Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 05. Nov. 2018 - W 3 M 18.31764

bei uns veröffentlicht am05.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Erinnerungsführerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Im Verfahren W 3 K 16.30895 wurde die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 2. März 2018 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt.

Auf Antrag des Klägerbevollmächtigten erließ die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg einen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Juni 2018 und setzte die Kosten antragsgemäß inklusive einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG fest.

Hiergegen beantragte die Erinnerungsführerin (frühere Beklagte) mit Schriftsatz vom 29. Juni 2018 die Entscheidung des Gerichts. Eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG umfasse nur Gerichtsbescheide im Sinne des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und aus der Gesetzesbegründung. Zudem fehle es vorliegend an der Tatbestandsvoraussetzung, dass eine mündliche Verhandlung beantragt werden könne. Ein solcher Antrag könne vorliegend nicht gestellt werden, weil er offensichtlich unzulässig gewesen wäre, weil der Kläger nicht beschwert worden sei. Es wurde eine Vielzahl von Entscheidungen aus der Rechtsprechung zitiert.

Mit Nichtabhilfeentscheidung vom 24. August 2018 legte die Urkundsbeamtin dem Gericht die Erinnerung zur Entscheidung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Juni 2018 in der Besetzung, in der die zu Grunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BayVGH, B.v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426 - BayVBl 2008, 417), somit vorliegend durch den Einzelrichter.

Die zulässige Erinnerung (§§ 165, 151 VwGO) ist nicht begründet.

Gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann (sog. fiktive Terminsgebühr). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, denn gegen den Gerichtsbescheid vom 2. März 2018 hätte ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gerichtsbescheid der Klage vollständig stattgegeben hat. Soweit das erkennende Gericht dies in früheren Erinnerungsverfahren (z.B. W 3 M 16.50054) anders entschieden hat, wird daran nicht mehr festgehalten.

Zunächst gilt Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG nicht nur für die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.

Für das Entstehen einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG kommt es allein auf darauf an, ob gegen einen Gerichtsbescheid ein Antrag auf mündliche Verhandlung statthaft ist, nicht dagegen ob kein anderes Rechtsmittel als der Antrag auf mündliche Verhandlung gegeben ist (a.A. VG Regensburg, B.v. 27.6.2016 - RO 9 M 16.929 - juris und VG Schleswig-Holstein, B.v. 13.11.2015 - 12 A 30/15). Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG ist bereits vom Wortlaut her nicht auf Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beschränkt, sondern bezieht sich allgemein auf § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit zunächst auf alle Gerichtsbescheide. Sinn und Zweck der Vorschrift ist zudem die Vermeidung von mündlichen Verhandlungen, die ausschließlich im Gebühreninteresse erfolgen. Auch dies spricht dagegen, das Entstehen einer Terminsgebühr auf die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu beschränken. Denn eine mündliche Verhandlung kann auch bei Entscheidungen nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 und 4 VwGO erzwungen werden. Das Gericht folgt insoweit der ausführlichen Begründung im Beschluss des VG Oldenburg vom 27. Juli 2017 (Az.: 1 E 5687/17 - juris).

Desweiteren entfällt die Terminsgebühr auch nicht deswegen, weil die Kläger durch den Gerichtsbescheid nicht beschwert sind.

Der Wortlaut von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG ist nicht dahingehend zu verstehen, dass derjenige, der die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG beansprucht, auch derjenige sein muss, der einen (zulässigen) Antrag auf mündliche Verhandlung stellen können muss. Durch den Wortlaut von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG, der von „Parteien oder Beteiligten“ spricht, wird deutlich, dass zumindest die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG für beide Seiten gilt und die Voraussetzungen - ungeachtet bei welcher Seite sie vorliegen - nur im Verfahren überhaupt gegeben sein müssen, damit der Gebührentatbestand erfüllt wird und die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht (vgl. VG Magdeburg, B.v.15.11.2017 - 5 E 485/17 - BeckRS 2017, 140892).

Die Erinnerung war somit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG zurückzuweisen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

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Tenor I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Mai 2016 wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Gründe

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Tenor I. Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 24. Januar 2019 wird dahingehend geändert, dass die dem Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt, im Wege der Prozesskostenhilfe als beigeordnetem Anwalt vom Freistaat Bayern zustehende ges

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Tenor

I.

