Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Hauptsacheverfahren W 8 K 19.30376 abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 1. Januar 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10. Januar 2019 einen Asylantrag.

Die Ausländerbehörde teilte dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zunächst am 17. Januar 2019 mit, dass der Antragsteller seit 10. Januar 2019 untergetaucht sei. Des Weiteren teilte sie dem Bundesamt am 1. Februar 2019 mit, dass der Antragsteller seit 25. Januar 2019 untergetaucht sei, sowie am 8. Februar 2019, dass der Antragsteller vom 25. Januar bis 6. Februar 2019 untergetaucht gewesen und am heutigen Tag (8.2.2019) wieder im Ankerzentrum erschienen sei.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2019 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Nr. 1) sowie dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Marokko aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 19.30376 Klage erheben und - neben Prozesskostenhilfe - im vorliegenden Verfahren am 28. Februar 2019 beantragen,

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21. Februar 2019 gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Februar 2019, zugestellt am 11. Februar 2019, nach § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Der Vortrag der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller seit dem 25. Januar 2019 untergetaucht sei, sei falsch. Es werde nicht bestritten, dass der Antragsteller nicht dauerhaft in seinem Zimmer in der zugewiesenen Einrichtung aufzufinden gewesen sei, aber er habe sich in unmittelbarer Nähe aufgehalten. Der Antragsteller habe am 24. Januar 2019 einen Termin bei der Zentralen Ausländerbehörde Unterfranken wahrgenommen und sei zuletzt am 19. Februar 2019 dort vor Ort gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 8 K 19.30376) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG) gegen die Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 5. Februar 2019 anzuordnen, bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag ist schon unzulässig.

Der Antrag ist wegen Versäumung der Antragsfrist unzulässig. Der laut Behördenakte am 6. Februar 2019 zur Post aufgegebene Bescheid wurde laut Antragstellerbevollmächtigten am 11. Februar 2019 zugestellt. Der bei Gericht am 28. Februar 2019 eingegangene Sofortantrag wahrt die zweiwöchige Antragsfrist (vgl. VG Ansbach, B.v. 25.1.2019 - AN 17 S 19.30019 - juris; VG Würzburg, B.v. 24.3.2017 - W 5 S 17.31216 - juris m.w.N.) offenkundig nicht.

Des Weiteren ist zweifelhaft, ob der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis hat, da dem Antragsteller mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 30 Abs. 5 Satz 2 AsylG eine einfachere und effektivere Möglichkeit zur Realisierung des Rechtsschutzes zur Verfügung steht. Die streitige Rechtsfrage (vgl. jeweils m.w.N. VG Ansbach, B.v. 25.1.2019 - AN 17 S 19.30019 - juris; VG Berlin, B.v. 16.1.2019 - 34 L 442.18 A - juris; VG Würzburg, B.v. 24.3.2017 - W 5 S 17.31216 - juris; VG Würzburg, B.v. 10.2.2017 - W 6 S 17.30513) braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden.

Abgesehen von der Unzulässigkeit des Antrags ist dieser auch unbegründet.

Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist anzumerken, dass der Antragsteller gegen seine Mitwirkungspflichten, über die er seitens der Antragsgegnerin korrekt belehrt wurde, verstoßen hat, weil er wiederholt untergetaucht ist, zuletzt vom 25. Januar 2019 bis 6. Februar 2019, wie die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin mitgeteilt hat. Infolgedessen gilt der Antrag als zurückgenommen, weil der Antragsteller sein Verfahren nicht betrieben hat. Das Nichtbetreiben wird unter anderem vermutet, wenn er untergetaucht ist (§ 33 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG). Es liegt ein fiktiver Fall der Antragsrücknahme vor.

Das Gericht hat keinen Zweifel, dass sich der Antragsteller zuletzt im Zeitraum vom 25. Januar 2019 bis 6. Februar 2019, also 12 Tage, nicht in der ihm zugewiesenen Unterkunft aufgehalten hat. Der Antragsteller hat selbst eingeräumt, dass er in diesem Zeitraum nicht dauerhaft in seinem Zimmer in der ihm zugewiesenen Einrichtung aufzufinden gewesen sei, wenn auch in unmittelbarer Nähe. Der Umstand, dass er zuvor am 24. Januar 2019 einen Termin bei der Zentralen Ausländerbehörde Unterfranken wahrgenommen habe und auch zuletzt am 19. Februar 2019 vor Ort gewesen sei, ändert nichts am Untertauchen im streitgegenständlichen Zeitraum. Denn für ein Untertauchen genügt es, wenn der Betreffende für einen gewissen Zeitraum nicht auffindbar ist. Hier hat sich der Antragsteller an einem den zuständigen Behörden unbekannten anderen Ort - wenn auch womöglich auf dem Unterkunftsgelände in einem anderen Zimmer - aufgehalten. Der Begriff des Untertauchens i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG ist damit erfüllt. Denn nach der Gesetzesbegründung gilt ein Ausländer i.S. der genannten Vorschrift als untergetaucht, wenn er für die staatlichen Behörden nicht auffindbar und damit auch nicht erreichbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 19.7.2018 - 4 B 18.30514 - juris).

Der Antragsteller hat selbst nicht vorgebracht, dass er sich im Zeitraum vom 25. Januar 2019 bis 6. Februar 2019 an einem den zuständigen Behörden jederzeit bekannten und für diese jederzeit auffindbaren Ort aufgehalten hat. Der Antragsteller hat insbesondere nicht glaubhaft dargetan, dass er den Wechsel seines konkreten Aufenthaltsortes der zuständigen Ausländerbehörde im Vorhinein bekannt gegeben, geschweige denn mit dieser abgestimmt habe. Der Tatbestand des Untertauchens ist wie ausgeführt auch erfüllt, wenn sich der Betreffende womöglich auf dem Gelände der Unterkunft bzw. innerhalb der Unterkunft eigenmächtig in anderen Räumlichkeiten und dadurch an einem für die Behörden unbekannten Ort aufhält.

Weiter erfüllt die Dauer von 12 Tagen den Tatbestand des Untertauchens, weil es dafür in Anlehnung an die Vorschrift des § 66 Abs. 1 Nr. 2 AsylG genügt, wenn der Betreffende eine Woche unbekannten Aufenthalts ist (BayVGH, U.v. 19.7.2018 - 4 B 18.30514 - juris).

Des Weiteren ist auch unschädlich, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides wieder aufgetaucht war. Denn die in § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG enthaltene Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens setzt nicht voraus, dass der Zustand des Untertauchens auch dann noch vorliegt, wenn das Bundesamt seine Einstellungsentscheidung trifft. Denn die Vorschrift knüpft durch ihren eindeutigen Wortlaut nicht auf den Zeitpunkt der lediglich deklaratorischen Entscheidung nach § 32 AsylG, sondern auf den vorherigen Zeitpunkt des Entstehens der widerlegbaren Vermutung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 AsylG und die dort zugleich eintretende Rechtswirkung der Rücknahmefiktion nach § 33 Abs. 1 AsylG an. Ist ein Asylbewerber infolge der unangemeldeten Abwesenheit für die zuständigen Stellen nicht mehr auffindbar, so treten die Vermutungs- und Fiktionswirkung des § 33 Abs. 1 und 2 AsylG unmittelbar kraft Gesetzes ein, sobald die für ein Untertauchen begriffsnotwendige einwöchige Mindestdauer des unbekannten Aufenthalts erreicht ist. Auch aus § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG ergibt sich nicht, dass das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des Untertauchens, dessen Erfüllung in der Vergangenheit eine dauerhafte Rechtsfolge wie die Fiktion der Antragsrücknahme bewirkt hat, noch bis zur abschließenden Entscheidung im Gerichtsverfahren gegeben sein müsste (BayVGH, U.v. 19.7.2018 - 4 B 18.30514 - juris).

Nach alledem war der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Nach dem Vorstehenden war mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache auch der Prozesskostenhilfeantrag sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als auch im Hauptsacheverfahren W 8 K 19.30376 abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO).

Abschließend wird noch angemerkt, dass es dem Kläger unbenommen bleibt, bei der Antragsgegnerin einen Antrag nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen.

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 04. März 2019 - W 8 S 19.30421 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 33 Nichtbetreiben des Verfahrens


(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Absch

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 32 Entscheidung bei Antragsrücknahme oder Verzicht


Im Falle der Antragsrücknahme oder des Verzichts gemäß § 14a Abs. 3 stellt das Bundesamt in seiner Entscheidung fest, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 66 Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung


(1) Der Ausländer kann zur Aufenthaltsermittlung im Ausländerzentralregister und in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthaltsort unbekannt ist und er 1. innerhalb einer Woche nicht in der Aufnahmeeinrichtung e

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 04. März 2019 - W 8 S 19.30421 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist kubanische Staatsangehörige. Sie reiste am 17. Oktober 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie wurde am 18. Oktober 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) wegen eines Asylgesuchs vorstellig und erhielt die schriftliche Aufforderung in deutscher Sprache, am 22. Oktober 2018 zur formalen Asylantragstellung in der Außenstelle des Bundesamtes Zirndorf, Rothenburger Str. 29 vorbeizukommen. Mit ihrer Unterschrift bestätigte die Antragstellerin, dass ihr das Schreiben in die spanische Sprache übersetzt wurde.

Sie stellte schließlich am 9. November 2018 einen förmlichen Asylantrag. Bei dieser Gelegenheit erhielt sie eine mehrseitige Information („Wichtige Mitteilung - Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und allgemeine Verfahrenshinweise“) in deutscher Sprache und eine entsprechende Übersetzung hierzu in spanischer Sprache („notificación importante“), was sie mit ihrer Unterschrift auf beiden Schriftstücken und in beiden Sprachen bestätigte. Auf diese Schriftstücke (Bundesamtsakte S. 37 ff) wird im Einzelnen verwiesen. In der Bundesamtsakte befindet sich darüber hinaus ein zweiseitiges Informationsschreiben auf Deutsch („Wichtige Information zum Anhörungstermin für Asylbewerberinnen und Asylbewerber“, S. 22 f) und eine Übersetzung hiervon ins Englische (S. 24 f). Auf den Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Mit einer Belehrung, dass bei einem unentschuldigten Nichterscheinen der Asylantrag als zurückgenommen gelte und über Abschiebungsverbote nach Aktenlage entschieden werde, versehenem Schreiben in deutscher Sprache vom 9. November 2019, ihr am gleichen Tag übergeben, wurde die Antragstellerin zur Anhörung gemäß § 25 AsylG für den 16. November 2018 geladen.

Nachdem sie zu dem Termin nicht erschienen war, stellte das Bundesamt das Verfahren mit Bescheid vom 12. Dezember 2018 gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG ein (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), forderte die Antragstellerin zur Ausreise innerhalb einer Woche auf und drohte ihr für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung - in erster Linie - nach Kuba an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 2. Januar 2019 mittels Ersatzzustellung per Postzustellungsurkunde in der Aufnahmeeinrichtung … … in … zugestellt.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts hatte sich die Antragstellerin zuvor in Ungarn (EURODAC-Treffer vom 17.6.2015), Österreich (EURODAC-Treffer vom 21.6.2018) und Tschechien (EURODAC-Treffer vom 30.8.2018) aufgehalten. Die ungarischen und tschechischen Behörden hatten mitteilten, dass sich die Antragstellerin auch bereits in Italien aufgehalten habe. Eine Rückübernahme der Antragstellerin durch diese Staaten nach der Dublin III-Verordnung war gescheitert.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 5. Januar 2019, beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 7. Januar 2019, erhob die Antragstellerin Klage und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde bestritten, dass die Antragstellerin am 16. November 2018 nicht zum Termin erschienen sei. Sie habe sich ordnungsgemäß eingefunden, sei von der Security an der Pforte aber weggeschickt worden da - nach dem Verständnis der Antragstellerin - keine Dolmetscherin für Spanisch vor Ort gewesen und der Termin abgesagt worden sei. Bereits am 8. November 2018 sei der Termin aufgehoben worden. An diesem Tag habe der Termin zur Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates stattfinden sollen. Da kein Dolmetscher für Spanisch zugegen gewesen sei und die Antragstellerin Englisch nur gebrochen spreche, sei sie zurück in die Unterkunft gegangen, nachdem sie an der Pforte des Dienstgebäudes … … zurückgewiesen worden sei. Über die Folge der Einstellung des Verfahrens sei sie nicht informiert worden, auch nicht am 9. November 2018 durch die Dolmetscherin. Das Ladungsschreiben sei ihr nur pauschal und ohne weitere Informationen übergeben worden.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 11. Januar 2019,

den Antrag abzulehnen.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2019 wurde vom Bevollmächtigten für die Antragstellerin ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens beim Bundesamt gestellt. Dieses teilte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2019 mit, dass dem Antrag nicht nachgekommen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Gegenstand des Eilverfahrens ist allein die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes im Bescheid vom 12. Dezember 2018, der die Verfahrenseinstellung nach § 33 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylG zugrunde liegt, nicht aber die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes auf das mit Antrag vom 5. Januar 2019 gestellte Wiederaufnahmeersuchen. Im Zeitpunkt der Antragstellung beim Verwaltungsgericht war das Wiederaufnahmeersuchen noch nicht abgelehnt und damit noch nicht Antragsgegenstand; es wurde auch nachträglich nicht in das Verfahren eingebracht oder diesbezüglich ein neues Gerichtsverfahren angestrengt.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 7. Januar 2019 gegen die im Bescheid vom 12. Dezember 2018 enthaltende Abschiebungsandrohung ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.

