Verwaltungsgericht Trier Urteil, 26. Juni 2018 - 7 K 1010/18.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2018:0626.7K1010.18.00
bei uns veröffentlicht am26.06.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens, welches auf die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses des Beklagten über die Beteiligung der Ortsgemeinde Kordel am Ausbau der B 422 gerichtet ist.

2

Die Bundesstraße B 422 führt u. a. durch die Ortsgemeinde Kordel (Ortsdurchfahrt) - Ortsgemeinde -. In diesem Bereich entstand bereits im Jahr 2014 hinsichtlich der Bordsteinanlage Sanierungsbedarf. Daher beschloss der Beklagte am 16. April 2014, dass der Bürgermeister der Ortsgemeinde nach Abstimmung mit dem Landesbetrieb Mobilität - LBM - eine Firma mit der Sanierung beauftragen solle.

3

In einer Sitzung des Beklagten vom 11. Dezember 2014 stellte sich sodann heraus, dass die Ortsdurchfahrt Kordel in das Investitionsprogramm des Bundes aufgenommen wurde. In der Folge beriet der Beklagte über die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen Ausbaus der Ortsdurchfahrt sowie einer gemeinschaftlichen Planung mit dem LBM. Nachdem - wie in der Niederschrift zur Sitzung vermerkt - dargelegt wurde, dass die Bordsteinsanierung nur eine temporäre Lösung darstelle, fasste der Beklagte folgenden Beschluss:

4

Der Ortsgemeinderat Kordel beschließt im Grundsatz, dem Ausbau der Ortsdurchfahrt im Zuge des Ausbaues der Bundesstraße 422, Welschbillig - Kordel, gemäß der noch abzustimmenden Planung mit dem Landesbetrieb Mobilität zuzustimmen.“

5

Nach Abschluss der Planung durch den LBM stellte dieser in einer Sitzung des Gemeinderates am 9. Mai 2017 die geplanten Maßnahmen vor. Diese beinhalteten insbesondere eine Verengung der Fahrbahn und die Schaffung von Parkplätzen und Grünflächen in den hierdurch freiwerdenden Bereichen. Hierbei war vorgesehen, dass der Baulastträger der Straße für die Maßnahmen an der Fahrbahn aufkommt, während die Ortsgemeinde die Kosten für die Arbeiten an den Gehwegen und Zufahrten sowie anteilig für die Maßnahmen an den Grünflächen tragen sollte. Insgesamt belief sich die Kostenschätzung für Gehweganlagen, Parkplätze, Angleichungen und Straßenbeleuchtung sowie für eine eventuell erforderliche Außengebietsentwässerung auf rund 505.000 Euro.

6

Im Anschluss an die Präsentation des LBM ermächtigte der Gemeinderat den Ortsbürgermeister zum Abschluss einer Bau- und Unterhaltungsvereinbarung mit dem LBM und beauftragte die Verwaltung zur Stellung entsprechender Förderanträge in Abstimmung mit dem LBM. Des Weiteren beschloss der Beklagte mehrheitlich,

7

„den Ausbau der B 422 - Ortsdurchfahrt Kordel, gemäß der vorgestellten Planung des Landesbetriebs Mobilität in Trier, mit zu tragen.“

8

Am 7. September 2017 reichte der Vertreter der Klägerin daraufhin beim 1. Beigeordneten der Ortsgemeinde Kordel 31 Unterschriftenlisten ein, welche jeweils den Antrag enthielten, folgende Fragestellung zum Bürgerentscheid zu stellen:

9

„Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderates vom 9. Mai 2017 TOP 2 mit folgendem Wortlaut aufgehoben wird: „Der Ortsgemeinderat Kordel beschließt, den Ausbau der B 422 - Ortsdurchfahrt Kordel, gemäß der vorgestellten Planung des Landesbetriebs Mobilität in Trier, mit zu tragen.“

