Verwaltungsgericht Trier Urteil, 10. Mai 2011 - 1 K 1550/10.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2011:0510.1K1550.10.TR.0A
bei uns veröffentlicht am10.05.2011

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Unterhaltsbeihilfe und begehrt einen finanziellen Ausgleich für nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaub.

2

Die Klägerin wurde mit Wirkung vom 2. Mai 2007 als Rechtsreferendarin in den juristischen Vorbereitungsdienst des Beklagten aufgenommen. Am 11. Mai 2009 legte sie erfolgreich die mündliche Prüfung für das 2. Juristische Staatsexamen ab.

3

Mit Schreiben vom 18. Mai 2009 bat die Klägerin um Entlassung aus dem juristischen Vorbereitungsdienst mit Ablauf des 14. Mai 2009 zwecks Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung ab dem 15. Mai 2009. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag beantragte sie die Abgeltung des bestehenden Resturlaubs von 10 Urlaubstagen.

4

Mit Bescheid vom 2. Juni 2009 bewilligte die Personalstelle des Oberlandesgerichts Koblenz der Klägerin für den Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge.

5

Unter dem 22. Juni 2009 teilte die OFD - ZBV - der Klägerin mit, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31. Mai 2009 beendet gewesen sei. Aufgrund der Bewilligung von Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge für die Zeit vom 15. bis 31. Mai 2009 sei eine Überzahlung in Höhe von 466,47 € entstanden. Sie werde gebeten, den überzahlten Betrag auszugleichen.

6

Nach wiederholter Bitte des Beklagten auf Rückzahlung erklärte die Klägerin unter dem 29. Juli 2009 die Aufrechnung mit dem geltend gemachten Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaubs. Hilfsweise beantragte sie, aus Gründen der Billigkeit von der Rückzahlungsforderung abzusehen.

7

Nachdem die Klägerin noch mehrmals zur Zahlung aufgefordert worden war, wies sie mit Schreiben vom 10. Mai 2010 hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf finanzielle Urlaubsabgeltung auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 30. März 2010 - 2 A 11321/09 - hin. Danach ergebe sich auf der Grundlage der Richtlinie 2003/88/EG ein Anspruch auf finanzielle Vergütung des nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaubs. Die im dortigen Verfahren ergangene ablehnende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz trage eine Ablehnung der finanziellen Abgeltung in ihrem Fall nicht. Es bestünden strukturelle Unterschiede zwischen dem Gegenstand der zitierten Rechtsprechung gewesenen Beamtenverhältnis und dem Referendarverhältnis.

8

Mit Schreiben vom 18. Mai 2010 teilte die Oberfinanzdirektion - ZBV - der Klägerin mit, dass sich aus europarechtlichen Regelungen kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich von nicht in Anspruch genommenem Urlaub ergebe. Nach der zugrundegelegten Richtlinie käme eine Abgeltung nur im Krankheitsfall in Betracht. Sie - die Klägerin - sei jedoch ohne Dienstbezüge beurlaubt gewesen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz habe bestätigt, dass ein Beamter keinen Anspruch auf die finanzielle Abgeltung von Urlaub habe, den er krankheitsbedingt nicht habe nehmen können. Das Beamtenrecht sehe - anders als das Arbeitsrecht- keine Abfindung für nicht genommenen Erholungsurlaub vor. Die Unmöglichkeit, Erholungsurlaub zu nehmen, sei für den Beamten mit keinem finanziellen Nachteil verbunden, der ausgeglichen werden müsse. Ähnlich wie im Beamtenverhältnis würden auch die für Rechtsreferendare geltenden Bestimmungen Vorteile im Vergleich zu gesetzlich versicherten Arbeitnehmern begründen. Rechtsreferendare hätten nach § 6 Abs. 5 Nr. 1 JAG im Krankheitsfall einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Zahlung der Unterhaltsbeihilfe unter Berücksichtigung eines familienbedingten Mehrbedarfs. Sie werde daher gebeten, die ausstehende Forderung zu begleichen.

9

Mit Bescheid vom 17. September 2010 forderte die OFD - ZBV- die Klägerin auf, Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 466,47 € zurückzuzahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Klägerin für die Zeit vom 15. bis 31. Mai 2009 Unterhaltsbeihilfe nicht zugestanden habe, weil sie ihre Entlassung mit Ablauf des 14. Mai 2009 zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit als Rechtsassessorin ab dem 15. Mai 2009 beantragt habe. Aus Rechtsgründen sei eine rückwirkende Entlassung nicht möglich gewesen, so dass sie unter Wegfall der Dienstbezüge gemäß § 32 a Urlaubsverordnung ab dem 15. Mai 2009 beurlaubt worden sei. Von der Rückforderung könne aus Billigkeitsgründen weder ganz noch teilweise abgesehen werden. Die Klägerin habe ihre Entlassung selbst beantragt und daher gewusst, dass ihr für den Zeitraum keine Unterhaltsbeihilfe zustehe. Da die Rückforderung somit auf ein von der Klägerin zu vertretendes Verhalten zurückzuführen und sie als Anwältin tätig sei, lägen keine Erkenntnisse vor, die einer Rückforderung des geltend gemachten Betrages im Ganzen im Wege stünden. Der Anspruch sei auch nicht durch Aufrechnung erloschen, da ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung weder nach nationalem noch nach europäischem Recht bestehe.