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Das Hauptsacheverfahren (Az: RO 9 K 15.1115) wurde am 19. Februar 2016 vom Verwaltungsgericht Regensburg durch Gerichtsbescheid beendet. Nach Klagestattgabe durch Verbescheidungsausspruch (nach Verpflichtungsantrag) und Klageabweisung im Übrigen haben der Kläger ¼ und der Beklagte ¾ der Verfahrenskosten mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. Der Kläger ließ mit Schriftsatz vom 7. März 2016 einen Kostenfestsetzungsantrag in Höhe von 976,57 Euro zulasten des Beklagten stellen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Mai 2016 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die dem Kläger erwachsenen notwendigen und zu erstattenden Aufwendungen auf 402,92 Euro fest. Darin enthalten ist nicht die fiktive 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG) in Höhe von 363,60 Euro.

Am 15. Juni 2016 beantragte der Kläger die Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Mai 2016, soweit die beantragte fiktive Terminsgebühr nicht für erstattungsfähig erklärt wurde.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids dahingehend gelautet habe, dass innerhalb eines Monats Antrag auf Zulassung der Berufung oder stattdessen mündliche Verhandlung beantragt werden könne. Wenn durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO entschieden und die Berufung nicht zugelassen werde, entstehe eine Terminsgebühr. Müsse die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 4 VwGO beantragt werden, führe dies nicht zum Ausschluss der Terminsgebühr. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Die Voraussetzungen der Nr. 3104 Nr. 2 VV-RVG seien erfüllt. Die einengende Auslegung im Kostenfestsetzungsbeschluss sei daher nicht nachvollziehbar. Auch der Bezug auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 21. September 2015 gehe fehl. In dieser Entscheidung sei ein Anspruch auf Terminsgebühr bei vollständigem Obsiegen durch Gerichtsbescheid verneint worden. Im vorliegenden Fall sei der Kläger - anders als in dem vom Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein entschiedenem Fall - indessen teilweise unterlegen, so dass eine Beschwer gegeben sei und der Kläger mündliche Verhandlung beantragen könne.

Der Beklagte äußerte keine Einwände gegen die Rechtsauffassung des Urkundsbeamten zur Erstattungsfähigkeit einer fiktiven Terminsgebühr.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab und legte diese dem Gericht zur Entscheidung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Gerichtsakte aus dem Verfahren RO 9 K 15.1115 Bezug genommen.

II.

Der gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) ist zulässig (§§ 165, 151 VwGO), jedoch nicht begründet.

Gemäß §§ 165 Satz 1, 151 Satz 1 VwGO entscheidet über Erinnerungen das Gericht, dessen Urkundsbeamter gemäß § 164 VwGO die Kosten festzusetzen hat. Nachdem die der Kostenfestsetzung zugrundeliegende Kostenentscheidung durch die Kammer getroffen wurde, entscheidet das Gericht über die Erinnerung ebenfalls in Kammerbesetzung (vgl. Kopp, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 165 Rn. 3).

Der Urkundsbeamte hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Mai 2016 zu Recht die geltend gemachte (fiktive) Terminsgebühr (Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG) nicht als eine dem Kläger erwachsene notwendige und zu erstattende Aufwendung festgesetzt.

Nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Vorliegend wurde zwar durch einen Gerichtsbescheid entschieden, es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass durch den Kläger (nur) eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann.

Nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO können die Beteiligten zwar grundsätzlich statt eines Antrags auf Zulassung der Berufung auch mündliche Verhandlung beantragen. Diese bloße Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung (neben einem Antrag auf Zulassung der Berufung als Rechtsmittel) ließ nach der Rechtslage vor dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRModG) die Geltendmachung und Erstattung einer fiktiven Terminsgebühr zu, unabhängig davon, ob mündliche Verhandlung zulässigerweise (nur wenn Beschwer gegeben durch vorangegangenen Gerichtsbescheid und fristgerechter Antrag auf mündliche Verhandlung, vgl. VG Regensburg, B.v. 30.3.2015 - RO 9 K 15.50006 - juris) überhaupt beantragt werden konnte und wurde, und unabhängig davon, ob Antrag auf Zulassung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellt wurde.