10

Zur Begründung ist auf den Unterschriftenlisten im Wesentlichen ausgeführt, die vom LBM geplante Maßnahme, die zu geringerem Parkplatzangebot und zu einer schwierigeren Befahrbarkeit der Straße führe sowie erhöhte Aufwendungen bei der Pflege der Grünflächen mit sich bringe und erhöhte wiederkehrende Beiträge der Grundstückseigentümer erforderlich mache, sei aus Sicht der Interessenvertreter des Bürgerbegehrens nicht zu rechtfertigen. Von daher richte sich das Bürgerbegehren gegen den vom Gemeinderat gefassten Beschluss. Des Weiteren wird auf den Unterschriftenlisten für weitere Informationen auf die Homepage www.direkte-demokratie-kordel.de verwiesen. Auf dieser findet sich eine „Erklärung", wonach das Bürgerbegehren sich gegen die vorgestellte Planung zur B 422 und die damit verbundenen Kosten und nicht gegen den Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2014 richte. Ziel des Bürgerbegehrens sei eine Änderung der bisherigen Planung auf das Notwendigste und damit eine Reduzierung der Kosten (http://acc142.etis-gmbh.eu/wp-content/uploads/2017/09/Erkl%C3%A4rung-zum- B%C3%BCrgerbegehren-B422.pdf, zuletzt abgerufen am 26. Juni 2018).

11

Insgesamt hatten 232 Personen diesen Antrag unterschrieben (bei der letzten Kommunalwahl 2014 waren in der Ortsgemeinde Kordel 1.723 Personen wahlberechtigt).

12

In einer öffentlichen Sitzung vom 20. Dezember 2017 wies der Beklagte nach voriger Stellungnahme des Vertreters der Klägerin das Bürgerbegehren mehrheitlich als unzulässig zurück. Die Unzulässigkeit ergebe sich daraus, dass das Bürgerbegehren sich im Kern auf die Aufhebung des Grundsatzbeschlusses vom 11. Dezember 2014 richte. Diesbezüglich sei jedoch die Viermonatsfrist nach § 17 a Abs. 3 S. 1 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom 31.Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2017 (GVBl. S. 21)) - GemO - abgelaufen.

13

Daraufhin hat die Klägerin am 7. Februar 2018 Klage erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung hat sie zunächst vorgetragen, erst am 9. Mai 2017 habe ein konkreter Beschluss vorgelegen, auf dessen Basis eine Willensbildung im Hinblick auf eine Beteiligung der Ortsgemeinde stattfinden konnte, da die konkrete Planung und Darstellung der Kosten vorher nicht bekannt gewesen seien. Das Bürgerbegehren selbst richte sich nicht gegen den im Grundsatz beschlossenen Ausbau der B 422, sondern gegen die Umgestaltung der Bürgersteige „in dieser Tragweite". Insbesondere seien die Unterzeichner gegen weitere erhebliche Mehrbelastungen durch wiederkehrende Beiträge durch die „konkrete Planung“ (Unterstreichung im Schriftsatz der Klägerin). Der Ausbau der B 422 könne offensichtlich auch auf andere Art und Weise stattfinden. So habe der Vertreter der Klägerin in der Gemeinderatssitzung vom 20. Dezember 2017 bemängelt, dass versäumt worden sei, mit ihm als Vertreter des Bürgerbegehrens mögliche Lösungswege zu erarbeiten.

14

Nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, der geplante Ausbau sei im nächsten halben Jahr zurückgestellt und Entscheidungen der Ortsgemeinde würden erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens getroffen, erklärten die Beteiligten das Eilverfahren übereinstimmend für erledigt. Die Kosten des erledigten Verfahrens legte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 20. März 2018 (7 L 1011/18.TR) der Klägerin auf.

15

Nunmehr trägt die Klägerin ergänzend vor, Gegenstand des Bürgerbegehrens sei die Nichtbeteiligung der Ortsgemeinde an der gemeinsamen Planung, d. h. „quasi“ ein Ausstieg aus der gemeinsamen Planung gewesen. Hätte der Gemeinderat hingegen eine alternative Planung beschlossen, sei diese nicht umsetzbar gewesen, da sie unter dem Genehmigungsvorbehalt des LBM stünde. Gerade dies wäre jedoch mit einer erheblichen Rechtsunklarheit behaftet.

