Verwaltungsgericht Würzburg Gerichtsbescheid, 26. Juni 2017 - W 2 K 17.31807

bei uns veröffentlicht am26.06.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

III. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Der am … 1992 in Masirib/Syrien geborene Kläger, ein staatenloser Palästinenser mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien, wendet sich mit seiner Klage gegen einen Bescheid der Beklagten, in dem sie in Ergänzung zur rechtskräftigen Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig, feststellt, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, ihm die Abschiebung nach Bulgarien androht und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot befristet.

Der Kläger verließ Syrien nach eigenen Angaben am 17. November 2013 und reiste über die sog. Balkan-Route am 17. Juni 2014 in die Bundesrepublik ein, wo er am 7. August 2014 Asyl beantragte. Zuvor war er bereits am 26. März 2014 in Bulgarien als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt worden.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Ziffer 1) und forderte ihn unter Androhung der Abschiebung nach Bulgarien zur Ausreise auf (Ziffer 2). Auf die dagegen gerichtete Klage des Klägers hob das Verwaltungsgericht Würzburg den Bescheid vom 13. Februar 2015 mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2016 in Ziffer 2 auf und wies die Klage im Übrigen ab.

Bei der (erneuten) Anhörung des Klägers (Erst- und Zweitbefragung) am 8. März 2017 gab der Kläger als Gründe gegen eine Überstellung nach Bulgarien an, Bulgarien sei kein sicheres Land. Er sei dort unmenschlich behandelt worden. Dort gebe es keine Arbeitsmöglichkeiten. Es gebe keine Krankenversicherung und keine Unterstützung von den bulgarischen Behörden.

Mit Bescheid vom 13. April 2017 stellte das Bundesamt in Ergänzung zum Bescheid vom 13. Februar 2015 fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 1). Es forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Bulgarien zur Ausreise auf (Ziffer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3). Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Einen Zustellungsnachweis für den Bescheid enthält die Behördenakte nicht.

II.

Mit Schriftsatz vom 25. April 2017, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, ließ der Kläger dagegen erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen: Beim Kläger liege in jedem Fall ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vor. Es wird auf den Bericht von Pro Asyl vom April 2015 Bezug genommen und inhaltlich auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. März 2017 (Az. A 1 K 1937/17) und den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 29. März 2017 (Az. 3 B 198/17) verwiesen.

Der Kläger lässt beantragen,

die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. April 2017 festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 26. April 2017 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Im Verfahren W 2 S. 17.31808 wurde der Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Bulgarien mit Beschluss vom 11. Mai 2017 abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten im Verfahren der Hauptsache wie der Sofortsache, die beigezogene Behördenakte sowie die in das Verfahren einbezogene Erkenntnismittelliste zu Bulgarien Bezug genommen.

Gründe

Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Der Kläger wurden dazu mit Schreiben vom 15. Mai 2017 gehört. Für die Beklagte war – aufgrund der allgemeinen Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 mit Ergänzungen vom 24. März 2016 – eine Anhörung entbehrlich.

Gegenstand der Klage sind Ziffern 1 bis 3 des Bescheides – ausgenommen der Feststellung, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (Ziffer 2 Satz 4). Diese, den Kläger begünstigende Feststellung ist bei verständiger Würdigung schon nicht vom Klageantrag erfasst.

Die Klage ist mit diesem Klagegegenstand zulässig, jedoch zum gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt er gerichtlichen Entscheidung unbegründet.

Der Bescheid ist im verfahrensgegenständlichen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bezüglich Bulgariens, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.

Der Bescheid ist insgesamt formal rechtmäßig. Insbesondere wurden die gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 35 AsylG sowie gemäß § 11 AufenthG i.V.m. § 28 VwVfG notwendigen Anhörungen durchgeführt. Der Kläger hatte Gelegenheit, sich konkret zu einer Rücküberstellung nach Bulgarien zu äußern und hat seine diesbezüglichen Einwendungen auch tatsächlich vorgebracht. Ein Verstoß gegen weitere Verfahrens- oder Formvorschriften ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Ziffer 1 des Bescheides ist rechtmäßig. Es liegen für den Kläger keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor. Bezug zu nehmen ist dabei auf den Zielstaat der Abschiebung, mithin Bulgarien.

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nur abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Im Einklang mit dem im Rahmen des Dublin-Verfahrens anzuwenden Maßstab der systemischen Mängel besteht gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG dann ein Abschiebungshindernis, wenn die Aufnahmebedingungen für anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien so ausgestaltet sind, dass sie gerade für den Personenkreis zu dem der Kläger gehört typischerweise zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führen würden. Als Mitgliedstaat der Europäischen Union unterliegt Bulgarien deren Recht und ist den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards eines gemeinsamen Asylverfahrens verpflichtet, so dass im Sinne des Prinzips des gegenseitigen Vertrauens, grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass die Aufnahmebedingungen für anerkannte Flüchtlinge den Erfordernissen der EU-Grundrechtscharta, der EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention Rechnung entsprechen. Den Wertungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) folgend ist diese Vermutung jedoch dann erschüttert und eine Abschiebung rechtlich unmöglich, wenn wesentliche Gründe für die Annahme bestehen, dass die Aufnahmebedingungen für anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien so ausgestaltet sind, dass sie typischerweise zu einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EU Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK führen.

Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Daraus folgen neben Unterlassungsauch staatliche Schutzpflichten. Eine Verletzung von Schutzpflichten kommt jedoch nur in Betracht, wenn sich die staatlich verantworteten Lebensverhältnisse von international Schutzberechtigten in Bulgarien als unmenschlich oder erniedrigend darstellen (vgl. OVG NW, U.v. 19.5.2016 – 13 A 1490/13.A – juris Rn. 86). Eine staatliche Verantwortlichkeit aus Art. 3 EMRK kann ausnahmsweise dann begründet sein, wenn der Betroffene vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und mit einer behördlichen Gleichgültigkeit konfrontiert ist, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EGMR, U.v. 4.11.2014 – 29217/12, Tarakhel/Schweiz – NVwZ 2015, 127, 129). Demgegenüber ist Art. 3 EMRK nicht dahingehend auszulegen, dass diese Vorschrift die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, U.v. 30.6.2015 – 39350/13, A.S./Schweiz – juris; U.v. 21.1.2011 – 30696/09, M.S.S. /Belgien u. Griechenland – juris). Sofern keine außergewöhnlichen zwingenden humanitären Gründe bestehen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse nach einer Überstellung erheblich verschlechtern würden, unzureichend, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen (EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10, Mohammed Hussein u.a./ Niederlande u. Italien – ZAR 2013, 336 f.). So sieht auch das Unionsrecht für die Ausgestaltung des rechtlichen Status von international Schutzberechtigten lediglich eine Inländergleichbehandlung vor (vgl. Art. 26ff. RL 2011/95/EU).

Unter Berücksichtigung dieser strengen Maßstäbe bestehen zur Überzeugung des Gerichts keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aufnahmebedingungen in Bulgarien für Personen, die dort als international schutzberechtigt anerkannt sind, so defizitär sind, dass es für den Personenkreis der alleinstehenden, gesunden jungen Männer typischerweise zu einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EU Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK kommt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die vorwiegend in Erkenntnisquellen aus dem Jahr 2015 geschilderten Missstände bei den Aufnahmebedingen für anerkannte Schutzberechtigte (vgl. insbesondere die Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015 und von Dr. phil. Ilareva vom 27. August 2015 an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg) jedenfalls teilweise immer noch fortbestehen. Bulgarien verfügt über kein ausdifferenziertes Sozialsystem, sondern ist durch eigenverantwortliches Handeln des Einzelnen geprägt. Daher muss der jeweilige Schutzberechtigte grundsätzlich befähigt sein, sich den schwierigen Bedingungen zu stellen und durch eine hohe Eigeninitiative selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt zu sorgen (VG Düsseldorf, U.v. 14.11.2016 – 12 K 5984/16.A – juris; U.v. 6.4.2016 – 13 K 4468/15.A – juris; VG Magdeburg, U.v. 2.9.2015 – 9 A 399/14 – juris). International Schutzberechtigte sind im Rahmen der Durchsetzung der nach bulgarischem Recht bestehenden Ansprüche auf Unterstützungsleistungen mit erheblichen Hürden konfrontiert (hierzu umfassend OVG Saarl, U.v. 16.11.2016 – 2 A 89/16 – juris). Per Gesetz haben international Schutzberechtigte zwar das Anrecht auf Sozialhilfe unter denselben Bedingungen und nach demselben Verfahren wie bulgarische Staatsbürger. Hierfür bedarf es der Vorlage eines bulgarischen Ausweisdokuments (Ausweiskarte eines international Schutzberechtigten). Zur Beantragung eines derartigen Ausweisdokuments bedarf es insbesondere des Nachweises einer Unterkunft (Dr. phil. Ilareva, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27.8.2015, zu Frage 3). Die Unterkunftssuche ist für international Schutzberechtigte jedoch äußerst problembehaftet. Unterstützung bei der Wohnungssuche erhält nur ein verschwindend geringer Teil der anerkannten Schutzberechtigten (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Stuttgart v. 23.7.2015, zu Frage 2; Dr. phil. Ilareva, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27.8.2015, zu Frage 3). Auch die fehlende Unterstützung des bulgarischen Staates bzgl. des Erwerbs der bulgarischen Sprache bereitet Schwierigkeiten (Dr. phil. Ilareva, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27.8.2015, zu Frage 7). Gleichwohl erscheint es zumutbar, dass nicht besonders vulnerable Personen zur Durchsetzung ihrer Rechte die Unterstützung von Flüchtlingsorganisationen oder eines Rechtsbeistands in Anspruch nehmen (VG Düsseldorf, U.v. 14.11.2016 – 12 K 5984/16.A – juris; umfassend zu den Rechtschutzmöglichkeiten Dr. phil. Ilareva, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27.8.2015, zu Frage 6). Zudem können bestehende Hürden unter Zurhilfenahme der Zivilgesellschaft beseitigt werden. Zur Recht verweist der Bescheid vom 13. April 2017 auf das Engagement von zivilgesellschaftlichen Hilfsorganisationen wie das Rotes Kreuz, die anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien in Form von Begleitung, Beratung und Übersetzung beim Besuch von Ämtern, Krankenhäusern, bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, durch Rechts- und Sozialberatung, Sprachkurse sowie finanzieller Hilfe oder durch die Abgabe von Kleidung, Nahrung und Medikamenten unterstützen (vgl. http://en.redcross.bg/ activities/activities8/rms1.html - Abruf v. 9.5.2017). Auch der Leiter des Caritas Integrationszentrums in Sofia geht zwar von einer meist prekären Lage anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien aus, weist aber darauf hin, dass sich die Lage in Bulgarien aufgrund der gesunkenen Flüchtlingszahlen normalisiert habe. Die Caritas werde vonseiten des Staates unterstützt und als positives Beispiel anerkannt. Die Caritas könne jedoch nur einen kleinen Teil dessen abdecken, was wirklich gebraucht werde (vgl. Caritas Steiermark, Flüchtlinge in Bulgarien: „Die Lebensbedingungen sind prekär“ – Interview mit Ivan Cheressharov/Leiter des St. Anna-Integrations-zentrums in Sofia, 22. März 2017). Nachdem Ende 2013 der letzte nationale Integrationsplan ausgelaufen ist, hat die bulgarische Regierung im August 2016 ein Regelwerk erlassen, das individuelle Integrationsvereinbarungen mit anerkannten Flüchtlingen vorsieht, in denen die Grundversorgung bezüglich Wohnung, Ausbildung, Sprachkurse, Gesundheitsversorgung, Berufsqualifizierung und Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche ausdrücklich benannt und die Verpflichtungen der verantwortlichen Behörden festgehalten werden (US State Department, Human Rights Report 2016, Bulgaria, S. 17). Konkrete Einzelheiten zu den vorgesehen Integrationsvereinbarungen werden in einem Bericht des bulgarischen Finanzministeriums zur Arbeitsmarktintegration sowie zu staatlichen Etatausgaben für die Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen von August 2016 (Arbeitsübersetzung des Bundesamts vom 28. Oktober 2016) aufgeführt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich führt in seinem Länderinformationsblatt vom 18. Mai 2016 im Einzelnen die steuerfinanzierten Leistungen auf, die international Schutzberechtigten in Bulgarien seitens der obligatorischen Krankenversicherung gewährt werden. Wie bulgarische Staatsbürger müssten sie Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von umgerechnet 8,7 Euro monatlich an die Versicherung abführen. Bei Nichtzahlung einer Rate würden anerkannte Schutzberechtigte ihre Rechte auf Krankenversicherung nicht sofort verlieren (vgl. Bundesamt, a.a.O., S. 22). Zudem hat Bulgarien im Dezember 2016 wieder einen Nationalen Integrationsplan beschlossen. Dessen Umsetzung weist jedoch mangels Engagement der lokalen Gebietskörperschaften noch eklatante Defizite (vgl. AIDA 2016 Update: Bulgaria, 6. Februar 2017). Oft fehlt es bei lokalen Entscheidungsträgern an der Bereitschaft, anerkannte Flüchtlinge vor Ort anzusiedeln (vgl. Bodermonitoring Bulgaria, Bericht vom 28. Februar 2017 und 8. März 2017). Die gesellschaftliche Akzeptanz und Toleranz gegenüber Flüchtlingen bleibt weiterhin problematisch (vgl. Amnesty International Report 2016/2017 – The State of the World’s Human Rights – Bulgaria, 22. Februar 2017).