Soll mit der durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz durch die Formulierung: „...und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann...“ vorgenommene Ergänzung im Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG eine gesetzgeberische Absicht zum Ausdruck gebracht werden - auch im Sinne einer transparenteren und einfacheren Gestaltung der Kostenregelungen (vgl. BT-Drucks. 17/11471, S. 1) -, die eine klar umsetzbare inhaltliche Veränderung gegenüber dem alten Rechtszustand herbeiführen soll, so kann diese nur darin gesehen werden, dass die fiktive Terminsgebühr nur mehr dann anfallen soll, wenn im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren kein Rechtsmittel gegeben ist bzw. zugelassen wird und deshalb nur mehr mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind das die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, im sozialgerichtlichen Verfahren die des § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Rn. 38 zu Nr. 3104 VV-RVG; Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., Rn. 85 zu Nr. 3104 VV-RVG).

Der Gesetzgeber hat diese Absicht der Einschränkung der fiktiven Terminsgebühr in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/11471, S. 275) entsprechend zum Ausdruck gebracht: „Die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr soll konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig ist. Im Fall des Gerichtsbescheids sowohl im Verfahren nach der VwGO, als auch im Verfahren nach dem SGG liegt es allein in der Entscheidungsbefugnis des Gerichts, das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu beenden. Die Beteiligten können in beiden Verfahrensarten nur dann eine mündliche Verhandlung beantragen, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist.“

Die entscheidende Aussage in der Gesetzesbegründung ist darin zu sehen, dass (alle) Beteiligten, gleich ob unterliegende oder obsiegende Partei - und damit unabhängig von einer materiellen Beschwer durch den vorausgegangenen Gerichtsbescheid - nur dann eine mündlichen Verhandlung beantragen und erzwingen können, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist. Damit wollte der Gesetzgeber auch einer Ungleichbehandlung der Beteiligten vorbeugen, die dadurch entstanden wäre, wenn man den Anfall der fiktiven Terminsgebühr davon abhängig gemacht hätte, ob eine Beschwer für einen Verfahrensbeteiligten gegeben ist oder nicht, denn nur im ersteren Fall wäre ein Antrag auf mündliche Verhandlung überhaupt zulässig. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (B.v. 21.9.2015 - 12 A 3/15 - juris; v. 13.11.2015 - 12 A 30/15 - juris) ist diesen weiteren Schritt noch nicht gegangen und hat den Anspruch auf die fiktive Terminsgebühr nur im Fall vollständigen Obsiegens durch Gerichtsbescheid versagt.

Dem Kläger ist aber unabhängig von seiner nach dem Gerichtsbescheid vorhandenen Beschwer die fiktive Terminsgebühr zu versagen, da kein Fall des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorliegt.

Die Erinnerung war danach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Da das Verfahren nach § 165 VwGO gerichtsgebührenfrei ist, konnte die Festsetzung eines Gegenstandswertes unterbleiben.

Tenor

Die Erinnerung vom 04.11.2015 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - 12. Kammer- vom 20.10.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen die Erinnerungsführer.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Die Erinnerungsführer wurden durch ihren Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigtem in vorbezeichneter asylrechtlicher Verwaltungsrechtssache gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht vertreten. Das Gericht gab der Klage durch mittlerweile rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 20.05.2015 vollumfänglich statt. In der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids wurde auf die Möglichkeit des Antrags auf Zulassung der Berufung sowie auf mündliche Verhandlung hingewiesen.

2

Mit Antrag vom 24.06.2015 begehrten die Erinnerungsführer u.a. die Festsetzung der Terminsgebühr nach Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG).

3

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die zu erstattenden Kosten durch Beschluss vom 20.10.2015 ohne die geforderte Terminsgebühr fest. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen darauf, dass es beim vollständigen Obsiegen an einer Beschwer fehle und die Kläger deshalb keinen Rechtsbehelf einlegen könnten. Die Zurückweisung gleichwohl eingelegter Rechtsbehelfe bedürfe keines Urteils (und damit einer die Gebühr auslösenden mündlichen Verhandlung), sondern könne auch durch Beschluss erfolgen. Unter Hinweis auf VG Regensburg, Beschluss vom 30.03.2015 - RO 9 K 15.50006 - Juris-Rn. 4 wies er daraufhin, dass es dem von § 84 VwGO grundsätzlich intendierten Beschleunigungs- und Entlastungszweck widerspreche, wenn ein Beteiligter auch bei offensichtlichem Fehlen der Gründe für das Verlangen auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung das Gerichts gleichwohl dazu zwingen könnte.