16

Die Klägerin beantragt,

17

festzustellen, dass das Bürgerbegehren gegen die Beteiligung der Ortsgemeinde Kordel am Ausbau der B 422 (Beschluss des Gemeinderates vom 9. Mai 2017, TOP 2) zulässig ist.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Zur Begründung führt er aus, die in § 17 a Abs. 3 S. 1 GemO normierte Frist zur Einreichung eines Bürgerbegehrens sei versäumt, da das Bürgerbegehren sich in erster Linie gegen den ursprünglichen Grundsatzbeschluss richte. Würde die Vollziehung dieses Beschlusses gemäß Beschluss vom 9. Mai 2017 aufgehoben, wäre der ursprüngliche Beschluss zur Umgestaltung der Ortsdurchfahrt weiterhin existent, obschon die Ortsgemeinde an der Umsetzung dieses Beschlusses gehindert wäre. Daher ziele das Begehren letztlich nicht auf eine bestimmte Gestaltung der Ortsdurchfahrt ab, sondern darauf, die ursprüngliche Zustimmung zurückzunehmen und auf den Ausbau insgesamt zu verzichten. Der ursprüngliche Beschluss sei nicht lediglich eine unverbindliche (politische) Erklärung gewesen. Vielmehr sei ihm Verbindlichkeit zugekommen, da das LBM auf dieser Grundlage die Planung begonnen und hierzu Aufwendungen getätigt habe. Diese Planung würde obsolet, wenn die Ortsgemeinde die weitere Beteiligung hieran ablehnen würde. Des Weiteren sei ein Verstoß gegen § 17 a Abs. 2 Nr. 4 GemO nicht ausgeschlossen.

21

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen sowie den Verwaltungsakten der Verbandsgemeinde Trier-Land. Die genannten Unterlagen lagen vor und sind zum Gegenstand der Beratung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), ist zulässig, aber unbegründet.

I.

23

Die Klage ist als Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit zulässig. Beteiligte sind hierbei auf der Aktivseite die Bürgerinitiative als gemeindliches „Quasi-Organ" sowie auf der Passivseite der die Zulässigkeit verneinende Gemeinderat als „Kontrastorgan" (OVG RP, Urteil vom 06. Februar 1996 - 7 A 12861/95 -, Rn. 32, juris; OVG RP, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 7 B 11392/03 -, Rn. 10, juris).

24

Die Fähigkeit der Klägerin, am Verfahren beteiligt zu sein, folgt aus § 61 Nr. 2 VwGO analog, denn das Recht nach § 17 a Abs. 1 Satz 1 GemO steht der Bürgerinitiative als solcher zu. Dies muss sie vor dem Hintergrund der Garantie effektiven Rechtsschutzes auch selbst geltend machen können (OVG RP, Beschluss vom 6. April 1987 - 7 B 16/87.OVG -, ESOVG) - wobei sie gemäß § 62 Abs. 3 VwGO durch ihren Vertreter, hier..., vertreten wird.

II.

25

Die Klage, deren übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen, ist jedoch unbegründet, denn das Bürgerbegehren der Klägerin ist unzulässig.

26

In materieller Hinsicht setzt die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens voraus, dass es eine Angelegenheit der Ortsgemeinde betrifft (§ 17 a Abs. 1 S. 1 GemO), welche nicht unter den Katalog des § 17 a Abs. 2 GemO fällt. Formell zulässig ist das Bürgerbegehren, wenn es schriftlich innerhalb von vier Monaten nach Beschlussfassung eingereicht wird (§ 17 a Abs. 3 S. 1 GemO), die zu entscheidende Gemeindeangelegenheit in Form einer mit „Ja" oder „Nein" zu beantwortenden Frage enthält, begründet ist, bis zu drei Vertreter benennt (§ 17 a Abs. 3 S. 2 GemO) und die erforderliche Zahl an Unterschriften erreicht wurde, wobei die Unterschriftenlisten jeweils den vollen Wortlaut des Bürgerbegehrens enthalten müssen (§ 17 a Abs. 3 S. 3 bis 6 GemO).

27

Vorliegend betrifft das Bürgerbegehren zwar einen zulässigen Gegenstand (1.) und wahrt die viermonatige Frist des § 17 a Abs. 3 S. 1 HS. 2 GemO (2.). Auch entfaltet der vorangegangene Beschluss vom 11. Dezember 2014 hinsichtlich des jetzigen Bürgerbegehrens keine Sperrwirkung (3.), jedoch mangelt es an einer hinreichend bestimmten Frage (4.).