1. Der Antrag ist statthaft gemäß § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 38 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AsylG, da die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Er ist auch fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Klage- und Antragsfrist gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 gestellt.

Dem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin kann den begehrten Rechtsschutz nicht auf einfachere oder effektivere Art und Weise erreichen. Zwar besteht bei einer ersten Einstellung die Möglichkeit, nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen. Das Bundesamt nimmt in diesem Fall das Verfahren gemäß § 33 Abs. 5 Satz 5 AsylG wieder auf, ohne dass - abgesehen von der persönlichen Antragstellung - weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. Auf diesen Weg kann die Antragstellerin jedoch rechtlich nicht verwiesen werden, da mit ihm rechtliche Nachteile verbunden sind und dies mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar wäre. Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG nimmt das Bundesamt das Verfahren nicht wieder auf, sondern behandelt den Antrag auf Wiederaufnahme als Folgeantrag im Sinne von § 71 AsylG, wenn das Asylverfahren nach dieser Vorschrift bereits einmal wieder aufgenommen worden ist. Verweist man die Antragstellerin auf einen Antrag nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG, nimmt man ihr folglich die Möglichkeit, bei einem späteren Versäumnis die vereinfachte Wiederaufnahme zu erreichen, selbst wenn die erste Einstellung zu Unrecht ergangen wäre (BVerfG, B.v. 20.7.2016, 2 BvR 1385/16 - juris; VG Augsburg, B.v. 17.11.2016, Au 3 S 16.32189 - juris, VG Ansbach, B.v. 6.12.2016, AN 2 S 16.32061). Die Antragstellerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass sie gegebenenfalls in dem folgenden Verfahren noch mit dem Vortrag, dass die erste Einstellung fehlerhaft war, gehört wird und ihr auf diesem Weg im Ergebnis keine Rechtsnachteile entstehen. Dies ist mit einem Risiko für die Antragstellerin verbunden und ihr deshalb nicht zumutbar. Die Gewährung von effektivem Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG erfordert für den Rechtsschutzsuchenden ein klares, verbindliches und frühzeitiges Ergebnis. Im Übrigen teilte das Bundesamt im Schriftsatz vom 22. Januar 2019 - möglicherweise, weil ein Wiederaufgreifensantrag nicht persönlich durch die Antragstellerin, sondern durch den Bevollmächtigten gestellt worden ist - mit, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen werde, so dass der Antragstellerin ein Rechtschutzbedürfnis gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 12. Dezember 2018 derzeit nicht abgesprochen werden kann.

2. Der Antrag ist aber unbegründet, weil die gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende gerichtliche Interessensabwägung ergibt, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiegt, nachdem die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird.

Die Abschiebungsandrohung erging rechtsfehlerfrei nach § 34 AsylG; das Asylverfahren der Antragstellerin wurde zu Recht gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylG eingestellt. Nach § 33 Abs. 1 AsylG gilt ein Asylantrag als zurückgenommen und ist einzustellen, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht betreibt. Dies wird gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG gesetzlich vermutet, wenn der Antragsteller einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist. Diese Vermutung ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 AsylG nur widerlegt, wenn der Antragsteller unverzüglich nachweist, dass die Versäumnis auf Umständen beruht, auf die er keinen Einfluss hatte.

Die Antragstellerin ist vorliegend der Aufforderung im Schreiben vom 9. November 2018 zur Anhörung am 16. November 2018 nicht nachgekommen, ohne dass ein Nachweis der unverschuldeten Versäumnis erbracht wurde. Die Antragstellerin ist nach einem Aktenvermerk des Bundesamtes (S. 66 der Bundesamtsakte) an diesem Tag weder wie vorgesehen um 8:00 Uhr, noch bis 12:00 Uhr zur Anhörung erschienen. Das Bestreiten des Nichterscheinens im Klageschriftsatz vom 5. Januar 2019 widerlegt dies nicht. Dass die Antragstellerin an der Pforte trotz Vorlage einer Ladung, noch dazu von der hierfür nicht zuständigen Security abgewiesen worden sein soll, weil kein Dolmetscher vorhanden gewesen sei, ist nicht glaubhaft, zumal der Vortrag in sich unschlüssig ist. Selbst wenn ein vorausgehender Termin wegen Dolmetschermangels abgesagt worden wäre (worauf die Bundesamtsakte aber keinerlei Hinweise ergibt), wäre dies kein Beleg für eine Absage des Folgetermins vom 16. November 2018. Am 8. November 2018 hatte die Antragstellerin im Übrigen noch nicht einmal ihren Asylantrag förmlich gestellt, sodass nicht anzunehmen ist, dass sie an diesem Tag einen Termin zur Anhörung über die Zulässigkeit ihres Antrags hatte. Einen Termin zur Asylantragstellung hatte die Antragstellerin hingegen am 22. Oktober 2018, den sie aber offenbar ebenfalls nicht wahrgenommen hat.

Die Antragstellerin wurde zum Termin vom 16. November 2018 auch ordnungsgemäß geladen. Insbesondere was sie auf die Rechtsfolgen der Nichtwahrnehmung des Anhörungstermins entsprechend § 33 Abs. 4 AsylG hingewiesen worden. § 33 Abs. 4 AsylG verlangt, dass der Asylantragsteller auf die nach § 33 Abs. 1 und 3 AsylG eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hingewiesen wird. Dieser Hinweis muss nach § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylG und Art. 12 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie) in einer Sprache erteilt werden, deren Verständnis beim Asylantragsteller vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann (BeckOK AuslR, 20. Ed. v 1.11.2018., AsylG § 33 Rn. 7 m.w.N., BayVGH, B.v. 24.4.2018, 6 ZB 17.31593, BeckRS 2018, 8647). Dies ist vorliegend für die Antragstellerin erfolgt. Jedenfalls mit der Aushändigung der „Wichtige Mitteilung“ am 9. November 2018 in spanischer Sprache gegen Unterschrift erfolgte eine inhaltlich richtige und ausreichende Belehrung, sodass auch dahinstehen kann, ob die zuvor erteilten Hinweise in englischer Sprache bereits ausreichend waren. Auch auf den unübersetzten Hinweis im Ladungsschreiben selbst kommt es nicht mehr an.

In der Mitteilung, die der Antragstellerin am 9. November 2018 gegen Unterschrift ausgehändigt worden ist, ist auf dessen Seite 3 unter der Überschrift „Nichtbetreiben des Verfahrens“ erster Absatz klar und eindeutig und dem Gesetzeswortlaut des § 33 Abs. 1 AsylG entsprechend ausgeführt, dass der Asylantrag als zurückgenommen betrachtet werden kann, wenn das Asylverfahren nicht betrieben wird. Zusätzlich wird im vierten Absatz ausgeführt, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Bundesamt das Verfahren einstellt und ohne weitere Anhörung nach Aktenlage über Abschiebungsverbote entscheidet. Damit ist die gesetzliche Rechtsfolge des Nichtbetreibens hinreichend deutlich dargelegt worden. Aus der Formulierung „kann“ im ersten Absatz des Hinweisschreibens kann sich für die Antragstellerin kein vernünftiger Zweifel hinsichtlich der in Prinzip zwingenden Rechtsfolgen ergeben. Die Formulierung im vierten Absatz spätestens ist eindeutig.

Nicht erforderlich ist es nach § 33 Abs. 4 AsylG, den Asylantragsteller konkret darüber zu informieren, dass bei einem Nichterscheinen zur Anhörung ein Nichtbetreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG vermutet wird. Die Belehrungspflicht bezieht sich ausdrücklich nur auf Abs. 1 und Abs. 3 (so auch BeckOK, a.a.O.)

Die Ausreisefrist von einer Woche ergibt sich aus § 38 Abs. 2 VwGO. Die Regelung ist eindeutig, wenngleich die Regelung nur schwer mit der Rechtsbehelfsfrist von zwei Wochen in Einklang zu bringen ist.

Nach Aktenlage waren und sind Abschiebungsverbote für die Antragstellerin, die der Abschiebungsandrohung entgegenstünden, nicht erkennbar und glaubhaft gemacht.

Die Kostenentscheidung des damit erfolglosen Antrags beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage W 5 K 17.31203 gegen den Bescheid des Bundesamts für ... vom 22. Februar 2017 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der angedrohten Abschiebung in sein Herkunftsland, nachdem sein Asylverfahren zum zweiten Mal wegen Nichtbetreiben des Verfahrens eingestellt wurde.

1. Der Antragsteller, nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit, reiste am 23. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 9. Juni 2016 beim Bundesamt für ... (Bundesamt) einen Asylantrag. Mit Schreiben des Bundesamts vom 3. November 2016, gerichtet an seinen damaligen Bevollmächtigten und diesem zugestellt am 7. November 2016, wurde der Antragsteller für den 22. November 2016 zur persönlichen Anhörung geladen, zu der er nicht erschien.

Mit Bescheid vom 25. November 2016 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und stellte das Asylverfahren ein (Nr. 1). Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen den Bescheid, der am 28. November 2016 zur Post gegeben worden war, ließ der Antragsteller am 14. Dezember 2016 beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben (W 5 K 16.32503), über die noch nicht entschieden ist.

Am 15. Dezember 2016 stellte der Antragsteller beim Bundesamt einen neuen Asylantrag, der als Fortführungsantrag nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG behandelt wurde (vgl. Aktenvermerk, Bl. 36 der Bundesamtsakte). Mit Schreiben vom 25. Januar 2017, gerichtet an seinen damaligen Bevollmächtigten und diesem zugestellt am 27. Januar 2017, wurde der Antragsteller für den 6. Februar 2017 zur persönlichen Anhörung geladen, zu der er nicht erschien.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2017 hob das Bundesamt den Bescheid vom 25. November 2016 auf und zwar mit der Begründung, dass der neue Antrag vom 15. Dezember 2016 als Fortführungsantrag gemäß § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG anzusehen sei und demzufolge die Prüfung des Verfahrens in dem Verfahrensabschnitt wiederaufgenommen werde, in dem es eingestellt worden sei.

2. Mit weiterem Bescheid vom 22. Februar 2017 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und stellte das Asylverfahren ein (Nr. 1). Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung in sein Herkunftsland aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller ohne genügende Entschuldigung nicht zum Anhörungstermin erschienen sei, so dass nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG zu vermuten sei, dass er das Verfahren nicht betreibe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Bereits das augenscheinliche Desinteresse an der Weiterführung des Asylverfahrens als auch die ungeklärte Staatsangehörigkeit ließen drohende Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Heimatland zweifelhaft erscheinen.