4

Die Erinnerungsführer haben unter dem 04.11.2015 die Entscheidung des Gerichts beantragt. Sie tragen im Wesentlichen vor, dass sie auf mündliche Verhandlung verzichtet hätten.

II.

5

Die in Ermangelung einer Abhilfe statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung, § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG in Verbindung mit §§ 165, 151, 148 Abs. 1 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - 12. Kammer - vom 20.10.2015 ist unbegründet.

6

Der Urkundsbeamte hat zu Recht in seinem Beschluss vom 20.10.2015 keine Terminsgebühr als Vergütungsbestandteil festgesetzt.

7

Nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 des Vergütungsverzeichnisses entsteht die Terminsgebühr (auch), wenn (1.) nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und (2.) eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann.

8

Es ist vorliegend zwar durch Gerichtsbescheid entschieden worden und der Wortlaut von § 84 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 78 Abs. 7 AsylG und die entsprechend im Gerichtsbescheid erteilten Belehrung mögen auf den ersten Blick dafür sprechen, dass auch die zweite Voraussetzung vorliegt. Allerdings - und insoweit ist der Wortlaut nicht eindeutig - ist nicht klar, ob damit lediglich die rein tatsächliche Möglichkeit der Stellung eines Antrages auf mündliche Verhandlung gemeint ist oder, ob nicht vielmehr die Antragstellung auch potentiell zu einer mündlichen Verhandlung führen können muss.

9

Die gesetzliche Begründung zur Anpassung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 des Vergütungsverzeichnisses (BT-Drucks. 17/11471, S. 275) offenbart, dass nach dem gesetzgeberischen Willen die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr auf solche Fälle beschränkt werden soll, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann.

10

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Kläger haben vollständig obsiegt. In einem solchen Fall besteht bereits nicht die Erforderlichkeit, auf einen etwaigen entsprechenden Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Ablehnung eines - mangels Rechtsschutzbedürfnisses offensichtlich unzulässigen - Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss nicht notwendigerweise durch Urteil erfolgen. Das Gericht kann den Antrag bei einem solchen Sachverhalt durch Beschluss in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO als unzulässig verwerfen (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 30.03.2015 - RO 9 K 15.50006 - Juris-Rn. 4 m.w.N.; BFH, Beschluss vom 27.03.2013 - IV R 51/10 - Juris-Rn. 3, ferner Geiger in: Eyermann, VwGO, §84 Rn. 21; Kunze in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, §84 Rn. 13; anderer Ansicht: Clausing in: Schoch/Schneider/Bier, 28. EL 2015, §84 VwGO Rn. 43; Kopp/Schenke, VwGO, § 24 Rn. 39).

11

Die hier vertretene Auffassung wird durch die teleologische Auslegung gestützt. Der Gerichtsbescheid dient einer ökonomischen und sparsamen Verfahrensführung und -beendigung. Er erspart vor allem die Zeit, die Gericht und Beteiligte in eine mündliche Verhandlung investieren müssten, obwohl kein entsprechender Verhandlungsbedarf besteht, da - so die Voraussetzungen einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid - der Sachverhalt geklärt ist und die Sache keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist. Es wäre mit diesem von § 84 VwGO intendierten Beschleunigungs- und Entlastungszweck nicht zu vereinbaren, wenn ein Beteiligter auch bei offensichtlichem Fehlen eines sich aus dem Klagebegehren im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ergebenden Grundes - wie hier - mit dem Verlangen auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung das Gericht dazu zwingen könnte, eine solche durchzuführen, nur um die Unzulässigkeit dieses Verlangens durch Urteil festzustellen.