28

1. Das Bürgerbegehren betrifft einen zulässigen Gegenstand, denn bei der Frage, ob der Ortsgemeinderat Kordel den Ausbau der Bundesstraße B 422 - Ortsdurchfahrt Kordel - gemäß der vorgestellten Planung des LBM in Trier mitträgt, handelt es sich um eine Angelegenheit der Ortsgemeinde. Maßgeblich ist insoweit, dass nicht der Ausbau der gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Bundesfernstraßengesetz (Gesetz vom 8. Juni 1980, BGBl I 2007,1206; zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. August 2017, BGBl I 2017, 3122, juris) - FStrG - in der Baulast des Bundes stehenden Fahrbahn der B 422 durch den LBM als Straßenbaubehörde (§ 49 Abs. 3 Nr. 1 Landesstraßengesetz (Gesetz vom 1. August 1977 (GVBl. 1977, 273), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2018 (GVBl. S. 92) - LStrG - Gegenstand des streitgegenständlichen Gemeinderatsbeschlusses ist, sondern vielmehr, ob im Rahmen eines gemeinschaftlichen Ausbaus der B 422 auch die vom LBM geplanten Maßnahmen an den gemäß § 5 Abs. 3 FStrG in der Baulast der Ortsgemeinde stehenden Flächen vorgenommen werden sollen und inwiefern diese sich an den Kosten beteiligt.

29

Auch sind die in Rede stehenden Angelegenheiten nicht nach § 17 a Abs. 2 GemO der Entscheidung durch Bürgerentscheid entzogen. Insbesondere betrifft die Entscheidung, den Ausbau gemäß der Planung des LBM mitzutragen, keine konkreten Abgabensätze (§ 17 a Abs. 2 Nr. 4 GemO). Dieser Ausschlussgrund betrifft kommunale Steuern, Gebühren und Beiträge und ist nur auf die Abgabensätze, d. h. auf die Höhe der erhobenen Abgaben bezogen (PdK RhPf B-1, GemO § 17a, Ziff. 3.3.5., Rn. 19, beck-online). Hingegen umfasst § 17 a Abs. 2 Nr. 4 GemO weder die Entscheidung über die Erhebung einer Abgabe (vgl. PdK RhPf B-1, GemO § 17a, Ziff. 3.3.5., Rn. 19, beck-online), noch über die grundsätzliche Beteiligung der Ortsgemeinde an einer kostenauslösenden Maßnahme als solche.

30

2. Ferner wurde die in § 17 a Abs. 3 S. 1 HS 2 GemO angeordnete Viermonatsfrist gewahrt.

31

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für den Fristbeginn nicht der Beschluss des Gemeinderates vom 11. Dezember 2014, sondern der Gemeinderatsbeschluss vom 9. Mai 2017 maßgeblich, denn das Bürgerbegehren richtet sich erkennbar gegen die Mittragung der am 9. Mai 2017 vorgestellten, konkreten Planung des LBM.

32

Dies wird zunächst - gemäß den Ausführungen im gerichtlichen Beschluss vom 20. März 2018, die das Gericht sich im vorliegenden Verfahren zu eigen macht - an der Fragestellung des Bürgerbegehrens deutlich, denn durch die Wiedergabe des Gemeinderatsbeschlusses wird dort ausdrücklich auf die konkrete Planung Bezug genommen. Ebenso bezieht sich die Begründung des Bürgerbegehrens mehrfach auf die in der Gemeinderatssitzung vom 9. Mai 2017 vorgestellte Planung des LBM. So wird zunächst geschildert, dass „nach den Vorstellungen des Landesbetriebs“ die Fahrbahn verkleinert und zusätzlich Grünflächen sowie Verkehrsinseln angelegt werden sollen. Sodann wird erläutert, dass der Gemeinderat beschlossen habe, „diesen Ausbau" mitzutragen und dargestellt, welche Kosten hiermit verbunden sind. Zusammenfassend ist „diese Maßnahme" aus Sicht der Interessenvertreter des Bürgerbegehrens nicht zu rechtfertigen.

33

Demgegenüber kommt an keiner Stelle der Begründung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass das Bürgerbegehren sich im Kern gegen die Beteiligung der Ortsgemeinde am gemeinschaftlichen Ausbau der Bundesstraße als solche richtet. Insbesondere findet der Beschluss vom 11. Dezember 2014 in der Begründung des Bürgerbegehrens keinerlei Erwähnung. Auch wird in der im Internet abrufbaren „Erklärung", auf die die Unterschriftenlisten Bezug nehmen, ausdrücklich dargelegt, dass das Bürgerbegehren sich nicht gegen den Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2014 richte, sondern lediglich eine Änderung der Planung auf das Notwendigste begehrt werde.

