Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 24. Mai 2012 - 1 L 459/12.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2012:0524.1L459.12.TR.0A
bei uns veröffentlicht am24.05.2012

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 11.786,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller, der als Polizeioberkommissar der Besoldungsgruppe A 10 im Dienst des Antragsgegners steht, begehrt die Beförderung auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11.

2

Der nach § 88 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ausgelegte Antrag des Antragstellers, mindestens eine Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 11 gem. Anlage II zum Landesbesoldungsgesetz - LBesG - so lange nicht mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bis über seinen Bewerbungsverfahrensanspruch rechtskräftig entschieden ist, hat keinen Erfolg.

3

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Lässt die im Eilverfahren notwendigerweise nur summarische Überprüfung bereits erkennen, dass das von dem Antragsteller behauptete Recht zu seinen Gunsten nicht besteht, so ist nach § 123 Abs. 1 VwGO eine einstweilige Anordnung nicht möglich, weil dann eine sicherungsfähige und sicherungswürdige Rechtsposition fehlt.

4

Der Antragsteller kann sich vorliegend zwar auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes berufen. Ihm würden ohne ein sofortiges gerichtliches Eingreifen Rechtsnachteile drohen, die in einem späteren Hauptsacheverfahren nicht zu beheben wären (OVG RP, Beschluss vom 31. Oktober 2002 - 2 B 11557/02 -, juris).

5

Er hat jedoch einen Anordnungsanspruch nicht im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht. Es ist nicht erkennbar, dass die seitens des Antragsgegners zu Gunsten des den letzten Beförderungsrang innehabenden Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung rechtswidrig ist und der Antragsteller bei ordnungsgemäßer Wiederholung der Auswahlentscheidung möglicherweise selbst zum Zuge käme.

6

Die vom Antragsteller vorgetragenen Einwände gegen das beim Antragsgegner praktizierte Beförderungsauswahlverfahren greifen nicht durch. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - bzw. § 10 Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG - ist nicht verletzt. Danach hat jeder Deutsche ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Hiermit korreliert der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Um eine Durchsetzung der genannten Rechte sicherzustellen, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, NVwZ 2012, 366, m. w. N.). Liegt eine Verletzung des Bewerberanspruchs vor, kann der abgelehnte Beamte eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung verlangen, wenn deren Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint.

7

Die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung erfolgte nach dem Grundsatz der Bestenauslese und somit unter Beachtung des oben erwähnten Leistungsprinzips. Diesem zufolge sind bei der zu treffenden Beförderungsbewerberauswahl vorrangig die jeweils letzten dienstlichen Beurteilungen der Bewerber heranzuziehen (OVG RP, Beschluss vom 23. November 2011 - 2 B 10942/11 -, juris). Diese müssen aktuell und hinreichend differenziert sein sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1999 - 2 C 19/10 -, BVerwGE 140, 83). Bei deren Vergleich ist zunächst das abschließende Gesamturteil maßgebend. Ist dieses bei mehreren Bewerbern gleichlautend, so hat der Dienstherr seine Auswahlentscheidung mit Blick auf das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle oder, falls ein solches nicht existiert, auf die allgemeinen Anforderungen des zu vergebenden Dienstpostens anhand weiterer leistungsbezogener Qualifikationsmerkmale zu treffen. Welchen Gesichtspunkten er dabei besondere Bedeutung beimisst, liegt in seinem Ermessen (VG Trier, Urteil vom 29. November 2011 - 1 K 1131/11.TR - m. w. N., juris). Dabei kann der Dienstherr Erkenntnisse für die von ihm zu treffende Eignungsprognose gewinnen, indem er die Einzelfeststellungen, die in den letzten dienstlichen Beurteilungen der betroffenen Bewerber zu den maßgeblichen Leistungsmerkmalen getroffen wurden, einander gegenüber stellt. Daneben kann er auch unter dem Gesichtspunkt der Leistungskontinuität oder Leistungsentwicklung auf ältere dienstliche Beurteilungen zurückgreifen (BVerwG in st. Rspr., vgl. Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370; OVG RP, Beschluss vom 17. September 2007 - 2 B 10807/07.OVG -, DVBl. 2007, 1580).

8

Vorliegend hat der Antragsgegner bei seiner Entscheidung über die Vergabe von neun Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 11 allein auf der Grundlage der aktuellen Anlassbeurteilungen vom 30. November 2011 eine Beförderungsreihung vorgenommen, nach welcher der Antragsteller Platz 21 unter 22 Bewerbern belegt, während der Beigeladene als Neuntplatzierter aus dem Leistungsvergleich hervorging. Diesen Leistungsvorsprung ermittelte der Antragsgegner anhand eines Systems, in welchem er den einzelnen Beurteilungsnoten (A-E und I-V) Punktwerte zuordnet, deren Summe letztlich den Ausschlag für das Bewerberranking gibt. Maßgeblich sind in diesem System zunächst die im Bereich der Leistungshauptmerkmale 1 bis 3, der Leistungsgesamtbewertung sowie der Allgemeinen Befähigungsmerkmale erzielten Punktwerte. Nur sofern sich hier ein Gleichstand zwischen mehreren Bewerbern ergibt, sind darüber hinaus die Punktwerte aus dem Bereich der Vorgesetztenbeurteilung (Leistungshauptmerkmale 4 und Besondere Befähigungsmerkmale) heranzuziehen.

9

Gegen ein solches Punktesystem bestehen, wenn - wie hier - eine Vielzahl von Beförderungsentscheidungen zu treffen ist, keine rechtlichen Bedenken, solange dem Punktsystem keine grobe, dem Leistungsgrundsatz widersprechende Fehlgewichtung der Beurteilungsmerkmale zugrunde liegt (OVG RP, Urteil vom 8. Dezember 2003 - 2 A 11406/03.OVG -). Das Punktesystem muss gewährleisten, dass das gesamte Aussagepotential der dienstlichen Beurteilung vollständig ausgeschöpft und gewährleistet ist, dass kein Beamter - etwa wegen übernommener Führungsaufgaben oder einer dauernden Teilnahme an Sondereinsätzen oder Ermittlungsgruppen - gegenüber anderen Beamten benachteiligt wird, die derartige Dienstobliegenheiten nicht wahrzunehmen haben. Diesen Anforderungen genügt das beim Polizeipräsidium *** angewandte Auswahlsystem, bei dem in insgesamt sieben Verfahrensschritten arithmetisch eine Gesamtpunktzahl aus den genannten Merkmalen ermittelt wird, aus welcher sich dann die Ranglistenplätze der Bewerber ergeben (OVG RP, Beschluss vom 26. August 2011 - 2 B 10798/11.OVG -).

10

Vorliegend erhielten zwar sowohl der Antragsteller, als auch der Beigeladene in der maßgeblichen Anlassbeurteilung die Gesamtbewertung "B" (übertrifft die Anforderungen). Die Bewertung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale fällt beim Beigeladenen jedoch besser aus. Nach den vorgelegten Unterlagen erzielte der Beigeladene in der allgemeinen Befähigungsbeurteilung sieben Mal Bewertungen der Stufe "I" und vier Mal der Stufe "II". Nach dem Punktesystem des Antragsgegners ergibt sich bei ihm im Hinblick auf die Gesamtbewertung, die Leistungshauptmerkmale 1 bis 3 und die allgemeinen Befähigungsmerkmale - unter Ausschluss der Leistungshauptmerkmale 4 und der besonderen Befähigungsmerkmale (Vorgesetztenbeurteilung) - eine Gesamtpunktzahl von 134,2. Die Leistungen des Antragstellers wurden im Bereich der Befähigungsbeurteilung elf Mal mit "II" bewertet. Die Summe der für die allgemeine Beurteilung vergebenen Punkte beläuft sich bei ihm auf insgesamt 124,6 Punkte.

11

Die aktuellen Anlassbeurteilungen weisen somit den Beigeladenen - wie auch die übrigen für eine Beförderung vorgesehenen Beamten - als den leistungsstärkeren und damit besser geeigneten Bewerber aus. Zwischen beiden Bewerbern liegen elf weitere Bewerber, die allesamt besser beurteilt wurden als der Antragsteller und schlechter als der Beigeladene. Soweit der Antragsteller geltend macht, seine dienstliche Beurteilung sei fehlerhaft, weil er hinsichtlich seines Führungsverhaltens nur die Note "C" erhalten habe, ist dies im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht von Gewicht, weil das Merkmal "Kooperative Mitarbeiterführung von Vorgesetzten" als Leistungshauptmerkmal 4 ebenso wie die besonderen Befähigungsmerkmale nicht zur allgemeinen Beurteilung zählt und daher auf die Einordnung des Antragstellers in der Bewerberrangliste ohne Einfluss war. Der Beigeladene erzielte bereits in der Summe aus Gesamtbewertung, Einzelbewertungen in den Leistungshauptmerkmalen 1 bis 3 und allgemeinen Befähigungsmerkmalen eine höhere Punktzahl als der Antragsteller.

12

Dass der Antragsgegner nach seinem Ermessen für die zu treffende Eignungsprognose auf die Einzelfeststellungen abgestellt und nicht auf frühere Beurteilungen der Bewerber zurückgegriffen hat, er also dem Kriterium der Leistungskontinuität oder -steigerung als Qualifikationsmerkmal kein maßgebliches Gewicht beigemessen hat, lag in seinem freien Ermessen und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

13

Die Beförderungsauswahlentscheidung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil innerhalb der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz Beförderungsentscheidungen nach den Grundsätzen der sog. "Topfwirtschaft" getroffen werden. Diese ist gekennzeichnet dadurch, dass die Beförderung erfolgt, ohne dass zugleich mit der höher bewerteten Planstelle ein entsprechend höher bewerteter Dienstposten übertragen wird. Die Beförderung in ein höherwertiges Amt kann vielmehr trotz unveränderter dienstlicher Aufgabenstellung erfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.2005 - 2 B 106.04 - NVwZ-RR 2005, 732 und Urteil vom 25.01.2007 - 2 A 2.06 - RiA 2008, 28). So ist die hier in Rede stehende Funktion des Sachbearbeiters im Wechselschichtdienst den Besoldungsgruppen A 9 - A 11 zugewiesen, ohne dass eine differenzierte Dienstpostenbewertung vorliegt.