12

Aus diesem Grund kann es auch nicht darauf ankommen, dass der kostenbelastete unterlegene Beteiligte zulässigerweise hätte mündliche Verhandlung beantragen können. Bei den hier zu betrachtenden Gebühren handelt es sich nicht um Vergütung für die echten Mühen eines durchgeführten Termins (denn ein solcher hat gerade nicht stattgefunden), sondern um eine fiktive Gebühr, die in erster Linie der Entlastung des Gerichts von mündlichen Verhandlungen dienen soll, auf die sonst womöglich nur im Gebühreninteresse erfolgen würden. Der Gesetzgeber wollte mit seiner o.g. Gesetzesänderung ganz offensichtlich die mit dieser Entlastung der Justiz einhergehende Kostenbelastung des unterlegenen Beteiligten auf die Fälle beschränken, in denen das befürchtete Szenario (Belastung der Justiz mit inhaltlich leerlaufenden mündlichen Verhandlungen im Gebühreninteresse) überhaupt besteht. Deshalb ist für die Frage, ob die fiktive Terminsgebühr angefallen ist, stets nur die Perspektive desjenigen zu betrachten, dessen Vergütungsanspruch in Rede steht.

13

Unerheblich ist ferner, ob der obsiegende Beteiligte oder gar alle Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Zunächst ist im vorliegenden Fall nicht klar, ob sich die getätigte Äußerung „es mag ohne mündliche Verhandlung entsprechend entschieden werden" überhaupt als unbedingter Verzicht auf mündliche Verhandlung im Sinne von §101 Abs. 2 VwGO verstehen ließe. Sie bezog sich unmittelbar auf die mit einem Hinweis im Sinne beabsichtigter Stattgabe verbundene Anhörung zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Zudem ist maßgeblich für den vorliegenden Kontext nicht, ob das Gericht auch ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden können (was es im Übrigen nicht konnte, da die Beklagte sich ausdrücklich nur mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt hatte), sondern wie es konkret entschieden hat. Denn die Entscheidungsformen ohne mündliche Verhandlung (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1) und durch Gerichtsbescheid (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2) werden im Vergütungsverzeichnis klar unterschieden.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

15

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Dies folgt bereits aus § 83b AsylG. Zudem sieht das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) einen Kostentatbestand für eine gerichtliche Entscheidung im vorliegenden Erinnerungsverfahren nicht vor.

16

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Erinnerungsführerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Der gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) vom 02.08.2017 ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.

2

Gemäß §§ 165 S. 2, 151 S. 1 VwGO entscheidet über Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle das Gericht, dessen Urkundsbeamter gemäß § 164 VwGO die Kosten festzusetzen hat. Nachdem die der Kostenfestsetzung zugrundeliegende Kostenentscheidung durch den Einzelrichter getroffen wurde, entscheidet auch dieser über die Erinnerung.

3

Der Urkundsbeamte hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 01.08.2017 (5 A 502/14 MD) zu Recht die geltend gemachte (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3104 der Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis) zum RVG (VV RVG) in Höhe von 363,60 Euro festgesetzt.

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Nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 S. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Vorliegend wurde durch Gerichtsbescheid vom 14.09.2016 (5 A 502/14 MD) entschieden und nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO konnten die Beteiligten grundsätzlich statt eines Antrags auf Zulassung der Berufung auch mündliche Verhandlung beantragen. Diese bloße Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung lässt die (fiktive) Terminsgebühr entstehen.

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Dem steht die Gesetzesbegründung zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, die die den zweiten Halbsatz ("und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann") in die Norm einfügte, nicht entgegen. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (BT- Drs. 17/11471 (neu), S. 275):

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"Die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr soll konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig ist. Im Fall des Gerichtsbescheids sowohl im Verfahren nach der VwGO als auch im Verfahren nach dem SGG liegt es allein in der Entscheidungsbefugnis des Gerichts, das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu beenden. Die Beteiligten können in beiden Verfahrensarten nur dann eine mündliche Verhandlung beantragen, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist. Das Entstehen der Terminsgebühr, ohne dass ein Termin stattgefunden hat, soll daher auf diese Fälle beschränkt werden."

