Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 11. Sept. 2014 - 6 L 1605/14.TR
Tenor
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der im Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. August 2014 enthaltenen Beseitigungsverfügung wird aufgehoben. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zwei Drittel, die Antragsgegnerin ein Drittel.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die straßenrechtliche Beseitigungsverfügung der Antragsgegnerin vom 26. August 2014 wiederherzustellen, ist zulässig (A), aber nur teilweise begründet (B).
A)
- 2
Der Antrag ist allein gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung gerichtet, den von der Antragstellerin an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet auf öffentliche Verkehrsflächen mit Sprühkreide aufgebrachten Namens ihres Kandidaten für die anstehende Oberbürgermeisterwahl unverzüglich zu beseitigen. Er ist nach § 80 Abs. 5 S. 1, 1. Alt. i.V.m. Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, da die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.
B)
- 3
Der Antrag ist teilweise begründet, da die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt und die Anordnung des Sofortvollzugs somit aufzuheben ist (I.). Hinsichtlich der darüber hinaus begehrten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist er hingegen unbegründet, da bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin beziehungsweise der Öffentlichkeit an der sofortigen Vollziehung zurückzutreten hat (II.).
I.
- 4
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Diese Begründungspflicht soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Deshalb bedarf es einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im konkreten Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat. Diesen Anforderungen genügt die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht.
- 5
Darin heißt es zunächst, der Suspensiveffekt des Widerspruchs bezwecke die Aufrechterhaltung des von der Antragstellerin herbeigeführten rechtswidrigen Zustands und würde daher einen Missbrauch der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs darstellen. Dieser Begründungsansatz verkennt, dass in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage ungeachtet der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes den gesetzlich vorgesehenen Regelfall darstellt. Die ohne weitere Begründung aufgestellte Behauptung, die Inanspruchnahme der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs sei rechtsmissbräuchlich, genügt daher nicht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO.
- 6
Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang zwar weiter ausgeführt, der rechtswidrige Zustand sei nach dem Landesstraßengesetz und ihrer Sondernutzungssatzung unverzüglich zu beseitigen. Das genügt aber ebenfalls nicht dem formellen Begründungserfordernis für die Anordnung des Sofortvollzugs. Dieser äußerst knappe und lediglich pauschale Hinweis auf nicht einmal konkret benannte gesetzliche Regelungen bzw. Satzungsvorschriften lässt nämlich nicht erkennen, weshalb der Durchsetzung einer aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnung eine solche Dringlichkeit zukommen sollte, dass ein besonderes Vollzugsinteresse im Sinne von § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO besteht.
- 7
Soweit in dem Bescheid schließlich ausgeführt wird, die Antragsgegnerin sei bemüht, die illegale Werbung im öffentlichen Straßenraum des Stadtgebietes unverzüglich zu beseitigen, durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs und die damit verbundene aufschiebende Wirkung sei für die Öffentlichkeit ein direktes Verwaltungshandeln nicht erkennbar, lässt dies nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Regel-/ Ausnahmeverhältnisses zwischen aufschiebender Wirkung und Sofortvollzug bewusst war. Der bloße Wunsch der Verwaltung, Missstände umgehend zu beseitigen und dies für die Öffentlichkeit erkennbar umzusetzen, genügt nicht um darzulegen, weshalb im konkreten Einzelfall dem öffentlichen Vollzugsinteresse ausnahmsweise Vorrang gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, der gegen sie erlassenen Verfügung vorläufig nicht nachkommen zu müssen, einzuräumen sein soll.
- 8
Wegen dieses Begründungsmangels ist die Vollziehungsanordnung aufzuheben (OVG RP, Beschluss vom 24. August 1994 - 7 B 12083/94 -, juris).
II.
- 9
Da die Antragstellerin nicht nur die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung, sondern die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt hat, darf das Gericht sich jedoch nicht damit begnügen, die Anordnung des Sofortvollzugs wegen des festgestellten formalen Begründungsmangels aufzuheben, sondern hat darüber hinaus zu prüfen, ob die aufschiebende Wirkung aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung wiederherzustellen ist (OVG, a.a.O.). Das ist hier jedoch nicht der Fall, da das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin weniger schwer wiegt als das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin bzw. der Öffentlichkeit. Ihr Widerspruch bzw. eine gegebenenfalls nachfolgende Klage wird nämlich bei der in Verfahren der vorliegenden Art gebotenen summarischen Betrachtung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 158) voraussichtlich keinen Erfolg haben (1.). Sonstige Gründe, die trotz geringer Erfolgsaussichten in der Hauptsache ein überwiegendes Aussetzungsinteresse begründen würden, sind nicht ersichtlich (2.).
