Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 03. März 2017 - 10 D 10454/17

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2017:0303.10D10454.17.0A
bei uns veröffentlicht am03.03.2017

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Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 16. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die erhobene Klage auf Feststellung, dass die Ablehnung des Bürgerbegehrens und die daraus resultierende Ablehnung eines Bürgerentscheids hinsichtlich des Ausbaus der W... Straße in S... durch Gemeinderatsbeschluss vom 28. Juni 2016 nichtig ist, keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg gemäß § 166 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung bietet. Denn die Frage, welche Gegenstand des bei der Beklagten am 23. Mai 2016 eingegangen Bürgerbegehrens ist, erfüllt nicht die Anforderungen des § 17a Abs. 3 Satz 2 Gemeindeordnung – GemO –. Danach muss das Bürgerbegehren u.a. die zu entscheidende Gemeindeangelegenheit in Form einer mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortenden Frage enthalten.

3

Da ein Bürgerbegehren in Gestalt eines erfolgreichen Bürgerentscheides gemäß § 17a Abs. 8 Satz 1 GemO einem Beschluss des Gemeinderats gleichsteht und nach § 17a Abs. 8 Satz 3 GemO drei Jahre Bindungswirkung entfaltet, muss die zu beantwortende Frage mit Blick auf das Ziel des Bürgerbegehrens hinreichend bestimmt und damit konkret sein. Insofern verkennt der Kläger, dass ein Bürgerbegehren nicht allein darauf beschränkt werden kann, den Gemeinderat zu einer erneuten Befassung mit einer bestimmten Angelegenheit zu veranlassen und einen Dialog zwischen den Beteiligten anzustoßen, sondern auf eine konkrete Entscheidung gerichtet sein muss.

4

Hiervon ausgehend ist das in Rede stehende Bürgerbegehren seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach auszulegen. Danach richtet es sich nicht – was bei Beachtung der Frist des § 17a Abs. 3 Satz 1 2. HS GemO möglich gewesen wäre - auf eine Verhinderung des Ausbaus der W... Straße, sondern nur gegen die Maßnahme in der vom Gemeinderat am 25. Januar 2016 beschlossenen Form. In einem solchen Fall, in dem es um die Abänderung und nicht um die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses (kassatorisches Bürgerbegehren) geht, ist es für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erforderlich, die Alternativvorstellungen, welche Gegenstand des Bürgerbegehrens sein sollen, hinreichend konkret zu formulieren. Nur dann ist zum einen für die Unterstützer des Bürgerbegehrens erkennbar, wofür sie sich mit ihrer Unterschrift entschieden haben. Zum anderen steht nur bei der konkreten Formulierung eines bestimmten Vorschlages fest, worüber die Bürger im Falle eines notwendigen Bürgerentscheides abzustimmen haben, was bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid gemäß § 17a Abs. 8 Satz 1 GemO einem Gemeinderatsbeschluss gleichsteht und anstelle eines bisherigen Gemeinderatsbeschlusses rechtlich gilt sowie sodann von der Verwaltung vollzogen werden soll.

5

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Frage: „Sind Sie dagegen, dass der Ausbau der W... Straße, in der vom Gemeinderat beschlossenen Form, durchgeführt wird?“ nicht hinreichend bestimmt ist und deshalb nicht zum Gegenstand eines zulässigen Bürgerbegehrens und Bürgerentscheides gemacht werden kann. Da der Kläger den Ausbau der W... Straße nicht vollständig ablehnt, sondern aus Gründen der Kostenersparnis lediglich Änderungen an der Planung erreichen will, müssten die gewünschten Planänderungen in der dem Bürgerbegehren zugrundeliegenden Frage hinreichend konkret dargelegt werden. Dies ist nicht geschehen. Denn in der vorgelegten Frage wird nicht ansatzweise aufgezeigt, welche Ausbauvariante anstelle der vom Gemeinderat am 25. Januar 2016 beschlossenen Planung nach Auffassung des Bürgerbegehrens verwirklicht werden soll. Damit stünde bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid lediglich fest, dass der Ausbau der W... Straße nicht in der vom Gemeinderat am 25. Januar 2016 beschlossenen Form erfolgen kann, nicht hingegen, was stattdessen verwirklicht werden soll. Dies widerspricht dem aufgezeigten Sinn und Zweck eines Bürgerbegehrens und Bürgerentscheides im Sinne des § 17a GemO.

6

Fehlt es bereits an einer im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GemO hinreichend bestimmt formulierten Frage für ein zulässiges Bürgerbegehren, kommt es weder auf die sonstigen von dem Beklagten geltend gemachten formellen Rechtmäßigkeitsbedenken noch auf den umfangreichen Vortrag des Klägers, insbesondere zu den Auswirkungen des vom Gemeinderat geplanten Ausbaus auf Privatgrundstücke an.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.