Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 25. März 2014 - 1 K 13.920

bei uns veröffentlicht am25.03.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Dem am ... geborenen Kläger wurde mit Verfügung der OFD N. vom 8. Dezember 2003 Altersteilzeit in Form des Blockmodells ab dem 1. Januar 2004 bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand (Ablauf des 31. Dezember 2013) bewilligt.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 beantragte der Kläger wörtlich „die Altersteilzeit mit dem Erreichen der Antragsaltersgrenze (§ 42 Abs. 4 BBG)“; gleichzeitig beantragte er wörtlich „aus gesundheitlichen Gründen zum Zeitpunkt der Antragsaltersgrenze (§ 42 Abs. 4 BBG) in den Ruhestand treten zu wollen“.

Mit Verfügung der OFD N. vom 13. Januar 2006 wurde daraufhin die Altersteilzeit in dieser Form bewilligt und die Zeiten der Arbeitsphase sowie der Freistellungsphase entsprechend angepasst.

Mit Verfügung der OFD N. vom 11. Dezember 2007 wurde der Kläger zum Ablauf des Monats Dezember 2011 gem. § 42 Abs. 4 Nr. 2 BBG a. F. in den Ruhestand versetzt. Rechtsmittel hiergegen wurden nicht erhoben.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2012 teilte der Kläger unter Vorlage eines Abhilfebescheides des Versorgungsamtes Würzburg vom 16. Februar 2012 und eines Schwerbehindertenausweises mit, dass ihm ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt worden sei. Gleichzeitig bat er um Neuberechnung seiner unter dem 12. Dezember 2011 festgesetzten Versorgungsbezüge. Dies wurde mit Bescheid der BFD Mitte vom 5. März 2013 abgelehnt; der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Die daraufhin erhobene Klage (Az.: W 1 K 13.455) ist im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruhend gestellt.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2013 beantragte der Kläger die Abänderung der Zurruhesetzungsverfügung bzw. des darin festgehaltenen Zurruhesetzungsgrundes dahingehend, dass er nicht gem. § 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BBG a. F., sondern nach § 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BBG a. F. als Schwerbehinderter in den Ruhestand treten wolle. Dieser Antrag wurde mit Schreiben der BFD ... vom 8. August 2013 abgelehnt. Der hiergegen vom Kläger erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der BFD ... vom 18. November 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Begründung wird verwiesen.

Bereits vorher am 12. September 2013 hatte der Kläger Klage erhoben, die zunächst zur Durchführung des Vorverfahrens ruhend gestellt und nach Erlass des Widerspruchsbescheids wieder aufgenommen wurde.

Der Kläger lässt zur Begründung vortragen: Er habe in seinem Antrag vom 20. Dezember 2005 ausdrücklich auf § 42 Abs. 4 des damals gültigen BBG verwiesen. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass er einen Antrag auf Schwerbehinderung gestellt habe; damit sei die Schwerbehinderteneigenschaft zu Unrecht nicht bei der Ruhestandsversetzung berücksichtigt worden. Dem Kläger sei die Rechtsprechung des BVerwG zur Abänderbarkeit von Bescheiden bekannt, er sehe aber seine Fallkonstellation der Entscheidung des OVG Koblenz (Urteil vom 22.09.2011 - 2 A 10665/11) nachgebildet. Der Antrag des Klägers lasse die Auslegung zu, dass er auch einen Antrag auf Ruhestand im Sinne der Nr. 1 des § 42 Abs. 4 BBG gestellt habe.