14

Dieses Verfahren ist in der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt worden (BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 1999 - 6 P 10/98 -, ZBR 2000, 341; VG Koblenz, Urteil vom 20. März 2008 - 2 K 1419/07.KO -; OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2003 - 1 A 3128/00 -, IÖD 2004, 17; HessVGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - 1 TG 1899/07 -, LKRZ 2008, 154, m. w. N.). Zugleich unterliegt es gerade in jüngerer Zeit rechtlichen Zweifeln, vor allem im Hinblick auf die Vereinbarkeit der damit einhergehenden Dienstpostenbündelung mit dem Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung und dem Gebot der unterschiedlichen Wertigkeit von Beförderungsämtern zu Ausgangsämtern gemäß §§ 18 und 25 Bundesbesoldungsgesetz (VGH Hessen, Urteil vom 9. März 2010 - 1 A 286/09 -, ZBR 2011, 46). Daneben setzt das Leistungsprinzip grundsätzlich voraus, dass Beförderungsbewerber um ein Amt im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten) konkurrieren, das zuvor bewertet wurde und an dessen Anforderungen ihre Eignung gemessen werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn, wie hier, das Beförderungsbegehren allein auf ein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne zielt. Dem Spannungsverhältnis zwischen den genannten Grundsätzen und dem zugleich bestehenden personalwirtschaftlichen Bedürfnis - insbesondere bei großen Behörden - nach der Bündelung von Dienstposten trägt das Bundesverwaltungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung dadurch Rechnung, dass eine Zuordnung von Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen jedenfalls der sachlichen Rechtfertigung bedarf, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19/10 -, BVerwGE 140, 83).

15

Dies ist vorliegend der Fall. Im Bereich der Massenverwaltung liegen sachliche Gründe dafür vor, bei Beförderungen nach den Grundsätzen der Topfwirtschaft zu verfahren und dementsprechend Einschränkungen der Grundsätze der Einheit von Amt und Funktion sowie der funktionsgerechten Besoldung hinzunehmen. So gehen die Beamten im Wechselschichtdienst des Antragsgegners keinen festumrissenen und im Wesentlichen dauerhaft gleichbleibenden Tätigkeiten nach, sondern nehmen, je nach Bedarf, vielfältige Aufgaben wahr. Dabei handelt es sich um Aufgaben unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades. Würde man diese trennen und einzelnen Ämtern zuordnen, erhöhte sich zum einen der Personalbedarf und zum anderen entstünden erhebliche Reibungsverluste dadurch, dass sachlich zusammenhängende Aufgaben auf mehrere Funktionen und damit Amtsinhaber verteilt würden. Auch wären, wie der Antragsgegner vorträgt, die Beamten nicht mit der notwendigen Flexibilität einsetzbar, was der Aufgabenerfüllung im Bereich der Polizeiarbeit mit ihren kaum plan- und vorhersehbaren Anforderungen abträglich wäre.

16

Ist danach vorliegend die Topfwirtschaft ein im Aufgabenbereich des Antragsgegners grundsätzlich zulässiges Verfahren der Stellenbewirtschaftung, so stellt es auch keinen Verfahrensmangel des Auswahlverfahrens dar, dass es an einer Dienstpostenbewertung fehlt. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs liegt nämlich nicht vor, wenn entweder der Dienstherr die erforderlichen Erwägungen zur Dienstpostenbewertung nachholt oder wenn die unterbliebene Dienstpostenbewertung im Ergebnis unerheblich ist (HessVGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - 1 TG 1899/07 -, LKRZ 2008, 154). Letzteres ist hier der Fall. So hat der Antragsgegner im Auswahlverfahren jedenfalls Überlegungen zur Wertigkeit der von den einzelnen Bewerbern bisher besetzten Dienstposten angestellt und für die Beförderung nach A 11 vorausgesetzt, dass eine Bewährung auf einem Dienstposten in der Besoldungsgruppe A 10 vorliegt, was beim Antragsteller der Fall ist. Insofern hat es sich also nicht zu Lasten des Antragstellers ausgewirkt, dass eine Dienstpostenbewertung für den Bereich des gehobenen Polizeidienstes des Antragsgegners (noch) nicht erfolgt ist.

17

Der vom Antragsgegner vorgenommenen Bewerberreihung kann auch nicht entgegen gehalten werden, die Beurteilungen selbst wiesen rechtliche Mängel auf, die zur Rechtswidrigkeit der auf sie gestützten Auswahlentscheidung führten. Der Antragsteller ist der Auffassung, das Beurteilungssystem des Beklagten sei nicht nachvollziehbar und transparent. Es fehle an einer verbalen Begründung sowohl der vergebenen Einzelbewertungen, als auch des Gesamtergebnisses. Letzteres ergebe sich außerdem aus einer nicht nachvollziehbaren und nach außen hin nicht erkennbaren Berechnungsmethode anhand der Einzelbewertungen zur Leistungs- und Befähigungsbeurteilung. Schließlich sei das Beurteilungsverfahren auch insofern intransparent, als es hinsichtlich der Befähigungsbeurteilung kein Gesamtergebnis vorsehe.

18

Diesbezüglich ist zunächst zu berücksichtigen, dass es in erster Linie Aufgabe des Dienstherrn ist, die fachlichen und persönlichen Anforderungen konkreter Ämter und Laufbahnen zu definieren und in einem Akt wertender Erkenntnis zu beurteilen, ob und inwieweit ein konkreter Beamter diesen Anforderungen genügt. Insoweit hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Erlässt der Dienstherr zur Ergänzung der gesetzlichen Vorgaben verwaltungsinterne Richtlinien, so hat er grundsätzlich nach dem Gleichheitssatz ihre gleichmäßige Anwendung sicherzustellen (OVG RP, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 2 A 10593/08 -, IÖD 2009, 122). Das Gericht hat insofern zu überprüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356).

19

Vor diesem Hintergrund greifen die vom Antragsteller geäußerten Bedenken nicht durch. Eine Begründung der vorgenommenen Einstufungen im Bereich der Leistungsmerkmale und der vergebenen Ausprägungsgrade im Bereich der Befähigungsmerkmale ist nicht erforderlich, da den einzelnen im Beurteilungsbogen enthaltenen Submerkmalen ein ausführlicher Beschreibungskatalog zugrunde liegt (Anlage 3 zu Ziffer 3.1.3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 15. Oktober 2005, 03 002/342, Beurteilungen im Bereich der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz - BeurteilungsVV -, MinBl. 2005, S. 314; diese ist zwar bereits außer Kraft getreten, bleibt aber im Rahmen des gleichförmig auszuübenden Bewerbungsverfahrens jedenfalls übergangsweise weiterhin anwendbar, vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 7. Juni 2011 - 1 L 459/11.NW -, juris). Anhand dieses Kataloges wird im Regelfall klar ersichtlich, wie eine bestimmte Einstufung oder Ausprägung einzuordnen ist. Sollte dies im Einzelfall nicht genügen, besteht gemäß Ziffer 3. BeurteilungsVV die Möglichkeit, eine zusätzliche Begründung vorzunehmen.

20

Ferner ist die Ermittlung der Gesamtbewertung der Leistung vorliegend auch insofern transparent und nachvollziehbar, als die maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien genaue Vorgaben darüber machen, anhand welcher Maßstäbe diese vorzunehmen ist. So bestimmt Ziffer 3.1.4 BeurteilungsVV, dass im Rahmen der Gesamtbewertung der Leistungen die auf dem wahrgenommenen Dienstposten insgesamt gezeigten Leistungen zu den allgemeinen Anforderungen des Statusamtes in Bezug zu setzen und mit den Leistungen anderer Beamter desselben Statusamtes vergleichend zu würdigen sind. Ziffer 3.1.5 BeurteilungsVV enthält Regelungen zur Bildung von Vergleichsgruppen und gibt Richtwerte für die Verteilung der Bewertungsstufen vor. Darüber hinaus handelt es sich bei der Vornahme einer vergleichenden Gesamtbewertung um einen komplexen wertenden Prozess, der in seinem Kern gerichtlicher Überprüfung entzogen ist.

21

Dass schließlich eine Gesamtbewertung der Befähigungsbeurteilung nach Ziffer 3.2.1 der BeurteilungsVV nicht stattfindet, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Der in Art. 33 Abs. 2 GG, § 10 S. 1 LBG normierte Leistungsgrundsatz verlangt eine solche Gesamtbewertung nicht. Vielmehr entspricht es dem Gebot der Bestenauslese, dass im Rahmen der Bewerberauswahl zuvörderst auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien abgestellt wird. Demgemäß hat die Gesamtbeurteilung der Leistung den Zweck, die Leistungen des beurteilten Beamten in ein Verhältnis zu den Leistungen anderer Beamter der Vergleichsgruppe zu setzen und hierdurch eine Aussage im Hinblick auf künftige Beförderungsentscheidungen zu treffen. Mit Blick auf die ebenfalls beurteilte Befähigung des jeweiligen Beamten ist ein solcher wertender Vergleich möglich, aber nicht zwingend erforderlich.

22

Der Antragsgegner durfte auch auf die aktuellen, aus Anlass des aktuellen Beförderungsgeschehens erstellten dienstlichen Beurteilungen abstellen, obwohl der Antragsteller gegen seine Beurteilung Einwendungen erhoben hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist. Mit Blick auf das Interesse des Dienstherrn an einer zeitnahen Besetzung offener Stellen sowie die Interessen der Mitbewerber wäre es nicht sachgerecht, das Auswahlverfahren hinauszuzögern, bis über alle relevanten dienstlichen Beurteilungen abschließend entschieden ist (VG Trier, Beschluss vom 27. Mai 2008 - 1 L 364/08.TR). Eine solche Verzögerung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilung offensichtlich ist und die in diesem Fall zu beanspruchende Abänderung Einfluss auf die Bewerberauswahl haben kann (vgl. Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 27. August 2004 - 2 B 11365/04.OVG). Solche offensichtlichen Mängel der Beurteilung des Antragstellers sind nicht gegeben.

23

Bleibt der Antrag somit ohne Erfolg, hat der Antragsteller gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Kosten des Beigeladenen sind ihm nicht aufzuerlegen, weil dieser keinen eigenen Antrag gestellt und sich daher keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

24

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 5, 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Ziffern 1.5, 10.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327).

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.


Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 25. Juli 2011 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert. Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, den ausgeschriebenen Dienstposten des Kaufmännischen Geschäftsführers des Landesbetriebes Forsten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21.723,74 festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf den ausgeschriebenen Dienstposten des Kaufmännischen Geschäftsführers des Landesbetriebs Forsten zu sichern sucht, stattgeben müssen. Denn er hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

3

Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zur Seite. Zwar ist mit der beabsichtigten Dienstpostenübertragung auf den Beigeladenen nicht unmittelbar eine Beförderung verbunden, die aus Gründen der Ämterstabilität nach Aushändigung der Ernennungsurkunde grundsätzlich nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Durch die Übertragung der Aufgaben des Kaufmännischen Geschäftsführers würde der Beigeladene jedoch gemäß §§ 12 Satz 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG - eine Bewährungsmöglichkeit auf der höherwertigen Stelle und damit einen gesetzlich anerkannten Vorteil erhalten, der für den Antragsteller auch im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache nicht mehr aufholbar wäre. Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll nämlich unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens – besser als etwaige Mitbewerber – den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat danach die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen aus laufbahnrechtlichen Gründen für eine Beförderung nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter auf die Auswahl unter den Bewerbern um „Beförderungsdienstposten“ vorverlagert, so dass der unterlegene Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen muss, wenn er - nicht rückgängig zu machende - Nachteile verhindern will (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9/07 -, BVerwGE 132, 110).

4

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO glaubhaft gemacht. Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen hält der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle nicht stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe des in Rede stehenden Dienstpostens den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - niedergelegten Leistungsgrundsatz zu Lasten des Antragstellers verletzt (1). Darüber hinaus erscheint es nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegend wahrscheinlich, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners rechtswidrig ist und der Antragsteller von daher eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung verlangen kann (2).

5

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG haben Bewerber um einen Beförderungsdienstposten einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. Der Dienstherr kann diesen Vorrang allerdings entfallen lassen, wenn und soweit der zu vergebende Dienstposten Eignungsanforderungen stellt, die durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilung nicht umfassend abgedeckt sind. Dabei ist es zulässig, schon vor der eigentlichen Auswahlentscheidung ein besonderes Anforderungsprofil für die Stelle festzulegen, an dem sich alle Bewerber messen lassen müssen. Bei der anschließenden Eignungsprüfung anhand des Anforderungsprofils kann der Dienstherr die dienstlichen Beurteilungen – nach Lage des Einzelfalls – in ihrer Bedeutung hinter andere Erkenntnismittel, z. B. dem Ergebnis eines strukturierten sachdienlichen Auswahlgesprächs, zurücktreten lassen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. Juni 2011 - 2 B 10452/11.OVG -, m.w.N.).

6

Auch wenn – wie hier – bei einem derartigen Anforderungsprofil dienstliche Beurteilungen in ihrem Gewicht hinter dem Ergebnis eines Auswahlgesprächs zurücktreten dürfen, gebietet es der Leistungsgrundsatz, dass zumindest die für die Auswahlentscheidung erforderlichen Grundinformationen über die Befähigung der Bewerber aus aktuellen und hinreichend vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen gewonnen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -; OVG RP, Beschluss vom 31. Oktober 2002 - 2 B 11557/02.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). Die dabei gewonnenen Erkenntnisse über die Eignung der Bewerber sind sodann mit dem ihnen zukommenden Gewicht in eine rational nachvollziehbare Abwägung mit dem Ergebnis des Auswahlgesprächs einzustellen, indem die eignungsrelevanten Erkenntnisse aus den dienstlichen Beurteilungen und dem Auswahlgespräch den einzelnen Merkmalen des Anforderungsprofils zugeordnet und dort in nachvollziehbarer Weise gewichtet und abgewogen werden. Das abschließende Eignungsurteil über die Bewerber ist sodann aufgrund einer Gesamtabwägung zu treffen, wobei die Einzelmerkmale des Anforderungsprofils nach ihrer Bedeutung für die Aufgabenwahrnehmung auf der Stelle gewichtet werden können. Dabei ist im Blick zu halten, dass eine dienstliche Beurteilung Beobachtungen über einen längeren Zeitraum abdeckt, während das Auswahlgespräch einen eher punktuellen Eindruck vermittelt.

7

Von diesen Grundsätzen ausgehend erweist sich die Auswahlentscheidung des Antragsgegners für die Besetzung des Kaufmännischen Geschäftsführers des Landesbetriebs Forsten als fehlerhaft. Der Antragsgegner hat sich bei seiner Auswahlentscheidung ausschließlich an dem Ergebnis des Auswahlgesprächs orientiert, ohne aktuelle (a) und hinreichend aussagekräftige (b) dienstliche Beurteilungen der Bewerber heranzuziehen und ihrem Gewicht entsprechend in seine Erwägungen einzustellen.

8

a) Zwischen einer dienstlichen Beurteilung und einer darauf beruhenden beamtenrechtlichen Auswahlentscheidung darf keine so große Zeitspanne verstrichen sein, dass diese ihre Aktualität einbüßt und nicht mehr aussagekräftig im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist. Welche Anforderungen insofern an die Aktualität dienstlicher Beurteilungen zu stellen sind, lässt sich zwar nicht allgemeingültig festlegen. Eine starre zeitliche Grenze gibt es jedenfalls nicht. Vielmehr kommt es maßgeblich darauf an, ob die dienstliche Beurteilung nach den Umständen des Einzelfalles – trotz des Zeitablaufs zwischen Beurteilungszeitraum und Auswahlentscheidung – noch ein hinreichend verlässliches Bild über Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerber abgibt. Lediglich einen gewissen Anhaltspunkt bietet der gängige Regelbeurteilungszeitraum (hier drei Jahre). Jedenfalls nach dessen Ablauf unterliegt die Aussagekraft einer dienstlichen Beurteilung regelmäßig ernstlichen Zweifeln (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 21. März 2011 - 2 B 10234/11.OVG -, m.w.N.). Diese Zeitgrenze wird vorliegend bei Weitem überschritten. Die vom Antragsgegner ausweislich des Besetzungsberichts (dort S. 4, vgl. Bl. 46 VA) allein herangezogenen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber datieren vom 2. März bzw. 3. April 2005, waren zum – maßgeblichen – Zeitpunkt der Auswahlentscheidung mithin schon über sechs Jahre alt. Sie sind somit schon aus zeitlichen Gründen nicht mehr für einen Leistungs- und Eignungsvergleich geeignet.

9

b) Hinzu kommt, dass die dienstliche Beurteilung über den Beigeladenen zu einem Zeitpunkt erstellt wurde, als dieser Beamte sich noch im Statusamt eines Oberforstrats (Besoldungsgruppe A 14) befand. Nachdem er seit dem 18. Mai 2005 das Amt eines Forstdirektors innehat, kann die noch in seinem früheren Statusamt erstellte Beurteilung auch in inhaltlicher Hinsicht kein verlässliches Bild über seine Eignung und Befähigung für die Auswahlentscheidung über den hier in Rede stehenden, nach Besoldungsgruppe B 3 bewerteten, Dienstposten mehr abgeben. Auch unter diesem Blickwinkel konnte sie als Auswahlgrundlage für den vom Antragsgegner anzustellenden Leistungs- und Eignungsvergleich unter den Bewerbern nicht herangezogen werden.

10

Diesem Ergebnis steht die – vom Antragsgegner so bezeichnete – Fortschreibung der beiden Beurteilungen über die Bewerber nicht entgegen. Abgesehen davon, dass die „Fortschreibung“ einer dienstlichen Beurteilung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen (von denen keiner hier vorliegt) zulässig ist, setzt auch eine solche Fortschreibung von Leistungs- und Eignungsfeststellungen die Einhaltung der dafür regelmäßig – und so auch hier – vorgeschriebenen Formalien wie etwa die Erstellung durch Erst- und Zweitbeurteiler sowie eine Eröffnung der Beurteilung voraus. Dies ist hier erkennbar nicht geschehen. Unabhängig von diesen formalen Mängeln können die beiden E-Mails vom 20. und 21. April 2011 (Bl. 35 und 42 VA) für den bereits am 18. April 2011 und damit zwei bzw. drei Tage zuvor bereits gefertigten Besetzungsbericht schon aus Gründen der zeitlichen Abfolge nicht maßgeblich gewesen sein.

11

2. Erweist sich die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin aus diesen Gründen als fehlerhaft, so kann der Antragsteller auch den Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangen. Denn es erscheint jedenfalls möglich, dass seine Bewerbung im Rahmen einer neuen Auswahlentscheidung Berücksichtigung findet (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200). Der Ausgang eines erneuten Auswahlverfahrens lässt sich nach Aktenlage nicht mit hinreichender Sicherheit vorhersagen, so dass die Erfolgsaussichten des Antragstellers insoweit als offen anzusehen sind.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Dem Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen, weil er weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

13

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Maßgebend ist danach ein Viertel des 13-fachen Betrages des monatlichen Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe B 3 (6.684,23 €).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Einreihung in die Beförderungsrangliste, aufgrund derer er nicht befördert worden ist.

2

Der Kläger ist Zolloberinspektor (Besoldungsgruppe A 10). Sein Dienstposten als Sachbearbeiter im Prüfdienst beim Hauptzollamt Darmstadt ist den Besoldungsgruppen von A 9 bis A 11 zugeordnet.

3

Die Beklagte nahm bis Ende 2009 Beförderungen im gehobenen Dienst der Zollverwaltung bis zum Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) ohne Stellenausschreibungen nach der Platzziffer der Beamten in der bundesweit erstellten Rangliste der jeweiligen Besoldungsgruppe vor. Sie vergab die höheren Ämter an die Beamten auf den Spitzenplätzen der Liste, sobald besetzbare Planstellen zur Verfügung standen. Die Planstellen wurden derjenigen Beschäftigungsbehörde zugewiesen, bei der der zu befördernde Beamte seinen Dienstposten innehatte. Die nicht berücksichtigten Beamten wurden vor den beabsichtigten Beförderungen nicht informiert.

