Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

* * *

– …

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner (Fortsetzungsfeststellungs-)Klage gegen polizeiliche Maßnahmen, die ihm gegenüber am 15. Mai 2015 gegen 00.30 Uhr in der Carl-Benz Straße in Schweinfurt ergriffen wurden.

1.

Am 15. Mai 2015 wurden die Kriminalbeamten PHM K* … und POW L* … zu einem Einsatz im Gewerbegebiet Sennfeld/Hafen-Ost in Schweinfurt beordert, nachdem ein Sicherheitsdienstmitarbeiter der Firma „Wache24“, der einzelne Firmen in diesem Bereich betreut, verdächtige Wahrnehmungen mitgeteilt hatte. Der Sicherheitsdienstmitarbeiter hatte angegeben, dass bei einer Überprüfung der entsprechenden Anwesen ihm eine männliche Person aufgefallen sei, die immer wieder Bildmaterial von Gebäuden aufgenommen habe. Er habe mehrmals gesehen, dass ein Blitz ausgelöst habe. Außerdem wies er darauf hin, dass immer wieder ein „roter Punkt“ auf ihn gerichtet gewesen sei. Zudem habe die männliche Person ihn entdeckt und auch von ihm bzw. seinem Fahrzeug Bilder gefertigt. Beim Eintreffen der Polizeistreife wurde im Bereich der Bushaltestelle in der Felix-Wankel Straße eine männliche Person angetroffen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wartete der Sicherheitsdienstmitarbeiter in seinem Pkw. Nachdem die Polizeibeamten zunächst den Sicherheitsdienstmitarbeiter kontaktiert hatten, wandte sich einer der Polizeibeamten dem Kläger zu und führte verschiedene polizeiliche Maßnahmen durch, über deren Ablauf zwischen den Beteiligten Streit besteht.

2.

Am 15. Juni 2015 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage mit den zuletzt gestellten Anträgen:

1. Es wird festgestellt, dass die Identitätsfeststellung durch die Polizei am 15. Mai 2015 rechtswidrig war.

2. Es wird festgestellt, dass die Durchsuchung der Tasche durch die Polizei am 15. Mai 2015 rechtswidrig war.

3. Es wird festgestellt, dass die Durchsuchung der Video-Dateien des Camcorders durch die Polizei am 15. Mai 2015 rechtswidrig war.

4. Es wird festgestellt, dass die Aufforderung durch die Polizei am 15. Mai 2015, drei auf der Speicherkarte des durchsuchten Camcorders enthaltenen Video-Dateien zu löschen, rechtswidrig war.

Zur Begründung wurde vom Kläger ausgeführt: Er verfolge mit dieser Fortsetzungsfeststellungsklage das Ziel zu verhindern, dass sich derartige staatliche Eingriffe in seine Rechte durch die örtliche Polizei in gleichartigen Situationen künftig wiederholten. Am 15. Mai 2015 sei er gegen 00.30 Uhr die Rudolf-Diesel Straße in Schweinfurt entlang gegangen. Hierbei habe er sich von einem Wagen belästigt gefühlt und eine gegen ihn gerichtete Straftat befürchtet, so dass er den Wagen gefilmt habe. Der Fahrer des Wagens habe die Polizei gerufen und ihn weiter verfolgt. Da er den Verfolger nicht habe abschütteln können, habe er sich in ein nahe gelegenes Buswartehäuschen gesetzt. Nach mehreren Minuten sei die Kriminalpolizei eingetroffen.

Von den Polizeibeamten sei ihm bei völliger Dunkelheit etwas vorgezeigt worden, das er umrisshaft als helles Rechteck erkannt habe. Sein Einwand, dass er das nicht erkennen könne, sei ignoriert worden. Das Erfordernis, dass der Dienstausweis so vorzuzeigen sei, dass ein Gutwilliger Kenntnis nehmen könne, sei hier nicht erfüllt. Der Polizeibeamte habe keine Taschenlampe benutzt, er habe vielmehr lediglich ein Sprechfunkgerät und ein Handy mit beleuchteten Tasten in der Hand gehabt.

Die von der Polizei durchgeführte Identitätskontrolle und Prüfung seines Personalausweises sei rechtlich unzulässig gewesen, da keiner der in Art. 13 PAG genannten Tatbestände vorgelegen habe. Filmen oder Fotografieren auf der Straße stelle offensichtlich keine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Es stelle auch keine abstrakte Gefahr dar, weil die statistische Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der auf der Straße filme, eine Straftat vorbereite, vernachlässigbar gering sei. Einbrüche nähmen fast überall stark zu. Eine solche Begründung als Rechtfertigung für eine Identitätskontrolle und Durchsuchung liefe auf eine Generalermächtigung für die Polizei hinaus, jede Person, die in Wohn- oder Gewerbegebieten eine Kamera in der Hand halte, zu kontrollieren und zu durchsuchen. Der Vorwurf, er würde etwas auskundschaften als Vorbereitung eines Einbruchs, sei eine reine Unterstellung. Eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit eines zu erwartenden Schadens und eine Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in seine Bürgerrechte habe der Polizeibeamte offenbar nicht vorgenommen. Er habe vielmehr einseitig die Interessen des Wachmanns vertreten.

Zur Durchsuchung des Camcorder bleibe festzuhalten: Der Beamte habe ihm vorgehalten, er habe das Recht des Pkw-Fahrers am eigenen Bild verletzt, das sich auch auf Fahrzeuge erstrecke. Das Recht des Wachmanns am eigenen Bild sei von ihm nicht beeinträchtigt worden. Er habe den Wachmann weder fotografiert noch gefilmt. An keiner Stelle des von ihm aufgenommenen Videos sei eine Person erkennbar oder identifizierbar abgebildet. Er habe das Recht, einen Pkw, der ihn nachts auf menschenleerer Straße verfolge und ihn belästige, zum Selbstschutz zu filmen. Es sei völlig frei erfunden, dass er einen „roten Punkt“ auf den Wachmann gerichtet habe. Es sei festzuhalten, dass das Recht am eigenen Bild sich nicht auf Fahrzeuge erstrecke und außerdem privatrechtlicher Natur sei, wofür die Polizei nicht zuständig sei. Nach Art. 22 Abs. 2 Satz 3 PAG sei bei der Durchsuchung von Sachen dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen. Hierauf habe die Polizei zu keinem Zeitpunkt hingewiesen.

Die Aufforderung, drei Dateien auf seinem Camcorder zu löschen, sei illegal gewesen, weil er mit den Aufnahmen im Rahmen der Gesetze gehandelt habe. Es sei immer noch grundsätzlich zulässig, auf der Straße zu jeder Tages- und Nachtzeit zu fotografieren oder zu filmen. Es seien Beweise gelöscht worden, die er für zivilrechtliche Schritte (Unterlassungsklage) oder Strafanzeigen benötigt habe. Es sei aber möglich gewesen, die gelöschten Videos mit einem Datenrettungsprogramm zu Hause am PC vollständig wiederherzustellen.

Für die Durchsuchung seiner Tasche gebe es keine Rechtfertigung. Sie sei wahrscheinlich einfach aufs Geratewohl durchgeführt worden, in der Hoffnung, etwas zu finden, was man gegen ihn hätte verwenden können. Sie sei offensichtlich rechtswidrig.

3.

Demgegenüber beantragte das Polizeipräsidium Unterfranken als Vertreter des Beklagten, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde dargelegt: Die Identitätsfeststellung sei rechtmäßig gewesen. Seit Januar 2014 sei es im Gewerbegebiet Sennfeld zu 16 Straftaten, im angrenzenden Bereich Hafen-Ost zu über 40 Straftaten auf dem Gebiet des Diebstahls/Bandendiebstahls gekommen. Da der Mitteiler den Kläger beim Fertigen von Bildmaterial bezüglich Gebäuden in diesem Bereich habe beobachten können, habe der Verdacht nahe gelegen, dass der Kläger Maßnahmen im Vorfeld eines möglichen Einbruchs anstelle. Dementsprechend sei der Kläger um die Aushändigung seines Ausweispapiers gebeten und über den Grund der Maßnahme informiert worden. Auch hätten die Beamten dem Kläger erläutert, dass der Sicherheitsdienstmitarbeiter seiner alltäglichen Arbeit nachgehe und niemanden verfolge. Die Beamten hätten zunächst dem Kläger den Dienstausweis gemäß Art. 6 PAG vorgezeigt. Aufgrund der schlecht belichteten Örtlichkeit hätten sie als technische Hilfsmittel die Taschenlampen hinzugenommen. Damit sei der Dienstausweis für den Betroffenen aus Sicht des Beamten deutlich zu erkennen gewesen.

Die Durchsuchung der Sachen habe bei der vorgenannten Sachlage auf der Grundlage und im Einklang mit Art. 22 PAG stattgefunden.

Auf die Nachfrage von PHM K* … nach der Kamera, sei diese vom Kläger freiwillig ausgehändigt worden. Der Kläger habe auch geäußert, dass er nur seinen Spaziergang abfilme. Er habe wiederum freiwillig die Videokamera aktiviert und die getätigten Filmaufnahmen dann PHM K* … gezeigt. Darunter hätten sich u.a. auch Aufnahmen vom Mitarbeiter der Sicherheitsfirma befunden. Die vom Kläger gefertigten Bild- und Videoaufnahmen seien nach Ansicht der Beamten nicht als Ausspähversuch hinsichtlich eines möglichen Einbruchs geeignet gewesen. Deshalb habe der Kläger nach Abschluss der Kontrolle seinen Weg mit seinem Aufzeichnungsgerät fortsetzen können.