Der Ruhestandsversetzungsbescheid vom 11. Dezember 2007 sei so früh ergangen, dass die für die Festsetzung relevanten Ereignisse, die während der Ruhensphase der Altersteilzeit noch hätten eintreten können, nicht mehr in die Beurteilung hätten einfließen können. Der Festsetzungsbescheid hätte in zeitlicher Nähe des Ruhestands erfolgen müssen; in diesem Fall hätte der Betroffene auch die Möglichkeit gehabt wegen des laufenden Verfahrens auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft Widerspruch einzulegen. Hingewiesen werde auf § 47 BBG a. F. Mit dem Bescheid über die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft habe sich die Rechtslage geändert und der Kläger hätte gem. § 42 Abs. 4 Nr. 1 BBG in den Ruhestand versetzt werden müssen. Dies gebiete auch der Grundsatz der Gleichbehandlung mit der Verfahrensweise bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Es sei unrichtig, dass der Beklagten das laufende Verfahren zur Anerkennung als Schwerbehinderter nicht bekannt gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 8. August 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Grundbescheid dahingehend abzuändern, dass der Kläger gem. § 42 Abs. 4 Nr. 1 BBG a. F. in den Ruhestand versetzt wurde.

Die BFD ... beantragt für die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Soweit sich der Kläger auf das Urteil des OVG Koblenz berufe, liege diesem ein anderer Sachverhalt zugrunde; dort sei die Ruhestandsversetzung vorrangig mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren zur Anerkennung als Schwerbehinderter beantragt worden und die förmliche Feststellung der Schwerbehinderung zwar nach Eintritt in den Ruhestand, aber noch vor Bestandskraft des Zurruhesetzungsbescheides erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BVerwG seien nach Beginn des Ruhestands weder die Versetzung in den Ruhestand noch der diesbezügliche Grund durch Rücknahme, Widerruf oder ein Wiederaufgreifen des Verfahrens änderbar. Die vorliegend praktizierte Verfahrensweise mit der Aushändigung der Ruhestandsurkunde unmittelbar vor Beginn der Freistellungsphase beruhe auf der bundeseinheitlichen Vorgabe des Bundesministers der Finanzen. Die Dienststelle sei vom Kläger nicht über die Anerkennung einer Behinderung bzw. ein hierzu anhängiges Streitverfahren informiert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten mit der Sitzungsniederschrift, der Gerichtsakten des Verfahrens W 1 K 13.465 sowie der in beiden Verfahren vorgelegten Behördenakten.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die angefochtenen Behördenbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Ruhestandsversetzungsbescheides (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung der angefochtenen Behördenbescheide und dem Vorbringen der Beklagten im Klageverfahren und sieht insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die vom Kläger im Klageverfahren vorgetragenen Tatsachen und Rechtsargumente führen zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung.

Wie auch von Klägerseite zugestanden, kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 25.10.2007, Az. 2 C 22/06, NVwZ-RR 2008, 193 ff.) nach Beginn des Ruhestands weder die Versetzung in den Ruhestand noch der Grund, auf dem sie beruht, durch Widerruf, Rücknahme oder Wiederaufgreifen des Verfahrens i. S. d. §§ 48, 49 oder 51 VwVfG, mithin nach den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes nachträglich geändert werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies zur Vorgängervorschrift des heutigen § 47 Abs. 3 S. 2 BBG mit dem Hinweis entschieden, dass die Bestimmung zum einen dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten dient, zum anderen dem allgemeinen Interesse an der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Damit erweist sie sich als Gegenstück der Ämterstabilität, die aus ähnlichen Gründen den Widerruf und die Rücknahme der Ernennung von den allgemeinen Vorschriften ausnimmt und an spezielle im Gesetz selbst geregelte Voraussetzungen knüpft.

Soweit der Kläger geltend macht, er sehe seine Fallkonstellation in der teilweise abweichenden Entscheidung des OVG Koblenz vom 22. September 2011 - 2 A 10665/111 - nachgebildet, kann dem schon aus tatsächlichen Gründen nicht gefolgt werden. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass gegen die vorgenannte Entscheidung ein Revisionsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht (Az BVerwG 2 C 65.11) anhängig ist.