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Der Terminus Rechtsmittel, der in der Gesetzesbegründung verwendet wird, ist dahingehend zu verstehen, dass Rechtsmittel in Bezug auf die VwGO nur Berufung und Revision (sowie Beschwerde) meint (für dieses Verständnis des Begriffs Rechtsmittel auch Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 6. Aufl., Vorb. zu §§ 124 ff. VwGO, Rn. 1; Kuhla, in: Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl., F. Rn. 1); andeutungsweise W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., Vorb § 124 Rn. 1 f.). Der Antrag auf Zulassung der Berufung und die Nichtzulassungsbeschwerde sind demnach Rechtsbehelfe besonderer Art. Insoweit wollte der Gesetzgeber die Entstehung der Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG für die VwGO auf die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 VwGO beschränken (so auch VG Oldenburg, Beschluss vom 27.07.2017 – 1 E 5687/17 –, juris Rn. 6), da hier weder Berufung noch Revision unmittelbar eingelegt werden können, aber ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden kann.

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Würde man auch den Antrag auf Zulassung der Berufung und die Nichtzulassungsbeschwerde als von dem Begriff des Rechtsmittels nach der obigen Gesetzesbegründung erfasst sehen (Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO), würde für die VwGO die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG nur im Fall des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO entstehen. Dies kann vor dem Hintergrund der mit der Gesetzesänderung beabsichtigen Steuerungswirkung nicht dem gesetzgeberischen Willen entsprechen. Die Steuerungswirkung soll nach der Gesetzesbegründung immer dann eingreifen, wenn der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann. Diese Wirkung wäre äußerst eingeschränkt, wenn man die Entstehung der Terminsgebühr auf die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beschränkt sehen wollte. Zum einen gilt § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nämlich vor allem in den Fällen einer erstinstanzlichen Entscheidung des BVerwG durch Gerichtsbescheid. Zum anderen kann ein (unterliegender) Anwalt auch in den Fällen des § 84 Abs. 2 Nr. 2 und 4 VwGO durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen, indem er einen Antrag auf mündliche Verhandlung stellt. Um zu verhindern, dass ein (unterliegender) Anwalt alleinig des Gebühreninteresses wegen eine mündliche Verhandlung beantragt, muss die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO schon bei der bloßen Möglichkeit eines Antrags auf mündliche Verhandlung entstehen. Nur so ist gewährleistet, dass der Anwalt etwaige Gebührenaspekte bei der Abwägung eines möglichen Antrags auf mündliche Verhandlung für seinen Mandanten in jedem Fall außer Acht lassen kann.

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Gleiches gilt im Rahmen des § 105 Abs. 2 S. 2 SGG, dessen Wortlaut - ebenso wie die Gesetzesbegründung - voraussetzt, dass mündliche Verhandlung nur beantragt werden kann, wenn ein Rechtsmittel – hier Berufung – nicht gegeben ist.

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Gegen die Entstehung der Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG für den – wie im vorliegenden Fall – obsiegenden Kläger lässt sich auch nicht einwenden, dass dieser, da er obsiegt hat, keine (zulässigen) Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe einlegen, insbesondere keinen (zulässigen) Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann, da er nicht beschwert ist. Der Wortlaut von Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG lässt nämlich keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass derjenige, der die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG beansprucht, auch derjenige sein muss, der einen (zulässigen) Antrag auf mündliche Verhandlung stellen können muss. Durch den Wortlaut von Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 VV RVG, der von "Parteien oder Beteiligten" spricht, wird deutlich, dass zumindest die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 VV RVG für beide Seiten gilt und die Voraussetzungen – ungeachtet bei welcher Seite sie vorliegen – nur im Verfahren überhaupt gegeben sein müssen, damit der Gebührentatbestand erfüllt wird und die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht.

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Im Übrigen würde eine Auslegung der Terminsgebührvorschrift nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG, die dazu führt, dass der obsiegende Beteiligte die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG nicht erhält, die grundsätzliche Erfolgsunabhängigkeit der anwaltlichen Vergütung (siehe dazu grundlegend BVerfG, Beschluss vom 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163-202 sowie Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 4a Rn. 13 ff.) durchbrechen. Für einen derartigen gesetzgeberischen Willen enthält das Gesetz bzw. die Gesetzesbegründung keinen Anhalt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.

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Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 12.02.2008 – 20 C 08.30051 –, juris Rn. 3; die amtliche Begründung zur gleichlautenden Vorgängernorm des § 78 AsylVfG in BT-Drs. 12/2062, S. 42).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.