4

Die Beförderungsranglisten wurden von der Beklagten im Anschluss an die jeweiligen Regelbeurteilungsrunden erstellt, zuletzt 2007. Maßgebend für die Reihung war das Gesamturteil zunächst der letzten, sodann der vorletzten Regelbeurteilung. Bei gleichem Gesamturteil beider Beurteilungen wurden innerhalb der so gebildeten Gruppe zunächst die schwerbehinderten Frauen, dann die weiteren Frauen, dann die schwerbehinderten Männer und zum Schluss die restlichen Männer eingereiht. Innerhalb der so gebildeten Untergruppen unterschied die Beklagte sodann nach Dienstalter und Lebensalter.

5

Der Kläger stand auf Platz 864 der 2007 erstellten Rangliste. Nach dieser Liste wurde zuletzt am 1. Dezember 2009 bis Platz 514 befördert. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, die Beklagte zur neuen Einreihung des Klägers in die Rangliste zu verpflichten, hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Vorgehen der Beklagten bei Beförderungen sei in mehrfacher Hinsicht nicht mit dem Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar: Dies gelte zum einen für die Bildung einer Reihenfolge allein aufgrund des Gesamturteils der maßgebenden dienstlichen Beurteilungen. Der Dienstherr müsse die Beurteilungen inhaltlich ausschöpfen; er dürfe sich nicht auf einen Vergleich der Gesamturteile beschränken. Daher sei es auch nicht zulässig, Schwerbehinderten und Frauen bereits bei gleichem Gesamturteil den Vorrang einzuräumen. Zum anderen liege der Beförderungspraxis kein auf das höhere Amt bezogener Leistungsvergleich zugrunde. Die maßgebenden Beurteilungen seien jedenfalls Ende 2009 nicht mehr hinreichend aktuell gewesen. Schließlich werde nicht berücksichtigten Beamten verwehrt, rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Diese Rechtsfehler seien letztlich auf das praktizierte System zurückzuführen, die Dienstposten unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung ohne Bewertung der damit verbundenen Anforderungen mehreren Besoldungsgruppen zuzuordnen.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Sie hat nach Erlass des Berufungsurteils ihre Beurteilungs- und Beförderungspraxis generell geändert.

8

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 rechtswidrig gewesen ist.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 festgestellt wird.

11

1. Das ursprüngliche Klagebegehren, die Beklagte zu einer neuen Entscheidung über die Einreihung des Klägers in die 2007 aufgestellte Beförderungsrangliste für Beamte der Zollverwaltung mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 10 zu verpflichten, hat sich erledigt, weil die Beklagte diese Liste aufgrund einer Änderung der Beurteilungs- und Beförderungspraxis nicht mehr heranzieht. Dieser Änderung hat der Kläger Rechnung getragen, indem er im Revisionsverfahren einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Einreihung in die überholte Rangliste gestellt hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine nach § 142 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung, weil Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 22. März 1990 - BVerwG 2 C 2.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 216 S. 49 f.).

12

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Ihm soll sein Prozesserfolg in den Vorinstanzen durch die von der Beklagten herbeigeführte Erledigung nach Möglichkeit nicht genommen werden (sog. Fortsetzungsbonus). Daher sind an das Feststellungsinteresse keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere genügt die Absicht des Klägers, von der Beklagten wegen ihres rechtswidrigen Vorgehens Schadensersatz zu verlangen. Der Kläger hat bereits bei der Beklagten im Verwaltungsverfahren einen Antrag auf beamtenrechtlichen Schadensersatz gestellt. Dies ist ausreichend, weil sein Schadensersatzbegehren angesichts des Prozesserfolgs in den beiden Vorinstanzen auch nicht offensichtlich aussichtslos ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - juris Rn. 47 ).

13

2. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass sowohl die Kriterien der Beklagten zur Reihung in der Beförderungsrangliste als auch die Beförderungspraxis gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) und das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verstoßen.

14

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - NJW 2011, 695 Rn. 20 f. ). Dies gilt auch für die Einreihung in eine Beförderungsrangliste, wenn allein aufgrund des Listenplatzes ohne nochmalige Auswahlentscheidung befördert werden soll.

15

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46).

16

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 2 f.). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 a.a.O. S. 2 f. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45).

17

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 56).

18

Diesen Anforderungen hat die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie zuletzt in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, aus mehreren Gründen nicht genügt:

19

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte entsprechend den Erlassen vom 10. Mai 2004 (ARZV) und vom 22. August 2002 zur Bildung einer Beförderungsreihenfolge die Beamten einer Besoldungsgruppe ausschließlich nach den unterschiedlichen Gesamturteilen in Gruppen eingeteilt und innerhalb dieser Gruppen leistungsfremde Kriterien herangezogen, um Untergruppen zu bilden.

20

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagte für die Differenzierung innerhalb der Gruppen der Beamten mit gleichem Gesamturteil auf einzelne, im Vorhinein generell festgelegte leistungsbezogene Kriterien hätte abstellen müssen. Auch wenn sie in ihren Beurteilungsrichtlinien von 2002 Zwischenbenotungen für unzulässig erklärt (Nr. 25 BRZV) und damit zugleich verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb der Gesamtnoten (sog. Binnendifferenzierungen) ausgeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 3 f.), hätte die Beklagte bei gleichem Gesamturteil die herangezogenen Beurteilungen gleichwohl ausschöpfen müssen. Durch den - vorschnellen - Rückgriff auf die Hilfskriterien "Behinderteneigenschaft" und "weibliches Geschlecht" hat sie Schwerbehinderte und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG bevorzugt. Diesen Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.

21

Zwar sind die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG und das Verbot der Benachteiligung Behinderter in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Beide verfassungsrechtlichen Grundsätze sind aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist sowohl nach dem Unionsrecht (insbesondere Richtlinie 2006/54/EG) als auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Aus denselben Gründen enthalten die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten Schwerbehinderter lediglich Benachteiligungsverbote (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 1, § 128 Abs. 1 SGB IX; § 1 und § 7 Behinderten-Gleichgestellungsgesetz). Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung von Beamtenstellen so zu gestalten, dass Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten gefördert werden; eine Regelung über die Bevorzugung im Rahmen von Beförderungsentscheidungen fehlt.

22

Ein weiterer Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG liegt darin, dass jedenfalls den zum 1. Dezember 2009 getroffenen Beförderungsentscheidungen keine hinreichend aussagekräftigen, weil nicht mehr aktuellen dienstlichen Beurteilungen zugrunde lagen. Zwar wurde die Beförderungsrangliste (2007) als allein maßgebliche Auswahlentscheidung unmittelbar im Anschluss an die Regelbeurteilungsrunde (Stichtag 31. Januar 2007) und damit anhand aktueller Beurteilungen erstellt. Diese wurden in der Folgezeit jedoch nicht mehr aktualisiert. Dies wäre wegen des Zeitraums zwischen der Einreihung in die Rangliste und den Beförderungen Ende 2009 erforderlich gewesen.

23

Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zeitablauf von rund anderthalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag andere Aufgaben wahrgenommen hat (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Angesichts des Umstands, dass die Beförderungsrangliste die Ergebnisse eines bundesweiten Leistungsvergleichs in einer großen Bundesverwaltung wiedergeben sollte, ist ein Zeitraum von fast drei Jahren deutlich zu lang, um Ende 2009 in Bezug auf alle zu diesem Zeitpunkt noch in Beförderungskonkurrenz stehenden Beamten noch von hinreichend aktuellen Beurteilungen ausgehen zu können. Es ist ausgeschlossen, dass sich bei keinem der Bewerber leistungs- und beurteilungsrelevante Veränderungen ergeben haben. Anlassbeurteilungen, die es ermöglicht hätten, Besonderheiten in der Leistungsentwicklung einzelner Bewerber Rechnung zu tragen, waren nach den seinerzeit geltenden Beurteilungsrichtlinien für das Beförderungsverfahren nicht vorgesehen.

24

Soweit § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG in der ab 12. Februar 2009 geltenden Fassung die Einbeziehung dienstlicher Beurteilungen zulässt, wenn das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegt, handelt es sich um eine zeitliche Obergrenze, die zwar nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden kann. Letzteres ist insbesondere geboten, wenn wie hier die Beförderungspraxis zwangsläufig zu einem großen Bewerberfeld führt und zeitnahe Anlassbeurteilungen nicht erstellt werden.

25

Schließlich war die frühere Beförderungspraxis der Beklagten mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz zur Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG) nicht zu vereinbaren. Dies folgt schon daraus, dass sie die bevorstehenden Beförderungen den nicht berücksichtigten Listenbewerbern nicht vorher rechtzeitig mitgeteilt hat. Sie hat damit verhindert, dass diese vor der Ernennung der für eine Beförderung vorgesehenen Beamten gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen konnten (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 11. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20 und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 34).

26

3. Die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, beruhte auf einer Verletzung des gesetzlichen Grundsatzes der funktionsgerechten Besoldung nach § 18 BBesG.

27

Nach § 18 Satz 1 BBesG muss eine Ämterbewertung stattfinden ("die Funktionen sind zu bewerten"). Satz 2 legt als Kriterium für diese Bewertung die "Wertigkeit" der Ämter (Funktionen) fest. Es ist das (typische) Aufgabenprofil der Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) zu ermitteln. Weiterhin fordern beide Sätze des § 18 BBesG, dass die Funktionen nach ihrer Wertigkeit Ämtern, d.h. Ämtern im statusrechtlichen Sinne (Satz 1) und damit Besoldungsgruppen (Satz 2) zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass die Anforderungen, die sich aus dem Aufgabenprofil einer Funktion ergeben, mit den Anforderungen anderer Funktionen zu vergleichen sind. Je höher die Anforderungen gewichtet werden, desto höher die Besoldungsgruppe, der die Funktion zuzuordnen ist. Damit trägt die Ämterbewertung nach § 18 BBesG den hergebrachten Grundsätzen des Leistungsprinzips, des Alimentationsprinzips und vor allem dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung Rechnung. Ein Beamter hat einen in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Anspruch darauf, dass ihm ein Aufgabenbereich übertragen wird, dessen Wertigkeit seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entspricht (Urteil vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Ob dieser Anspruch erfüllt ist, kann ohne Dienstpostenbewertung nicht beurteilt werden (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 30.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 91 Rn. 14).

