommunikationsverkehre erfasst, unverzüglich geprüft (§ 6 Abs. 1 Satz 1 G 10) und sodann unverzüglich gelöscht (§ 6 Abs. 1 Satz 2 G 10) worden seien. Selbst wenn man dies unterstelle, fehle es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 VwGO. Der Gesetzgeber habe mit dem G 10 den Rechtsweg im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG dahin ausgestaltet, dass in Fällen, in denen Telekommunikationsverkehre nur zufällig und nicht final erfasst sowie unverzüglich geprüft und gelöscht würden, eine Feststellungsklage unzulässig sei. Dies ergebe sich bereits aus § 13 G 10. Wenn danach in den dort genannten Fällen der Rechtsweg vor der Mitteilung der Beschränkungsmaßnahmen an den Betroffenen nicht zulässig sei, lasse sich dem im Umkehrschluss nicht nur entnehmen, dass in allen anderen Fällen der Rechtsweg auch schon vor der Mitteilung offen stehe, sondern darüber hinaus auch, dass nur in Bezug auf mitteilungspflichtige Fernmeldeerfassungen der Rechtsweg eröffnet sei. Derartige mitteilungspflichtige Fernmeldeerfassungen stünden hier nicht in Rede, weil etwaige erfasste Telekommunikationsverkehre des Klägers jedenfalls unverzüglich gelöscht worden seien und deshalb nach § 12 Abs. 2 Satz 1 G 10 keine Mitteilungspflicht bestanden habe.

8

Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats den § 5 G 10-Jahreshauptantrag 2010 für den Gefahrenbereich der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland in Kopie vorgelegt. Dabei sind unter anderem die beantragten Suchbegriffe geschwärzt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unter anderem beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der Bundesnachrichtendienst im Jahr 2010 im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung nach § 5 Abs. 1 G 10-Suchbegriffe wie zum Beispiel Atom, Bombe oder Schleusung verwendet hat, die im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung finden und aufgrund ihrer Alltagsgebräuchlichkeit nicht geeignet sind, zwischen Telekommunikationsverkehren zu differenzieren, die eine Relevanz für die der Überwachung unterliegenden Gefahrenbereiche/Aufklärungsziele haben und solchen Telekommunikationsverkehren, unter anderem derjenigen des Klägers, die keine diesbezügliche Relevanz aufweisen, den § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus", den § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" sowie den § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Illegale Schleusung" beizuziehen. Der Senat hat den Beweisantrag insoweit abgelehnt, weil die unter Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich ist, da die Klage unzulässig ist und die aufzuklärenden Suchbegriffe für den Nachweis eines tatsächlich erfolgten Eingriffs nicht relevant sind. Der Kläger hat sodann beantragt durch Beschluss festzustellen, ob die lediglich geschwärzte Vorlage des § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" insoweit rechtmäßig ist, als dort inhaltliche Suchworte geschwärzt sind. Der Senat hat den Antrag nach Abschluss des Verfahrens dem Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO vorgelegt.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des teilgeschwärzt vorgelegten § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Der Senat konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung über die Klage abschließend durch Urteil entscheiden. Zwar hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt, festzustellen, ob die Vorlage des § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" insoweit rechtmäßig ist, als dort die inhaltlichen Suchbegriffe geschwärzt sind. Über die Zulässigkeit und Begründetheit dieses Antrags hatte nicht der Senat, sondern hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO zu entscheiden. Der Senat war aber nicht verpflichtet, das bei ihm anhängige Verfahren der Hauptsache auszusetzen, bis der Fachsenat über den gestellten Antrag im Zwischenverfahren nach § 99 VwGO entschieden hat. Denn die Entscheidung des Fachsenats im Zwischenverfahren nach § 99 VwGO ist in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht vorgreiflich für die Entscheidung in der Hauptsache. Über diese Vorgreiflichkeit und damit über die Aussetzung des Verfahrens zu befinden, lag allein in der Zuständigkeit des Senats als Gericht der Hauptsache.

11

Dass die Entscheidung des Fachsenats im Zwischenverfahren in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht vorgreiflich für die Entscheidung in der Hauptsache ist, folgt aus der Aufgabenverteilung zwischen dem Gericht der Hauptsache und dem Fachsenat. Eine Entscheidung des Fachsenats nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt zum einen voraus, dass das Gericht der Hauptsache die beklagte Behörde gemäß § 99 Abs. 1 VwGO auffordert, bestimmte Urkunden oder Akten vorzulegen oder bestimmte elektronische Dokumente zu übermitteln oder bestimmte Auskünfte zu erteilen, und dabei die Entscheidungserheblichkeit dieser Unterlagen - in der Regel förmlich, insbesondere durch Beweisbeschluss - verlautbart (Beschlüsse vom 24. November 2003 - BVerwG 20 F 13.03 - BVerwGE 119, 229 <230 f.> = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 36 S. 27; vom 2. November 2010 - BVerwG 20 F 4.10 - juris Rn. 16; vom 15. März 2013 - BVerwG 20 F 8.12 - juris Rn. 11 und vom 17. Februar 2014 - BVerwG 20 F 1.14 - juris Rn. 8). Eine Entscheidung nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt zum anderen voraus, dass die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage der Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente oder die Erteilung der Auskünfte verweigert, weil das Bekanntwerden ihres Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder weil die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen (sogenannte Sperrerklärung). Gegenstand des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO ist diese Sperrerklärung. Das Gericht der Hauptsache entscheidet mithin zunächst darüber, ob Unterlagen wegen ihrer Entscheidungserheblichkeit beizuziehen sind, der Fachsenat im Anschluss daran gegebenenfalls darüber, ob eine Weigerung der Behörde, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, rechtmäßig ist.

12

Hier hat der Senat als Gericht der Hauptsache auf den Beweisantrag des Klägers bereits die Beiziehung des ungeschwärzten Jahreshauptantrags abgelehnt, weil für seine Entscheidung die Kenntnis der nur geschwärzt vorgelegten Suchbegriffe nicht erheblich ist. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Beiziehung eines insoweit ungeschwärzten Jahreshauptantrags darüber hinaus auch deshalb unterbleiben müsste, weil die Beklagte dessen Vorlage aus den Gründen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtmäßig verweigern dürfte. Ob eine solche bisher nicht ausgesprochene Weigerung rechtmäßig oder rechtswidrig wäre, war ohne Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens in der Hauptsache. Selbst wenn im Falle einer Aussetzung des Verfahrens der Hauptsache der Fachsenat im Zwischenverfahren den Antrag des Klägers für zulässig und eine Weigerung der Beklagten, den Jahreshauptantrag ungeschwärzt vorzulegen, für rechtswidrig gehalten hätte, wäre dessen Beiziehung unterblieben, weil der Senat als insoweit allein zuständiges Gericht der Hauptsache die vorrangig festzustellende Entscheidungserheblichkeit verneint hat.

13

Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO hat nur die Funktion, zu überprüfen, ob die Behörde die Vorlage von Unterlagen rechtmäßig verweigert, die das Gericht der Hauptsache als entscheidungserheblich beiziehen will. Hingegen hat das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht die Funktion, dem Kläger des Hauptsacheverfahrens eine Möglichkeit an die Hand zu geben, die Vorlage von Akten zu erzwingen, deren Entscheidungserheblichkeit das Gericht der Hauptsache verneint und die es deshalb nicht von der Behörde angefordert hat (Beschluss vom 23. Juli 2013 - BVerwG 20 PKH 1.13 - juris Rn. 8).

14

2. Die Klage ist unzulässig. Zwar ist der Rechtsweg für das Begehren des Klägers nicht ausgeschlossen (a). Auch ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung über die Klage sachlich zuständig (b). Jedoch liegen die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO für eine Feststellungsklage nicht vor (c).

15

a) Der Rechtsweg für das vom Kläger geltend gemachte Begehren ist nicht nach § 13 G 10 ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 G 10 und ihren Vollzug der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen (vgl. § 12 G 10) nicht zulässig. Dieser partielle Rechtswegausschluss ist gestützt auf Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach bei einer gesetzlich angeordneten Beschränkung des in Art. 10 Abs. 1 GG verbürgten Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, die dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes dient, das Gesetz bestimmen kann, dass sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt. In Fällen des § 13 G 10 erfolgt die parlamentarische Kontrolle im Bereich des Bundes durch das Parlamentarische Kontrollgremium (§ 14 G 10) und die G 10-Kommission (§ 15 G 10).