Zutreffend konstatiert das Verwaltungsgericht Schleswig in seinem Urteil vom 9. September 2016 – 10 A 336/16 – juris, jedoch auch, dass es für die „Annahme, nach der auch ohne besonderes Schutzbedürfnis von einer jedem anerkannten Schutzberechtigten drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen wäre, derzeit […] an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten fehle, da nach nahezu allen Berichten und auch nach der Erfahrung des Gerichts anerkannte Schutzberechtigte überhaupt nicht in Bulgarien bleiben wollen und kaum jemals überhaupt versuchen, sich in den dortigen bescheidenen Möglichkeiten eine Existenz aufzubauen.“ Auch das bulgarische Finanzministerium stellt in seinem Bericht von August 2016 (a.a.O.) fest, dass die von der Einbindung anerkannt Schutzberechtigter in den Arbeitsmarkt erwarteten positiven Auswirkungen auf die Budgeteinnahmen wegen des geringen Interesses an den Programmen und Aktionen für die Integration und Beschäftigung von Schutzberechtigten sowie einer weiterhin geringen Effektivität signifikant niedriger sei als der allgemeine Verbrauch an Budgetressourcen.

Insgesamt weisen die jüngeren Erkenntnisquellen auf eine Besserung der Verhältnisse anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien hin, auch wenn die Verhältnisse landesweit unterschiedlich und oft immer noch defizitär sind. Trotz vieler in der Praxis noch bestehender Defizite und lokaler Missstände kann man bei Würdigung der Gesamtumstände jedoch nicht grundsätzlich von einer völligen behördlichen Gleichgültigkeit gegenüber hilfsbedürftigen anerkannten Schutzberechtigten ausgehen. Entscheidend für das Gericht ist dabei auch, dass der UNHCR auch in seinen jüngsten Verlautbarungen, sich zwar beispielsweise über die Zustände in den bulgarischen Aufnahmezentren besorgt gezeigt hat, jedoch kein generelles Absehen von Überstellungen nach Bulgarien empfohlen hat. Seine Empfehlung, bei der Rücküberstellung von Personen, die noch keinen internationalen Schutz zuerkannt bekommen haben, die Einhaltung von Verfahrensrechten individuell zu prüfen, trifft den Antragsteller, der in Bulgarien bereits als Schutzberechtigt anerkannt ist, ebenso wenig wie die ebenfalls beanstandeten Unterbringungsbedingungen von Asylbewerber.

Da der Kläger zum Personenkreis der alleinstehenden, jungen, gesunden Männer zählt und Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit weder vorgetragen noch ersichtlich sind, ist mithin nicht davon auszugehen, dass ihn bei einer Rückkehr nach Bulgarien die dortigen Umstände so hart treffen, dass sie einer unmenschlichen und entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK gleichkommen.

Auch unter Auseinandersetzung mit der vom Kläger zitierten Rechtsprechung schließt sich das Gericht dem Teil der Rechtsprechung an, der nicht generell von einer Verletzung von Art. 3 EMRK bei der Rücküberstellung anerkannter Schutzberechtigter nach Bulgarien ausgeht (siehe statt vieler und teilweise zu Dublin-Rückführungen: OVG Niedersachsen, B.v. 10. März 2017 – 2 ME 63/17 – juris; VG München, B.v. 13.1.2017 – M 1 S. 16.51281 – juris; VGH München, B.v. 15.11.2016 – 13a ZB 16.50064 – juris; VG Düsseldorf, U. 14.11.2016 – 12 K 5984/16.A – juris; VG Berlin, U.v. 10.3.2016 – 23 K 10.16 A – juris; VG Bayreuth, U.v. 9.3.2016 – B 3 K 15.30152 – juris; VG Regensburg, B.v. 23.2.2016 – RN 1 S. 16.50036; VG München, B.v. 15.1.2016 – M 3 S 15.50925 – juris; VG Schleswig-Holstein, U.v. 29.10.2015 – 12 A 286/15 – juris).

Es liegen auch keine Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, nach dem von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden soll, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. In Abgrenzung zu § 60 Abs. 5 AufenthG kommen hier auch einzelfallbezogene Konstellationen in Betracht, die z.B. aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung selbst dann zu einem Abschiebungsverbot führen können, wenn die Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte nicht grundsätzlich an systemischen Mängeln leidet. Solche gerade in der Person des Klägers liegenden zielstaatsbezogenen Umstände liegen jedoch nicht vor. Auch eine Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt nicht in Betracht. Ziffer 1 des Bescheides vom 13. April 2017 ist mithin rechtmäßig.

Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheides ist gemäß § 35 i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG rechtmäßig. Gemäß § 35 AsylG droht das Bundesamt im Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er aufgrund der vorangegangenen Gewährung internationalen Schutzes sicher war. Das ist im Fall des Klägers Bulgarien. Aufgrund der vorangegangen gerichtlichen Aufhebung der Ziffer 2 im Bescheid vom 13. Februar 2015 ist nicht zu beanstanden, dass die Abschiebungsandrohung nicht entsprechend § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden wurde.

Ermessensfehler im Hinblick auf die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger hat weder beim Bundesamt noch vor Gericht ermessensrelevante Belange geltend gemacht. Insbesondere hat er weder nahe Angehörige in Deutschland noch übt er die Personensorge für ein in Deutschland lebendes Kind aus. Auch Ziffer 3 des verfahrensgegenständlichen Bescheids ist mithin rechtmäßig.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO insgesamt abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

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Verwaltungsgericht Würzburg Gerichtsbescheid, 26. Juni 2017 - W 2 K 17.31807 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 35 Abschiebungsandrohung bei Unzulässigkeit des Asylantrags


In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2016 - 13a ZB 16.50064

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Tatbestand 1 Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten mit dem festgestellt wurde, dass ihnen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird. 2 Der am 08.03.1984 gebor

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten mit dem festgestellt wurde, dass ihnen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird.

2

Der am 08.03.1984 geborene Kläger zu 1. sowie seine zwei minderjährigen am 16.06.2008 und 11.11.2009 geborenen Kinder, die Kläger zu 2. und 3. sind, sind ungeklärter Staatsangehörigkeit mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien. Sie reisten gemeinsam mit der syrischen Staatsangehörigen Frau H. H., Ehefrau des Klägers zu 1. (nur nach traditionellem Ritus), Mutter der Kläger zu 2. und 3. und Klägerin im Verfahren 9 A 401/14 MD, aus Bulgarien kommend in das Bundesgebiet ein und stellten am 07.05.2014 einen Asylantrag.

3

Die Kläger haben bereits in Bulgarien ein Asylverfahren durchgeführt. Ihnen und der Klägerin des Verfahrens 9 A 401/14 MD wurde mit Entscheidung vom 31.01.2014 bzw. vom 14.02.2014 der Flüchtlingsstatus durch die bulgarischen Behörden zuerkannt.

4

Beim persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Kläger zu 1. an, am 08.09.2013 sein Herkunftsland verlassen zu haben und über die Türkei kommend nach Bulgarien eingereist zu sein und dort einen Asylantrag gestellt zu haben. Bei seiner Anhörung nach § 25 AsylVfG ergänzt der Kläger zu 1, dass er und seine Familie in Bulgarien anerkannt worden seien und einen Aufenthaltstitel erhalten hätten.

5

Hinsichtlich des Klägers zu 1. erzielte die Beklagte einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 für die Republik Bulgarien am 06.06.2014.

6

Unter Verweis auf den erzielten EURODAC-Treffer richtete die Beklagte am 17.06.2014 ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Bulgarien hinsichtlich des Klägers zu 1. und seiner Familie. Unter dem 17. und 19.06.2014 lehnten die bulgarischen Behörden verweisend auf die bereits erfolgte Flüchtlingsanerkennung die Wiederaufnahme der Kläger nach der Dublin III-VO ab. Es wird unter Angabe der Kontaktdaten mitgeteilt, dass zwecks Rücküberstellung der Kläger die Grenzpolizei/Innenministerium Bulgariens zuständig ist.

