Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Inverkehrbringens des Produkts „DeTox Forte“ („Klinoptilolith“) als Lebensmittel.

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit stellte in seinem Gutachten vom 1. März 2013 fest, die zur Beurteilung vorgelegte Probe „DeTox Forte“ enthalte laut Zutatenverzeichnis ausschließlich die Zutat „Klinoptilolith“. Bei der Zutat Klinoptilolith handele es sich nach derzeitigem Kenntnisstand um ein neuartiges Lebensmittel/eine neuartige Lebensmittelzutat im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl EG Nr. L 43 vom 14.2.1997 S. 1; im Folgenden: Novel-Food-Verordnung). Klinoptilolith gelte in der EU als neuartiges Lebensmittel, da bisher keine ausreichenden Belege für einen nennenswerten Verzehr in der EU vor dem 15. Mai 1997 hätten vorgelegt werden können (siehe Novel-Food-Katalog der EU-Kommission). Am 5. Januar 2004 sei bereits ein Novel-Food-Antrag für Klinoptilolith (Clinoptilolite) als Nahrungsergänzung bei der zuständigen britischen Behörde eingereicht worden. Diese sei in ihrem Erstprüfbericht vom Januar 2006 zu dem Schluss gekommen, dass die vom dortigen Antragsteller eingereichten Daten zur Sicherheitsbewertung für eine Zulassung als Novel-Food unzureichend gewesen seien und die Vorgaben der Verordnung für eine Zulassung als Novel-Food nicht erfüllten.

Die Beklagte untersagte mit Bescheid vom 6. Juni 2013 das weitere Inverkehrbringen des Produkts „DeTox Forte“ durch die Klägerin (Nr. 1). Die Untersagung bleibt bis zur Erteilung der EU-rechtlichen Zulassung des Produkts als neuartiges Lebensmittel bestehen (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 dieses Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3). Die Beklagte verpflichtete Herrn J. K. und Herrn B. F. als Geschäftsführer der Klägerin zur Tragung der Kosten des Verfahrens (Nr. 4). Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von 150,00 EUR festgesetzt (Nr. 5). Zur Begründung führte die Beklagte in ihrem Bescheid im Wesentlichen aus, laut Zutatenverzeichnis enthalte das Produkt „DeTox Forte“ ausschließlich die Zutat Klinoptilolith. Bei der Zutat Klinoptilolith handele es sich nach dem derzeitigen Kenntnis- und Rechtsstand um ein neuartiges Lebensmittel bzw. eine neuartige Lebensmittelzutat im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung. Klinoptilolith gelte in der EU als neuartiges Lebensmittel, da bisher keine ausreichenden Belege für einen nennenswerten Verzehr in der EU vor dem 15. Mai 1997 hätten vorgelegt werden können, siehe Novel-Food-Katalog der EU-Kommission. Ein Verfahren vor der zuständigen nationalen Britischen Behörde sei nicht weitergeführt worden. Klinoptilolith sei somit als nicht zugelassenes Lebensmittel einzustufen. Gemäß § 3 Abs. 1 der Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung (Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten vom 14. Februar 2000, BGBl I S. 123; im Folgenden: NLV) dürften Lebensmittel und Lebensmittelzutaten im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung von demjenigen, der für das Inverkehrbringen verantwortlich sei, nicht ohne eine nach dem in Art. 3 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung genannten Verfahren erteilte Genehmigung in Verkehr gebracht werden. Da das Produkt laut Zutatenliste ausschließlich aus Klinoptilolith bestehe, Klinoptilolith ein nicht zugelassenes Lebensmittel bzw. eine nicht zugelassene Lebensmittelzutat im Sinne des § 3 Abs. 1 NLV darstelle, sei das Produkt als nicht verkehrsfähig einzustufen. Es handele sich nicht um den Nahrungsmittel-Zusatzstoff E 554, sondern um den nicht als Lebensmittel zugelassenen Futtermittel-Zusatzstoff Klinoptilolith. Die getroffene Anordnung des Sofortvollzugs der Untersagung des Inverkehrbringens des betroffenen Produkts erfolge im pflichtgemäßen Ermessen. Ein solches liege vor, wenn die getroffene Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen sei, um die Gefahr für die Verbraucher durch den Konsum unsicherer Lebensmittel zu beseitigen. Bei der Entscheidung zur Untersagung des Inverkehrbringens sei die Tatsache zugrundegelegt worden, dass der Erstbericht der zuständigen nationalen Britischen Behörde zu dem Schluss gekommen sei, dass die vom damaligen Antragsteller eingereichten Daten zur Sicherheitsbewertung für eine Zulassung dieses Stoffes als Novel-Food unzureichend gewesen seien und somit die Anforderungen für die Zulassung als Novel-Food gemäß Art. 3 Abs. 1 Novel-Food-Verordnung nicht erfüllt worden seien. Es lägen keine Informationen vor, nach denen die gesundheitliche Unbedenklichkeit belegt sei. Eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher habe somit nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden können. Das überwiegende Interesse der Allgemeinheit ergebe sich hier insbesondere aus dem Erfordernis des Gesundheitsschutzes der Verbraucher gegenüber dem Einzelinteresse des Unternehmers. Die Interessen des Betreibers auf Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit stünden dem Interesse der Öffentlichkeit auf Schutz der Gesundheit gegenüber. Der Eingriff in die Berufsfreiheit überwiege nicht das Schutzgut der Gesundheit der Verbraucher, welche durch die bisher nicht ausreichend nachgewiesene Sicherheit des Produkts erheblich beeinträchtigt werden könne. Die Kostentragungspflicht richte sich nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Satz 2 KG. Die Geschäftsführer der Klägerin seien Verursacher der Amtshandlung und damit Kosten- und Gebührenschuldner (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG). Laut Empfangsbestätigung wurde der Bescheid der Bevollmächtigten der Klägerin am 28. Juni 2013 zugestellt.

II.

1. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 15. Juli 2013, ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen,

den Bescheid der Stadt A. vom 6. Juni 2013, Az.: 2/3624-Bla, aufzuheben.

Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen vortragen: Bei dem Produkt handele es sich um Gesteinsmehl, das sedimentären Ursprungs sei. Klinoptilolith vulkanischen Ursprungs sei unter der laufenden Nr. E 567 als Futtermittelzusatzstoff europaweit zugelassen. Auch Klinoptilolith sedimentären Ursprungs sei als E 568 als Futtermittelzusatzstoff europaweit zugelassen. Aus dem vorliegenden Analysenzertifikat ergebe sich, dass es sich um Klinoptilolith in Granulatform handele. Ferner befinde sich ein Zulassungszertifikat für ein Medizinprodukt in der Akte. Dieses Medizinprodukt trage den Namen „PlantaVis“ und enthalte Klinoptilolith-Pulver. Das Produkt der Klägerin könne unter Berücksichtigung des vorstehend geschilderten Sachverhalts nur dann als Novel-Food bezeichnet werden, wenn es unter eine der vier in Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung genannten Kategorien falle. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) Novel-Food-Verordnung könne ein Novel-Food dann vorliegen, wenn es sich um ein Lebensmittel und eine Lebensmittelzutat mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur handele. Für derartige Veränderungen in der Molekularstruktur lägen bei dem Produkt der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte vor. Es sei vielmehr so, dass es sich bei der Zutat des Produkts der Klägerin um ein Gesteinsmehl handele, das sogar über eine bestimmte Korngröße verfüge. Aus der vorgelegten Analyse ergebe sich nicht, dass hier in irgendeiner Weise die ursprüngliche Molekularstruktur verändert worden sei. Ebenso wenig lägen die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 Buchst. d) und Buchst. e) Novel-Food-Verordnung vor. Als Letztes sei auch darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat handele, bei deren Herstellung ein nicht übliches Verfahren angewandt worden sei, was zu einer bedeutenden Veränderung der Zusammensetzung oder der Struktur geführt hätte, wie es Art. 1 Abs. 2 Buchst. f) Novel-Food-Verordnung verlange. Bei Klinoptilolith handele es sich um Gesteinsmehl, dessen Korngröße so groß sei, wie sie üblicherweise in einem Mahlvorgang entstehe. Das bedeute, dass bei der Herstellung das übliche Verfahren, nämlich das Mahlen, angewendet worden sei. Dieser Herstellungsvorgang habe nicht dazu geführt, dass sich in irgendeiner Weise die Struktur des Ausgangsmaterials verändert habe. Keine der Voraussetzungen der Novel-Food-Verordnung liege vor. An der Notwendigkeit, die Tatbestandsvoraussetzungen der Novel-Food-Verordnung zu prüfen, ändere auch die Einstufung im Rahmen des Novel-Food-Katalogs nichts. Dieser Novel-Food-Katalog werde von der Europäischen Kommission erstellt, die möglicherweise ihrerseits nicht überprüft habe, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Novel-Food-Verordnung überhaupt erfüllt seien. Weder der Antrag auf Zulassung als Novel-Food noch eine Bewertung einer europäischen Behörde ersetzten die notwendige Subsumtion unter die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung. Dass nur dann ein Novel-Food vorliegen könne, wenn eine der Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung erfüllt sei, habe auch das Landgericht Leipzig in einem Zivilverfahren in anderer Sache richtig erkannt. Darüber hinaus sei sogar wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Verzehr dieser Zutaten gesundheitlich unbedenklich sei. Denn andernfalls hätte das Produkt PlantaVis keine Zulassung als Medizinprodukt erhalten. Bei einem oral anzuwendenden Medizinprodukt, wie dem Medizinprodukt PlantaVis, sei im Rahmen der Zertifizierung wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass die orale Einnahme völlig ungefährlich sei. Damit sei wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Verzehr von Klinoptilolith ungefährlich für den Menschen sei. Eine Zulassung als Medizinprodukt bedeute nicht, dass die Verwendung von Klinoptilolith in Nahrungsergänzungsmitteln damit ausgeschlossen sei. Nahrungsergänzungsmittel dürften gemäß § 12 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB - i. d. F. der Bek. v. 22.8.2011, BGBl I S. 1770) nur nicht damit beworben werden, dass mit ihnen Krankheiten behandelt werden könnten.

Mit Schriftsatz vom 27. September 2013 ließ die Klägerin vorsorglich beantragen,

zusätzlich den Änderungsbescheid der Stadt A. vom 4. September 2013, Az.: 2/3624-Bla, aufzuheben.

Zur Begründung ließ sie vorbringen: Mit dem Hilfsantrag werde klar gestellt, dass sie die Anfechtungsklage auch auf die Annexansprüche, also die Kostenentscheidung beziehe. Die Beklagtenseite habe die Novel-Food-Verordnung in einer Weise ausgelegt, wie sie nicht mit der Norm vereinbar sei und zum anderen in unzulässiger Weise den Tatbestand der Irreführung einbezogen. Darüber hinaus habe sie nicht berücksichtigt, dass das streitgegenständliche Produkt bereits am 26. Juni 2012 dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt worden sei und es daraufhin nicht zu einer Beanstandung gekommen sei. Aus § 1 NLV ergebe sich, dass dann, wenn das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die national zuständige Behörde für derartige Bewertungen sei und keine Einwände gegen das Inverkehrbringen gehabt habe, Bedenken anderer Behörden nicht maßgeblich seien. Die Klägerin habe sich darauf verlassen können, dass es sich nicht um ein Novel-Food handele. Zu Unrecht habe das Gericht angenommen, dass Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Novel-Food-Verordnung bereits dann erfüllt sei, wenn nur eine Tatbestandsvoraussetzung gegeben sei. Das kumulative Vorliegen beider Tatbestandsvoraussetzungen werde umgangen. Die Entstehungsgeschichte mache deutlich, dass es dem Verordnungsgeber ausschließlich darum gehe, Regelungen zu treffen für Lebensmittel, die vormals in der Natur nicht vorhanden gewesen seien. Vorliegend werde zur Herstellung des Produkts lediglich vorhandenes Gestein fein gemahlen. Veränderungen in der Struktur des Ausgangsstoffes seien damit nicht verbunden. Es komme nicht zu Veränderungen in der primären Molekularstruktur. Von der Novel-Food-Verordnung würden nicht Stoffe erfasst, die z. B. neu ermittelt worden seien. Die Bewertung des Klinoptilolith durch die Europäische Kommission sei gerichtlich überprüfbar. Wenn sich die Beklagtenseite erstmalig auf Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung berufe, sei fraglich, ob solch ein Wechsel in der Anspruchsnorm überhaupt zulässig sei. Erstmalig habe die Beklagtenseite angegeben, dass Angaben auf dem Produkt irreführend sein sollten. Bei diesem Vorwurf handele es sich um einen völlig neuen Vorwurf, der zu einer gravierenden Wesensänderung des Verwaltungsakts führe. Dies sei unzulässig. Darüber hinaus sei ein totales Vertriebsverbot, wenn lediglich Angaben auf der Packung gerügt würden, unverhältnismäßig. Art. 54 Kontroll-VO (Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz, ABl EG Nr. L 165 vom 30.4.2004 S. 1), sei wegen § 39 LFGB vorrangig. Ein totales Vertriebsverbot sei unverhältnismäßig, wenn sich angeblich irreführende Angaben auf der Verpackung durch eine Änderung der Packung abstellen ließen. Darüber hinaus wäre wichtig gewesen, der Klägerin mitzuteilen, wie sie die angebliche irreführende Bezeichnung auf ihrem Produkt hätte abstellen müssen. Darüber hinaus sei die Deklaration des Produkts nicht irreführend. Es sei unschädlich, wenn eine Analyse ergebe, dass der Naturstoff neben dem chemischen Klinoptilolith noch andere Stoffe erhalte. Denn die Aussage mit 100% reinem Klinoptilolith sei richtig, wenn die Klägerin ausschließlich als Ausgangsmaterial Klinoptilolith verwende. Sobald die Klägerin das Produkt in Deutschland abfülle, sei es in Deutschland hergestellt. Die Tatsache, dass Klinoptilolith in zulässiger Weise tierischem Futtermittel zugesetzt werden dürfe, führe nicht dazu, dass dieser Stoff nicht gleichzeitig auch als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden dürfe.

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 ließ die Klägerin ergänzend ausführen: Von dem fraglichen Produkt gehe keine Gesundheitsgefahr aus. Die Behörde trage die Beweislast für die Schädlichkeit eines Stoffes. Die Tatsache, dass ein Produkt keine Zulassung als Novel-Food erhalten habe, bedeute nicht, dass dieses als gefährlich einzustufen sei. Die Beklagtenseite sei nicht berechtigt, sich im laufenden Verfahren auf eine angebliche Irreführung zu stützen. Es gehe um zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte.

Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2014 ließ die Klägerin noch ergänzen: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe die von der Beklagtenseite und dem Verwaltungsgericht Würzburg vertretene Rechtsansicht als nicht richtig angesehen.

2. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 27. August 2013:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung trug die Beklagte im Wesentlichen vor: Rechtsgrundlage sei § 3 Abs. 1 NLV i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung. Der im von der Klägerin vertriebenen Produkt enthaltene Stoff Klinoptilolith sei ein Lebensmittel im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung, d. h. ein sogenanntes „Novel Food“, also ein neuartiges Lebensmittel nach dieser Verordnung. Denn er sei im sogenannten Novel-Food-Katalog der EU-Kommission, mit dessen Erstellung die EU-Kommission von ihren Rechten nach Art. 1 Abs. 3 i. V. m. Art. 13 Abs. 4 Novel-Food-Verordnung Gebrauch gemacht habe, gelistet. Dort heiße es übersetzt, es habe eine Anfrage gegeben, ob für das Produkt eine Genehmigung nach der Novel-Food-Verordnung erforderlich sei. Nach den Informationen, die den zuständigen Stellen der Mitgliedsstaaten zur Verfügung ständen, sei das Produkt vor dem 15. Mai 1997 weder als Lebensmittel noch als Lebensmittelzutat verwandt worden. Daher sei eine Sicherheitsüberprüfung nach der Novel-Food-Verordnung erforderlich, bevor das Produkt als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat auf dem Markt in der EU in Verkehr gebracht werde. Der Novel-Food-Katalog werde seit 2008 auf der Webseite der Europäischen Kommission veröffentlicht. Dieser gebe die Ergebnisse der Diskussionen der Arbeitsgruppe „Novel Food“ der Sachverständigen der zuständigen Behörden und Lebensmittelprüfstellen, die regelmäßig von der Europäischen Kommission einberufen werde, hinsichtlich der Frage, ob Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten als neuartig eingestuft würden, wieder. Entsprechend stütze sich auch die deutsche Rechtsprechung auf die im Novel-Food-Katalog vorgenommene Einordnung. Die Aussagen im Novel-Food-Katalog seien daher für die Beklagte bindend. Unabhängig davon könne der Stoff Klinoptilolith durchaus als neuartiges Lebensmittel im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) der Novel-Food-Verordnung gesehen werden. Das britische Unternehmen habe selbst auf diese Kategorie hingewiesen, hierauf verweise auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Dies habe die für die Erstprüfung nach Art. 6 der Novel-Food-Verordnung zuständige britische Behörde Klinoptilolith ebenfalls als neuartiges Lebensmittel eingestuft. Der Verweis der Klägerin auf das Analysezertifikat der unipoint ag vermöge ebenfalls nicht zu rechtfertigen, dass es sich bei der fraglichen Zutat nicht um ein neuartiges Lebensmittel handele. Auch wenn das dort untersuchte „Natural Zeolithe 20 Micron“ Klinoptilolith sedimentären Ursprungs sein sollte und demnach als E 568 als Futtermittelzusatzstoff zugelassen sei, ändere dies nichts daran, dass dies ein neuartiges Lebensmittel sei. Zu beachten sei hierbei insbesondere, dass die Schutzrichtung der Novel-Food-Verordnung die menschliche Gesundheit sei, es also um eine Genehmigung als Lebensmittel zum menschlichen Verzehr gehe. Die erfolgte Verwendung als Futtermittel könne dem Stoff Klinoptilolith die Neuartigkeit nach der Novel-Food-Verordnung nicht nehmen. Gleiches gelte für die Zulassung als Medizinprodukt. Diese mache eine Genehmigung nach der Novel-Food-Verordnung nicht überflüssig. Vorliegend solle der Stoff Klinoptilolith nicht als Medizinprodukt, sondern als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden. Gerade auch das Fehlen eines Warnhinweises bei der Verwendung als Lebensmittel mache hier eine gesonderte Überprüfung notwendig. Aufgrund des Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 NLV sei die Beklagte nach § 39 Abs. 1 i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 LFGB befugt, das Inverkehrbringen des Produktes zu verbieten.

Zudem liege im gegebenen Fall auch ein Verstoß gegen § 11 LFGB vor. Eine Irreführung über die Zusammensetzung sei gegeben. Nach dem seitens der Klägerin vorgelegten Analysezertifikat der unipoint ag bestehe der an die Klägerin gelieferte und von ihr nachfolgend als DeTox Forte vertriebene Stoff nur aus 80% Klinoptilolith, die übrigen 20% des Produkts setzten sich aus anderen Mineralien zusammen. Verkauft werde das Produkt jedoch mit dem Hinweis „Mit 100% reinem Klinoptilolith“. Bei diesen Angaben könne der Verbraucher davon ausgehen, dass er beim Kauf tatsächlich reines Klinoptilolith erwerbe und nachfolgend beim Verzehr außer Klinoptilolith keine weiteren Stoffe zu sich nehme. Dies entspreche jedoch nicht den Tatsachen, insofern liege hier eine Irreführung i. S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LFGB vor. Weiter bestehe eine Irreführung hinsichtlich des Herstellungsortes. Auf der Verpackung befinde sich der Vermerk „Hergestellt in Deutschland“. Ausweislich des eigenen Vortrags der Klägerin, dass sie das Klinoptilolith aus der Schweiz beziehe, entspreche der Hinweis auf der Verpackung nicht der Realität. Hier liege eine irreführende Angabe vor. Es bestehe auch eine Irreführung hinsichtlich der Qualität als Lebensmittel. Laut Lieferschein der unipoint ag vom 13. Juni 2012 und vom 18. Juni 2012 bestehe das Produkt DeTox Forte der Klägerin aus Klinoptilolith in Form von „Klinofeed 20 micron“. Dies sei, wie sich auch schon aus der Bezeichnung selbst ergebe, unstreitig ein Futtermittel. Die Klägerin habe demnach ein Futtermittel als Lebensmittel in Verkehr bringen wollen bzw. in Verkehr gebracht. Der Verbraucher habe davon ausgehen können und müssen, dass er ein für Menschen zum Verzehr gedachtes und kein als Futtermittel hergestelltes Produkt erwerbe. Eine Irreführung i. S. des § 11 Abs. 1 LFGB liege daher auch in dieser Hinsicht vor. Aufgrund mehrerer Verstöße gegen § 11 Abs. 1 LFGB sei die Beklagte nach § 39 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 LFGB befugt gewesen, das Inverkehrbringen des Produkts DeTox Forte zu verbieten.

Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig, da sie erforderlich gewesen sei, um zu verhindern, dass das fragliche Produkt in den Verkehr gebracht werde. Aus der Gebrauchsanweisung von PlantaVis ergebe sich, dass hinsichtlich des Verzehrs von Klinoptilolith sowohl Gegenanzeigen als auch Wechselwirkungen als auch Vorsichtsmaßnahmen zu beachten seien und sogar Warnungen ausgesprochen werden müssten. Vor diesem Hintergrund könne keinesfalls davon gesprochen werden, dass der Verzehr von Klinoptilolith gesundheitlich unbedenklich wäre. Zudem sei zu bemerken, dass die Beklagte auch aus Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit davon abgesehen habe, eine Vernichtung des Produkts anzuordnen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 6. Juni 2013 sei rechtmäßig.

Mit Schriftsatz vom 6. September 2013 legte die Beklagte einen Änderungsbescheid vom 4. September 2013 vor, wonach die Kostenentscheidung unter Nr. 3 des Bescheides vom 6. Juni 2013, Geschäftszeichen 2/3627-UNN, Aktenzeichen 2/3624-Bla, wie folgt abgeändert werde: Die Kosten des Verfahrens trägt die Firma ... GmbH, ..., ... (Nr. 1). Die weiteren Regelungen und Festlegungen des Bescheides vom 6. Juni 2013, Geschäftszeichen: 2/3627-UNN, Aktenzeichen 2/3624-Bla, bleiben weiterhin bestehen (Nr. 2).

Mit Schriftsatz vom 26. November 2013 ließ die Beklagte weiterhin ausführen: Die Tatsache, dass das streitgegenständliche Produkt im Jahre 2012 dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt und bislang nicht beanstandet worden sei, ändere nichts an der rechtlichen und tatsächlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts. Die Klägerin sei gehalten gewesen, unabhängig vom Anzeigeverfahren die Verkehrsfähigkeit des Produkts selbst zu überprüfen. Insbesondere wenn, wie hier, das fragliche Produkt tatsächlich gesundheitlich bedenklich sei bzw. von ihm eine Gesundheitsgefahr ausgehe, widerspreche es dem vorrangigen Schutzzweck des Lebensmittelrechts fundamental, einen Vertrauensschutz aus dem Schweigen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Anzeigeverfahren zu fordern. Der Stoff Klinoptilolith sei als neuartiges Lebensmittel i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) der Novel-Food-Verordnung einzustufen. Die Ansicht der Klägerin würde den gesamten Produktbereich neuartiger und für den menschlichen Gebrauch potenziell gefährlicher Lebensmittel der Sicherheitsprüfung entziehen. Der britische Unternehmer und die britischen Behörden hätten Klinoptilolith als neuartig eingestuft. Der Umstand der Irreführung könne berücksichtigt werden, da auch noch im Gerichtsverfahren Ermessenserwägungen ergänzt werden dürften. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Es gehe nicht bloß um eine falsche Deklaration, die über eine bloße Änderung des Etiketts hätte berichtigt werden können, sondern um eine Irreführung über die Qualität des Produkts an sich. Der kritische Verbraucher könne die Angabe nur so verstehen, dass er ausschließlich reines Klinoptilolith zu sich nehme. Mit der Angabe „hergestellt in Deutschland“ verbinde der Verbraucher eine besondere Gütevorstellung. Das fragliche Produkt sei unstreitig ein Futtermittel. Es liegt eine Irreführung hinsichtlich der Qualität des Lebensmittels vor. Wenn man der Argumentationslinie der Klägerin folgen würde, käme man zu dem höchstbedenklichen Ergebnis, dass jedes Futtermittel auch als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden könne. Die sei ein Ergebnis, dass sich nicht mit der Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers decke.

Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2014 ergänzte die Beklagte noch, dass das Zitat aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht richtig wiedergegeben und dadurch erheblich verfälscht sei.

3. Mit Beschluss vom 8. August 2013 (W 6 S 13.597- LMRR 2013, 123 - beck-online, BeckRS 2013, 59811) lehnte das Gericht den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. Januar 2014 (20 CS 13.1769 - juris) zurück.

In der mündlichen Verhandlung am 23. April 2014 beantragte die Klägerbevollmächtigte,

den Bescheid der Stadt A. vom 6. Juni 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 4. September 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Verfahrens W 6 S 13.597) und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Stadt A. vom 6. Juni 2013 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 4. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagung des Inverkehrbringens des Produkts „DeTox Forte“ ist nicht zu beanstanden.

Nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB kann die zuständige Behörde bei Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften insbesondere das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken. Gemäß § 3 Abs. 1 NLV dürfen Lebensmittel i. S. des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung nicht ohne eine nach dem in Art. 3 Abs. 2 der Novel-Food-Verordnung genannten Verfahren erteilten Genehmigung in den Verkehr gebracht werden. Nach Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung findet die Verordnung insbesondere Anwendung auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln in der Gemeinschaft, die in dieser bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verkehr verwendet wurden und die unter nachstehenden Gruppen von Erzeugnissen fallen: … Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter Molekularstruktur (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) Novel-Food-Verordnung).

Die Voraussetzungen für die Untersagung nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB liegen wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 NLV vor, weil die Klägerin mit dem Produkt „DeTox Forte“ Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten i. S. des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung ohne die erforderliche Genehmigung in den Verkehr gebracht hat. Dies hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 6. Juni 2013 ausführlich und zutreffend dargelegt. Das Gericht folgt der Begründung des Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Zudem nimmt das Gericht auf seine Ausführungen im Beschluss vom 8. August 2013 - W 6 S 13.597 - LMRR 2013, 123 - beck-online, BeckRS 2013, 59811 - BA S. 11 ff.) Bezug, in dem es sich schon ausführlich mit dem Vorbringen der Klägerseite auseinandergesetzt hat. Das Vorbringen der Klägerbevollmächtigten im Klageverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung.

Das Gericht hält die streitgegenständliche Untersagungsverfügung auch nach nochmaliger Prüfung für rechtmäßig, weil das Produkt „DeTox Forte“ mit dem Inhaltsstoff Klinoptilolith dem Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) Novel-Food-Verordnung unterfällt. Das streitgegenständliche Produkt ist als neuartiges Lebensmittel i. S. von Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung zu qualifizieren. Die Klägerin bestreitet nicht, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 Halbsatz 1 Novel-Food-Verordnung vorliegen, es sich also bei ihrem Produkt um ein Lebensmittel handelt, dass vor 1997 noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Gemeinschaft verwendet wurde. Die Neuartigkeit des Lebensmittels wäre nur dann ausgeschlossen, wenn es in seiner konkreten Beschaffenheit vor dem maßgeblichen Stichtag in der Europäischen Gemeinschaft als Lebensmittel für den menschlichen Verzehr verwendet worden wäre. Das Gericht verkennt nicht, dass neben dieser Voraussetzung kumulativ auch noch die weitere Voraussetzung gegeben sein muss, dass das Lebensmittel unter einer der vier genannten Gruppen des Art. 1 Abs. 2 Halbsatz 2 Novel-Food-Verordnung fällt (vgl. Rathke/Zipfel in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 154. Ergänzungslieferung 2013, C 150, Art. 1 Novel-Food-Verordnung Rn. 17a und 18a). Da das Inverkehrbringen von Lebensmittel und Lebensmittelzutaten keiner grundsätzlichen vorherigen Genehmigung bedarf, genügt das bloße Behaupten der Neuartigkeit eines Produkts nicht (vgl. Meyer in Meyer/Streinz, LFGB - Basis-VO, 2. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 34). Das Vorliegen der Voraussetzungen der Novel-Food-Verordnung ist gerichtlich voll überprüfbar (Rathke/Zipfel in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 154. Ergänzungslieferung 2013, C 150, Art. 1 Novel-Food-Verordnung Rn. 54.).

Das Produkt „DeTox Forte“ verwirklicht die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c) Novel-Food-Verordnung, wonach Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur erfasst werden. Das Produkt „DeTox Forte“ mit seiner konkreten Beschaffenheit, insbesondere mit dem Inhaltsstoff Klinoptilolith, war in der ihm eigenen primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung. Nicht erforderlich ist, dass die Molekularstruktur des betreffenden Stoffes so in der Natur noch überhaupt nicht vorhanden gewesen ist, um zur Einstufung als neuartig zu gelangen (anderer Ansicht Rathke/Zipfel in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 154. Ergänzungslieferung 2013, C 150, Art. 1 Novel-Food-Verordnung Rn. 30 ff.). Dafür spricht schon der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) Novel-Food-Verordnung, in dem nicht allgemein von Stoffen mit neuer primärer Molekularstruktur die Rede ist, sondern von Lebensmitteln mit neuer primärer Molekularstruktur. Der Begriff Lebensmittel ist gemeinschaftsrechtlich durch Art. 2 Basis-VO (Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl EG Nr. L 31 vom 1.2.2002 S. 1) definiert. Danach sind Lebensmittel grundsätzlich alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie verarbeitet, teilweise verarbeitet oder in unverarbeitetem Zustand vom Menschen aufgenommen werden. Bestimmte Produkte, etwa Futtermittel, sind ausdrücklich ausgenommen. Diese Definition gilt auch im vorliegenden Zusammenhang der Novel-Food-Verordnung (Streinz, Lebensmittelrechts-Handbuch, 34. Ergänzungslieferung 2013 Rn. 505; vgl. auch Meyer in Meyer/Streinz, LFGB - BasisVO, 2. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 4 f). Lebensmittel sind damit nicht alle Stoffe, sondern nur Stoffe mit einer bestimmten Zweckbestimmung. Zwar kann ein Stoff, der bislang nicht zum allgemeinen menschlichen Verzehr bestimmt ist, aufgrund einer konkreten Zweckbestimmung des Verfügungsberechtigten zum Lebensmittel werden. Lebensmittel sind aber nicht ohne weiteres Stoffe, die allgemein eine andere Zweckbestimmung haben wie z. B. Futtermittel, Arzneimittel oder sonstige Stoffe, die keine Nährwerteigenschaften aufweisen (vgl. im Einzelnen Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 154. Ergänzungslieferung 2013, Art. 2 Basis-VO Rn. 15, 23, 30 und 80). Gerade bei Produkten, die wie vorliegend das Klinoptilolith, eine bislang andere Zweckbestimmung haben, ist im Zweifelsfall eine Qualifizierung als neuartiges Lebensmittel gerechtfertigt (vgl. Streinz, Lebensmittelrechts-Handbuch, 34. Ergänzungslieferung 2013 Rn. 515). Des Weiteren ist bei der Einordnung als neuartiges Lebensmittel auf die konkrete Beschaffenheit des betreffenden Stoffes abzustellen. Nach den eigenen Angaben der Klägerseite besteht ihr Produkt nur zu ca. 80% aus Klinoptilolith und im Übrigen aus anderen Mineralien und chemischen Elementen (vgl. Bl. 63 der Behördenakte). Ein Stoff mit dieser sich daraus ergebenden Molekularstruktur war bislang nicht als Lebensmittel in Gebrauch und ist daher unter Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c) Novel-Food-Verordnung zu subsumieren.