Schon nach allgemeinen Auslegungsregelungen und vom Empfängerhorizont her spricht nichts dafür, dass sich der vom Kläger in seinem Schreiben vom 20. Dezember 2005 gestellte Antrag auf Ruhestandsversetzung (zumindest auch) auf eine Versetzung in den Ruhestand wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und einer Schwerbehinderung auf der Grundlage des § 42 Abs. 4 Nr. 1 BBG in der damaligen Fassung bezogen hat. Denn der Kläger nimmt ausdrücklich Bezug auf die Antragsaltersgrenze des § 42 Abs. 4 BBG a. F. und als Motiv auf „gesundheitliche Gründe“, ohne in diesem Zusammenhang oder später bis zum Erhalt des Ruhestandsversetzungsbescheides oder dessen Bestandskraft auf ein laufendes Anerkennungsverfahren als Schwerbehinderter zu verweisen. Gerade auch der in diesem Antragsschreiben hergestellte unmittelbare Zusammenhang mit der Abkürzung der vorher bereits bewilligten Altersteilzeit bis zum Erreichen der Antragsaltersgrenze ist ein weiteres Indiz, dass ausschließlich hieran angeknüpft werden sollte.

Dessen ungeachtet unterscheidet sich der vorliegende Fall des Klägers weiterhin deshalb von der in Bezug genommenen Konstellation, als der Ruhestandsversetzungsbescheid vom 11. Dezember 2007 bereits bei Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit ergangen ist und bestandskräftig geworden ist, ohne dass der Kläger seinerzeit Widerspruch unter Hinweis auf ein laufendes Anerkennungsverfahren als Schwerbehinderter eingelegt hat. Hinzu kommt weiterhin, dass auch bei einer etwa später erfolgten Ruhestandsversetzung im unmittelbaren Zeitraum vor dem 31. Dezember 2011 eine Versetzung nur wie beantragt wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze möglich gewesen wäre, da die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers erst mit Bescheid vom 16. Februar 2012 mit Rückwirkung anerkannt worden ist. Allein der Umstand wiederum, dass der Kläger in seinem Fall bei einer zeitnahen Ruhestandsversetzung vor dem 31. Dezember 2011 die Möglichkeit gehabt hätte, das Verfahren mit einem Widerspruch offen zu halten, führt nicht nachträglich zur Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit der unter dem 11. Dezember 2007 durch die OFD N. ergangenen Verfügung.

Im Ergebnis verbleibt es damit dabei, dass die nachträgliche rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ohne Auswirkung auf die antragsgemäß erfolgte Ruhestandsversetzung bleiben muss.

Die Klage ist deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 42 Wirkung eines Wiederaufnahmeverfahrens


(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 47 Verfahren bei Dienstunfähigkeit


(1) Hält die oder der Dienstvorgesetzte die Beamtin oder den Beamten aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig und ist eine anderweitige Verwendung nicht möglich oder liegen die Voraussetzungen für die begrenz

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 2 A 10665/11

bei uns veröffentlicht am 22.09.2011

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz wird der Beklagte unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 30. April 2010 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsb

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(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz wird der Beklagte unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 30. April 2010 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2010 verpflichtet, den Kläger mit Ablauf des 30. April 2010 gemäß § 59 Nr. 2 LBG in den Ruhestand zu versetzen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Auswechselung des Grundes seiner Versetzung in den Ruhestand.

2

Der am ... Mai 1947 geborene Kläger ist Beamter des beklagten Landes. Im Februar 2002 beantragte er die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell „für die Zeit vom 01.05.2003 bis zum Eintritt in den Ruhestand (§ 59 LBG) mit Ablauf des 30.04.2010.“ Ergänzend teilte er mit, er habe beim Amt für soziale Angelegenheiten einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt, über den noch nicht abschließend entschieden sei. Unter dem 28. Januar 2003 bewilligte der Beklagte die Altersteilzeit; diese ende „mit Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze (§ 59 Satz 1 Nr. 2 LBG) mit Ablauf des 30.04.2010.“

3

Beim Kläger wurde zunächst im Jahr 2004 ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt. Aufgrund einer weiteren Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands beantragte er Ende 2008 beim Amt für soziale Angelegenheiten erneut die Anerkennung als Schwerbehinderter. Nach Ablehnung des Antrags im April 2009 und Zurückweisung seines Widerspruchs erhob er im November 2009 Klage vor dem Sozialgericht.