7

Mit Bescheid vom 02.10.2014 stellte die Beklagte fest, dass den Klägern kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1.). Sie ordnete zudem die Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2.). Zur Begründung verwies sie aufgrund der Flüchtlingsanerkennung durch die Republik Bulgarien auf Art. 16a GG, §§ 26a, 31 Abs. 4, 34a AsylVfG. Mit Bescheid gleichen Datums hat die Beklagte einen gleichlautenden Bescheid gegenüber der Ehefrau und Mutter der Kläger erlassen, dieser ist Gegenstand des Verfahrens 9 A 401/14 MD.

8

Die Kläger haben am 17.10.2014 Klage beim erkennenden Gericht erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (9 B 400/14 MD) sowie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin … beantragt. Mit Beschluss des Gerichts vom 03.12.2014 ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 02.10.2014 an. Den am 18.08.2015 gestellten Antrag der Beklagten nach § 80 Abs. 7 VwGO lehnte das Gericht mit Beschluss vom 18.08.2015 (9 B 688/15 MD) ab.

9

Am 16.06.2015 wurde das dritte Kind des Klägers zu 1. und der Klägerin des Verfahrens 9 A 401/14 MD (A. H.) geboren.

10

Unter dem 19.06.2015 teilte das Innenministerium Bulgariens (Chief Directorate Border Police) seine Übernahmebereitschaft hinsichtlich der Kläger mit.

11

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass sie sich nach der Zuerkennung des Schutzstatus in Bulgarien selbst überlassen worden seien. Ihnen sei weder eine Unterkunft zur Verfügung gestellt noch Lebensmittel oder sonstige Dinge des täglichen Bedarfs überlassen worden. Der Kläger zu 1. habe keine Arbeitserlaubnis erhalten und es habe auch keine Möglichkeit einer Schulbildung hinsichtlich des Klägers zu 2., der sich in einem schulpflichtigen Alter befände, bestanden. Nur mit der finanziellen Unterstützung ihrer Familienangehörigen in Syrien hätten sie überleben können. Ein selbstbestimmtes Leben sei in Bulgarien nicht möglich, weil ohne Unterstützung des bulgarischen Staats sie vor der Obdachlosigkeit gestanden hätten, und gezwungen gewesen seien, ihre Flucht nach Deutschland fortzusetzen. Die Beklagte sei zum Selbsteintritt nach Art. 17 Dublin III-VO aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens in Bulgarien und der dortigen Aufnahmebedingungen verpflichtet. Die Dublinvorschriften seien anwendbar. Es bestehe die tatsächliche Gefahr, einer unmenschlichen erniedrigen Behandlung in Bulgarien ausgesetzt zu sein.

12

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.09.2014 (2 BvR 1795/14) müssten bei einer grundsätzlich zulässigen Abschiebung Vorkehrung getroffen werden, um diese verantworten zu können. Anders als bei der Abschiebung ins Herkunftsland müsse bei einer Abschiebung in einen Drittstaat berücksichtigt werden, dass ein Ausländer regelmäßig nicht auf verwandtschaftliche Beziehung bzw. ein soziales Netzwerk zurückgreifen könne, so dass die zuständige Behörde bei bestehenden Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung zurückgeführter Ausländer dem angemessen Rechnung zu tragen habe. Kapazitätsengpässe lägen nach der derzeitigen Auskunftslage vor und die Kläger zu 2. und 3. sowie das am 16.06.2015 geborene dritte Kind gehörten einer schutzbedürftigen Personengruppe an, so dass es einer Garantieerklärung der bulgarischen Behörden bedürfe.

13

Neben der Obdachlosigkeit drohe der Mutter der Kläger zu 2. und 3. bzw. Frau des Klägers zu 1. (Klägerin im Verfahren 9 A 401/14 MD) bei Rückkehr nach Bulgarien die Gefahr gesundheitlicher Beeinträchtigung, da eine akute Gefahr einer Suizidalität bestehe. Aus Angst vor ihrer Abschiebung habe sie bereits einen psychischen Zusammenbruch erlitten und habe sich in der Zeit vom 15.10. bis 17.10.2014 – nach Erlass des streitbefangenen Bescheides – in stationärer Behandlung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Fachklinikum Bernburg befunden. Die perspektivische Unsicherheit sei unter psychischen Gesichtspunkten enorm bedenklich.

14

Die Kläger beantragen,

15

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.10.2014 zu verpflichten, über den Asylantrag der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie verteidigt ihren Bescheid und ergänzt, dass die Aufnahmesituation anerkannter Personen in Bulgarien nicht derart schlecht sei, dass von einer Abschiebung abgesehen werden müsse. Punktuelle Engpässe bei der Versorgung und Unterbringung seien hierfür nicht ausreichend. Eine Menschenrechtsverletzung drohe nicht. Dass in Europa die Schutzgewährung mit einem umfassenden Anspruch auf soziale Hilfen – wie in der Bundesrepublik Deutschland – nicht gegeben sei, führe keineswegs zu einem Schutzanspruch in Deutschland. Dass der Mensch grundsätzlich für sich selbst Verantwortung trage und seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern habe, sei in vielen Teilen Europas gelebte Praxis, wie auch im Heimatland der Kläger.

19

Eine ausreichende Lebensgrundlage im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU stehe den Klägern in Bulgarien zur Verfügung. Bei der Beklagten handele es sich nicht um eine „europäische Sozialbehörde“. Die Kläger haben den schutzgewährenden Staat selbstständig verlassen, so dass es ihr eigenes Verschulden sei und es ihnen nunmehr schwer fallen werde, nach ihrer Rückkehr Fuß zu fassen. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehe nicht.

20

Ein Anspruch auf Wohnraum in Bulgarien könne keineswegs durch die Beklagte in konkretes Handeln übersetzt werden. Wieso den Klägern die Anmietung von Wohnraum, übergangsweise einer Pension nicht möglich sein soll, erschließe sich nicht. Immerhin hätten sie unter Aufwendung von tausenden von Euro den Weg in die Bundesrepublik geschafft.

21

Die Beteiligten haben übereinstimmend Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die vorliegenden Erkenntnismittel zur Republik Bulgarien (Stand: Juni 2015) verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

23

I. Die Klage, über die im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat teilweise Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 02.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit in Ziffer 2. die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird. Im Übrigen – Ziffer 1. des Bescheides – begegnet der Bescheid keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch der Kläger auf Neubescheidung ihres Asylbegehrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

24

1. Soweit die Kläger beantragen, dass über ihren Asylantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden ist, ist der Antrag bereits unzulässig. Wegen der insoweit konkreten Formulierung des Klageantrages war das Gericht gehindert, das Begehren der Kläger gemäß § 88 VwGO dahingehend sachdienlich auszulegen, dass sie nur die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 02.10.2014 begehren, was ausreichend wäre, um das Ziel einer Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland zu erreichen (vgl. etwa BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 -; VG Düsseldorf, U. v. 27.6.2014 - 13 K 654/14.A -. m. w. N.; VG Regensburg, U. v. 29.4.2014 - RO 4 K 14.50022 -; U. v. 18.7.2013 - RN 5 K 13.30027 -, alle juris). Die Unzulässigkeit des so anzunehmenden Verpflichtungsbegehrens rührt daraus, dass die – von den Klägern begehrte – Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates eine der Prüfung des Asylantrages vorgelagerte Frage betrifft und deshalb – anders als z. B. im Folgeverfahren – ein „Durchentscheiden“ des Gerichts nicht in Betracht kommt (vgl. dazu OVG Münster, U. v. 07.03 2013 - 1 A 21/12 -; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -; beide juris; OVG LSA, B. v. 02.03.2015 - 4 L 172/14 -). Die Klage unterliegt mithin insoweit der Abweisung.

25

2. Voranzustellen ist darüber hinaus, dass die Kläger – entgegen ihrer Rechtsauffassung – nicht mehr dem Dublin-System, insbesondere nicht den materiellen Regelungen der Dublin II-VO unterfallen. Dass Asylbewerber (noch) dem gesamteuropäischen Dublin-System zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates für die Bearbeitung von Asylanträgen mit all den daraus resultierenden Fristen und Verfahrensgarantien unterliegen könnten, liegt im Wesentlichen die Erwägung zugrunde, dass für sie noch die Dublin II-VO Anwendung findet, von der auch Asylsuchende erfasst werden, die bereits als subsidiär Schutzberechtigte in einem Mitgliedsstaat anerkannt wurden und danach in einen anderen Mitgliedsstaat weiterreisen und dort erneut einen Asylantrag stellen (so auch Bender/ Bethke, „Dublin III“, Asylmagazin 2013, S. 357 ff.), weil für sie die Notwendigkeit der Bestimmung eines zuständigen Mitgliedsstaates (noch) besteht (vgl. hierzu im Einzelnen: VG Magdeburg, U. v. 09.07.2015 – 9 A 216/15 MD –). Denn nach der Dublin II-VO gelten Asylanträge deshalb im Sinne von Artikel 16 Abs. 1 lit. e) Dublin II-VO als abgelehnt, weil diese nach Artikel 2 lit. c) Dublin-II-VO von dem jeweiligen Mitgliedsstaat inhaltlich zwingend als auf die Anerkennung als Konventionsflüchtling gerichtet anzusehen waren (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 – 10 C 6/13 – juris). Zwar haben die Kläger vor dem nach der Überleitungsvorschrift des Art. 49 Dublin III-VO maßgebenden Stichtag am 02.10.2013 ihren Asylantrag in Bulgarien gestellt, so dass die materiellen Regelungen der Dublin II-VO einschlägig wären. Fest steht jedoch auch, dass die Kläger mit Entscheidung der bulgarischen Behörden vom 31.01.2014 bzw. vom 14.02.2014 bereits als Konventionsflüchtlinge und nicht lediglich als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden sind, mithin keine Notwendigkeit mehr besteht, für sie den Mitgliedsstaat zu bestimmen, in dem der Asylantrag (weiter) bearbeitet wird bzw. sie sich nach der Ablehnung des Antrages aufzuhalten haben. Das Asylverfahren der Kläger hat zweifellos seinen Abschluss in Bulgarien gefunden, weil die Kläger nicht mehr erreichen können. Dementsprechend findet (auch) die Dublin II-VO keine Anwendung mehr, mit der Folge, dass sich die Rückführung der Kläger allein nach bilateralen Vorschriften zwischen der Republik Bulgarien und der Bundesrepublik Deutschland richtet.