10

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2010 legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie vortrug, ein Anspruch auf Gewährung von finanziellem Ausgleich wegen Resturlaubs folge unmittelbar aus Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG. Wenn das Arbeitsverhältnis ende, sei es nicht mehr möglich, Jahresurlaub zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sehe Artikel 7 Abs. 2 der genannten Richtlinie vor, dass Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hätten, um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen dieser Unmöglichkeit jeder Genuss des Anspruchs, selbst in finanzieller Form, verwehrt werde (Urteil vom 20. Januar 2009 - C 350/06 - Rn. 56 -). Dieser Anspruch bestehe danach sogar dann, wenn der Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht habe genommen werden können. Der Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 umfasse die ihr zustehenden restlichen 10 Urlaubstage. Die gewährte Unterhaltsbeihilfe sei zur Lebensführung verbraucht worden, weil die Lohnzahlung für Mai 2009 durch ihren Arbeitgeber erst am 24. Juni 2009 erfolgt sei.

11

In der Folge erklärte das für die Klägerin zuständige Finanzamt hinsichtlich der Überzahlung gegenüber der Klägerin die Aufrechnung mit ihr zu erstattender Steuer.

12

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 rügte die Klägerin die Aufrechnung als rechtswidrig und verwies auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20. November 2008 - 3 C 13/08 -) sowie des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14. November 2000 - VII R 85/99 -). Die erklärte Aufrechnung stelle die faktische Vollziehung des Bescheides dar, obgleich aufgrund des Widerspruchs aufschiebende Wirkung eingetreten sei.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2010 stellte der Beklagte fest, dass der Leistungsbescheid vom 17. September 2010 rechtmäßig sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Rückforderungsanspruch in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bestehe und nicht durch Aufrechnung seitens der Klägerin erloschen sei. Von der Rückforderung könne nicht aus Billigkeitsgründen abgesehen werden. Die Rückforderung habe sie zu vertreten, was einem Absehen hiervon im Wege stehe. Die Forderung sei auch nicht durch Aufrechnung seitens der Klägerin erloschen; sie habe keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in finanzieller Form. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, da ihr aufgrund der beantragten Entlassung bewusst gewesen sei, dass ihr die Unterhaltsbeihilfe für den verbleibenden Zeitraum nicht zustehe. Auch der Einwand, der Betrag sei zur Lebensführung verbraucht worden, führe nicht zur Annahme des Wegfalls der Bereicherung. Auch dann bestehe die Bereicherung fort, wenn Aufwendungen hierdurch erspart worden seien. Das sei der Fall, da aus der Zahlung der Kanzlei die Aufwendungen für die Lebensführung nicht hätten getragen werden müssen.

14

Die Klägerin hat am 30. Dezember 2010 Klage erhoben. Dazu trägt sie ergänzend vor, dass im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei, dass mit Ablegung der mündlichen Prüfung am 11. Mai 2009 in dem Zeitraum 12. bis 31. Mai 2009 keine Leistungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zu erbringen gewesen seien. Auch habe ihr ein Resturlaubsanspruch von 10 Tagen zugestanden, der den Zeitraum vom 15. bis 31. Mai 2009 umfasst hätte. Die Forderung auf Rückzahlung sei durch Aufrechnung erloschen. Der Anspruch auf finanzielle Vergütung bestehe nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht erst, sondern sogar dann, wenn der Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht habe genommen werden können.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2010 zu verpflichten, an sie 466,47 € netto zu zahlen.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Dazu verweist er im Wesentlichen darauf, dass im Hinblick auf das vorzeitige und freiwillige Ausscheiden der Klägerin aus dem Referendardienst keine Notwendigkeit zu einem Ausgleich durch die Gewährung eines Vergütungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub bestehe.

20

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten und den Verwaltungsakten des Beklagten. Die genannten Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist als Anfechtungs- verbunden mit einer Verpflichtungsklage zulässig. Soweit die Klägerin die finanzielle Abgeltung eines Urlaubsanspruchs neben dem Antrag auf Aufhebung der zugrundeliegenden Bescheide anhängig gemacht hat, ist die Verpflichtungsklage die richtige Klageart, weil die finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruchs einen Verwaltungsakt voraussetzt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Januar 2011 - 12 K 5288/09 -, m.w.N.).

22

Die Klage ist jedoch unbegründet.