34

3. Der Zulässigkeit des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens steht des Weiteren nicht entgegen, dass der Gemeinderat bereits am 11. Dezember 2014 beschlossen hat - Grundsatzbeschluss -, im Grundsatz dem Ausbau der Ortsdurchfahrt im Zuge des Ausbaues der B 422 gemäß der noch abzustimmenden Planung mit dem LBM zuzustimmen, ohne, dass dies Gegenstand eines Bürgerbegehrens war.

35

Ungeachtet der Frage, inwieweit sogenannte wiederholende Grundsatzbeschlüsse die Frist zur Einreichung eines zulässigen Bürgerbegehrens erneut in Lauf setzen (dies bejahend: VG Koblenz, Urteil vom 10. Juli 2001 - 2 K 216/01.KO -, juris; VGH BW, Urteil vom 13. April 1993 - 1 S 1076/92 -, juris), ist der Beschluss vom 9. Mai 2017 jedenfalls deshalb tauglicher Gegenstand des Bürgerbegehrens, weil er in seiner sachlichen Reichweite über den Grundsatzbeschluss vom 11. Dezember 2014 hinausgeht.

36

Während der Beschluss vom 11. Dezember 2014 sich auf eine grundsätzliche Zustimmung zum Ausbau der Ortsdurchfahrt im Zuge des Ausbaus der B 422 beschränkt, betrifft der streitgegenständliche Beschluss die Mittragung der konkreten Planung, einschließlich der Beteiligung an den Kosten, durch die Ortsgemeinde. Diese - den Grundsatzbeschluss konkretisierende und ausführende - Entscheidung des Gemeinderates ist erneut zulässiger Gegenstand eines Bürgerbegehrens, denn erst die Kenntnis der konkreten Planung ermöglicht es den Bürgern, Für und Wider der Maßnahmen abzuwägen und sich eine abschließende Meinung zum Ausbau der B 422 zu bilden.

37

4. Letztlich scheitert die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens jedoch daran, dass die Anforderungen des § 17 a Abs. 3 S. 2 GemO nicht erfüllt werden, da seitens des Vertreters des Bürgerbegehrens keine konkreten, konstruktiven Alternativvorschläge zur vorgeschlagenen Planung des LBM benannt wurden. Diesbezüglich verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß §117 Abs. 5 VwGO analog zunächst auf die Ausführungen im Beschluss der Berichterstatterin vom 20. März 2018, welche weiterhin Geltung beanspruchen.

38

Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

39

Soweit die Klägerin sich nunmehr in Reaktion auf den gerichtlichen Beschluss vom 20. März 2018 darauf beruft, das Bürgerbegehren sei in der Sache darauf gerichtet, dass eine Beteiligung der Ortsgemeinde am gemeinsamen Ausbau der B 422 gänzlich unterbleiben soll, lässt dies die Richtigkeit der gerichtlichen Erwägungen im vorgenannten Beschluss unberührt. Allein maßgeblich zur Auslegung eines Bürgerbegehrens sind nämlich dessen konkrete Fragestellung sowie die zugehörige Begründung. Bereits hieraus muss sich unzweideutig ergeben, worauf das Bürgerbegehren in der Sache gerichtet ist, denn nur dann ist für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens erkennbar, wofür sie sich mit ihrer Unterschrift aussprechen. Hieran fehlt es vorliegend jedoch, denn gemäß obigen Ausführungen ließ sich der Begründung des Bürgerbegehrens gerade nicht entnehmen, dass die Klägerin grundsätzlich eine Beteiligung der Ortsgemeinde Kordel am gemeinschaftlichen Ausbau der B 422 verhindern wollte. Diese fehlende Bestimmtheit kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, denn andernfalls würde der Bürgerwille nachträglich verfälscht.

40

Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Klägerin, ihre Ausführungen in der Klagebegründung, wonach die Ortsgemeinde die Erarbeitung alternativer Lösungsvorschläge versäumt habe, beziehe sich allein auf die Regelung des § 17 a Abs. 5 GemO, und ließe daher nicht den Rückschluss zu, der Vertreter und die Unterzeichner des Bürgerbegehrens seien grundsätzlich mit einer Beteiligung der Ortsgemeinde Kordel am Ausbau der B 422 einverstanden, letztlich irrelevant. Im Übrigen belegt das Protokoll zur Gemeinderatssitzung vom 20. Dezember 2017, dass der Vertreter des Bürgerbegehrens entgegen seiner nunmehrigen Behauptung durchaus alternative Lösungswege zur Durchführung der Maßnahme unter Verringerung der Beitragslast der Grundstückseigentümer, z. B. durch eine Sondersatzung, für möglich hielt.