26

Unterfallen die Kläger damit nicht mehr dem Dublinregime können sie auch nicht mit ihrem Vortrag gehört werden, die Beklagte müsse von ihrem Selbsteintrittsrecht nach den Dublinregelungen Gebrauch machen. Konsequenz der fehlenden Anwendbarkeit der Dublinvorschriften ist zudem, dass die Beklagte nicht zu prüfen hat, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufweist. Denn der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rdnr. 78 f., 84 ff. und 94; VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

27

3. Ziffer 1. des streitbefangenen Bescheides, mit der festgestellt wird, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken und ist so zu verstehen bzw. nach § 47 VwVfG umzudeuten, dass der von den Klägern gestellte Asylantrag unzulässig ist.

28

Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn der Asylbewerber – wie hier – bereits einen Schutzstatus im Schutzraum erlangt hat. Dies folgt aus § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG (vgl. BVerwG, U. v. 17.06.2014 – 10 C 7/13 – juris, Rdnr. 28 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu aus:

29

„…Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).

30

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG)…“

31

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, wie entsprechende Asylanträge durch die Beklagte rechtlich zu behandeln sind, eine Bezugnahme auf § 26a AsylVfG erfolgt nicht (so auch Bay VGH, B. v. 16.06.2015 – 20 B 15.50058 – juris; Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148 ff.).

32

Eines Rückgriffs auf § 26a AsylVfG bedarf es nach Auffassung des Gerichts nicht, zumal bereits fraglich ist, ob der Anwendungsbereich der Norm auf die vorliegende Fallgestaltung, dass der Asylbewerber bereits in einem sicheren Drittstaat Flüchtlingsanerkennung erlangt hat, eröffnet ist. In der Rechtsprechung wird zwar die Anwendbarkeit mit der Begründung vertreten, dass das Konzept sicherer Drittstaaten auf dem Gedanken beruht, dass in Deutschland keine Schutzbedürftigkeit besitzt, wer in einem sicheren Drittstaat Schutz hätte finden können. Diese Schutzbedürftigkeit fehlt danach erst recht, wenn der Asylbewerber nicht nur Schutz hätte finden können, sondern sogar Schutz gefunden hat. Der Umstand, dass es Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG für das Entfallen der Schutzbedürftigkeit ausreichen lässt, dass der Asylbewerber im sicheren Drittstaat die Gelegenheit hatte, Schutz zu erlangen, ungeachtet dessen, ob diese Gelegenheit genutzt wurde, kann daher kein Grund sein, den Anwendungsbereich des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG entgegen Wortlaut und Sinn auf Fälle zu beschränken, in denen der sichere Drittstaat keinen internationalen Schutz gewährt hat (vgl. OVG NRW, B. v. 11.05.2015 – 14 A 926/15.A – juris). Dem gegenüber ist zu konstatieren, dass dieses Konzept, das durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer-, und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 (BGBl. I, S. 1062ff.) Eingang in das Asylverfahrensgesetz gefunden hat, nach dem Willen des Gesetzgebers für noch nicht Schutzberechtigte entwickelt wurde (vgl. BT-Drs. 12/4450 S. 20). In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es:

33

"Satz 1 normiert in Übereinstimmung mit Artikel 16 a Abs. 2 GG den Grundsatz, daß sich derjenige nicht auf Artikel 16a Abs. 1 GG berufen kann, der aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist. Satz 2 stellt klar, daß dieser Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. Die Regelung beruht darauf, daß ein vor politischer Verfolgung Flüchtender in dem ersten Staat um Schutz nachsuchen muß, in dem ihm dies möglich ist. Außerdem muß es dem Ausländer möglich sein, nach Rückkehr in den sicheren Drittstaat, über den er eingereist ist, ein dort eingeleitetes Verfahren auf Schutzgewährung zu Ende zu führen oder ein noch nicht gestelltes Schutzersuchen nachzuholen."

34

Der Gesetzgeber hatte also erkennbar nur Asylsuchende im Blick, für die entweder ein Asylverfahren im Drittstaat bereits eingeleitet oder für die dieses noch durchzuführen ist (zur verneinten Anwendung der Drittstaatenregelung: vgl. im Einzelnen: Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148, 151¸ auch BVerwG, U. v. 17.06.2014 – a.a.O.). Es handelt sich nur um ein Instrumentarium, das gewissermaßen ein „abdrängendes“ Zuständigkeitsregime enthält, was in Art. 16a Abs. 5 GG zum Ausdruck kommt (vgl. im Einzelnen: Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148, 151). Durch die Überlagerung des durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970ff.) eingefügten § 27a AsylVfG und die fortgesetzte Erweiterung der Europäischen Union sind jedoch die vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Anwendungsfälle der Regelung weitestgehend entzogen worden. Für eine analoge Anwendung der Norm des § 26a AsylVfG – auch vor dem Hintergrund der damit im Zusammenhang stehenden Folgen, wie des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG – besteht davon ausgehend, dass nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG der Asylantrag bereits unzulässig ist, kein Anlass, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

35

Die Voraussetzung des § 47 VwVfG liegen vor. Nach Absatz 1 der Vorschrift kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenen Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für den Erlass vorliegen. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass das Dublinsystem nicht mehr greift und den Klägern kein Asylrecht wegen bestehenden Flüchtlingsstatus zusteht, so dass trotz der Bezugnahme auf § 26a AsylVfG hierin die Entscheidung zu erblicken ist, dass der Asylantrag unzulässig ist. Eine Umdeutung ist auch nicht nach § 47 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen, insbesondere sind die damit einhergehenden Rechtsfolgen weder ungünstiger für die Kläger noch widerspricht die Umdeutung der erkennbaren Absicht der erlassenen Behörde. Letzteres insbesondere deshalb nicht, weil gerichtsbekannt ist, dass die Beklagte in ihrer Tenorierungs- und Entscheidungspraxis unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bei Personen die internationalen Schutz in einem sicheren Drittstaat erlangt haben, solche Asylanträge nunmehr regelmäßig als unzulässig ablehnt und sodann mit einer Abschiebungsandrohung und nicht etwa Abschiebungsanordnung versieht.

36

4. Die in Ziffer 2. des streitbefangenen Bescheides getroffene Abschiebungsanordnung ist jedoch rechtswidrig.

37

4.1. Ausgehend davon, dass nach Auffassung des Gerichts kein Fall des § 26a AsylVfG vorliegt, ist bereits der Weg einer Entscheidung nach § 31 Abs. 4 AsylVfG sowie hierauf aufbauend der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht eröffnet (vgl. Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148, 151, a. A.: „Erstrechtschluss“ OVG NRW, a.a.O.), so dass allein der Erlass einer Abschiebungsandrohung – was auch der seit Januar 2015 gerichtsbekannten regelmäßigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht – hier statthaft gewesen wäre.

38

4.2. Selbst wenn man der Auffassung des erkennenden Gerichts nicht folgen sollte und mit dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (vgl. oben) und der wohl überwiegenden Rechtsprechung (vgl. VG Berlin, U. v. 04.06.2015 – 23 K 906.14 A –; VG des Saarlandes, U. v. 04.08.2015 – 3 K 1955/14 –; VG Düsseldorf, U. v. 29.06.2015 – 13 K 3215/15.A –; alle juris ) davon ausgeht, dass die Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG anwendbar ist, mit der Folge, dass die Beklagte dem Grunde nach berechtigt ist, eine Abschiebungsanordnung zu erlassen, wäre eine Abschiebung der Kläger angesichts des Umstandes, dass sie gemeinsam mit der nach religiösen Ritus verheirateten Ehefrau und Mutter – Klägerin des Verfahrens 9 A 401/14 MD – und des am 16.06.2015 geborenen dritten Kindes einer schutzbedürftigen Personengruppe angehören, derzeit nicht möglich.

39

4.2.1. Vorauszuschicken ist hierbei, dass die „sichere Drittstaatenregelung“ des § 26a AsylVfG in Entsprechung des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93) bzw. des unionsrechtlichen Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) von der Annahme getragen wird, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen, mit der Folge, dass unter diesen Bedingungen die - freilich widerlegbare - Vermutung gilt, die Behandlung der Kläger als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten (zustimmend: VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris; a.A. Marx, Spontane Binnenwanderung international Schutzberechtigter in der Union, InfAuslR 2014, 227 ff.).

40

Nach der aktuellen Auskunftslage (zuletzt Bericht von ProAsyl, „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“, April 2015) bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verhältnisse in Bulgarien – mit Ausnahme solcher für besonders schutzbedürftige Personengruppen (vgl. Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95 (EU)) – hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz zurückbleiben, mithin tatsächlich die Gefahr besteht, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung ausgesetzt sind, so dass dies einer Abschiebung nicht entgegengehalten werden kann.

41

Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien die Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung nicht beachten wird, sind vorliegend weder ersichtlich noch werden sie von den Klägern behauptet.

42

Für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nichts ersichtlich. Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu (VG Düsseldorf, B. v. 17.07. 2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

43

Im Hinblick auf Bulgarien ist zwar festzustellen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und einem international Schutzberechtigten müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten (vgl. zum Schutzumfang: VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 – juris). Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht.

44

Dabei geht das Gericht von folgenden Erkenntnissen in Bulgarien aus: Der UNHCR schildert in seinem Bericht "Current Situation of Asylum in Bulgaria" Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien (vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7.). So bestünde eine bis zu zweimonatige Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem - wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch - einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von dem indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht umfasst seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an angemessenen und bezahlbaren Unterkünften, was eine Integration erschwere. Ohne externe Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Unterkünften seien die Statusinhaber auf die weitere Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen angewiesen, wo sie kaum Möglichkeit zur Integration in die bulgarische Gesellschaft hätten. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig. Zwar hätten die Statusinhaber – wie Asylsuchende – unter 18 Jahren nach bulgarischem Recht im gleichen Maße Zugang zu Bildung wie bulgarische Staatsbürger. Voraussetzung für den Antritt des Schulbesuchs sei jedoch die erfolgreiche Teilnahme an einem SAR-Sprachkurs, der nur in einer Aufnahmeeinrichtung vorgehalten werde. In den übrigen Einrichtungen würden informelle Sprachkursen erteilt, die vom UNHCR finanziert und von der Caritas durchgeführt würden. Deren Anerkennung sei derzeit noch nicht sichergestellt.