16

Ein in § 13 G 10 ausdrücklich behandelter Fall liegt hier nicht vor. Aus dem Bereich der strategischen Überwachung nennt § 13 G 10 nur Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 G 10, also solche zur Aufklärung der Gefahr eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland. Derartige Beschränkungsmaßnahmen hat der Bundesnachrichtendienst im Jahr 2010 nicht vorgenommen. Ausweislich des Berichts des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 G 10 (BTDrucks 17/8639 S. 6) wurden im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 strategische Beschränkungsmaßnahmen nur in den Gefahrenbereichen "Internationaler Terrorismus" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 G 10), "Proliferation und konventionelle Rüstung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 G 10) sowie "Illegale Schleusungen" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 G 10) angeordnet.

17

Entgegen der Auffassung der Beklagten darf aus anderen Gesetzesbestimmungen nicht gefolgert werden, dass der Rechtswegausschluss gemäß § 13 G 10 sich weitergehend auf sämtliche Fälle erstreckt, in denen - ungeachtet des betroffenen Gefahrenbereichs - im Rahmen strategischer Beschränkungen nach § 5 G 10 erhobene Daten nach unverzüglicher Prüfung unverzüglich gelöscht worden sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 G 10). Die Regelung über den Mitteilungsausschluss in § 12 Abs. 2 Satz 1 G 10 sowie die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 6 G 10 deuten zwar an, dass der Gesetzgeber den als nachrichtendienstlich relevant bewerteten und aus diesem Grund längerfristig gespeicherten Daten größere Bedeutung für den gerichtlichen Rechtsschutz als den gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 G 10 unverzüglich gelöschten Daten beigemessen hat. Dass im Falle der letztgenannten Daten ein gerichtlicher Rechtsschutz gänzlich ausgeschlossen sein soll, hat jedoch im Gesetzeswortlaut an keiner Stelle hinreichenden Niederschlag gefunden.

18

b) Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erstinstanzlich zuständig. Bei den hier streitigen strategischen Beschränkungen des Fernmeldeverkehrs nach § 5 G 10 handelt es sich um Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Maßnahmen nicht in die alleinige Zuständigkeit des Bundesnachrichtendienstes fielen, sondern auf dessen Antrag (§ 9 G 10) hin vom Bundesministerium des Innern anzuordnen (§ 10 G 10) und von der G 10-Kommission auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen (§ 15 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 3 G 10) waren (Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 25 = Buchholz 402.9 G 10 Nr. 2).

19

c) Die Sachurteilsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO für die erhobene Feststellungsklage liegen nicht vor.

20

aa) Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Danach muss die Feststellungsklage sich auf einen konkreten, gerade den Kläger betreffenden Sachverhalt beziehen. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 Rn. 21 = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 5; stRspr). Gegenstand der Feststellungsklage kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis sein (Urteil vom 29. April 1997 - BVerwG 1 C 2.95 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 S. 7). Derartige rechtliche Beziehungen wären zwischen dem Kläger und der Beklagten dann entstanden, wenn feststünde, dass einer oder mehrere seiner E-Mail-Verkehre Gegenstand der strategischen Fernmeldeüberwachung im Jahr 2010 gewesen sind (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008 a.a.O. Rn. 26, zur strategischen Überwachung von Telefongesprächen).

21

Ist allerdings nicht sicher, sondern lediglich möglich, dass auch die Telekommunikation gerade des Klägers von strategischen Beschränkungsmaßnahmen betroffen war, fehlt es an der notwendigen Konkretisierung des Rechtsverhältnisses. Gegenstand der Feststellungsklage kann nur ein konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein (Urteile vom 8. Juni 1962 - BVerwG 7 C 78.61 - BVerwGE 14, 235 <236> = Buchholz 451.45 § 30 HandwO Nr. 1 S. 1; vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <211> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 S. 33; vom 16. November 1989 - BVerwG 2 C 23.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 106 S. 14 und vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87). Die Feststellungsklage dient hingegen nicht der Klärung abstrakter Rechtsfragen auf der Grundlage eines nur erdachten oder als möglich vorgestellten Sachverhalts (Urteile vom 8. Juni 1962, 7. Mai 1987 und 16. November 1989 jeweils a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 43 Rn. 17; Sodan, in: Sodan/Ziekow , VwGO, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 43 f.). Damit soll die Popularklage im Verwaltungsprozess verhindert werden, bei der sich der Kläger zum Sachwalter öffentlicher Interessen oder rechtlich geschützter Interessen Dritter macht (Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 12. Aufl. 2009, Rn. 490). Ferner sollen dadurch die Entscheidungsressourcen der Justiz auf tatsächlich vorhandene - statt lediglich hypothetische - Streitfälle konzentriert werden.

22

bb) Zwar lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass auch vom Kläger versandte oder an ihn gerichtete E-Mails im Jahr 2010 von der strategischen Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs erfasst waren.

23

Jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten durch den Staat ist ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 GG (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <366>), durch den zugleich ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO begründet würde. Eingriff ist dabei schon die Erfassung selbst, insofern sie die Kommunikation für den Bundesnachrichtendienst verfügbar macht und die Basis des nachfolgenden Abgleichs mit den Suchbegriffen bildet. An einem Eingriff fehlt es nur, soweit Telekommunikationsvorgänge zwischen deutschen Anschlüssen ungezielt und allein technikbedingt wieder spurlos ausgesondert werden. Dagegen steht es der Eingriffsqualität nicht entgegen, wenn die erfassten Daten nicht sofort bestimmten Personen zugeordnet werden können. Denn auch in diesen Fällen lässt sich der Personenbezug ohne Schwierigkeit herstellen.

24

Wie sich aus den Erläuterungen ergibt, welche die Beklagte hierzu in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, werden in diesem Sinne Telekommunikationsverkehre erfasst, sobald der dazu verpflichtete Betreiber des in der Anordnung bezeichneten Übertragungsweges (Telekommunikationsleitung) den Datenstrom in Gestalt einer Verdoppelung dem Bundesnachrichtendienst zuleitet. Damit stehen die Telekommunikationsverkehre dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung, der sie dann selektiert und anhand der angeordneten Suchbegriffe durchsucht. Mithin werden Telekommunikationsverkehre nicht erst anhand der Suchbegriffe erfasst. Vielmehr dienen die Suchbegriffe nach einer ersten technischen Selektion, bei der Inlandsverkehre aus den erfassten Telekommunikationsverkehren ausgeschieden werden sollen, einer Durchsuchung der schon erfassten Verkehre auf sogenannte Treffer.

25

cc) Der Senat kann jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass über eine bloße nicht auszuschließende Möglichkeit hinaus im Jahr 2010 Telekommunikationsverkehre unter Beteiligung des Klägers im Rahmen strategischer Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 G 10 in diesem Sinne tatsächlich erfasst worden sind.

26

Feststeht, dass kein Telekommunikationsverkehr des Klägers sich unter denjenigen befand, die sich im Ergebnis als nachrichtendienstlich relevant erwiesen und vom Bundesnachrichtendienst insoweit weiterverarbeitet worden sind. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass sich unter den im Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums vom 10. Februar 2012 ausgewiesenen 213 Telekommunikationsverkehren, die im Jahr 2010 als nachrichtendienstlich relevant eingestuft wurden, keiner des Klägers befinde. Dies stellt auch der Kläger nicht in Abrede.

27

Nicht mehr ermitteln lässt sich hingegen, ob ein Telekommunikationsverkehr des Klägers zwar zunächst erfasst, anhand angeordneter Suchbegriffe selektiert, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 G 10 unverzüglich auf nachrichtendienstliche Relevanz überprüft und sodann aber, weil diese Prüfung negativ verlief, als irrelevant gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 G 10 unverzüglich gelöscht worden ist. Aufklärungsbemühungen des Senats waren insoweit nicht erfolgversprechend. Zwar sind sowohl Erfassung und Abgleich mit angeordneten Suchbegriffen als auch die Löschung erhobener personenbezogener Daten zu protokollieren (§ 5 Abs. 2 Satz 4, § 6 Abs. 1 Satz 3 G 10). Die Protokolldaten sind jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen (§ 5 Abs. 2 Satz 6, § 6 Abs. 1 Satz 5 G 10), so dass hier möglicherweise beweiskräftige Protokolldaten seit Ende 2011, spätestens aber - soweit eine Protokollierung erst im Laufe des Jahres 2011 erfolgt wäre - seit Ende 2012 nicht mehr zur Verfügung stehen.

28

Die danach verbleibende Wahrscheinlichkeit für eine solche Erfassung ist jedoch nicht so hoch, dass sie als überwiegend eingestuft werden müsste und damit dem Senat die erforderliche Überzeugung dafür vermitteln könnte, dass die Voraussetzungen eines konkreten Rechtsverhältnisses erfüllt sind. Die Vorschriften über die strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs sorgen dafür, dass nur ein geringer Bruchteil aller Telekommunikationsverkehre von dieser Beschränkung erfasst wird.