Für diese Auslegung sprechen weiter Systematik und Sinn und Zweck der Novel-Food-Verordnung. Andernfalls wäre Art. 1 Abs. 2 Halbsatz 1 Novel-Food-Verordnung überflüssig, der gerade voraussetzt, dass der betreffende Stoff schon existent war, jedoch noch nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Gemeinschaft für den menschlichen Verzehr in Umlauf war. Weiter zeigt der zweite Erwägungsgrund der Novel-Food-Verordnung, dass neuartige Lebensmittel zum Schutz der öffentlichen Gesundheit einer einheitlichen Sicherheitsprüfung unterzogen werden sollen. Denn ein wesentlicher Punkt der Novel-Food-Verordnung, der sich vor allem auch auf den Anwendungsbereich auswirken muss, ist, dass im Gegensatz zum allgemeinen Grundsatz des Lebensmittelrechts (Missbrauchsprinzip) Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten, die in ihren Geltungsbereich fallen, nicht ohne Weiteres eigenverantwortlich in den Verkehr gebracht werden dürfen. Dies basiert gemäß dem zweiten Erwägungsgrund der Novel-Food-Verordnung auf dem Schutz der öffentlichen Gesundheit (vgl. Streinz, Lebensmittelrechts-Handbuch, 38. Aufl. 2008 Rn. 500). Sinn und Zweck der Novel-Food-Verordnung ist gerade der Verbraucherschutz. Neuartige Lebensmittel können in die Europäische Union nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie sicher sind. Das Novel-Food-Recht gehört zum Risikorecht. Das spricht ebenfalls gegen eine einengende Auslegung ihres Anwendungsbereichs (vgl. Meyer in Meyer/Streinz, LFGB - Basis-VO, 2. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 32; Rathke/Zipfel in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 154. Ergänzungslieferung 2013, C 150, Vorbemerkung Novel-Food-Verordnung Rn. 11). Dem Ziel der Novel-Food-Verordnung wird jedoch nur dann Rechnung getragen, wenn auch ein Stoff einer Sicherheitsprüfung unterworfen wird, der bisher nicht als Lebensmittel, sondern allenfalls als Futtermittel oder als Medizinprodukt zugelassen war und der nun zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden soll. Bei einem anderen Verständnis würde die Novel-Food-Verordnung entgegen ihrer Intention einen wesentlichen Zweck verfehlen, weil gerade Stoffe weder tierischen noch pflanzlichen Ursprungs mit für ein Lebensmittel neuer primärer Molekularstruktur, die bislang noch nicht als Lebensmittel in Gebrauch waren, aus dem Anwendungsbereich der Novel-Food-Verordnung herausfielen, obwohl bei diesen bisher überhaupt nicht als Lebensmittel verwendeten Stoffen eine Sicherheitsüberprüfung gerade geboten ist.

Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass die Europäische Kommission Klinoptilolith (Clinoptilolite) aufgrund der Ermächtigung nach Art. 1 Abs. 3 und 13 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung ausdrücklich in den Novel-Food-Katalog aufgenommen hat (siehe http://ec.e...eu/fo....cfm?ac...). Die Ermächtigung der Kommission, festzulegen, ob ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat unter Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung fällt, beruht auf der Erkenntnis, dass die in Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung verwendeten Begriffe höchst unbestimmt sind. Für die Richtigkeitsgewähr der Entscheidung der Europäischen Kommission spricht das dafür vorgesehene Verfahren unter Mitwirkung eines sachverständigen Ausschusses. Im Einzelnen wird auf die betreffenden Ausführungen im Beschluss des Gerichts vom 8. August 2013 (W 6 S 13.597 - LMRR 2013, 123 - beck-online, BeckRS 2013, 59811 - BA S. 13 f.) Bezug genommen. Die Aufnahme von Klinoptilolith in den Novel-Food-Katalog ist ein wichtiges Indiz, das die hier vertretene Rechtsauffassung zusätzlich stützt.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Europäische Kommission die Definition des Anwendungsbereichs der Novel-Food-Verordnung durch eine Empfehlung konkretisierte (vgl. Empfehlung der Kommission vom 29.7.1997 zu den wissenschaftlichen Aspekten und zur Darbietung der für Anträge auf Genehmigung des Inverkehrbringens neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen sowie zur Erstellung der Berichte über die Erstprüfung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates, Nr. 97/618/EG, ABl EG Nr. L 253 vom 16.9.1997 S. 1; siehe auch Berichte des wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Kommission, 39. Folge, 1998, S. 41 ff.). Danach wurden unter Nr. 4 insbesondere sechs Kategorien eingeführt. Die Kategorie 1 umfasst Lebensmittel und Lebensmittelbestandteile, bei denen es sich um rein chemisch definierte Substanzen oder Mischungen aus solchen handelt; die Kategorie 2 umfasst komplexe neuartige Lebensmittel, die aus nicht genetisch veränderten Quellen sind oder aus solchen stammen. Die jeweilige Unterkategorie 1.2 und 2.2 betrifft Lebensmittel aus Quellen, die noch nicht als Lebensmittel in der Gemeinschaft verwendet waren. In dem von den Beteiligten erwähnten Verfahren vor der britischen Behörde hat der erste wissenschaftliche Prüfbericht Klinoptilolith unter die Kategorie 2.2 eingeordnet. Der wissenschaftliche Prüfbericht im britischen Verfahren hat Klinoptilolith dabei als eine komplexe neuartige Lebensmittelzutat eingestuft (vgl. http://m...gov.u...pdf, Einführung Nr. 5). Darüber hinaus wurde Klinoptilolith im Antrag zum britischen Verfahren entsprechend seiner konkreten Beschaffenheit und aufgrund seiner primären Molekularstruktur ebenfalls als neuartig im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) Novel-Food-Verordnung qualifiziert (vgl. www.f...go...pdf, Einführung). Im englischen Verfahren wie auch seitens der Europäischen Kommission wurde für Klinoptilolith gerade eine Sicherheitsbewertung gemäß der Novel-Food-Verordnung als erforderlich angesehen.

Die Beklagtenseite hat des Weiteren einen Verordnungsentwurf betreffend eine Novellierung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die neuartige Lebensmittel vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die Neufassung der Klarstellung dient und nur noch relevant sein soll, ob das Produkt am 15. Mai 1997 in der Europäischen Union in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sei. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) des vorgelegten Verordnungsentwurfs belegt durch die Verwendung des Wörtchens „insbesondere“, dass die nachfolgend genannten Gruppen nur beispielhaft genannt sind. Da jedoch unklar ist, ob und mit welchem Inhalt dieser Verordnungsentwurf Rechtskraft erlangt, bleibt die Neufassung im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung.

Das Vorbringen der Klägerseite im Schriftsatz vom 27. September 2013 führt zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere aus § 5 NemV (Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel - Nahrungsergänzungsmittelverordnung vom 24.5.2004, BGBl I S. 1011) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar hat die Klägerin ihr Produkt „DeTox Forte“ entsprechend dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt. Aus dem Umstand, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit daraufhin gegenüber der Klägerin nicht weiter reagiert hat, folgt jedoch nicht, dass sie davon ausgehen konnte, dass ihr Produkt ohne Weiteres und unbedenklich in Verkehr gebracht werden kann. Zwar hat das VG Braunschweig entschieden, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nach einer Anzeige gemäß § 5 NemV zur Überwachung dieser Produkte und Weitergabe diesbezüglicher Informationen an die Länder im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist (vgl. VG Braunschweig, U.v. 22.2.2012 - 5 A 38/10 - LMuR 2012, 124 - juris Rn. 33; vgl. auch BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 3 C 15/11 - NVwZ 2012, 1343 - juris Rn. 23). Jedoch fließt daraus kein Vertrauensschutz für die Klägerin, wie schon der Hinweis auf den vorgelegten Vordruck zeigt (vgl. Anlage K 7 zum Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 27.9.3013). Des Weiteren ist festzuhalten, dass § 5 NemV dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nach einer Anzeige keine materielle Prüfungskompetenz hinsichtlich des angezeigten Nahrungsergänzungsmittels zukommen lässt. Der Lebensmittelunternehmer wird nach einer Anzeige gerade nicht von seiner Verpflichtung enthoben, seiner lebensmittelrechtliche Verantwortung im Übrigen gerecht zu werden. Die oben genannte Verpflichtung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit betrifft vielmehr (nur) die Weitergabe an das Bundesministerium sowie an die Landesbehörden, damit diese dann ihren entsprechenden Überwachungsaufgaben nachkommen können. Eine Verpflichtung gegenüber der Klägerin zur Überprüfung der Anzeige und zu einer Stellungnahme besteht jedoch nicht (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 155. Ergänzungslieferung 2013, § 5 NemV Rn. 3; Kügel/Hahn/Delewski, NemV, 1. Aufl. 2007, § 5 Rn. 14 und 16).

Auch der Umstand, dass andere gleichartige Produkte (womöglich nicht legal) auf dem Markt sind, rechtfertigt für sich keine andere Beurteilung zugunsten der Klägerin.

Da die Klägerin nach alledem nach Überzeugung des Gerichts das Produkt „DeTox Forte“ als neuartiges Lebensmittel gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) Novel-Food-Verordnung ohne die erforderliche Genehmigung in Verkehr gebracht hat, kommt es auf den von der Beklagtenseite weiter angeführten Aspekt möglicher irreführender Angaben und Verstöße gegen § 11 LFGB nicht mehr an (vgl. dazu im Übrigen auch BayVGH, B.v. 30.1.2014 - 20 CS 13.1769 - juris Rn. 23, der insoweit angesichts der schutzwürdigen Belange der Klägerin und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen rechtliche Bedenken angedeutet hat).

Da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2013 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 4. September 2013 auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden ist, konnte die Klage insgesamt keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die aufgeworfene Frage die Auslegung des Europäischen Unionsrechts betrifft und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gegebenenfalls eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Erwägung ziehen könnte (vgl. B.v. 30.1.2014 - 20 CS 13.1769 - juris Rn. 21).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ist zuständige Stelle für

1.
die in Artikel 4 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission (ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1) und der Durchführungsverordnung (EU) 2018/456 der Kommission vom 19. März 2018 über die Verfahrensschritte bei der Konsultation zur Bestimmung des Status als neuartiges Lebensmittel gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (ABl. L 77 vom 20.3.2018, S. 6) genannten Aufgaben und Befugnisse im Rahmen des Konsultationsverfahrens zur Bestimmung des Status als neuartiges Lebensmittel und
2.
die
a)
Entgegennahme von Meldungen nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283,
b)
Übermittlung von Einwänden nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/2283,
c)
Durchführung von Konsultationen mit der Europäischen Kommission, den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit nach Artikel 9 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2468 der Kommission vom 20. Dezember 2017 zur Festlegung administrativer und wissenschaftlicher Anforderungen an traditionelle Lebensmittel aus Drittländern gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (ABl. L 351 vom 30.12.2017, S. 55), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/1824 (ABl. L 406 vom 3.12.2020, S. 51) geändert worden ist,
d)
Durchführung von Konsultationen nach Artikel 7 Absatz 2 Satz 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2468 und
e)
Vorlage von Stellungnahmen nach Artikel 7 Absatz 2 Satz 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2468.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Es ist verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben.

(2) Es ist ferner verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, an andere Lebensmittelunternehmer zu liefern.

(3) Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 gelten nicht für nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; L 12 vom 18.1.2007, S. 3, L 86 vom 28.3.2008, S. 34, L 198 vom 30.7.2009, S. 87; L 160 vom 12.6.2013, S. 15), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 36) geändert worden ist, zugelassene Angaben.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin vertrieb das Produkt „D.“ - „Natürliche Reinigung“ - „Mit 100% reinem Klinoptilolith“ - (so u. a. die Aufschrift auf den Dosen) als Lebensmittel (nach Zweckbestimmung der Antragstellerin ein Nahrungsergänzungsmittel). Das diesem Produkt zugrunde liegende Vulkangestein („Vulkansand“) wurde in der Schweiz gemahlen und an die ... int. GmbH in Deutschland unter der Bezeichnung „Klinoptilolith (Klinofeed 20 micron)“ versandt, die es für die Antragstellerin abfüllte.

Nach Beprobung und nach Sicherstellung der im Lager vorhandenen Waren dieses Produktes aufgrund eines Gutachtens des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 1. März 2013 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 6. Juni 2013 das weitere Inverkehrbringen des Produkts „D.“ (Nr. 1); die Untersagung bleibe bis zur Erteilung der EU-rechtlichen Zulassung des Produktes als neuartiges Lebensmittel bestehen (Nr. 2), und ordnete die sofortige Vollziehung von Nr. 1 des Bescheides an (Nr. 3 des Bescheidtenors).

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 15. Juli 2013 Klage beim Verwaltungsgericht (Verfahren W 6 K 13.596) und beantragte gleichzeitig, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragte den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 8. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom 6. Juni 2013 ab. Die Antragsgegnerin sei der gesetzlichen Verpflichtung zur Begründung des Sofortvollzuges in ausreichendem Maße nachgekommen. Die Klage werde in der Sache voraussichtlich erfolglos bleiben. Die Antragsgegnerin habe die Untersagung zu Recht auf § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützt. Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 NLV (Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung) liege vor, weil Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung [Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009] ohne eine nach dem in Art. 3 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung genannten Verfahren erteilte Genehmigung in den Verkehr gebracht würden. Bei summarischer Prüfung liege ein Verstoß gegen die Novel-Food-Verordnung vor, insbesondere sei die Novel-Food-Verordnung anwendbar. Beim Produkt handele es sich unstreitig um ein Lebensmittel, das bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Gemeinschaft verwendet worden sei (Art. 1 Abs. 2 Halbs. 1 Novel-Food-Verordnung). Konkret unterfalle das Produkt Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung, nach dem Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur erfasst würden. Nicht erforderlich sei, dass die Molekularstruktur so in der Natur noch überhaupt nicht vorhanden gewesen sei. Es genüge vielmehr nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Novel-Food-Verordnung, dass der Stoff mit einer bestimmten primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung gewesen sei. Anderenfalls werde Art. 1 Abs. 2 Halbs. 1 Novel-Food-Verordnung überflüssig, der gerade voraussetze, dass das betreffende Lebensmittel schon existent gewesen, jedoch nicht in nennenswertem Umfange in der Gemeinschaft für den menschlichen Verzehr in Umlauf gewesen sei. Weiter zeige der zweite Erwägungsgrund der Novel-Food-Verordnung, dass neuartige Lebensmittel zum Schutze der öffentlichen Gesundheit einer einheitlichen Sicherheitsprüfung unterzogen werden sollen. Diesem Ziel werde jedoch nur Rechnung getragen, wenn auch ein Stoff einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werde, der bisher nicht als Lebensmittel, sondern allenfalls als Futtermittel oder als Medizinprodukt zugelassen gewesen sei und der nun zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden solle. Schließlich spreche auch das von den Beteiligten erwähnte Verfahren vor der britischen Behörde für die vorstehende Auffassung, da in diesem Verfahren Klinoptilolith aufgrund seiner primären Molekularstruktur ebenfalls als neuartig im Sinn des Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung eingestuft worden sei. Darüber hinaus falle ins Gewicht, dass die europäische Kommission Klinoptilolith aufgrund der Ermächtigung nach Art. 1 Abs. 3 und Art. 13 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung ausdrücklich in den Novel-Food-Katalog aufgenommen habe. Die Ermächtigung der Kommission, festzulegen, ob ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat unter Abs. 2 falle, beruhe auch auf der Erkenntnis, dass die in Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung verwendeten Begriffe höchst unbestimmt seien. Allerdings sei die Festlegung gemäß Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung nur nach den Kriterien des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung zulässig und gerichtlich voll nachprüfbar. Bei der Festlegung auf europäischer Ebene gehe es nicht um die konkrete Anwendung des EU-Rechtes, sondern um eine vorgeschaltete Maßnahme, um die Anwendungspraxis in den Mitgliedstaaten durch eine inhaltliche Steuerung zu effektuieren und einheitliche Bedingungen in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Dies gelte gerade, wenn wie hier aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe oder konkretisierungsbedürftiger Regelungsstrukturen ein Bedürfnis bestehe, einheitliche Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte zu schaffen. Demnach sei von der Festlegung der europäischen Kommission und deren Richtigkeit im Einklang mit der Novel-Food-Verordnung auszugehen, solange keine durchgreifenden gegenteiligen Erkenntnisse vorlägen. Die Aufnahme von Klinoptilolith in den Novel-Food-Katalog sei ein wichtiges Indiz, das die vorliegende Rechtsauffassung stütze.