- 10
1. Die Beseitigungsanordnung der Antragsgegnerin ist zumindest bei summarischer Betrachtung rechtmäßig, so dass die Antragstellerin in der Hauptsache voraussichtlich unterliegen wird. Die findet ihre Grundlage in § 41 Abs. 8 S. 1 des Landesstraßengesetzes (LStrG), da die Inanspruchnahme der Straßenoberfläche für die von der Antragstellerin aufgebrachten Beschriftungen eine Sondernutzung darstellt (a) und sie nicht im Besitz der erforderlichen Sondernutzungserlaubnis ist (b). Die Beseitigungsanordnung verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (c).
- 11
a) Nach § 41 Abs. 1 S. 1 LStrG bedarf der Gebrauch einer (öffentlichen) Straße (vgl. § 1 LStrG) über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Nach § 41 Abs. 8 S. 1 LStrG kann die Straßenbaubehörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen, wenn die Straße nicht ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird. Bei der Inanspruchnahme der Straßenoberfläche für Beschriftungen der vorliegenden Art handelt es um eine Sondernutzung im Sinne von § 41 Abs. 1 S. 1 LStrG.
- 12
aa) Anders als die Antragstellerin meint, übt sie durch den von ihr an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet auf öffentliche Straßen aufgesprühten Namenszug keinen Gemeingebrauch aus. Gemeingebrauch ist der Gebrauch einer öffentlichen Straße im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften (§ 41 Abs. 1 S. 1 LStrG). Bei innerörtlichen Straßen und in besonderem Maße in Fußgängerzonen reicht er allerdings über die Nutzung der Straße zum Zweck der bloßen Ortsveränderung hinaus und umfasst auch den sogenannten kommunikativen Verkehr, der auf Begegnung und Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern gerichtet ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2014 - 11 A 2250/12 -, juris ; Beschluss vom 3. Juni 2014 - 11 A 2020/12 -, juris; OVG Hamburg, Urteil vom 19. Januar 2012 - 4 Bf 269/10 -, DVBl. 2012, 504). Die von der Antragstellerin auf der Straßenoberfläche aufgebrachten Schriftzüge dienen zwar der Kommunikation mit vorübergehenden Passanten, da sie auf den Kandidaten der Antragstellerin für das Amt des Oberbürgermeisters aufmerksam machen sollen. Bei dieser Art von Straßenbenutzung handelt es sich jedoch nicht mehr um Verkehr, also die Inanspruchnahme der Straßen zum Zwecke der Fortbewegung oder zumindest des Aufenthalts von Personen, somit nicht um den Gebrauch der Straße im Rahmen der Widmung. Daran ändert sich auch nichts aufgrund des Umstands, dass sich zumindest kurzfristig eine Person zum Aufbringen des Schriftzugs auf den betreffenden Straßen aufgehalten haben muss.
- 13
bb) Die Nutzung der Straßenoberfläche als Untergrund für den von der Antragstellerin aufgesprühten Namen stellt auch keine sonstige Benutzung im Sinne von § 45 Abs. 1 LStrG dar. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Einräumung von Rechten zur Benutzung der Straße nach bürgerlichem Recht, wenn sie den Gemeingebrauch nicht oder für Zwecke der öffentlichen Versorgung nur kurzfristig beeinträchtigt. Die Beseitigung einer solchen Nutzung könnte nur zivilrechtlich durchgesetzt werden, nicht hingegen mittels einer auf § 41 Abs. 8 S. 1 LStrG beruhenden Beseitigungsanordnung.
- 14
Die Straßenbenutzung, deren Beendigung die Antragsgegnerin herbeiführen möchte, ist aber keine lediglich dem Privatrecht unterliegende Benutzung, da sie mit einer - wenn auch vergleichsweise geringfügigen - Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs verbunden ist. Für die Annahme einer solchen Beeinträchtigung genügt bereits eine abstrakte Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. Kodal-Stahlhut, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 27 Rn. 10). Dass solche Beeinträchtigungen die Annahme einer sonstigen Nutzung im Sinne von § 45 Abs. 1 LStrG selbst dann ausschließen, wenn sie lediglich geringfügig sind, ergibt sich bereits aus der Systematik dieser Vorschrift, denn lediglich bei Benutzungen für Zwecke der öffentlichen Versorgung ist es unschädlich, wenn sie den Gemeingebrauch nur kurzfristig beeinträchtigen (vgl. auch BGH, Urteil vom 28. September 1982 - KZR 17/81 -, NVwZ 1983, 499 [Werbetransparent in 4,85 m Höhe über der Straßenoberfläche]).