23

Der Bescheid des Beklagten vom 17. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Jahresurlaub.

24

Rechtsgrundlage für die Feststellung zur Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Unterhaltsbeihilfe ist § 4 Abs. 2 der Landesverordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare vom 3. Februar 2000 (GVBl 2000, S. 99) - im Folgenden: Landesverordnung-. Danach regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Unterhaltsbeihilfe nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (Satz 1). Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass die Empfängerin oder der Empfänger ihn hätte erkennen müssen (Satz 2). Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden (Satz 3). Danach hat der Beklagte zu Recht die Feststellung getroffen, dass der Rückforderungsbescheid vom 17. September 2009 rechtmäßig ist.

25

Die Klägerin hat für den Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 insgesamt in Höhe von 466,47 € zu viel und damit ohne Rechtsgrund Unterhaltsbeihilfe erhalten. In diesem Zeitraum war der Klägerin bestandskräftig Urlaub unter Wegfall der Bezüge gewährt worden.

26

Hat die Klägerin mithin den genannten Betrag zu viel erhalten, haftet sie nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Sie kann damit grundsätzlich nach § 818 Abs. 3 BGB den Einwand der Entreicherung dem Rückforderungsanspruch entgegenhalten. Der Beihilfeempfänger haftet allerdings gemäß § 819 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB nach den allgemeinen Vorschriften und damit verschärft, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes kennt oder ihn später erfährt. Nach § 4 Abs. 2 Landesverordnung steht die Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Zum Zeitpunkt der Überweisung der Unterhaltsbeihilfe für den Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 war es für die Klägerin offensichtlich, dass ihr aufgrund der Beurlaubung ohne Gewährung von Unterhaltsbeihilfe diese nicht zustand. Damit haftet die Klägerin nach Maßgabe vorstehender Bestimmungen verschärft.

27

Zwar ist in den Fällen der verschärften Haftung - wie hier - die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nicht schlechthin ausgeschlossen. In außergewöhnlich gelagerten Fällen kann es Treu und Glauben verbieten, den Umstand der Entreicherung unberücksichtigt zu lassen (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 11. November 2009 - 3 K 879/08 - mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Für das Vorliegen solcher Umstände ist hier nichts ersichtlich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich zwar bei der Unterhaltsbeihilfe um eine wiederkehrende Leistung handelt, die Klägerin jedoch aus dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis vorzeitig in ein Arbeitsverhältnis zu einem privatrechtlichen Arbeitgeber eingetreten ist und hieraus ebenfalls wiederkehrende Leistungen bezogen hat. In einem solchen Fall kann im bloßen Verbrauch der Zahlung keine Entreicherung gesehen werden.

28

Auch die vom Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Billigkeitsentscheidung hat die Aufgabe, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare, für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit, und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Es ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Dafür kommt es entscheidend auf die Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an und nicht auf die Lage in dem Zeitpunkt, für den die Leistung geschuldet worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 2 B 29.08 -, Juris). Gemessen hieran ist die Entscheidung des Beklagten, den Rückforderungsanspruch in vollem Umfang durch Aufrechnung zu realisieren, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin ist mehrfach Gelegenheit gegeben worden, weitere Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen zu machen, die eine Entscheidung des Beklagten über die Zahlungsmodalitäten ermöglicht hätte. Davon hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Der von der Klägerin im Klageverfahren angeführte Umstand, dass nach Ablegung der mündlichen Prüfung keine weiteren Leistungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zu erbringen gewesen seien, vermag vor dem Hintergrund vorstehend dargestellter Grundsätze ebenso wenig wie der Hinweis auf noch ausstehenden Jahresurlaub für den in Rede stehenden Zeitraum die von dem Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung rechtlich in Frage zu stellen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung darauf abgestellt hat, dass der Klägerin auf den Wunsch nach Entlassung hin Sonderurlaub ohne Dienstbezüge gewährt wurde und sie als Anwältin in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen war.