Zu der angeblichen Löschung der Dateien auf dem Camcorder durch die Beamten sei zu bemerken, dass der Kläger der Bitte um Löschung der Bilder des Sicherheitsdienstmitarbeiters freiwillig, eigenständig und ohne weitere Aufforderung nachgekommen sei. Die Schwelle zur Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch sei durch das bloße Anfertigen der Bildaufnahmen durch den Kläger im vorliegenden Fall noch nicht erreicht gewesen. Ob durch das Verhalten des Klägers bereits zivilrechtliche Ansprüche des Sicherheitsdienstmitarbeiters entstanden sein könnten, sei nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Jedenfalls seien seitens der Beamten von der Kamera des Klägers keine Video- oder Filmaufnahmen gelöscht worden.

4.

Mit den Parteien wurde die Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2016 und vom 12. Januar 2017 erörtert. Das Gericht hat Beweis erhoben zu den Ereignissen am 15. Mai 2015 im Gewerbegebiet Sennfeld/Hafen-Ost in Schweinfurt durch Einvernahme der Zeugen PM L* … und PHM K* … Auf die Niederschriften über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig.

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (analog) bzgl. sämtlicher Anträge unzulässig.

1. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich der Verwaltungsakt - nach Klageerhebung - durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erfolgt die Erledigung vor Klageerhebung ist die Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur dann zulässig, wenn die ursprünglich erhobene bzw. zu erhebende Klage zulässig war, eine Erledigung i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eingetreten ist und der Kläger ein besonderes Feststellungsinteresse geltend machen kann.

2. Hier hat sich die Anordnung der Identitätsfeststellung wie auch der „Durchsuchung“ des Video-Camcorders durch Vornahme derselben am 15. Mai 2015 vor Klageerhebung erledigt (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG), so dass die Klage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 9.2.1967 - I C 49/64 - BVerwGE 26, 161 und U.v. 1.7.1975 - I C 35/70 - BVerwGE 49, 36).

Bei der Anordnung der Identitätsfeststellung wie auch der Anordnung der Durchsicht der auf dem Camcorder des Klägers aufgenommenen Video-Dateien hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten sie ausgesprochen wurden, um Verwaltungsakte gehandelt. Auch wenn sie höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollten, waren sie nach ihrem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für den Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet. Somit wurde hier dem Kläger der Anordnungscharakter deutlich gemacht, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.

Demgegenüber kann mangels Regelungscharakters nicht von einer Anordnung der Durchsuchung der Tasche des Klägers gesprochen werden. Der Kläger hat hierzu - in der mündlichen Verhandlung - lediglich vorgetragen, dass er eine große Tasche dabei gehabt habe, die zum Schluss oberflächlich durchsucht worden sei. Der Zeuge PHM K* … hat hierzu erklärt, dass er den Kläger (wohl) gebeten habe, ihm den Inhalt der Tasche zu zeigen. Nach allem ist davon auszugehen, dass der Zeuge PHM K* … den Kläger darum gebeten hat, in die Tasche hineinsehen zu dürfen. Von der Anordnung der Durchsuchung, also der Suche in oder an einer Sache nach Personen oder anderen Sachen (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 3. Aufl. 2011, Art. 22 Rn. 3), kann hier mithin wohl nicht die Rede sein.

Gleiches gilt hinsichtlich der Löschung der Video-Dateien. Der Zeuge PHM K* … hat hierzu glaubhaft vorgetragen, dass er nach Sichtung der Videoaufnahmen erklärt habe, dass der Kläger derartige Aufnahmen fertigen dürfe. Nach einem längeren Hin und Her zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes und nach Versuchen seinerseits zwischen den Beteiligten zu vermitteln, habe er den Kläger „um des lieben Friedens-Willen“ gebeten, die Aufnahmen zu löschen, was dieser dann auch gemacht habe. Damit wurde aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bitte um Löschung nur deshalb ausgesprochen wurde, um die Angelegenheit abzuschließen. Ein Anordnungscharakter lässt sich dieser Bitte gerade nicht entnehmen.

3. Letztlich kann die Frage der Verwaltungsaktsqualität auch offen bleiben, denn jedenfalls steht dem Kläger kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit zur Seite.

Ein berechtigtes Interesse i.S. des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann jedes bei vernünftiger Erwägung nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein, wobei es Sache des Klägers ist, die Umstände darzulegen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (BVerwG, U.v. 15.11.1991 - 3 C 49/87 - NVwZ 1991, 570). In der verwaltungsgerichtlichen Praxis haben sich hierzu drei Fallgestaltungen herausgebildet, bei deren Vorliegen regelmäßig ein berechtigtes Interesse im vg. Sinn anzuerkennen ist: Die Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses (Präjudizinteresse), das sog. Rehabilitierungsintersse und schließlich die Wiederholungsgefahr (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 129 ff.; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 86 ff.).

Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht danach wegen Präjudizialität des verwaltungsgerichtlichen Urteils insbesondere dann, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB erheblich ist, ein entsprechender (Zivil-)Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint. Von einer offenbaren Aussichtslosigkeit ist nur dann auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann. Ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität wird nach der neueren Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung des Verwaltungsakts erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 136). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, insbesondere ist die Erledigung der strittigen Anordnungen schon vor Klageerhebung eingetreten, so dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht unmittelbar anwendbar ist. Darüber hinaus hat der Kläger keinen Antrag auf Schadensersatz gestellt, er hat auch nichts vorgetragen, was auf die Stellung eines derartigen Antrags hindeuten würde. Im Übrigen ist auch von der offenbaren Aussichtslosigkeit eines derartigen Zivilprozesses auszugehen, so schon deshalb, weil dem Kläger überhaupt kein Schaden entstanden ist.

Das Feststellungsinteresse ist auch zu bejahen, wenn die begehrte Feststellung, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war, als „Genugtuung“ oder Rehabilitierung erforderlich ist, weil der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und sich aus ihm eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ergab (Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 142 unter Bezugnahme auf BVerfG, B.v. 3.3. 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 und BVerwG, U.v. 21.3.2013 - 3 C 6/12 - NVwZ 2013, 1550). Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche Nachwirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 11.11.1999 - 2 A 5/98 - NVwZ 2000, 574). Zwar kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen, wozu namentlich auch Feststellungsbegehren zählen, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.1997 - 1 C 2/95 - NJW 1997, 2534 m.w.N zur Rspr.). Allerdings ist hier den gegenüber dem Kläger am 15. Mai 2015 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen weder aus den Umständen noch aus der Art und Weise ein diskriminierender Charakter zu entnehmen, der eine Genugtuung oder Rehabilitierung notwendig machen würde. Insoweit bleibt auch festzuhalten, dass von Klägerseite nicht das Geringste vorgebracht wurde, was hierfür sprechen würde.

Vielmehr hat der Kläger in Bezug auf ein Feststellungsinteresse - im Rahmen seiner Klagebegründung vom 14. Juni 2015 - ausschließlich vorgebracht, dass er mit dieser Fortsetzungsfeststellungsklage das Ziel verfolge, „zu verhindern, dass derartige staatliche Eingriffe in meine Rechte durch die örtliche Polizei in gleichartigen Situationen sich künftig wiederholen“. Offenkundig hat der Kläger sich auf die sog. Wiederholungsgefahr bezogen. Besteht nämlich die Gefahr, dass die Behörde erneut einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt des erledigten Verwaltungsakts oder zumindest einen gleichartigen Verwaltungsakt erlässt, so kann dies nach allgemeiner Meinung einen Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO rechtfertigen, wenn die Wiederholungsgefahr hinreichend konkret ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3. 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 7 C 34/11 - NVwZ 2013, 1407 und U.v. 18.12.2007 - 6 C 47/06 - NVwZ 2008, 571; Schmidt in Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 86a; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 141). Das berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage wegen Wiederholungsgefahr setzt nämlich voraus, dass auch in Zukunft unter wesentlich unveränderten Umständen die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt erlassen wird. Es müssen also die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vorliegen wie in dem für die Beurteilung des erledigten Verwaltungsakts maßgeblichen Zeitpunkt (BVerwG, U.v. 12.10.2006 - 4 C 12/04 - juris; Schmidt in Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 86a).

Nach der durchgeführten mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine konkrete Gefahr, dass der Kläger in Zukunft derartigen polizeilichen Maßnahmen in gleichartigen Situationen ausgesetzt sein wird, schon deshalb nicht gegeben ist, weil sich mittlerweile die maßgeblichen Umstände geändert haben. Denn der Kläger hat (am Ende der mündlichen Verhandlung) auf Frage des Gerichts erklärt, dass er zwar nach wie vor (auch) nachts spazieren gehe. Die Kamera habe er damals nur benutzt, weil sie neu gewesen sei und er sie in einer menschenleeren Gegend habe ausprobieren wollen. Wenn er jetzt nachts spazieren gehe, führe er keine Videoaufnahmen mehr durch. Wenn der Kläger aber nun zur Nachtzeit keine Videoaufnahmen in Gewerbe- oder ähnlichen Gebieten mehr durchführt, besteht auch nicht mehr das Risiko, dass er von der Polizei deswegen angehalten und Maßnahmen der Identitätsfeststellung sowie der Durchsuchung der Dateien auf dem Videorecorder unterzogen wird.

Nach allem war die Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses als unzulässig abzuweisen. Nichts anderes - nämlich das Fehlen des Feststellungsinteresses - gilt, wenn aufgrund mangelnder Verwaltungsaktsqualität der „Durchsuchung“ der Tasche und der Bitte um Löschung der Dateien von der Statthaftigkeit einer Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO auszugehen wäre.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger beantragt die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet war, ihm die beantragte Fahrerlaubnis ohne die vorherige Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu erteilen.