- 15
Zwar kann bei lebensnaher Betrachtung kaum angenommen werden, die mittels Sprühkreide aufgebrachten Namen riefen bei Verkehrsteilnehmern eine Hemmschwelle hervor, die sie veranlassen könnten, die Aufschriften zu umgehen bzw. zu umfahren. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin nehmen die Schriftzüge weniger Platz ein als das Format DIN A3. Zudem sind sie auch nicht aufwendig gestaltet, so dass Passanten, anders etwa als bei einem künstlerisch gestalteten Straßengemälde oder einem zur Abdeckung eines Schachtes angebrachten Gitterrost (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Juni 1973 - 6 A 27/72 -, AS 23. 220) keine Scheu haben dürften, die betreffenden Flächen zu betreten. Da es sich bei den aufgebrachten Schriftzügen lediglich um einen Vor- und Zunamen handelt und diese angesichts der Größe der Buchstaben - von normalsichtigen Personen - im Vorbeigehen gelesen werden können, dürfte auch die hierdurch verursachte Ablenkung bei isolierter Betrachtung noch keine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs darstellen.
- 16
Dass die Schriftzüge dennoch eine zumindest geringfügige abstrakte Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs hervorrufen, ergibt sich aber insbesondere daraus, dass mit konkreten Beeinträchtigungen zu rechnen ist, wenn es nicht bei den von der Antragstellerin aufgesprühten Namenszügen bleibt, sondern andere, insbesondere konkurrierende Parteien, ihrem Vorbild folgen. Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass Passanten je nach Gestaltung und Inhalt solcher Aufdrucke veranlasst werden, stehen zu bleiben, so dass Leichtigkeit und gegebenenfalls die Sicherheit des Verkehrs beeinträchtigt wäre.
- 17
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufbringung von Schriftzügen auf der Straßenoberfläche es notwendigerweise erfordert, dass der fragliche Bereich für die Dauer der Herstellung von anderen Personen nicht betreten werden kann. Eine gesonderte rechtliche Beurteilung der Beeinträchtigung während der Aufbringung von Aufschriften auf der Straßenoberfläche einerseits und andererseits ihren Auswirkungen auf den Gemeingebrauch nach ihrer Herstellung wäre mit der Intention des § 45 Abs. 1 LStrG, sonstige Straßenbenutzungen vollständig dem Privatrecht zu unterwerfen, nicht zu vereinbaren (vgl. bezüglich der Verlegung von Versorgungsleitungen BVerwG, Urteil vom 29. März 1968 - IV C 100.65 -, BVerwGE 29, 248; Kodal/Stahlhut, a.a.O., Kap. 28, Rn. 17).
- 18
b) Die Antragstellerin ist nicht im Besitz der für die Inanspruchnahme der Straßenoberfläche erforderlichen Sondernutzungserlaubnis, so dass die Nutzung formell illegal ist. Diese formelle Illegalität rechtfertigt grundsätzlich den Erlass einer Beseitigungsanordnung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18. Juli 2012 - 7 LB 29/11 -, juris). Es sind keine Gründe erkennbar, aufgrund derer die formelle Rechtswidrigkeit der Nutzung im vorliegenden Fall für den Erlass der Beseitigungsanordnung nicht als ausreichend zu erachten wäre. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es ermessensfehlerhaft wäre, einen Antrag auf eine Sondernutzungserlaubnis für die Aufbringung von Schriftzügen der hier in Rede stehenden Art abzulehnen. So hat die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung insbesondere darauf hingewiesen, dass im Falle zahlreicher auf die Straßenoberfläche aufgesprühter Wahlsichtwerbung mit einer wochenlangen „Verschandelung“ und Verschmutzung des Stadtbildes zu rechnen sei, während Wahlplakate zeitnah und unproblematisch nach der Wahl entfernt werden könnten. Die Antragsgegnerin ermöglicht der Antragstellerin im Übrigen - wie den anderen Parteien auch - in erheblichem Umfang Wahlsichtwerbung im öffentlichen (Straßen-) Raum. Es ist weder ersichtlich noch wird von der Antragstellerin dargelegt, dass sie für einen effektiven Wahlkampf darüber hinaus auf aufgesprühte Werbebotschaften der vorliegenden Art angewiesen wäre.
- 19
c) Die Beseitigungsverfügung lässt auch keine sonstigen Rechtsverstöße erkennen.
- 20
aa) Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG). Mit der Beseitigungsverfügung hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin aufgegeben, die von ihr aufgesprühten Namenszüge aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen, und beispielhaft einige Straßen und Plätze benannt. Damit ist für die Antragstellerin klar und eindeutig erkennbar, was von ihr gefordert wird. Denn sie selbst weiß am besten - sie müsste dies zumindest wissen - an welchen Stellen sie den Namen ihres Kandidaten auf die Straßenoberfläche aufgesprüht hat (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2012 - 11 B 1330/12 -, juris).
- 21
bb) Der Straßenwahlkampf unterfällt zwar dem Schutzbereich des Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Das entbindet Parteien aber nicht vom Erfordernis einer Sondernutzungserlaubnis für solche Wahlkampfaktivitäten, die über den (kommunikativen) Gemeingebrauch hinausgehen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 11 A 2020/12 – juris; Stahlhut, a.a.O., Kap. 25 Rn. 115, jew. mit weiteren Nachweisen).