45

Die Darstellungen des UNHCR decken sich im Wesentlichen mit dem neuesten Bericht von ProAsyl vom April 2015 (s.o.), wobei jedoch durch ProAsyl Schluss gezogen wird, dass kein anerkannter Flüchtling in Bulgarien eine reelle Chance habe, sich ein Existenzminimum zu schaffen, was dazu führe, dass eine Rückführung von Personen, die in Bulgarien einen Status erhalten haben, gegen Art. 3 EMRK verstoße. ProAsyl führt im Einzelnen aus, dass es für einen Schutzberechtigten fast unmöglich sei, eine gesicherte Unterkunft zu finden, da es an Unterstützung mangele. In kommunalen Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen könnten sie keine Unterkunft finden, da dies voraussetze, dass sie die bulgarische Staatbürgerschaft besitzen und über einen gewissen Zeitraum bereits in der Gemeinde gemeldet gewesen seien. Die danach einzig verbleibende Option sei, über Landsleute, Freunde oder Makler eine Wohnung zu suchen. Diese prekäre Situation mache sie häufig zu Opfern von Betrug und Ausbeutung, da der Mietpreis meist auf das Doppelte oder Dreifache ansteige. Ohne finanzielle Unterstützung bleibe häufig die Obdachlosigkeit. Zwar könnten die Schutzberechtigten ausnahmsweise maximal sechs Monate nach Erlangung des Status in den Flüchtlingsunterkünften verbleiben, verbessere sich jedoch nicht die finanzielle Situation, sei dies nur eine „Gnadenfrist“. Angesichts dessen, dass derzeit kein nationales Integrationsprogramm bestehe, sei es praktisch unmöglich, soziale Rechte wahrzunehmen. Ohne Sprachkenntnisse und unterstützende Sozialarbeiter werde die Situation erschwert. Es sei zwar die ambitionierte Integrationsstrategie 2014 – 2020 aufgelegt worden, allerdings fehle es an der konkreten Umsetzung und Finanzierung. Mangels Meldeadresse scheide auch eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt aus, die zusätzlich durch fehlende Sprachkenntnisse und Dokumentation der beruflichen Qualifikation der Schutzberechtigten erschwert werde. Diese führe dazu, dass Schutzberechtigte häufig ohne Arbeitsvertrag zu einem Lohnniveau beschäftigt würden, dass sie weiterhin in einer existenzbedrohenden Armut leben müssten. Seit 2015 biete nur noch die Caritas Bulgariens finanziert durch den UNHCR Sprachkurse an, wobei das Angebot/die Kapazität vor dem Hintergrund der Anzahl der Schutzberechtigten völlig unzureichend sei. Ähnliches gelte für den Zugang zum bulgarischen Bildungssystem, die große Mehrheit minderjähriger Schutzberechtigter besuche die Schule faktisch nicht, da die Aufnahme die Ablegung eines Eignungstest voraussetze. Zum Zugang zur medizinischen Versorgung ergänzt ProAsyl, dass Voraussetzung sei, dass der selbst versicherte Schutzberechtigte auf einer „Patientenliste“ eines Hausarztes eingetragen sein müsse, um behandelt zu werden bzw. Rezepte und Überweisungen zu erhalten. Dies gestalte sich vor dem Hintergrund, dass Ärzte mit freien Listenplätzen oft nicht willens seien, diese aufnehmen, schwierig. Hierbei spielten Vorbehalte und Vorurteile eine Rolle, aber auch Erfahrungen mit der Weiterwanderung der Schutzberechtigten, da eine Streichung von der „Patientenliste“ einen erheblichen administrativen Aufwand mit sich bringe.

46

Zur Überzeugung des Gerichts lassen die aufgezeigten Defizite jedoch noch nicht den Schluss zu, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im oben genannten Sinne vorliegt. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, U. v. 21.01.2011 - 30969/09 -, juris dort Rdnr. 249); auch reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 02.04.2013 - 27725/10 -, juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 15.04.2013 - 17 L 660/13.A -, juris Rn. 43, m.w.N.; VG Düsseldorf, B. v. 04.11.2014 – 17 L 2342/14.A –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 29.01.2015 – 14 A 134/15.A). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebensstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (zu Italien: VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris, m.w.N.). Dass einem anerkannten Flüchtling in Bulgarien hinsichtlich Aufenthalts, Freizügigkeit, Unterkunft, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung nicht dieselben Rechte wie bulgarischen Staatsangehörigen zustehen, ist nicht ersichtlich (so bereits VG Magdeburg, B. v. 03.12.2014 – 9 B 400/14 –, juris). Bulgarien verfügt – im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland – über kein ausdifferenziertes Sozialsystem, sondern ist durch eigenverantwortliches Verhalten eines jeden Einzelnen geprägt. Dementsprechend muss verlangt werden, dass der jeweilige Schutzberechtigte grundsätzlich Willens und in der Lage ist, sich den unbestreitbar schwierigen Bedingungen zu stellen und durch eine hohe Eigeninitiative seine Integration herbeizuführen, obgleich dies in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich einfacher wäre. Nur dadurch kann der Eingliederungsprozess gelingen. Dabei ist er gehalten, seine sich nach den vorbezeichneten Vorschriften aufzeigenden Rechte selbstständig wahrzunehmen und durchzusetzen. Hilfe hierbei können die in Bugarien tätigen Flüchtlingsorganisationen und das sich bei der Rückkehr entwickelnde soziale Umfeld bieten. Ein alleinstehender Schutzberechtigter, ohne gesundheitliche Defizite, der nicht dem Personenkreis des Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU angehört, hat sich dem schwierigen Integrationsprozess in Bulgarien zu stellen und diesen eigenverantwortlich zu fördern.

47

4.2.2. Die Kläger gehören jedoch einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe an, was dem Erlass der in Ziffer 2. des streitbefangenen Bescheids verfügten Abschiebungsanordnung entgegensteht. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen (4.2.1.) kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person des Ausländers liegenden Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von der Überstellung in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob der Ausländer eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist, wonach die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Kapitels VII (Art. 20 bis 35 Richtlinie 2011/95/EU) die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, zu berücksichtigen haben und der Ausländer nach einer Einzelfallprüfung (Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU) entsprechend einzustufen ist (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris). Vergleichbares ergibt sich auch nach Art. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger – Richtlinie 2008/115/EG –, wonach bei der Umsetzung der Richtlinie die Mitgliedstaaten in gebührender Weise das Wohl des Kindes (lit. a), die familiären Bedingungen (lit. b), den Gesundheitszustand der betreffenden Drittstaatsangehörigen (lit. c) zu berücksichtigen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip) einzuhalten haben.

48

Beim Erlass der Abschiebungsanordnung hat die Beklagte nicht im Sinne von § 34a Abs. 1 AsylVfG berücksichtigt, dass der mittlerweile siebenjährige Kläger zu 2., der fünfjährige Kläger zu 3. sowie das am 16.06.2015 und damit im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens geborene dritte Kind des Klägers zu 1. und der Klägerin im Verfahren 9 A 401/14 MD als Minderjährige einer schutzbedürftigen Personengruppe nach § 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU bzw. Art. 5 lit. a und b Richtlinie 2008/115/EG angehören und nach der aktuellen Auskunftslage (s.o. UNHCR-Bericht von April 2014), die auch durch den Bericht von ProAsyl vom April 2015 ihre erneute Bestätigung gefunden hat, greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine gesicherte Unterkunft der Familie bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien nicht zur Verfügung steht.

49

Das Bundesverfassungsgericht hat im Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014 (2 BvR 1795/14, juris) klargestellt, dass auch bei bereits Schutzberechtigten bei der Rückführung in sichere Drittstaaten zu beachten ist, dass diese – anders als bei ihrer Rückführung in ihr Heimatland – regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen können. Bestehen jedoch aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen. Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat die Beklagte angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkte der Familieneinheit und des Kindeswohls (vgl. etwa Erwägungsgrund 22 und Art. 14 Abs. 1 lit. a und b, Art. 5 Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe (wenigstens) eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014, a.a.O.). Das erkennende Gericht geht darüber hinaus davon aus, dass eine Abstimmung mit den Behörden des Zielstaates nicht nur bei Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern, sondern auch bei Familien mit Kindern jedenfalls bis zum Alter von 12 Jahren notwendig ist. Denn auch diese Altersgruppe ist im besonderen Maße auf ihre Eltern angewiesen und besitzt nicht die notwendige körperliche und persönliche Reife, die eine andere Sichtweise rechtfertigen würde.

50

Dies vor dem Hintergrund der nach der aktuellen Auskunftslage bestehenden Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung von Schutzberechtigten in Bulgarien zugrunde gelegt (siehe obige Ausführungen unter 4.2.1.), hat die Beklagte in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden Vorkehrungen für die Rückkehr der Familie zu treffen, die eine gesicherte Unterkunft einschließen. Dies ist bisher nicht geschehen. Das bisherige Vorbringen der Beklagten zugrunde gelegt, ist nicht erkennbar, dass sie bereits geeignete Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden eingeleitet hat, zumal sie sich der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personengruppe nicht hinreichend bewusst ist. Zwar hat die Beklagte über das Bundespolizeipräsidium in Koblenz unter dem 19.06.2015 eine Übernahmeerklärung der bulgarischen Behörden unter Verweis auf das hier für die Rückübernahme maßgebende bilaterale deutsch-bulgarische Abkommen über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rücknahmeabkommen) vom 07.03.2006 (BGBl. 2006 Teil II Nr. 8 Seite 259 ff.) erhalten und dem Gericht vorgelegt. Diese schließt jedoch weder das am 16.06.2015 geborene dritte Kind ein noch sind darin Ausführungen über die Unterbringung der Familie nach ihrer Rückkehr nach Bulgarien enthalten. Allein der Umstand, dass hinsichtlich der Kläger zu 2. und 3. den bulgarischen Behörden das Geburtsdatum, mithin deren Minderjährigkeit bekannt ist, genügt nach Auffassung des Gerichts nicht. Es bedarf darüber hinaus einer ausdrücklichen Erklärung, dass die gemeinsame Unterbringung der Familie nach der Rückkehr nach Bulgarien sichergestellt ist. Erst dann stehen dem Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG deshalb keine Rechtsgründe mehr entgegen, weil (nur) dann die Abschiebung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht alsbald (sobald i. S. des Gesetzes) möglich ist (vgl. OVG LSA, B. v. 03.09.2014 – 2 M 68/14 – juris).

51

Gleiches gilt, soweit nach der Auskunftslage Überwiegendes dafür spricht, dass den minderjährigen – schulpflichtigen bzw. in Kürze schulpflichtigen – Klägern zu 2. und 3. ein Zugang zur Bildung verwehrt bleibt, wenn ihre Teilnahmemöglichkeit an einem anerkannten Sprachkurs nicht sichergestellt wird. Allein die (erfolgreiche) Teilnahme an einem Sprachkurs ermöglicht schulpflichtigen Ausländern den Zugang zum bulgarischen Schulsystem (siehe obige Ausführungen unter 4.2.1.). Angesichts der unbestreitbar fehlenden Kapazitäten, dem Umstand, dass nicht ersichtlich ist, dass diese Integrationsvoraussetzung – nämlich die Möglichkeit des Erlangens der Sprachbefähigung für minderjährige Schutzberechtigte – zeitnah durch die Republik Bulgarien umgesetzt wird, und dem damit (derzeit) fehlenden Zugang zur Bildung, ist gleichsam eine Überstellung der Kläger ausgeschlossen. Auch insoweit bedarf es einer Garantieerklärung der bulgarischen Behörden, aus der sich jedenfalls ergibt, dass den Klägern zu 2. und 3. die Teilnahme an einem zertifizierten Sprachkurs ermöglicht wird oder aber auch ohne diese Teilnahme, der Zugang zum bulgarischen Schulsystem eröffnet ist.