2

Im Mai 2005 wurde der Kläger wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,32 Promille rechtskräftig verurteilt; ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen. Im Januar 2006 wurde dem Kläger erneut eine Fahrerlaubnis erteilt. Im September desselben Jahres erhielt die Fahrerlaubnisbehörde von der Polizei die Mitteilung, dass der Kläger Cannabis konsumiere. In dem ärztlichen Gutachten, das der Kläger auf Anforderung der Fahrerlaubnisbehörde im Februar 2007 vorlegte, wird gelegentlicher Cannabiskonsum festgestellt und das Vorliegen von Betäubungsmittelabhängigkeit verneint; allerdings lägen Hinweise auf zeitweisen Alkoholmissbrauch vor. Aufgrund dessen forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger auf, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen. Nachdem der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) mit bestandskräftigem Bescheid vom 22. Januar 2008 die Fahrerlaubnis.

3

Im März 2008 beantragte der Kläger deren Neuerteilung. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte ihn unter Hinweis auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV wieder zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf. Dieses Gutachten ließ der Kläger zwar erstellen, legte es aber wiederum nicht vor. Mit Bescheid vom 18. September 2008 lehnte die Behörde seinen Antrag gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV mit der Begründung ab, er habe ein Fahreignungsgutachten nicht beigebracht; dessen Vorlage sei im Hinblick auf seine Trunkenheitsfahrt, die Hinweise auf Alkoholmissbrauch im ärztlichen Gutachten und die vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung zu Recht gefordert worden.

4

Die vom Kläger hiergegen erhobene Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Gutachten sei gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV zu Recht angefordert worden, da dem Kläger die Fahrerlaubnis wegen Alkoholmissbrauchs bestandskräftig entzogen worden sei. Das Verlangen hätte auch auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV gestützt werden können, nachdem der Kläger bereits einmal alkoholbedingt im Straßenverkehr auffällig geworden sei und sich aus dem Gutachten vom 26. Januar 2007 Hinweise auf Alkoholmissbrauch ergeben hätten.

5

Mit der Berufung hat der Kläger seinen Neuerteilungsantrag zunächst weiterverfolgt. Im November 2010 hat er von der Fahrerlaubnisbehörde die beantragte Fahrerlaubnis erhalten, nachdem er ihr ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt hatte. Der Kläger hat daraufhin die Fortführung des Verfahrens als Fortsetzungsfeststellungsklage beantragt. Sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus der von ihm beabsichtigten Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, außerdem bestehe Wiederholungsgefahr.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis "positiv zu verbescheiden". Zur Begründung heißt es: Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig; der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Ein solches Interesse ergebe sich zwar nicht aus der von ihm angekündigten Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, doch habe der Kläger ein Rehabilitierungsinteresse. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei anerkannt, dass die Aufforderung zu einer psychiatrischen Untersuchung ein solches Interesse begründen könne. Außerdem habe die Behauptung der Fahrerlaubnisbehörde, beim Kläger bestünden Fahreignungszweifel im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch, im Hinblick auf sein Persönlichkeitsrecht eine diskriminierende Wirkung. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet; vom Kläger habe die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens nicht gefordert werden dürfen. Diese Aufforderung lasse sich nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV stützen. Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis nicht - wie dort vorausgesetzt - aus einem der in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV genannten Gründe entzogen worden; die Fahrerlaubnisentziehung habe auf § 11 Abs. 8 FeV beruht. Die Tatbestandswirkung einer solchen Entziehung gehe nicht dahin, dass mangelnde Fahreignung aus dem in der Gutachtensanforderung genannten Grund vorliege. Auch § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV rechtfertige die Beibringungsanordnung nicht. Diese Regelung erlaube in Fällen, in denen - wie hier - nur eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einem Blutalkoholgehalt von unter 1,6 Promille vorliege, die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nur, wenn es zusätzlich konkrete Anzeichen für Alkoholmissbrauch im straßenverkehrsrechtlichen Sinn gebe. Hier sprächen zwar Anzeichen dafür, dass der Kläger zeitweise Alkohol in unzuträglichen Mengen konsumiert habe, es fehle aber ein zumindest mittelbarer Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr.

7

Zur Begründung seiner - vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen - Revision macht der Beklagte geltend: Die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung habe. Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Aufforderung zu einer psychiatrischen Untersuchung ein Rehabilitationsinteresse begründen. Doch habe hier zu keinem Zeitpunkt auch nur die Möglichkeit einer psychischen Störung des Klägers im Raume gestanden. Das Berufungsgericht verkenne außerdem, dass sich eine diskriminierende Wirkung nicht bereits aus Zweifeln am Gesundheitszustand, sondern erst aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben könne. Erst recht fehle eine diskriminierende Wirkung, wenn mit dem angeforderten Gutachten nur das Vorliegen von Alkoholmissbrauch abgeklärt werden solle. Besondere Umstände, die über das Äußern alkoholbedingter Fahreignungszweifel durch den Beklagten hinausgingen, lägen nicht vor.

8

Der Kläger tritt der Revision entgegen. Tatsachen im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV, die bei ihm die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten, lägen nicht vor. Er habe ein Rehabilitierungsinteresse, nachdem die Behauptung des Beklagten im Raum stehe, er sei "ein Säufer, der regelmäßig Alkohol konsumiere und damit nicht mehr Herr seiner Sinne" sei. Hilfsweise werde die Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Aufklärung der Tatsachen beantragt.

9

Nach Auffassung des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist das Berufungsurteil unzutreffend. Bei der Vorgeschichte des Klägers sei die in den Raum gestellte Möglichkeit von Alkoholmissbrauch nicht diskriminierend. Zudem habe es Anhaltspunkte für einen Mehrfachmissbrauch von Cannabis und Alkohol gegeben. Die Begründung des Bescheides enthalte keinen gegen die Person des Klägers gerichteten Vorwurf. Dort werde nur festgestellt, dass die Frage eines Alkoholmissbrauchs durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten geklärt werden solle. Gegen ein Rehabilitierungsinteresse spreche schließlich, dass der Ablehnungsbescheid nach der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht mehr fortwirke.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Die vom Kläger nach Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis mit einem Fortsetzungsfeststellungsantrag weitergeführte Klage hätte in der Berufung ohne Erfolg bleiben müssen, weil dem Kläger das hierfür erforderliche berechtigte Interesse fehlt. Das Berufungsgericht hat die vom Kläger begehrte Feststellung daher schon aus prozessualen Gründen zu Unrecht getroffen. Dieser Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung.

11

Während des Berufungsverfahrens hat sich, weil dem Kläger die begehrte Fahrerlaubnis erteilt wurde, sein ursprünglich verfolgtes Verpflichtungsbegehren erledigt. Der nun gestellte Feststellungsantrag ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, der auf die Fälle eines erledigten Verpflichtungsbegehrens entsprechend anwendbar ist (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 27. März 1998 - BVerwG 4 C 14.96 - BVerwGE 106, 295 <296> m.w.N.), nur dann zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137>). Für die Beurteilung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses als Sachentscheidungsvoraussetzung kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung, sondern im Regelfall auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung oder bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auf den Entscheidungszeitpunkt an (Urteil vom 27. März 1998 a.a.O. S. 299).

12

1. Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann der Kläger nicht daraus herleiten, dass er - wie er beim Übergang auf den Feststellungsantrag vorgetragen hatte - einen Schadensersatzanspruch wegen der u.a. für die Begutachtung entstandenen Kosten geltend machen will. Ein möglicher Amtshaftungsanspruch würde schon daran scheitern, dass das Verwaltungsgericht in Kammerbesetzung - und damit ein Kollegialgericht - die Aufforderung des Klägers zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für rechtmäßig gehalten hat. Damit kann der Kläger das Vorliegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung nicht dartun, der beabsichtigte Zivilprozess wäre offensichtlich aussichtslos. Sowohl vom Bundesverwaltungsgericht (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 3. Juni 2003 - BVerwG 5 C 50.02 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 17 und vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113) als auch von den für die Durchführung von Amtshaftungsprozessen zuständigen Zivilgerichten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 122/02 - NVwZ-RR 2003, 166) wird als Regel angenommen, dass einen Beamten kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (sog. "Kollegialgerichts-Richtlinie"). Dass es sich hier um ein erstinstanzliches Gericht handelt und dessen Entscheidung im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte, ist für die schuldausschließende Wirkung der Kollegialentscheidung unerheblich (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 3. Juni 2003 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). Sonstige, verschuldensunabhängige Schadensersatzansprüche des Klägers sind nicht ersichtlich.

13

2. Es besteht auch kein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr. Sie setzte voraus, dass auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie in dem für die Beurteilung der erledigten Maßnahme maßgeblichen Zeitpunkt (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 11. November 1999 - BVerwG 2 A 5.98 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 8 Rn. 15 m.w.N.). Eine solche unverändert fortbestehende Sachlage gibt es hier nicht. Nachdem der Kläger die begehrte Fahrerlaubnis erhalten hat, ist die erneute Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht zu erwarten, es sei denn, es sollten sich neue Anhaltspunkte für einen Eignungsmangel ergeben.

14

3. Schließlich kann der Kläger die Zulässigkeit seines Fortsetzungsfeststellungsantrags nicht mit einem Rehabilitierungsinteresse begründen.

15

Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche Nachwirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (Urteil vom 11. November 1999 a.a.O. Rn. 16 f.).