- 22
cc) Die Beseitigungsanordnung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Antragsgegnerin bestreitet zwar nicht, dass an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet Linien und Symbole auf der Straßenoberfläche vorhanden sind, die auf mehr oder weniger lange zurückliegende Veranstaltungen zurückgehen. Von diesen Überbleibseln geht jedoch ein deutlich geringerer Anreiz zur Nachahmung aus als von den von der Antragstellerin aufgebrachten Schriftzügen. Würden gegen diese nicht vorgegangen, bestünde die Gefahr, dass andere Parteien diesem Beispiel folgen und ebenfalls im laufenden Wahlkampf dazu übergehen, Namen ihrer Kandidaten oder Wahlkampfparolen auf öffentliche Straßen aufzusprühen. Bereits aus diesem Grunde ist es nicht sachwidrig, wenn die Antragsgegnerin die umgehende Beseitigung der von der Antragstellerin aufgebrachten Beschriftungen fordert, während sie in anderen, weniger dringlichen Fällen bislang hiervon abgesehen hat.
- 23
3. Es besteht auch keine Veranlassung, die die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Beseitigungsverfügung ungeachtet der allenfalls geringen Erfolgsaussichten in der Hauptsache anzuordnen. Wie bereits oben dargelegt, ist die Beseitigung der von der Antragstellerin hergestellten Aufschriften für sie nämlich nicht mit schwerwiegenden Nachteilen im Wahlkampf verbunden, andererseits besteht ein beträchtliches Interesse der Antragsgegnerin bzw. der Öffentlichkeit daran, diese - bei summarischer Betrachtung - rechtswidrigen Aufschriften zu beseitigen, um der Nachahmung durch andere Gruppierungen im laufenden Wahlkampf entgegenzuwirken.
C)
- 24
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.
- 25
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG und entspricht der Hälfte des Regelstreitwerts (vgl. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Trier Beschluss, 11. Sept. 2014 - 6 L 1605/14.TR zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 25.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
3Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO werden entweder nicht im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt oder sind nicht gegeben.
41. Der in erster Linie geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung.
5a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt. Dabei begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht nur dann sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht.
6Vgl. jüngst etwa BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 -, NJW 2013, 3506 (3508 f.) = juris, Rn. 36 und 40.
7b) Hiervon ausgehend unterliegt die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zunächst insoweit keinen ernstlichen Zweifeln, als die erste Instanz den auf die Feststellung gerichteten Hauptantrag der Klägerin abgewiesen hat, dass ihre Werbemaßnahmen im Stadtgebiet der Beklagten „durch einzeln laufende Personen mit den beschriebenen Moving-Boards (ohne Ansprechen von Passanten, längeres Verweilen an einem Ort, Verteilen von Werbematerialien, Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen und öffentliche Widergabe von Musik bzw. gesprochenen Werbetexten) als straßenrechtlicher Gemeingebrauch keiner Sondernutzungserlaubnis der Beklagten bedürfen“.
8Werbemaßnahmen auf öffentlichen Straßen durch das Umhergehen von Personen mit sog. Moving-Boards, d. h. in der Art eines Rucksackes auf dem Rücken getragenen Werbeträgern (hier: Schilder in einer Größe von rund 145 cm Höhe und 59 cm Breite), gehören schon nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht zum straßenrechtlichen (kommunikativen) Gemeingebrauch im Sinne des § 14 StrWG NRW, sondern stellen eine nach § 18 StrWG NRW erlaubnispflichtige Sondernutzung dar. Gleiches gilt nach den §§ 7 und 8 FStrG für den Fall, dass die Werbemaßnahmen auch auf Bundesstraßen in der Ortsdurchfahrt, für die die Beklagte Träger der Straßenbaulast ist (vgl. § 5 Abs. 2 und 5 FStrG), beabsichtigt sind.
9Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW und nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist Sondernutzung die Benutzung der Straßen bzw. Bundesfernstraßen über den Gemeingebrauch hinaus. Nach der jeweiligen Legaldefinition des Gemeingebrauchs in § 14 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW und § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist der Gebrauch der öffentlichen Straßen jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen bzw. verkehrsbehördlichen Vorschriften gestattet. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 StrWG NRW liegt kein Gemeingebrauch vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zu dem Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist. Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 FStrG liegt kein Gemeingebrauch vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken nutzt. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 StrWG NRW bleibt der - hier ohnehin nicht in Betracht kommende - Straßenanliegergebrauch nach § 14a StrWG NRW unberührt.