4

Mit Schreiben vom 15. März 2010 bat ihn der Beklagte, den für eine Versetzung in den Ruhestand nach § 59 Nr. 2 Landesbeamtengesetz – LBG – erforderlichen Nachweis der Schwerbehinderung bis spätestens 30. April 2010 vorzulegen, andernfalls die Ruhestandsversetzung antragsgemäß nach § 59 Nr. 1 LBG erfolgen müsse. Unter dem 22. April 2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, das Verfahren vor dem Sozialgericht werde bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand nicht abgeschlossen sein. Daraufhin versetzte ihn der Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2010 gemäß § 59 Nr. 1 LBG in den Ruhestand.

5

In seinem hiergegen eingelegten Widerspruch führte der Kläger aus, ein vom Sozialgericht in Auftrag gegebenes medizinisches Gutachten liege nunmehr vor und bestätige einen Grad der Behinderung von 50. Es sei daher von der Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft auszugehen, die bereits im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts vorgelegen habe. Er dürfe nicht dadurch benachteiligt werden, dass die Anerkennung aufgrund einer Fehlentscheidung des Amtes für soziale Angelegenheiten erst zu einem späten Zeitpunkt erfolgt sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 mit der Begründung zurück, am 30. April 2010 hätten die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung nach § 59 Nr. 2 LBG nicht vorgelegen. Eine nachträgliche sozialgerichtliche Entscheidung könne nicht zu einer Änderung des Bescheides führen, weil dieser gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 LBG nur bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden könne.

6

Mit seiner am 20. September 2010 erhobenen Klage wies der Kläger ergänzend zu seinen vorherigen Ausführungen auf ein zwischenzeitliches Anerkenntnis des Landesamts für Soziales im sozialgerichtlichen Verfahren sowie darauf hin, der Beklagte habe selbst zu erkennen gegeben, er werde eine Ruhestandsversetzung nach § 59 Nr. 2 LBG vornehmen, wenn die Schwerbehinderung zu diesem Zeitpunkt nachgewiesen sei. Im Interesse der materiellen Gerechtigkeit sei auf den tatsächlichen Eintritt der Schwerbehinderung, nicht auf deren erst nachträgliche Anerkennung abzustellen. Sein Fall unterscheide sich zudem durch die fehlende Rechtskraft des Versetzungsbescheides von demjenigen, der einem die Auswechselung des Versetzungsgrundes ablehnenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde lag.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 30. April 2010 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger gemäß § 59 Nr. 2 LBG mit Ablauf des 30. April 2010 in den Ruhestand zu versetzen.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hat ausgeführt, der Kläger habe mit Vollendung des 63. Lebensjahrs unabhängig vom Vorliegen einer Schwerbehinderung in den Ruhestand treten wollen. Weil hierüber bis zum Ruhestandsbeginn keine Anerkennung vorgelegen habe, sei er – der Beklagte – an den ursprünglichen Antrag des Klägers gebunden gewesen. Der anschließende Eintritt in den Ruhestand sei unabdingbare Voraussetzung für die Bewilligung von Altersteilzeit, weshalb ein nachträgliches Hinausschieben der Pensionierung nicht möglich gewesen sei. Diese Rahmenbedingungen seien dem Kläger als vormaligem Personalreferenten bekannt gewesen. In Kenntnis dieser Rechtslage habe er unabhängig von der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft an seinem Antrag festgehalten. Die Differenz der Versorgungsbezüge des Klägers zu denjenigen im Falle einer Ruhestandsversetzung nach § 59 Nr. 2 LBG betrage monatlich 255,82 €.

12

Mit Urteil vom 24. Februar 2011 hat das Verwaltungsgericht Koblenz die Klage abgewiesen. Der Kläger habe seinen Antrag vom 19. Februar 2002 allein auf § 59 Nr. 1 LBG gestützt. Dies ergebe sich aus der beantragten Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell, den in seinem Schreiben genannten Vorschriften sowie aus dem gewählten Zeitpunkt des Ruhestandsbeginns. Bei der Erwähnung des anhängigen Verfahrens auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft habe es sich hingegen um einen bloßen Hinweis gehandelt. An den vom Kläger benannten Versetzungsgrund sei der Beklagte gebunden gewesen, weil der Kläger seinen Antrag nachfolgend weder zurückgenommen noch geändert habe. Stattdessen habe er durch Bestätigung des Termins zur Aushändigung der Versetzungsurkunde bekräftigt, unabhängig von der Schwerbehinderteneigenschaft in den Ruhestand treten zu wollen.