16

Eine diskriminierende Wirkung ergibt sich regelmäßig nicht allein aus dem Umstand, dass ein Antrag auf Fahrerlaubniserteilung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV abgelehnt wurde. Voraussetzung für eine solche Ablehnung ist lediglich, dass ein zu Recht angefordertes Fahreignungsgutachten nicht beigebracht wurde. Die Prüfung des Vorliegens einer rehabilitierungsbedürftigen Diskriminierung verlagert sich damit im Wesentlichen auf die Gründe, aufgrund derer die Behörde vom Betroffenen die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens fordert. Dabei ist insbesondere in den Blick zu nehmen, auf welche gesundheitlichen oder sonstigen fahreignungsrelevanten Mängel sich die Fahrerlaubnisbehörde dabei berufen hat und in welcher Art und Weise sowie in welcher Form das geschehen ist. Für die zu klärende Frage einer fortdauernden Beeinträchtigung des Betroffenen in seinen Persönlichkeitsrechten sowie eines daraus resultierenden Rehabilitierungsinteresses ist noch nicht zu prüfen, ob mit den von der Fahrerlaubnisbehörde für das Vorliegen von Eignungszweifeln aufgeführten Umständen auch die rechtlichen Voraussetzungen für eine Gutachtensanforderung erfüllt werden. Das ist, falls ein Rehabilitierungsinteresse anzuerkennen ist, dann erst eine Frage der Begründetheit des Feststellungsantrags.

17

Im Fall des Klägers waren nach der Einschätzung der Fahrerlaubnisbehörde Eignungszweifel wegen eines bei ihm möglicherweise vorliegenden Alkoholmissbrauchs abzuklären. Dieser Begriff ist, wie Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen) zu entnehmen ist, im Zusammenhang mit § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV dahingehend zu verstehen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Übermäßiger Alkoholgenuss ohne Bezug zum Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr genügt somit für die Annahme von Alkoholmissbrauch noch nicht.

18

Die Behauptung, beim Kläger liege Alkoholmissbrauch vor, hat die Fahrerlaubnisbehörde weder bei der Anforderung des Gutachtens noch in ihrem die Erteilung der Fahrerlaubnis ablehnenden Bescheid aufgestellt. Sie hat im Ablehnungsbescheid lediglich die Umstände aufgezählt, aus denen sich aus ihrer Sicht Zweifel an der Fahreignung des Klägers im Hinblick auf den Eignungsmangel des Alkoholmissbrauchs ergeben. Aufgeführt werden in diesem Zusammenhang seine Trunkenheitsfahrt vom 30. Januar 2005 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,32 Promille, das ärztliche Gutachten vom 26. Januar 2007, in dem die Gutachterin zu dem Ergebnis kommt, dass ein Hinweis auf zumindest passageren Missbrauch von Alkohol vorliege, der Umstand, dass der Kläger bereits einmal ein wegen des Verdachts auf Alkoholmissbrauch angefordertes Gutachten nicht vorgelegt habe sowie schließlich die Angabe des Klägers bei der Erstellung des genannten ärztlichen Gutachtens, er habe zeitweise Alkohol und Cannabis gleichzeitig konsumiert. Ob danach die Legaldefinition des Alkoholmissbrauchs erfüllt sei, sei - so der Bescheid weiter - durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klären. Die bloße Benennung der zu dieser Schlussfolgerung führenden Tatsachen lässt schon deswegen keinen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers erkennen, weil sie unstreitig sind. Eine rehabilitationsbedürftige Diskriminierung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Fahrerlaubnisbehörde aus einer Zusammenschau dieser Tatsachen Eignungszweifel im Hinblick auf einen möglicherweise vorliegenden Alkoholmissbrauch herleitet; denn dieser Schluss liegt keineswegs so fern, dass er den Verdacht auf eine unsachgemäße oder gar willkürliche, die persönlichen Belange des Klägers missachtende Sachbehandlung begründen könnte. Auch im Ton ist der Bescheid nicht etwa beleidigend, sondern sachlich gehalten. Davon, dass der Kläger "ein Säufer" sei, ist - entgegen seiner Revisionserwiderung - im angegriffenen Bescheid und ebenso in der Aufforderung zur Beibringung des Fahreignungsgutachtens weder ausdrücklich noch sinngemäß die Rede.

19

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass durch die Anforderung des Fahreignungsgutachtens und den auf dessen Nichtvorlage gestützten Ablehnungsbescheid die Gefahr einer Herabsetzung des Klägers in der Öffentlichkeit besteht (vgl. zu diesem Aspekt Urteil vom 11. November 1999 a.a.O. Rn. 18). Adressat der Beibringungsanordnung und des Ablehnungsbescheides mit den dort geäußerten Eignungszweifeln war allein der Kläger. Es fehlt an einer auf die Fahrerlaubnisbehörde zurückgehenden Bekanntgabe oder Verbreitung des Verdachts des Alkoholmissbrauchs, die zu einer Ausgrenzung des Klägers in der Öffentlichkeit führen könnte. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, es sei nach außen aber erkennbar gewesen, dass er über eine längere Zeit keine Fahrerlaubnis mehr gehabt habe. Dieser Umstand ist in erster Linie auf die dem Ablehnungsbescheid vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung zurückzuführen, die der Kläger bestandskräftig werden ließ.

20

Zu Unrecht beruft sich der Verwaltungsgerichtshof für ein Rehabilitierungsinteresse des Klägers auf das Urteil des 2. Senats vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - (Buchholz 232 § 42 BBG Nr.14). In jener Entscheidung ist das Rehabilitierungsinteresse eines Beamten anerkannt worden, der sich aufgrund einer dienstlichen Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung seiner Dienstfähigkeit unterziehen musste, wobei dieser Umstand anderen Kollegen bekannt geworden war. Es liegt auf der Hand, dass der damit geäußerte Verdacht einer tiefgreifenden psychischen Erkrankung mit weitreichenden Folgen für das Berufsleben insbesondere dann die Gefahr einer wiedergutmachungsbedürftigen Herabwürdigung begründen kann, wenn das Wissen darüber nicht auf die unmittelbar Verfahrensbeteiligten beschränkt bleibt. So verhält es sich hier gerade nicht. Abgesehen davon, dass nach außen nicht mehr erkennbar geworden ist, als dass die Neuerteilung der Fahrerlaubnis einige Jahre in Anspruch nahm, ist das sachlich begründete Verlangen, eine medizinisch-psychologische Klärung der Fahreignung vornehmen zu lassen, in seiner Wirkung für die Persönlichkeit des Betroffenen nicht vergleichbar. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestellt und sich damit - anders als der genannte Beamte - aus freien Stücken einem Verfahren unterzogen hat, in dem er aufgrund seiner Vorgeschichte damit rechnen musste, dass die Behörde auf die aus ihrer Sicht bislang nicht geklärten Zweifel an seiner Fahreignung zurückkommen würde.

21

4. Für die vom Kläger angeregte Zurückverweisung an das Berufungsgericht wegen vermeintlich ungenügender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz ist kein Raum. Beim berechtigten Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO handelt es sich um eine Sachentscheidungsvoraussetzung, so dass das Revisionsgericht, sollte ein - im vorliegenden Fall nicht ersichtliches - Aufklärungsdefizit bestehen, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen hätte.

22

5. Nicht mehr zu entscheiden ist daher, ob der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Klägers in der Sache begründet ist, die beantragte Fahrerlaubnis also ohne die vorherige Anforderung eines Fahreignungsgutachtens zu erteilen gewesen wäre. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, dass der durch § 11 Abs. 8 FeV erlaubte Schluss auf die Nichteignung, der zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt hat, zugleich bedeutet, dass auch im Neuerteilungsverfahren ein medizinisch-psychologischen Gutachten angefordert werden durfte, sei es nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d, sei es nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine atomrechtliche Beförderungsgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 30. April 2003 (i.d.F. des Bescheides vom 13. Oktober 2003), mit der der Beigeladenen die Erlaubnis erteilt worden ist, bis zum 31. Dezember 2003 HAW(high active waste)-Glaskokillen aus der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague in maximal 12 Behältern der Bauart Castor HAW 20/28 CG von der deutsch-französischen Grenze ins Transportbehälterlager (TBL) G. zu befördern. Eine verbindliche Strecke für den Schienentransport legt der Bescheid nicht fest. Nach Abschluss des Transports im Dezember 2003 begehren die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Bescheides.

2

Glaskokillen enthalten die nicht wiederverwertbaren Spaltprodukte aus abgebrannten Kernbrennelementen. Mit einem Glasgranulat verschmolzen werden sie in zylindrische Behälter aus Edelstahl verfüllt und mit einem Edelstahldeckel verschweißt. Zum Transport werden die Glaskokillen in Lagerbehälter des Typs Castor eingestellt. Seit 2007 kommt der Castor der Baureihe HAW 20/28 CG für den Transport ins TBL G. nicht mehr zum Einsatz; er ist durch eine neue Baureihe ersetzt worden.

3

Der Kläger zu 1 ist Eigentümer eines von ihm bewohnten Hauses, das in einer Entfernung von ca. 650 m nördlich der Umschlagsanlage auf dem Bahnhof D. liegt; der Umschlag der Castorbehälter von den Spezialeisenbahnwagen auf Schwerlastkraftfahrzeuge findet in einem dort gelegenen Gebäude statt. Die Klägerin zu 2 ist Miteigentümerin eines von ihr bewohnten Hauses, das ca. 26 m entfernt von dem auf einer Deichkrone verlaufenden Transportweg liegt, der bisher - ebenso wie die Umschlagsanlage in D. - stets für den Transport der Castorbehälter ins Behälterlager genutzt worden ist.