41

Ebenso wenig verfängt der Einwand der Klägerin, der Beschluss einer Alternativplanung wäre mit erheblicher Rechtsunklarheit behaftet gewesen, da er unter dem Genehmigungsvorbehalt des LBM gestanden hätte. Die Klägerin verkennt insoweit, dass die Fragestellung eines Bürgerbegehrens bereits dann hinreichend bestimmt ist, wenn das Ziel des Bürgerbegehrens unzweifelhaft erkennbar ist, d. h., wenn deutlich wird, was im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids umgesetzt werden soll. Dies wäre der Fall gewesen, wenn der Vertreter des Bürgerbegehrens konkrete Alternativen zu der vorgestellten Planung des LBM benannt hätte. Ungeachtet der Erforderlichkeit erneuter Abstimmungen mit dem LBM wäre hierdurch nämlich deutlich geworden, welche Baumaßnahmen aus Sicht der Ortsgemeinde Kordel realisiert werden sollen, inwiefern die Ortsgemeinde Kordel sich an den Kosten beteiligen soll und worauf erneute Verhandlungen mit dem LBM gerichtet wären. Selbst wenn die Umsetzung des Beschlusses letztlich an einer fehlenden Einigung mit dem LBM gescheitert wäre, würde dies nichts daran ändern, dass hierdurch zunächst sowohl für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens als auch für die Gemeinderatsmitglieder erkennbar gewesen wäre, was bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid einem Gemeinderatsbeschluss gleichstünde. Hierbei liegt es in der Natur des Sachgegenstandes, dass die Umsetzung des Bürgerentscheids von der Einigung mit dem LBM abhängig wäre. Sofern eine Einigung mit dem LBM nicht zustande gekommen wäre, wäre der Gemeinderat sodann verpflichtet gewesen, erneut über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden, wobei - soweit bei fehlender Einigung mit dem LBM möglich - der im Bürgerentscheid zum Ausdruck gekommenen Wille zu berücksichtigen gewesen wäre (§ 17 a Abs. 8 S. 3 GemO).

42

Dies zugrunde gelegt, verbleibt es im Ergebnis dabei, dass weder für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens, noch für die Mitglieder des Gemeinderates erkennbar war, wie die Ortsgemeinde Kordel im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids nach Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. Mai 2017 verfahren sollte. Obschon hierdurch feststünde, dass die Ortsgemeinde Kordel die vom LBM vorgestellte konkrete Planung in dieser Form nicht mittragen würde, wäre sie nämlich weiterhin an den Beschluss vom 11. Dezember 2014 gebunden.

43

Dieser Beschluss enthält die verbindliche Entscheidung des Beklagten, sich im Rahmen eines gemeinschaftlichen Ausbaus an den Baumaßnahmen an der B 422 zu beteiligen und hierzu eine Abstimmung mit dem LBM herbeizuführen. Eine solche Vorgehensweise entspricht Ziffer 11 (1) der Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen (bekannt gemacht mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 14/2008 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 14. August 2008 (Verkehrsblatt 2008, S. 459), geändert durch ARS Nr. 12/2012 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 10.08.2012 (VkBl.2012, S. 828); in Rheinland- Pfalz anwendbar gemäß Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau über die „Rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten", MinBl. 2009, 126, MinBl. 2014, 94, juris, - Ortsdurchfahrtenrichtlinie -), wonach die besonderen Verhältnisse der Ortsdurchfahrten mit geteilter Baulast es in der Regel nicht zulassen, dass der Bund oder die Gemeinde in ihrem eigenen Aufgabenbereich bauen, ohne zugleich auch Aufgaben zu berühren, die für den anderen Baulastträger von Bedeutung sind. Diese gemeinschaftlichen Maßnahmen sind daher im Wesentlichen im Wege gegenseitiger Kostenbeteiligung zu lösen, Ziffer 11 (1) S. 3 Ortsdurchfahrtenrichtlinie.