29

Strategische Beschränkungen gemäß § 5 Abs. 1 G 10 weisen fragmentarischen Charakter auf. Sie sind auf die Übertragungswege beschränkt, die in der Anordnung bezeichnet werden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 G 10). Von der Übertragungskapazität, die auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung steht, darf ein Anteil von höchstens 20 v.H. überwacht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 4 G 10). Nach Angaben der Beklagten wird in der Praxis ein deutlich geringerer Anteil tatsächlich überwacht. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende stellvertretende Vorsitzende der G 10-Kommission hat dies bestätigt. Zwar mag theoretisch nicht auszuschließen sein, dass - wie der Kläger vermutet - bei nur geringer Ausnutzung der Übertragungskapazität durch die Betreiber der Übertragungswege mehr als 20 v.H. des tatsächlichen Übertragungsvolumens erfasst werden. Das lässt sich indes nicht mit Hilfe der Jahresanträge weiter aufklären, weil diese nur die Vorgaben dafür enthalten, in welchem Maß die Übertragungskapazität der Übertragungswege erfasst werden darf, aber keine Kenntnisse über das tatsächlich erfasste Übertragungsvolumen vermitteln. Die beantragte Beiziehung der Jahreshauptanträge war deshalb insoweit als Beweismittel nicht geeignet. Unabhängig davon wird der Telekommunikationsverkehr schon dann wirksam begrenzt, wenn nur 20 v.H. der Kapazität aller beantragten und angeordneten Übertragungswege überwacht werden dürfen. Der Bundesnachrichtendienst kann aus allen angeordneten Übertragungswegen jeweils nur solche auswählen und gleichzeitig überwachen, die nicht mehr als 20 v.H. der Kapazität aller angeordneten Übertragungswege ausmachen. Die Beschränkung auf einen Anteil der Gesamtkapazität aller Übertragungswege zwingt mithin zur Auswahl aus den angeordneten Übertragungswegen, die jeweils überwacht werden können.

30

Weil der tatsächliche Umfang der Überwachung entscheidend durch die Beschränkung auf bestimmte Übertragungswege und Übertragungskapazitäten begrenzt wird, ist für die Wahrscheinlichkeit, dass der Telekommunikationsverkehr eines bestimmten Teilnehmers tatsächlich erfasst sein könnte, unerheblich, dass auch Telekommunikationsverkehre erfasst worden sind, die über die größten deutschen Telekommunikationsdienstleister abgewickelt werden, und - bezogen auf den Gefahrenbereich des Internationalen Terrorismus - Telekommunikationsverkehre in und aus 150 Staaten und weiteren 46 Regionen beschränkt worden sind.

31

Für die Wahrscheinlichkeit, mit der auch Telekommunikationsverkehre des Klägers erfasst worden sind, ist schließlich unerheblich, welche Suchbegriffe der Bundesnachrichtendienst verwendet hat, insbesondere welche allgemein gängigen Begriffe sich darunter befunden haben. Selbst deren Kenntnis und ihre Verwendung in der E-Mail-Korrespondenz des Klägers sagen nichts darüber aus, dass diese Korrespondenz erfasst worden ist oder jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für ihre Erfassung besteht.

32

Wie bereits erwähnt, liegt die Erfassung von Telekommunikationsverkehr, mit der gegenüber dem Betroffenen ein Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 10 GG einhergeht, vor, wenn die Kommunikation für den Bundesnachrichtendienst technisch verfügbar gemacht wird und so eine Basis des nachfolgenden Abgleichs mit Suchbegriffen bildet. Diese Erfassung ist aber dem Abgleich der erfassten Verkehre anhand der angeordneten Suchbegriffe vorgelagert und wird nicht durch die Suchbegriffe gesteuert. Die verwendeten Suchbegriffe und deren geringe oder hohe Eignung für eine Selektion der erfassten Verkehre sind mithin ohne Bedeutung für die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Telekommunikationsverkehr überhaupt erfasst wird, sondern nur dafür, ob sich ein erfasster Verkehr im weiteren Verlauf für eine weitere Verarbeitung "qualifiziert". Aus diesem Grunde war die Kenntnis der angeordneten und verwendeten Suchbegriffe in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht entscheidungserheblich und konnte der Senat deshalb den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers ablehnen, bestimmte Jahreshauptanträge des Bundesnachrichtendienstes aus dem Jahr 2010 zum Beweis der Tatsache beizuziehen, dass der Bundesnachrichtendienst übermäßig allgemein gehaltene Suchbegriffe verwendet hat.

33

dd) Die verbleibenden erheblichen Zweifel daran, ob Telekommunikationsverkehr des Klägers im Jahre 2010 von der strategischen Beschränkung nach § 5 G 10 erfasst war und damit das streitige Rechtsverhältnis begründet worden ist, gehen zu Lasten des Klägers. Dies entspricht der allgemeinen Regel, nach der es zu Lasten des Beteiligten geht, der sich auf eine Norm beruft, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht geklärt werden können. Dies gilt auch, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen sich nicht klären lassen, von denen die Zulässigkeit der erhobenen Klage abhängt.

34

Diese Beweislast kann nicht umgekehrt werden. Dass nicht festgestellt werden kann, ob Telekommunikationsverkehr des Klägers von der Beschränkung erfasst war, beruht zwar einerseits auf der Heimlichkeit dieser Maßnahme und andererseits darauf, dass die Daten über die Erfassung und unverzügliche Löschung überprüfter, aber irrelevanter Verkehre ihrerseits gelöscht wurden, ohne dass die Betroffenen hierüber benachrichtigt worden sind. Daraus kann aber nicht der Vorwurf einer Beweisvereitelung und die Folge hergeleitet werden, der Nachteil der Nichterweislichkeit müsse zu Lasten der Beklagten gehen. Denn dieses Vorgehen des Bundesnachrichtendienstes entsprach Vorschriften, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind, insbesondere mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang stehen. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht gehalten, in Fällen der unverzüglichen Prüfung und anschließenden unverzüglichen Löschung erfasster Telekommunikationsverkehre (§ 6 Abs. 1 Satz 6 G 10) eine Mitteilungspflicht entsprechend § 12 Abs. 1 G 10 einzuführen, um auf diese Weise die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes zu verbessern. Eine solche Mitteilungspflicht würde massenhafte Recherchezwänge auslösen und dadurch in beträchtlicher Weise den Eingriff vertiefen (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a. - BVerfGE 125, 260 <336>); sie ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <398 f.>). Auch die gesetzlichen Löschungsregeln in § 5 Abs. 2 Satz 6 G 10 sowie in § 6 Abs. 1 Satz 5 G 10 sind für die Betroffenen offenkundig in erheblichem Maße grundrechtsschonend und stehen daher trotz ihrer Auswirkungen auf spätere Rechtsschutzmöglichkeiten mit Art. 19 Abs. 4 GG im Einklang.

35

ee) Ebenso wenig gebietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Absenkung des Beweismaßes dahingehend, dass an Stelle der vollen richterlichen Überzeugung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar eine bloße Glaubhaftmachung ausreicht, um eine tatsächliche Betroffenheit des Klägers und damit ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO anzunehmen.

36

Art. 19 Abs. 4 GG vermittelt dem Einzelnen einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, d.h. auf eine tatsächlich wirksame und möglichst lückenlose gerichtliche Kontrolle (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - NVwZ 2012, 694 <695>). Die Voraussetzungen und Bedingungen des Zugangs zum Gericht auszugestalten, bleibt den jeweils geltenden Prozessordnungen überlassen. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die ein Rechtsschutzbegehren von besonderen Voraussetzungen abhängig machen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Der Anspruch des Einzelnen auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle darf aber nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2000 - 1 BvR 321/96 - BVerfGE 101, 397 <408>).

37

Dass die bloße Möglichkeit einer tatsächlichen Betroffenheit nicht ausreicht, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO anzunehmen, dient dazu, Popularklagen nichtbetroffener Dritter auszuschließen sowie justizielle Entscheidungsressourcen auf tatsächlich vorhandene - statt lediglich hypothetische - Streitfälle zu konzentrieren. Hierbei handelt es sich um legitime Gemeinwohlanliegen, die durch alternative Maßgaben nicht mit derselben Wirksamkeit oder aber nur auf eine Weise zu verwirklichen wären, die an anderer Stelle zu unannehmbaren grundrechtlichen Einbußen führen müsste. Der Gesetzgeber war insbesondere - wie erwähnt - nicht gehalten, in Fällen der unverzüglichen Prüfung und anschließenden unverzüglichen Löschung erfasster Telekommunikationsverkehre (§ 6 Abs. 1 Satz 6 G 10) eine Mitteilungspflicht entsprechend § 12 Abs. 1 G 10 einzuführen, um auf diese Weise die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes zu verbessern, ohne zugleich die genannten Gemeinwohlanliegen zu beeinträchtigen.