4

Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren wies das Verwaltungsgericht die Klagen als unzulässig ab. Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht ab. Es bestünden weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils noch komme der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu. Das Bundesverfassungsgericht hob die beiden Beschlüsse über die Nichtzulassung der Berufung auf und verwies die Streitsachen an das Oberverwaltungsgericht zurück. Durch die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts würden die Kläger in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger nach deren Zulassung zurückgewiesen. Zu Recht sei das Verwaltungsgericht von der Unzulässigkeit der Klagen ausgegangen.

6

Unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr sei die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Zwar werde der hier streitige Behältertyp Castor HAW 20/28 CG für künftige Transporte ins TBL G. nicht mehr eingesetzt. Doch müsse die stetige Möglichkeit eines Rücktransports der Behälter gewährleistet sein, was das Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründe.

7

Die Kläger seien nicht Adressaten der Transportgenehmigung. Sie seien daher nur dann klagebefugt, wenn die als verletzt gerügte Vorschrift drittschützenden Charakter habe und sie dem durch die Vorschrift geschützten Personenkreis angehörten. § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 5 AtG sei nicht drittschützend. Das in Nummer 3 in Bezug genommene Gefahrgutbeförderungsrecht, somit das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter sowie die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt, die hinsichtlich der innerstaatlichen Beförderung auf der Straße auf Vorschriften des Europäischen Übereinkommens vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) und hinsichtlich der Beförderung mit der Eisenbahn auf die Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) als Anlage I zum Anhang B des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 verweise, habe mit gleichlautenden Vorschriften das Ziel, Personen, Eigentum und die Umwelt vor den Strahlungseinflüssen bei der Beförderung radioaktiver Stoffe zu schützen. Zur Vorsorge gegen Schäden durch die Beförderung von Kernbrennstoffen sei eine höchstzulässige Dosisleistung an der Außenfläche des Versandstücks und des Transportfahrzeugs von 2 mSv/h und in einem Abstand von 2 m von der Außenfläche des Transportfahrzeugs von 0,1 mSv/h einzuhalten. Auch hinsichtlich etwaiger Oberflächenkontaminationen gebe es einen behälterbezogenen Grenzwert. Damit liege den gefahrgutrechtlichen Regelungen ein anderes Schutzsystem zugrunde als der Strahlenschutzverordnung, die auf eine effektive Dosis sowie auf eine Organdosis bei Einzelpersonen an der ungünstigsten Einwirkungsstelle in der Umgebung einer Anlage oder Einrichtung bezogen auf ein Jahr abstelle; dieses auf Einzelpersonen bezogene Schutzkonzept begründe den Drittschutz für Anwohner von Kernkraftwerken und Zwischenlagern. Die gefahrgutrechtlichen Regelungen stellten hingegen mit ihrem Schutzkonzept generalisierend und nicht akzeptorbezogen auf die Dosisleistung unmittelbar am Transportbehälter und bezogen auf eine Stunde ab. Hiermit würden auch unterschiedliche Geschwindigkeiten des Transports und unterschiedliche Einwirkungszeiten vorsorgend abgedeckt. Ein Schutz von Streckenanliegern über den der Allgemeinheit zukommenden Schutz hinaus sei damit nicht beabsichtigt.

8

Für die Anfechtung der einem Dritten erteilten Genehmigung setze die zur Begründung der Klagebefugnis erforderliche Betroffenheit ein besonderes Verhältnis des Klägers zum Genehmigungsgegenstand im Sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung voraus. Letztere bestehe nur, wenn der von der Genehmigung Betroffene auf eine gewisse Dauer Einwirkungen ausgesetzt sei, denen er sich nachhaltig nicht entziehen könne, und damit ein über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Opfer zu erbringen habe. Dieser Grundsatz des Immissionsschutzrechts gelte auch für die atomrechtliche Beförderungsgenehmigung. Die zur Vorsorge gegen Schäden durch die Beförderung von Kernbrennstoffen einzuhaltenden Vorschriften von ADR und RID ermöglichten es nicht, einen abgrenzbaren Kreis von Betroffenen zu bestimmen. Abstellend auf die höchstzulässige Dosisleistung an den Außenflächen der Transportfahrzeuge und Versandstücke einen Korridor Betroffener entlang der Transportstrecke zu bilden, scheide auch angesichts von etwa 445 000 Transporten radioaktiver Stoffe im Jahr im gesamten öffentlichen Schienen-, Straßen- und Binnenwassernetz in Deutschland aus. Ein dynamischer Beförderungsvorgang sei nicht vergleichbar mit einer ortsfesten Anlage, in deren Einwirkungsbereich Grundstücke auf Dauer belastet würden. Die Klägerin zu 2 habe bei der Vorbeifahrt des genehmigten Transports eine Strahlenexposition zu erwarten, die weit unterhalb der regionalen Schwankungsbreiten der natürlichen Strahlenexposition liege, selbst wenn es störungsbedingt zu einem vorübergehenden Stillstand des Transports kommen sollte.

9

Für SEWD-Fälle sei die Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 Nr. 4 und § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG, die - soweit eine Zuordnung zum Restrisiko ausscheide - einen Drittschutz bejahe, auf § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG nicht übertragbar; sie erweitere auch lediglich die Rügebefugnis der Betroffenen im Hinblick auf den Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter, nicht hingegen den Kreis der Drittschutzberechtigten. Insbesondere gehörten die sicherheitstechnischen Anforderungen an Behälter und Inventar auch im Hinblick auf SEWD-Fälle nicht zum Entscheidungsprogramm der Genehmigungsbehörde, weil hierfür in der Versandstückmusterzulassung eine abschließende Regelung getroffen sei. Der ADR seien diesbezüglich zuletzt Vorschriften für die Sicherung der Transporte vor Missbrauch gefährlicher Güter auch zu terroristischen Zwecken angefügt worden. Wegen der nicht näher bestimmten Transportstrecken und der geringen Zeitdauer, in der die Kläger Einwirkungen aus vorbeifahrenden Transporten ausgesetzt seien, lasse sich auch aus § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG Drittschutz nicht herleiten. Eine Risikoermittlung und -bewertung stehe den Gerichten wegen der Einschätzungsprärogative der Beklagten nicht zu. Ob diese Risikoeinschätzung auf einer ausreichenden Datenbasis beruhe und ob das konkret angeordnete integrierte Sicherungs- und Schutzkonzept dem Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung entspreche, müsse mangels Drittschutzes nicht weiter geprüft werden.

10

Auch aus den Grundrechten der Kläger nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 GG lasse sich eine Klagebefugnis nicht herleiten. Derartiges komme nur in Betracht, wenn staatliche Organe gänzlich untätig geblieben oder die getroffenen Maßnahmen völlig ungeeignet und unzulässig seien. Wegen der Begrenzung der Dosisleistung an der Oberfläche und im Nahbereich eines Versandstücks fehle es aber weder an einem Schutzkonzept noch sei dieses im Hinblick auf die Kläger unzureichend.

11

Gegen diese Urteile wenden sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Kläger. Zu deren Begründung tragen sie vor:

12

Bereits das Bundesverfassungsgericht habe darauf hingewiesen, dass sich angesichts der wortgleichen Formulierung des § 4 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 und Nr. 5 AtG wie des § 6 Abs. 2 Nr. 2 und 4 sowie des § 7 Abs. 2 Nr. 3 und 5 AtG die Frage aufdränge, ob nicht die für die letztgenannten Vorschriften geltenden Grundsätze auf die entsprechenden Regelungen des § 4 AtG übertragen werden müssten. Diese Frage sei zu bejahen. Das gelte umso mehr, als allen drei Bestimmungen der gleiche Schutzstandard zugrunde liege. Auch § 4 AtG sei auf den Schutzzweck des § 1 Nr. 2 AtG bezogen zu verstehen.

13

Das in § 4 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 AtG in Bezug genommene Gefahrgutbeförderungsrecht diene ebenso dem Schutz von Einzelpersonen. Wie bei einem Reaktorunfall seien bei einem Versagen des Transportbehälters Einzelpersonen im näheren Umfeld betroffen. Dass Schutz nach dem Recht der Gefahrgutbeförderung auf andere Weise bewirkt werde als nach der Strahlenschutzverordnung, bedeute nicht, dass dieses andere Konzept als nicht drittschützend anzusehen sei. Das Berufungsgericht schließe zu Unrecht vom Fehlen einer untergesetzlichen Ausfüllung des normativen Schutzanspruchs aus § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG durch Dosisgrenzwerte auf das Fehlen von Drittschutz; es lasse die individuelle Betroffenheit der Streckenanlieger in einem Kollektivrisiko untergehen.

14

Die zum Immissionsschutzrecht entwickelten Maßstäbe der Drittbetroffenheit durch den Betrieb ortsfester Anlagen auf die Beförderung von Kernbrennstoffen zu übertragen, gehe fehl, da der Gesetzgeber das Risikopotenzial der Kernenergienutzung generell als schwerwiegender ansehe. Insbesondere sei das spezifische Gefährdungspotenzial der Beförderung von Kernbrennstoffen von anderer Qualität. Das Berufungsgericht verharmlose das von Castor-Transporten ausgehende Gefährdungspotenzial, wenn es dieses mit dem von unter das Immissionsschutzrecht fallenden Anlagen vergleiche.