52

5. Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass – nach der hier vertretenen Rechtsauffassung – der Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylVfG als solches das richtige Instrumentarium zur Rückführung der international Schutzberechtigter darstellt, wobei die obigen Erwägungen unter § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu verorten wären und bei besonders schutzbedürftigen, sog. vulnerablen Personen zu einem Abschiebungshindernis führen können, weil diese dem Erlass einer Abschiebungsandrohung wegen § 34 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 3 AsylVfG entgegen stehen würde.

53

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

54

III. Die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf §§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO.


Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 31. August 2016 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob in Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorliegen“. Dies sei in der verwaltungsgerichtlichen Praxis umstritten. Die Verwaltungsgerichte Minden (U. v. 21.9.2016 - 3 K 2346/15.A - juris), Köln (B. v. 22.8.2016 - 18 L 1868/16.A - juris) und Freiburg (U. v. 4.2.2016 - A 6 K 1356/14 - Asylmagazin 2016, 120 = juris) hätten festgestellt, dass entsprechende Mängel vorlägen.

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist allerdings geklärt, dass das bulgarische Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen nicht an systemischen Schwachstellen leiden (BayVGH, U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50038 - juris und 13a B 14.50039 - AuAS 2015, 104). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass nach den grundlegenden Veränderungen im Jahr 2014 eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nach Bulgarien nicht mehr ernsthaft zu befürchten ist. Auch wenn noch in bestimmten Bereichen Schwächen vorhanden und nicht alle gesetzlich vorgesehenen Änderungen vollständig umgesetzt sind, vermögen punktuelle Defizite nicht die Mangelhaftigkeit des Gesamtsystems zu begründen.

Das Verwaltungsgericht hat sich auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gestützt und zahlreiche weitere aktuelle Erkenntnismittel ausgewertet. Es ist nach einer Gesamtwürdigung zur Auffassung gelangt, dass die noch bestehenden Mängel des Asyl- und Aufnahmesystems in Bulgarien nicht die Qualität systemischer Mängel erreichten (UA S. 16). Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig seien, sei darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangierten. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er wendet vielmehr nur pauschal ein, ob systemische Mängel vorlägen, sei in der verwaltungsgerichtlichen Praxis umstritten. Aus welchem Grund die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs keine Geltung mehr beanspruchen sollte, bleibt offen. Der Hinweis auf gegenteilige Entscheidungen einzelner Verwaltungsgerichte bietet keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Bewertung einzutreten (vgl. hierzu auch OVG NRW, B. v. 31.10.2016 - 11 A 1096/16.A - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der 1981 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger und kurdischer Volkzugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 10. bzw. 12.08.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23.10.2014 einen Asylantrag.

Beim Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 23.10.2014 gab der Kläger an, er habe am 25.07.2011 Syrien verlassen, sich ca. zwei Jahre in verschiedenen Städten in der Türkei aufgehalten und sei dann am 05.11.2013 nach Bulgarien gegangen, wo er ungefähr 11 Monate geblieben sei. Am 10.08.2014 sei er mit dem Zug über Rumänien, Ungarn und Österreich nach Deutschland gefahren. In Bulgarien habe er Asyl beantragt und im Februar 2014 auch zuerkannt bekommen, er habe in Karmali in Bulgarien gelebt. Er wolle nicht nach Bulgarien zurück, weil sie ihn sehr schlecht behandelt hätten, sie hätten ihn eingesperrt. Dort habe es keine Leistungen gegeben (Beiakt I S. 14/15).

Gegenüber der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern hatte der Kläger am 27.08.2014 angegeben, er habe sich vom 06.01.2013 bis 10.08.2014 in Bulgarien aufgehalten und sei dort als Asylberechtigter anerkannt worden. Er sei legal mit bulgarischem Reisedokument vom Hauptbahnhof Sofia mit dem Zug über Bukarest, Budapest und Österreich nach München gefahren. Er habe das bulgarische Reisedokument in Zirndorf verbrannt.

Aufgrund eines Eurodac-Treffers der Kategorie 1 für Bulgarien wandte sich die Beklagte am 13.11.2014 an Bulgarien und bat um Übernahme des Asylverfahrens des Klägers.

Bulgarien teilte daraufhin mit (Beiakt I S. 127), dass der Kläger in Bulgarien am 16.04.2014 den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen habe und dass er deshalb nach den Dublin-III-Regeln nicht mehr zurückgenommen werden könne. Die Übernahme des Klägers müsse nach den Regeln des Rückübernahmeabkommens erfolgen. Es werde gebeten, dass Innenministerium in Sofia (Kontaktdaten im Detail anbei) zu kontaktieren.

Mit Schreiben vom 13.02.2015 zeigte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers an und teilte mit, der Kläger befinde sich in ärztlicher Behandlung (Arztberichte, Beiakt I S. 135 bis 146 in Anhang).

Mit Bescheid vom 18.02.2015 wurde der Antrag als unzulässig abgelehnt (1). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen. Bei Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung nach Bulgarien angedroht. Weiterhin wurde festgestellt, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (2).

Zur Begründung wird insbesondere angeführt, der Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens sei unzulässig, da der Kläger in Bulgarien bereits internationalen Schutz erhalten habe. Es obliege dem Kläger unter Anlegung eines strengen Maßstabs, die Umstände darzulegen, aus denen sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdränge, dass er von einem im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen sei. Maßgeblich für die Annahme eines Ausnahmefalls, der einer Verweisung auf einen sicheren Drittstaat entgegenstehen könne, sei, ob gerade der betreffende Antragsteller tatsächlich Gefahr laufe, von einem im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen zu sein. Die Angaben des Klägers im persönlichen Gespräch vom 23.10.2014 genügten dafür nicht.

Da der Kläger in einen sicheren Drittstaat abgeschoben werden solle, ordne das Bundesamt nach § 34a AsylG grundsätzlich die Abschiebung an. Eine Abschiebungsandrohung sei allerdings ebenfalls zulässig, da es sich hierbei um das mildere Mittel handele.

Der Bescheid wurde als Einschreiben am 02.03.2015 zur Post gegeben.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 06.03.2015 (eingegangen bei Gericht am 09.03.2015) erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte,

den Ablehnungsbescheid vom 18.02.2015, abgesandt am 02.03.2015 und damit zugestellt am 05.03.2015, aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger als Flüchtling anerkannt wird und in seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt,

hilfsweise festzustellen,

dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Der gleichzeitig gestellte Eilantrag (B 3 S 15.30151) wurde auf richterlichen Hinweis hin zurückgenommen und das Eilverfahren eingestellt.

Zur Begründung der Klage wurde insbesondere vorgetragen, es lägen Umstände vor, die die Zuständigkeit Bulgariens in Durchbrechung des Systems der Bestimmung der Dublin-Verordnung entfallen ließen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Bulgarien Asylbewerber und Asylanten gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04.11.1950 ordnungsgemäß Schutz gewähre. In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sei derzeit keine einheitliche Rechtsprechung erkennbar.

Darüber hinaus leide der Kläger unter den Auswirkungen von Misshandlungen in Syrien vor seiner Flucht. Eine medizinische Behandlung sei in Deutschland begonnen und entsprechende Gutachten eingereicht worden. Danach sei eine Behandlung äußerst dringend geboten. Nach einem vorliegenden Attest solle Mitte April 2015 eine Operation stattfinden. Mit Schriftsatz vom 13.03.2015 wurde dem Gericht ein Bericht über die therapeutische Arbeit des Büros für systematische Beratung, Praxis für Traumatherapie, Karlsruhe, vorgelegt. Aufgrund erlittener Folter benötige der Kläger dringend ärztliche Hilfe und Unterstützung. Er werde auch in der Nervenklinik in Kitzingen behandelt.

Mit Schriftsatz vom 12.03.2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 25.03.2015 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger aufgrund der Behandlung von Herrn Dr. K. in eine geschlossene psychiatrische Anstalt verbracht worden sei. Er beantrage daher vorsorglich, durch das Gericht Beweis darüber zu erheben, ob der Kläger aufgrund einer Suizidgefährdung nicht abgeschoben werden dürfe. Mit Schriftsatz vom 27.03.2015 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Bericht des Caritasverbandes vom 27.03.2015 und einen vorläufigen Arztbrief des Bezirksklinikums ... vom 26.03.2015 vor; darauf wird verwiesen.

Mit Beschluss der 3. Kammer vom 19.06.2015 wurde der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Schriftsatz vom 03.08.2015 übermittelte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Gericht weitere ärztliche Unterlagen vom 08.07.2015, vom 08.01.2015 und vom 12.05.2015; darauf wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 10.08.2015 teilte die Beklagte aufgrund der übermittelten ärztlichen Unterlagen mit, dem aktuellen Arztbrief der Klinik ..., Abteilung Neuro-/Urologie vom 08.07.2015 sei in der Zusammenfassung bzw. dem Therapievorschlag zu entnehmen, dass neuro-/urologisch keine weitere medizinische Behandlungsbedürftigkeit bestehe, hingegen sogar die zuvor verschriebenen Medikamente Tamsublock/Emselex abgesetzt werden sollten, da sie keine Besserung der vorhandenen Schmerzsymptomatik erbracht hätten, so dass nur noch das Schmerzmittel Ibu verbleibe sowie die Katheterisierung mit einem suprapubischen Katheder.

Mit Beschluss der Einzelrichterin vom 13.08.2015 wurde die Amtsärztin Dr. G. in ... mit der Erstellung eines Gutachtens zu folgenden Fragen beauftragt:

1. Welcher medizinisch unabweisbare Behandlungsbedarf besteht derzeit beim Kläger?

2. Ist dieser Behandlungsbedarf - etwa wegen der Art und Schwere der zu behandelnden Krankheiten und/oder wegen medizintechnischer Erfordernisse - so beschaffen, dass das bulgarische Gesundheitssystem mit seinen womöglich insgesamt niedrigeren Standards als in der Bundesrepublik Deutschland dem bei einer Rückkehr des Klägers nicht angemessen gewachsen sein könnte?

Der Kläger teilte der begutachtenden Amtsärztin am 17.09.2015 mit, er habe am 12.10.2015 einen Termin in der Neurochirurgie und bitte deshalb darum, diesen abzuwarten (GA S. 68).