28

Es ist anerkannt, dass dem Dienstherrn bei der Bestimmung der Wertigkeit im Sinne von § 18 Satz 2 BBesG ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht (Organisationsermessen). Die Zuordnung der Dienstposten zu einem statusrechtlichen Amt einer bestimmten Besoldungsgruppe liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (stRspr; vgl. Urteile vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11 und vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27). Mit dem statusrechtlichen Amt und dessen Zuordnung zu einer bestimmten Besoldungsgruppe in Relation zu anderen Ämtern sowie der laufbahnrechtlichen Einordnung werden abstrakt Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung und damit die Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht (stRspr; vgl. Urteile vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <110>).

29

Jedoch muss der Dienstherr zumindest zwei gesetzliche Vorgaben beachten: Zum einen enthält § 18 BBesG einen Handlungsauftrag. Fehlt eine normative Ämterbewertung, so ist der Dienstherr gesetzlich verpflichtet, eine nichtnormative Ämterbewertung vorzunehmen und sie seiner Personalwirtschaft zugrunde zu legen. Zum anderen dürfen die Funktionen (Dienstposten) nicht ohne sachlichen Grund gebündelt, d.h. mehreren Statusämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden. Die Einrichtung gebündelter Dienstposten bedarf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 18 BBesG Rn. 15 und 16b). Weiterhin ist zu beachten, dass die Zuordnung von Beförderungsämtern zu bestimmten Dienstposten nach § 25 BBesG voraussetzt, dass diese sich nach der Wertigkeit der Aufgaben deutlich von der niedrigeren Besoldungsgruppe abheben.

30

Werden wie in der Bundeszollverwaltung gebündelte Dienstposten geschaffen, die drei Besoldungsgruppen zugeordnet werden, gibt es kein höher bewertetes Amt, an dessen Anforderungen die einzelnen Beförderungsbewerber bei dem Leistungsvergleich zu messen wären. Ein gebündelter Dienstposten ist für einen Beamten im niedrigeren Statusamt kein höherbewerteter Dienstposten (Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 2.06 -, Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4 Rn. 11 und 12 und Beschluss vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 B 106.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 4). Die für den Leistungsvergleich erforderliche Eignungsprognose kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die (abstrakten) Anforderungen an die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherbewerteten abstrakt-funktionellen Amtes als Maßstab zugrunde gelegt werden. Denn ein solches Amt im abstrakt-funktionellen Sinn gibt es nicht, weil dies zwingend bestimmte Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) voraussetzt, die in der Behörde ausschließlich den Inhabern des gleichen statusrechtlichen Amtes zugewiesen sind.

31

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei hat der Senat im Rahmen des § 161 Abs. 2 berücksichtigt, dass ein Erfolg des Begehrens, erneut über die Einreihung in die Beförderungsrangliste 2007 zu entscheiden, ohne Erledigung vorausgesetzt hätte, dass das Beförderungssystem der Beklagten nur an behebbaren Rechtsfehlern gelitten und nicht dem Grunde nach rechtswidrig gewesen wäre.


Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2011 verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers um eine Stelle als Amtsrat mit Besoldungsgruppe A 12 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klage zielt auf Durchführung eines neuen Bewerberauswahlverfahrens für eine Stelle als Amtsrat im Justizvollzugsdienst des Beklagten.

2

Im Justizblatt Nr. 1 vom 17. Januar 2011 schrieb der Beklagte zwei Planstellen der Besoldungsgruppe A 12 für Amtsräte oder Sozialamtsräte aus. Um eine dieser Stellen bewarb sich der Kläger. Er ist derzeit als Regierungsamtmann der Besoldungsgruppe A 11 in der Justizvollzugsanstalt ... als Vollzugsabteilungsleiter tätig.

3

2003 wurde der Kläger - noch als Regierungsoberinspektor - mit der Gesamtbeurteilung "in jeder Hinsicht hervorragend" dienstlich beurteilt. 2004 beförderte ihn der Beklagte auf Grundlage dieser Beurteilung zum Regierungsamtmann. In diesem Amt erhielt er 2008 sowie zuletzt in der dienstlichen Beurteilung vom 14. März 2011 die Gesamtbewertung "übertrifft erheblich die Anforderungen im oberen Bereich der Notenstufe 2.1".

4

Mit Schreiben vom 25. Mai 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die beiden Amtsratsstellen mit den Beigeladenen besetzt würden. Zur Begründung führte der Beklagte am 14. Juni 2011 schriftlich aus, dass die Auswahlentscheidung nach Leistungsgesichtspunkten auf Grundlage der aktuellen dienstlichen Beurteilungen getroffen worden sei. Hiernach habe sich ein Leistungsvorsprung der Beigeladenen ergeben. Ferner wiesen beide im Vergleich zum Kläger ein höheres allgemeines Dienstalter (Beförderungsdienstalter) auf. Die Beigeladenen erhielten jeweils in ihrer vorletzten dienstlichen Beurteilung die Gesamtbewertung "übertrifft erheblich die Anforderungen" und in ihrer letzten dienstlichen Beurteilung das Prädikat "übertrifft erheblich die Anforderungen im oberen Bereich der Notenstufe 2.1".

5

Im Rahmen der Mitbestimmung des Hauptpersonalrates erklärte der Beklagte, bei der Auswahl der Beigeladenen seien die Beurteilung deren dienstlicher Leistung, die Leistungskontinuität aufgrund früherer dienstlicher Beurteilungen sowie das Beförderungs- bzw. das Allgemeine Dienstalter zugrunde gelegt worden (Bl. 64 der Verwaltungsakte). Ein Besetzungsvermerk ist den dem Gericht vorliegenden Akten nicht zu entnehmen.

6

Am 27. Juni 2011 legte der Kläger Widerspruch ein. Er sei, ebenso wie die Beigeladenen, in seiner letzten dienstlichen Beurteilung mit "übertrifft erheblich die Anforderungen im oberen Bereich der Notenstufe 2.1" bewertet worden. Ein Leistungsvorsprung der Beigeladenen bestehe daher nicht. Wenn, wie hier, ein Leistungsgleichstand der Bewerber, vorliege, habe der Dienstherr den weiteren Inhalt der letzten dienstlichen Beurteilungen zu würdigen. Eine solche "Binnendifferenzierung" habe der Beklagte vorliegend nicht vorgenommen, so dass die getroffene Auswahlentscheidung keinen Bestand haben könne. Die vom Beklagten thematisierte Frage des Besoldungsdienstalters sei erst von Bedeutung, wenn auch nach der "Binnendifferenzierung" noch ein Leistungsgleichstand der Bewerber zu verzeichnen sei.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. In der Folge erklärte er, bis zur Bestandskraft des Widerspruchsbescheides die geplante Beförderung der Beigeladenen nicht vorzunehmen.

8

Der Kläger hat am 22. August 2011 Klage erhoben. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren führt er aus, dass die Art des Auswahlverfahrens und die darauf beruhende Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen ihn in seinem durch Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz gewährleisteten grundrechtsgleichen Recht auf chancengleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verletze. Der Beförderungsverfahrensanspruch umfasse eine faire, chancengleiche Behandlung mit rechtsfehlerfreier Wahrnehmung der Beurteilungsermächtigung und die Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens.

9

Der Kläger beantragt sinngemäß,

10

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2011 zu verpflichten, über seine Bewerbung um eine Stelle als Amtsrat mit Besoldungsgruppe A 12 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er habe bei der Auswahlentscheidung wegen der gleichlautenden Gesamtbeurteilung des Klägers und der Beigeladenen in ihrer jeweils letzten dienstlichen Beurteilung eine Würdigung der darin enthaltenen Einzelfeststellungen vorgenommen. Danach ergebe sich ein Qualifikationsvorsprung der beiden Beigeladenen gegenüber dem Kläger in den Bereichen "fachliche Leistung" und "soziale Kompetenz". Überdies habe der Kläger nicht vorgetragen, dass seine Bewerbung Aussicht auf Erfolg habe, weil er sich für besser geeignet halte als die Beigeladenen. Seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz seien daher nicht verletzt.

14

Im Klageerwiderungsschriftsatz vom 30. August 2011 (Bl. 59 d. A.) legt der Beklagte im Einzelnen eingehend dar, auf welche Aussagen in den jeweiligen dienstlichen Beurteilungen er seine Annahme eines Leistungsvorsprungs der Beigeladenen gestützt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes verwiesen (§ 117 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung).

15

Dem hält der Kläger entgegen, die im Klageerwiderungsschriftsatz vorgetragenen Auswahlerwägungen habe der Beklagte offensichtlich nachträglich angestellt. Ausweislich der Verwaltungsakte seien derlei Überlegungen bis zur Auswahlentscheidung nicht angestellt worden. Ferner sei er durchaus der Ansicht, besser geeignet zu sein als die Beigeladenen. Der Beklagte habe mehrere Gesichtspunkte, welche seine Leistungsbereitschaft und soziale Kompetenz belegten, bislang nicht berücksichtigt.

16

Die beiden Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und stellen keinen eigenen Antrag.

17

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie die beigezogenen Personalakten des Klägers und der Beigeladenen und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist zulässig und begründet. Die angegriffene Auswahlentscheidung verletzt den Kläger in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf fehlerfreie Bewerberauswahl. Er hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über seine Bewerbung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu befindet (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

19

Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG - gewährt jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dieses Recht wird landesrechtlich konkretisiert durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG - in der Fassung vom 14. Juli 1970 (GVBl. S. 241), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), wonach die Auslese der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder Beziehungen vorzunehmen ist. Öffentliche Ämter sind demzufolge gemäß dem Grundsatz der Bestenauslese zu besetzen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 -, ZBR 2008, 164). Im Rahmen der von ihm bei der Bewerberauswahl für ein Beförderungsamt zu treffenden - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren - Prognoseentscheidung darüber, welcher Bewerber den Aufgaben des Amtes voraussichtlich am ehesten gewachsen sein wird, darf der Dienstherr mithin grundsätzlich nur leistungsbezogene Kriterien anlegen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Bewerber den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16/09 -, BVerwGE 138, 102).

20

Die genannten Bestimmungen dienen dem Allgemeininteresse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienste; sie schützen aber auch das berechtigte Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen und begründen somit einen subjektiv-öffentlichen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung um ein Beförderungsamt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - ZBR 2008, 164; Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200, sowie BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16/09 -, BVerwGE 138, 102). Wird dieser sog. Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt, hat der einzelne Beförderungsbewerber demgemäß einen Anspruch auf Neubescheidung seines Beförderungsbegehrens, sofern seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, es also zumindest möglich erscheint, dass die Wahl auf ihn fallen wird (st. Rspr., vgl. BVerfG, a. a. O., sowie BVerwG, a. a. O., m. w. N.).