38

Für einen Kläger, dessen Telekommunikationsverkehr tatsächlich erfasst und nach unverzüglicher Prüfung unverzüglich wieder als irrelevant gelöscht worden ist, ist es auch nicht unzumutbar, dass sich die spätere Unerweislichkeit seiner Betroffenheit prozessual zu seinen Lasten auswirkt.

39

Auf der einen Seite ist die Eingriffsintensität bei unverzüglicher Prüfung und Löschung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 G 10 geringer zu veranschlagen als in nachfolgenden Verarbeitungsstadien (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 a.a.O. S. 398 f.).

40

Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber im Interesse kompensatorischen Grundrechtsschutzes (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 45 = Buchholz 402.9 G 10 Nr. 2) sämtlicher von strategischen Beschränkungen erfassten Personen die Kontrolle eines unabhängigen, parlamentarisch bestellten Gremiums, nämlich der G 10-Kommission, vorgesehen. Diese entscheidet über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen (§ 15 Abs. 5 Satz 1 G 10), insbesondere im Stadium der Anordnung (vgl. § 15 Abs. 6 G 10). Hierbei unterliegen die wesentlichen Eckdaten strategischer Beschränkungen ihrer Prüfung: Das Vorliegen einer Bestimmung der jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen durch das Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (§ 5 Abs. 1 Satz 2 G 10); das Überschreiten der materiellen Eingriffsschwellen des § 5 Abs. 1 Satz 3 G 10; das Vorliegen eines Antrags des Bundesnachrichtendienstes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 G 10, § 9 Abs. 1 G 10); das Vorliegen einer Anordnung des Bundesministeriums des Innern (§ 10 Abs. 1 G 10); die Rechtmäßigkeit (insbesondere hinreichende Selektivität) der in der Anordnung benannten Suchbegriffe (§ 10 Abs. 4 Satz 1 G 10, § 5 Abs. 2 G 10); die Beschränkung der Überwachung auf einen Teil der Übertragungskapazitäten (§ 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 G 10); die Festlegung der Dauer der Beschränkungsmaßnahme (§ 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 G 10). Aufgrund dieser Kontrollpflichten und -befugnisse der G 10-Kommission ist der Grundrechtsschutz der Betroffenen in Bezug auf die Maßnahmenanordnung effektiv. Er ist auch insofern effektiv, als sich bei der G 10-Kommission im Zuge ihrer Tätigkeit spezialisierter Sachverstand herausbilden kann und ihr eine Personal- und Sachausstattung sowie Mitarbeiter mit technischer Expertise zur Verfügung zu stellen sind (§ 15 Abs. 1 G 10).

41

Hinsichtlich des Vollzugs strategischer Beschränkungsmaßnahmen erstreckt sich die Kontrollbefugnis der G 10-Kommission auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Hierzu bestehen Fragerechte, ein Recht auf Einsicht in alle Unterlagen (insbesondere in die gespeicherten Daten und die Datenverarbeitungsprogramme) sowie ein Recht auf jederzeitigen Zutritt in alle Diensträume (§ 15 Abs. 5 G 10). Die Vollzugskontrolle kann von Amts wegen vorgenommen, als auch durch Individualbeschwerden (eventuell) Betroffener ausgelöst sein (§ 15 Abs. 5 Satz 1 G 10). Auch insofern erweist sich der Grundrechtsschutz der Betroffenen somit als effektiv. Erst recht stellt die G 10-Kommission die allgemeine Kontrolle durch die Öffentlichkeit sicher, wie sie durch eine Absenkung der Anforderungen an das Beweismaß und die damit einhergehende faktische Ermöglichung einer Popularklage bewirkt würde.

42

ff) Anders als der Kläger meint, lässt sich schließlich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht herleiten, dass er seine tatsächliche Betroffenheit schon dann ausreichend dargelegt habe, wenn er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die angegriffene strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs in seinem grundrechtlich geschützten Fernmeldegeheimnis berührt sei. Die von ihm angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <354>) bezieht sich auf eine andere Fallgestaltung, nämlich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz. Sie verlangt für ihre Zulässigkeit nicht die Feststellung, dass die in Rede stehende Norm auf den Beschwerdeführer bereits angewandt worden ist, sondern eben nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass er von der Anwendung der Norm betroffen sein könnte. Hingegen hat die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO gerade die Anwendung der Norm auf einen feststehenden Sachverhalt zur Voraussetzung. Sie richtet sich allenfalls inzident gegen die gesetzliche Grundlage, unmittelbar aber gegen den Anwendungsakt, und zwar bezogen auf den Kläger selbst.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst im Jahre 2010.

2

Das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtete unter dem 10. Februar 2012 den Deutschen Bundestag gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10) über Art und Umfang der im Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 vorgenommenen Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 3, 5, 7a und 8 G 10 (BTDrucks 17/8639). Zur strategischen Beschränkung nach § 5 G 10 wurde mitgeteilt, dass zu drei der in § 5 Abs. 1 Satz 3 G 10 genannten Gefahrenbereichen Maßnahmen angeordnet und durchgeführt worden seien (BTDrucks 17/8639 S. 6 f.). Im Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 G 10) hätten sich anhand von 1 944 Suchbegriffen im ersten Halbjahr und 1 808 Suchbegriffen im zweiten Halbjahr insgesamt 10 213 329 Telekommunikationsverkehre "qualifiziert", davon 10 208 525 E-Mails. 29 der erfassten Telekommunikationsverkehre seien als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden (7 Metadatenerfassungen, 17 Webforenerfassungen, 5 Sprachverkehre). Im Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 G 10) seien im ersten Halbjahr 12 843 und im zweiten Halbjahr 13 304 Suchbegriffe angeordnet worden, anhand derer sich insgesamt 27 079 533 Telekommunikationsverkehre "qualifiziert" hätten, 180 davon (12 E-Mail-, 94 Fax- und 74 Sprachverkehre) seien schließlich als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden. Im Gefahrenbereich "Illegale Schleusung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 G 10) seien im ersten Halbjahr 313 und im zweiten Halbjahr 321 Suchbegriffe angeordnet, insgesamt 45 655 Telekommunikationsverkehre, darunter 45 599 E-Mails, selektiert und schließlich vier Sprachverkehre als nachrichtendienstlich relevant eingestuft worden. Zu dem Anstieg der Anzahl der selektierten Telekommunikationsverkehre im Vergleich zum Vorjahr 2009, für das der Vorgängerbericht (BTDrucks 17/4278 S. 7) insgesamt 6 841 725 Erfassungen (1 807 580 im Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" + 5 034 145 im Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung") und 278 (69 + 209) als nachrichtendienstlich relevant eingestufte Telekommunikationsverkehre ausweist, habe ein sehr hoher Spam-Anteil beigetragen. Die zur Selektion unerlässliche Verwendung inhaltlicher Suchbegriffe, bei denen es sich auch um gängige und mit dem aktuellen Zeitgeschehen einhergehende Begriffe handeln könne, führe unweigerlich zu einem relativ hohen Spam-Anteil, da viele Spam-Mails solche Begriffe ebenfalls beinhalten könnten.

3

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Mit seiner am 25. Februar 2013 erhobenen Klage wendet er sich gegen die strategische Beschränkung des E-Mail-Verkehrs im Jahr 2010. Zur Begründung trägt er vor: Er habe 2010 häufig per E-Mail mit Kollegen, Mandanten und anderen Personen im Ausland kommuniziert, vielfach in Angelegenheiten, die dem Anwaltsgeheimnis unterlegen hätten. Er müsse damit rechnen, dass diese Auslandskommunikation von strategischen Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 G 10, von denen er durch Presseberichte frühestens am 25. Februar 2012 Kenntnis erlangt habe, betroffen gewesen sei. Angesichts der Verwendung tausender auch allgemein gängiger Suchbegriffe und ca. 37 Mio. "Treffern" müsse er davon ausgehen, dass auch seine eigene, insbesondere anwaltliche E-Mail-Korrespondenz erfasst und auf nachrichtendienstliche Relevanz hin ausgewertet worden sei. Die Klage sei zulässig, weil er danach mit einiger Wahrscheinlichkeit in seinem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG betroffen worden sei. Eine stärkere Substantiierung der eigenen Betroffenheit sei ihm wegen der Heimlichkeit der Maßnahmen nicht möglich und könne deshalb auch nicht verlangt werden.