3. Gegen diesen Bescheid, der am 1. März 2017 zur Post gegeben wurde, ließ der Antragsteller durch seine jetzige Bevollmächtigte im Verfahren W 5 K 17.31203 am 15. März 2017 Klage erheben und am 16. März 2017 im vorliegenden Verfahren gleichzeitig beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts für ... vom 22. Februar 2017 anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen: Bereits die Ladung zum ersten Anhörungstermin sei dem Antragsteller erst nach Ablauf des Termins zugegangen. Auch die Ladung zu dem Termin vom 6. Februar 2017 sei dem Antragsteller verspätet zugegangen, nämlich erst am 8. Februar 2017. Sie sei mit Schreiben des früheren Bevollmächtigten des Antragstellers vom 30. Januar 2017 an den Antragsteller weitergeleitet worden. Ausweislich des beigefügten Briefumschlags sei dieser allerdings erst am 8. Februar 2017 von der Deutschen Post abgestempelt worden und sei dem Antragsteller erst am 9. Februar 2017 zugestellt worden. Den Antragsteller, der unbedingt die Anhörung habe wahrnehmen wollen, treffe selbst kein Verschulden an dem Fernbleiben zum Termin. Auch aus einer Korrespondenz der Caritas Kitzingen mit dem Bundesamt lasse sich entnehmen, dass der Antragsteller sein Verfahren weiterbetreiben möchte. Zudem lägen beim Antragsteller Abschiebungsverbote vor, denn er sei zum christlichen Glauben konvertiert. Da Christen in Afghanistan regelmäßig verfolgt würden, bestehe im Falle einer Rückkehr eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Antragstellers. Beigefügt war der Antragsschrift eine Taufbescheinigung für den Antragsteller, ausgestellt von der dem Bauhaus e.V. Kitzingen sowie eine Bestätigung dieser freikirchlichen Vereinigung hinsichtlich der christlichen Aktivitäten des Antragstellers.

4. Das Bundesamt äußerte sich nicht.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 5 K 17.31203 und der Akte W 5 K 16.32503) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG) gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts vom 22. Februar 2017 anzuordnen, hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz richtet sich auf eine Klage, die fristgemäß innerhalb der gemäß § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG maßgeblichen Zweiwochenfrist erhoben wurde (vgl. VG Berlin, B.v. 19.8.2016 - 6 L 417.16 A; VG Köln, B.v. 12.7.2016 - 3 L 1544/16.A - beide juris). Die auf eine Woche verkürzte Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG gilt im vorliegenden Fall nicht; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nicht innerhalb einer Woche zu stellen, da es für die Einstellung des Verfahrens an einer § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG und § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG entsprechenden Regelung fehlt (vgl. VG Minden, B.v. 26.7.2016 - 10 L 1078/16.A - juris).

Es besteht vorliegend auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers.

Hinsichtlich der erstmaligen Einstellung des Asylverfahrens nach § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG ist umstritten, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG eine einfachere und effektivere Möglichkeit zur Realisierung des Rechtsschutzes darstellt (bejahend u.a. VG Würzburg, B.v. 22.3.2017 - W 5 S. 17.31205; B.v. 10.2.2017 - W 6 S. 17.30513; VG Ansbach, B.v. 14.11.2016 - AN 4 S. 16.31794 - juris; a.A. z. B. VG Augsburg, B.v. 12.1.2017 - Au 5 S. 17.30077 - juris; siehe auch Heusch in Beck‘scher Online-Kommentar, AuslR, 13. Edition, Stand: 11.2.2017, § 33 AsylG Rn. 40 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um eine erstmalige Einstellung, sondern um eine zweite Einstellung. Bei dieser kann der Antragsteller jedenfalls nicht auf das Wiederaufnahmeverfahren (§ 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG) verwiesen werden, mit der Folge, dass das Bundesamt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder aufnimmt, in dem es eingestellt wurde (§ 33 Abs. 5 Satz 5 AsylG). Vielmehr ist das Asylverfahren nach § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG abweichend hiervon nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag (Wiederaufnahmeantrag bzw. Asylantrag nach Satz 2 bzw. 4) als Folgeantrag (§ 71 AsylG) zu behandeln, wenn das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war, mithin das Verfahren zum zweiten Mal eingestellt wurde. Der Antragsteller kann in diesem Fall nur unter den Voraussetzungen, die für die Stellung eines Asylfolgeantrags gelten, die erneute Prüfung eines Asylbegehrens verlangen. Da hier der Verweis auf das Wiederaufnahmeverfahren auf jeden Fall ausscheidet, stellt sich die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses nicht (vgl. Heusch in Beck‘scher Online-Kommentar, AuslR, § 33 AsylG Rn. 41)

2. Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Bei der Entscheidung über den vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das Gericht eine eigenständige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Hierbei ist insbesondere auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen. Ist die Klage in der Hauptsache im Rahmen einer summarischen Prüfung offensichtlich erfolgreich, kann kein überwiegendes öffentliches Interesse am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides bestehen. Andererseits kann der Antragsteller kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts verschont zu bleiben. Insoweit ist eine summarische Prüfung der Rechtslage geboten, aber auch ausreichend.

Der Maßstab des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, nach dem die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, ist vorliegend nicht anwendbar. Denn § 36 AsylG gilt ausweislich seiner amtlichen Überschrift nur bei Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG und bei offensichtlicher Unbegründetheit, nicht jedoch im Fall der vorliegenden Einstellung nach § 33 AsylG. § 38 Abs. 2 AsylG hingegen enthält keine § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG entsprechende Regelung (vgl. VG Minden, B.v. 26.7.2016 - 10 L 1078/16.A - juris).

Unter Berücksichtigung der vg. Grundsätze überwiegt vorliegend das Suspensivinteresse des Antragstellers das behördliche Vollzugsinteresse. Denn die angegriffene Abschiebungsandrohung wie auch die Ausreiseaufforderung des Bundesamts ist bei summarischer Prüfung voraussichtlich rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Denn es spricht nach summarischer Prüfung einiges dafür, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG wohl nicht vorliegen.

2.1. Allerdings hat das Bundesamt - jedenfalls nach summarischer Prüfung - wohl zu Recht in Nr. 1 des Bescheids vom 22. Februar 2017 die Einstellung des Asylverfahrens des Antragstellers wegen Nichtbetreibens nach § 33 AsylG ausgesprochen.

Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG stellt das Bundesamt das Asylverfahren ein, wenn der Asylantrag nach § 33 Abs. 1 AsylG als zurückgenommen gilt, weil der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AsylG wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist und nicht unverzüglich nachweist, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte.

Nach summarischer Prüfung muss hier das Gericht davon ausgehen, dass der Antragsteller weder im Zusammenhang mit dem Nichterscheinen zur Anhörung am 22. November 2016 noch zur Anhörung am 6. Februar 2017 (unverzüglich) nachgewiesen hat, dass das jeweilige Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Unerlässliche Voraussetzung für § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG ist immer, dass der Ausländer ordnungsgemäß geladen wurde, was vorliegend geschehen ist. Zu beiden Anhörungsterminen hat der (damalige) Bevollmächtigte des Antragstellers eine Ladung erhalten. Hinsichtlich der ersten Ladung wurden von Antragstellerseite keinerlei Umstände vorgetragen, die ihn hinsichtlich des Nichterscheinens entlasten könnten. Hinsichtlich der zweiten Anhörung lässt er vortragen, dass sein damaliger Bevollmächtigter die Ladung rechtzeitig erhalten, sie ihm aber verspätet weitergeleitet habe. Dies kann den Antragsteller nicht entlasten, vielmehr muss er sich ein etwaiges Verschulden seines Bevollmächtigten nach allgemeinen Grundsätzen zurechnen lassen. Denn die Formulierung „keinen Einfluss hatte“ ist nämlich nicht anders gemeint als „mangelndes Verschulden“ (GK-AsylG, Stand Juli 2016, § 33 Rn. 61). Dafür, dass sich der frühere Bevollmächtigte des Antragstellers exkulpieren könnte, ist weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

2.2. Anders als das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, kommt nach summarischer Prüfung hier allerdings das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Betracht.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Auslän-ders in einen anderen Staat abgesehen werden‚ wenn dort für diesen Aus-länder eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib‚ Leben oder Freiheit besteht.

Vorliegend beruft sich der Antragsteller auf eine Konversion zum Christentum, die er durch die vorgelegte Taufurkunde und ein Begleitschreiben belegen möchte und eine daraus folgende Gefährdung für Leib und Leben bei einer Rückkehr ins Heimatland.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Urteil vom 26. April 2016 - W 1 K 16.30268 - ausgeführt:

„Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S. 11; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg v. 22.12.2004 Az. 508-516.80/43288; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 19). Im Fall des Wechsels vom Islam zu einer anderen Religion kommt Scharia-Recht zur Anwendung. Der Abfall vom Islam, d.h. die sogenannte Apostasie, wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht. Die Todesstrafe wegen Konversion wurde zwar nach Kenntnissen des Auswärtigen Amtes bisher nie vollstreckt (Lagebericht am a.a.O., S. 12). Konvertiten drohen jedoch Gefahren oft auch aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld, da der Abfall vom Islam in der streng muslimisch geprägten Gesellschaft als Schande für die Familienehre angesehen wird (Lagebericht a.a.O.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, zusammenfassende Übersetzung vom 24.3.2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 19; Internationale Gesellschaft für Menschenrechte - IGFM, Situation christlicher Konvertiten in Afghanistan - Stellungnahme vom 27.2.2008, S. 1, 8. ff.; Dr. M. D., Gutachten vom 13.5.2004 an das VG Braunschweig, S. 1 ff.). Nach den in Afghanistan vorherrschenden (sunnitischen und schiitischen) Rechtsschulen muss ein vom Islam Abgefallener zur Reue aufgefordert werden. Der Betroffene hat dann drei Tage Bedenkzeit. Widerruft er bis dahin seinen Glaubenswechsel nicht, so ist sein Leben nach islamischer Rechtsauffassung verwirkt (IGFM, Stellungnahme v. 27.2.2008, S. 8; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6). Konvertierte Moslems sind in Afghanistan daher für den Fall, dass sie ihren Glauben nicht ablegen bzw. nicht verleugnen wollen und zur Wahrung des äußeren muslimischen Anscheins an muslimischen Riten, wie dem fünfmal täglichen Gebet, den Moscheebesuch oder islamischen Feierlichkeiten sich entziehen wollen, der Gefahr erheblicher Repressalien auch im privaten Umfeld bis hin zu Ehrenmorden ausgesetzt (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 22.12.2004, S. 2; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe a.a.O., S. 19; IGFM a.a.O. S. 5, 8 f.; Dr. D. a.a.O., S. 1 f., 3 ff.). Dies gilt nach der Überzeugung des Gerichts entsprechend für vom Glauben abgefallene, aber nicht zum Christentum konvertierte Muslime, weil der maßgebliche Anknüpfungspunkt der Verfolgungsmaßnahmen nicht die Hinwendung zum Christentum ist, sondern die Apostasie, d.h. der Abfall vom muslimischen Glauben (vgl. VG Magdeburg, U.v. 30.9.2014 - 5 A 193/13 MD - juris).“

Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an, zumal auch aus den neueren Erkenntnismitteln sich nichts Abweichendes ergibt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, Stand September 2016, S. 10).

Die Prüfung, ob der Antragsteller eine ernsthafte und glaubhafte Annahme des christlichen Glauben vollzogen hat und er aufgrund der Ablehnung der Teilnahme an religiösen islamischen Riten in seinem Herkunftsland daher bei einer Abschiebung einer extremen individuellen Gefahrensituation ausgesetzt würde, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Da somit im Rahmen der im vorliegenden Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots in sein Herkunftsland vorliegen, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist kubanische Staatsangehörige. Sie reiste am 17. Oktober 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie wurde am 18. Oktober 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) wegen eines Asylgesuchs vorstellig und erhielt die schriftliche Aufforderung in deutscher Sprache, am 22. Oktober 2018 zur formalen Asylantragstellung in der Außenstelle des Bundesamtes Zirndorf, Rothenburger Str. 29 vorbeizukommen. Mit ihrer Unterschrift bestätigte die Antragstellerin, dass ihr das Schreiben in die spanische Sprache übersetzt wurde.