Das Gutachten der Amtsärztin Dr. G. wurde mit Schreiben vom 08.12.2015 vorgelegt; auf dieses Gutachten (GA S. 74 bis 81) wird verwiesen. Das Gutachten stützt sich auf zahlreiche Arztbriefe und auch die anamnestischen Angaben des Klägers. In Syrien habe er zwei Schussverletzungen erlitten, einen Schuss in den rechten Oberarm (diese Schussverletzung sei komplikationslos verheilt) und einen Schuss in den Bauchraum, genauer in die Blase. Dieses Geschoss sei dann am 15.08.2011 im Libanon entfernt worden, parallel hierzu sei er mit einem suprapubischen Blasenkatheter versorgt worden. Aktuell werde der Katheder einmal pro Monat gewechselt. Das Gutachten kommt bei Frage 1 zu der Schlussfolgerung, dass bezüglich der rein somatischen Erkrankungen des Klägers kein unabweisbarer Behandlungsbedarf bestehe. Dem Kläger sei bereits im Libanon das Geschoss operativ aus der Blase entfernt und er sei im Anschluss an die operative Intervention sofort mit einem subrapubischen Blasenkatheter versorgt worden. Mit diesem habe er bereits im Libanon, in der Türkei und auch in Bulgarien gelebt. Auch die rezidivierenden Blasenentzündungen seien in der Vergangenheit antibiotisch versorgt worden. Eine entsprechende antibiotische Versorgung sei auch in Bulgarien möglich. Bereits in Syrien sei ein Sulcus-ulnaris-Syndrom und auch ein Karpaltunnelsyndrom rechts diagnostiziert und operativ versorgt worden. In Deutschland hätten mittlerweile Revisionsoperationen stattgefunden. Aktuell zeige der Kläger diesbezüglich keine relevante Symptomatik. Eine Behandlungsbedürftigkeit bestehe also nicht, bzw. sei bereits ausgeschöpft worden. Auch die beschriebenen degenerativen HWS-Veränderungen, die zervikale Bandscheibenprotrusion, die zervikale Spinalkanalstenose und die multisegmentale Spinalkanalstenose zeigten aktuell kein klinisches Korrelat, so dass auch hier keine weitere Diagnostik und Therapie erforderlich sei. Wegen einer Schmerzhaftigkeit und einer schmerzreflektorischen Bewegungseinschränkung im unteren LWS-Bereich erhalte der Kläger augenblicklich einzig und allein Physiotherapie. Auch insoweit bestehe kein medizinisch unabweisbarer Behandlungsbedarf. Auch diese Behandlungsform sei in Bulgarien möglich.

Inwieweit beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung und hierdurch bedingt ein medizinisch unabweisbarer Behandlungsbedarf bestehe, solle in einem psychiatrischen Zusatzgutachten geklärt werden. Zur Frage 2 kam das Gutachten zu der Schlussfolgerung, dass für die aktuell vorhandenen somatischen Erkrankungen das bulgarische Gesundheitssystem dem Behandlungsbedarf gewachsen sei. Bezüglich der womöglich bestehenden psychiatrischen Erkrankungen müsse diese Fragestellung durch das Zusatzgutachten geklärt werden.

Mit Schriftsatz vom 13.01.2016 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, der Kläger sei erneut in eine Klinik gegangen. Es werde die Aufenthaltsbescheinigung des Bezirksklinikums ... übermittelt.

Mit Schreiben vom 25.02.2016 wurde das ergänzende psychiatrische Fachgutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie K. L. vorgelegt (GA S. 94 bis S. 111, mit Anhängen S. 112 bis S. 118). Die Fragestellung des Gutachtens wird vom psychiatrischen Gutachter dahingehend beantwortet, dass der feststellbare aktuelle Behandlungsbedarf des Klägers in psychiatrischem Fachgebiet eine bedarfsweise Einnahme eines schlafanstoßenden/sedierenden Medikaments im untersten Dosisbereich umfasse, das langjährig gebräuchlich, ohne Patentschutz sowie im untersten Preissegment angesiedelt sei. Ferner bestehe danach ein relativer, nicht etwa unabweisbarer Behandlungsbedarf bezüglich psychiatrischer/psychotherapeutischer stützender Interventionen. Es sei kein Hinweis dafür feststellbar, dass das bulgarische Gesundheitssystem mit seinen insgesamt niedrigen Standards diesem Behandlungsbedarf nicht angemessen gewachsen sein könnte. Die von der „Traumatherapeutin“ B. berichtete Behandlung sei inhaltlich nicht nachvollziehbar. Die vom Kläger wiederholt im unmittelbarem kausalem Kontext einer drohenden Abschiebung mitgeteilte Suizidalität sei nicht als behandelbares eigenständiges Krankheitsbild einstufbar. Zur grundlegenden Abhilfe wäre ein sicheres Bleiberecht für den Betroffenen erforderlich, oder eine Abschiebesituation, auf die die Entwicklung von Suizidalität keinen aufschiebenden Einfluss habe. Eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung, die ein Akzeptieren einer Abschiebung durch den Betroffenen bewirken könne, sei nicht absehbar. Insoweit sei möglicherweise ein Handlungsbedarf im Sinne einer endgültigen Klärung der Situation nachvollziehbar, jedoch kein langfristiger über die Behandlung krisenhafter Zustände hinausgehender unabweisbarer Behandlungsbedarf. Im psychiatrischen Fachgebiet bestehe derzeit kein unabweisbarer Behandlungsbedarf für den Kläger.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2016 erklärte die Beklagte, das Gutachten komme letztendlich zu dem Ergebnis, dass ein unabweisbarer Behandlungsbedarf, der in Bulgarien nicht zur Verfügung stehe, nicht festzustellen sei.

Mit Schriftsatz vom 04.03.2016 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Verzicht auf mündliche Verhandlung. Dieser Verzicht wurde von der Beklagten telefonisch am 07.03.2016 erklärt; zudem liegt eine allgemeine Prozesserklärung zum Verzicht auf mündliche Verhandlung vor.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten übereinstimmend hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

1.

Die Klage ist nur hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens zulässig. Der Anfechtungsantrag gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags ist statthaft und ausreichend zur Erlangung des vom Kläger erstrebten Rechtsschutzziels, der erneuten Aufnahme des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte (BayVGH, Urteil vom 28.02.2014, Az. 13a B 13.30295 und Beschlüsse vom 23.01.2015, Az. 13a ZB 14.50071 und 02.02.2015, Az. 13a ZB 14.50068). Vor diesem Hintergrund ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage gegeben, weil schon die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm der Beklagten von Gesetzes wegen auslöst.

Hinsichtlich des zusätzlich gestellten Verpflichtungsantrags ist die Klage hingegen unzulässig (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 21.10.2014, Az. RO 9 K 14.30217). In der vorliegenden besonderen Fallkonstellation besteht keine Pflicht des Verwaltungsgerichts zum „Durchentscheiden“. Wäre das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verloren, die nach § 24 AsylVfG mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BayVGH, a. a. O.). Zudem würde das Gericht nicht die Entscheidung einer vorrangig mit einer sachlichen Prüfung befassten Fachbehörde kontrollieren, sondern sich anstelle der Exekutive erstmalig selbst mit dem Antrag in der Sache befassen, was auch unter Gewaltenteilungsgesichtspunkten nicht unproblematisch erscheint. Daher ist der Verpflichtungsantrag, ohne dass es eines weiteren richterlichen Hinweises bedurfte, als unzulässig abzuweisen.

2.

Soweit die Klage zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 18.02.2015 erweist sich in Nr. 1 als rechtmäßig und verletzt den Kläger auch im Übrigen nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a.

Nr. 1 des angefochtenen Bescheides vom 18.02.2015 - Ablehnung des Asylantrags als unzulässig - ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen folgt das Gericht zunächst der insoweit zutreffenden Begründung im angefochtenen Bescheid und macht sie zum Gegenstand der Begründung dieser Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Dem aus Syrien stammenden Kläger wurde in Bulgarien unstrittig die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, weshalb das Bundesamt im angefochtenen Bescheid auch (deklaratorisch) tenoriert hat, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Das Bundesamt ist bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt; ein gleichwohl gestellter Asylantrag ist unzulässig (so BVerwG, U. v. 17.06.2014 - 10 C 7/13 - unter Hinweis auf Art. 33 Abs. 2 lit.a der Richtlinie 2013/32/EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013 - juris Rn. 23 und BayVGH, B. v. 12.01.2015 - 20 ZB 14.30091 - juris Rn. 1).

Der Beklagten war es im Übrigen unbenommen, diese Tenorierung zu wählen, obwohl auch die Möglichkeit bestanden hätte, gemäß § 26a AsylVfG i. V. m. § 31 Abs. 4 AsylVfG nur festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht.

Der Kläger ist aus Bulgarien, einem sicheren Drittstaat im Sinn von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylVfG in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Da es sich bei Bulgarien um einen sicheren Drittstaat handelt, ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zu eben dieser Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist (vgl. grundsätzlich BVerwG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris).

Zwar sind die Lebensbedingungen für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus in Bulgarien nicht leicht. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigen, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und dem Kläger müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nicht (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 27.10.2014 - 17 L 2200/14.A - juris). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 02.04.2013 - 27725/10 - juris). Der UNHCR berichtet zwar („Bulgarien als Asylland, Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014), dass der Zugang zu einer stabilen Beschäftigung Flüchtlingen in Bulgarien schwer fällt und es an angemessenen und erschwinglichen Unterkünften mangelt (vgl. Ziffer 2.7). Diese genannten Probleme treffen jedoch offensichtlich auf eine Vielzahl von Mitgliedsstaaten zu. Mögen sie in Bulgarien ausgeprägter sein, ist hierin jedoch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu sehen.

Das Gericht ist zwar aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel davon überzeugt, dass derzeit in Bulgarien ein wirklich vielversprechendes Integrationsprogramm für anerkannte Flüchtlinge nicht existiert. Auch die Aussagen von UNHCR (a. a. O.), von Dr. phil. Valeria Ilareva („Bericht über die derzeitige, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien“ vom 27.08.2015) sowie die Auskünfte des Auswärtigen Amtes (Auskunft an VG Stuttgart vom 23.07.2015, Az. A 13 K 1733/15), wonach die Situation der bereits anerkannten Flüchtlinge in Bulgarien in Bezug auf Wohnung, Arbeit und Sprachkurse unbefriedigend ist, macht deutlich, dass die Lage der anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien weiterhin prekär ist und dass die bulgarischen Behörden nicht alle Missstände beseitigt haben. So ist den genannten Unterlagen zu entnehmen, dass dieser Personenkreis durchaus auf dem freien Arbeitsmarkt Arbeit suchen und antreten kann. Dazu bedarf es jedoch einer Registrierung bei einem Jobcenter, die abhängig ist von einer Meldebestätigung, d. h. einer Unterkunft. Per Gesetz haben die international Schutzberechtigten auch Anrecht auf Sozialhilfe unter denselben Bedingungen und nach demselben Verfahren wie bulgarische Staatsbürger. Dazu bedarf es jedoch eines Ausweisdokuments (Ausweiskarte eines international Schutzberechtigten) und einer zivilen Adressregistrierung, d. h. des Nachweises einer Unterkunft. Damit ist die Teilhabe am Leben in Bulgarien (Arbeit, Unterstützung) in aller Regel abhängig vom Nachweis einer Unterkunft. Laut Gesetz steht ihnen auch das Recht auf medizinische Versorgung unter denselben Bedingungen zu wie bulgarischen Staatsangehörigen. Ist der betroffene Ausländer allerdings arbeitslos, muss er die Krankenversicherung selbst bezahlen. Um dies tun zu können, muss er erst eine „Modell 7“ Erklärung bei der örtlichen Steuerbehörde abgeben.