Darüber hinaus und unabhängig von der Novel-Food-Verordnung habe die Antragsgegnerin erstmals in ihrem Schriftsatz vom 29. Juli 2003 in Folge irreführender Angaben der Antragstellerin auf verschiedene Verstöße gegen § 11 LFGB hingewiesen, die für sich ebenfalls die Untersagung des In-Verkehr-Bringens des streitgegenständlichen Produktes rechtfertigten. Dies betreffe zum einen den Hinweis auf der Verpackung, wonach es sich um 100% reines Klinoptilolith handle, obwohl der der Antragstellerin gelieferte Stoff nur zu 80% aus Klinoptilolith bestehe. Zum anderen sei der Herstellungsort fraglich, nachdem die Antragstellerin das Klinoptilolith aus der Schweiz beziehe und als Herstellungsland Deutschland angebe. Schließlich liege dem Produkt D. Klinoptilolith in Form von „Klinofeed 20 micron“ zugrunde, ein Futtermittel. Nach der erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung sei der Verstoß gegen § 11 LFGB i. V. m. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB als weitere und für sich tragende Rechtsgrundlage für die Untersagung des In-Verkehr-Bringens mit heranzuziehen. Zwar sei die Argumentation der Antragsgegnerin mit den irreführenden Angaben weder Gegenstand des Verwaltungsverfahrens noch Inhalt des Bescheides und damit nicht explizit Grundlage der Ermessensausübung der Antragsgegnerin. Gleichwohl hätten diese Verstöße im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zusätzlich mit herangezogen werden können, zumal die Antragsgegnerin auch noch im Gerichtsverfahren ihre Ermessenserwägungen ergänzen dürfe. Das Gericht sehe auch sonst keinen Anlass, die Ermessensausübung und Verhältnismäßigkeitsprüfung der Antragsgegnerin zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe zu Recht darauf hingewiesen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gewährleistet sei, dass der Verzehr von Klinoptilolith gesundheitlich unbedenklich sei. Die Eignung als Lebensmittel bedürfe gerade der näheren Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach der Novel-Food-Verordnung. Die Antragsgegnerin habe zutreffend auf Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sowie Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen hingewiesen, die der Verzehr von Klinoptilolith mit sich bringen könne, wie etwa die Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes P. belege, welches Klinoptilolith enthalte. Das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung werde durch das Interesse der Verbraucher begründet, sowohl vor nicht sicheren Lebensmitteln als auch vor Täuschungen beim Erwerb von Lebensmitteln geschützt zu werden.

Zur Begründung ihrer gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde trug die Antragstellerin u. a. vor, bereits am 26. Juni 2012 gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das Produkt angezeigt zu haben und nicht beanstandet worden zu sein. Sie habe sich darauf verlassen können, dass das Produkt verkehrsfähig sei. Außerdem unterfalle das Produkt nicht Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung, weil beide Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssten. Dem Verordnungsgeber gehe es aber ausschließlich um Lebensmittel, die vormals in der Natur nicht vorhanden gewesen seien. Hier werde aber lediglich vorhandenes Gestein fein gemahlen. Auch die Bewertung von Klinoptilolith durch die Europäische Kommission sei gerichtlich überprüfbar. Eine Festlegung gemäß Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung sei nur nach den Kriterien des Art. 1 Abs. 2 zulässig. Der Vorwurf, das Produkt sei irreführend, sei schon unzulässig. Ein totales Vertriebsverbot sei unverhältnismäßig, es genüge die Auflage, die Verpackung zu ändern. Einem Lebensmittelunternehmer müsse genau aufgegeben werden, wie er einen Verstoß abzustellen habe. Die Deklaration sei nicht irreführend. Klinoptilolith enthalte als Naturstoff neben dem Naturgestein auch Felsspat, Quarz und Glimmer; der Verbraucher erwarte 100% gemahlenes Gesteinsmehl, und keine Auflistung unterschiedlicher chemischer Verbindungen. Nachdem die Firma BHI in Deutschland abfülle, werde das Produkt auch in Deutschland hergestellt. Nicht irreführend sei auch, dass die Antragstellerin diesen Stoff, dessen Verwendung auch als Tierfutter zugelassen sei, als Lebensmittel in den Verkehr bringe. Das Verwaltungsgericht habe schließlich eine Stellungnahme der Antragstellerin zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin nicht abgewartet.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. August 2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2013 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichtes und verweist zur Anzeige der Antragstellerin gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit darauf, dass Hinweise auf dem Antragsformular den Hersteller/Einführer nicht von der selbstverantwortlichen Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen freistellten. Die Antragstellerin sei vielmehr gehalten gewesen, unabhängig vom Anzeigeverfahren die Verkehrsfähigkeit ihres Produktes selbst zu prüfen. Außerdem müssten nur rudimentäre Angaben im Rahmen einer Anzeige nach § 5 NemV gemacht werden.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses, stellte keinen Antrag, hält aber die Zurückweisung der Beschwerde für rechtens. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend bejaht, dass Klinoptilolith als Lebensmittel mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur anzusehen sei. Von Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung seien von dieser Alternative auch die Fälle erfasst, in denen die Molekularstruktur bereits vor in Kraft treten der Verordnung in der Natur vorgekommen sei.

In zahlreichen weiteren Schriftsätzen setzten sich die Hauptbeteiligten mit den von ihnen aufgezeigten und ausgetauschten Argumenten auseinander und vertieften ihre Ausführungen.

Wegen weiterer Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin nach § 146 VwGO hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfes abgelehnt.

Nachdem die Erfolgsaussichten der Klage derzeit nicht übersehen werden können und sich der Rechtsstreit derzeit als offen erweist, ergibt die Interessenabwägung, dass dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs der Vorzug zu geben ist.

Nach dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen Verwaltungsakte, Abhilfe- und Widerspruchsbescheide (§ 79 VwGO) aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausnahmsweise unter anderem dann, wenn die sofortige Vollziehung - wie hier - im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird. In solchen Fällen kann das Gericht der Hauptsache - im Beschwerdeverfahren nach §§ 146 f VwGO der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdegericht (§ 146 Abs. 1 VwGO, Art. 1 Abs. 1 AGVwGO) - die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.

Die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Beschwerdegericht sind hier nicht gegeben. Auszugehen ist davon, dass die grundsätzlich durch Widerspruch und Klage herbeigeführte aufschiebende Wirkung ein Wesensmerkmal des im Grundgesetz gewährleisteten Verwaltungsrechtsschutzes ist. Ohne aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage würde der Verwaltungsrechtsschutz häufig hinfällig, weil bei einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes in vielen Fällen von der Verwaltung vollendete Tatsachen geschaffen würden, die auch dann nicht oder jedenfalls nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Betroffene mit seinem Rechtsmittel letzten Endes Erfolg hat. Dadurch würde der Zweck der Nachprüfung des Verwaltungsaktes durch unabhängige Gerichte vereitelt, also der vom Verwaltungsakt Betroffene im Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Schutzes beraubt und die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unterlaufen. Die in der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe liegende Sicherung vorläufigen Rechtsschutzes gehört daher zu den wesentlichen Elementen des Rechtsschutzes überhaupt. Im Hinblick auf diese Gewährleistung ist für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgehen muss, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 22.11.1965 - IV CB 224.65 - DVBl. 1966, 273). Ein solches besonderes öffentliches Interesse ist allerdings regelmäßig dann anzuerkennen, wenn sich bereits im Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erkennen lässt, dass die gegen den Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfe im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg haben können. Denn an der alsbaldigen Vollziehung eines vom Betroffenen offensichtlich zu Unrecht angegriffenen Verwaltungsaktes wird in aller Regel ein besonderes öffentliches Interesse bestehen, wie sich umgekehrt das überwiegende Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes in aller Regel schon aus dem Umstand ergibt, dass der Rechtsbehelf offensichtlich begründet ist.

Davon, dass die Klage der Antragstellerin nach summarischer Prüfung unbegründet wäre, kann hier jedoch ebenso wenig ausgegangen werden wie von der gegenteiligen Annahme. Vielmehr erweist sich der Rechtsstreit derzeit als offen. Nicht geklärt werden kann in diesem einstweiligen, auf summarischer Prüfung ausgerichteten Rechtsschutzverfahren, ob das von der Antragstellerin als Nahrungsergänzungsmittel ehemals vertriebene Produkt „D.“ als neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel-Food-Verordnung) anzusehen ist, deswegen nur nach einem Genehmigungsverfahren gemäß § 3 der Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten (NLV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Februar 2000 (BGBl I 123), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Mai 2008 (BGBl I 919), hätte in den Verkehr gebracht werden dürfen und daher einem mit streitgegenständlichem Bescheid ausgesprochenem Vertriebsverbot nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LVGB unterliegt.

Fraglich ist vor allem, ob es sich um ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat mit neuer Molekularstruktur im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Novel-Food-Verordnung handelt, und ob dabei (nur) erforderlich ist, dass dieses Produkt mit dem Inhaltsstoff Klinoptilolith in seiner bestimmten primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung war, oder ob weiter hinzutreten muss, dass dieses Produkt durch den Herstellungsprozess (Mahlen von Gestein) mit einem Verfahren hergestellt wird, das nicht als neuartig gilt und schon gar nicht dazu führen kann, dass eine neue oder gezielt modifizierte primäre Molekularstruktur entsteht, mithin dass alle Stoffe, die es schon in der Natur gegeben hat, nicht von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Novel-Food-Verordnung erfasst werden. Diese Problematik hat das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegt, und ist aus seiner Sicht zu dem Ergebnis gelangt, dass das von der Antragstellerin vertriebene Produkt Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Novel-Food-Verordnung unterfällt. Diesem Ergebnis vermag der Senat derzeit nicht beizupflichten, sieht sich aber aufgrund weiterer, nicht vollständig geklärter und im Eilverfahren nicht zu klärende Umstände nicht in der Lage, ein gegenteiliges Ergebnis zu prognostizieren. Die Beteiligten haben sich über diese zentralen Probleme im Beschwerdeverfahren ausgiebig ausgetauscht und ihre Ausführungen in etlichen Schriftsätzen vertieft. Im Hauptsacheverfahren wird der Klärung dieser Fragen weiter nachzugehen sein.

Die daher vorzunehmende Abwägung des privaten Interesses der Antragstellerin am weiteren Vertrieb des von ihr (ehemals) angebotenen Produktes und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB ausgesprochenen Verbotes geht zulasten der Antragstellerin. Dem Interesse der Verbraucher, vor nicht sicheren Lebensmitteln geschützt zu werden, ist der Vorrang einzuräumen. Die Antragsgegnerin hat, wie schon das Verwaltungsgericht betonte, zutreffend auf Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sowie Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen hingewiesen, die der Verzehr von Klinoptilolith mit sich bringen kann, wie etwa die Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes P. belegt, das Klinoptilolith enthält. Dass Klinoptilolith nicht bereits vor dem 15. Mai 1997 (Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung am 14.5.1997) in nennenswertem Umfang als Nahrungsergänzungsmittelzutat verwendet worden ist und als neuartige Lebensmittelzutat im Sinne der Novel-Food-Verordnung angesehen wird, dokumentiert die Aufnahme des Stoffes in den so genannten Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission. Dieser Umstand ist hier auch im Eilverfahren bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen (s. BVerwG, U. v. 1.3.2012 BVerwG 3 C 15.11, Rn. 26 a. E.). Zulasten der Antragstellerin fällt bei der Interessenabwägung auch ins Gewicht, dass es wohl nicht mehr möglich wäre, die sichergestellten Dosen in der Gemeinschaft weiter zu vertreiben, weil ausweislich des Inhaltes der Behördenakten die Angaben zum Mindesthaltbarkeitsdatum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 7 LMKV) überholt sein dürften und zu prüfen wäre, ob das Produkt der Antragstellerin seine spezifischen Eigenschaften behalten hat (vgl. § 7 Abs. 1 LMKV). Hinzu kommt, dass die Antragstellerin zu erkennen gegeben hat, kein weiteres Produkt mehr vom Hersteller anzufordern, weil „der Artikel nicht gelaufen sei“ (vgl. Bl. 25 der Behördenakte).

Ob der streitgegenständliche Bescheid bei isolierter Betrachtung auch rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig ist aufgrund der nachträglich gegebenen auf § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LFGB i. V. m. § 11 LFGB gestützten Begründung, kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entschieden werden. Einiges deutet darauf hin, dass die Antragsgegnerin insoweit die schutzwürdigen Belange der Antragstellerin nach summarischer Prüfung wohl nicht hinreichend gewichtet hat. Die genauen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitserwägungen müssen aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die Kostentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Wer ein Nahrungsergänzungsmittel als Hersteller oder Einführer in den Verkehr bringen will, hat dies spätestens beim ersten Inverkehrbringen dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter Vorlage eines Musters des für das Erzeugnis verwendeten Etiketts anzuzeigen.

(2) Wurde das Nahrungsergänzungsmittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in den Verkehr gebracht, so ist, sofern das in diesem Mitgliedstaat geltende Recht eine Anzeigepflicht vorsieht, in der Anzeige nach Absatz 1 zusätzlich die Behörde des anderen Mitgliedstaates anzugeben, bei der die erste Anzeige erfolgt ist.

(3) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit übermittelt die Anzeige unverzüglich dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Verkehrsfähigkeit der Produkte "Doppelherz system Gelenk 700 mit Glucosamin und Chondroitin", "Doppelherz aktiv Gelenk Kapseln extra 600 mit Glucosamin und Chondroitin", "Doppelherz aktiv Gelenk Kapseln mit Glucosamin 500", "Doppelherz aktiv Gelenk Kapseln mit Glucosamin" und "Doppelherz Magnesium + Glucosamin Kapseln", die die Klägerin herstellt und seit mehreren Jahren als Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland in den Verkehr bringt. Nach der Produktbeschreibung soll die Einnahme der Kapseln zur Gesunderhaltung der Gelenke beitragen. Die Kapseln enthalten neben weiteren Zutaten produktabhängig zwischen 300 mg und 700 mg Glucosaminsulfat; die maximal empfohlene Verzehrmenge liegt bei 1000 mg täglich (entspricht ca. 786 mg Glucosamin). Die beiden Erzeugnisse mit Chondroitin enthalten 150 mg bzw. 50 mg Chondroitinsulfat je Kapsel.

2

Nachdem die Zutat Glucosamin(sulfat) von den Lebensmittelüberwachungsbehörden einiger Bundesländer als zulassungspflichtiger Stoff im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) eingestuft worden war, beantragte die Klägerin für ihre Produkte im Oktober 2007 und April 2008 vorsorglich eine Ausnahmegenehmigung nach § 68 LFGB. Mit Bescheid vom 29. September 2009 lehnte die Beklagte die Genehmigungsanträge mit der Begründung ab, der Verzehr der Nahrungsergänzungsmittel könne nicht als gesundheitlich unbedenklich bewertet werden. Aus Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung gehe hervor, dass die Einnahme des Stoffes Glucosamin für Teile der Bevölkerung erhebliche gesundheitliche Risiken berge. So könne es bei Personen, die blutgerinnungshemmende Medikamente einnähmen, zu erheblichen Wechselwirkungen kommen. Außerdem sei zu besorgen, dass Glucosamin bei Diabetikern und Personen mit eingeschränkter Glucosetoleranz den Blutzuckerspiegel negativ beeinflusse. Potentielle Risiken bestünden darüber hinaus für Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche. Durch entsprechende Verbraucher- und Warnhinweise ließen sich die Gefahren nicht hinreichend abwenden.

3

Bereits im April 2009 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und die Feststellung begehrt, dass für das Herstellen und Inverkehrbringen der fünf Produkte keine Ausnahmegenehmigung nach § 68 LFGB erforderlich sei. Hilfsweise hat sie zuletzt beantragt, die Beklagte zur Neubescheidung der Genehmigungsanträge zu verpflichten. Die Klägerin hat das Feststellungsbegehren im Wesentlichen darauf gestützt, die Zutaten Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat seien nicht zulassungspflichtig. Es handele sich nicht im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB um Stoffe, die den Lebensmittelzusatzstoffen gleichstünden. Die beiden Substanzen seien als charakteristische Zutaten anzusehen und würden auch üblicherweise in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet. Solche Produkte würden seit mehreren Jahren auf dem deutschen Markt mit einem Umsatzvolumen von über 100 Mio. € vertrieben. Unterstellt, es handele sich um zulassungspflichtige Stoffe, müsse die Klage mit dem Hilfsantrag Erfolg haben. Die Ablehnung der beantragten Ausnahmegenehmigungen sei rechtswidrig. Die Nahrungsergänzungsmittel erfüllten die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit. Jedenfalls ließen sich etwaige Bedenken durch Produkthinweise für mögliche Risikogruppen ausräumen, wie es auch das Bundesinstitut für Risikobewertung in mehreren Stellungnahmen empfohlen habe.