21

Feststellungen zum Leistungsstand konkurrierender Bewerber sind in erster Linie auf die jeweils letzten, hinreichend zeitnah erstellten dienstlichen Beurteilungen zu stützen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370; OVG RP, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 10 B 10457/07 -, DRiZ 2007, 350). Es entspricht Sinn und Zweck dienstlicher Beurteilungen, einen am Leistungsgrundsatz orientierten Vergleich der Beurteilten bei Entscheidungen über ihre Verwendung und ihre Beförderung zu ermöglichen (BVerwG, a. a. O.; OVG RP, a. a. O.). Dies gilt erst recht, wenn es sich dabei, wie vorliegend, um Beurteilungen aus Anlass der in Rede stehenden Beförderung handelt (OVG RP, Beschluss vom 15. März 2000 - 10 B 10299/00.OVG -). Dabei ist darauf zu achten, dass die beim Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind. Dies ist in der Regel der Fall, wenn - wie hier - diese Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt wurden (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1982 - 2 BvL 14/78 -, BVerfGE 61, 43).

22

Beim Vergleich aktueller dienstlicher Beurteilungen ist zunächst das abschließende Gesamturteil maßgebend (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19/10 -, NVwZ 2011, 1270). Ist, wie im Fall des Klägers und der Beigeladenen, die letzte Gesamtbewertung bei mehreren Bewerbern gleichlautend, hat der Dienstherr seine Auswahlentscheidung mit Blick auf das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle oder, falls ein solches nicht existiert, auf die allgemeinen Anforderungen des zu vergebenden Dienstpostens anhand weiterer leistungsbezogener Qualifikationsmerkmale zu treffen (OVG RP, Beschluss vom 9. April 1997 - 10 B 10673/97.OVG). Welchen Gesichtspunkten er dabei besondere Bedeutung beimisst, liegt im Ermessen des Dienstherrn (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - ZBR 2008, 164; OVG RP, Beschlüsse vom 15. März 2000 - 10 B 10299/00.OVG -; 13. Juni 2007 - 10 B 10457/07 -, DRiZ 2007, 350). Die Gewichtung muss aber auf sachlichen Erwägungen beruhen und ist zu begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19/10 - NVwZ 2011, 1270; Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16/09 -, BVerwGE 138, 102).

23

Dabei kann der Dienstherr Erkenntnisse für die von ihm zu treffende Eignungsprognose gewinnen, indem er die Einzelfeststellungen, die in den letzten dienstlichen Beurteilungen der betroffenen Bewerber zu den maßgeblichen Leistungsmerkmalen getroffen wurden, einander gegenüber stellt. Daneben kann er unter dem Gesichtspunkt der Leistungskontinuität oder Leistungsentwicklung auf ältere dienstliche Beurteilungen zurückgreifen. Diese können als Erkenntnisquelle für positive oder negative Entwicklungstendenzen der Bewerber dienen und somit im Rahmen einer Gesamtwürdigung von Leistung und Eignung bedeutsam sein (BVerwG in st. Rspr., vgl. Urteile vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370; 27. Februar 2003 - 2 C 16/02; 19. Dezember 2002 - 2 C 31/01 -, DVBl. 2003, 1545; OVG RP, Beschluss vom 17. September 2007 - 2 B 10807/07.OVG -, DVBl. 2007, 1580; für einen Vorrang der Einzelauswertung der letzten dienstlichen Beurteilung OVG RP, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - 10 B 10457/07 -, DRiZ 2007, 350; 15. März 2000 - 10 B 10299/00.OVG und 9. April 1997 - 10 B 10673/97.OVG -; ferner VG Köln, Beschluss vom 27. Januar 2005 - 19 L 2728/04 -, juris).

24

Auf leistungs- und eignungsbezogene Hilfskriterien wie beispielsweise das Lebens- oder allgemeine Dienstalter darf der Dienstherr erst abstellen, wenn sich aus dem Vergleich der Einzelmerkmale sowie der Leistungsentwicklung anhand früherer Beurteilungen kein Qualifikationsunterschied zwischen den Bewerbern gezeigt hat (Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370; Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51/96 -, BVerwGE 80, 123). Erst nach Ausschöpfung auch dieser Erkenntnisquelle darf auf nicht-leistungsbezogene Hilfskriterien wie Geschlecht oder die Behinderteneigenschaft rekurriert werden (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19/10 -, NVwZ 2011, 1270).

25

Die angegriffene Auswahlentscheidung des Beklagten wird den dargelegten Vorgaben nicht gerecht. Ausweislich seiner Mitteilung an den Bezirkspersonalrat hat er bei der Auswahl der Beigeladenen die Beurteilung deren dienstlicher Leistung laut letzter dienstlicher Beurteilung, die auf Grundlage früherer dienstlicher Beurteilungen erkennbare Leistungskontinuität sowie deren gegenüber dem Kläger höheres Beförderungs- bzw. Allgemeines Dienstalter zugrunde gelegt. Auch in der dem Kläger am 14. Juni 2011 übersandten Begründung seiner Ablehnung führte der Beklagte aus, dass er die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen auf Grundlage der aktuellen dienstlichen Beurteilungen getroffen habe, aus denen sich ein Leistungsvorsprung der Beigeladenen gegenüber dem Kläger ergebe. Ferner sei ausschlaggebend gewesen, dass beide im Vergleich zum Kläger ein höheres allgemeines Dienstalter aufwiesen.

26

Ein Besetzungsvermerk oder andere Aufzeichnungen über die die Auswahlentscheidung tragenden Gründe existieren nicht. Auf Grundlage der somit allein zur Verfügung stehenden Unterlagen muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte die Einzelfeststellungen der jeweils jüngsten dienstlichen Beurteilungen sowie ältere dienstliche Beurteilungen der Bewerber nicht darauf untersucht hat, ob sich aus ihnen mit Blick auf die Anforderungen der zu besetzenden Amtsratsstelle ein Qualifikationsvorsprung eines oder mehrerer Bewerber ergibt. Dies wäre jedoch in Anbetracht der gleichlautenden Gesamtbeurteilung des Klägers und der Beigeladenen in ihren jeweils letzten dienstlichen Beurteilungen angezeigt gewesen.

27

Soweit der Beklagte im Klageerwiderungsschriftsatz vom 30. August 2011 die wesentlichen Ergebnisse eines Vergleichs der in den jeweils letzten dienstlichen Beurteilungen dargelegten Einzelfeststellungen über die Beigeladenen und den Kläger im Hinblick auf deren fachliche Leistung und soziale Kompetenz wiedergibt und vorträgt, diesen Vergleich seiner Auswahlentscheidung zugrunde gelegt zu haben, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Die eine Auswahlentscheidung tragenden Gründe sind aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Auswahlvorgangs in einem Besetzungsbericht oder -vermerk schriftlich festzuhalten. Mit Blick auf die gerichtliche Überprüfbarkeit von Auswahlentscheidungen kommt dieser schriftlichen Fixierung der vom Dienstherrn angestellten Erwägungen maßgebliche Bedeutung zu (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51/86 -, BVerwGE 80, 123; OVG RP, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 10 B 10457/07 -, DRiZ 2007, 350). Zeitlich nach dem Besetzungsvermerk oder, falls ein solcher nicht gefertigt wurde, nach dem Abschluss der Willensbildung der über die Besetzung entscheidenden Behörde liegende Vorgänge können wegen des Gebots, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, in aller Regel nicht berücksichtigt werden. Ein vollständiges oder nahezu vollständiges "Nachschieben" der für die Auswahl maßgeblichen Gründe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist verspätet (BayVGH, Beschluss vom 6. November 2007 - 3 CE 07.2163 -, juris).

28

Überdies hat der Beklagte ausweislich seiner Schreiben an den Bezirkspersonalrat und den Kläger bei der Auswahlentscheidung auch auf das Beförderungsdienstalter abgestellt. Dies hätte er jedoch, wie gesehen, erst dann tun dürfen, wenn die Auswertung der aktuellen und früheren Beurteilungen auf leistungsbezogene Qualifikationsunterschiede eine im Wesentlichen gleiche Eignung des Klägers wie der Beigeladenen ergeben hätte, was nach seinem eigenen Vortrag nicht der Fall ist.

29

Da der Kläger auch die allgemeinen Laufbahnvoraussetzungen für einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 erfüllt, erscheint es nicht von vornherein als ausgeschlossen, dass die Neudurchführung des Bewerberauswahlverfahrens eine zu seinen Gunsten ausfallende Besetzungsentscheidung hervorbringen wird.

30

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

31

Die Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

32

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben (§§ 124, 124a VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Einreihung in die Beförderungsrangliste, aufgrund derer er nicht befördert worden ist.

2

Der Kläger ist Zolloberinspektor (Besoldungsgruppe A 10). Sein Dienstposten als Sachbearbeiter im Prüfdienst beim Hauptzollamt Darmstadt ist den Besoldungsgruppen von A 9 bis A 11 zugeordnet.

3

Die Beklagte nahm bis Ende 2009 Beförderungen im gehobenen Dienst der Zollverwaltung bis zum Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) ohne Stellenausschreibungen nach der Platzziffer der Beamten in der bundesweit erstellten Rangliste der jeweiligen Besoldungsgruppe vor. Sie vergab die höheren Ämter an die Beamten auf den Spitzenplätzen der Liste, sobald besetzbare Planstellen zur Verfügung standen. Die Planstellen wurden derjenigen Beschäftigungsbehörde zugewiesen, bei der der zu befördernde Beamte seinen Dienstposten innehatte. Die nicht berücksichtigten Beamten wurden vor den beabsichtigten Beförderungen nicht informiert.

4

Die Beförderungsranglisten wurden von der Beklagten im Anschluss an die jeweiligen Regelbeurteilungsrunden erstellt, zuletzt 2007. Maßgebend für die Reihung war das Gesamturteil zunächst der letzten, sodann der vorletzten Regelbeurteilung. Bei gleichem Gesamturteil beider Beurteilungen wurden innerhalb der so gebildeten Gruppe zunächst die schwerbehinderten Frauen, dann die weiteren Frauen, dann die schwerbehinderten Männer und zum Schluss die restlichen Männer eingereiht. Innerhalb der so gebildeten Untergruppen unterschied die Beklagte sodann nach Dienstalter und Lebensalter.