29

Der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbegehrens stand die Aufrechnung mit einer der Klägerin zustehenden Steuerforderung nicht entgegen. Die Aufrechnung ist vielmehr ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2008 - 3 C 13.08 -). Sie nimmt wegen ihres nicht hoheitlichen Charakters nicht an der Regelungswirkung der hier getroffenen Feststellung teil. An der Wirksamkeit dieser Aufrechnung ändert auch nichts der Umstand, dass der vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Rückforderungsanspruch von der Klägerin mit dem hier angefochtenen Leistungsbescheid vom 17. September 2009 geltend gemacht wurde, die Klägerin Klage gegen diesen Bescheid erhoben hat und diese gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Die Aufrechnung stellt sich nicht als Vollziehung des Leistungsbescheides dar, an der der Beklagte aufgrund der aufschiebenden Wirkung gehindert wäre. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 20. November 2008 a. a. O.) nur, wenn es um die Aufrechnung solcher Gegenforderungen geht, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt, sofern und solange die Vollziehung dieses Verwaltungsakts ausgesetzt ist. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung gelte eine solche Gegenforderung einstweilen als nicht aufrechenbar. Bei dem vom Beklagten - mit dem Leistungsbescheid vom 17. September 2009 geltend gemachten - Rückforderungsanspruch handelt es sich aber nicht um eine (Gegen)Forderung, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt. Denn der Dienstherr darf zwar die seinen Beamten geleisteten Überzahlungen durch Verwaltungsakt zurückfordern. Er ist aber dazu nicht verpflichtet. Stattdessen ist auch die Leistungsklage des Dienstherrn zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 1967 - II C 37.67 - BVerwGE 28, 1; VG Freiburg, Urteil vom 11. November 2009, a.a.O.). Nichts anderes gilt im vorliegend gegebenen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis, da es sich um ein auch hinsichtlich der gewährten Unterhaltsbeihilfe bestehendes Über- und Unterordnungsverhältnis handelt.

30

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich nicht genommenen Jahresurlaubs. Von daher ist der Rückforderungsanspruch des Beklagten auch nicht durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung erloschen.

31

Unstreitig besteht derzeit im geltenden nationalen öffentlich-rechtlichen Dienstrecht keine Rechtsgrundlage für die von der Klägerin verlangte Zahlung.

32

Nach § 6 Abs. 5 Nr. 4 des Landesgesetzes über die juristische Ausbildung (JAG) vom 1. Juli 2003 erhält jede Rechtsreferendarin Urlaub entsprechend den für Landesbeamtinnen geltenden Vorschriften. Für nicht genommenen Jahresurlaub findet sich in der Urlaubsverordnung (UrlVO) in der Fassung vom 29. Januar 2008 (GVBl S. 45) kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich.

33

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein solcher auch nicht aus europarechtlichen Regelungen.

34

Die von der Klägerin angeführte Regelung des Artikel 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG, der zufolge der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf, begründet auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keinen Anspruch auf eine Abgeltung nicht genommenen Urlaubs im vorliegenden Fall. Zwar findet die Richtlinie Anwendung auf alle öffentlichen Tätigkeitsbereiche, so dass von ihr auch Beamte erfasst werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. März 2009, a.a.O., Urteil vom 13. April 2011- 2 A 11447/10-). Unzweifelhaft findet die Richtlinie danach auch im vorliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis Anwendung.

35

Dennoch begründet Artikel 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG keinen Zahlungsanspruch der Klägerin.

36

Vorliegend kann dahinstehen, ob der Umstand, dass mit der Zuerkennung eines Abgeltungsanspruchs eine den Mindeststandard der Richtlinie insgesamt ohnehin überschreitende Situation der Rechtsreferendare, denen Unterhaltsbeihilfe u.a. ohne Kürzung der Fortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall gewährt wird, sowohl gegenüber den europarechtlichen Vorgaben wie auch im Vergleich mit Arbeitnehmern zusätzlich verbessert würde, zu einem Ausschluss der finanziellen Abgeltung führen müsste, oder ob dem Urlaubsanspruch des Rechtsreferendaren kein Vermögenswert zuerkannt werden kann und deshalb kein Abgeltungsanspruch besteht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. März 2010 - 2 A 11321/09.OVG, a.A.: VG Gelsenkirchen: strukturelle Betrachtung widerspricht dem Regelungswillen des Richtliniengebers und damit dem Gebot der praktischen Wirksamkeit).

37

Der Klägerin steht der Anspruch auf finanzielle Abgeltung jedenfalls deshalb nicht zu, weil hier kein Fall der Unmöglichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH gegeben ist, Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Anspruch zu nehmen. Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG begründet demnach vorliegend keinen Zahlungsanspruch.

38

Nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH steht die Vorschrift einer Regelung, die für die Ausübung des Urlaubsanspruchs Modalitäten oder den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums vorsieht, nicht entgegen, sofern der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen. Nur wenn dies nicht der Fall war, ist die Norm dahin auszulegen, dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009, a.a.O.). Insbesondere führt der EuGH zur Höhe der im Fall der Unmöglichkeit zu gewährenden finanziellen Vergütung, "auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hat, der aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht in der Lage war, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses auszuüben, in der Weise zu berechnen ist, dass der Arbeitnehmer so gestellt wird, als hätte er diesen Anspruch während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt" aus. Damit sieht der EuGH einen Fall der finanziell auszugleichenden Unmöglichkeit nur dann, wenn die zugrundezulegenden Umstände nicht vom Willen des Arbeitnehmers gesteuert waren.