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Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, eine Ausnahme vom Zusatzstoffbegriff in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB sei nur für Stoffe gerechtfertigt, die aufgrund ihrer traditionell überlieferten, regelhaften Verwendung als Lebensmittel oder charakteristische Zutat erfahrungsgemäß für die Gesundheit unbedenklich seien. Im Falle von Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat bestehe keine langjährige Verzehrtradition, die sichere Rückschlüsse auf die Ungefährlichkeit der Stoffe zulasse. Es lasse sich auch nicht auf die Herausbildung einer in Fachkreisen anerkannten Herstellungs- und Ernährungsgewohnheit abstellen. Der Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger sei in seiner Stellungnahme vom November 2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass keine gesicherten Erkenntnisse über ernährungsphysiologische Wirkungen von Glucosamin und Chondroitin vorlägen. Es gebe auch keine Verbrauchererwartung, die auf eine Verwendung als Lebensmittelzutat hindeuten könne. Der Verbraucher verbinde mit den Stoffen in erster Linie eine arzneiliche Wirkung.

5

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen des Herstellungs- und Verkehrsverbots nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 LFGB seien nicht erfüllt. Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat seien keine den Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellte Stoffe im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB. Es handele sich um charakteristische Zutaten der von der Klägerin vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel. Das ergebe sich bereits aus dem Produktnamen. Im Übrigen seien die Stoffe in den Erzeugnissen in wesentlichen Anteilen enthalten und damit typische Bestandteile. Bei den Produkten handele es sich auch um Lebensmittel im Sinne der Vorschrift. Die Ausnahmen vom Zusatzstoffbegriff beschränkten sich nicht auf traditionelle Lebensmittel. Richtig sei zwar, dass sich die Begrifflichkeiten in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB an die Begriffsbestimmung in Art. 1 der Richtlinie 89/170/EWG und Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 anlehnten. Weder der Richtlinie noch der Verordnung lasse sich aber entnehmen, dass nur traditionell verwandte Lebensmittel erfasst sein sollten. Selbst wenn man zur Einschränkung der weiten Definition der charakteristischen Zutat für das Merkmal der üblichen Verwendung ein zeitliches Moment verlangen wollte, sei insoweit eine gewisse Marktpräsenz ausreichend. Es komme weder darauf an, ob die Produkte nach der fachlichen Bewertung der Beklagten zulassungspflichtig seien, noch darauf, ob sie auch zu anderen - arzneilichen - Zwecken am Markt seien.

6

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung der Gleichstellungsregelung in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB. Den maßgeblichen Vorschriften des europäischen Zusatzstoffsrechts sei zu entnehmen, dass nur im hiesigen Rechtskreis traditionellerweise als Lebensmittel oder als charakteristische Lebensmittelzusätze verwendete Stoffe aus dem Anwendungsbereich des Zusatzstoffrechts ausgenommen werden sollten. Gemessen daran sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass Glucosaminsulfat üblicherweise in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werde. Nach der Einschätzung der einschlägigen Fachkreise und Fachliteratur sei der Stoff als lebensmitteluntypische Zutat anzusehen. Wegen der vom Bundesinstitut für Risikobewertung aufgezeigten Risiken für bestimmte Personengruppen könne die Substanz auch nicht als unbedenklich eingestuft werden. § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB und das daran anknüpfende Verbot für das Herstellen und Inverkehrbringen der Produkte nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 LFGB seien europarechtskonform. Die gegenteilige Auffassung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15. Juli 2010 - I ZR 123/09) überzeuge nicht. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 68 LFGB vor. Die Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vom 8. Dezember 2011 bestätige die bisherige Einschätzung, dass angesichts des Risikos von Wechselwirkungen zwischen Glucosamin und blutgerinnungshemmenden Arzneimitteln eine Gesundheitsgefahr nicht hinreichend sicher auszuschließen sei.

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Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beruft sich ergänzend auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. Juli 2010.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundes- oder Europarecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin für das Herstellen und Inverkehrbringen der in Rede stehenden Produkte keiner Ausnahmegenehmigung nach § 68 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches bedarf.

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Grundlage für die Beurteilung des Feststellungsbegehrens ist § 6 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB - i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. August 2011, BGBl I S. 1770), der ein Verbot für die Verwendung nicht zugelassener Lebensmittelzusatzstoffe normiert. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a LFGB ist es verboten, bei dem Herstellen oder Behandeln von Lebensmitteln, die dazu bestimmt sind, in den Verkehr gebracht zu werden, nicht zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe unvermischt oder in Mischungen mit anderen Stoffen zu verwenden. § 6 Abs. 1 Nr. 2 LFGB erstreckt das Verbot auf das Inverkehrbringen derartig hergestellter oder behandelter Lebensmittel. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LFGB bestimmt, dass die Verbotsvorschriften auch für die den Lebensmittelzusatzstoffen nach § 2 Abs. 3 Satz 2 LFGB gleichgestellten Stoffe gelten. Bei den glucosamin- und chondroitinhaltigen Erzeugnissen der Klägerin handelt es sich um Lebensmittel im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LFGB (1.). Die Erzeugnisse werden von diesen Verbotsregelungen jedoch nicht erfasst und sind daher nicht auf eine ausnahmsweise Genehmigung ihrer Verkehrsfähigkeit nach § 68 LFGB angewiesen. Die Zutaten Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat sind weder Lebensmittelzusatzstoffe im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 LFGB (2.) noch stehen sie diesen im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB gleich (3.).

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1. a) § 2 Abs. 2 LFGB verweist für den Lebensmittelbegriff auf die Definition in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl Nr. L 31 S. 1 - BasisVO). Hiernach sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (Art. 2 Abs. 1 BasisVO). Diesem Lebensmittelbegriff entsprechen die Produkte der Klägerin, weil sie dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden.

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b) Aus der Einstufung der Erzeugnisse als Nahrungsergänzungsmittel, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, folgt nichts Abweichendes. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/46/EG vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl Nr. L 183 S. 51) bezeichnet Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel. Entsprechend dieser Vorgabe stellt die Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (Nahrungsergänzungsmittelverordnung - NemV) vom 24. Mai 2004 (BGBl I S. 1011, zuletzt geändert durch Verordnung vom 13. Dezember 2011, BGBl I S. 2720) ebenfalls klar, dass Nahrungsergänzungsmittel zu den Lebensmitteln zählen (§ 1 Abs. 1 NemV).

12

c) Die Einstufung als Lebensmittel ist schließlich nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Produkte der Klägerin infolge der zugesetzten Substanzen Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat als Arzneimittel zu behandeln wären. Nach Art. 2 Abs. 3 Buchst. d BasisVO gehören Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG nicht zu den Lebensmitteln im Sinne der Basisverordnung und damit auch nicht zu den Lebensmitteln im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches. Die maßgebliche Arzneimitteldefinition ergibt sich mittlerweile aus Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl Nr. L 311 S. 67; vgl. Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 21.06 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 4 Rn. 22 ff.; siehe auch Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2002/46/EG). Nach Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG (i.d.F. der Änderungsrichtlinie 2011/62/EU vom 8. Juni 2011, ABl Nr. L 174 S. 74) sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die (a) als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind (sog. Präsentationsarzneimittel) oder (b) im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen (sog. Funktionsarzneimittel). Dass die Produkte der Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen der Arzneimitteldefinition erfüllen würden, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Auch die Beklagte geht davon nicht aus. Zwar wird der Stoff Glucosamin arzneilich verwendet; als pharmakologisch wirksam gilt eine Zufuhrmenge von 1178 mg Glucosamin (und mehr) pro Tag (vgl. BfR, Stellungnahme Nr. 032/2007 vom 15. Juni 2007 S. 2 f.). Die Verzehrempfehlung für die Erzeugnisse der Klägerin bewegt sich indes mit maximal 786 mg deutlich darunter und hat die Beklagte nicht veranlasst, eine arzneiliche Wirkung geltend zu machen.

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2. Bei den Stoffen Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat in den Produkten der Klägerin handelt es sich nicht um Lebensmittelzusatzstoffe im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 LFGB. Die Vorschrift verweist für den Begriff der Lebensmittelzusatzstoffe auf die Definition in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (ABl Nr. L 354 S. 16, zuletzt geändert durch Verordnungen Nr. 1129 bis 1131/2011 vom 11. November 2011, ABl Nr. L 295 S. 1). Hiernach sind Lebensmittelzusatzstoffe Stoffe mit oder ohne Nährwert, die in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet werden und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung zugesetzt werden, wodurch sie selbst oder ihre Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können. Dazu gehören die Substanzen Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat bereits deshalb nicht, weil sie nicht aus technologischen Gründen (vgl. im Einzelnen Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 sowie §§ 3 ff. und Anlage 7 der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung vom 29. Januar 1998, BGBl I S. 230, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. März 2011, BGBl I S. 530) zugesetzt werden. Das ergibt sich aus den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und ist zwischen den Beteiligten auch nicht strittig.

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3. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Zutaten Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat nicht im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB den Lebensmittelzusatzstoffen gleichstehen.

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§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB stellt Stoffe mit oder ohne Nährwert den Lebensmittelzusatzstoffen gleich, wenn sie üblicherweise weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden und einem Lebensmittel aus anderen als technologischen Gründen beim Herstellen oder Behandeln zugesetzt werden, wodurch sie selbst oder ihre Abbau- oder Reaktionsprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können (Halbsatz 1). Ausgenommen sind Stoffe, die natürlicher Herkunft oder den natürlichen chemisch gleich sind und nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend wegen ihres Nähr-, Geruchs- oder Geschmackswertes oder als Genussmittel verwendet werden (Halbsatz 2). Eine Gleichstellung mit den Lebensmittelzusatzstoffen kommt somit nach Halbsatz 1 der Vorschrift von vornherein nur dann in Betracht, wenn die fraglichen Stoffe weder üblicherweise selbst als Lebensmittel verzehrt werden noch üblicherweise als charakteristische Zutat eines Lebensmittels eingesetzt werden. Daran fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Stoffe (jedenfalls) die zweite Alternative des in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB genannten Ausschlusstatbestandes erfüllen. Dazu ist zweierlei erforderlich: Zum einen muss es sich bei den fraglichen Stoffen um charakteristische Zutaten eines Lebensmittels handeln. Zum anderen verlangt der Ausschlussgrund, dass die Stoffe üblicherweise als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden. Beides ist für die Zutaten Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat zu bejahen.

16

a) Eine Zutat ist charakteristisch im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB, wenn sie prägender Bestandteil des Lebensmittels ist (Urteil vom 25. Juli 2007 a.a.O. Rn. 44). Ob ein Stoff prägend für ein Nahrungsergänzungsmittel ist, lässt sich bereits am Produktnamen festmachen, unter dem das Lebensmittel in den Verkehr gebracht wird. So schreibt § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NemV für Nahrungsergänzungsmittel vor, dass auf der Verpackung die Namen der Stoffkategorien anzugeben sind, die für das Erzeugnis kennzeichnend sind. Gemeint sind die wesentlichen Substanzen oder Substanzgruppen des Erzeugnisses, die für dessen Zweckbestimmung prägend sind (vgl. Kügel/Hahn/Delewski, NemV, 2007, § 4 Rn. 29; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. III, C 142 - NemV, Stand: November 2007, § 4 Rn. 7 f.). Hiernach handelt es sich bei den von der Klägerin verwendeten Substanzen Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat um charakteristische Zutaten im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB. Die Stoffe werden jeweils im Produktnamen geführt. Abgesehen davon sind sie auch deshalb prägende Bestandteile der streitigen Erzeugnisse, weil sie nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts in wesentlichen Anteilen in den Kapseln enthalten sind.

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Der Einwand der Beklagten, Lebensmittel und charakteristische Zutaten im Sinne der Vorschrift seien nur "normale" oder "traditionelle" Lebensmittel, geht fehl. Der Senat ist dem bereits in seinem Urteil vom 25. Juli 2007 unter Hinweis auf den weiten Lebensmittelbegriff in § 2 Abs. 2 LFGB entgegengetreten, der auch für § 2 Abs. 3 LFGB Geltung beansprucht (a.a.O. Rn. 44; ebenso OLG Hamburg, Urteil vom 29. Januar 2009 - 3 U 54/08 - ZLR 2009, 246 <262 f.> = juris Rn. 89). Bestätigt wird dies durch die Materialien zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften vom 27. Juli 2011 (BGBl I S. 1608). Der Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 16. Juli 2010 sah eine Ergänzung des § 2 Abs. 3 LFGB um einen Satz 3 vor, wonach Nahrungsergänzungsmittel nicht zu den Lebensmitteln im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 zählen sollten. Zur Begründung verwies das Ministerium auf die gegenteilige Rechtsprechung des Senats zu § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB. Der Änderungsvorschlag hat indes im späteren Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 3. März 2011 (vgl. BTDrucks 17/4984 S. 5 und S. 19), auf dem die aktuelle Fassung des § 2 Abs. 3 LFGB beruht, keinen Niederschlag gefunden.

18

Die Kritik der Beklagten und von Teilen der Literatur an der Entscheidung vom 25. Juli 2007 (siehe z.B. Preuß, ZLR 2008, 92; Hagenmeyer/Hahn, WRP 2008, 601) geben keine Veranlassung, die Senatsrechtsprechung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "charakteristische Zutat" zu modifizieren. Die Kritik entzündet sich im Kern an der Befürchtung, der Zulassungsvorbehalt im Zusatzstoffrecht würde ausgehebelt, wenn bereits die Nennung eines Stoffes im Produktnamen diesen zu einer charakteristischen Zutat im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB machen könnte. Die Bedenken gehen daran vorbei, dass der Ausschlusstatbestand zusätzlich verlangt, dass die Verwendung als charakteristische Zutat "üblicherweise" erfolgt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Zulassungsvorbehalt nicht rechtsmissbräuchlich unterlaufen werden kann (vgl. dazu unter b). Von dem kumulativen Erfordernis der üblichen Verwendung geht selbstverständlich auch das Senatsurteil vom 25. Juli 2007 aus. Das der Entscheidung zugrunde liegende und durch sie bestätigte Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. März 2006 - 13 A 2095/02 - (ZLR 2006, 339) hatte sich neben der Prüfung des Kriteriums der charakteristischen Zutat ausführlich mit dem Tatbestandsmerkmal der üblichen Verwendung auseinandergesetzt und damit ersichtlich eine zweistufige Prüfung vorgenommen. Dies hat der Senat nicht beanstandet. Daher lässt sich seinen Ausführungen keineswegs entnehmen, allein die Angabe eines Stoffes im Produktnamen oder die Klassifizierung als wesentlicher Bestandteil des Lebensmittels genüge, um einen Stoff von der Gruppe der zulassungspflichtigen Stoffe nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB auszunehmen.

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b) Die Verwendung der Stoffe Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat als charakteristische Zutaten eines Lebensmittels erfolgt auch üblicherweise.

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aa) Der Begriff "üblicherweise" in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB meint nach seinem Wortsinn, dass etwas regelhaft geschieht, also gebräuchlich oder gängig ist. Er unterscheidet sich damit nicht von dem Begriff "in der Regel" in § 2 Abs. 3 Satz 1 LFGB i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008. Der zusätzliche Ausnahmetatbestand in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 2 LFGB nennt die "allgemeine Verkehrsauffassung" als Prüfungsmaßstab dafür, ob die Verwendungspraxis der dort geregelten Stoffgruppen eine Ausnahme vom Zulassungsvorbehalt rechtfertigt. Gemeint ist damit die Auffassung aller am Verkehr mit Lebensmitteln beteiligten Kreise, das heißt der Hersteller und Anbieter sowie der Verbraucher (vgl. Rathke, a.a.O., Bd. II, C 102 - LFGB, Stand: November 2009, § 2 Rn. 65; Wehlau, LFGB, 2010, § 2 Rn. 184). Es liegt nahe, in die Beurteilung, ob der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB eingreift, ebenfalls die Anschauung der am Verkehr mit dem fraglichen Lebensmittel beteiligten Kreise mit einzubeziehen; denn entspricht die Verwendung einer Zutat in einem Lebensmittel der Erwartung von Produzenten und Verbrauchern, weist das zugleich darauf hin, dass die Verwendung allgemein üblich ist. Von einer regelhaften oder üblichen Verwendung eines Stoffes als charakteristische Lebensmittelzutat kann daher gesprochen werden, wenn sich hierzu eine Herstellungs- und Vertriebspraxis auf Seiten der Lebensmittelunternehmen (§ 3 Nr. 6 LFGB i.V.m. Art. 3 Nr. 2 BasisVO) herausgebildet hat, die einhergeht mit einer entsprechenden Ernährungsgewohnheit auf Seiten der Verbraucher.