5

Der Kläger stand auf Platz 864 der 2007 erstellten Rangliste. Nach dieser Liste wurde zuletzt am 1. Dezember 2009 bis Platz 514 befördert. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, die Beklagte zur neuen Einreihung des Klägers in die Rangliste zu verpflichten, hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Vorgehen der Beklagten bei Beförderungen sei in mehrfacher Hinsicht nicht mit dem Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar: Dies gelte zum einen für die Bildung einer Reihenfolge allein aufgrund des Gesamturteils der maßgebenden dienstlichen Beurteilungen. Der Dienstherr müsse die Beurteilungen inhaltlich ausschöpfen; er dürfe sich nicht auf einen Vergleich der Gesamturteile beschränken. Daher sei es auch nicht zulässig, Schwerbehinderten und Frauen bereits bei gleichem Gesamturteil den Vorrang einzuräumen. Zum anderen liege der Beförderungspraxis kein auf das höhere Amt bezogener Leistungsvergleich zugrunde. Die maßgebenden Beurteilungen seien jedenfalls Ende 2009 nicht mehr hinreichend aktuell gewesen. Schließlich werde nicht berücksichtigten Beamten verwehrt, rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Diese Rechtsfehler seien letztlich auf das praktizierte System zurückzuführen, die Dienstposten unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung ohne Bewertung der damit verbundenen Anforderungen mehreren Besoldungsgruppen zuzuordnen.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Sie hat nach Erlass des Berufungsurteils ihre Beurteilungs- und Beförderungspraxis generell geändert.

8

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 rechtswidrig gewesen ist.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Einreihung des Klägers in die Beförderungsrangliste 2007 festgestellt wird.

11

1. Das ursprüngliche Klagebegehren, die Beklagte zu einer neuen Entscheidung über die Einreihung des Klägers in die 2007 aufgestellte Beförderungsrangliste für Beamte der Zollverwaltung mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 10 zu verpflichten, hat sich erledigt, weil die Beklagte diese Liste aufgrund einer Änderung der Beurteilungs- und Beförderungspraxis nicht mehr heranzieht. Dieser Änderung hat der Kläger Rechnung getragen, indem er im Revisionsverfahren einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Einreihung in die überholte Rangliste gestellt hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine nach § 142 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung, weil Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 22. März 1990 - BVerwG 2 C 2.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 216 S. 49 f.).

12

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Ihm soll sein Prozesserfolg in den Vorinstanzen durch die von der Beklagten herbeigeführte Erledigung nach Möglichkeit nicht genommen werden (sog. Fortsetzungsbonus). Daher sind an das Feststellungsinteresse keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere genügt die Absicht des Klägers, von der Beklagten wegen ihres rechtswidrigen Vorgehens Schadensersatz zu verlangen. Der Kläger hat bereits bei der Beklagten im Verwaltungsverfahren einen Antrag auf beamtenrechtlichen Schadensersatz gestellt. Dies ist ausreichend, weil sein Schadensersatzbegehren angesichts des Prozesserfolgs in den beiden Vorinstanzen auch nicht offensichtlich aussichtslos ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - juris Rn. 47 ).

13

2. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass sowohl die Kriterien der Beklagten zur Reihung in der Beförderungsrangliste als auch die Beförderungspraxis gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) und das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verstoßen.

14

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - NJW 2011, 695 Rn. 20 f. ). Dies gilt auch für die Einreihung in eine Beförderungsrangliste, wenn allein aufgrund des Listenplatzes ohne nochmalige Auswahlentscheidung befördert werden soll.

15

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46).

16

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 2 f.). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 a.a.O. S. 2 f. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 46). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45).

17

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O. und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 56).

18

Diesen Anforderungen hat die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie zuletzt in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, aus mehreren Gründen nicht genügt:

19

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte entsprechend den Erlassen vom 10. Mai 2004 (ARZV) und vom 22. August 2002 zur Bildung einer Beförderungsreihenfolge die Beamten einer Besoldungsgruppe ausschließlich nach den unterschiedlichen Gesamturteilen in Gruppen eingeteilt und innerhalb dieser Gruppen leistungsfremde Kriterien herangezogen, um Untergruppen zu bilden.

20

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagte für die Differenzierung innerhalb der Gruppen der Beamten mit gleichem Gesamturteil auf einzelne, im Vorhinein generell festgelegte leistungsbezogene Kriterien hätte abstellen müssen. Auch wenn sie in ihren Beurteilungsrichtlinien von 2002 Zwischenbenotungen für unzulässig erklärt (Nr. 25 BRZV) und damit zugleich verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb der Gesamtnoten (sog. Binnendifferenzierungen) ausgeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 3 f.), hätte die Beklagte bei gleichem Gesamturteil die herangezogenen Beurteilungen gleichwohl ausschöpfen müssen. Durch den - vorschnellen - Rückgriff auf die Hilfskriterien "Behinderteneigenschaft" und "weibliches Geschlecht" hat sie Schwerbehinderte und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG bevorzugt. Diesen Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.

21

Zwar sind die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG und das Verbot der Benachteiligung Behinderter in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Beide verfassungsrechtlichen Grundsätze sind aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist sowohl nach dem Unionsrecht (insbesondere Richtlinie 2006/54/EG) als auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Aus denselben Gründen enthalten die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten Schwerbehinderter lediglich Benachteiligungsverbote (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 1, § 128 Abs. 1 SGB IX; § 1 und § 7 Behinderten-Gleichgestellungsgesetz). Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung von Beamtenstellen so zu gestalten, dass Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten gefördert werden; eine Regelung über die Bevorzugung im Rahmen von Beförderungsentscheidungen fehlt.

22

Ein weiterer Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG liegt darin, dass jedenfalls den zum 1. Dezember 2009 getroffenen Beförderungsentscheidungen keine hinreichend aussagekräftigen, weil nicht mehr aktuellen dienstlichen Beurteilungen zugrunde lagen. Zwar wurde die Beförderungsrangliste (2007) als allein maßgebliche Auswahlentscheidung unmittelbar im Anschluss an die Regelbeurteilungsrunde (Stichtag 31. Januar 2007) und damit anhand aktueller Beurteilungen erstellt. Diese wurden in der Folgezeit jedoch nicht mehr aktualisiert. Dies wäre wegen des Zeitraums zwischen der Einreihung in die Rangliste und den Beförderungen Ende 2009 erforderlich gewesen.

23

Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zeitablauf von rund anderthalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag andere Aufgaben wahrgenommen hat (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Angesichts des Umstands, dass die Beförderungsrangliste die Ergebnisse eines bundesweiten Leistungsvergleichs in einer großen Bundesverwaltung wiedergeben sollte, ist ein Zeitraum von fast drei Jahren deutlich zu lang, um Ende 2009 in Bezug auf alle zu diesem Zeitpunkt noch in Beförderungskonkurrenz stehenden Beamten noch von hinreichend aktuellen Beurteilungen ausgehen zu können. Es ist ausgeschlossen, dass sich bei keinem der Bewerber leistungs- und beurteilungsrelevante Veränderungen ergeben haben. Anlassbeurteilungen, die es ermöglicht hätten, Besonderheiten in der Leistungsentwicklung einzelner Bewerber Rechnung zu tragen, waren nach den seinerzeit geltenden Beurteilungsrichtlinien für das Beförderungsverfahren nicht vorgesehen.

24

Soweit § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG in der ab 12. Februar 2009 geltenden Fassung die Einbeziehung dienstlicher Beurteilungen zulässt, wenn das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegt, handelt es sich um eine zeitliche Obergrenze, die zwar nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden kann. Letzteres ist insbesondere geboten, wenn wie hier die Beförderungspraxis zwangsläufig zu einem großen Bewerberfeld führt und zeitnahe Anlassbeurteilungen nicht erstellt werden.

25

Schließlich war die frühere Beförderungspraxis der Beklagten mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz zur Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG) nicht zu vereinbaren. Dies folgt schon daraus, dass sie die bevorstehenden Beförderungen den nicht berücksichtigten Listenbewerbern nicht vorher rechtzeitig mitgeteilt hat. Sie hat damit verhindert, dass diese vor der Ernennung der für eine Beförderung vorgesehenen Beamten gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen konnten (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 11. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20 und vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 34).

26

3. Die Beförderungspraxis der Beklagten, wie sie in der 2007 erstellten Beförderungsrangliste zum Ausdruck gekommen ist, beruhte auf einer Verletzung des gesetzlichen Grundsatzes der funktionsgerechten Besoldung nach § 18 BBesG.

27

Nach § 18 Satz 1 BBesG muss eine Ämterbewertung stattfinden ("die Funktionen sind zu bewerten"). Satz 2 legt als Kriterium für diese Bewertung die "Wertigkeit" der Ämter (Funktionen) fest. Es ist das (typische) Aufgabenprofil der Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) zu ermitteln. Weiterhin fordern beide Sätze des § 18 BBesG, dass die Funktionen nach ihrer Wertigkeit Ämtern, d.h. Ämtern im statusrechtlichen Sinne (Satz 1) und damit Besoldungsgruppen (Satz 2) zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass die Anforderungen, die sich aus dem Aufgabenprofil einer Funktion ergeben, mit den Anforderungen anderer Funktionen zu vergleichen sind. Je höher die Anforderungen gewichtet werden, desto höher die Besoldungsgruppe, der die Funktion zuzuordnen ist. Damit trägt die Ämterbewertung nach § 18 BBesG den hergebrachten Grundsätzen des Leistungsprinzips, des Alimentationsprinzips und vor allem dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung Rechnung. Ein Beamter hat einen in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Anspruch darauf, dass ihm ein Aufgabenbereich übertragen wird, dessen Wertigkeit seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entspricht (Urteil vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Ob dieser Anspruch erfüllt ist, kann ohne Dienstpostenbewertung nicht beurteilt werden (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 30.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 91 Rn. 14).