Sie stellte schließlich am 9. November 2018 einen förmlichen Asylantrag. Bei dieser Gelegenheit erhielt sie eine mehrseitige Information („Wichtige Mitteilung - Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und allgemeine Verfahrenshinweise“) in deutscher Sprache und eine entsprechende Übersetzung hierzu in spanischer Sprache („notificación importante“), was sie mit ihrer Unterschrift auf beiden Schriftstücken und in beiden Sprachen bestätigte. Auf diese Schriftstücke (Bundesamtsakte S. 37 ff) wird im Einzelnen verwiesen. In der Bundesamtsakte befindet sich darüber hinaus ein zweiseitiges Informationsschreiben auf Deutsch („Wichtige Information zum Anhörungstermin für Asylbewerberinnen und Asylbewerber“, S. 22 f) und eine Übersetzung hiervon ins Englische (S. 24 f). Auf den Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Mit einer Belehrung, dass bei einem unentschuldigten Nichterscheinen der Asylantrag als zurückgenommen gelte und über Abschiebungsverbote nach Aktenlage entschieden werde, versehenem Schreiben in deutscher Sprache vom 9. November 2019, ihr am gleichen Tag übergeben, wurde die Antragstellerin zur Anhörung gemäß § 25 AsylG für den 16. November 2018 geladen.

Nachdem sie zu dem Termin nicht erschienen war, stellte das Bundesamt das Verfahren mit Bescheid vom 12. Dezember 2018 gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG ein (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), forderte die Antragstellerin zur Ausreise innerhalb einer Woche auf und drohte ihr für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung - in erster Linie - nach Kuba an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 2. Januar 2019 mittels Ersatzzustellung per Postzustellungsurkunde in der Aufnahmeeinrichtung … … in … zugestellt.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts hatte sich die Antragstellerin zuvor in Ungarn (EURODAC-Treffer vom 17.6.2015), Österreich (EURODAC-Treffer vom 21.6.2018) und Tschechien (EURODAC-Treffer vom 30.8.2018) aufgehalten. Die ungarischen und tschechischen Behörden hatten mitteilten, dass sich die Antragstellerin auch bereits in Italien aufgehalten habe. Eine Rückübernahme der Antragstellerin durch diese Staaten nach der Dublin III-Verordnung war gescheitert.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 5. Januar 2019, beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 7. Januar 2019, erhob die Antragstellerin Klage und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde bestritten, dass die Antragstellerin am 16. November 2018 nicht zum Termin erschienen sei. Sie habe sich ordnungsgemäß eingefunden, sei von der Security an der Pforte aber weggeschickt worden da - nach dem Verständnis der Antragstellerin - keine Dolmetscherin für Spanisch vor Ort gewesen und der Termin abgesagt worden sei. Bereits am 8. November 2018 sei der Termin aufgehoben worden. An diesem Tag habe der Termin zur Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates stattfinden sollen. Da kein Dolmetscher für Spanisch zugegen gewesen sei und die Antragstellerin Englisch nur gebrochen spreche, sei sie zurück in die Unterkunft gegangen, nachdem sie an der Pforte des Dienstgebäudes … … zurückgewiesen worden sei. Über die Folge der Einstellung des Verfahrens sei sie nicht informiert worden, auch nicht am 9. November 2018 durch die Dolmetscherin. Das Ladungsschreiben sei ihr nur pauschal und ohne weitere Informationen übergeben worden.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 11. Januar 2019,

den Antrag abzulehnen.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2019 wurde vom Bevollmächtigten für die Antragstellerin ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens beim Bundesamt gestellt. Dieses teilte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2019 mit, dass dem Antrag nicht nachgekommen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Gegenstand des Eilverfahrens ist allein die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes im Bescheid vom 12. Dezember 2018, der die Verfahrenseinstellung nach § 33 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylG zugrunde liegt, nicht aber die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes auf das mit Antrag vom 5. Januar 2019 gestellte Wiederaufnahmeersuchen. Im Zeitpunkt der Antragstellung beim Verwaltungsgericht war das Wiederaufnahmeersuchen noch nicht abgelehnt und damit noch nicht Antragsgegenstand; es wurde auch nachträglich nicht in das Verfahren eingebracht oder diesbezüglich ein neues Gerichtsverfahren angestrengt.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 7. Januar 2019 gegen die im Bescheid vom 12. Dezember 2018 enthaltende Abschiebungsandrohung ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.

1. Der Antrag ist statthaft gemäß § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 38 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AsylG, da die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Er ist auch fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Klage- und Antragsfrist gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 gestellt.

Dem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin kann den begehrten Rechtsschutz nicht auf einfachere oder effektivere Art und Weise erreichen. Zwar besteht bei einer ersten Einstellung die Möglichkeit, nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen. Das Bundesamt nimmt in diesem Fall das Verfahren gemäß § 33 Abs. 5 Satz 5 AsylG wieder auf, ohne dass - abgesehen von der persönlichen Antragstellung - weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. Auf diesen Weg kann die Antragstellerin jedoch rechtlich nicht verwiesen werden, da mit ihm rechtliche Nachteile verbunden sind und dies mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar wäre. Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG nimmt das Bundesamt das Verfahren nicht wieder auf, sondern behandelt den Antrag auf Wiederaufnahme als Folgeantrag im Sinne von § 71 AsylG, wenn das Asylverfahren nach dieser Vorschrift bereits einmal wieder aufgenommen worden ist. Verweist man die Antragstellerin auf einen Antrag nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG, nimmt man ihr folglich die Möglichkeit, bei einem späteren Versäumnis die vereinfachte Wiederaufnahme zu erreichen, selbst wenn die erste Einstellung zu Unrecht ergangen wäre (BVerfG, B.v. 20.7.2016, 2 BvR 1385/16 - juris; VG Augsburg, B.v. 17.11.2016, Au 3 S 16.32189 - juris, VG Ansbach, B.v. 6.12.2016, AN 2 S 16.32061). Die Antragstellerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass sie gegebenenfalls in dem folgenden Verfahren noch mit dem Vortrag, dass die erste Einstellung fehlerhaft war, gehört wird und ihr auf diesem Weg im Ergebnis keine Rechtsnachteile entstehen. Dies ist mit einem Risiko für die Antragstellerin verbunden und ihr deshalb nicht zumutbar. Die Gewährung von effektivem Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG erfordert für den Rechtsschutzsuchenden ein klares, verbindliches und frühzeitiges Ergebnis. Im Übrigen teilte das Bundesamt im Schriftsatz vom 22. Januar 2019 - möglicherweise, weil ein Wiederaufgreifensantrag nicht persönlich durch die Antragstellerin, sondern durch den Bevollmächtigten gestellt worden ist - mit, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen werde, so dass der Antragstellerin ein Rechtschutzbedürfnis gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 12. Dezember 2018 derzeit nicht abgesprochen werden kann.

2. Der Antrag ist aber unbegründet, weil die gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende gerichtliche Interessensabwägung ergibt, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiegt, nachdem die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird.

Die Abschiebungsandrohung erging rechtsfehlerfrei nach § 34 AsylG; das Asylverfahren der Antragstellerin wurde zu Recht gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylG eingestellt. Nach § 33 Abs. 1 AsylG gilt ein Asylantrag als zurückgenommen und ist einzustellen, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht betreibt. Dies wird gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG gesetzlich vermutet, wenn der Antragsteller einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist. Diese Vermutung ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 AsylG nur widerlegt, wenn der Antragsteller unverzüglich nachweist, dass die Versäumnis auf Umständen beruht, auf die er keinen Einfluss hatte.

Die Antragstellerin ist vorliegend der Aufforderung im Schreiben vom 9. November 2018 zur Anhörung am 16. November 2018 nicht nachgekommen, ohne dass ein Nachweis der unverschuldeten Versäumnis erbracht wurde. Die Antragstellerin ist nach einem Aktenvermerk des Bundesamtes (S. 66 der Bundesamtsakte) an diesem Tag weder wie vorgesehen um 8:00 Uhr, noch bis 12:00 Uhr zur Anhörung erschienen. Das Bestreiten des Nichterscheinens im Klageschriftsatz vom 5. Januar 2019 widerlegt dies nicht. Dass die Antragstellerin an der Pforte trotz Vorlage einer Ladung, noch dazu von der hierfür nicht zuständigen Security abgewiesen worden sein soll, weil kein Dolmetscher vorhanden gewesen sei, ist nicht glaubhaft, zumal der Vortrag in sich unschlüssig ist. Selbst wenn ein vorausgehender Termin wegen Dolmetschermangels abgesagt worden wäre (worauf die Bundesamtsakte aber keinerlei Hinweise ergibt), wäre dies kein Beleg für eine Absage des Folgetermins vom 16. November 2018. Am 8. November 2018 hatte die Antragstellerin im Übrigen noch nicht einmal ihren Asylantrag förmlich gestellt, sodass nicht anzunehmen ist, dass sie an diesem Tag einen Termin zur Anhörung über die Zulässigkeit ihres Antrags hatte. Einen Termin zur Asylantragstellung hatte die Antragstellerin hingegen am 22. Oktober 2018, den sie aber offenbar ebenfalls nicht wahrgenommen hat.

Die Antragstellerin wurde zum Termin vom 16. November 2018 auch ordnungsgemäß geladen. Insbesondere was sie auf die Rechtsfolgen der Nichtwahrnehmung des Anhörungstermins entsprechend § 33 Abs. 4 AsylG hingewiesen worden. § 33 Abs. 4 AsylG verlangt, dass der Asylantragsteller auf die nach § 33 Abs. 1 und 3 AsylG eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hingewiesen wird. Dieser Hinweis muss nach § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylG und Art. 12 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie) in einer Sprache erteilt werden, deren Verständnis beim Asylantragsteller vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann (BeckOK AuslR, 20. Ed. v 1.11.2018., AsylG § 33 Rn. 7 m.w.N., BayVGH, B.v. 24.4.2018, 6 ZB 17.31593, BeckRS 2018, 8647). Dies ist vorliegend für die Antragstellerin erfolgt. Jedenfalls mit der Aushändigung der „Wichtige Mitteilung“ am 9. November 2018 in spanischer Sprache gegen Unterschrift erfolgte eine inhaltlich richtige und ausreichende Belehrung, sodass auch dahinstehen kann, ob die zuvor erteilten Hinweise in englischer Sprache bereits ausreichend waren. Auch auf den unübersetzten Hinweis im Ladungsschreiben selbst kommt es nicht mehr an.

In der Mitteilung, die der Antragstellerin am 9. November 2018 gegen Unterschrift ausgehändigt worden ist, ist auf dessen Seite 3 unter der Überschrift „Nichtbetreiben des Verfahrens“ erster Absatz klar und eindeutig und dem Gesetzeswortlaut des § 33 Abs. 1 AsylG entsprechend ausgeführt, dass der Asylantrag als zurückgenommen betrachtet werden kann, wenn das Asylverfahren nicht betrieben wird. Zusätzlich wird im vierten Absatz ausgeführt, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Bundesamt das Verfahren einstellt und ohne weitere Anhörung nach Aktenlage über Abschiebungsverbote entscheidet. Damit ist die gesetzliche Rechtsfolge des Nichtbetreibens hinreichend deutlich dargelegt worden. Aus der Formulierung „kann“ im ersten Absatz des Hinweisschreibens kann sich für die Antragstellerin kein vernünftiger Zweifel hinsichtlich der in Prinzip zwingenden Rechtsfolgen ergeben. Die Formulierung im vierten Absatz spätestens ist eindeutig.

Nicht erforderlich ist es nach § 33 Abs. 4 AsylG, den Asylantragsteller konkret darüber zu informieren, dass bei einem Nichterscheinen zur Anhörung ein Nichtbetreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG vermutet wird. Die Belehrungspflicht bezieht sich ausdrücklich nur auf Abs. 1 und Abs. 3 (so auch BeckOK, a.a.O.)