39

Im Urteil vom 13. April 2011 - 2 A 11447/10- führt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz unter Verweis auf die Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009, a.a.O., aus, dass Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einer Regelung, die für die Ausübung des Urlaubsanspruchs Modalitäten oder den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums vorsieht, nicht entgegen steht, sofern der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen. Nur wenn dies nicht der Fall war, ist die Norm dahin auszulegen, dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird. Von einer derartigen Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs kann in Fällen, in denen sie - anders als beispielsweise bei fortdauernder Dienstunfähigkeit- nicht offensichtlich ist, nur ausgegangen werden, wenn ein Urlaubsantrag gestellt und dieser abgelehnt wurde. Urlaub wird gem. §§ 4, 5 Abs. 1 Satz 1 UrlVO nur auf Antrag und unter Berücksichtigung der Wünsche des Beamten gewährt. Dessen Mitwirkung ist unabdingbare Voraussetzung hierfür. Der Dienstherr kann das Urlaubsgesuch wiederum gemäß § 5 Abs. 1 UrlVO nur ablehnen, soweit dienstliche Belange entgegenstehen. Die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub ist damit - die Fälle krankheitsbedingter Fehlzeiten ausgenommen- grundsätzlich schon von Rechts wegen ausgeschlossen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. April 2011, a.a.O.).

40

Nach Maßgabe dessen ist der Klägerin kein finanzieller Ausgleich zu gewähren. Zum einen endete das Ausbildungsverhältnis per Gesetz planmäßig mit Ablauf des Monats Mai 2009 (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Juristische Ausbildungs- und Prüfungsordnung [JAPO] vom 01. Juli 2003). Das war für die Klägerin auch so absehbar, so dass sie sich mit ihrem Jahresurlaub hätte hierauf einstellen und ihre Urlaubsplanung an den Erfordernissen des Ausbildungsverhältnisses, das die Inanspruchnahme von Urlaub nicht ausschließt, ausrichten können. Einen entsprechenden Urlaubsantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Im Übrigen hing der Umstand, dass sie den Jahresurlaub in der von ihr anvisierten Zeit nicht mehr in Anspruch nehmen konnte, von ihrem freien Entschluss ab und war damit von ihrem Willen abhängig. Insoweit hatte sie selbst um vorzeitige Entlassung gebeten. Diesem Wunsch konnte der Dienstherr aufgrund der vorgenannten Regelung des gesetzlichen Endes des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses nicht durch Entlassung gerecht werden, sondern bewilligte der Klägerin Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge.

41

Kein anderer Schluss ist hier - auch nicht unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten- daraus zu ziehen, dass § 7 Abs. 4 BurlG für Arbeitnehmer einen Abgeltungsanspruch regelt, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24. März 2009 - 9 AZR 983/07- unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 a.a.O.) stehen die Regelungen der Richtlinie 2003/88/EG einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit der Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, nicht entgegen. Diese Modalitäten können sogar den Verlust des Anspruchs am Ende des Bezugszeitraums beinhalten. Das gilt unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich -wie hier- die Möglichkeit hatte, den ihm von der Richtlinie verliehenen Urlaubsanspruch auszuüben (vgl. BAG, Urteil vom 24. März 2009, a.a.O.). Ein europarechtlicher Anspruch der Arbeitnehmer auf Gleichbehandlung unterhalb des europarechtlich vorgegebenen Mindeststandards ist nicht gegeben.

42

Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV kommt vorliegend nicht in Betracht, denn die hier zu entscheidende Frage war Gegenstand der Auslegung durch den EuGH (vgl. Urteil vom 20. Januar 2009, a.a.O.).

43

Nach alledem war die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

44

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

45

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a VwGO).