13

Unter dem 24. März 2011 stellte das Amt für soziale Angelegenheiten rückwirkend zum 1. Dezember 2009 beim Kläger einen Grad der Behinderung von 50 fest.

14

In seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, es habe zwischen ihm und dem Beklagten während der Phase der Altersteilzeit viele Kontakte zu der Frage gegeben, ob eine Ruhestandsversetzung nach § 59 Nr. 2 LBG möglich sei. Die Vorschrift erfordere nicht die Anerkennung oder den Nachweis, sondern lediglich das Bestehen einer Schwerbehinderung. Das Verwaltungsgericht habe seinen Antrag zudem zu eng ausgelegt, dieser sei nicht auf § 59 Nr. 1 LBG beschränkt gewesen. Der Grundsatz der Ämterstabilität könne seinem Begehren nicht entgegen gehalten werden, weil die Versetzungsverfügung nicht bestandskräftig geworden sei und deshalb nicht zurückgenommen oder widerrufen werden müsse.

15

Der Kläger beantragt,

16

das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Februar 2011 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 30. April 2010 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger gemäß § 59 Nr. 2 LBG mit Ablauf des 30. April 2010 in den Ruhestand zu versetzen.

17

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie die vorgelegten Verwaltungsakten (4 Hefte) verweisen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

20

Die Berufung hat Erfolg.

21

Der Kläger ist statt wegen Erreichens der vorgezogenen Altersgrenze nach § 59 Nr. 1 LBG gemäß § 59 Nr. 2 LBG wegen Schwerbehinderung in den Ruhestand zu versetzen. Der Bescheid vom 30. April 2010 sowie der Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

22

Gemäß § 59 LBG kann der Beamte ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit auf Antrag in den Ruhestand versetzt werden. Dabei hat er nach Vollendung des 63. Lebensjahres die Wahl, ob er die Versetzung in den Ruhestand auf sein Alter oder auf seine Schwerbehinderung stützt. Vorliegend war der für den Grund der Zurruhesetzung maßgebliche Antrag des Klägers auf eine Pensionierung vorrangig wegen Schwerbehinderung und nur hilfsweise wegen Erreichens des 63. Lebensjahres gerichtet (1.). Weil feststeht, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zurruhesetzung schwerbehindert war, musste ihn der Beklagte nach § 59 Nr. 2 LBG in den Ruhestand versetzen (2.). Der Umstand, dass die Anerkennung der Schwerbehinderung erst nach Ruhestandsbeginn ausgesprochen wurde, steht dem nicht entgegen, weil sie rückwirkend und noch vor Bestandskraft des Bescheides vom 30. April 2010 erfolgte (3.)

23

1. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht angenommen, der Kläger habe die Zurruhesetzung allein nach § 59 Nr. 1 LBG beantragt.

24

Der Inhalt seines Antragsschreibens vom 19. Februar 2002 ist gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen. Danach kann die Erklärung, zum 1. Mai 2010, d. h. mit Vollendung des 63. Lebensjahres, in den Ruhestand treten zu wollen, angesichts des Hinweises auf ein laufendes Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter sinnvollerweise nur so verstanden werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall in den Ruhestand treten wollte, allerdings zur Vermeidung eines Versorgungsabschlags möglichst nach § 59 Nr. 2 LBG und nur für den Fall einer fehlenden Schwerbehinderung nach § 59 Nr. 1 LBG. Gegen eine derartige Verbindung mehrerer Zurruhesetzungsgründe als Haupt- und Hilfsantrag bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. Plog/Wiedow, BBG, § 42 Rn. 18).