Die Ausreisefrist von einer Woche ergibt sich aus § 38 Abs. 2 VwGO. Die Regelung ist eindeutig, wenngleich die Regelung nur schwer mit der Rechtsbehelfsfrist von zwei Wochen in Einklang zu bringen ist.

Nach Aktenlage waren und sind Abschiebungsverbote für die Antragstellerin, die der Abschiebungsandrohung entgegenstünden, nicht erkennbar und glaubhaft gemacht.

Die Kostenentscheidung des damit erfolglosen Antrags beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage W 5 K 17.31203 gegen den Bescheid des Bundesamts für ... vom 22. Februar 2017 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der angedrohten Abschiebung in sein Herkunftsland, nachdem sein Asylverfahren zum zweiten Mal wegen Nichtbetreiben des Verfahrens eingestellt wurde.

1. Der Antragsteller, nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit, reiste am 23. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 9. Juni 2016 beim Bundesamt für ... (Bundesamt) einen Asylantrag. Mit Schreiben des Bundesamts vom 3. November 2016, gerichtet an seinen damaligen Bevollmächtigten und diesem zugestellt am 7. November 2016, wurde der Antragsteller für den 22. November 2016 zur persönlichen Anhörung geladen, zu der er nicht erschien.

Mit Bescheid vom 25. November 2016 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und stellte das Asylverfahren ein (Nr. 1). Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen den Bescheid, der am 28. November 2016 zur Post gegeben worden war, ließ der Antragsteller am 14. Dezember 2016 beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben (W 5 K 16.32503), über die noch nicht entschieden ist.

Am 15. Dezember 2016 stellte der Antragsteller beim Bundesamt einen neuen Asylantrag, der als Fortführungsantrag nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG behandelt wurde (vgl. Aktenvermerk, Bl. 36 der Bundesamtsakte). Mit Schreiben vom 25. Januar 2017, gerichtet an seinen damaligen Bevollmächtigten und diesem zugestellt am 27. Januar 2017, wurde der Antragsteller für den 6. Februar 2017 zur persönlichen Anhörung geladen, zu der er nicht erschien.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2017 hob das Bundesamt den Bescheid vom 25. November 2016 auf und zwar mit der Begründung, dass der neue Antrag vom 15. Dezember 2016 als Fortführungsantrag gemäß § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG anzusehen sei und demzufolge die Prüfung des Verfahrens in dem Verfahrensabschnitt wiederaufgenommen werde, in dem es eingestellt worden sei.

2. Mit weiterem Bescheid vom 22. Februar 2017 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und stellte das Asylverfahren ein (Nr. 1). Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung in sein Herkunftsland aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller ohne genügende Entschuldigung nicht zum Anhörungstermin erschienen sei, so dass nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG zu vermuten sei, dass er das Verfahren nicht betreibe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Bereits das augenscheinliche Desinteresse an der Weiterführung des Asylverfahrens als auch die ungeklärte Staatsangehörigkeit ließen drohende Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Heimatland zweifelhaft erscheinen.

3. Gegen diesen Bescheid, der am 1. März 2017 zur Post gegeben wurde, ließ der Antragsteller durch seine jetzige Bevollmächtigte im Verfahren W 5 K 17.31203 am 15. März 2017 Klage erheben und am 16. März 2017 im vorliegenden Verfahren gleichzeitig beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts für ... vom 22. Februar 2017 anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen: Bereits die Ladung zum ersten Anhörungstermin sei dem Antragsteller erst nach Ablauf des Termins zugegangen. Auch die Ladung zu dem Termin vom 6. Februar 2017 sei dem Antragsteller verspätet zugegangen, nämlich erst am 8. Februar 2017. Sie sei mit Schreiben des früheren Bevollmächtigten des Antragstellers vom 30. Januar 2017 an den Antragsteller weitergeleitet worden. Ausweislich des beigefügten Briefumschlags sei dieser allerdings erst am 8. Februar 2017 von der Deutschen Post abgestempelt worden und sei dem Antragsteller erst am 9. Februar 2017 zugestellt worden. Den Antragsteller, der unbedingt die Anhörung habe wahrnehmen wollen, treffe selbst kein Verschulden an dem Fernbleiben zum Termin. Auch aus einer Korrespondenz der Caritas Kitzingen mit dem Bundesamt lasse sich entnehmen, dass der Antragsteller sein Verfahren weiterbetreiben möchte. Zudem lägen beim Antragsteller Abschiebungsverbote vor, denn er sei zum christlichen Glauben konvertiert. Da Christen in Afghanistan regelmäßig verfolgt würden, bestehe im Falle einer Rückkehr eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Antragstellers. Beigefügt war der Antragsschrift eine Taufbescheinigung für den Antragsteller, ausgestellt von der dem Bauhaus e.V. Kitzingen sowie eine Bestätigung dieser freikirchlichen Vereinigung hinsichtlich der christlichen Aktivitäten des Antragstellers.

4. Das Bundesamt äußerte sich nicht.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 5 K 17.31203 und der Akte W 5 K 16.32503) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG) gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts vom 22. Februar 2017 anzuordnen, hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz richtet sich auf eine Klage, die fristgemäß innerhalb der gemäß § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG maßgeblichen Zweiwochenfrist erhoben wurde (vgl. VG Berlin, B.v. 19.8.2016 - 6 L 417.16 A; VG Köln, B.v. 12.7.2016 - 3 L 1544/16.A - beide juris). Die auf eine Woche verkürzte Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG gilt im vorliegenden Fall nicht; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nicht innerhalb einer Woche zu stellen, da es für die Einstellung des Verfahrens an einer § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG und § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG entsprechenden Regelung fehlt (vgl. VG Minden, B.v. 26.7.2016 - 10 L 1078/16.A - juris).

Es besteht vorliegend auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers.

Hinsichtlich der erstmaligen Einstellung des Asylverfahrens nach § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG ist umstritten, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG eine einfachere und effektivere Möglichkeit zur Realisierung des Rechtsschutzes darstellt (bejahend u.a. VG Würzburg, B.v. 22.3.2017 - W 5 S. 17.31205; B.v. 10.2.2017 - W 6 S. 17.30513; VG Ansbach, B.v. 14.11.2016 - AN 4 S. 16.31794 - juris; a.A. z. B. VG Augsburg, B.v. 12.1.2017 - Au 5 S. 17.30077 - juris; siehe auch Heusch in Beck‘scher Online-Kommentar, AuslR, 13. Edition, Stand: 11.2.2017, § 33 AsylG Rn. 40 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um eine erstmalige Einstellung, sondern um eine zweite Einstellung. Bei dieser kann der Antragsteller jedenfalls nicht auf das Wiederaufnahmeverfahren (§ 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG) verwiesen werden, mit der Folge, dass das Bundesamt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder aufnimmt, in dem es eingestellt wurde (§ 33 Abs. 5 Satz 5 AsylG). Vielmehr ist das Asylverfahren nach § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG abweichend hiervon nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag (Wiederaufnahmeantrag bzw. Asylantrag nach Satz 2 bzw. 4) als Folgeantrag (§ 71 AsylG) zu behandeln, wenn das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war, mithin das Verfahren zum zweiten Mal eingestellt wurde. Der Antragsteller kann in diesem Fall nur unter den Voraussetzungen, die für die Stellung eines Asylfolgeantrags gelten, die erneute Prüfung eines Asylbegehrens verlangen. Da hier der Verweis auf das Wiederaufnahmeverfahren auf jeden Fall ausscheidet, stellt sich die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses nicht (vgl. Heusch in Beck‘scher Online-Kommentar, AuslR, § 33 AsylG Rn. 41)

2. Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Bei der Entscheidung über den vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das Gericht eine eigenständige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Hierbei ist insbesondere auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen. Ist die Klage in der Hauptsache im Rahmen einer summarischen Prüfung offensichtlich erfolgreich, kann kein überwiegendes öffentliches Interesse am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides bestehen. Andererseits kann der Antragsteller kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts verschont zu bleiben. Insoweit ist eine summarische Prüfung der Rechtslage geboten, aber auch ausreichend.

Der Maßstab des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, nach dem die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, ist vorliegend nicht anwendbar. Denn § 36 AsylG gilt ausweislich seiner amtlichen Überschrift nur bei Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG und bei offensichtlicher Unbegründetheit, nicht jedoch im Fall der vorliegenden Einstellung nach § 33 AsylG. § 38 Abs. 2 AsylG hingegen enthält keine § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG entsprechende Regelung (vgl. VG Minden, B.v. 26.7.2016 - 10 L 1078/16.A - juris).

Unter Berücksichtigung der vg. Grundsätze überwiegt vorliegend das Suspensivinteresse des Antragstellers das behördliche Vollzugsinteresse. Denn die angegriffene Abschiebungsandrohung wie auch die Ausreiseaufforderung des Bundesamts ist bei summarischer Prüfung voraussichtlich rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Denn es spricht nach summarischer Prüfung einiges dafür, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG wohl nicht vorliegen.

2.1. Allerdings hat das Bundesamt - jedenfalls nach summarischer Prüfung - wohl zu Recht in Nr. 1 des Bescheids vom 22. Februar 2017 die Einstellung des Asylverfahrens des Antragstellers wegen Nichtbetreibens nach § 33 AsylG ausgesprochen.

Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG stellt das Bundesamt das Asylverfahren ein, wenn der Asylantrag nach § 33 Abs. 1 AsylG als zurückgenommen gilt, weil der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AsylG wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist und nicht unverzüglich nachweist, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte.

Nach summarischer Prüfung muss hier das Gericht davon ausgehen, dass der Antragsteller weder im Zusammenhang mit dem Nichterscheinen zur Anhörung am 22. November 2016 noch zur Anhörung am 6. Februar 2017 (unverzüglich) nachgewiesen hat, dass das jeweilige Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Unerlässliche Voraussetzung für § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG ist immer, dass der Ausländer ordnungsgemäß geladen wurde, was vorliegend geschehen ist. Zu beiden Anhörungsterminen hat der (damalige) Bevollmächtigte des Antragstellers eine Ladung erhalten. Hinsichtlich der ersten Ladung wurden von Antragstellerseite keinerlei Umstände vorgetragen, die ihn hinsichtlich des Nichterscheinens entlasten könnten. Hinsichtlich der zweiten Anhörung lässt er vortragen, dass sein damaliger Bevollmächtigter die Ladung rechtzeitig erhalten, sie ihm aber verspätet weitergeleitet habe. Dies kann den Antragsteller nicht entlasten, vielmehr muss er sich ein etwaiges Verschulden seines Bevollmächtigten nach allgemeinen Grundsätzen zurechnen lassen. Denn die Formulierung „keinen Einfluss hatte“ ist nämlich nicht anders gemeint als „mangelndes Verschulden“ (GK-AsylG, Stand Juli 2016, § 33 Rn. 61). Dafür, dass sich der frühere Bevollmächtigte des Antragstellers exkulpieren könnte, ist weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

2.2. Anders als das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, kommt nach summarischer Prüfung hier allerdings das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Betracht.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Auslän-ders in einen anderen Staat abgesehen werden‚ wenn dort für diesen Aus-länder eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib‚ Leben oder Freiheit besteht.