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(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Beamter im Dienst der Beklagten und erhält Bezüge nach Besoldungsgruppe A 10. Er ist Vater eines 1984 geborenen Sohnes sowie von 1988 geborenen Zwillingen.
Im Juli 1999 erhob er Klage, gerichtet auf Feststellung, dass die ihm mit Rücksicht auf die Zahl der Kinder nach den Besoldungsgesetzen gewährte Besoldung ab 01.01.1990 der Höhe nach nicht der Alimentationspflicht entsprochen habe und ihm insoweit ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf höhere Bezüge zustehe. Nachdem ihm für die Zeit von Januar 1990 bis Dezember 1998 Bezüge i.H. von 16.548,48 DM netto (= 8.461,10 EUR) von der Beklagten nachgezahlt worden waren, wurde der Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Das Verwaltungsgericht Freiburg musste mit Urteil vom 22.02.2001 - 9 K 1548/99 - nur noch über die vom Kläger geltend gemachten Zinsansprüche entscheiden.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 02.05.2007 führte der Kläger aus, dass seine Bezüge seit 01.01.2002 nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprächen und die Beklagte ihrer Alimentationspflicht gegenüber dem Kläger hinsichtlich der familienbezogenen Gehaltsbestandteile nicht nachkomme. Er habe bereits entsprechende Ansprüche in einem Schreiben vom 26.02.2002 geltend gemacht. Die Beklagte werde aufgefordert, für den Zeitraum ab 01.01.2002 höhere familienbezogene Gehaltsbestandteile auszuzahlen. Mit Schreiben vom 24.09.2007 machte der Kläger auch Ansprüche für den Zeitraum 1999 bis 2001 geltend und nahm Bezug auf ein Widerspruchsschreiben vom 15.05.1998, mit dem er über den 30.06.1997 hinaus Ansprüche geltend gemacht habe.
Ausweislich der Monatsabrechnung für Oktober 2007 überwies die Beklagte dem Kläger neben den laufenden Bezügen auch eine „einmalige Zahlung“ i.H. von 13.742,02 EUR brutto bzw. 9.406,89 EUR netto. In einem Gespräch am 13.11.2007 wurde dem Kläger mitgeteilt, bei der Nachzahlung der Familienzuschläge sei ein Berechnungsfehler aufgetreten, weshalb die zuviel gezahlte Besoldung vom Kläger zurückgezahlt werden solle. Dem anlässlich des Gesprächs gefertigten Aktenvermerk vom 13.11.2007 zufolge nahm der Kläger „dies zur Kenntnis und gab bekannt, dass er die an ihn ausgezahlte Summe bereits angelegt habe“. Es sei daher mit ihm vereinbart worden, dass er sich mit seiner Bank absprechen und den für ihn tragbaren Rückzahlungsbetrag mitteilen solle.
Mit Schreiben vom 13.11.2007, überschrieben mit „Rückforderungsbescheid-Teilrückzah-lung der Besoldungsnachforderung für kinderbezogene Besoldungsanteile in der Zeit von 2002 bis 2006“ forderte die Beklagte einen Betrag von 7.675,38 EUR netto zurück, den der Kläger mit den Bezügen für Monat Oktober 2007 zuviel erhalten habe. Bei der im Monat Oktober 2007 durchgeführten Nachberechnung der kinderbezogenen Besoldungsanteile sei eine irrtümliche Überzahlung der Besoldungsnachforderung für die Jahre 2002 bis 2006 erfolgt. Die Nachzahlung betrage statt 13.742,02 EUR brutto richtigerweise nur 2.447,03 EUR brutto. Detaillierte Aufstellungen der richtigen Nachzahlungsbeträge seien dem Kläger beim Gespräch am 13.11.2007 übergeben worden. Ihm sei auch die Möglichkeit eingeräumt worden, den Betrag in Raten zurückzuzahlen. Eine entsprechende Vereinbarung sei noch zu treffen.
Der Kläger erhob Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die ursprüngliche Nachberechnung sei im Einklang mit den Informationen zum Berechnungsverfahren des Gemeindetags Baden-Württemberg erfolgt. Die Korrekturnachberechnung könne nicht nachvollzogen werden.
Mit Bescheid vom 12.03.2008 verpflichtete die Beklagte den Kläger, zuviel erhaltene Bezüge i.H. von 11.290,79 EUR brutto (= 7.675,38 EUR netto) zurückzuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe im Monat Oktober 2007 neben seinen laufenden Bezügen einen einmaligen Bruttobetrag von 13.742,02 EUR (= 9.406,89 EUR netto) erhalten. Der Berechnung dieses Betrages habe ein Rechenfehler zugrundegelegen. Grund der Einmalzahlung seien amtsangemessene Alimentationen von Beamten mit mehr als zwei beim Familienzuschlag berücksichtigungsfähigen Kinder für die Zeit von 2002 bis 2006 gewesen. Dem Kläger habe aber entsprechend dem Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 13.10.2005 nur ein Bruttobetrag von 1.350,23 EUR (= 951,71,-- EUR netto) zugestanden. Somit seien für die Zeit von 2002 bis 2006 Bruttobeträge i.H. von 12.391,79 EUR (= 7.675,38 EUR netto) zuviel ausgezahlt worden. Die Zahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt und vom Kläger zurückzuerstatten. Für die Zeit von 1999 bis 2001 bestehe ein Nachzahlungsanspruch des Klägers i.H. von 1.101,-- EUR brutto (= 779,80 