25

In diesem Sinne hat auch der Beklagte den Antrag verstanden. Dies ergibt sich sowohl aus einem Aktenvermerk vom 20. Januar 2003 (Bl. 53 der Verwaltungsakte) als auch der Bewilligung der Alterszeit mit Bescheid vom 28. Januar 2003, dem zufolge „[d]ie Altersteilzeit […] vor Erreichen der Altersgrenze (§ 59 Satz 1 Nr.2 LBG) mit Ablauf des 30.04.2010“ endete. Dementsprechend wies der Beklagte den Kläger in seinem Schreiben vom 15. März 2010 (Bl. 69 der Verwaltungsakte) darauf hin, eine Ruhestandsversetzung „gemäß § 59 Satz 1 Nr. 2 LBG“ könne nur nach Vorlage eines entsprechenden Nachweises und müsse andernfalls „gemäß § 59 Satz 1 Nr. 1 LBG“ erfolgen.

26

2. Der Antrag bestimmt den Rechtsgrund, aus dem der Beamte vorzeitig in den Ruhestand treten möchte, und legt damit zugleich – für die Statusbehörde bindend – den Gegenstand der Statusentscheidung fest (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 2 C 22.06 –, NVwZ-RR 2008, 193 [194]). Mit Bescheid des Amtes für soziale Angelegenheiten vom 24. März 2011 wurde festgestellt, dass der Kläger seit dem 1. Dezember 2009 – und damit bereits bei seinem Eintritt in den Ruhestand – schwerbehindert war. Dementsprechend war der Beklagte verpflichtet, den Kläger gemäß § 59 Nr. 2 LBG in den Ruhestand zu versetzen.

27

3. Die Anerkennung der Schwerbehinderung des Klägers erst nach Ruhestandsbeginn führt zu keiner hiervon abweichenden Betrachtung. Vielmehr folgt aus § 59 LBG (a) wie auch aus höherrangigem Recht (b), dass – bei fehlender Bestandskraft des Zurruhesetzungsbescheides – eine nachträgliche, aber rückwirkende Anerkennung als schwerbehindert ebenso zu berücksichtigen ist wie diejenige, die bereits bei Ruhestandsbeginn vorlag. Berechtigte Interessen des Dienstherrn stehen einer solchen Auslegung nicht entgegen (c).

28

a) Gemäß § 59 Nr. 2 LBG kann der Beamte in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden, wenn er schwerbehindert ist. Die Regelung setzt damit schon nach ihrem Wortlaut nicht die förmliche Anerkennung, sondern lediglich das Vorliegen einer Schwerbehinderung voraus. Dies ergibt sich zusätzlich daraus, dass sie den Begriff des Nachweises zwar eingangs hinsichtlich der Dienstunfähigkeit, nicht jedoch in Bezug auf die Schwerbehinderung verwendet.

29

Darüber hinaus soll § 59 Nr. 2 LBG den besonderen Erschwernissen der Betroffenen Rechnung tragen. Diese bestehen jedoch nicht erst aufgrund der förmlichen Anerkennung, sondern bereits infolge der Schwerbehinderung. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift kommt es mithin allein darauf an, dass die Schwerbehinderung des Beamten feststeht, nicht aber darauf, wann diese Feststellung erging.

30

Die Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 3 LBG, der zufolge die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand (nur) bis zum Beginn des Ruhestandes zurückgenommen werden kann, steht der vorgenannten Auslegung nicht entgegen. Sie schließt zunächst lediglich die nachträgliche Aufhebung der Pensionierung durch einseitiges Handeln des Dienstherrn aus und dient damit vorrangig dem Vertrauensschutz des Beamten. Dementsprechend findet sie keine Anwendung, wenn der Beamte selbst – etwa, weil er die Annahme seiner Dienstunfähigkeit bestreitet – seine Zurruhesetzung anficht. Soweit damit auch der Planungssicherheit bzw. dem Vertrauensschutz des Dienstherrn Rechnung getragen werden soll, kann dies nur hinsichtlich des Ausscheidens aus dem aktiven Dienst, nicht jedoch für den Grund hierfür gelten. Insoweit ist die vorübergehende Ungewissheit, die aus der Möglichkeit einer nachträglichen rückwirkenden Anerkennung der Schwerbehinderung folgt, auf die Frage beschränkt, ob die Versorgungsbezüge des Beamten nach § 14 Abs. 3 Beamtenversorgungsgesetz vermindert sind. Sie beschränkt sich folglich auf die finanziellen Folgen der Pensionierung, ohne den Dienstbetrieb zu beeinträchtigen, und geht damit nicht über eine allein finanzielle Unsicherheit hinaus, die mit der Führung eines jeden besoldungs- oder versorgungsrelevanten Rechtsstreits verbunden ist. Aus diesem Grund steht der Berücksichtigungsfähigkeit einer nachträglichen rückwirkenden Anerkennung auch nicht die – gleichfalls im Interesse des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit geltende – grundsätzliche Bedingungsfeindlichkeit statusändernder Akte entgegen.