15

Die Beförderungsgenehmigung lege zwar keine abschließende Transportroute fest; dies sei für die Klagebefugnis aber ohne Bedeutung, da mit dem Ziel des TBL G. ein Zwangspunkt verbunden sei. Streitgegenstand seien nicht genehmigungspflichtige Beförderungsvorgänge im Allgemeinen, sondern allein die Rechtmäßigkeit eines bestimmten Beförderungsvorgangs, der wie in den letzten Jahren zur Umladestation in D. geführt und damit die Grundstücke der Kläger zwangsweise unmittelbar betroffen habe.

16

Die räumliche und zeitliche Komponente einer Betroffenheit werde verkannt. Im Falle der Atomtransporte sei die potenziell beeinträchtigende Einwirkung zwar eher flüchtig. Hierauf könne es aber nicht ankommen, weil andernfalls vollkommen ungeschützt erheblich strahlende Atomtransporte unmittelbar an den Grundstücken der Kläger vorbeigeführt werden könnten, ohne dass eine Möglichkeit bestünde, sich hiergegen zur Wehr zu setzen. Das Erfordernis der räumlichen Abgrenzbarkeit sei im Atomrecht stark relativiert. Es sei ausreichend, wenn einer Schutznorm entnommen werden könne, dass die Beeinträchtigung privater Belange potenziell Betroffener tunlichst zu vermeiden sei. Die enge räumliche Betroffenheit ergebe sich vorliegend daraus, dass das Wohngrundstück des Klägers zu 1 nur ca. 650 m von der Umladestation entfernt liege und die Transportstrecke zum Transportbehälterlager unmittelbar am Anwesen der Klägerin zu 2 vorbeiführe.

17

Zwar sei für die Bauartprüfung zulassungspflichtiger Versandstücke nicht die Genehmigungsbehörde zuständig. Dies schließe aber nicht aus, dass erkannte Sicherheitsdefizite, die geeignet seien, die Streckenanlieger zu gefährden, im Rahmen der Erteilung einer Transportgenehmigung beachtlich blieben. Die Genehmigungsbehörde müsse nicht sehenden Auges eine Gefährdung von Streckenanliegern in Kauf nehmen. Es würde gegen § 1 Nr. 2 AtG verstoßen, müsste die Genehmigungsbehörde den Transport mit ungeeigneten Behältern genehmigen, nur weil diese über eine Zulassung verfügten.

18

Auch aus § 4 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 AtG lasse sich Drittschutz ableiten. Da die transportrechtlichen Vorschriften Lücken aufwiesen, müssten diese mit Rückgriff auf die genannte gesetzliche Regelung geschlossen werden. Für den Transport von Kernbrennstoffen sei von dem übergreifenden Schutzstandard des Atomgesetzes auszugehen; den Beförderungsvorgängen sei die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden zugrunde zu legen. Dieser Standard sei auch bei Anwendung gefahrgutrechtlicher Vorschriften zu gewährleisten.

19

§ 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG vermittele ebenso wie § 7 Abs. 2 Nr. 5 und § 6 Abs. 2 Nr. 4 AtG Drittschutz und erweitere nicht lediglich die Rügebefugnis Betroffener. Die Vorschriften zur Versandstückmusterzulassung enthielten keine behälterbezogenen Regelungen für SEWD-Fälle. Der Beschuss eines Transportbehälters mit panzerbrechenden Waffen werde bei der Bauart- und Behälterzulassung nicht geprüft.

20

Die Klagen seien auch begründet. Beim Castor HAW 20/28 CG liege eine Fehlkonstruktion der Stoßdämpfer vor. Bei Fallversuchen mit Castorbehältern sei es daher zu Leckagen gekommen. Gleichfalls fehle es an dem gebotenen Schutz vor Störmaßnahmen und Einwirkungen Dritter.

21

Die Kläger beantragen,

die angefochtenen Urteile des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg und des Verwaltungsgerichts Braunschweig aufzuheben und festzustellen, dass die Beförderungsgenehmigung vom 30. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2003 rechtswidrig war.

22

Die Beklagte beantragt,

die Revisionen zurückzuweisen.

23

Sie macht sich die Begründung der angegriffenen Urteile zu eigen und trägt vertiefend und ergänzend im Wesentlichen vor: Wollte man für das Beförderungsgenehmigungsverfahren auf das Erfordernis der Abgrenzbarkeit eines mit besonderen Rechten ausgestatteten Personenkreises von der Allgemeinheit verzichten, müsste Drittschutz im Gefahrgutbeförderungsrecht generell bejaht werden; dies liefe darauf hinaus, Straßenanliegern eine Klagebefugnis in Bezug auf jedes Unfallrisiko zuzuerkennen. Ein derartiges Kollektivrisiko sei aber nicht wehrfähig. Eine Duldungspflicht der Streckenanlieger in Bezug auf Gefahrguttransporte ergebe sich im Übrigen aus der Widmung des Verkehrswegs. Die Klagebefugnis lasse sich auch nicht aus grundrechtlichen Schutzpflichten ableiten. Dem Gesetzgeber komme bei der Erfüllung dieser Pflichten ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Dieser Spielraum umfasse auch die Wahl, ob der Gesetzgeber seinen Schutzpflichten durch rein objektiv-rechtliche Regelungen genüge oder Dritten ein subjektives Rügerecht einräume. Das Atomrecht enthalte zahlreiche Regelungen, die wie etwa das Strahlenminimierungsgebot keinen Drittschutz vermittelten.

24

Für die Klagen bestehe auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Es fehle eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die inzwischen nicht mehr zum Einsatz kommenden Behälter vom Typ Castor HAW 20/28 CG aus G. wieder abtransportiert würden.

25

Die Beigeladene beantragt gleichfalls,

die Revisionen zurückzuweisen.

26

Sie tritt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses dem Vorbringen der Revisionen entgegen und verteidigt die angegriffenen Urteile.

Entscheidungsgründe

27

Die Revisionen der Kläger sind begründet. Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der erteilten Beförderungsgenehmigung gerichteten Klagen sind zulässig. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht (1). Dagegen verstößt gegen Bundesrecht, dass das Gericht die drittschützende Wirkung sowohl des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG (2) als auch des § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG (3) verneint und deshalb die Klagen wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig erachtet hat. Da das Oberverwaltungsgericht die für eine materiellrechtliche Prüfung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat, kann der Senat nicht beurteilen, ob die erteilte Beförderungsgenehmigung dem Schutzerfordernis des § 4 AtG genügt; dies zwingt zur Zurückverweisung der Sache (4).

28

1. Rechtsgrundlage der angegriffenen Beförderungsgenehmigung ist § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz). Danach bedarf die Beförderung von Kernbrennstoffen außerhalb eines abgeschlossenen Geländes, auf dem Kernbrennstoffe staatlich verwahrt werden oder eine nach den §§ 6, 7 und 9 AtG genehmigte Tätigkeit ausgeübt wird, der Genehmigung. Diese wird dem Absender oder demjenigen erteilt, der es übernimmt, die Versendung oder Beförderung der Kernbrennstoffe zu besorgen. Die Beigeladene hat in Abstimmung mit der Betreiberin des Transportbehälterlagers die Verbringung hochradioaktiver Abfälle nach G. übernommen. Die gegen die erteilte Beförderungsgenehmigung erhobene Anfechtungsklage hat sich mit Abschluss des Transports im Dezember 2003 erledigt, was die Kläger veranlasst hat, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung zu beantragen, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

29

Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht das Fortbestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bejaht (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urteil vom 23. März 1999 - BVerwG 1 C 12.97 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 12 S. 3 f.; Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 39 Rn. 11 f.). Zwar werden Transporte von HAW-Glaskokillen im Behältertyp Castor HAW 20/28 CG in das TBL G. künftig schon deshalb nicht mehr erfolgen, weil diese Baureihe durch einen neuen Behältertyp abgelöst worden ist. Da HAW-Glaskokillen im Transportbehälterlager aber nur zwischengelagert werden und nach Maßgabe der Aufbewahrungsgenehmigung deren Abtransport in den streitbefangenen Castorbehältern jederzeit möglich sein muss, rechtfertigt dies bereits die Annahme eines berechtigten Interesses unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Auch unabhängig von den zum Einsatz kommenden Behältertypen und deren etwaigen, von den Klägern gerügten Konstruktionsmängeln wird sich zudem für einen künftigen Abtransport der Behälter die Frage stellen, ob hinreichender Schutz der Transportvorgänge gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD-Fälle) gewährleistet ist. Die Frage, ob das TBL G. künftig noch Ziel weiterer Castortransporte sein wird, kann daher dahinstehen.

30

2. Mit Bundesrecht unvereinbar ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die der angefochtenen Beförderungsgenehmigung zugrunde liegende Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG nicht drittschützend sei. Dagegen sprechen sowohl Erwägungen der Gesetzessystematik (a) als auch Sinn und Zweck der Regelung (b). Ihr Verständnis als Schutznorm scheitert auch nicht an dem Erfordernis eines abgrenzbaren Personenkreises (c).

31

a) Rechtssystematisch ist vor allem von Bedeutung, dass § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG einen mit § 7 Abs. 2 Nr. 3 und § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG vergleichbaren Regelungsgehalt aufweist. Alle drei Vorschriften machen die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden zur Genehmigungsvoraussetzung für verschiedene Ausprägungen des Umgangs mit Kernbrennstoffen.