10Das Zulassungsvorbringen stellt die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin bedürfe für die von ihr geplanten Tätigkeiten einer Sondernutzungserlaubnis, jedenfalls im Ergebnis nicht schlüssig in Frage. Die Ausführungen des Zulassungsantrages insbesondere zu den Fragen, „dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin ebenfalls um die Teilnahme am kommunikativen Verkehr handelt, die grundsätzlich unter den Gemeingebrauch fällt“, und es auf eine Gewerbsmäßigkeit ihrer Tätigkeit nicht ankomme, gehen an der Sache vorbei.
11Nutzungen der Straße über eine bloße Ortsveränderung und zum Aufenthalt hinaus, die insbesondere mit Blick auf Individualgrundrechte zu einer erweiterten Auslegung des Begriffs „Verkehr“ durch die Rechtsprechung geführt haben und als sog. kommunikativer Gemeingebrauch anerkannt worden sind,
12vgl. etwa Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kapitel 25, Rn. 22 ff., und Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 301 ff., jeweils m. w. N.,
13sind mit dem hier zu würdigenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Denn die von der Klägerin beabsichtigten Maßnahmen dienen sowohl objektiv, d. h. von ihrem äußeren Erscheinungsbild her gesehen, als auch subjektiv nach den Vorstellungen der Klägerin ausschließlich der Außenwerbung.
14Werbung als solche ist aber - auch wenn sie an und auf Straßen betrieben wird - kein Verkehrsvorgang.
15Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1975 - 1 BvR 118/71 -, BVerfGE 40, 371 (380).
16Dementsprechend liegt sowohl nach § 14 Abs. 3 Satz 1 StrWG als auch nach § 7 Abs. 1 Satz 3 FStrG kein Gemeingebrauch vor. Denn die Straße wird nicht vorwiegend zu dem Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist. Jeder Gebrauch der öffentlichen Straßen, der über den Gemeingebrauch hinausgeht, ist aber eine Sondernutzung und bedarf unbeschadet sonstiger Vorschriften der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.
17Es ist daher in der Rechtsprechung im Grundsatz anerkannt, dass zum Beispiel der Einsatz von Werbefahrzeugen den Gemeingebrauch überschreiten und eine straßenrechtliche Sondernutzung darstellen kann. Dies gilt sowohl für reine Werbefahrten mit Kraftfahrzeugen oder Anhängern als auch für das Abstellen eines Kraftfahrzeuges allein zu Werbezwecken oder das Abstellen eines Anhängers, der nach seinem äußeren Erscheinungsbild ausschließlich Werbemaßnahmen und nicht Transportzwecken dient.
18Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 12. Juli 2005 - 11 A 4433/02 -, NWVBl. 2006, 58 f., m. w. N. (nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2006 - 3 B 145.05 -, juris), und Beschluss vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn 24.
19Die Klägerin benötigt daher für Werbemaßnahmen mit sog. Moving-Boards gemäߠ § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG bzw. § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG eine Sondernutzungserlaubnis der Beklagten. Die von der Klägerin geplante Sondernutzung wird auch nicht von der auf der Grundlage der §§ 19 Satz 1 StrWG NRW, 8 Abs. 1 Satz 4 FStrG normierten Befreiungsregelung in § 4 der Satzung der Stadt Köln über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen - Sondernutzungssatzung - vom 13. Februar 1998, zuletzt geändert durch die 5. Änderungssatzung vom 3. Oktober 2012, erfasst.
20c) Ernstliche Zweifel an der der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind ebenso wenig in Bezug auf die Abweisung der beiden hilfsweise gestellten Anträge der Klägerin gegeben, mit denen die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis auf Antrag für die Werbemaßnahmen der Klägerin bzw. zu einer Neubescheidung eines Antrages unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts beantragt worden ist.
21Der Senat hat mit Blick auf § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO bereits Bedenken an der Zulässigkeit der beiden Hilfsanträge zu 2. und 3., weil die Klägerin ihre Rechte durch Verpflichtungsklage geltend machen kann bzw. in der Vergangenheit in Bezug auf die beiden unter dem 20. Dezember 2010 und 27. Dezember 2010 gestellten Anträge hätte verfolgen können. Die von der Klägerin in erster Instanz in Bezug genommene Rechtsprechung
22- BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 -, BVerwGE 121, 152 -
23betrifft zum einen das Verhältnis zwischen Feststellungsklage und Anfechtungsklage(n), zum anderen ist bei der hier gegebenen Verpflichtungssituation die Besonderheit gegeben, dass jeder Einzelfall mit Blick auf das der Behörde eingeräumte Ermessen bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen gesondert beurteilt werden kann.
