I.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin wendet sich gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss.
Der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 10. Januar 2017, damals noch unter dem Aktenzeichen Au 4 K 16.31886 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten der Antragstellerin bewilligt. Mit Beschluss vom 21. August 2017 wurde das Verfahren der Antragstellerin von dem Verfahren ihres Ehemannes abgetrennt und unter dem Aktenzeichen Au 4 K 17.34352 fortgeführt. Das Hauptsacheverfahren der Antragstellerin wurde mit Gerichtsbescheid vom 10. September 2018 beendet. Die Klage wurde abgewiesen; die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid wurden nicht eingelegt.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 24. Januar 2019 setzte die Urkundsbeamtin die dem Bevollmächtigten der Antragstellerin im Wege der Prozesskostenhilfe als beigeordnetem Anwalt vom Freistaat Bayern zustehende gesetzliche Vergütung auf 421,38 EUR fest. Die beantragte 1,2 Terminsgebühr gemäß VV Nr. 3104 in Höhe von 308,40 EUR wurde nicht festgesetzt, da eine fiktive Terminsgebühr nur erstattungsfähig sei, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben sei. Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss ging dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 29. Januar 2019 zu.
Hierauf beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 12. Februar 2019
die Entscheidung des Gerichts.
Die Klage sei durch Gerichtsbescheid abgewiesen worden. Der Anwalt hätte gegen den Gerichtsbescheid, anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung, mündliche Verhandlung beantragen können. Die Antragstellerin sei aufgrund der Klageabweisung auch beschwert gewesen. In diesem Fall habe er eine Steuerungswirkung.
Die Antragsgegnerin äußerte sich hierzu nicht.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag auf Entscheidung des Gerichts nicht ab und legte diesen dem Gericht zur Entscheidung vor.
Am 5. März 2019 erfolgte der Beiladungsbeschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Gerichtsakte aus dem Verfahren Au 4 K 17. 34352 Bezug genommen.
II.
Der gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) ist zulässig (§§ 165, 151 VwGO) und begründet.
Die Urkundsbeamtin hat in ihrem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. Januar 2019 zu Unrecht die geltend gemachte (fiktive) Terminsgebühr (Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG) nicht als eine der Antragstellerin erwachsene notwendige und zu erstattende Aufwendung festgesetzt.
Nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann (sog. fiktive Terminsgebühr). Vorliegend wurde durch einen Gerichtsbescheid entschieden und durch die Antragstellerin als Unterlegene hätte eine mündliche Verhandlung zulässigerweise beantragen können. Soweit die erkennende Kammer in früheren Erinnerungsverfahren anders entschieden hat, wird daran nicht mehr festgehalten.
Nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO können die Beteiligten grundsätzlich statt eines Antrags auf Zulassung der Berufung auch mündliche Verhandlung beantragen. Diese bloße Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung (neben einem Antrag auf Zulassung der Berufung als Rechtsmittel) ließ nach der Rechtslage vor dem zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz die Geltendmachung und Erstattung einer fiktiven Terminsgebühr zu, unabhängig davon, ob mündliche Verhandlung zulässigerweise (nur wenn Beschwer gegeben durch vorangegangenen Gerichtsbescheid und fristgerechter Antrag auf mündliche Verhandlung, vgl. VG Regensburg, B.v. 30.3.2015 - RO 9 K 15.50006 - juris) überhaupt beantragt werden konnte und wurde und unabhängig davon, ob Antrag auf Zulassung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellt wurde.
Soll mit der durch das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz durch die Formulierung „… und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann …“ vorgenommene Ergänzung im Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG eine gesetzgeberische Absicht zum Ausdruck gebracht werden - auch im Sinne einer transparenteren und einfacheren Gestaltung der Kostenregelungen (vgl. BT-Drucks. 17/11471, S. 1) -, die eine klare umsetzbare inhaltliche Veränderung gegenüber dem alten Rechtszustand herbeiführen soll, so kann diese nur darin gesehen werden, dass die fiktive Terminsgebühr nunmehr dann anfallen soll, wenn ein solcher Antrag auch zulässigerweise gestellt werden kann, insbesondere die erforderliche Beschwer vorliegt.