EUR netto). Die Beklagte habe diesen Anspruch zulässigerweise mit den Rückforderungsansprüchen verrechnet, so dass der genannte Rückerstattungsbetrag offen sei. Der Nettobetrag von 7.675,38 EUR sei bis zum 30.04.2008 an die Beklagte zurückzuerstatten. Ab diesem Zeitpunkt behalte sich die Beklagte die Geltendmachung von Zinsen i.H. von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz vor. Es werde auf die Möglichkeit hingewiesen, sich auf den Wegfall der Bereicherung zu berufen. Von der Rückforderung der überzahlten Bezüge könne auch nicht aus Billigkeitsgründen abgesehen werden. Es sei mit Schreiben vom 13.11.2007 sofort angezeigt worden, dass eine Überzahlung erfolgt sei und die Rückforderung geltend gemacht werde. Die ohne Rechtsgrund erhaltene Summe habe sich in seinem Vermögen befunden. Der Kläger habe im seinerzeitigen Gespräch bestätigt, den Betrag „angelegt“ zu haben. Der Betrag befinde sich wohl auch heute noch in seinem Vermögen. Im Übrigen lebe der Kläger nach Kenntnis der Beklagten in geordneten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, so dass kein Raum bestehe, von der Rückforderung abzusehen.
Der Kläger erhob Widerspruch. Ergänzend führte er aus, seine wirtschaftliche Situation sei sehr angespannt, da er ein Eigenheim sowie ein Fahrzeug abzuzahlen habe. Er unterstütze seine drei Kinder, die sich noch in der Ausbildung befänden. Der älteste Sohn studiere im 6. Semester xxx. Die jüngere Tochter mache Abitur und werde danach ein xxx-studium beginnen. Der jüngere Sohn befinde sich in einer Lehre als xxx. Er habe den ausgezahlten Betrag nicht „angelegt“. Unmittelbar nach Auszahlung habe er allen drei Kindern Beträge i.H. von jeweils 1.000,-- EUR gezahlt. Einen weiteren Betrag i.H. von 3.000,-- EUR habe er sofort zum Ausgleich des Girokontos verwendet. Insoweit berufe er sich auf den Wegfall der Bereicherung.
Mit Bescheid vom 14.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dem Kläger seien bei der persönlichen Besprechung am 13.11.2007 detaillierte Aufstellungen der richtigen Nachzahlungsbeträge übergeben worden. Außerdem sei mit Schreiben vom 13.11.2007 der Rückzahlungsanspruch geltend gemacht worden. Gleichzeitig sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, den überzahlten Betrag in Raten zurückzuerstatten. Sein Hinweis, er habe die Überzahlung nicht erkennen können, sei nicht nachvollziehbar. Die Rückforderung sei kurzfristig am 13.11.2007 erfolgt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe er positive Kenntnis gehabt, dass er zuviel Bezüge erhalten habe. Nach dem Berechnungsverfahren des Gemeindetags Baden-Württemberg seien die Grundlagen der Berechnung klar beschrieben. Für einen Beamten im gehobenen Dienst sei folglich unmissverständlich erkennbar gewesen, dass der nach dem Berechnungsverfahren nachzuzahlende Betrag nicht in der an den Kläger tatsächlich ausgezahlten Höhe habe erwartet werden können. Er könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Denn der Mangel des rechtlichen Grundes sei offensichtlich gewesen. Zum Erkennen der Fehlzahlung habe es weder besoldungsrechtlicher Spezialkenntnisse noch schwieriger Überlegungen bedurft. Nach pflichtgemäßer Überprüfung der Unterlagen hätte er bemerken müssen, dass ein Teil der Bezüge zuviel ausgezahlt worden sei. Zumindest hätten sich Zweifel an der Richtigkeit der Zahlung aufdrängen müssen, die durch Rückfrage hätten geklärt werden können. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass er entreichert sei. Er habe im Rahmen der Besprechung am 13.11.2007 im Beisein von Zeugen erklärt, dass er die ausgezahlte Summe bereits angelegt habe. Höchstfürsorglich sei darauf hinzuweisen, dass konkrete Umstände und detaillierte Angaben vorgetragen werden müssten, wie das Geld verwendet worden sei. Der Hinweis auf die angespannte wirtschaftliche Situation sei unerheblich. Ihm sei Ratenzahlung angeboten worden. Hätte er dem Vorschlag Folge geleistet, wäre bis dato die zurückzuzahlende Summe oder zumindest ein hoher Teil davon getilgt worden.
10 