32

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG mit dem Gebot der erforderlichen Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb kerntechnischer Anlagen Drittschutz, da hiermit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch der Einzelne vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahrt werden soll (Urteile vom 17. Juli 1980 - BVerwG 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <301, 305> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 6, vom 19. Dezember 1985 - BVerwG 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300 <310, 318> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 15 und vom 17. Dezember 1986 - BVerwG 7 C 29.85 - BVerwGE 75, 285 <289 ff.> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 17). Welches Risiko Drittbetroffenen zugemutet werden darf, konkretisieren zwar für ihren Anwendungsbereich die in der Strahlenschutzverordnung festgelegten Dosisgrenzwerte (§ 47 StrlSchV) und Störfallplanungswerte (§ 49 StrlSchV). Das ändert entgegen der Auffassung der Beklagten aber nichts daran, dass der Drittschutz schon in § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG selbst verankert ist. Für die Aufbewahrung bestrahlter Brennelemente außerhalb der staatlichen Verwahrung gilt unter dem Gesichtspunkt des Drittschutzes nichts anderes. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG ist auch insoweit die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge zu leisten, womit sich der Schutz Drittbetroffener verbindet (Beschluss vom 5. Januar 2005 - BVerwG 7 B 135.04 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 3 S. 4).

33

§ 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG unterscheidet sich in seiner Grundstruktur nicht von den beiden vorgenannten Bestimmungen. Er macht die Beförderungsgenehmigung für Kernbrennstoffe von der Gewährleistung abhängig, dass die Kernbrennstoffe unter Beachtung der für den jeweiligen Verkehrsträger geltenden Rechtsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter befördert werden oder, soweit solche Vorschriften fehlen, auf andere Weise die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Beförderung getroffen ist. Trotz der Aufgliederung in zwei Regelungsalternativen erhebt auch diese Vorschrift die erforderliche Schadensvorsorge in beiden Alternativen zur Genehmigungsvoraussetzung und richtet den gebotenen Schutzstandard am jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik aus. Das ergibt sich zwingend aus der Formulierung der zweiten Alternative, wonach - soweit Gefahrgutvorschriften fehlen - die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge "auf andere Weise" getroffen sein muss. Beide Alternativen verpflichten also zur Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge; sie unterscheiden sich lediglich darin, dass in der ersten Alternative zur Konkretisierung auf das Gefahrgutrecht verwiesen wird, während in der zweiten Alternative die Vorsorgeanforderungen auf andere Weise durch die Exekutive konkretisiert werden müssen. Ist der Regelungsgehalt des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG demnach im Wesentlichen dem des § 7 Abs. 2 Nr. 3 und des § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG vergleichbar, so kann die Frage nach dem Schutznormcharakter dieser Regelung schwerlich anders beantwortet werden als für die beiden anderen, unstreitig als Schutznormen zu qualifizierenden Vorschriften.

34

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass das Schutzkonzept des Gefahrgutrechts, auf dessen Vorschriften § 4 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 AtG Bezug nimmt, sich wesentlich von dem in den drittschützenden Grenzwertregelungen der Strahlenschutzverordnung gewählten Ansatz unterscheidet. Während § 47 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 StrlSchV Dosisgrenzwerte für Einwirkungsorte jenseits des Anlagengeländes festlegen und damit namentlich den Schutz für Anwohner im Umfeld der Anlage konkretisieren, ist das Schutzkonzept des Gefahrgutrechts auf das Ziel hin ausgestaltet, unterschiedslos für jedermann, der in die Nähe der Transportstrecke gelangt, unabhängig von der Aufenthaltshäufigkeit und -dauer einen dem gesetzlichen Sicherheitsstandard entsprechenden Schutz zu gewährleisten. Einschlägig sind die Bestimmungen in den Teilen 1 bis 9 der Anlagen A und B zu dem Europäischen Übereinkommen vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) sowie die Teile 1 bis 7 der Anlage der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) - Anlage I zu Anhang B des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980. Auf diese beiden, weitgehend identisch gegliederten und ausformulierten Regelwerke verweist § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn vom 1. Januar 2003 - GGVSE - (in der Fassung vom 10. September 2003, BGBl I S. 1913 - seit 2009 Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt - GGVSEB - BGBl I S. 14, zuletzt in der Fassung vom 22. Januar 2013, BGBl I S. 110), die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes vom 14. August 1998 - GGBefG - (BGBl I S. 3114) erlassen worden ist. Zur Begrenzung der Strahlenexposition bestimmen Abschnitt 2.2.7.8.2 und Abschnitt 7.5.11 CV 33 (3.3 b/c) und 3.5 b und c ADR/RID, dass während der Beförderung radioaktiver Stoffe die Dosisleistung auf der Außenfläche des Versandstücks bzw. des Fahrzeugs an keinem Punkt 2 mSv/h und in einem Abstand von 2 m vom Fahrzeug an keinem Punkt 0,1 mSv/h überschreiten darf. Im Gegensatz zu den immissionsbezogenen Grenzwerten der Strahlenschutzverordnung bestimmen diese Grenzwerte das noch hinzunehmende Maß von Emissionen der Versandstücke und Transportfahrzeuge.

35

Diese Ausgestaltung des Gefahrgutrechts rechtfertigt es indes nicht, § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG eine drittschützende Wirkung abzusprechen. Zum einen ist das festgelegte Schutzkonzept in seiner behälterbezogenen Ausrichtung jedenfalls geeignet, den Schutz von Anliegern mit zu gewährleisten. Zum anderen hat die Auslegung des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG sich primär an dem Sinngehalt dieser Vorschrift selbst und ihrem systematischem Zusammenhang mit den Vorschriften des Atomgesetzes im Übrigen und nicht an den lediglich zur Konkretisierung der erforderlichen Schadensvorsorge in Bezug genommenen Bestimmungen des Gefahrgutrechts zu orientieren. Auch wenn das Gefahrgutrecht als solches keinen Drittschutz gewährt, besagt dies nicht, dass die darauf verweisende und durch dessen sicherheitsrechtliche Vorgaben angereicherte Genehmigungsvoraussetzung des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG ebenfalls keinen Drittschutz vermitteln könnte. Allein das Atomgesetz und nicht nachgeordnetes oder in Bezug genommenes Recht entscheidet mit dem von ihm verfolgten Gesetzeszweck über die Schutzwirkung zugunsten Dritter.

36

b) Der Sinn und Zweck des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG bestätigt den Schutznormcharakter dieser Vorschrift. Sie ist ebenso wie die Parallelregelungen in § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG vor dem Hintergrund der Schutzzweckbestimmung des § 1 Nr. 2 AtG zu verstehen. Das Atomgesetz bezweckt hiernach ausdrücklich - und zwar vorrangig vor einer Förderung der Atomenergienutzung -, Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie zu schützen (BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30 <58>; BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 - BVerwG 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300 <310> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 15 S. 41). Maßgeblich gestützt auf diese Schutzzielbestimmung hat das Bundesverfassungsgericht dem Begriff der nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Schadensvorsorge den Grundsatz bestmöglicher Gefahrenabwehr und Schadensvorsorge entnommen (BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 - BVerfGE 49, 89 <138 f.>). Danach müssen Schäden durch den der Genehmigung unterworfenen Vorgang praktisch ausgeschlossen sein (a.a.O. S. 143). Mit Rücksicht auf die in § 1 Nr. 2 AtG benannten Individualrechtsgüter drängt es sich auf, diesen Grundsatz zugunsten potenziell Betroffener als drittschützend zu verstehen, gleichviel ob er in Bezug auf den Betrieb kerntechnischer Anlagen, die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen oder den Transport von Kernbrennstoffen verwendet wird. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf das hohe Gefährdungspotenzial der in Rede stehenden Vorgänge, das sich im Falle einer Freisetzung mit schwerstwiegenden Schadensfolgen aktualisieren würde.

37

Grundrechtliche Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. Die Regelungen über die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge hat der Gesetzgeber in Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten getroffen, die sich ihrerseits aus dem objektivrechtlichen Gehalt der Grundrechte des Art. 2 Abs. 2 und des Art. 14 Abs. 1 GG ergeben (BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1979 a.a.O. S. 57 f.). Dass dies auch für § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG gilt, stellt das Oberverwaltungsgericht nicht infrage. Es zieht daraus indessen nicht die Konsequenz, die betreffenden einfachrechtlichen Regelungen als drittschützend zu qualifizieren, sondern nimmt an, grundrechtliche Positionen würden als Reflex mit geschützt. Diese Argumentation ist unschlüssig. Der grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates entspricht ein grundrechtlicher Schutzanspruch des durch die schutzgebietende Tätigkeit betroffenen Grundrechtsträgers (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1987 - 2 BvR 624/83 u.a. - BVerfGE 77, 170 <214>). Dem Staat steht bei der Erfüllung seiner grundrechtlichen Schutzpflichten allerdings ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Kommt der Gesetzgeber der Schutzpflicht - wie hier - im Rahmen dieses Spielraums durch Regelungen nach, die ihrerseits noch umsetzungsbedürftig sind, so erledigt der Schutzanspruch sich dadurch aber nicht einfach; an die Stelle des zunächst grundrechtsunmittelbaren Anspruchs tritt vielmehr ein Schutzanspruch aus der konkretisierenden einfachrechtlichen Regelung. Das Bundesverfassungsgericht spricht insoweit von einem einfachgesetzlich konkretisierten Grundrechtsschutz (BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1988 - 1 BvR 1561/82 - BVerfGE 77, 381 <405>; in diesem Sinne auch BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - BVerwG 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <301> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 6 S. 8).