4

Die Klage sei auch begründet. Die angeordneten Telekommunikationsbeschränkungen hätten gegen das Übermaßverbot verstoßen. Insoweit sei bereits die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen zur strategischen Fernmeldeüberwachung zweifelhaft. Jedenfalls aber sei die exzessive Überwachungspraxis des Jahres 2010 unverhältnismäßig. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - (BVerfGE 100, 313) die strategische Fernmeldeüberwachung im Kern für verfassungsgemäß erachtet. Jedoch habe der Gesetzgeber die Überwachungsbefugnisse inzwischen erheblich ausgeweitet, insbesondere durch umfassende Einbeziehung auch der leitungsgebundenen Telekommunikation einschließlich des E-Mail-Verkehrs sowie durch Erhöhung des zulässigen Überwachungsvolumens auf bis zu 20 v.H. des Auslands-Fernmeldeverkehrs (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 4 G 10). Im Zusammenspiel mit größeren Überwachungs- und Auswertungskapazitäten infolge des technischen Fortschritts und mangels effektiver gesetzlicher Vorkehrungen zur Eingrenzung des Umfangs der Überwachungsmaßnahmen sei die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit damit überschritten worden. Im Übrigen fehle es an einer dem § 3b G 10 entsprechenden Regelung zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses im Rahmen der nachrichtendienstlichen Auswertung erfasster Telekommunikationsverkehre. Jedenfalls aber sei die Überwachungspraxis im Jahr 2010 in Anbetracht des Missverhältnisses von 37 Mio. "Treffern" - sowie der dahinter stehenden, noch wesentlich größeren Zahl überwachter Telekommunikationsverkehre - auf der einen Seite und nur 12 als nachrichtendienstlich relevant eingestufter E-Mails auf der anderen Seite verfassungswidrig. Der im Vergleich zu den Vorjahren exorbitante Anstieg der "Trefferzahl" sei weder auf ein Mehr an Suchbegriffen noch auf ein erhöhtes Spam-Aufkommen zurückzuführen und lasse sich deshalb nur mit einer Vergrößerung der technischen Überwachungskapazitäten und/oder der Verwendung besonders gängiger, unspezifischer Suchbegriffe erklären. Diese Ausweitung der Überwachung ohne ein Mehr an verwertbaren Ergebnissen sei willkürlich und unverhältnismäßig gewesen. Den angeordneten Maßnahmen habe bereits die Eignung gefehlt, weil angesichts des zahlenmäßigen Missverhältnisses von überwachten E-Mails und als nachrichtendienstlich relevant eingestuften E-Mails allenfalls von einer zufälligen Förderung des Gefahrenabwehrzwecks des § 5 G 10 die Rede sein könne. Die weitgehende Erfolglosigkeit der Überwachung lasse sich mit dem Einsatz von Verschlüsselungstechnologien erklären. Die mit der strategischen Überwachung des E-Mail-Verkehrs im Jahr 2010 verbundene Beeinträchtigung des Fernmeldegeheimnisses habe auch außer Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen gestanden. Die Beeinträchtigung sei schwerwiegend gewesen, weil eine Vielzahl auch unbeteiligter Personen anlasslos, verdachtsunabhängig und weit im Vorfeld einer drohenden Rechtsgutsverletzung betroffen gewesen sei. Der Einzelne habe bei jedem Auslandskontakt per E-Mail mit der Möglichkeit einer Erfassung durch den Bundesnachrichtendienst rechnen müssen, sodass sich ein Gefühl ständigen Überwachtwerdens mit nachteiligen Folgen für die individuelle wie auch die gesamtgesellschaftliche Kommunikation habe einstellen können. Unter Berücksichtigung auch der mangelhaften Effizienz der Überwachungsmaßnahmen habe der damit verfolgte Gefahrenabwehrzweck diese Beeinträchtigungen nicht aufwiegen können. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf seine - des Klägers - besondere Situation als Rechtsanwalt, weil die Auswertungspraxis des Bundesnachrichtendienstes der besonderen Sensibilität anwaltlicher E-Mail-Korrespondenz nicht ansatzweise Rechnung getragen habe, was die Eingriffsintensität zusätzlich erhöht habe.

5

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Bundesnachrichtendienst im Jahre 2010 das Fernmeldegeheimnis des Klägers verletzt hat, indem er im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung E-Mail-Verkehr des Klägers erfasst und weiterbearbeitet hat.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Die Beklagte hält die Klage für unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Ob der Kläger im Jahr 2010 von Maßnahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung betroffen gewesen sei, wisse sie nicht. Nicht auszuschließen sei eine Betroffenheit dergestalt, dass ein oder mehrere seiner Telekommunikationsverkehre erfasst, unverzüglich geprüft (§ 6 Abs. 1 Satz 1 G 10) und sodann unverzüglich gelöscht (§ 6 Abs. 1 Satz 2 G 10) worden seien. Selbst wenn man dies unterstelle, fehle es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 VwGO. Der Gesetzgeber habe mit dem G 10 den Rechtsweg im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG dahin ausgestaltet, dass in Fällen, in denen Telekommunikationsverkehre nur zufällig und nicht final erfasst sowie unverzüglich geprüft und gelöscht würden, eine Feststellungsklage unzulässig sei. Dies ergebe sich bereits aus § 13 G 10. Wenn danach in den dort genannten Fällen der Rechtsweg vor der Mitteilung der Beschränkungsmaßnahmen an den Betroffenen nicht zulässig sei, lasse sich dem im Umkehrschluss nicht nur entnehmen, dass in allen anderen Fällen der Rechtsweg auch schon vor der Mitteilung offen stehe, sondern darüber hinaus auch, dass nur in Bezug auf mitteilungspflichtige Fernmeldeerfassungen der Rechtsweg eröffnet sei. Derartige mitteilungspflichtige Fernmeldeerfassungen stünden hier nicht in Rede, weil etwaige erfasste Telekommunikationsverkehre des Klägers jedenfalls unverzüglich gelöscht worden seien und deshalb nach § 12 Abs. 2 Satz 1 G 10 keine Mitteilungspflicht bestanden habe.

8

Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats den § 5 G 10-Jahreshauptantrag 2010 für den Gefahrenbereich der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland in Kopie vorgelegt. Dabei sind unter anderem die beantragten Suchbegriffe geschwärzt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unter anderem beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der Bundesnachrichtendienst im Jahr 2010 im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung nach § 5 Abs. 1 G 10-Suchbegriffe wie zum Beispiel Atom, Bombe oder Schleusung verwendet hat, die im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung finden und aufgrund ihrer Alltagsgebräuchlichkeit nicht geeignet sind, zwischen Telekommunikationsverkehren zu differenzieren, die eine Relevanz für die der Überwachung unterliegenden Gefahrenbereiche/Aufklärungsziele haben und solchen Telekommunikationsverkehren, unter anderem derjenigen des Klägers, die keine diesbezügliche Relevanz aufweisen, den § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus", den § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Proliferation und konventionelle Rüstung" sowie den § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Illegale Schleusung" beizuziehen. Der Senat hat den Beweisantrag insoweit abgelehnt, weil die unter Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich ist, da die Klage unzulässig ist und die aufzuklärenden Suchbegriffe für den Nachweis eines tatsächlich erfolgten Eingriffs nicht relevant sind. Der Kläger hat sodann beantragt durch Beschluss festzustellen, ob die lediglich geschwärzte Vorlage des § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" insoweit rechtmäßig ist, als dort inhaltliche Suchworte geschwärzt sind. Der Senat hat den Antrag nach Abschluss des Verfahrens dem Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO vorgelegt.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des teilgeschwärzt vorgelegten § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" verwiesen.

Entscheidungsgründe

10

1. Der Senat konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung über die Klage abschließend durch Urteil entscheiden. Zwar hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt, festzustellen, ob die Vorlage des § 5 G 10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" insoweit rechtmäßig ist, als dort die inhaltlichen Suchbegriffe geschwärzt sind. Über die Zulässigkeit und Begründetheit dieses Antrags hatte nicht der Senat, sondern hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO zu entscheiden. Der Senat war aber nicht verpflichtet, das bei ihm anhängige Verfahren der Hauptsache auszusetzen, bis der Fachsenat über den gestellten Antrag im Zwischenverfahren nach § 99 VwGO entschieden hat. Denn die Entscheidung des Fachsenats im Zwischenverfahren nach § 99 VwGO ist in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht vorgreiflich für die Entscheidung in der Hauptsache. Über diese Vorgreiflichkeit und damit über die Aussetzung des Verfahrens zu befinden, lag allein in der Zuständigkeit des Senats als Gericht der Hauptsache.