44

Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei dem Beschluss vom 11. Dezember 2014 nicht lediglich um eine unverbindliche, politische Erklärung. Vielmehr sollte hierdurch im Verhältnis zum LBM erkennbar die bindende Grundlage zum gemeinschaftlichen Ausbau der B 422 und damit eine Planungsgrundlage für den LBM geschaffen werden. Zugleich stand hiermit auf Seiten der Ortsgemeinde Kordel fest, dass sie im Zuge eines gemeinschaftlichen Ausbaus mit dem LBM die seitens der Ortsgemeinde erforderlichen weiteren Maßnahmen zur Sanierung der Bordsteinanlage der B 422 realisieren würde. Hintergrund dieser Entscheidung war ausweislich des Gemeinderatsprotokolls vom 11. Dezember 2014, dass die im Vorfeld am 16. April 2014 vom Gemeinderat beschlossenen Sanierungsmaßnahmen an der Bordsteinanlage der B 422 mit Blick auf den vorhandenen Sanierungsbedarf nur eine temporäre Lösung darstellten. Insoweit wollte der Beklagte erkennbar die Gelegenheit nutzen, im Zuge der vom Bunde ohnehin geplanten Baumaßnahmen die übrigen, seitens der Ortsgemeinde Kordel notwendigen Maßnahmen zu realisieren.

45

Hiervon ausgehend wäre die Ortsgemeinde Kordel im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids, d. h. bei Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. Mai 2017 verpflichtet, alternative Lösungswege zu entwickeln, um den grundsätzlich beschlossenen gemeinschaftlichen Ausbau der B 422 mit dem LBM zu realisieren. Hierbei wäre sie nach § 17 a Abs. 8 GemO an den Bürgerentscheid gebunden, ohne dass sie überhaupt erkennen könnte, in welchem Ausmaß der Vertreter und die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eine Beteiligung der Ortsgemeinde am Ausbau der B 422 sowie die Durchführung von Baumaßnahmen an den in der Baulast der Ortsgemeinde stehenden Bürgersteigen billigen würden. So wäre z. B. völlig offen, ob eine Fahrbahnverengung geringeren Ausmaßes, eine verminderte Anzahl an Parkplätzen und eine weniger pflegeintensive Gestaltung der Grünflächen dem Willen des Vertreters und der Unterzeichner des Bürgerbegehrens entsprächen oder letztlich im Widerspruch zu dem Bürgerentscheid stünden. Ebenso wenig wäre erkennbar, wie hinsichtlich der Sanierung der Bordsteinanlage verfahren werden sollte. Obschon es sich bei der B 422 anders als in dem der Entscheidung des OVG (OVG RP, Beschluss vom 3. März 2017 - 10 D 10454/17 -, juris) zugrundeliegenden Fall nicht um eine Gemeinde-, sondern eine Bundesstraße handelt, machen diese Erwägungen deutlich, dass im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids eine vergleichbare Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise einträte.

46

Eine derartige Situation läuft dem Zweck eines Bürgerbegehrens, welches im Gegensatz zum Einwohnerantrag (§ 17 GemO) nicht lediglich die Befassung des Gemeinderates mit der streitgegenständlichen Angelegenheit, sondern gemäß § 17 a Abs. 8 S. 1 GemO eine verbindliche Entscheidung herbeiführen soll, zuwider. Insbesondere die Anordnung einer Gültigkeit der Entscheidung über einen Zeitraum von drei Jahren (§ 17 a Abs. 8 S. 3 GemO) verdeutlicht, dass Sinn und Zweck eines Bürgerbegehrens die Herbeiführung von Rechtsklarheit sowie die Befriedung von zwischen Bürgern und Gemeinderat entstandenen Unstimmigkeiten ist. Dieses Ziel kann jedoch nicht erreicht werden, wenn durch Bürgerbegehren wie dem vorliegenden die Durchführung einer konkreten, im Einzelnen ausgearbeiteten Planung verhindert würde, ohne dass zugleich konstruktiv dargelegt wird, wie stattdessen verfahren werden soll.

47

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

III.

48

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

IV.

49

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 709 Zivilprozessordnung.

V.

50

Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124 a VwGO).