Der Gesetzgeber hat diese Absicht der Einschränkung der fiktiven Terminsgebühr in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/11471, S. 275) entsprechend zum Ausdruck gebracht: „Die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr soll konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig ist.“
Die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr soll daher auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Verhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann.
Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG gilt dabei nicht nur für die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (im Ergebnis ebenso: VG Karlsruhe, B.v. 29.11.2018 - A 12 K 16238/17 - juris; VG Würzburg, B.v. 5.11.2018 - W 3 M 18.31764 - juris; VG Oldenburg, B.v. 27.7.2017 - 1 E 5687717 - juris).
Für das Entstehen einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG kommt es allein darauf an, ob gegen einen Gerichtsbescheid ein Antrag auf mündliche Verhandlung statthaft und zulässig ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2018 - 5 C 18.1932 - juris Rn. 10), nicht dagegen ob kein anderes Rechtsmittel als der Antrag auf mündliche Verhandlung gegeben ist. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG ist bereits vom Wortlaut her nicht auf Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beschränkt, sondern bezieht sich allgemein auf § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit zunächst auf alle Gerichtsbescheide. Sinn und Zweck der Vorschrift ist zudem die Vermeidung von mündlichen Verhandlungen, die ausschließlich im Gebühreninteresse erfolgen. Der Rechtsanwalt soll die Entscheidung, ob auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, ohne Rücksicht auf finanzielle Erwägungen allein nach verfahrensbezogenen Gesichtspunkten treffen (BayVGH, B.v. 24.10.2018 - 5 C 18.1932 - juris Rn. 11). Auch dies spricht dagegen, das Entstehen einer Terminsgebühr auf die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu beschränken. Denn eine mündliche Verhandlung kann auch bei Entscheidungen nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 und 4 VwGO erzwungen werden.
Nach neuer Auffassung der Kammer war durch die Einfügung des Halbsatzes „und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann“ in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG nicht bezweckt, die Entstehung der Terminsgebühr auf die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu beschränken. Vielmehr soll die fiktive Terminsgebühr nach dem ausdrücklichen Wortlaut in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG in allen Fällen, in denen eine mündliche Verhandlung erzwungen werden kann, entstehen. Das sind im Verwaltungsprozess die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 VwGO. Dagegen ist das Entstehen einer Terminsgebühr nunmehr ausgeschlossen, wenn ein Fall des § 84 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 VwGO vorliegt, wenn also Berufung oder Revision zugelassen worden ist. Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Gesetzesänderung, da ein Bedürfnis für die beabsichtigte Steuerungswirkung nur in den Fällen besteht, in denen die Beteiligten mündliche Verhandlung (zulässigerweise) beantragen können. Es ist daher konsequent, dass der Gesetzgeber durch Einfügung des Halbsatzes „und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann“ die Entstehung der Terminsgebühr in den Fällen des § 84 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO ausgeschlossen hat.
Die Antragstellerin als im ursprünglichen Verfahren unterlegene Partei hätte nach dem klageabweisenden Gerichtsbescheid einen zulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen können.
Nach alledem war der Erinnerung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 4 VwGO. Die Kosten sind dem Beigeladenen aufzuerlegen, da der angegriffene Vergütungsfestsetzungsbeschluss von einer Urkundsbeamtin, also einer Beamtin des Beigeladenen, stammt. Der abzuändernde Vergütungsfestsetzungsbeschluss beruht daher auf einer Handlung des Beigeladenen.
Da das Verfahren nach § 165 VwGO gerichtsgebührenfrei ist, konnte die Festsetzung eines Gegenstandswerts unterbleiben.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG insgesamt unanfechtbar. Der dort angeordnete Ausschluss der Beschwerde in asylrechtlichen Streitigkeiten erfasst auch Nebenverfahren wie z.B. Kostenangelegenheiten (vgl. BT-Drucks. 12/2062, S. 41, zur Vorgängervorschrift des damaligen § 78 AsylVfG).