Vorliegend beruft sich der Antragsteller auf eine Konversion zum Christentum, die er durch die vorgelegte Taufurkunde und ein Begleitschreiben belegen möchte und eine daraus folgende Gefährdung für Leib und Leben bei einer Rückkehr ins Heimatland.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Urteil vom 26. April 2016 - W 1 K 16.30268 - ausgeführt:

„Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S. 11; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Hamburg v. 22.12.2004 Az. 508-516.80/43288; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 19). Im Fall des Wechsels vom Islam zu einer anderen Religion kommt Scharia-Recht zur Anwendung. Der Abfall vom Islam, d.h. die sogenannte Apostasie, wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht. Die Todesstrafe wegen Konversion wurde zwar nach Kenntnissen des Auswärtigen Amtes bisher nie vollstreckt (Lagebericht am a.a.O., S. 12). Konvertiten drohen jedoch Gefahren oft auch aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld, da der Abfall vom Islam in der streng muslimisch geprägten Gesellschaft als Schande für die Familienehre angesehen wird (Lagebericht a.a.O.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, zusammenfassende Übersetzung vom 24.3.2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 19; Internationale Gesellschaft für Menschenrechte - IGFM, Situation christlicher Konvertiten in Afghanistan - Stellungnahme vom 27.2.2008, S. 1, 8. ff.; Dr. M. D., Gutachten vom 13.5.2004 an das VG Braunschweig, S. 1 ff.). Nach den in Afghanistan vorherrschenden (sunnitischen und schiitischen) Rechtsschulen muss ein vom Islam Abgefallener zur Reue aufgefordert werden. Der Betroffene hat dann drei Tage Bedenkzeit. Widerruft er bis dahin seinen Glaubenswechsel nicht, so ist sein Leben nach islamischer Rechtsauffassung verwirkt (IGFM, Stellungnahme v. 27.2.2008, S. 8; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6). Konvertierte Moslems sind in Afghanistan daher für den Fall, dass sie ihren Glauben nicht ablegen bzw. nicht verleugnen wollen und zur Wahrung des äußeren muslimischen Anscheins an muslimischen Riten, wie dem fünfmal täglichen Gebet, den Moscheebesuch oder islamischen Feierlichkeiten sich entziehen wollen, der Gefahr erheblicher Repressalien auch im privaten Umfeld bis hin zu Ehrenmorden ausgesetzt (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 22.12.2004, S. 2; UNHCR-Richtlinien 2011, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe a.a.O., S. 19; IGFM a.a.O. S. 5, 8 f.; Dr. D. a.a.O., S. 1 f., 3 ff.). Dies gilt nach der Überzeugung des Gerichts entsprechend für vom Glauben abgefallene, aber nicht zum Christentum konvertierte Muslime, weil der maßgebliche Anknüpfungspunkt der Verfolgungsmaßnahmen nicht die Hinwendung zum Christentum ist, sondern die Apostasie, d.h. der Abfall vom muslimischen Glauben (vgl. VG Magdeburg, U.v. 30.9.2014 - 5 A 193/13 MD - juris).“

Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an, zumal auch aus den neueren Erkenntnismitteln sich nichts Abweichendes ergibt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, Stand September 2016, S. 10).

Die Prüfung, ob der Antragsteller eine ernsthafte und glaubhafte Annahme des christlichen Glauben vollzogen hat und er aufgrund der Ablehnung der Teilnahme an religiösen islamischen Riten in seinem Herkunftsland daher bei einer Abschiebung einer extremen individuellen Gefahrensituation ausgesetzt würde, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Da somit im Rahmen der im vorliegenden Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots in sein Herkunftsland vorliegen, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(2) Es wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er

1.
einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist,
2.
untergetaucht ist oder
3.
gegen die räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung gemäß § 56 verstoßen hat, der er wegen einer Wohnverpflichtung nach § 30a Absatz 3 unterliegt.
Die Vermutung nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Ausländer innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung nach Absatz 1 nachweist, dass das in Satz 1 Nummer 1 genannte Versäumnis oder die in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannte Handlung auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen. Wurde das Verfahren als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(3) Als Nichtbetreiben des Verfahrens gilt ferner, wenn der Ausländer während des Asylverfahrens in seinen Herkunftsstaat gereist ist.

(4) Der Ausländer ist auf die nach den Absätzen 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

(5) Ein Ausländer, dessen Asylverfahren gemäß Absatz 1 eingestellt worden ist, kann die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Der Antrag ist persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in welcher der Ausländer vor der Einstellung des Verfahrens zu wohnen verpflichtet war. Stellt der Ausländer einen neuen Asylantrag, so gilt dieser als Antrag im Sinne des Satzes 1. Das Bundesamt nimmt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder auf, in dem sie eingestellt wurde. Abweichend von Satz 4 ist das Asylverfahren nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag nach Satz 1 oder Satz 3 ist als Folgeantrag (§ 71) zu behandeln, wenn

1.
die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder
2.
das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war.
Wird ein Verfahren nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen, das vor der Einstellung als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt wurde, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(6) Für Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 5 gilt § 36 Absatz 3 entsprechend.

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass sein Asylantrag wegen Untertauchens als zurückgenommen gelte.

Der laut eigenen Angaben im Juli 2016 auf dem Landweg über Bulgarien ins Bundesgebiet eingereiste Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 22. Juli 2016 einen Asylantrag und wurde dazu am 5. September 2016 persönlich angehört. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 wurde ihm ein Wohnsitz in einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2017 bat sein Bevollmächtigter unter Vorlage einer Verfahrensvollmacht um Mitteilung des Sachstands. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) teilte ihm mit Schreiben vom 1. März 2017 mit, dass die Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren abgelaufen und eine Überstellung in einen anderen Mitgliedsstaat nicht mehr möglich sei; der Kläger werde demnächst einen Termin zur Anhörung erhalten.

Mit Schreiben ebenfalls vom 1. März 2017 teilte die Ausländerbehörde dem Bundesamt mit, der Kläger sei seit dem 1. Februar 2017 unbekannten Aufenthalts und von Amts wegen abgemeldet worden, weil er seinen Aufenthaltsort geändert habe, ohne bei der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar sei.

Das Bundesamt stellte daraufhin mit Bescheid vom 3. März 2017 fest, der Asylantrag gelte als zurückgenommen und das Asylverfahren sei eingestellt (1.); Abschiebungsverbote lägen nicht vor (2.); der Kläger werde unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert (3.); das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot werde auf 30 Tage befristet (4.). In der Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach den Erkenntnissen des Bundesamts untergetaucht; demzufolge werde vermutet, dass er das Verfahren im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG nicht betreibe.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Anfechtungsklage ließ der Kläger u. a. vortragen, seine zunächst bis 24. Januar 2017 gültige Aufenthaltsgestattung sei erst verspätet Ende Februar 2017 bis zum 22. April 2017 verlängert worden; dies könne zur voreiligen Annahme der Ausländerbehörde geführt haben, er sei untergetaucht. Tatsächlich habe er sich vom 5. bis 20. Februar 2017 bei seinem Bruder aufgehalten.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichts erklärte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 29. März 2017, der Kläger sei vom Unterkunftsbetreiber der Gemeinschaftsunterkunft rückwirkend zum 1. Februar 2017 abgemeldet worden, da er untergetaucht bzw. unbekannten Aufenthalts gewesen sei. Auf telefonische Nachfrage habe der Unterkunftsleiter aber nunmehr mitgeteilt, dass eine Wiederanmeldung des Klägers rückwirkend zum 20. Februar 2017 erfolgt sei; eine diesbezügliche E-Mail des Unterkunftsleiters vom 27. Februar 2017 sei jedoch weder bei der Ausländerbehörde noch beim Sozialamt angekommen. In einer dem Schreiben der Ausländerbehörde beigefügten E-Mail des Unterkunftsleiters vom 29. März 2017 wird dargelegt, dass der Kläger sich mehrere Wochen nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern bei seinem Bruder befunden habe.

Laut einer Auskunft der Ausländerbehörde wurde dem Kläger die Verlängerung der bereits abgelaufenen Aufenthaltsgestattung am 27. Februar 2017 persönlich gegen Unterschrift ausgehändigt.

Mit Urteil vom 19. Juli 2017 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten stehe fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 5. bis 20 Februar 2017 unbekannten Aufenthalts und damit untergetaucht gewesen sei, nach Mitteilung der Ausländerbehörde sogar schon ab dem 1. Februar 2017. Das Bundesamt habe keine Zweifel an der Meldung der Ausländerbehörde haben müssen, wonach der Kläger unbekannten Aufenthalts sei. Einem Untertauchen und der in § 33 Abs. 1 AsylG genannten Folge stehe nicht entgegen, dass der Kläger nach mehrwöchiger Abwesenheit wieder Wohnsitz in seiner früheren Unterkunft genommen habe, mithin wieder aufgetaucht sei. Die Fiktion des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 AsylG sei bereits eingetreten gewesen, als der Kläger nach mehrwöchiger Abwesenheit wieder in der Unterkunft aufgetaucht sei. § 33 AsylG gehe davon aus, dass auch untergetauchte Asylbewerber wieder auftauchen und ihr Verfahren fortführen könnten; insoweit könne ein Wiederaufnahmeantrag gestellt werden. Es wirke sich auch nicht zugunsten des Klägers aus, dass sein Wiederauftauchen in der Unterkunft der Ausländerbehörde erst am 29. März 2017 bekannt geworden sei. Weder diese Behörde noch der Unterkunftsleiter oder das Bundesamt hätten eine Nachforschungspflicht bezüglich des Verbleibs eines Asylbewerbers. Für diesen bestünden vielmehr Mitwirkungsobliegenheiten nach §§ 10, 15 AsylG, über die auch der Kläger gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ordnungsgemäß belehrt worden sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Juli 2017 abzuändern und den Bescheid des Bundesamts vom 3. März 2017 aufzuheben.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Über die Berufung kann aufgrund des Verzichts der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Die vom Kläger eingelegte Berufung, deren Begründung fristgerecht am 14. Mai 2018 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 3. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die auf § 32 AsylG gestützten Feststellungen des Bundesamts über die Einstellung des Verfahrens und über das Nichtvorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind rechtmäßig ergangen, da ein Fall der fiktiven Antragsrücknahme nach § 33 Abs. 1 AsylG gegeben ist. Nach der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG greift die Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens, weil der Kläger „untergetaucht ist“.

1. Der Kläger, der gemäß § 33 Abs. 4 AsylG auf die nach Absatz 1 eintretenden Rechtsfolgen hingewiesen wurde, hat sich unstreitig für mehr als zwei Wochen (nach seinen Angaben vom 5. bis 20.2.2017, nach Auskunft des Unterkunftsleiters vom 1. bis 20.2.2017) nicht an dem zugewiesenen Wohnort in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern an einem – den zuständigen Behörden damals unbekannten – anderen Ort im Bundesgebiet aufgehalten. Dies erfüllte den Begriff des „Untertauchens“ im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG.

Nach der Gesetzesbegründung gilt ein Ausländer im Sinne der genannten Vorschrift als untergetaucht, „wenn er für die staatlichen Behörden nicht auffindbar ist“; das Bundesamt hat diesen Sachverhalt in der Akte zu dokumentieren (BT-Drs. 18/7538 S. 17). Ob sich diesen Formulierungen entnehmen lässt, dass das Bundesamt vor einer Verfahrenseinstellung zunächst versuchen muss, den aktuellen Aufenthaltsort des Antragstellers durch Rückfragen bei der Ausländerbehörde und anderen öffentlichen Stellen (Einwohnermeldeamt, Sozialamt etc.) von sich aus zu ermitteln (so Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 33 Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch VG München, B.v. 8.8.2017 – M 9 S 17.39626 – juris Rn. 19 f.), kann hier offenbleiben. Denn es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass der Kläger die Anschrift seines in Baden-Württemberg lebenden Bruders, bei dem er sich damals besuchsweise aufgehalten hat, irgendeiner amtlichen Stelle vor oder während seiner Abwesenheit von der Gemeinschaftsunterkunft mitgeteilt hätte. Ein möglicher Versuch zur Aufenthaltsermittlung im Verlauf des genannten Zeitraums wäre daher in jedem Fall ergebnislos verlaufen.

Dass der tatsächliche Aufenthaltsort des Klägers den für die Durchführung des Asylverfahrens und für die Unterbringung zuständigen Behörden für eine Dauer von (mindestens) fünfzehn Tagen nicht bekannt war, reichte aus, um schon von einem „Untertauchen“ zu sprechen. Es handelt sich um einen nicht unerheblichen Zeitraum, der die Annahme erlaubte, dass der Asylbewerber nicht bloß vorübergehend für wenige Nächte abwesend war, sondern an einem den staatlichen Behörden unbekannten Ort für eine gewisse Dauer untergekommen war. Dass nach heutigem Verständnis etwa im Falle einer Urlaubsreise selbst drei Wochen noch als gängige Dauer der nur zeitweiligen Abwesenheit vom gewöhnlichen Wohnort gelten, führt entgegen dem Vorbringen des Klägers zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Verpflichtung eines Asylbewerbers, sich für die Durchführung des Verfahrens jederzeit bereit zu halten, schließt ein wochenlanges unangemeldetes Fernbleiben vom zugewiesenen Aufenthaltsort aus. Zur Konkretisierung des für den Begriff des „Untertauchens“ regelmäßig erforderlichen Mindestzeitraums kann die Vorschrift des § 66 Abs. 1 Nr. 2 AsylG herangezogen werden, wonach ein Ausländer zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben werden kann, wenn sein Aufenthaltsort unbekannt ist und er die Aufenthaltseinrichtung verlassen hat und „innerhalb einer Woche“ nicht zurückgekehrt ist.