11

Dass die Entscheidung des Fachsenats im Zwischenverfahren in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht vorgreiflich für die Entscheidung in der Hauptsache ist, folgt aus der Aufgabenverteilung zwischen dem Gericht der Hauptsache und dem Fachsenat. Eine Entscheidung des Fachsenats nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt zum einen voraus, dass das Gericht der Hauptsache die beklagte Behörde gemäß § 99 Abs. 1 VwGO auffordert, bestimmte Urkunden oder Akten vorzulegen oder bestimmte elektronische Dokumente zu übermitteln oder bestimmte Auskünfte zu erteilen, und dabei die Entscheidungserheblichkeit dieser Unterlagen - in der Regel förmlich, insbesondere durch Beweisbeschluss - verlautbart (Beschlüsse vom 24. November 2003 - BVerwG 20 F 13.03 - BVerwGE 119, 229 <230 f.> = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 36 S. 27; vom 2. November 2010 - BVerwG 20 F 4.10 - juris Rn. 16; vom 15. März 2013 - BVerwG 20 F 8.12 - juris Rn. 11 und vom 17. Februar 2014 - BVerwG 20 F 1.14 - juris Rn. 8). Eine Entscheidung nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt zum anderen voraus, dass die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage der Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente oder die Erteilung der Auskünfte verweigert, weil das Bekanntwerden ihres Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder weil die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen (sogenannte Sperrerklärung). Gegenstand des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO ist diese Sperrerklärung. Das Gericht der Hauptsache entscheidet mithin zunächst darüber, ob Unterlagen wegen ihrer Entscheidungserheblichkeit beizuziehen sind, der Fachsenat im Anschluss daran gegebenenfalls darüber, ob eine Weigerung der Behörde, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, rechtmäßig ist.

12

Hier hat der Senat als Gericht der Hauptsache auf den Beweisantrag des Klägers bereits die Beiziehung des ungeschwärzten Jahreshauptantrags abgelehnt, weil für seine Entscheidung die Kenntnis der nur geschwärzt vorgelegten Suchbegriffe nicht erheblich ist. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Beiziehung eines insoweit ungeschwärzten Jahreshauptantrags darüber hinaus auch deshalb unterbleiben müsste, weil die Beklagte dessen Vorlage aus den Gründen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtmäßig verweigern dürfte. Ob eine solche bisher nicht ausgesprochene Weigerung rechtmäßig oder rechtswidrig wäre, war ohne Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens in der Hauptsache. Selbst wenn im Falle einer Aussetzung des Verfahrens der Hauptsache der Fachsenat im Zwischenverfahren den Antrag des Klägers für zulässig und eine Weigerung der Beklagten, den Jahreshauptantrag ungeschwärzt vorzulegen, für rechtswidrig gehalten hätte, wäre dessen Beiziehung unterblieben, weil der Senat als insoweit allein zuständiges Gericht der Hauptsache die vorrangig festzustellende Entscheidungserheblichkeit verneint hat.

13

Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO hat nur die Funktion, zu überprüfen, ob die Behörde die Vorlage von Unterlagen rechtmäßig verweigert, die das Gericht der Hauptsache als entscheidungserheblich beiziehen will. Hingegen hat das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht die Funktion, dem Kläger des Hauptsacheverfahrens eine Möglichkeit an die Hand zu geben, die Vorlage von Akten zu erzwingen, deren Entscheidungserheblichkeit das Gericht der Hauptsache verneint und die es deshalb nicht von der Behörde angefordert hat (Beschluss vom 23. Juli 2013 - BVerwG 20 PKH 1.13 - juris Rn. 8).

14

2. Die Klage ist unzulässig. Zwar ist der Rechtsweg für das Begehren des Klägers nicht ausgeschlossen (a). Auch ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung über die Klage sachlich zuständig (b). Jedoch liegen die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO für eine Feststellungsklage nicht vor (c).

15

a) Der Rechtsweg für das vom Kläger geltend gemachte Begehren ist nicht nach § 13 G 10 ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 G 10 und ihren Vollzug der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen (vgl. § 12 G 10) nicht zulässig. Dieser partielle Rechtswegausschluss ist gestützt auf Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach bei einer gesetzlich angeordneten Beschränkung des in Art. 10 Abs. 1 GG verbürgten Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, die dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes dient, das Gesetz bestimmen kann, dass sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt. In Fällen des § 13 G 10 erfolgt die parlamentarische Kontrolle im Bereich des Bundes durch das Parlamentarische Kontrollgremium (§ 14 G 10) und die G 10-Kommission (§ 15 G 10).

16

Ein in § 13 G 10 ausdrücklich behandelter Fall liegt hier nicht vor. Aus dem Bereich der strategischen Überwachung nennt § 13 G 10 nur Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 G 10, also solche zur Aufklärung der Gefahr eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland. Derartige Beschränkungsmaßnahmen hat der Bundesnachrichtendienst im Jahr 2010 nicht vorgenommen. Ausweislich des Berichts des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 G 10 (BTDrucks 17/8639 S. 6) wurden im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 strategische Beschränkungsmaßnahmen nur in den Gefahrenbereichen "Internationaler Terrorismus" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 G 10), "Proliferation und konventionelle Rüstung" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 G 10) sowie "Illegale Schleusungen" (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 G 10) angeordnet.

17

Entgegen der Auffassung der Beklagten darf aus anderen Gesetzesbestimmungen nicht gefolgert werden, dass der Rechtswegausschluss gemäß § 13 G 10 sich weitergehend auf sämtliche Fälle erstreckt, in denen - ungeachtet des betroffenen Gefahrenbereichs - im Rahmen strategischer Beschränkungen nach § 5 G 10 erhobene Daten nach unverzüglicher Prüfung unverzüglich gelöscht worden sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 G 10). Die Regelung über den Mitteilungsausschluss in § 12 Abs. 2 Satz 1 G 10 sowie die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 6 G 10 deuten zwar an, dass der Gesetzgeber den als nachrichtendienstlich relevant bewerteten und aus diesem Grund längerfristig gespeicherten Daten größere Bedeutung für den gerichtlichen Rechtsschutz als den gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 G 10 unverzüglich gelöschten Daten beigemessen hat. Dass im Falle der letztgenannten Daten ein gerichtlicher Rechtsschutz gänzlich ausgeschlossen sein soll, hat jedoch im Gesetzeswortlaut an keiner Stelle hinreichenden Niederschlag gefunden.

18

b) Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erstinstanzlich zuständig. Bei den hier streitigen strategischen Beschränkungen des Fernmeldeverkehrs nach § 5 G 10 handelt es sich um Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Maßnahmen nicht in die alleinige Zuständigkeit des Bundesnachrichtendienstes fielen, sondern auf dessen Antrag (§ 9 G 10) hin vom Bundesministerium des Innern anzuordnen (§ 10 G 10) und von der G 10-Kommission auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen (§ 15 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 3 G 10) waren (Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 25 = Buchholz 402.9 G 10 Nr. 2).

19

c) Die Sachurteilsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO für die erhobene Feststellungsklage liegen nicht vor.

20

aa) Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Danach muss die Feststellungsklage sich auf einen konkreten, gerade den Kläger betreffenden Sachverhalt beziehen. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 Rn. 21 = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 5; stRspr). Gegenstand der Feststellungsklage kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis sein (Urteil vom 29. April 1997 - BVerwG 1 C 2.95 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 S. 7). Derartige rechtliche Beziehungen wären zwischen dem Kläger und der Beklagten dann entstanden, wenn feststünde, dass einer oder mehrere seiner E-Mail-Verkehre Gegenstand der strategischen Fernmeldeüberwachung im Jahr 2010 gewesen sind (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008 a.a.O. Rn. 26, zur strategischen Überwachung von Telefongesprächen).

21

Ist allerdings nicht sicher, sondern lediglich möglich, dass auch die Telekommunikation gerade des Klägers von strategischen Beschränkungsmaßnahmen betroffen war, fehlt es an der notwendigen Konkretisierung des Rechtsverhältnisses. Gegenstand der Feststellungsklage kann nur ein konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein (Urteile vom 8. Juni 1962 - BVerwG 7 C 78.61 - BVerwGE 14, 235 <236> = Buchholz 451.45 § 30 HandwO Nr. 1 S. 1; vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <211> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 S. 33; vom 16. November 1989 - BVerwG 2 C 23.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 106 S. 14 und vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87). Die Feststellungsklage dient hingegen nicht der Klärung abstrakter Rechtsfragen auf der Grundlage eines nur erdachten oder als möglich vorgestellten Sachverhalts (Urteile vom 8. Juni 1962, 7. Mai 1987 und 16. November 1989 jeweils a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 43 Rn. 17; Sodan, in: Sodan/Ziekow , VwGO, 4. Aufl. 2014, § 43 Rn. 43 f.). Damit soll die Popularklage im Verwaltungsprozess verhindert werden, bei der sich der Kläger zum Sachwalter öffentlicher Interessen oder rechtlich geschützter Interessen Dritter macht (Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 12. Aufl. 2009, Rn. 490). Ferner sollen dadurch die Entscheidungsressourcen der Justiz auf tatsächlich vorhandene - statt lediglich hypothetische - Streitfälle konzentriert werden.

22

bb) Zwar lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass auch vom Kläger versandte oder an ihn gerichtete E-Mails im Jahr 2010 von der strategischen Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs erfasst waren.