21

Das verlangt allerdings einen längeren Zeitraum, über den das Produkt oder vergleichbare Erzeugnisse mit der fraglichen Zutat in den Verkehr gebracht und am Markt in relevantem Umfang nachgefragt werden. Eine erst kurze Marktpräsenz kann mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Gleichstellungsklausel das Eingreifen des Ausschlusstatbestandes nicht rechtfertigen. Der Zulassungsvorbehalt für die den Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellten Stoffe bezweckt, Gefahren für die menschliche Gesundheit vorzubeugen, die durch das Inverkehrbringen und den Verzehr von Lebensmitteln mit neuartigen Zutaten entstehen können, für die noch keine ausreichenden Erkenntnisse über ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit vorliegen. Demgemäß beruht der Ausschlusstatbestand auf der gesetzgeberischen Einschätzung, dass es im Falle einer lang anhaltenden Übung bei der Verwendung einer Lebensmittelzutat keiner gesonderten Zulassungsprüfung mehr bedarf, weil eine jahrelange Herstellungs- und Verzehrpraxis die gesundheitliche Unbedenklichkeit des Stoffes für den normalen Verbraucher - das heißt einen Konsumenten ohne besondere gesundheitliche Empfindlichkeit (vgl. Art. 14 Abs. 4 Buchst. c BasisVO) - indiziert. Namentlich eine fortwährende, gefestigte Ernährungsgewohnheit wird sich nach allgemeiner Lebenserfahrung nur entwickeln, wenn die Konsumenten das Produkt in dem Bewusstsein verzehren, dass es nicht gesundheitsgefährdend ist. Der Befund einer langjährigen Herstellungs- und Ernährungspraxis rechtfertigt daher die Annahme, dass in Bezug auf den Verbraucherkreis, für den das Lebensmittel mit der fraglichen Zutat bestimmt ist, unter den normalen Bedingungen seines Verzehrs (vgl. Art. 14 Abs. 3 BasisVO) eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht zu erwarten ist und das Lebensmittel als sicher im Sinne von Art. 14 BasisVO gelten kann.

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bb) Wie beim Tatbestandsmerkmal der charakteristischen Zutat ist eine Beschränkung auf "traditionelle" oder "klassische" Lebensmittel und Lebensmittelzutaten auch bei dem Kriterium der üblichen Verwendung nicht geboten. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien geben hierfür etwas her (vgl. die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 24. August 2004, BTDrucks 15/3657 S. 58). Dafür lässt sich auch aus den unionsrechtlichen Regelungen zum Zusatzstoffrecht nichts gewinnen, wie in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt wird. Weder der Richtlinie 89/107/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (ABl Nr. L 40 S. 27), noch der richtlinienersetzenden Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 kann eine Auslegung des Begriffs der regelhaften Verwendung (vgl. Art. 1 Abs. 2 bzw. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) entnommen werden, wonach nur traditionelle Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten erfasst würden. Soweit in Art. 3a der Richtlinie (i.d.F. der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1882/2003 vom 29. September 2003, ABl Nr. L 284 S. 1) und nunmehr in Erwägungsgrund 15 sowie Art. 20 der Verordnung von "traditionellen Lebensmitteln" die Rede ist, ergibt sich daraus nichts Gegenteiliges. Die Vorschrift erlaubt für die Herstellung einzeln benannter traditioneller Lebensmittel, dass die Verwendung bestimmter Klassen von Lebensmittelzusatzstoffen durch den jeweiligen Mitgliedstaat weiterhin verboten werden kann. Es handelt sich mithin um eine Ausnahmebestimmung zu Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008, der bestimmt, dass die in der Gemeinschaftsliste aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen sind. Die Gegenüberstellung des Begriffs des traditionellen Lebensmittels in Art. 20 mit dem weiten Lebensmittelbegriff in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung bestätigt vielmehr, dass der Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a und damit auch das Tatbestandsmerkmal der regelhaften Verwendung keine Einengung auf "traditionelle" oder "normale" Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erfährt. Hinzu kommt, dass mit der Richtlinie 2002/46/EG die vergleichsweise neuartige Produktgruppe der Nahrungsergänzungsmittel eine gesonderte Regelung erfahren hat. Die Richtlinie verweist auf eine "breite Palette" von Zutaten, die in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein können (Erwägungsgrund 6). Hieraus ist ebenfalls zu folgern, dass der europäische Gesetzgeber für den Bereich der aus anderen als technologischen Gründen zugesetzten Stoffe gerade keine Beschränkung auf herkömmliche Lebensmittel vornimmt (siehe hierzu auch OVG Münster, Urteile vom 17. März 2006 a.a.O. = juris Rn. 152 und vom 22. Januar 2008 - 13 A 3308/03 - juris Rn. 85 f.; OLG Hamburg, Urteile vom 29. Januar 2009 a.a.O. S. 262 f. bzw. Rn. 88 ff. und vom 11. Juni 2009 - 3 U 125/08 - LMuR 2009, 192 <195 f.> = juris Rn. 52).

23

cc) Der Normzweck gebietet ebenfalls nicht, allein "traditionelle" oder "normale" Lebensmittel und Lebensmittelzutaten als vom Ausschlusstatbestand erfasst anzusehen. Die Gleichstellung der Stoffe, die aus ernährungsphysiologischen oder anderen nicht technologischen Gründen als Lebensmittelzutat verwendet werden, mit den Lebensmittelzusatzstoffen bezweckt, auch die sonstigen Stoffe einer Verwendungsbeschränkung zu unterwerfen, indem das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auf diese Stoffgruppe erstreckt wird. Es soll verhindert werden, dass Lebensmittel mit Zutaten auf dem Markt sind, deren Verzehr im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 LFGB gesundheitsschädlich ist (vgl. amtliche Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts, a.a.O.). Diese Zielsetzung lässt sich, wie gezeigt, auch erreichen, wenn der Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestands in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB nicht auf Stoffe beschränkt bleibt, die traditionellerweise als Lebensmittel oder als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden. Das Abstellen auf eine langjährige Herstellungs- und Verzehrpraxis stellt sicher, dass neue Substanzen, für die ausreichende wissenschaftliche Daten über die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit noch nicht vorliegen, dem Zulassungsvorbehalt unterfallen. Auch erfüllt ein "plötzliches Überschwemmen" des Marktes mit neuartigen Produkten nicht die Voraussetzung einer üblichen Verwendung im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB. Es ist Sache der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden, in derartigen Fällen von den ordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnissen Gebrauch zu machen (vgl. etwa § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2 LFGB). Soweit es um das Inverkehrbringen neuer Nahrungsergänzungsmittel geht, gewährleistet zudem die Anzeigepflicht nach § 5 NemV, dass den Behörden eine effiziente Überwachung erleichtert wird. Dass die ordnungsbehördliche Praxis von Bundesland zu Bundesland uneinheitlich sein mag, eine zeitnahe Überwachung angesichts der Menge zu überprüfender Lebensmittel und Lebensmittelzutaten Schwierigkeiten begegnet und die Behörden bisweilen nur zögerlich eingreifen oder eingeleitete Verfahren sich hinziehen, gebietet kein anderes Normverständnis. Weil erst eine langjährige Verwendung einer Lebensmittelzutat den Zulassungsvorbehalt entfallen lässt, bleibt den Überwachungsbehörden ausreichend Zeit, um tätig zu werden. Etwaige Vollzugsdefizite oder gar behördliche Versäumnisse sind nicht den Marktteilnehmern anzulasten. Es ist Sache des Staates, die Ordnungsbehörden so einzurichten und zu organisieren, dass sie ihren gesetzlichen Überwachungspflichten nachkommen können.

24

Abgesehen davon führt das Eingreifen des Ausschlusstatbestandes in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB nicht dazu, dass die fraglichen Stoffe der lebensmittelrechtlichen Kontrolle entzogen sind. Eine übliche Verwendung im Sinne der Vorschrift überwindet zwar den Zulassungsvorbehalt und erlaubt den betroffenen Lebensmittelunternehmen zunächst, die Stoffe bei der Herstellung von Lebensmitteln einzusetzen und die Erzeugnisse in den Verkehr zu bringen. Das enthebt sie aber nicht der Einhaltung des in § 5 LFGB geregelten allgemeinen Verbots, gesundheitsschädliche Lebensmittel herzustellen und zu vertreiben. Sollte sich ein Produkt wegen gesundheitlicher Gefahren, die eine Zutat generell oder für bestimmte Verbrauchergruppen besorgen lässt, nicht oder nur unter Auflagen als verkehrsfähig erweisen, haben die zuständigen Überwachungsbehörden daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Die Ermächtigungsgrundlage in § 39 LFGB stellt dafür das notwendige rechtliche Instrumentarium bereit.

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dd) Vor diesem Hintergrund streiten für das Auslegungsergebnis schließlich grundrechtliche Erwägungen. Eine Beschränkung der von dem Zulassungsvorbehalt ausgenommenen Stoffe auf klassische Lebensmittelzutaten schließt neuartige Produkte ohne Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls generell aus dem Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestandes aus. Das Herstellen und Inverkehrbringen solcher Erzeugnisse wäre ungeachtet einer zwischenzeitlich herausgebildeten Herstellungs- und Verzehrgewohnheit ohne eine Listenzulassung nur im Wege einer ausnahmsweisen Zulassung nach Maßgabe von § 68 LFGB zulässig. Das erweist sich im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig, weil es der einschränkenden Auslegung des Ausschlusstatbestandes in § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 1 LFGB wie gezeigt nicht bedarf, um den gebotenen Gesundheitsschutz zu erreichen.

26

ee) Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Stoffe Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat üblicherweise verwendet werden. Nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen besteht in Bezug auf die Verwendung der beiden Substanzen in Nahrungsergänzungsmitteln eine langjährige Herstellungs- und Verzehrpraxis. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass Produkte dieser Art seit etwa einem Jahrzehnt am deutschen Markt präsent sind und dabei ein Umsatzvolumen von ca. 100 Mio. € erreichen (zur Marktpräsenz vgl. auch VG München, Urteil vom 23. April 2008 - M 18 K 08.91 - juris Rn. 31; VG Hamburg, Urteil vom 19. Januar 2010 - 4 K 2003/08 - LMuR 2010, 96 <102> = juris Rn. 45). Überdies sind Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat auch auf Unionsebene als Zutaten von Nahrungsergänzungsmitteln bekannt. Die Entscheidung 2007/275/EG der Kommission vom 17. April 2007 (ABl Nr. L 116 S. 9) bringt das inzident zum Ausdruck, wenn sie Nahrungsergänzungsmittel, die Glucosamin oder Chondroitin enthalten, als Lebensmittel aufführt, die bei der Einfuhr in die Europäische Union keinen Veterinärkontrollen unterzogen werden müssen (vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Anhang II). Die Regelung wird mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Anlage 1 Nr. 7 Buchst. b der Lebensmitteleinfuhr-Verordnung (i.d.F. der Änderungsverordnung vom 30. November 2011, BGBl I S. 2399) in nationales Recht umgesetzt. Zudem dokumentiert die Aufnahme des Stoffes Glucosaminsulfat in den so genannten "Novel Food Katalog" der Europäischen Kommission (vgl. Europa>European Commission>DG Health and Consumers>Overview>Food and Feed Safety>Novel Food>Novel Food Catalogue, http://ec.europa.eu/food/food/biotechnology/novelfood/novel_food_cat alogue_en.htm), dass die Substanz bereits vor dem 15. Mai 1997 in der Europäischen Union in nennenswertem Umfang als Nahrungsergänzungsmittelzutat für den menschlichen Verzehr verwendet worden ist und daher nicht als neuartige Lebensmittelzutat im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl Nr. L 43 S. 1) eingestuft wird.

27

4. Hiernach kann dahinstehen, ob das Herstellungs- und Verkehrsverbot für den Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellte Stoffe (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LFGB) unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden ist (so BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - I ZR 123/09 - LMuR 2011, 13 ). Die Frage der Europarechtskonformität ist nicht entscheidungserheblich, weil die in Rede stehenden Produkte der Klägerin bereits unter Anwendung des nationalen Rechts nicht dem Herstellungs- und Verkehrsverbot nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 LFGB unterliegen und das zum Erfolg der Feststellungsklage führt.

(1) Wer ein Nahrungsergänzungsmittel als Hersteller oder Einführer in den Verkehr bringen will, hat dies spätestens beim ersten Inverkehrbringen dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter Vorlage eines Musters des für das Erzeugnis verwendeten Etiketts anzuzeigen.

(2) Wurde das Nahrungsergänzungsmittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in den Verkehr gebracht, so ist, sofern das in diesem Mitgliedstaat geltende Recht eine Anzeigepflicht vorsieht, in der Anzeige nach Absatz 1 zusätzlich die Behörde des anderen Mitgliedstaates anzugeben, bei der die erste Anzeige erfolgt ist.

(3) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit übermittelt die Anzeige unverzüglich dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden.

(1) Es ist verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben.

(2) Es ist ferner verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, an andere Lebensmittelunternehmer zu liefern.

(3) Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 gelten nicht für nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; L 12 vom 18.1.2007, S. 3, L 86 vom 28.3.2008, S. 34, L 198 vom 30.7.2009, S. 87; L 160 vom 12.6.2013, S. 15), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 36) geändert worden ist, zugelassene Angaben.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin vertrieb das Produkt „D.“ - „Natürliche Reinigung“ - „Mit 100% reinem Klinoptilolith“ - (so u. a. die Aufschrift auf den Dosen) als Lebensmittel (nach Zweckbestimmung der Antragstellerin ein Nahrungsergänzungsmittel). Das diesem Produkt zugrunde liegende Vulkangestein („Vulkansand“) wurde in der Schweiz gemahlen und an die ... int. GmbH in Deutschland unter der Bezeichnung „Klinoptilolith (Klinofeed 20 micron)“ versandt, die es für die Antragstellerin abfüllte.

Nach Beprobung und nach Sicherstellung der im Lager vorhandenen Waren dieses Produktes aufgrund eines Gutachtens des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 1. März 2013 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 6. Juni 2013 das weitere Inverkehrbringen des Produkts „D.“ (Nr. 1); die Untersagung bleibe bis zur Erteilung der EU-rechtlichen Zulassung des Produktes als neuartiges Lebensmittel bestehen (Nr. 2), und ordnete die sofortige Vollziehung von Nr. 1 des Bescheides an (Nr. 3 des Bescheidtenors).