24Die Klägerin kann mit ihrem Begehren aber auch in der Sache nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entscheidungstragend darauf abgehoben, dass das von ihrem Feststellungsbegehren umfasste Sondernutzungsvorhaben der Klägerin, „Werbemaßnahmen … im Stadtgebiet von L. “ durchzuführen, nicht bescheidungsfähig ist. Die genaue Örtlichkeit, wo diese Werbemaßnahmen durchgeführt werden soll, ist ebenso wenig erkennbar wie die Anzahl der Personen, die mit den sog. Moving-Boards umhergehen sollen. Ein Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis muss aber hinreichend bestimmt sein. Eine Sondernutzungserlaubnis wird nämlich auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW). Die behördliche Ermessensausübung hat sich an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand - Schutz des Straßengrundes und des Zubehörs -, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger - etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen - oder Belange des Straßen- und Stadtbildes, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße und auf Grund eines konkreten Gestaltungskonzeptes - Vermeidung einer „Übermöblierung" des öffentlichen Straßenraumes, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes und Ähnliches. Zusätzlich sind nach § 18 Abs. 1 Satz 4 StrWG NRW Belange von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen. Damit die Behörde diese Prüfung vornehmen kann, muss der Antragsteller sie insbesondere über Ort, zeitliche Dauer und Umfang seines Vorhabens in Kenntnis setzen.
25Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 11 A 1986/13 -, juris, Rn. 7 f., m. w. N.
26Ohne konkrete Angaben zu den Straßen, Wegen und Plätzen, auf denen sich die mit sog. Moving-Boards versehenen Personen bewegen sollen, und ohne die Angabe der genauen Anzahl dieser Personen kann die Behörde die oben angeführten Gesichtspunkte jedoch nicht prüfen und abwägen. Dass ein Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis mit Blick auf den Zweck der Sondernutzung hinreichend bestimmt sein muss, gilt ebenfalls unter dem Blickwinkel der Erhebung von Sondernutzungsgebühren.
27Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 12. November 1998 - 3 BN 2.98 -, juris, Rn. 6 f.
28So liegt der Fall auch hier. Für Sondernutzungen werden nach den §§ 19a StrWG NRW, 8 Abs. 3 FStrG in Verbindung mit § 9 der Sondernutzungssatzung der Beklagten Sondernutzungsgebühren erhoben. Die Anzahl der Werbeanlagen ist nach der hier wohl einschlägigen Tarif-Nr. 8.4 des Gebührentarifs zur Sondernutzungssatzung bei mobilen Werbeanlagen für die Gebührenerhebung mit entscheidend.
29Das Verwaltungsgericht hat also zutreffend darauf abgehoben, dass das zur Entscheidung gestellte Begehren der Klägerin bereits zu unbestimmt ist. Hiergegen gerichtete Darlegungen enthält die Begründung des Zulassungsantrages indes nicht. Es kommt daher auf die weiteren Rügen der Klägerin zu einer „Reduzierung des Ermessens der Beklagten auf null“ und zu einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nicht an.
30Unbeschadet dessen sei hier allerdings lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass allein die in der E-Mail der Beklagten vom 20. Dezember 2010 und auch die in dem darauf Bezug nehmenden (Telefax-)Schreiben vom 27. Dezember 2010 enthaltenen Erwägungen mit Blick auf die vorstehend dargelegten Gründe für die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis eine Versagung (noch) nicht tragen dürften.
312. Soweit die Klägerin besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend macht, folgt aus dem vorstehend Dargelegten, dass die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds nicht vorliegen. Insbesondere ist die Gewerbsmäßigkeit der Tätigkeit der Klägerin für die Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung für den vorliegenden Fall ebenso wenig von Bedeutung wie die von der Klägerin in Bezug genommene Rechtsprechung diverser Oberlandesgerichte, so dass auch keine „Rechtsprechungsdivergenzen“ zu erkennen sind.
323. Die angeführte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben. Sie wird schon nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt.
33Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen werden, die entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 ff., und Beschlüsse vom 2. Oktober 1984 - 1 B 114.84 -, InfAuslR 1985, 130 f., sowie vom 19. Juli 2011 - 10 B 10.11, 10 PKH 10 PKH 4.11 -, juris, Rn. 3.
35Das Vorbringen der Klägerin, für sie habe „die Sache grundsätzliche Bedeutung, da sie Rechtssicherheit für einen Teil ihrer Haupttätigkeit erlangen möchte“, zeigt keine konkrete und im Rechtlichen oder Tatsächlichen relevante Frage von fallübergreifender Entscheidungserheblichkeit auf. Dies gilt auch soweit sich die Klägerin „für eine gesamte Branche“ auf eine „rechtssicherheitsschaffende Wirkung“ beruft.