23

Jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten durch den Staat ist ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 GG (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <366>), durch den zugleich ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO begründet würde. Eingriff ist dabei schon die Erfassung selbst, insofern sie die Kommunikation für den Bundesnachrichtendienst verfügbar macht und die Basis des nachfolgenden Abgleichs mit den Suchbegriffen bildet. An einem Eingriff fehlt es nur, soweit Telekommunikationsvorgänge zwischen deutschen Anschlüssen ungezielt und allein technikbedingt wieder spurlos ausgesondert werden. Dagegen steht es der Eingriffsqualität nicht entgegen, wenn die erfassten Daten nicht sofort bestimmten Personen zugeordnet werden können. Denn auch in diesen Fällen lässt sich der Personenbezug ohne Schwierigkeit herstellen.

24

Wie sich aus den Erläuterungen ergibt, welche die Beklagte hierzu in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, werden in diesem Sinne Telekommunikationsverkehre erfasst, sobald der dazu verpflichtete Betreiber des in der Anordnung bezeichneten Übertragungsweges (Telekommunikationsleitung) den Datenstrom in Gestalt einer Verdoppelung dem Bundesnachrichtendienst zuleitet. Damit stehen die Telekommunikationsverkehre dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung, der sie dann selektiert und anhand der angeordneten Suchbegriffe durchsucht. Mithin werden Telekommunikationsverkehre nicht erst anhand der Suchbegriffe erfasst. Vielmehr dienen die Suchbegriffe nach einer ersten technischen Selektion, bei der Inlandsverkehre aus den erfassten Telekommunikationsverkehren ausgeschieden werden sollen, einer Durchsuchung der schon erfassten Verkehre auf sogenannte Treffer.

25

cc) Der Senat kann jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass über eine bloße nicht auszuschließende Möglichkeit hinaus im Jahr 2010 Telekommunikationsverkehre unter Beteiligung des Klägers im Rahmen strategischer Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 G 10 in diesem Sinne tatsächlich erfasst worden sind.

26

Feststeht, dass kein Telekommunikationsverkehr des Klägers sich unter denjenigen befand, die sich im Ergebnis als nachrichtendienstlich relevant erwiesen und vom Bundesnachrichtendienst insoweit weiterverarbeitet worden sind. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass sich unter den im Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums vom 10. Februar 2012 ausgewiesenen 213 Telekommunikationsverkehren, die im Jahr 2010 als nachrichtendienstlich relevant eingestuft wurden, keiner des Klägers befinde. Dies stellt auch der Kläger nicht in Abrede.

27

Nicht mehr ermitteln lässt sich hingegen, ob ein Telekommunikationsverkehr des Klägers zwar zunächst erfasst, anhand angeordneter Suchbegriffe selektiert, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 G 10 unverzüglich auf nachrichtendienstliche Relevanz überprüft und sodann aber, weil diese Prüfung negativ verlief, als irrelevant gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 G 10 unverzüglich gelöscht worden ist. Aufklärungsbemühungen des Senats waren insoweit nicht erfolgversprechend. Zwar sind sowohl Erfassung und Abgleich mit angeordneten Suchbegriffen als auch die Löschung erhobener personenbezogener Daten zu protokollieren (§ 5 Abs. 2 Satz 4, § 6 Abs. 1 Satz 3 G 10). Die Protokolldaten sind jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen (§ 5 Abs. 2 Satz 6, § 6 Abs. 1 Satz 5 G 10), so dass hier möglicherweise beweiskräftige Protokolldaten seit Ende 2011, spätestens aber - soweit eine Protokollierung erst im Laufe des Jahres 2011 erfolgt wäre - seit Ende 2012 nicht mehr zur Verfügung stehen.

28

Die danach verbleibende Wahrscheinlichkeit für eine solche Erfassung ist jedoch nicht so hoch, dass sie als überwiegend eingestuft werden müsste und damit dem Senat die erforderliche Überzeugung dafür vermitteln könnte, dass die Voraussetzungen eines konkreten Rechtsverhältnisses erfüllt sind. Die Vorschriften über die strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs sorgen dafür, dass nur ein geringer Bruchteil aller Telekommunikationsverkehre von dieser Beschränkung erfasst wird.

29

Strategische Beschränkungen gemäß § 5 Abs. 1 G 10 weisen fragmentarischen Charakter auf. Sie sind auf die Übertragungswege beschränkt, die in der Anordnung bezeichnet werden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 G 10). Von der Übertragungskapazität, die auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung steht, darf ein Anteil von höchstens 20 v.H. überwacht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 4 G 10). Nach Angaben der Beklagten wird in der Praxis ein deutlich geringerer Anteil tatsächlich überwacht. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende stellvertretende Vorsitzende der G 10-Kommission hat dies bestätigt. Zwar mag theoretisch nicht auszuschließen sein, dass - wie der Kläger vermutet - bei nur geringer Ausnutzung der Übertragungskapazität durch die Betreiber der Übertragungswege mehr als 20 v.H. des tatsächlichen Übertragungsvolumens erfasst werden. Das lässt sich indes nicht mit Hilfe der Jahresanträge weiter aufklären, weil diese nur die Vorgaben dafür enthalten, in welchem Maß die Übertragungskapazität der Übertragungswege erfasst werden darf, aber keine Kenntnisse über das tatsächlich erfasste Übertragungsvolumen vermitteln. Die beantragte Beiziehung der Jahreshauptanträge war deshalb insoweit als Beweismittel nicht geeignet. Unabhängig davon wird der Telekommunikationsverkehr schon dann wirksam begrenzt, wenn nur 20 v.H. der Kapazität aller beantragten und angeordneten Übertragungswege überwacht werden dürfen. Der Bundesnachrichtendienst kann aus allen angeordneten Übertragungswegen jeweils nur solche auswählen und gleichzeitig überwachen, die nicht mehr als 20 v.H. der Kapazität aller angeordneten Übertragungswege ausmachen. Die Beschränkung auf einen Anteil der Gesamtkapazität aller Übertragungswege zwingt mithin zur Auswahl aus den angeordneten Übertragungswegen, die jeweils überwacht werden können.

30

Weil der tatsächliche Umfang der Überwachung entscheidend durch die Beschränkung auf bestimmte Übertragungswege und Übertragungskapazitäten begrenzt wird, ist für die Wahrscheinlichkeit, dass der Telekommunikationsverkehr eines bestimmten Teilnehmers tatsächlich erfasst sein könnte, unerheblich, dass auch Telekommunikationsverkehre erfasst worden sind, die über die größten deutschen Telekommunikationsdienstleister abgewickelt werden, und - bezogen auf den Gefahrenbereich des Internationalen Terrorismus - Telekommunikationsverkehre in und aus 150 Staaten und weiteren 46 Regionen beschränkt worden sind.

31

Für die Wahrscheinlichkeit, mit der auch Telekommunikationsverkehre des Klägers erfasst worden sind, ist schließlich unerheblich, welche Suchbegriffe der Bundesnachrichtendienst verwendet hat, insbesondere welche allgemein gängigen Begriffe sich darunter befunden haben. Selbst deren Kenntnis und ihre Verwendung in der E-Mail-Korrespondenz des Klägers sagen nichts darüber aus, dass diese Korrespondenz erfasst worden ist oder jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für ihre Erfassung besteht.

32

Wie bereits erwähnt, liegt die Erfassung von Telekommunikationsverkehr, mit der gegenüber dem Betroffenen ein Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 10 GG einhergeht, vor, wenn die Kommunikation für den Bundesnachrichtendienst technisch verfügbar gemacht wird und so eine Basis des nachfolgenden Abgleichs mit Suchbegriffen bildet. Diese Erfassung ist aber dem Abgleich der erfassten Verkehre anhand der angeordneten Suchbegriffe vorgelagert und wird nicht durch die Suchbegriffe gesteuert. Die verwendeten Suchbegriffe und deren geringe oder hohe Eignung für eine Selektion der erfassten Verkehre sind mithin ohne Bedeutung für die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Telekommunikationsverkehr überhaupt erfasst wird, sondern nur dafür, ob sich ein erfasster Verkehr im weiteren Verlauf für eine weitere Verarbeitung "qualifiziert". Aus diesem Grunde war die Kenntnis der angeordneten und verwendeten Suchbegriffe in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht entscheidungserheblich und konnte der Senat deshalb den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers ablehnen, bestimmte Jahreshauptanträge des Bundesnachrichtendienstes aus dem Jahr 2010 zum Beweis der Tatsache beizuziehen, dass der Bundesnachrichtendienst übermäßig allgemein gehaltene Suchbegriffe verwendet hat.