28

Es ist anerkannt, dass dem Dienstherrn bei der Bestimmung der Wertigkeit im Sinne von § 18 Satz 2 BBesG ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht (Organisationsermessen). Die Zuordnung der Dienstposten zu einem statusrechtlichen Amt einer bestimmten Besoldungsgruppe liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (stRspr; vgl. Urteile vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 7.89 - Buchholz 237.7 § 28 NWLBG Nr. 9 S. 11 und vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27). Mit dem statusrechtlichen Amt und dessen Zuordnung zu einer bestimmten Besoldungsgruppe in Relation zu anderen Ämtern sowie der laufbahnrechtlichen Einordnung werden abstrakt Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung und damit die Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht (stRspr; vgl. Urteile vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <110>).

29

Jedoch muss der Dienstherr zumindest zwei gesetzliche Vorgaben beachten: Zum einen enthält § 18 BBesG einen Handlungsauftrag. Fehlt eine normative Ämterbewertung, so ist der Dienstherr gesetzlich verpflichtet, eine nichtnormative Ämterbewertung vorzunehmen und sie seiner Personalwirtschaft zugrunde zu legen. Zum anderen dürfen die Funktionen (Dienstposten) nicht ohne sachlichen Grund gebündelt, d.h. mehreren Statusämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden. Die Einrichtung gebündelter Dienstposten bedarf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 18 BBesG Rn. 15 und 16b). Weiterhin ist zu beachten, dass die Zuordnung von Beförderungsämtern zu bestimmten Dienstposten nach § 25 BBesG voraussetzt, dass diese sich nach der Wertigkeit der Aufgaben deutlich von der niedrigeren Besoldungsgruppe abheben.

30

Werden wie in der Bundeszollverwaltung gebündelte Dienstposten geschaffen, die drei Besoldungsgruppen zugeordnet werden, gibt es kein höher bewertetes Amt, an dessen Anforderungen die einzelnen Beförderungsbewerber bei dem Leistungsvergleich zu messen wären. Ein gebündelter Dienstposten ist für einen Beamten im niedrigeren Statusamt kein höherbewerteter Dienstposten (Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 2.06 -, Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4 Rn. 11 und 12 und Beschluss vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 B 106.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 4). Die für den Leistungsvergleich erforderliche Eignungsprognose kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die (abstrakten) Anforderungen an die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherbewerteten abstrakt-funktionellen Amtes als Maßstab zugrunde gelegt werden. Denn ein solches Amt im abstrakt-funktionellen Sinn gibt es nicht, weil dies zwingend bestimmte Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) voraussetzt, die in der Behörde ausschließlich den Inhabern des gleichen statusrechtlichen Amtes zugewiesen sind.

31

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei hat der Senat im Rahmen des § 161 Abs. 2 berücksichtigt, dass ein Erfolg des Begehrens, erneut über die Einreihung in die Beförderungsrangliste 2007 zu entscheiden, ohne Erledigung vorausgesetzt hätte, dass das Beförderungssystem der Beklagten nur an behebbaren Rechtsfehlern gelitten und nicht dem Grunde nach rechtswidrig gewesen wäre.


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird auf 11.496,62 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Inhalt, dem Antragsgegner zu untersagen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers eine Stelle der Besoldungsgruppe A11 – Fachhochschulausbildung/Aufstiegsausbildung – mit dem Beigeladenen zu besetzen, hat keinen Erfolg. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er nach dem Grundsatz der Bestenauslese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf vorrangige Berücksichtigung im Beförderungsgeschehen hat.

2

Die gemäß Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG –, § 10 Abs. 1 Landesbeamtengesetz – LBG – nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmende Beförderungsauswahl muss sich in erster Linie an den aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber ausrichten. Dem wird der Antragsgegner mit seinem Beförderungskonzept gerecht, das den Inhalt der dienstlichen Anlassbeurteilung in Form eines Punktesystems gewichtet und nach den einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmalen auswertet. Hiergegen bestehen, wenn eine Vielzahl von Beförderungsentscheidungen zu treffenden ist (wie hier), keine rechtlichen Bedenken, solange dem Punktsystem keine grobe, dem Leistungsgrundsatz widersprechende Fehlgewichtung der Beurteilungsmerkmale zugrunde liegt (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Dezember 2003 – 2 A 11406/03.OVG –, VG Neustadt, Beschluss vom 21. Juni 2010 – 6 L 492/10.NW –).

3

Bei der Auswertung der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers ergab sich – wie vom Antragsgegner in seiner Beurteilungsrangfolge nach A11 FH (K) dargelegt – eine Punktzahl von 2,7515 Punkten, mit der eine Beförderung nicht erreicht werden konnte, da der zuletzt beförderte Beigeladene eine Punktzahl von 1,7608 Punkten aufwies. Auch in der Gesamtbeurteilung weist der Antragsteller lediglich ein C im Gegensatz zum Beigeladenen, der ein B ausweist, auf und im Leistungsverhalten ebenfalls ein C im Gegensatz zum Beigeladenen, der ein A aufweist.

4

Verfahrensfehler sind hier nicht erkennbar, da keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die endgültige Reihung der Bewerber vor der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers erfolgt ist. Zwar spricht der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung davon, dass die Negativmitteilung vom 4. Mai 2011 und damit einen Tag vor der Unterschrift der Erstbeurteilerin und zwei Tage vor der Unterschrift des Zweitbeurteilers ergangen sei, dies entspricht aber nicht den Tatsachen, da die Negativmitteilung erst am 10. Mai 2011 erstellt und am 11. Mai 2011 abgesandt wurde.

5

Die Beurteilung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil ein zu fordernder Beurteilungsbeitrag unberücksichtigt geblieben wäre. Der Antragsgegner hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der frühere Leiter der Polizeiinspektion Frankenthal nicht der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Antragstellers gewesen ist. Dies ergibt sich aus dem Organigramm der PI Frankenthal. Soweit der Antragsgegner insofern auf die Ziffer 5.2.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Sport „Beurteilung im Bereich der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz“ vom 15. Oktober 2005 verweist, bestehen zwar Zweifel, ob diese Verwaltungsvorschrift noch in Kraft ist, da gemäß der Verwaltungsanordnung zur Vereinfachung und Bereinigung der Verwaltungsvorschriften des Landes Rheinland-Pfalz -vom 20. November 1979 i.d.F. vom 23. August 2004- nach Nr. 6 die Verwaltungsvorschriften, die zu veröffentlichen sind, spätestens mit Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf den Erlass folgt, außer Kraft treten, wenn das Außerkrafttreten nicht hinausgeschoben wird. Aber auch wenn diese Verwaltungsvorschrift „Beurteilung im Bereich der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz“ außer Kraft getreten sein sollte, ist davon auszugehen, dass sie im Rahmen des gleichförmig auszuübenden Bewerbungsverfahrens weiterhin angewendet wird. Dagegen bestehen keine Bedenken. Deren Anwendung verfolgt nämlich das Ziel, ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren zumindest übergangsweise sicher zu stellen.

6

Soweit der Antragsteller moniert, dass kein Beurteilungsbeitrag des Leiters der Berufsbildenden Schule eingeholt worden sei, hat der Antragsgegner zu Recht darauf verwiesen, dass auf Seite 7 der hier maßgeblichen Beurteilung -zum Beurteilungszeitpunkt 30. November 2010- ein Beurteilungsbeitrag des Studiendirektors Webel, stellvertretender Schulleiter BBS W2 berücksichtigt worden ist. Soweit der Antragsteller der Auffassung ist, dass dieser nicht ausreichend gewertet worden wäre, verbleibt es bei der Beurteilungsprärogative des Antragsgegners. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die eine verfahrensfehlerhafte oder aus sachfremden Gründen erfolgte unzutreffende Berücksichtigung in der Beurteilungsabwägung nahelegen würden.

7

Soweit der Antragsteller geltend macht, dass seine Abordnung an die BBS zu Spannungen mit der Erstbeurteilerin und Leiterin der PI Frankenthal geführt habe, hat er dies nicht im Einzelnen dargelegt und auch nicht substantiiert behauptet, dass aus diesem Grund sachfremde Erwägungen in die Beurteilung eingeflossen wären.

8

Soweit der Antragsteller sich nicht ausreichend beurteilt fühlt, sind hierfür keine sachlichen Anhaltspunkte erkennbar, die dafür sprächen, dass hier unvollständige oder sachfremde Erwägungen in die Beurteilung eingeflossen wären. Er hat zwar darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung die Beurteilung mit einem C im Rahmen des „Leitbildorientierten Sozialverhaltens“ und insbesondere im Rahmen der Beurteilung der „Kooperation und Teamarbeit“ mit C nicht nachvollziehbar sei, hat aber hierfür keine substantiierten Tatsachen darlegt. Auch geht sein Hinweis auf die fehlende oder unangemessene Berücksichtigung seiner Belobigung durch den Polizeipräsidenten vom 5. August 2009 (für seinen Aufklärungsbeitrag zum Banküberfall vom 14. Juli 2009) fehl, da diese ausdrücklich auf Seite 7 der hier maßgeblichen Beurteilung erwähnt worden ist.

9

Diese und vergleichbare andere eigene Bewertungen kann der Antragsteller nicht mit Erfolg den Bewertungen der Erstbeurteilerin und des Zweitbeurteilers entgegenhalten, die ihm Leistungen sowohl im Normalbereich sowie „stark ausgeprägt“ bestätigt haben. Dass sie hierbei erhebliche Tatsachen nicht zur Kenntnis genommen hätten, ist nicht dargetan. Demgegenüber ist der Beigeladene nicht nur mit B in der Gesamtbeurteilung und mit A im Leistungsverhalten beurteilt worden, sondern hat die Gesamtbewertung mit 1,7608 Punkten erreicht. Insofern ist es hier unerheblich, dass der Beigeladene zudem in seiner dienstlichen Beurteilung eine Beurteilung im Bereich „Kooperativer Mitarbeiterführung von Vorgesetzten“ aufweist, die der Antragsteller nicht vorzuweisen hat. Denn auch unabhängig von dieser Beurteilung, die durchgängig mit B erfolgt ist, ist der Beigeladene (auch ohne sie) besser bewertet als der Antragsteller.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene, der keinen eigenen Antrag gestellt hat, trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

11

Die Entscheidung zur Höhe des Streitwertes folgt aus §§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 53 GKG (ein Viertel des 13-fachen Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A11 LBesO).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Für die in § 1 bezeichneten Zwecke ist die Enteignung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.