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 15. Juli 2013 Klage beim Verwaltungsgericht (Verfahren W 6 K 13.596) und beantragte gleichzeitig, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragte den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 8. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom 6. Juni 2013 ab. Die Antragsgegnerin sei der gesetzlichen Verpflichtung zur Begründung des Sofortvollzuges in ausreichendem Maße nachgekommen. Die Klage werde in der Sache voraussichtlich erfolglos bleiben. Die Antragsgegnerin habe die Untersagung zu Recht auf § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützt. Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 NLV (Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung) liege vor, weil Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung [Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009] ohne eine nach dem in Art. 3 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung genannten Verfahren erteilte Genehmigung in den Verkehr gebracht würden. Bei summarischer Prüfung liege ein Verstoß gegen die Novel-Food-Verordnung vor, insbesondere sei die Novel-Food-Verordnung anwendbar. Beim Produkt handele es sich unstreitig um ein Lebensmittel, das bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Gemeinschaft verwendet worden sei (Art. 1 Abs. 2 Halbs. 1 Novel-Food-Verordnung). Konkret unterfalle das Produkt Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung, nach dem Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur erfasst würden. Nicht erforderlich sei, dass die Molekularstruktur so in der Natur noch überhaupt nicht vorhanden gewesen sei. Es genüge vielmehr nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Novel-Food-Verordnung, dass der Stoff mit einer bestimmten primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung gewesen sei. Anderenfalls werde Art. 1 Abs. 2 Halbs. 1 Novel-Food-Verordnung überflüssig, der gerade voraussetze, dass das betreffende Lebensmittel schon existent gewesen, jedoch nicht in nennenswertem Umfange in der Gemeinschaft für den menschlichen Verzehr in Umlauf gewesen sei. Weiter zeige der zweite Erwägungsgrund der Novel-Food-Verordnung, dass neuartige Lebensmittel zum Schutze der öffentlichen Gesundheit einer einheitlichen Sicherheitsprüfung unterzogen werden sollen. Diesem Ziel werde jedoch nur Rechnung getragen, wenn auch ein Stoff einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werde, der bisher nicht als Lebensmittel, sondern allenfalls als Futtermittel oder als Medizinprodukt zugelassen gewesen sei und der nun zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden solle. Schließlich spreche auch das von den Beteiligten erwähnte Verfahren vor der britischen Behörde für die vorstehende Auffassung, da in diesem Verfahren Klinoptilolith aufgrund seiner primären Molekularstruktur ebenfalls als neuartig im Sinn des Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung eingestuft worden sei. Darüber hinaus falle ins Gewicht, dass die europäische Kommission Klinoptilolith aufgrund der Ermächtigung nach Art. 1 Abs. 3 und Art. 13 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung ausdrücklich in den Novel-Food-Katalog aufgenommen habe. Die Ermächtigung der Kommission, festzulegen, ob ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat unter Abs. 2 falle, beruhe auch auf der Erkenntnis, dass die in Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung verwendeten Begriffe höchst unbestimmt seien. Allerdings sei die Festlegung gemäß Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung nur nach den Kriterien des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung zulässig und gerichtlich voll nachprüfbar. Bei der Festlegung auf europäischer Ebene gehe es nicht um die konkrete Anwendung des EU-Rechtes, sondern um eine vorgeschaltete Maßnahme, um die Anwendungspraxis in den Mitgliedstaaten durch eine inhaltliche Steuerung zu effektuieren und einheitliche Bedingungen in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Dies gelte gerade, wenn wie hier aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe oder konkretisierungsbedürftiger Regelungsstrukturen ein Bedürfnis bestehe, einheitliche Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte zu schaffen. Demnach sei von der Festlegung der europäischen Kommission und deren Richtigkeit im Einklang mit der Novel-Food-Verordnung auszugehen, solange keine durchgreifenden gegenteiligen Erkenntnisse vorlägen. Die Aufnahme von Klinoptilolith in den Novel-Food-Katalog sei ein wichtiges Indiz, das die vorliegende Rechtsauffassung stütze.

Darüber hinaus und unabhängig von der Novel-Food-Verordnung habe die Antragsgegnerin erstmals in ihrem Schriftsatz vom 29. Juli 2003 in Folge irreführender Angaben der Antragstellerin auf verschiedene Verstöße gegen § 11 LFGB hingewiesen, die für sich ebenfalls die Untersagung des In-Verkehr-Bringens des streitgegenständlichen Produktes rechtfertigten. Dies betreffe zum einen den Hinweis auf der Verpackung, wonach es sich um 100% reines Klinoptilolith handle, obwohl der der Antragstellerin gelieferte Stoff nur zu 80% aus Klinoptilolith bestehe. Zum anderen sei der Herstellungsort fraglich, nachdem die Antragstellerin das Klinoptilolith aus der Schweiz beziehe und als Herstellungsland Deutschland angebe. Schließlich liege dem Produkt D. Klinoptilolith in Form von „Klinofeed 20 micron“ zugrunde, ein Futtermittel. Nach der erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung sei der Verstoß gegen § 11 LFGB i. V. m. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB als weitere und für sich tragende Rechtsgrundlage für die Untersagung des In-Verkehr-Bringens mit heranzuziehen. Zwar sei die Argumentation der Antragsgegnerin mit den irreführenden Angaben weder Gegenstand des Verwaltungsverfahrens noch Inhalt des Bescheides und damit nicht explizit Grundlage der Ermessensausübung der Antragsgegnerin. Gleichwohl hätten diese Verstöße im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zusätzlich mit herangezogen werden können, zumal die Antragsgegnerin auch noch im Gerichtsverfahren ihre Ermessenserwägungen ergänzen dürfe. Das Gericht sehe auch sonst keinen Anlass, die Ermessensausübung und Verhältnismäßigkeitsprüfung der Antragsgegnerin zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe zu Recht darauf hingewiesen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gewährleistet sei, dass der Verzehr von Klinoptilolith gesundheitlich unbedenklich sei. Die Eignung als Lebensmittel bedürfe gerade der näheren Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach der Novel-Food-Verordnung. Die Antragsgegnerin habe zutreffend auf Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sowie Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen hingewiesen, die der Verzehr von Klinoptilolith mit sich bringen könne, wie etwa die Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes P. belege, welches Klinoptilolith enthalte. Das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung werde durch das Interesse der Verbraucher begründet, sowohl vor nicht sicheren Lebensmitteln als auch vor Täuschungen beim Erwerb von Lebensmitteln geschützt zu werden.

Zur Begründung ihrer gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde trug die Antragstellerin u. a. vor, bereits am 26. Juni 2012 gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das Produkt angezeigt zu haben und nicht beanstandet worden zu sein. Sie habe sich darauf verlassen können, dass das Produkt verkehrsfähig sei. Außerdem unterfalle das Produkt nicht Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung, weil beide Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssten. Dem Verordnungsgeber gehe es aber ausschließlich um Lebensmittel, die vormals in der Natur nicht vorhanden gewesen seien. Hier werde aber lediglich vorhandenes Gestein fein gemahlen. Auch die Bewertung von Klinoptilolith durch die Europäische Kommission sei gerichtlich überprüfbar. Eine Festlegung gemäß Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung sei nur nach den Kriterien des Art. 1 Abs. 2 zulässig. Der Vorwurf, das Produkt sei irreführend, sei schon unzulässig. Ein totales Vertriebsverbot sei unverhältnismäßig, es genüge die Auflage, die Verpackung zu ändern. Einem Lebensmittelunternehmer müsse genau aufgegeben werden, wie er einen Verstoß abzustellen habe. Die Deklaration sei nicht irreführend. Klinoptilolith enthalte als Naturstoff neben dem Naturgestein auch Felsspat, Quarz und Glimmer; der Verbraucher erwarte 100% gemahlenes Gesteinsmehl, und keine Auflistung unterschiedlicher chemischer Verbindungen. Nachdem die Firma BHI in Deutschland abfülle, werde das Produkt auch in Deutschland hergestellt. Nicht irreführend sei auch, dass die Antragstellerin diesen Stoff, dessen Verwendung auch als Tierfutter zugelassen sei, als Lebensmittel in den Verkehr bringe. Das Verwaltungsgericht habe schließlich eine Stellungnahme der Antragstellerin zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin nicht abgewartet.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. August 2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2013 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichtes und verweist zur Anzeige der Antragstellerin gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit darauf, dass Hinweise auf dem Antragsformular den Hersteller/Einführer nicht von der selbstverantwortlichen Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen freistellten. Die Antragstellerin sei vielmehr gehalten gewesen, unabhängig vom Anzeigeverfahren die Verkehrsfähigkeit ihres Produktes selbst zu prüfen. Außerdem müssten nur rudimentäre Angaben im Rahmen einer Anzeige nach § 5 NemV gemacht werden.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses, stellte keinen Antrag, hält aber die Zurückweisung der Beschwerde für rechtens. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend bejaht, dass Klinoptilolith als Lebensmittel mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur anzusehen sei. Von Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung seien von dieser Alternative auch die Fälle erfasst, in denen die Molekularstruktur bereits vor in Kraft treten der Verordnung in der Natur vorgekommen sei.

In zahlreichen weiteren Schriftsätzen setzten sich die Hauptbeteiligten mit den von ihnen aufgezeigten und ausgetauschten Argumenten auseinander und vertieften ihre Ausführungen.

Wegen weiterer Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin nach § 146 VwGO hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfes abgelehnt.

Nachdem die Erfolgsaussichten der Klage derzeit nicht übersehen werden können und sich der Rechtsstreit derzeit als offen erweist, ergibt die Interessenabwägung, dass dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs der Vorzug zu geben ist.

Nach dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen Verwaltungsakte, Abhilfe- und Widerspruchsbescheide (§ 79 VwGO) aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausnahmsweise unter anderem dann, wenn die sofortige Vollziehung - wie hier - im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird. In solchen Fällen kann das Gericht der Hauptsache - im Beschwerdeverfahren nach §§ 146 f VwGO der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdegericht (§ 146 Abs. 1 VwGO, Art. 1 Abs. 1 AGVwGO) - die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.

Die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Beschwerdegericht sind hier nicht gegeben. Auszugehen ist davon, dass die grundsätzlich durch Widerspruch und Klage herbeigeführte aufschiebende Wirkung ein Wesensmerkmal des im Grundgesetz gewährleisteten Verwaltungsrechtsschutzes ist. Ohne aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage würde der Verwaltungsrechtsschutz häufig hinfällig, weil bei einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes in vielen Fällen von der Verwaltung vollendete Tatsachen geschaffen würden, die auch dann nicht oder jedenfalls nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Betroffene mit seinem Rechtsmittel letzten Endes Erfolg hat. Dadurch würde der Zweck der Nachprüfung des Verwaltungsaktes durch unabhängige Gerichte vereitelt, also der vom Verwaltungsakt Betroffene im Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Schutzes beraubt und die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unterlaufen. Die in der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe liegende Sicherung vorläufigen Rechtsschutzes gehört daher zu den wesentlichen Elementen des Rechtsschutzes überhaupt. Im Hinblick auf diese Gewährleistung ist für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgehen muss, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 22.11.1965 - IV CB 224.65 - DVBl. 1966, 273). Ein solches besonderes öffentliches Interesse ist allerdings regelmäßig dann anzuerkennen, wenn sich bereits im Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erkennen lässt, dass die gegen den Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfe im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg haben können. Denn an der alsbaldigen Vollziehung eines vom Betroffenen offensichtlich zu Unrecht angegriffenen Verwaltungsaktes wird in aller Regel ein besonderes öffentliches Interesse bestehen, wie sich umgekehrt das überwiegende Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes in aller Regel schon aus dem Umstand ergibt, dass der Rechtsbehelf offensichtlich begründet ist.

Davon, dass die Klage der Antragstellerin nach summarischer Prüfung unbegründet wäre, kann hier jedoch ebenso wenig ausgegangen werden wie von der gegenteiligen Annahme. Vielmehr erweist sich der Rechtsstreit derzeit als offen. Nicht geklärt werden kann in diesem einstweiligen, auf summarischer Prüfung ausgerichteten Rechtsschutzverfahren, ob das von der Antragstellerin als Nahrungsergänzungsmittel ehemals vertriebene Produkt „D.“ als neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel-Food-Verordnung) anzusehen ist, deswegen nur nach einem Genehmigungsverfahren gemäß § 3 der Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten (NLV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Februar 2000 (BGBl I 123), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Mai 2008 (BGBl I 919), hätte in den Verkehr gebracht werden dürfen und daher einem mit streitgegenständlichem Bescheid ausgesprochenem Vertriebsverbot nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LVGB unterliegt.

Fraglich ist vor allem, ob es sich um ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat mit neuer Molekularstruktur im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Novel-Food-Verordnung handelt, und ob dabei (nur) erforderlich ist, dass dieses Produkt mit dem Inhaltsstoff Klinoptilolith in seiner bestimmten primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung war, oder ob weiter hinzutreten muss, dass dieses Produkt durch den Herstellungsprozess (Mahlen von Gestein) mit einem Verfahren hergestellt wird, das nicht als neuartig gilt und schon gar nicht dazu führen kann, dass eine neue oder gezielt modifizierte primäre Molekularstruktur entsteht, mithin dass alle Stoffe, die es schon in der Natur gegeben hat, nicht von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Novel-Food-Verordnung erfasst werden. Diese Problematik hat das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegt, und ist aus seiner Sicht zu dem Ergebnis gelangt, dass das von der Antragstellerin vertriebene Produkt Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Novel-Food-Verordnung unterfällt. Diesem Ergebnis vermag der Senat derzeit nicht beizupflichten, sieht sich aber aufgrund weiterer, nicht vollständig geklärter und im Eilverfahren nicht zu klärende Umstände nicht in der Lage, ein gegenteiliges Ergebnis zu prognostizieren. Die Beteiligten haben sich über diese zentralen Probleme im Beschwerdeverfahren ausgiebig ausgetauscht und ihre Ausführungen in etlichen Schriftsätzen vertieft. Im Hauptsacheverfahren wird der Klärung dieser Fragen weiter nachzugehen sein.

Die daher vorzunehmende Abwägung des privaten Interesses der Antragstellerin am weiteren Vertrieb des von ihr (ehemals) angebotenen Produktes und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB ausgesprochenen Verbotes geht zulasten der Antragstellerin. Dem Interesse der Verbraucher, vor nicht sicheren Lebensmitteln geschützt zu werden, ist der Vorrang einzuräumen. Die Antragsgegnerin hat, wie schon das Verwaltungsgericht betonte, zutreffend auf Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sowie Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen hingewiesen, die der Verzehr von Klinoptilolith mit sich bringen kann, wie etwa die Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes P. belegt, das Klinoptilolith enthält. Dass Klinoptilolith nicht bereits vor dem 15. Mai 1997 (Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung am 14.5.1997) in nennenswertem Umfang als Nahrungsergänzungsmittelzutat verwendet worden ist und als neuartige Lebensmittelzutat im Sinne der Novel-Food-Verordnung angesehen wird, dokumentiert die Aufnahme des Stoffes in den so genannten Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission. Dieser Umstand ist hier auch im Eilverfahren bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen (s. BVerwG, U. v. 1.3.2012 BVerwG 3 C 15.11, Rn. 26 a. E.). Zulasten der Antragstellerin fällt bei der Interessenabwägung auch ins Gewicht, dass es wohl nicht mehr möglich wäre, die sichergestellten Dosen in der Gemeinschaft weiter zu vertreiben, weil ausweislich des Inhaltes der Behördenakten die Angaben zum Mindesthaltbarkeitsdatum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 7 LMKV) überholt sein dürften und zu prüfen wäre, ob das Produkt der Antragstellerin seine spezifischen Eigenschaften behalten hat (vgl. § 7 Abs. 1 LMKV). Hinzu kommt, dass die Antragstellerin zu erkennen gegeben hat, kein weiteres Produkt mehr vom Hersteller anzufordern, weil „der Artikel nicht gelaufen sei“ (vgl. Bl. 25 der Behördenakte).

Ob der streitgegenständliche Bescheid bei isolierter Betrachtung auch rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig ist aufgrund der nachträglich gegebenen auf § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LFGB i. V. m. § 11 LFGB gestützten Begründung, kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entschieden werden. Einiges deutet darauf hin, dass die Antragsgegnerin insoweit die schutzwürdigen Belange der Antragstellerin nach summarischer Prüfung wohl nicht hinreichend gewichtet hat. Die genauen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitserwägungen müssen aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die Kostentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin vertrieb das Produkt „D.“ - „Natürliche Reinigung“ - „Mit 100% reinem Klinoptilolith“ - (so u. a. die Aufschrift auf den Dosen) als Lebensmittel (nach Zweckbestimmung der Antragstellerin ein Nahrungsergänzungsmittel). Das diesem Produkt zugrunde liegende Vulkangestein („Vulkansand“) wurde in der Schweiz gemahlen und an die ... int. GmbH in Deutschland unter der Bezeichnung „Klinoptilolith (Klinofeed 20 micron)“ versandt, die es für die Antragstellerin abfüllte.

Nach Beprobung und nach Sicherstellung der im Lager vorhandenen Waren dieses Produktes aufgrund eines Gutachtens des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 1. März 2013 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 6. Juni 2013 das weitere Inverkehrbringen des Produkts „D.“ (Nr. 1); die Untersagung bleibe bis zur Erteilung der EU-rechtlichen Zulassung des Produktes als neuartiges Lebensmittel bestehen (Nr. 2), und ordnete die sofortige Vollziehung von Nr. 1 des Bescheides an (Nr. 3 des Bescheidtenors).