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 03. März 2017 - 10 D 10454/17

bei uns veröffentlicht am 03.03.2017

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

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Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 16. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die erhobene Klage auf Feststellung, dass die Ablehnung des Bürgerbegehrens und die daraus resultierende Ablehnung eines Bürgerentscheids hinsichtlich des Ausbaus der W... Straße in S... durch Gemeinderatsbeschluss vom 28. Juni 2016 nichtig ist, keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg gemäß § 166 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung bietet. Denn die Frage, welche Gegenstand des bei der Beklagten am 23. Mai 2016 eingegangen Bürgerbegehrens ist, erfüllt nicht die Anforderungen des § 17a Abs. 3 Satz 2 Gemeindeordnung – GemO –. Danach muss das Bürgerbegehren u.a. die zu entscheidende Gemeindeangelegenheit in Form einer mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortenden Frage enthalten.

3

Da ein Bürgerbegehren in Gestalt eines erfolgreichen Bürgerentscheides gemäß § 17a Abs. 8 Satz 1 GemO einem Beschluss des Gemeinderats gleichsteht und nach § 17a Abs. 8 Satz 3 GemO drei Jahre Bindungswirkung entfaltet, muss die zu beantwortende Frage mit Blick auf das Ziel des Bürgerbegehrens hinreichend bestimmt und damit konkret sein. Insofern verkennt der Kläger, dass ein Bürgerbegehren nicht allein darauf beschränkt werden kann, den Gemeinderat zu einer erneuten Befassung mit einer bestimmten Angelegenheit zu veranlassen und einen Dialog zwischen den Beteiligten anzustoßen, sondern auf eine konkrete Entscheidung gerichtet sein muss.

4

Hiervon ausgehend ist das in Rede stehende Bürgerbegehren seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach auszulegen. Danach richtet es sich nicht – was bei Beachtung der Frist des § 17a Abs. 3 Satz 1 2. HS GemO möglich gewesen wäre - auf eine Verhinderung des Ausbaus der W... Straße, sondern nur gegen die Maßnahme in der vom Gemeinderat am 25. Januar 2016 beschlossenen Form. In einem solchen Fall, in dem es um die Abänderung und nicht um die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses (kassatorisches Bürgerbegehren) geht, ist es für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erforderlich, die Alternativvorstellungen, welche Gegenstand des Bürgerbegehrens sein sollen, hinreichend konkret zu formulieren. Nur dann ist zum einen für die Unterstützer des Bürgerbegehrens erkennbar, wofür sie sich mit ihrer Unterschrift entschieden haben. Zum anderen steht nur bei der konkreten Formulierung eines bestimmten Vorschlages fest, worüber die Bürger im Falle eines notwendigen Bürgerentscheides abzustimmen haben, was bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid gemäß § 17a Abs. 8 Satz 1 GemO einem Gemeinderatsbeschluss gleichsteht und anstelle eines bisherigen Gemeinderatsbeschlusses rechtlich gilt sowie sodann von der Verwaltung vollzogen werden soll.

5

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Frage: „Sind Sie dagegen, dass der Ausbau der W... Straße, in der vom Gemeinderat beschlossenen Form, durchgeführt wird?“ nicht hinreichend bestimmt ist und deshalb nicht zum Gegenstand eines zulässigen Bürgerbegehrens und Bürgerentscheides gemacht werden kann. Da der Kläger den Ausbau der W... Straße nicht vollständig ablehnt, sondern aus Gründen der Kostenersparnis lediglich Änderungen an der Planung erreichen will, müssten die gewünschten Planänderungen in der dem Bürgerbegehren zugrundeliegenden Frage hinreichend konkret dargelegt werden. Dies ist nicht geschehen. Denn in der vorgelegten Frage wird nicht ansatzweise aufgezeigt, welche Ausbauvariante anstelle der vom Gemeinderat am 25. Januar 2016 beschlossenen Planung nach Auffassung des Bürgerbegehrens verwirklicht werden soll. Damit stünde bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid lediglich fest, dass der Ausbau der W... Straße nicht in der vom Gemeinderat am 25. Januar 2016 beschlossenen Form erfolgen kann, nicht hingegen, was stattdessen verwirklicht werden soll. Dies widerspricht dem aufgezeigten Sinn und Zweck eines Bürgerbegehrens und Bürgerentscheides im Sinne des § 17a GemO.

6

Fehlt es bereits an einer im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GemO hinreichend bestimmt formulierten Frage für ein zulässiges Bürgerbegehren, kommt es weder auf die sonstigen von dem Beklagten geltend gemachten formellen Rechtmäßigkeitsbedenken noch auf den umfangreichen Vortrag des Klägers, insbesondere zu den Auswirkungen des vom Gemeinderat geplanten Ausbaus auf Privatgrundstücke an.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.