38

Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Oktober 1987 (a.a.O.) folgt nichts anderes. Das Gericht hat es in dieser Entscheidung abgelehnt, aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein Recht auf Verfahrensteilhabe Betroffener vor Zustimmung des Gesetzgebers zu völkerrechtlichen Verträgen abzuleiten, die ausländischen Truppen die Lagerung chemischer Waffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erlauben. Es ging also um die Frage, ob der Gesetzgeber seiner grundrechtlichen Schutzpflicht - auch - durch Erlass verfahrensrechtlicher Regelungen zu genügen habe. Diese Fragestellung unterscheidet sich deutlich von der hier maßgeblichen, ob in Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten geschaffene grundrechtskonkretisierende Regelungen drittschützend sind und deshalb nach Art. 19 Abs. 4 GG, § 42 Abs. 2 VwGO potenziell Betroffenen gerichtlichen Rechtsschutz eröffnen.

39

c) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings anerkannt, dass atomrechtliche Vorschriften einen grundrechtskonkretisierenden subjektivrechtlichen Gehalt nur insoweit aufweisen, als sie neben dem geschützten Recht auch einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen (Urteil vom 10. April 2008 - BVerwG 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129 Rn. 19 = Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 4); dies betrifft zuvörderst Menschen, die im Gefahrenbereich einer genehmigungsbedürftigen Anlage wohnen oder arbeiten und deshalb des Schutzes vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen bedürfen (Urteil vom 16. März 1972 - BVerwG 1 C 49.70 - Buchholz 451.170 AtG Nr. 1 S. 4, juris Rn. 32). Dabei ist eine Rechtsverletzung erst in Betracht zu ziehen, wenn an einem für den Betroffenen "bedeutsamen Standort", also an seinem Wohnort, Arbeitsplatz oder Aufenthaltsort radioaktive Konzentrationen zu erwarten sind, die nach den Wertungen des Atomgesetzes nicht hingenommen werden müssen (Urteil vom 11. Januar 1985 - BVerwG 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365 <369> = Buchholz 451.171 AfG Nr. 13a S. 22). Mit dem jeweiligen Einwirkungsbereich einer Anlage verbindet sich also ein bestimmbarer Kreis betroffener Personen (Urteil vom 10. April 2008 a.a.O. Rn. 22).

40

Wenn das Oberverwaltungsgericht ausgehend von dieser zu den §§ 6 und 7 AtG ergangenen Rechtsprechung die für die Begründung der Klagebefugnis erforderliche Voraussetzung einer engeren räumlichen Beziehung der in einer Entfernung von ca. 650 m zur Eisenbahnstrecke bzw. in einer Entfernung von ca. 26 m zur Straße nach G. wohnenden Kläger zu den Castortransporten ins Transportbehälterlager G. verneint, weil angesichts im gesamten öffentlichen Schienen- und Straßennetz möglicher Transporte von Kernbrennstoffen ein abgrenzbarer und individualisierbarer Personenkreis nicht betroffen sein könne, lässt es Folgendes außer Acht: Die Kläger haben ihren Lebensmittelpunkt auf in ihrem Eigentum stehenden Wohngrundstücken im näheren Umgriff der stationären Verladestelle am Bahnhof D. bzw. unmittelbar angrenzend an die von dort zum Transportbehälterlager führende Straße, über die mit Schwerlastkraftfahrzeugen der Transportvorgang zum Abschluss gebracht wird. Die von der Beklagten betonte Vielzahl möglicher Transportwege verengt sich hier also nach Art eines Flaschenhalses auf eine nahezu zwangsläufig zu benutzende Strecke. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Transportbehälterlager nicht über einen Gleisanschluss verfügt, weshalb ein Umschlag auf dem Lagergelände mit anschließender Lagerung der Transportbehälter in der hierfür vorgesehenen Halle ausscheidet. Dieser den Transportvorgang zu Ende führende Umschlag mit der abschließenden Verbringung der Versandstücke in die Lagerhalle beginnt daher bereits am Bahnhof D., wofür insbesondere auch spricht, dass die Betreiberin des Transportbehälterlagers ebenso die Umschlaganlage am Bahnhof D. betreibt und ausweislich des Bescheides über die Beförderungsgenehmigung schon für den Umschlag Verantwortung trägt. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Betroffenheit der Kläger sich deutlich abhebt von der sonstiger (potenzieller) Anlieger einer bescheidmäßig nicht festgelegten Beförderungsstrecke von der deutsch-französischen Grenze nach D. Eine engere räumliche Beziehung zwischen den Wohnorten der Kläger und dem Transportvorgang kann danach nicht zweifelhaft sein.

41

Das Kriterium eines für den Betroffenen bedeutsamen Standortes enthält neben der räumlichen auch eine zeitliche Komponente, wie die Beispiele des Wohnens und Arbeitens im Einwirkungsbereich einer nach § 7 AtG genehmigungsbedürftigen Anlage zeigen. Auch in dieser Hinsicht ist eine hinreichende Beziehung der Kläger zu den Transportvorgängen zu bejahen. Zwar ist ein mit dem Transport von Kernbrennstoffen verbundener dynamischer Beförderungsvorgang mit dem Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Spaltung oder Aufbewahrung von Kernbrennstoffen nicht voll vergleichbar; mit ersterem verbinden sich keine dauerhaften oder über längere Zeiträume sich erstreckenden Einwirkungen wie mit dem Betrieb einer Anlage. Doch kann bezogen auf die in D. betriebene Verladestelle nicht außer Acht bleiben, dass die Transporte der HAW-Glaskokillen bislang stets den Weg über diese Verladestelle ins Transportbehälterlager genommen haben und auf sie sowie die von dort zu dem Lager führende Straße angewiesen sind. Für den Kläger zu 1 kommt hinzu, dass die Verweildauer der Transporte in der Umschlaganlage deren Nachbarschaft als abgrenzbaren Kreis Betroffener abhebt von den Anliegern des Schienenweges, auf dem das Transportgut in einem mehr oder weniger flüchtigen Beförderungsvorgang vorbeigeführt wird.

42

Soweit die Kläger auf die befürchtete Höhe von Schäden infolge eines Beförderungsunfalls hinweisen, rechtfertigt dies allein allerdings nicht bereits die Annahme der Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Ausreichend ist jedoch ihr substantiierter Vortrag, dass infolge der Konstruktionsfehler an den Stoßdämpfern ein zu Schäden führendes Risiko bestehe und hierfür Vorsorge im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG getroffen werden müsse. Insoweit machen sie geltend, dass ihnen durch die angefochtene Genehmigung ein höheres Risiko zugemutet wird, als sie nach der Schutzbestimmung des Atomrechts tragen müssen (Urteil vom 21. August 1996 - BVerwG 11 C 9.95 - BVerwGE 101, 347 <350 f.> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 3).

43

3. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass mit dem nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG zu gewährleistenden Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter ein Vorsorge- und Schutzstandard bestimmt wird, der mit demjenigen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG übereinstimmt und ebenso Drittschutz vermittelt (Urteil vom 9. Juli 1982 - BVerwG 7 C 54.79 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 12, juris Rn. 16). Der "erforderliche" Schutz ist beide Male ein "vorsorgender" Schutz, wie auch das Maß des Erforderlichen jeweils nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu bestimmen ist. Demgemäß müssen Gefahren und Risiken auch durch Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter praktisch ausgeschlossen sein (Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185 <191 f.> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 27 S. 58 f.). Dasselbe gilt für die gleich lautenden Vorschriften der § 6 Abs. 2 Nr. 4 und § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG und deren Verhältnis zueinander. Der von einem terroristischen Anschlag auf ein Kernkraftwerk oder ein Aufbewahrungslager betroffene Personenkreis ist nach dem Einwirkungsbereich, somit ebenfalls nach den möglichen Auswirkungen eines derartigen Ereignisses bestimmbar (Urteil vom 10. April 2008 a.a.O. Rn. 21 f.). Der Umstand, dass die gerichtliche Überprüfung namentlich wegen notwendiger Geheimhaltung von Einzelheiten des Sicherungs- und Schutzkonzepts eingeschränkt ist, rechtfertigt es nicht, den Betroffenen Rechtsschutz im Bereich der erforderlichen Schadensvorsorge gegen terroristische Einwirkungen Dritter vollständig zu versagen. Soweit die Behörde Schadensvorsorge für erforderlich hält, steht Betroffenen ein entsprechender Genehmigungsabwehranspruch zur Seite, wenn ein hinreichend wahrscheinlicher Geschehensablauf vorgetragen wird, bei dem trotz der getroffenen Vorsorge eine Rechtsverletzung möglich erscheint (Urteil vom 10. April 2008 a.a.O. Rn. 33).

44

Dieselben Grundsätze müssen für die gleich lautende Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG und dessen Verhältnis zu § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG gelten. Die Kläger haben zur Begründung der Klagebefugnis auch in ausreichender Weise vorgetragen, dass es bei einem Beschuss der Castorbehälter mit Doppelhohlladungsgeschossen in der Umschlaganlage oder während des abschließenden Transportes auf der Straße ins Transportbehälterlager zu einer erheblichen Freisetzung ionisierender Strahlung und massiven Verseuchung der Umgebung kommen würde. Ein derartiger Vorgang mag zwar unwahrscheinlich sein; es ist aber nicht von vornherein ersichtlich, dass ein solches Anschlagsszenario mit den genannten Folgen praktisch ausgeschlossen wäre.

45

4. Das Oberverwaltungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent, die Begründetheit der Klage noch nicht geprüft und insbesondere noch keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Kläger durch die angegriffene Genehmigung unter den Aspekten eines Transportunfalls oder des Szenariums terroristischer Einwirkungen in Form eines Hohlladungsbeschusses der Castorbehälter in ihren Rechten verletzt werden. Die Sache ist daher nicht spruchreif und deshalb nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.