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b) Hinzu kommt, dass die Vorschriften des Landesbeamtengesetzes keine eigenen Regelungen der Schwerbehinderteneigenschaft enthalten, sondern an diejenigen des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs – SGB IX – anknüpfen. Danach bedarf die Schwerbehinderteneigenschaft keines statusbegründenden Rechtsakts, weshalb der Feststellung der Schwerbehinderung durch Verwaltungsakt keine konstitutive, sondern lediglich eine deklaratorische Bedeutung zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 1988 – 12 RK 44/87 –, juris Rn. 12; Ritz, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 69 Rn. 14). Infolgedessen beschränkt sich die Anerkennung nicht auf den Zeitraum ab dem Erlass des Bescheides, sondern wirkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück. Der Gesetzgeber vermeidet hierdurch nicht zuletzt unvertretbare Folgen in den Fällen, in denen sich die Feststellung der Schwerbehinderung – etwa wegen umfangreicher ärztlicher Begutachtung oder großer Arbeitsbelastung der Sozialbehörden – verzögert und möglicherweise sogar erst im Gerichtsverfahren getroffen werden kann.

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c) Wo es hingegen wegen gegenläufiger – schützenswerter – Interessen Dritter ausnahmsweise nicht auf die Schwerbehinderung, sondern auf ihre förmliche Anerkennung ankommt, hat der Gesetzgeber dies – wie beispielsweise in § 90 Abs. 2a SGB IX – ausdrücklich angeordnet. Das Landesbeamtengesetz enthält jedoch nicht nur – insbesondere in § 59 Nr. 2 und § 62 Abs. 1 Satz 3 LBG – keine derartige Regelung. Für eine Beschränkung des § 59 Nr. 2 LBG auf die im Zeitpunkt der Zurruhesetzung rechtsförmlich anerkannte Schwerbehinderteneigenschaft streiten zudem auch keine schutzwürdigen Belange des Dienstherrn, welche diejenigen des betroffenen Beamten überwiegen.

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Dies wurde hinsichtlich der organisatorischen und finanziellen Planungssicherheit bereits dargelegt, gilt jedoch auch in Bezug auf die praktische Umsetzung einer Berücksichtigung der nachträglichen, aber rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderung. Soweit der Beamte dem Dienstherrn seine Anerkennung als Schwerbehinderter oder ein diesbezügliches laufendes Verfahren nicht mitgeteilt hat, ist dieser schon dadurch hinreichend geschützt, dass der Antrag auf Zurruhesetzung in diesem Fall nicht dahingehend ausgelegt werden kann, er umfasse (auch) eine Pensionierung wegen Schwerbehinderung nach § 59 Nr. 2 LBG. Hat der Beamte hingegen rechtzeitig auf das Verfahren hingewiesen, ist dieses jedoch im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand noch nicht abgeschlossen, hat der Dienstherr dem dadurch Rechnung zu tragen, dass die Pensionierung hinsichtlich ihres Grundes zunächst nur vorläufig – vorbehaltlich einer späteren Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft im laufenden sozialbehördlichen oder -gerichtlichen Verfahren – nach § 59 Nr. 1 LBG ergeht. Ein seinem Wortlaut nach auf § 59 Nr. 2 LBG beschränkter Antrag auf vorzeitige Zurruhesetzung wiederum, der trotz fehlender Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft im Zeitpunkt des gewählten Ruhestandseintritts – bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen des § 59 Nr. 1 LBG – aufrechterhalten wird, ist dahingehend auszulegen, dass er hilfsweise auch auf diesen Zurruhesetzungsgrund gestützt ist. Liegen dessen Voraussetzungen hingegen im Zeitpunkt des gewählten Ruhestandsbeginns nicht vor, ist der Antrag insgesamt abzulehnen.