36Die weiteren konkreten Fragen,
37„ob ein Verhalten - hier das Spazierengehen mit einem Moving-Board -, das in seiner Gesamtprägung dem gemeingebräuchlichen Spazierengehen entspricht, trotz dieser Entsprechung Sondernutzung sein kann, obwohl eine Beeinträchtigung des Verkehrs nicht erfolgt“,
38und
39„ob der Klägerin die Teilnahme am kommunikativen Verkehr - und somit am Gemeingebrauch - allein wegen einer Gewerblichkeit der Kommunikation verwehrt werden kann“,
40würden sich entweder so nicht stellen oder sie lassen sich in ihrem vorliegend allein relevanten Kern nach dem oben bereits näher Ausgeführten auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens dahingehend beantworten, dass Werbemaßnahmen auf öffentlichen Straßen durch das Umhergehen von Personen mit sog. Moving-Boards nicht zum straßenrechtlichen (kommunikativen) Gemeingebrauch gehören und daher eine erlaubnispflichtige Sondernutzung sind.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
44Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Es wird festgestellt, dass die in der Sondernutzungserlaubnis vom 9. Mai 2012 unter B) enthaltene Auflage „Das gezielte Ansprechen von Passanten ist unzulässig.“ rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (vgl. § 130a VwGO).
3Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet. Die in der Sondernutzungserlaubnis vom 9. Mai 2012 unter B) enthaltene Auflage „Das gezielte Ansprechen von Passanten ist unzulässig.“ ist rechtswidrig gewesen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
41. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Danach kann das Gericht die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts aussprechen, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. So liegt es hier. Die angefochtene Auflage hat sich unmittelbar nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Die Klägerin hat wegen einer möglichen Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Auflage. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird.
5Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 1 B 37.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 7, S. 15 = juris, Rn. 5.
6Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin muss damit rechnen, dass die Beklagte auch bei einer erneuten Beantragung einer Sondernutzungserlaubnis eine entsprechende Auflage erteilt. Die Beklagte hat mit der Auflage „Das gezielte Ansprechen von Passanten ist unzulässig“ eine vom Ort der erlaubten Sondernutzung unabhängige Regelung getroffen. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich jedenfalls ein unmittelbarer Bezug zu den in der Sondernutzungserlaubnis konkret benannten öffentlichen Verkehrsflächen nicht entnehmen. Die hinreichende Konkretheit der Wiederholungsgefahr ergibt sich schon aus den turnusgemäß stattfindenden Wahlen.
72. Die Fortsetzungsstellungsklage ist auch begründet. Die angefochtene Auflage ist rechtswidrig gewesen. Das gezielte Ansprechen von Passanten im Straßenwahlkampf ist kommunikativer Gemeingebrauch und kann nicht durch eine Auflage zu einer Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW untersagt werden.
8Der Straßenwahlkampf mit Plakatwerbung, Informationsständen und Flugblattverteilung fällt in den Schutzbereich des Art. 21 Abs. 1 GG.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2001 - 2 BvR 408/01 -, NVwZ 2002, 467.
10Politische Werbung im Wahlkampf, wie das Verteilen von politischen Schriften oder Flugblättern und das (damit verbundene) gezielte Ansprechen von Passanten, ist kommunikativer Gemeingebrauch. Dieser ist (erst) überschritten, wenn zum Zwecke politischer Werbung auf öffentlicher Straße Informationsstände, Tische oder Stelltafeln aufgestellt werden.
11Vgl. in diesem Sinne: Klein, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Loseblattkommentar, Band III, 70. Ergänzungslieferung Dezember 2013, Art. 21 Rn. 292; Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, Handbuch, 7. Auflage 2010, Kapitel 25, Rn. 115.2 und Kapitel 27, Rn. 57; Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage 1989, § 14 Rn. 34 f., 38; Wiget, in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegerecht, Loseblattkommentar, 24. Ergänzungslieferung Oktober 2013, Art. 14 Rn. 45, jeweils m. w. N.
12Danach ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, der Klägerin sei eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Infoständen für die politische Werbung im Zusammenhang mit der Landtagswahl zu erteilen gewesen. Grundsätzlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass eine solche Sondernutzungserlaubnis mit Auflagen nach § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW etwa zur Gewährleistung des störungsfreien Gemeingebrauchs verbunden wird. Allerdings lässt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW keine Befugnis der Beklagten herleiten, den der Klägerin grundsätzlich im Rahmen des kommunikativen Gemeingebrauchs (innerhalb wie außerhalb des für die Sondernutzung genehmigten Bereichs) zustehenden Anspruch, Wahlwerbung durch (Verteilen von politischen Schriften oder Flugblättern und damit verbundenes) gezieltes Ansprechen von Passanten zu machen, im Wege der Auflage zu beschneiden. Eine solches Verständnis des § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW ist mit Verfassungsrecht nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere dann wenn, wie im Fall der Anordnung der Beklagten, das „gezielte Ansprechen“ generell und ohne konkreten Bezug zu einem bestimmten Bereich der öffentlichen Verkehrsfläche untersagt wird. Eine solche den Anspruch der Parteien auf Wahlwerbung durch „gezieltes Ansprechen“ beschränkende Auflage dürfte vielmehr nur ausnahmsweise dann als gerechtfertigt erscheinen, wenn wegen der Besonderheit der öffentlichen Verkehrsfläche (etwa in einer sehr engen Gasse) mit dem „gezielten Ansprechen“ eine ganz erhebliche Behinderung des Gemeingebrauchs verbunden wäre.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
14Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
15Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Es wird festgestellt, dass die in der Sondernutzungserlaubnis vom 9. Mai 2012 unter B) enthaltene Auflage „Das gezielte Ansprechen von Passanten ist unzulässig.“ rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (vgl. § 130a VwGO).
3Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet. Die in der Sondernutzungserlaubnis vom 9. Mai 2012 unter B) enthaltene Auflage „Das gezielte Ansprechen von Passanten ist unzulässig.“ ist rechtswidrig gewesen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
41. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Danach kann das Gericht die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts aussprechen, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. So liegt es hier. Die angefochtene Auflage hat sich unmittelbar nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Die Klägerin hat wegen einer möglichen Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Auflage. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird.
5Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 1 B 37.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 7, S. 15 = juris, Rn. 5.
6Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin muss damit rechnen, dass die Beklagte auch bei einer erneuten Beantragung einer Sondernutzungserlaubnis eine entsprechende Auflage erteilt. Die Beklagte hat mit der Auflage „Das gezielte Ansprechen von Passanten ist unzulässig“ eine vom Ort der erlaubten Sondernutzung unabhängige Regelung getroffen. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich jedenfalls ein unmittelbarer Bezug zu den in der Sondernutzungserlaubnis konkret benannten öffentlichen Verkehrsflächen nicht entnehmen. Die hinreichende Konkretheit der Wiederholungsgefahr ergibt sich schon aus den turnusgemäß stattfindenden Wahlen.
72. Die Fortsetzungsstellungsklage ist auch begründet. Die angefochtene Auflage ist rechtswidrig gewesen. Das gezielte Ansprechen von Passanten im Straßenwahlkampf ist kommunikativer Gemeingebrauch und kann nicht durch eine Auflage zu einer Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW untersagt werden.
8Der Straßenwahlkampf mit Plakatwerbung, Informationsständen und Flugblattverteilung fällt in den Schutzbereich des Art. 21 Abs. 1 GG.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2001 - 2 BvR 408/01 -, NVwZ 2002, 467.
10Politische Werbung im Wahlkampf, wie das Verteilen von politischen Schriften oder Flugblättern und das (damit verbundene) gezielte Ansprechen von Passanten, ist kommunikativer Gemeingebrauch. Dieser ist (erst) überschritten, wenn zum Zwecke politischer Werbung auf öffentlicher Straße Informationsstände, Tische oder Stelltafeln aufgestellt werden.
11Vgl. in diesem Sinne: Klein, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Loseblattkommentar, Band III, 70. Ergänzungslieferung Dezember 2013, Art. 21 Rn. 292; Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, Handbuch, 7. Auflage 2010, Kapitel 25, Rn. 115.2 und Kapitel 27, Rn. 57; Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage 1989, § 14 Rn. 34 f., 38; Wiget, in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegerecht, Loseblattkommentar, 24. Ergänzungslieferung Oktober 2013, Art. 14 Rn. 45, jeweils m. w. N.
12Danach ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, der Klägerin sei eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Infoständen für die politische Werbung im Zusammenhang mit der Landtagswahl zu erteilen gewesen. Grundsätzlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass eine solche Sondernutzungserlaubnis mit Auflagen nach § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW etwa zur Gewährleistung des störungsfreien Gemeingebrauchs verbunden wird. Allerdings lässt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW keine Befugnis der Beklagten herleiten, den der Klägerin grundsätzlich im Rahmen des kommunikativen Gemeingebrauchs (innerhalb wie außerhalb des für die Sondernutzung genehmigten Bereichs) zustehenden Anspruch, Wahlwerbung durch (Verteilen von politischen Schriften oder Flugblättern und damit verbundenes) gezieltes Ansprechen von Passanten zu machen, im Wege der Auflage zu beschneiden. Eine solches Verständnis des § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW ist mit Verfassungsrecht nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere dann wenn, wie im Fall der Anordnung der Beklagten, das „gezielte Ansprechen“ generell und ohne konkreten Bezug zu einem bestimmten Bereich der öffentlichen Verkehrsfläche untersagt wird. Eine solche den Anspruch der Parteien auf Wahlwerbung durch „gezieltes Ansprechen“ beschränkende Auflage dürfte vielmehr nur ausnahmsweise dann als gerechtfertigt erscheinen, wenn wegen der Besonderheit der öffentlichen Verkehrsfläche (etwa in einer sehr engen Gasse) mit dem „gezielten Ansprechen“ eine ganz erhebliche Behinderung des Gemeingebrauchs verbunden wäre.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
14Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
15Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.