Ein Verstoß gegen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK lässt sich daraus jedoch noch nicht ableiten (vgl. VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 59; zu Bulgarien als sicheren Drittstaat s.a. VG Ansbach, U. v. 22.4.2015 - AN 14 K 15.50044 - juris Rn. 17 ff. u. VG Gelsenkirchen, U. v. 8.5.2015 - 18a K 3619/14.A - juris Rn. 23 ff.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26, 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art. 32 und 33 RL 2011/95/EU) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung.

Ergänzend sei unter dem Aspekt der systemischen Mängel hinzugefügt, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinen Urteilen vom 29.01.2015, denen sich das erkennende Gericht anschließt, unter eingehender und sorgfältiger Würdigung des vorliegenden aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie Dublin-Rückkehrern zu der Überzeugung gelangt, dass in der Gesamtschau das bulgarische Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen nicht an systematischen Schwachstellen leiden, die befürchten ließen, dass Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden (Az. 13 AB 14.50038 und 50039 - juris Leits. 2 und Rn. 29 bis 47 bzw. 50).

Der Bericht von Pro Asyl, April 2015 „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ stützt sich im Wesentlichen auch auf die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in oben genannten Entscheidungen herangezogenen Quellen, bewertet diese jedoch (teilweise) anders. Die überzeugende Würdigung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird damit allerdings nicht in Frage gestellt (s.a. VG Düsseldorf B. v. 04.05.2015 - 15 L 947/15.A - juris Rn. 25 ff. unter Einbezug des o.g. Berichts von Pro Asyl, April 2015), zumal der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den oben genannten Urteilen vom 29.01.2015 - insoweit in Einklang mit den Forderungen von Pro Asyl Bericht 4.2 Seite 43 - eine gesonderte Überprüfung bei besonders schützenswerten Personen vorsieht (BayVGH, 29.01.2015 a. a. O. Rn. 44 bzw. 50; vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg vom 18.03.2015, Az. A 11 S 2042/14, sowie vom 01.04.2015, Az. A 11 S 106/15; OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2015, Az. 14 A 134/15.A).

Die Empfehlungen des UNHCR, bei Asylsuchenden bzw. anerkannten Schutzberechtigten mit besonderen Bedürfnissen eine Einzelfallbewertung durchzuführen, haben vorliegend auf das Ergebnis keine Auswirkung. Nach den vom Gericht eingeholten Gutachten (somatisch und psychiatrisch), gehört der Kläger aufgrund der vorgetragenen Erkrankungen nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis (s. Art. 21 der EU- Richtlinie 2013/33 vom 26. Juni 2013).

Die Medizinaldirektorin Dr. G. kommt in ihrem Gutachten vom 09.12.2015 aufgrund einer äußerst sorgfältigen Aufarbeitung der ärztlichen Vorbefunde und auch der anamnestischen Angaben des Klägers widerspruchsfrei und gut nachvollziehbar zu dem Schluss, dass aufgrund der somatischen Erkrankungen des Klägers derzeit kein medizinisch unabweisbarer Behandlungsbedarf besteht und für die aktuell vorhandenen somatischen Erkrankungen das bulgarische Gesundheitssystem dem Behandlungsbedarf gewachsen ist. Das Gutachten lässt keine Fragen offen, sondern schildert klar, dass der Kläger mit seinen Schussverletzungen bzw. den daraus resultierenden Blasenproblemen bereits im Libanon, in der Türkei und auch in Bulgarien gelebt hat. Die Einzelrichterin schließt sich deshalb uneingeschränkt den Schlussfolgerungen dieses Gutachtens mit dem Ergebnis an, dass der Kläger infolge seiner somatischen Erkrankungen im Hinblick auf eine Rückkehr nach Bulgarien nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis zu rechnen ist.

Entsprechendes ist aus dem ergänzenden psychiatrischen Fachgutachten vom 25.02.2015 zu folgern. Die Aufarbeitung der Gutachtensgrundlagen, insbesondere auch der vorliegenden ärztlichen Dokumente, ist beeindruckend. Der fachärztliche Gutachter untersuchte den Kläger nach einem Erstkontakt am 10.05.2015 an zwei Terminen (22.12.2015 und 18.01.2016). Die eigene Diagnose des Gutachters einer „länger dauernden depressiven Anpassungsstörung (ICD10:F43.21)“ ist methodisch überzeugend und widerspruchsfrei. Ohne weiteres nachvollziehbar ist insbesondere auch die methodische Zwischenfeststellung (GA S. 108), dass die Widersprüche in den Angaben des Betroffenen zu verschiedenen Zeitpunkten eine Beurteilung eines ggf. unabweislichen Behandlungsbedarfes aufgrund tatsächlich erfolgter, objektivierbarer Behandlungen sowie Befunde, ferner der erfragbaren psychosozialen Aktivitäten bedingen. Auf dem Hintergrund der umfassenden Bestandsaufnahme und Eigendiagnostik ist die Schlussfolgerung des fachpsychiatrischen Gutachters, dass derzeit beim Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet kein unabweisbarer Behandlungsbedarf besteht, ohne weiteres nachzuvollziehen. Die Einnahme eines schlafanstoßenden/sedierenden Medikamentes im untersten Dosisbereich ist fraglos auch in Bulgarien leistbar. Zur immer wieder vorgebrachten Suizidalität des Klägers überzeugt die ärztliche Feststellung, dass es sich dabei nicht um ein behandelbares eigenständiges Krankheitsbild handelt. Ergänzend ist hinzuzufügen, dass das Junktim, nur bei einem andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik von eigener Suizidalität abzusehen, nicht in die Reichweite von Flüchtlingsschutz und Abschiebungsverboten fällt.

Nach den vorliegenden, vollständig überzeugenden Gutachten ist der Kläger weder wegen einer somatischen, noch wegen einer psychiatrischen Behandlungsbedürftigkeit einem besonders vulnerablen Personenkreis zuzurechnen.

b.

Die Abschiebungsandrohung Nr. 2 des angefochtenen Bescheides vom 18.02.2015 ist rechtswidrig.

Die Ablehnung des Asylantrags des Klägers ist hier zwar gerade nicht auf die Einreise aus einem sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a AsylG, sondern auf den Schutzstatus als Flüchtling in einem sicheren Drittstaat gestützt worden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kommt aber in seinem Beschluss vom 05.10.2015 (Az. 21 ZB 15.30178 - juris Rn. 2 ff.) offenbar auch für diesen Fall zu der Schlussfolgerung, dass - wegen der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat gem. § 26a AsylG - gem. § 34a Abs. 1 AsylG eine Abschiebungsanordnung „zwingend“ zu erlassen ist (s.a. BVerwG, B. v. 23.10.2015 - 1 B 41/15 - juris, wonach Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung keine teilidentischen Vollstreckungsmaßnahmen darstellen).

Dies führt indes nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung in Nr. 2 des angefochtenen Bescheides vom 18.02.2015, weil eine Rechtsverletzung des Klägers durch den - rechtswidrigen - Ausspruch einer Abschiebungsandrohung statt einer Abschiebungsanordnung nicht ersichtlich ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 05.10.2015 (a. a. O. Rn. 16) zitierten Regelungswillen des Gesetzgebers, „von einer Abschiebungsandrohung abzusehen, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im Allgemeinen nicht besteht (vgl. BT-Drs. 12/4450 Begr. S 23)“, kann eine drittschützende Wirkung nicht entnommen werden, zumal bei Abschiebungshindernissen, die sich erst nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung ergeben, ohnehin ggf. - weiterer - Eilrechtsschutz veranlasst ist (etwa entgegen VG Ansbach U. v. 7.10.2015 - AN 11 K 15.50067 - juris Rn. 35).

Das in § 34a AsylG normierte Erfordernis, dass die Anordnung einer Abschiebung in einen sicheren Drittstaat deren rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit voraussetzt (s. dazu BayVGH, B. v. 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4), ist ersichtlich der Zielsetzung der Sonderregelung geschuldet, wonach eine Rückführung in „allernächster Zeit“ nach Erlass der Abschiebungsanordnung erfolgen soll (s. Funke - Kaiser, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Lose Blatt, Bd. 2, Rn. 20 zu § 34a), was bei einer Abschiebungsandrohung gemäß §§ 34, 38 AsylG mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens gerade nicht der Fall ist. Diese Ausreisefrist beinhaltet zugunsten des Klägers insbesondere auch die aufschiebende Wirkung seiner Klage (§ 38 Abs. 1 i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG), weshalb ein diesbezüglicher Ausspruch in einem Eilverfahren nicht vonnöten war.

Im Kern ist hinsichtlich der - fehlenden - Rechtsverletzung jedoch darauf abzustellen, dass auch im Rahmen der ausgesprochenen Abschiebungsandrohung ohne jegliche qualitative Abstriche sichergestellt ist, dass eine Abschiebung des Klägers zwingend erst und nur dann erfolgen kann, wenn die Rückübernahme des Klägers aufgrund des Rückübernahmeabkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien vom 01.02.2006 sichergestellt ist und auch ansonsten (keine inlandsbezogenen) Abschiebungshindernisse vorliegen.

Dass der Kläger insofern nur aufgrund der Prüfungszuständigkeit der Ausländerbehörde in seinen Rechten verletzt wäre, erschließt sich nicht, denn die Ausländerbehörden sind ohnehin in jeden Abschiebungsvorgang in direktem örtlichen Kontakt eingebunden und verfügen über die maßgebenden Informationen zu den individuellen Verhältnissen des Abzuschiebenden.

In diesem Zusammenhang ist vorsorglich und ergänzend darauf hinzuweisen, dass nach der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 29.07.2014 (Az. 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21), dem sich die Kammer angeschlossen hat, „selbst bei einer unterstellten ernsthaften Suizidgefahr nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt, sondern dass die Abschiebung von der zuständigen Ausländerbehörde dann so zu gestalten wäre, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann“.

Die Klage war sonach insgesamt abzuweisen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.