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Dem Beamten, der bereits vor Anerkennung seiner Schwerbehinderung die vorzeitige Pensionierung beantragt, kann andererseits nicht entgegengehalten werden, mit der Pensionierung nach § 59 Nr. 1 statt nach § 59 Nr. 2 LBG habe sich lediglich das Risiko realisiert, welches er bei Stellung seines – in Verbindung mit der Entscheidung für eine Altersteilzeit unwiderruflichen – Antrags bewusst eingegangen sei. Dem Beamten zurechenbar ist lediglich, wenn sich letztlich herausstellt, dass sein Grad der Behinderung weniger als 50 beträgt, nicht jedoch die zeitliche Verzögerung der förmlichen Feststellung. Mit Ausnahme der – hier gegebenen – Rechtzeitigkeit seines Antrags beim Amt für soziale Angelegenheiten hat der Betroffene keinen Einfluss auf die Dauer des behördlichen und möglicherweise gerichtlichen Anerkennungsverfahrens. Die Höhe seiner Versorgungsbezüge hinge daher von Zufällen wie dem Arbeitsanfall bei Behörden, Gutachtern und Sozialgerichten ab. Dies wäre mit dem Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, Art. 17 Abs. 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz unvereinbar.

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4. Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

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Beschluss

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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 6.139,68 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG)

(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

(1) Hält die oder der Dienstvorgesetzte die Beamtin oder den Beamten aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig und ist eine anderweitige Verwendung nicht möglich oder liegen die Voraussetzungen für die begrenzte Dienstfähigkeit nicht vor, teilt sie oder er der Beamtin oder dem Beamten mit, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt ist. Dabei sind die Gründe für die Versetzung in den Ruhestand anzugeben.

(2) Die Beamtin oder der Beamte kann innerhalb eines Monats Einwendungen erheben. Danach entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde über die Versetzung in den Ruhestand mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die oberste Dienstbehörde kann bestimmen, dass ihre Zustimmung nicht erforderlich ist.

(3) Die Versetzungsverfügung ist der Beamtin oder dem Beamten schriftlich zuzustellen. Sie kann bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden.

(4) Der Ruhestand beginnt mit dem Ende des Monats, in dem die Versetzung in den Ruhestand der Beamtin oder dem Beamten bekannt gegeben worden ist. Zu diesem Zeitpunkt wird die Besoldung einbehalten, die das Ruhegehalt übersteigt.

(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Hält die oder der Dienstvorgesetzte die Beamtin oder den Beamten aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig und ist eine anderweitige Verwendung nicht möglich oder liegen die Voraussetzungen für die begrenzte Dienstfähigkeit nicht vor, teilt sie oder er der Beamtin oder dem Beamten mit, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt ist. Dabei sind die Gründe für die Versetzung in den Ruhestand anzugeben.

(2) Die Beamtin oder der Beamte kann innerhalb eines Monats Einwendungen erheben. Danach entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde über die Versetzung in den Ruhestand mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die oberste Dienstbehörde kann bestimmen, dass ihre Zustimmung nicht erforderlich ist.

(3) Die Versetzungsverfügung ist der Beamtin oder dem Beamten schriftlich zuzustellen. Sie kann bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden.

(4) Der Ruhestand beginnt mit dem Ende des Monats, in dem die Versetzung in den Ruhestand der Beamtin oder dem Beamten bekannt gegeben worden ist. Zu diesem Zeitpunkt wird die Besoldung einbehalten, die das Ruhegehalt übersteigt.

(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.