2. Dem Erlass des Einstellungsbescheids nach § 32 i. V. m. § 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG steht nicht entgegen, dass sich der Kläger ab dem 20. Februar 2017 mit Wissen des Unterkunftsleiters wieder in der Gemeinschaftsunterkunft aufgehalten hat und daher bei Erlass des angegriffenen Bundesamtsbescheids am 3. März 2017 nicht mehr „untergetaucht“, sondern an dem zugewiesenen Wohnort „wiederaufgetaucht“ war. Denn die in § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG enthaltene Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens setzt nicht voraus, dass der Zustand des „Untergetauchtseins“ auch dann noch vorliegt, wenn das Bundesamt seine Einstellungsentscheidung trifft (a. A. wohl Hailbronner, AsylG, § 33 Rn. 13).

Die vom Gesetzgeber gewählte Perfektform („wenn er… untergetaucht ist“), die einen noch anhaltenden Zustand bezeichnet, bezieht sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach nicht auf den Zeitpunkt der lediglich deklaratorischen Entscheidung nach § 32 AsylG, sondern auf den (vorherigen) Zeitpunkt des Entstehens der widerlegbaren Vermutung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 AsylG und die dadurch zugleich eintretende Rechtswirkung der Rücknahmefiktion nach § 33 Abs. 1 AsylG. Ist ein Asylbewerber infolge einer unangemeldeten Abwesenheit vom zugewiesenen Aufenthaltsort für die zuständigen staatlichen Stellen nicht mehr auffindbar, so treten die Vermutungs- und Fiktionswirkungen des § 33 Abs. 1 und 2 AsylG unmittelbar kraft Gesetzes ein, sobald die für ein „Untertauchen“ begriffsnotwendige (einwöchige) Mindestdauer des unbekannten Aufenthalts erreicht ist (vgl. Funke-Kaiser in GK AsylG, § 33 Rn. 58). Dies steht im Einklang mit Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 Buchst. b RL 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten „davon ausgehen (können), dass der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz stillschweigend zurückgezogen hat oder das Verfahren nicht weiter betreibt, wenn er nachweislich… untergetaucht ist“. Auch die unionsrechtliche Ermächtigungsnorm wählt als zeitlichen Bezugspunkt für die vorzeitige Verfahrensbeendigung das im „Untertauchen“ liegende Verhalten des Asylbewerbers und nicht eine daran anknüpfende Behördenentscheidung.

Dass ein vor Erlass des Einstellungsbescheids stattfindendes „Wiederauftauchen“ des Asylbewerbers nach längerem „Untertauchen“ die nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 AsylG eingetretene Rücknahmefiktion nicht entfallen lässt, entspricht der vergleichbaren Rechtslage bei den anderen durch aktives Tun eintretenden Rücknahmefiktionen, also bei Verstößen gegen die räumliche Beschränkung einer Aufenthaltsgestattung (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder bei Reisen in den Herkunftsstaat während des Asylverfahrens (§ 33 Abs. 3 AsylG). Denn auch in diesen Fällen hat ein nachfolgendes gegenläufiges Verhalten, also die Rückkehr in den Bezirk der für die Aufnahmeeinrichtung zuständigen Ausländerbehörde bzw. die Wiedereinreise ins Bundesgebiet nicht zur Folge, dass damit der bereits verwirklichte Beendigungstatbestand rückwirkend entfallen und das Asylverfahren wiederaufleben würde.

Der hier vertretenen Rechtsauffassung steht auch nicht die Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG entgegen, wonach in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung die Sach- und Rechtslage zu demjenigen Zeitpunkt maßgebend ist, in dem die gerichtliche Entscheidung gefällt wird. Danach kommt es zwar für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Einstellungsbescheids darauf an, ob die Voraussetzungen der §§ 32, 33 AsylG noch im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung vorliegen (BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 10 C 1.13 – BVerwGE 147, 329 = NVwZ 2014, 158 Rn. 38). Dies bedeutet aber nicht, dass ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal (wie hier das „Untertauchen“), dessen Erfüllung in der Vergangenheit eine dauerhafte Rechtsfolge (hier: die Fiktion der Antragsrücknahme) bewirkt hat, noch bis zur abschließenden Entscheidung im Gerichtsverfahren gegeben sein müsste. Die einmal eingetretene Rücknahmefiktion, die den Einstellungsbescheid rechtfertigt, bleibt demnach auch im vorliegenden Fall bestehen, obwohl der Kläger das zugrundeliegende Verhalten inzwischen aufgegeben hat.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

III.

Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Voraussetzungen für ein „Untertauchen“ im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG bisher höchstrichterlich nicht geklärt sind.

(1) Der Ausländer kann zur Aufenthaltsermittlung im Ausländerzentralregister und in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthaltsort unbekannt ist und er

1.
innerhalb einer Woche nicht in der Aufnahmeeinrichtung eintrifft, an die er weitergeleitet worden ist,
2.
die Aufnahmeeinrichtung verlassen hat und innerhalb einer Woche nicht zurückgekehrt ist,
3.
einer Zuweisungsverfügung oder einer Verfügung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 innerhalb einer Woche nicht Folge geleistet hat oder
4.
unter der von ihm angegebenen Anschrift oder der Anschrift der Unterkunft, in der er Wohnung zu nehmen hat, nicht erreichbar ist;
die in Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen liegen vor, wenn der Ausländer eine an die Anschrift bewirkte Zustellung nicht innerhalb von zwei Wochen in Empfang genommen hat.

(2) Zuständig, die Ausschreibung zu veranlassen, sind die Aufnahmeeinrichtung, die Ausländerbehörde, in deren Bezirk sich der Ausländer aufzuhalten oder Wohnung zu nehmen hat, und das Bundesamt. Die Ausschreibung darf nur von hierzu besonders ermächtigten Personen veranlasst werden.

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass sein Asylantrag wegen Untertauchens als zurückgenommen gelte.

Der laut eigenen Angaben im Juli 2016 auf dem Landweg über Bulgarien ins Bundesgebiet eingereiste Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 22. Juli 2016 einen Asylantrag und wurde dazu am 5. September 2016 persönlich angehört. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 wurde ihm ein Wohnsitz in einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2017 bat sein Bevollmächtigter unter Vorlage einer Verfahrensvollmacht um Mitteilung des Sachstands. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) teilte ihm mit Schreiben vom 1. März 2017 mit, dass die Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren abgelaufen und eine Überstellung in einen anderen Mitgliedsstaat nicht mehr möglich sei; der Kläger werde demnächst einen Termin zur Anhörung erhalten.

Mit Schreiben ebenfalls vom 1. März 2017 teilte die Ausländerbehörde dem Bundesamt mit, der Kläger sei seit dem 1. Februar 2017 unbekannten Aufenthalts und von Amts wegen abgemeldet worden, weil er seinen Aufenthaltsort geändert habe, ohne bei der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar sei.

Das Bundesamt stellte daraufhin mit Bescheid vom 3. März 2017 fest, der Asylantrag gelte als zurückgenommen und das Asylverfahren sei eingestellt (1.); Abschiebungsverbote lägen nicht vor (2.); der Kläger werde unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert (3.); das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot werde auf 30 Tage befristet (4.). In der Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach den Erkenntnissen des Bundesamts untergetaucht; demzufolge werde vermutet, dass er das Verfahren im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG nicht betreibe.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Anfechtungsklage ließ der Kläger u. a. vortragen, seine zunächst bis 24. Januar 2017 gültige Aufenthaltsgestattung sei erst verspätet Ende Februar 2017 bis zum 22. April 2017 verlängert worden; dies könne zur voreiligen Annahme der Ausländerbehörde geführt haben, er sei untergetaucht. Tatsächlich habe er sich vom 5. bis 20. Februar 2017 bei seinem Bruder aufgehalten.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichts erklärte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 29. März 2017, der Kläger sei vom Unterkunftsbetreiber der Gemeinschaftsunterkunft rückwirkend zum 1. Februar 2017 abgemeldet worden, da er untergetaucht bzw. unbekannten Aufenthalts gewesen sei. Auf telefonische Nachfrage habe der Unterkunftsleiter aber nunmehr mitgeteilt, dass eine Wiederanmeldung des Klägers rückwirkend zum 20. Februar 2017 erfolgt sei; eine diesbezügliche E-Mail des Unterkunftsleiters vom 27. Februar 2017 sei jedoch weder bei der Ausländerbehörde noch beim Sozialamt angekommen. In einer dem Schreiben der Ausländerbehörde beigefügten E-Mail des Unterkunftsleiters vom 29. März 2017 wird dargelegt, dass der Kläger sich mehrere Wochen nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern bei seinem Bruder befunden habe.

Laut einer Auskunft der Ausländerbehörde wurde dem Kläger die Verlängerung der bereits abgelaufenen Aufenthaltsgestattung am 27. Februar 2017 persönlich gegen Unterschrift ausgehändigt.

Mit Urteil vom 19. Juli 2017 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten stehe fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 5. bis 20 Februar 2017 unbekannten Aufenthalts und damit untergetaucht gewesen sei, nach Mitteilung der Ausländerbehörde sogar schon ab dem 1. Februar 2017. Das Bundesamt habe keine Zweifel an der Meldung der Ausländerbehörde haben müssen, wonach der Kläger unbekannten Aufenthalts sei. Einem Untertauchen und der in § 33 Abs. 1 AsylG genannten Folge stehe nicht entgegen, dass der Kläger nach mehrwöchiger Abwesenheit wieder Wohnsitz in seiner früheren Unterkunft genommen habe, mithin wieder aufgetaucht sei. Die Fiktion des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 AsylG sei bereits eingetreten gewesen, als der Kläger nach mehrwöchiger Abwesenheit wieder in der Unterkunft aufgetaucht sei. § 33 AsylG gehe davon aus, dass auch untergetauchte Asylbewerber wieder auftauchen und ihr Verfahren fortführen könnten; insoweit könne ein Wiederaufnahmeantrag gestellt werden. Es wirke sich auch nicht zugunsten des Klägers aus, dass sein Wiederauftauchen in der Unterkunft der Ausländerbehörde erst am 29. März 2017 bekannt geworden sei. Weder diese Behörde noch der Unterkunftsleiter oder das Bundesamt hätten eine Nachforschungspflicht bezüglich des Verbleibs eines Asylbewerbers. Für diesen bestünden vielmehr Mitwirkungsobliegenheiten nach §§ 10, 15 AsylG, über die auch der Kläger gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ordnungsgemäß belehrt worden sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Juli 2017 abzuändern und den Bescheid des Bundesamts vom 3. März 2017 aufzuheben.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Über die Berufung kann aufgrund des Verzichts der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Die vom Kläger eingelegte Berufung, deren Begründung fristgerecht am 14. Mai 2018 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 3. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die auf § 32 AsylG gestützten Feststellungen des Bundesamts über die Einstellung des Verfahrens und über das Nichtvorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind rechtmäßig ergangen, da ein Fall der fiktiven Antragsrücknahme nach § 33 Abs. 1 AsylG gegeben ist. Nach der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG greift die Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens, weil der Kläger „untergetaucht ist“.

1. Der Kläger, der gemäß § 33 Abs. 4 AsylG auf die nach Absatz 1 eintretenden Rechtsfolgen hingewiesen wurde, hat sich unstreitig für mehr als zwei Wochen (nach seinen Angaben vom 5. bis 20.2.2017, nach Auskunft des Unterkunftsleiters vom 1. bis 20.2.2017) nicht an dem zugewiesenen Wohnort in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern an einem – den zuständigen Behörden damals unbekannten – anderen Ort im Bundesgebiet aufgehalten. Dies erfüllte den Begriff des „Untertauchens“ im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG.