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 15. Juli 2013 Klage beim Verwaltungsgericht (Verfahren W 6 K 13.596) und beantragte gleichzeitig, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragte den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 8. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom 6. Juni 2013 ab. Die Antragsgegnerin sei der gesetzlichen Verpflichtung zur Begründung des Sofortvollzuges in ausreichendem Maße nachgekommen. Die Klage werde in der Sache voraussichtlich erfolglos bleiben. Die Antragsgegnerin habe die Untersagung zu Recht auf § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützt. Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 NLV (Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung) liege vor, weil Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung [Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009] ohne eine nach dem in Art. 3 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung genannten Verfahren erteilte Genehmigung in den Verkehr gebracht würden. Bei summarischer Prüfung liege ein Verstoß gegen die Novel-Food-Verordnung vor, insbesondere sei die Novel-Food-Verordnung anwendbar. Beim Produkt handele es sich unstreitig um ein Lebensmittel, das bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Gemeinschaft verwendet worden sei (Art. 1 Abs. 2 Halbs. 1 Novel-Food-Verordnung). Konkret unterfalle das Produkt Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung, nach dem Lebensmittel und Lebensmittelzutaten mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur erfasst würden. Nicht erforderlich sei, dass die Molekularstruktur so in der Natur noch überhaupt nicht vorhanden gewesen sei. Es genüge vielmehr nach der Systematik und dem Sinn und Zweck der Novel-Food-Verordnung, dass der Stoff mit einer bestimmten primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung gewesen sei. Anderenfalls werde Art. 1 Abs. 2 Halbs. 1 Novel-Food-Verordnung überflüssig, der gerade voraussetze, dass das betreffende Lebensmittel schon existent gewesen, jedoch nicht in nennenswertem Umfange in der Gemeinschaft für den menschlichen Verzehr in Umlauf gewesen sei. Weiter zeige der zweite Erwägungsgrund der Novel-Food-Verordnung, dass neuartige Lebensmittel zum Schutze der öffentlichen Gesundheit einer einheitlichen Sicherheitsprüfung unterzogen werden sollen. Diesem Ziel werde jedoch nur Rechnung getragen, wenn auch ein Stoff einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werde, der bisher nicht als Lebensmittel, sondern allenfalls als Futtermittel oder als Medizinprodukt zugelassen gewesen sei und der nun zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden solle. Schließlich spreche auch das von den Beteiligten erwähnte Verfahren vor der britischen Behörde für die vorstehende Auffassung, da in diesem Verfahren Klinoptilolith aufgrund seiner primären Molekularstruktur ebenfalls als neuartig im Sinn des Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung eingestuft worden sei. Darüber hinaus falle ins Gewicht, dass die europäische Kommission Klinoptilolith aufgrund der Ermächtigung nach Art. 1 Abs. 3 und Art. 13 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung ausdrücklich in den Novel-Food-Katalog aufgenommen habe. Die Ermächtigung der Kommission, festzulegen, ob ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat unter Abs. 2 falle, beruhe auch auf der Erkenntnis, dass die in Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung verwendeten Begriffe höchst unbestimmt seien. Allerdings sei die Festlegung gemäß Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung nur nach den Kriterien des Art. 1 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung zulässig und gerichtlich voll nachprüfbar. Bei der Festlegung auf europäischer Ebene gehe es nicht um die konkrete Anwendung des EU-Rechtes, sondern um eine vorgeschaltete Maßnahme, um die Anwendungspraxis in den Mitgliedstaaten durch eine inhaltliche Steuerung zu effektuieren und einheitliche Bedingungen in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Dies gelte gerade, wenn wie hier aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe oder konkretisierungsbedürftiger Regelungsstrukturen ein Bedürfnis bestehe, einheitliche Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte zu schaffen. Demnach sei von der Festlegung der europäischen Kommission und deren Richtigkeit im Einklang mit der Novel-Food-Verordnung auszugehen, solange keine durchgreifenden gegenteiligen Erkenntnisse vorlägen. Die Aufnahme von Klinoptilolith in den Novel-Food-Katalog sei ein wichtiges Indiz, das die vorliegende Rechtsauffassung stütze.

Darüber hinaus und unabhängig von der Novel-Food-Verordnung habe die Antragsgegnerin erstmals in ihrem Schriftsatz vom 29. Juli 2003 in Folge irreführender Angaben der Antragstellerin auf verschiedene Verstöße gegen § 11 LFGB hingewiesen, die für sich ebenfalls die Untersagung des In-Verkehr-Bringens des streitgegenständlichen Produktes rechtfertigten. Dies betreffe zum einen den Hinweis auf der Verpackung, wonach es sich um 100% reines Klinoptilolith handle, obwohl der der Antragstellerin gelieferte Stoff nur zu 80% aus Klinoptilolith bestehe. Zum anderen sei der Herstellungsort fraglich, nachdem die Antragstellerin das Klinoptilolith aus der Schweiz beziehe und als Herstellungsland Deutschland angebe. Schließlich liege dem Produkt D. Klinoptilolith in Form von „Klinofeed 20 micron“ zugrunde, ein Futtermittel. Nach der erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung sei der Verstoß gegen § 11 LFGB i. V. m. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB als weitere und für sich tragende Rechtsgrundlage für die Untersagung des In-Verkehr-Bringens mit heranzuziehen. Zwar sei die Argumentation der Antragsgegnerin mit den irreführenden Angaben weder Gegenstand des Verwaltungsverfahrens noch Inhalt des Bescheides und damit nicht explizit Grundlage der Ermessensausübung der Antragsgegnerin. Gleichwohl hätten diese Verstöße im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zusätzlich mit herangezogen werden können, zumal die Antragsgegnerin auch noch im Gerichtsverfahren ihre Ermessenserwägungen ergänzen dürfe. Das Gericht sehe auch sonst keinen Anlass, die Ermessensausübung und Verhältnismäßigkeitsprüfung der Antragsgegnerin zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe zu Recht darauf hingewiesen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gewährleistet sei, dass der Verzehr von Klinoptilolith gesundheitlich unbedenklich sei. Die Eignung als Lebensmittel bedürfe gerade der näheren Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach der Novel-Food-Verordnung. Die Antragsgegnerin habe zutreffend auf Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sowie Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen hingewiesen, die der Verzehr von Klinoptilolith mit sich bringen könne, wie etwa die Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes P. belege, welches Klinoptilolith enthalte. Das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung werde durch das Interesse der Verbraucher begründet, sowohl vor nicht sicheren Lebensmitteln als auch vor Täuschungen beim Erwerb von Lebensmitteln geschützt zu werden.

Zur Begründung ihrer gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde trug die Antragstellerin u. a. vor, bereits am 26. Juni 2012 gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das Produkt angezeigt zu haben und nicht beanstandet worden zu sein. Sie habe sich darauf verlassen können, dass das Produkt verkehrsfähig sei. Außerdem unterfalle das Produkt nicht Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung, weil beide Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssten. Dem Verordnungsgeber gehe es aber ausschließlich um Lebensmittel, die vormals in der Natur nicht vorhanden gewesen seien. Hier werde aber lediglich vorhandenes Gestein fein gemahlen. Auch die Bewertung von Klinoptilolith durch die Europäische Kommission sei gerichtlich überprüfbar. Eine Festlegung gemäß Art. 1 Abs. 3 Novel-Food-Verordnung sei nur nach den Kriterien des Art. 1 Abs. 2 zulässig. Der Vorwurf, das Produkt sei irreführend, sei schon unzulässig. Ein totales Vertriebsverbot sei unverhältnismäßig, es genüge die Auflage, die Verpackung zu ändern. Einem Lebensmittelunternehmer müsse genau aufgegeben werden, wie er einen Verstoß abzustellen habe. Die Deklaration sei nicht irreführend. Klinoptilolith enthalte als Naturstoff neben dem Naturgestein auch Felsspat, Quarz und Glimmer; der Verbraucher erwarte 100% gemahlenes Gesteinsmehl, und keine Auflistung unterschiedlicher chemischer Verbindungen. Nachdem die Firma BHI in Deutschland abfülle, werde das Produkt auch in Deutschland hergestellt. Nicht irreführend sei auch, dass die Antragstellerin diesen Stoff, dessen Verwendung auch als Tierfutter zugelassen sei, als Lebensmittel in den Verkehr bringe. Das Verwaltungsgericht habe schließlich eine Stellungnahme der Antragstellerin zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin nicht abgewartet.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. August 2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2013 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichtes und verweist zur Anzeige der Antragstellerin gegenüber dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit darauf, dass Hinweise auf dem Antragsformular den Hersteller/Einführer nicht von der selbstverantwortlichen Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen freistellten. Die Antragstellerin sei vielmehr gehalten gewesen, unabhängig vom Anzeigeverfahren die Verkehrsfähigkeit ihres Produktes selbst zu prüfen. Außerdem müssten nur rudimentäre Angaben im Rahmen einer Anzeige nach § 5 NemV gemacht werden.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses, stellte keinen Antrag, hält aber die Zurückweisung der Beschwerde für rechtens. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend bejaht, dass Klinoptilolith als Lebensmittel mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur anzusehen sei. Von Art. 1 Abs. 2 lit. c Novel-Food-Verordnung seien von dieser Alternative auch die Fälle erfasst, in denen die Molekularstruktur bereits vor in Kraft treten der Verordnung in der Natur vorgekommen sei.

In zahlreichen weiteren Schriftsätzen setzten sich die Hauptbeteiligten mit den von ihnen aufgezeigten und ausgetauschten Argumenten auseinander und vertieften ihre Ausführungen.

Wegen weiterer Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin nach § 146 VwGO hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfes abgelehnt.

Nachdem die Erfolgsaussichten der Klage derzeit nicht übersehen werden können und sich der Rechtsstreit derzeit als offen erweist, ergibt die Interessenabwägung, dass dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs der Vorzug zu geben ist.

Nach dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen Verwaltungsakte, Abhilfe- und Widerspruchsbescheide (§ 79 VwGO) aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausnahmsweise unter anderem dann, wenn die sofortige Vollziehung - wie hier - im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird. In solchen Fällen kann das Gericht der Hauptsache - im Beschwerdeverfahren nach §§ 146 f VwGO der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdegericht (§ 146 Abs. 1 VwGO, Art. 1 Abs. 1 AGVwGO) - die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.

Die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Beschwerdegericht sind hier nicht gegeben. Auszugehen ist davon, dass die grundsätzlich durch Widerspruch und Klage herbeigeführte aufschiebende Wirkung ein Wesensmerkmal des im Grundgesetz gewährleisteten Verwaltungsrechtsschutzes ist. Ohne aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage würde der Verwaltungsrechtsschutz häufig hinfällig, weil bei einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes in vielen Fällen von der Verwaltung vollendete Tatsachen geschaffen würden, die auch dann nicht oder jedenfalls nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Betroffene mit seinem Rechtsmittel letzten Endes Erfolg hat. Dadurch würde der Zweck der Nachprüfung des Verwaltungsaktes durch unabhängige Gerichte vereitelt, also der vom Verwaltungsakt Betroffene im Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Schutzes beraubt und die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unterlaufen. Die in der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe liegende Sicherung vorläufigen Rechtsschutzes gehört daher zu den wesentlichen Elementen des Rechtsschutzes überhaupt. Im Hinblick auf diese Gewährleistung ist für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgehen muss, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 22.11.1965 - IV CB 224.65 - DVBl. 1966, 273). Ein solches besonderes öffentliches Interesse ist allerdings regelmäßig dann anzuerkennen, wenn sich bereits im Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erkennen lässt, dass die gegen den Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfe im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg haben können. Denn an der alsbaldigen Vollziehung eines vom Betroffenen offensichtlich zu Unrecht angegriffenen Verwaltungsaktes wird in aller Regel ein besonderes öffentliches Interesse bestehen, wie sich umgekehrt das überwiegende Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes in aller Regel schon aus dem Umstand ergibt, dass der Rechtsbehelf offensichtlich begründet ist.

Davon, dass die Klage der Antragstellerin nach summarischer Prüfung unbegründet wäre, kann hier jedoch ebenso wenig ausgegangen werden wie von der gegenteiligen Annahme. Vielmehr erweist sich der Rechtsstreit derzeit als offen. Nicht geklärt werden kann in diesem einstweiligen, auf summarischer Prüfung ausgerichteten Rechtsschutzverfahren, ob das von der Antragstellerin als Nahrungsergänzungsmittel ehemals vertriebene Produkt „D.“ als neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel-Food-Verordnung) anzusehen ist, deswegen nur nach einem Genehmigungsverfahren gemäß § 3 der Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten (NLV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Februar 2000 (BGBl I 123), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Mai 2008 (BGBl I 919), hätte in den Verkehr gebracht werden dürfen und daher einem mit streitgegenständlichem Bescheid ausgesprochenem Vertriebsverbot nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LVGB unterliegt.

Fraglich ist vor allem, ob es sich um ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat mit neuer Molekularstruktur im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Novel-Food-Verordnung handelt, und ob dabei (nur) erforderlich ist, dass dieses Produkt mit dem Inhaltsstoff Klinoptilolith in seiner bestimmten primären Molekularstruktur noch nicht als Lebensmittel in Anwendung war, oder ob weiter hinzutreten muss, dass dieses Produkt durch den Herstellungsprozess (Mahlen von Gestein) mit einem Verfahren hergestellt wird, das nicht als neuartig gilt und schon gar nicht dazu führen kann, dass eine neue oder gezielt modifizierte primäre Molekularstruktur entsteht, mithin dass alle Stoffe, die es schon in der Natur gegeben hat, nicht von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Novel-Food-Verordnung erfasst werden. Diese Problematik hat das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegt, und ist aus seiner Sicht zu dem Ergebnis gelangt, dass das von der Antragstellerin vertriebene Produkt Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Novel-Food-Verordnung unterfällt. Diesem Ergebnis vermag der Senat derzeit nicht beizupflichten, sieht sich aber aufgrund weiterer, nicht vollständig geklärter und im Eilverfahren nicht zu klärende Umstände nicht in der Lage, ein gegenteiliges Ergebnis zu prognostizieren. Die Beteiligten haben sich über diese zentralen Probleme im Beschwerdeverfahren ausgiebig ausgetauscht und ihre Ausführungen in etlichen Schriftsätzen vertieft. Im Hauptsacheverfahren wird der Klärung dieser Fragen weiter nachzugehen sein.

Die daher vorzunehmende Abwägung des privaten Interesses der Antragstellerin am weiteren Vertrieb des von ihr (ehemals) angebotenen Produktes und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB ausgesprochenen Verbotes geht zulasten der Antragstellerin. Dem Interesse der Verbraucher, vor nicht sicheren Lebensmitteln geschützt zu werden, ist der Vorrang einzuräumen. Die Antragsgegnerin hat, wie schon das Verwaltungsgericht betonte, zutreffend auf Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sowie Vorsichtsmaßnahmen und Warnungen hingewiesen, die der Verzehr von Klinoptilolith mit sich bringen kann, wie etwa die Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes P. belegt, das Klinoptilolith enthält. Dass Klinoptilolith nicht bereits vor dem 15. Mai 1997 (Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung am 14.5.1997) in nennenswertem Umfang als Nahrungsergänzungsmittelzutat verwendet worden ist und als neuartige Lebensmittelzutat im Sinne der Novel-Food-Verordnung angesehen wird, dokumentiert die Aufnahme des Stoffes in den so genannten Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission. Dieser Umstand ist hier auch im Eilverfahren bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen (s. BVerwG, U. v. 1.3.2012 BVerwG 3 C 15.11, Rn. 26 a. E.). Zulasten der Antragstellerin fällt bei der Interessenabwägung auch ins Gewicht, dass es wohl nicht mehr möglich wäre, die sichergestellten Dosen in der Gemeinschaft weiter zu vertreiben, weil ausweislich des Inhaltes der Behördenakten die Angaben zum Mindesthaltbarkeitsdatum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 7 LMKV) überholt sein dürften und zu prüfen wäre, ob das Produkt der Antragstellerin seine spezifischen Eigenschaften behalten hat (vgl. § 7 Abs. 1 LMKV). Hinzu kommt, dass die Antragstellerin zu erkennen gegeben hat, kein weiteres Produkt mehr vom Hersteller anzufordern, weil „der Artikel nicht gelaufen sei“ (vgl. Bl. 25 der Behördenakte).

Ob der streitgegenständliche Bescheid bei isolierter Betrachtung auch rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig ist aufgrund der nachträglich gegebenen auf § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LFGB i. V. m. § 11 LFGB gestützten Begründung, kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entschieden werden. Einiges deutet darauf hin, dass die Antragsgegnerin insoweit die schutzwürdigen Belange der Antragstellerin nach summarischer Prüfung wohl nicht hinreichend gewichtet hat. Die genauen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitserwägungen müssen aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die Kostentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.