33

dd) Die verbleibenden erheblichen Zweifel daran, ob Telekommunikationsverkehr des Klägers im Jahre 2010 von der strategischen Beschränkung nach § 5 G 10 erfasst war und damit das streitige Rechtsverhältnis begründet worden ist, gehen zu Lasten des Klägers. Dies entspricht der allgemeinen Regel, nach der es zu Lasten des Beteiligten geht, der sich auf eine Norm beruft, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht geklärt werden können. Dies gilt auch, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen sich nicht klären lassen, von denen die Zulässigkeit der erhobenen Klage abhängt.

34

Diese Beweislast kann nicht umgekehrt werden. Dass nicht festgestellt werden kann, ob Telekommunikationsverkehr des Klägers von der Beschränkung erfasst war, beruht zwar einerseits auf der Heimlichkeit dieser Maßnahme und andererseits darauf, dass die Daten über die Erfassung und unverzügliche Löschung überprüfter, aber irrelevanter Verkehre ihrerseits gelöscht wurden, ohne dass die Betroffenen hierüber benachrichtigt worden sind. Daraus kann aber nicht der Vorwurf einer Beweisvereitelung und die Folge hergeleitet werden, der Nachteil der Nichterweislichkeit müsse zu Lasten der Beklagten gehen. Denn dieses Vorgehen des Bundesnachrichtendienstes entsprach Vorschriften, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind, insbesondere mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang stehen. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht gehalten, in Fällen der unverzüglichen Prüfung und anschließenden unverzüglichen Löschung erfasster Telekommunikationsverkehre (§ 6 Abs. 1 Satz 6 G 10) eine Mitteilungspflicht entsprechend § 12 Abs. 1 G 10 einzuführen, um auf diese Weise die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes zu verbessern. Eine solche Mitteilungspflicht würde massenhafte Recherchezwänge auslösen und dadurch in beträchtlicher Weise den Eingriff vertiefen (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a. - BVerfGE 125, 260 <336>); sie ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <398 f.>). Auch die gesetzlichen Löschungsregeln in § 5 Abs. 2 Satz 6 G 10 sowie in § 6 Abs. 1 Satz 5 G 10 sind für die Betroffenen offenkundig in erheblichem Maße grundrechtsschonend und stehen daher trotz ihrer Auswirkungen auf spätere Rechtsschutzmöglichkeiten mit Art. 19 Abs. 4 GG im Einklang.

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ee) Ebenso wenig gebietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Absenkung des Beweismaßes dahingehend, dass an Stelle der vollen richterlichen Überzeugung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar eine bloße Glaubhaftmachung ausreicht, um eine tatsächliche Betroffenheit des Klägers und damit ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO anzunehmen.

36

Art. 19 Abs. 4 GG vermittelt dem Einzelnen einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, d.h. auf eine tatsächlich wirksame und möglichst lückenlose gerichtliche Kontrolle (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - NVwZ 2012, 694 <695>). Die Voraussetzungen und Bedingungen des Zugangs zum Gericht auszugestalten, bleibt den jeweils geltenden Prozessordnungen überlassen. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die ein Rechtsschutzbegehren von besonderen Voraussetzungen abhängig machen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Der Anspruch des Einzelnen auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle darf aber nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2000 - 1 BvR 321/96 - BVerfGE 101, 397 <408>).

37

Dass die bloße Möglichkeit einer tatsächlichen Betroffenheit nicht ausreicht, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO anzunehmen, dient dazu, Popularklagen nichtbetroffener Dritter auszuschließen sowie justizielle Entscheidungsressourcen auf tatsächlich vorhandene - statt lediglich hypothetische - Streitfälle zu konzentrieren. Hierbei handelt es sich um legitime Gemeinwohlanliegen, die durch alternative Maßgaben nicht mit derselben Wirksamkeit oder aber nur auf eine Weise zu verwirklichen wären, die an anderer Stelle zu unannehmbaren grundrechtlichen Einbußen führen müsste. Der Gesetzgeber war insbesondere - wie erwähnt - nicht gehalten, in Fällen der unverzüglichen Prüfung und anschließenden unverzüglichen Löschung erfasster Telekommunikationsverkehre (§ 6 Abs. 1 Satz 6 G 10) eine Mitteilungspflicht entsprechend § 12 Abs. 1 G 10 einzuführen, um auf diese Weise die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes zu verbessern, ohne zugleich die genannten Gemeinwohlanliegen zu beeinträchtigen.

38

Für einen Kläger, dessen Telekommunikationsverkehr tatsächlich erfasst und nach unverzüglicher Prüfung unverzüglich wieder als irrelevant gelöscht worden ist, ist es auch nicht unzumutbar, dass sich die spätere Unerweislichkeit seiner Betroffenheit prozessual zu seinen Lasten auswirkt.

39

Auf der einen Seite ist die Eingriffsintensität bei unverzüglicher Prüfung und Löschung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 G 10 geringer zu veranschlagen als in nachfolgenden Verarbeitungsstadien (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 a.a.O. S. 398 f.).

40

Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber im Interesse kompensatorischen Grundrechtsschutzes (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 45 = Buchholz 402.9 G 10 Nr. 2) sämtlicher von strategischen Beschränkungen erfassten Personen die Kontrolle eines unabhängigen, parlamentarisch bestellten Gremiums, nämlich der G 10-Kommission, vorgesehen. Diese entscheidet über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen (§ 15 Abs. 5 Satz 1 G 10), insbesondere im Stadium der Anordnung (vgl. § 15 Abs. 6 G 10). Hierbei unterliegen die wesentlichen Eckdaten strategischer Beschränkungen ihrer Prüfung: Das Vorliegen einer Bestimmung der jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen durch das Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (§ 5 Abs. 1 Satz 2 G 10); das Überschreiten der materiellen Eingriffsschwellen des § 5 Abs. 1 Satz 3 G 10; das Vorliegen eines Antrags des Bundesnachrichtendienstes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 G 10, § 9 Abs. 1 G 10); das Vorliegen einer Anordnung des Bundesministeriums des Innern (§ 10 Abs. 1 G 10); die Rechtmäßigkeit (insbesondere hinreichende Selektivität) der in der Anordnung benannten Suchbegriffe (§ 10 Abs. 4 Satz 1 G 10, § 5 Abs. 2 G 10); die Beschränkung der Überwachung auf einen Teil der Übertragungskapazitäten (§ 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 G 10); die Festlegung der Dauer der Beschränkungsmaßnahme (§ 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 G 10). Aufgrund dieser Kontrollpflichten und -befugnisse der G 10-Kommission ist der Grundrechtsschutz der Betroffenen in Bezug auf die Maßnahmenanordnung effektiv. Er ist auch insofern effektiv, als sich bei der G 10-Kommission im Zuge ihrer Tätigkeit spezialisierter Sachverstand herausbilden kann und ihr eine Personal- und Sachausstattung sowie Mitarbeiter mit technischer Expertise zur Verfügung zu stellen sind (§ 15 Abs. 1 G 10).

41

Hinsichtlich des Vollzugs strategischer Beschränkungsmaßnahmen erstreckt sich die Kontrollbefugnis der G 10-Kommission auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Hierzu bestehen Fragerechte, ein Recht auf Einsicht in alle Unterlagen (insbesondere in die gespeicherten Daten und die Datenverarbeitungsprogramme) sowie ein Recht auf jederzeitigen Zutritt in alle Diensträume (§ 15 Abs. 5 G 10). Die Vollzugskontrolle kann von Amts wegen vorgenommen, als auch durch Individualbeschwerden (eventuell) Betroffener ausgelöst sein (§ 15 Abs. 5 Satz 1 G 10). Auch insofern erweist sich der Grundrechtsschutz der Betroffenen somit als effektiv. Erst recht stellt die G 10-Kommission die allgemeine Kontrolle durch die Öffentlichkeit sicher, wie sie durch eine Absenkung der Anforderungen an das Beweismaß und die damit einhergehende faktische Ermöglichung einer Popularklage bewirkt würde.

42

ff) Anders als der Kläger meint, lässt sich schließlich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht herleiten, dass er seine tatsächliche Betroffenheit schon dann ausreichend dargelegt habe, wenn er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die angegriffene strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs in seinem grundrechtlich geschützten Fernmeldegeheimnis berührt sei. Die von ihm angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <354>) bezieht sich auf eine andere Fallgestaltung, nämlich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz. Sie verlangt für ihre Zulässigkeit nicht die Feststellung, dass die in Rede stehende Norm auf den Beschwerdeführer bereits angewandt worden ist, sondern eben nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass er von der Anwendung der Norm betroffen sein könnte. Hingegen hat die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO gerade die Anwendung der Norm auf einen feststehenden Sachverhalt zur Voraussetzung. Sie richtet sich allenfalls inzident gegen die gesetzliche Grundlage, unmittelbar aber gegen den Anwendungsakt, und zwar bezogen auf den Kläger selbst.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.