Nach der Gesetzesbegründung gilt ein Ausländer im Sinne der genannten Vorschrift als untergetaucht, „wenn er für die staatlichen Behörden nicht auffindbar ist“; das Bundesamt hat diesen Sachverhalt in der Akte zu dokumentieren (BT-Drs. 18/7538 S. 17). Ob sich diesen Formulierungen entnehmen lässt, dass das Bundesamt vor einer Verfahrenseinstellung zunächst versuchen muss, den aktuellen Aufenthaltsort des Antragstellers durch Rückfragen bei der Ausländerbehörde und anderen öffentlichen Stellen (Einwohnermeldeamt, Sozialamt etc.) von sich aus zu ermitteln (so Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 33 Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch VG München, B.v. 8.8.2017 – M 9 S 17.39626 – juris Rn. 19 f.), kann hier offenbleiben. Denn es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass der Kläger die Anschrift seines in Baden-Württemberg lebenden Bruders, bei dem er sich damals besuchsweise aufgehalten hat, irgendeiner amtlichen Stelle vor oder während seiner Abwesenheit von der Gemeinschaftsunterkunft mitgeteilt hätte. Ein möglicher Versuch zur Aufenthaltsermittlung im Verlauf des genannten Zeitraums wäre daher in jedem Fall ergebnislos verlaufen.

Dass der tatsächliche Aufenthaltsort des Klägers den für die Durchführung des Asylverfahrens und für die Unterbringung zuständigen Behörden für eine Dauer von (mindestens) fünfzehn Tagen nicht bekannt war, reichte aus, um schon von einem „Untertauchen“ zu sprechen. Es handelt sich um einen nicht unerheblichen Zeitraum, der die Annahme erlaubte, dass der Asylbewerber nicht bloß vorübergehend für wenige Nächte abwesend war, sondern an einem den staatlichen Behörden unbekannten Ort für eine gewisse Dauer untergekommen war. Dass nach heutigem Verständnis etwa im Falle einer Urlaubsreise selbst drei Wochen noch als gängige Dauer der nur zeitweiligen Abwesenheit vom gewöhnlichen Wohnort gelten, führt entgegen dem Vorbringen des Klägers zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Verpflichtung eines Asylbewerbers, sich für die Durchführung des Verfahrens jederzeit bereit zu halten, schließt ein wochenlanges unangemeldetes Fernbleiben vom zugewiesenen Aufenthaltsort aus. Zur Konkretisierung des für den Begriff des „Untertauchens“ regelmäßig erforderlichen Mindestzeitraums kann die Vorschrift des § 66 Abs. 1 Nr. 2 AsylG herangezogen werden, wonach ein Ausländer zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben werden kann, wenn sein Aufenthaltsort unbekannt ist und er die Aufenthaltseinrichtung verlassen hat und „innerhalb einer Woche“ nicht zurückgekehrt ist.

2. Dem Erlass des Einstellungsbescheids nach § 32 i. V. m. § 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG steht nicht entgegen, dass sich der Kläger ab dem 20. Februar 2017 mit Wissen des Unterkunftsleiters wieder in der Gemeinschaftsunterkunft aufgehalten hat und daher bei Erlass des angegriffenen Bundesamtsbescheids am 3. März 2017 nicht mehr „untergetaucht“, sondern an dem zugewiesenen Wohnort „wiederaufgetaucht“ war. Denn die in § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG enthaltene Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens setzt nicht voraus, dass der Zustand des „Untergetauchtseins“ auch dann noch vorliegt, wenn das Bundesamt seine Einstellungsentscheidung trifft (a. A. wohl Hailbronner, AsylG, § 33 Rn. 13).

Die vom Gesetzgeber gewählte Perfektform („wenn er… untergetaucht ist“), die einen noch anhaltenden Zustand bezeichnet, bezieht sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach nicht auf den Zeitpunkt der lediglich deklaratorischen Entscheidung nach § 32 AsylG, sondern auf den (vorherigen) Zeitpunkt des Entstehens der widerlegbaren Vermutung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 AsylG und die dadurch zugleich eintretende Rechtswirkung der Rücknahmefiktion nach § 33 Abs. 1 AsylG. Ist ein Asylbewerber infolge einer unangemeldeten Abwesenheit vom zugewiesenen Aufenthaltsort für die zuständigen staatlichen Stellen nicht mehr auffindbar, so treten die Vermutungs- und Fiktionswirkungen des § 33 Abs. 1 und 2 AsylG unmittelbar kraft Gesetzes ein, sobald die für ein „Untertauchen“ begriffsnotwendige (einwöchige) Mindestdauer des unbekannten Aufenthalts erreicht ist (vgl. Funke-Kaiser in GK AsylG, § 33 Rn. 58). Dies steht im Einklang mit Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 Buchst. b RL 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten „davon ausgehen (können), dass der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz stillschweigend zurückgezogen hat oder das Verfahren nicht weiter betreibt, wenn er nachweislich… untergetaucht ist“. Auch die unionsrechtliche Ermächtigungsnorm wählt als zeitlichen Bezugspunkt für die vorzeitige Verfahrensbeendigung das im „Untertauchen“ liegende Verhalten des Asylbewerbers und nicht eine daran anknüpfende Behördenentscheidung.

Dass ein vor Erlass des Einstellungsbescheids stattfindendes „Wiederauftauchen“ des Asylbewerbers nach längerem „Untertauchen“ die nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 AsylG eingetretene Rücknahmefiktion nicht entfallen lässt, entspricht der vergleichbaren Rechtslage bei den anderen durch aktives Tun eintretenden Rücknahmefiktionen, also bei Verstößen gegen die räumliche Beschränkung einer Aufenthaltsgestattung (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder bei Reisen in den Herkunftsstaat während des Asylverfahrens (§ 33 Abs. 3 AsylG). Denn auch in diesen Fällen hat ein nachfolgendes gegenläufiges Verhalten, also die Rückkehr in den Bezirk der für die Aufnahmeeinrichtung zuständigen Ausländerbehörde bzw. die Wiedereinreise ins Bundesgebiet nicht zur Folge, dass damit der bereits verwirklichte Beendigungstatbestand rückwirkend entfallen und das Asylverfahren wiederaufleben würde.

Der hier vertretenen Rechtsauffassung steht auch nicht die Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG entgegen, wonach in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung die Sach- und Rechtslage zu demjenigen Zeitpunkt maßgebend ist, in dem die gerichtliche Entscheidung gefällt wird. Danach kommt es zwar für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Einstellungsbescheids darauf an, ob die Voraussetzungen der §§ 32, 33 AsylG noch im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung vorliegen (BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 10 C 1.13 – BVerwGE 147, 329 = NVwZ 2014, 158 Rn. 38). Dies bedeutet aber nicht, dass ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal (wie hier das „Untertauchen“), dessen Erfüllung in der Vergangenheit eine dauerhafte Rechtsfolge (hier: die Fiktion der Antragsrücknahme) bewirkt hat, noch bis zur abschließenden Entscheidung im Gerichtsverfahren gegeben sein müsste. Die einmal eingetretene Rücknahmefiktion, die den Einstellungsbescheid rechtfertigt, bleibt demnach auch im vorliegenden Fall bestehen, obwohl der Kläger das zugrundeliegende Verhalten inzwischen aufgegeben hat.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

III.

Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Voraussetzungen für ein „Untertauchen“ im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG bisher höchstrichterlich nicht geklärt sind.

(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(2) Es wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er

1.
einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist,
2.
untergetaucht ist oder
3.
gegen die räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung gemäß § 56 verstoßen hat, der er wegen einer Wohnverpflichtung nach § 30a Absatz 3 unterliegt.
Die Vermutung nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Ausländer innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung nach Absatz 1 nachweist, dass das in Satz 1 Nummer 1 genannte Versäumnis oder die in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannte Handlung auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen. Wurde das Verfahren als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(3) Als Nichtbetreiben des Verfahrens gilt ferner, wenn der Ausländer während des Asylverfahrens in seinen Herkunftsstaat gereist ist.

(4) Der Ausländer ist auf die nach den Absätzen 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

(5) Ein Ausländer, dessen Asylverfahren gemäß Absatz 1 eingestellt worden ist, kann die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Der Antrag ist persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in welcher der Ausländer vor der Einstellung des Verfahrens zu wohnen verpflichtet war. Stellt der Ausländer einen neuen Asylantrag, so gilt dieser als Antrag im Sinne des Satzes 1. Das Bundesamt nimmt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder auf, in dem sie eingestellt wurde. Abweichend von Satz 4 ist das Asylverfahren nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag nach Satz 1 oder Satz 3 ist als Folgeantrag (§ 71) zu behandeln, wenn

1.
die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder
2.
das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war.
Wird ein Verfahren nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen, das vor der Einstellung als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt wurde, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(6) Für Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 5 gilt § 36 Absatz 3 entsprechend.

Im Falle der Antragsrücknahme oder des Verzichts gemäß § 14a Abs. 3 stellt das Bundesamt in seiner Entscheidung fest, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(2) Es wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er

1.
einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist,
2.
untergetaucht ist oder
3.
gegen die räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung gemäß § 56 verstoßen hat, der er wegen einer Wohnverpflichtung nach § 30a Absatz 3 unterliegt.
Die Vermutung nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Ausländer innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung nach Absatz 1 nachweist, dass das in Satz 1 Nummer 1 genannte Versäumnis oder die in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannte Handlung auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen. Wurde das Verfahren als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(3) Als Nichtbetreiben des Verfahrens gilt ferner, wenn der Ausländer während des Asylverfahrens in seinen Herkunftsstaat gereist ist.

(4) Der Ausländer ist auf die nach den Absätzen 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

(5) Ein Ausländer, dessen Asylverfahren gemäß Absatz 1 eingestellt worden ist, kann die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Der Antrag ist persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in welcher der Ausländer vor der Einstellung des Verfahrens zu wohnen verpflichtet war. Stellt der Ausländer einen neuen Asylantrag, so gilt dieser als Antrag im Sinne des Satzes 1. Das Bundesamt nimmt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder auf, in dem sie eingestellt wurde. Abweichend von Satz 4 ist das Asylverfahren nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag nach Satz 1 oder Satz 3 ist als Folgeantrag (§ 71) zu behandeln, wenn

1.
die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder
2.
das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war.
Wird ein Verfahren nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen, das vor der Einstellung als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt wurde, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(6) Für Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 5 gilt § 36 Absatz 3 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(2) Es wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er

1.
einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist,
2.
untergetaucht ist oder
3.
gegen die räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung gemäß § 56 verstoßen hat, der er wegen einer Wohnverpflichtung nach § 30a Absatz 3 unterliegt.
Die Vermutung nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Ausländer innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung nach Absatz 1 nachweist, dass das in Satz 1 Nummer 1 genannte Versäumnis oder die in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannte Handlung auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen. Wurde das Verfahren als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(3) Als Nichtbetreiben des Verfahrens gilt ferner, wenn der Ausländer während des Asylverfahrens in seinen Herkunftsstaat gereist ist.

(4) Der Ausländer ist auf die nach den Absätzen 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

(5) Ein Ausländer, dessen Asylverfahren gemäß Absatz 1 eingestellt worden ist, kann die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Der Antrag ist persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in welcher der Ausländer vor der Einstellung des Verfahrens zu wohnen verpflichtet war. Stellt der Ausländer einen neuen Asylantrag, so gilt dieser als Antrag im Sinne des Satzes 1. Das Bundesamt nimmt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder auf, in dem sie eingestellt wurde. Abweichend von Satz 4 ist das Asylverfahren nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag nach Satz 1 oder Satz 3 ist als Folgeantrag (§ 71) zu behandeln, wenn

1.
die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder
2.
das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war.
Wird ein Verfahren nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen, das vor der Einstellung als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt wurde, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(6) Für Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 5 gilt § 36 Absatz 3 entsprechend.