Der Kläger hat am 14.05.2008 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Beklagte habe nicht ansatzweise nachvollziehbar und schlüssig erklärt, warum er zuviel kinderbezogene Besoldungsbestandteile erhalten haben solle. Der angebliche „Rechenfehler“ könne nicht nachvollzogen werden. Es liege gerade kein „Rechenfehler“ vor. Die Nachberechnung der kinderbezogenen Besoldungsbestandteile für die Jahre 2002 bis 2006 sei vielmehr richtig gewesen und habe einem Informationsschreiben des Gemeindetags Baden-Württemberg vom 06.08.2007 entsprochen. Vorsorglich berufe er sich auf Entreicherung. Unmittelbar nach Auszahlung habe er allen drei Kindern Beträge i.H. von jeweils 1.000,-- EUR geschenkt. Ein weiteren Betrag i.H. von 3.000,-- EUR habe er sofort zum Ausgleich des Girokontos verwendet. Da das Geld größtenteils verbraucht worden sei und er nicht habe damit rechnen können, dass ein erheblicher Betrag zurückgefordert werden würde, sei von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen abzusehen. Mit der Klage werde außerdem der Anspruch auf weitergehende kinderbezogene Besoldungsbestandteile für die Jahre 1999 bis 2001 geltend gemacht. Die Beklagte habe den Anspruch nur auf 1.101,-- EUR brutto (= 779,80,-- netto) beziffert. Tatsächlich stehe ihm aber ein Anspruch i.H. von 6.301,76 EUR netto zu. Da der Kläger keine Rückzahlung schulde, habe die Beklagte keine Aufrechnung erklären dürfen. Sie habe das Kindergeld entgegen dem Informationsschreiben des Gemeindetags Baden-Württemberg bei der Berechnung der maßgeblichen Nettogehälter rechtsfehlerhaft nicht für drei, sondern nur für zwei Kinder berücksichtigt. Es fehlten daher bei der Berechnung für jedes der betreffenden Jahre Beträge i.H. von 300,-- DM monatlich bzw. i.H. von 3.600,-- DM jährlich. Die angeblich fehlerhafte Berechnung hätte dem zuständigen Beamten sofort auffallen müssen. Die Berechnung der Nachzahlung für die betreffenden Jahre und die Zahlungsanweisung seien von einem Beamten des mittleren Dienstes vorgenommen worden, was nur mit Einverständnis des damals zuständigen Sachgebietsleiters „Personal und Organisation“ Herrn xxx (gehobener Dienst, A 13) erfolgt sein könne. Außerdem sei die Abrechnung vor Auszahlung durch den zuständigen stellvertretenden Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, Herrn xxx (gehobener Dienst A 13) geprüft und für richtig befunden worden. Dies ergebe sich aus der vorliegenden Kopie der Zusammenstellung des Rechnungsprüfungsamtes vom 13.09.2007. Da dem Kläger diese Unterlagen erst im Gespräch am 13.11.2007 bekannt gegeben und überreicht worden seien, habe er den Abrechnungsfehler nicht erkennen können. Ihm könne nicht der Vorwurf gemacht werden, er hätte als Beamter des gehobenen Dienstes den Mangel der Abrechnung erkennen müssen. Dieser Vorwurf sei vielmehr denjenigen Beamten zu machen, die mit der Abwicklung und Prüfung der Angelegenheit betraut worden seien. Er habe den Nettobetrag bereits verbraucht. Einen Betrag i.H. von 3.000,-- EUR habe er seinen Kindern geschenkt; ein Betrag von 2.500,-- EUR sei auf dem Sparbuch der Volksbank angelegt worden. Der Rest sei auf das überzogene Girokonto des Klägers geflossen. Die Beklagte habe zu Unrecht mit Schreiben vom 14.11.2008 und 30.01.2009 die errechneten Nachzahlungsbeträge für die Jahre 2007 i.H. von 139,84 EUR und Januar bis Juni 2008 i.H. von 300,-- EUR einbehalten und mit der streitgegenständlichen Rückforderung verrechnet. Die Beträge würden im Wege der Klageerweiterung ebenfalls geltend gemacht und zum Gegenstand des Klageantrages Ziff. 2 gemacht.
11 
Der Kläger beantragt:
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1. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 14.04.2008 wird aufgehoben.
13 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.741,60 EUR netto nebst Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, ihr sei ein Abrechnungsfehler unterlaufen, der die erheblich erhöhte Summe verursacht habe. Der entscheidende Fehler habe darin bestanden, dass für die Jahre 2002 bis 2006 beim Nettoeinkommen eines Beamten mit zwei Kindern Lohnsteuer und Kindergeld für einen Beamten mit drei Kindern berücksichtigt worden seien. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Unterschiedsbetrag zwischen den Nettoeinkommen niedriger ausgefallen und im Vergleich zum maßgebenden sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf eine höhere Nachzahlung entstanden sei. Die richtige Berechnung erschließe sich nachvollziehbar aus der vorgelegten korrigierten Berechnung. Die Erläuterung der Überzahlung und die Rückforderung seien kurz nach der Auszahlung am 13.11.2007 erfolgt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe der Kläger positive Kenntnis gehabt, Leistungen ohne Rechtsgrund erhalten zu haben. Sein Hinweis, dass er die Überzahlung nicht habe erkennen können, sei daher nicht überzeugend. Am 13.11.2007 sei er im Besitz des Bereicherungsgegenstandes und mithin nicht entreichert gewesen. Sei die empfangene Leistung beispielsweise in eine Lebensversicherung eingezahlt worden, handle es sich um die Bildung von Ersparnissen, in deren Höhe keine Bereicherung eingetreten sei. Der Kläger hafte verschärft und könne sich deshalb nicht auf Entreicherung berufen. Der Empfänger von Bezügen habe ein erhebliches Maß an Sorgfalt anzuwenden. Der Kläger habe den Mangel des rechtlichen Grundes der an ihn geleisteten Überzahlung erkennen können und müssen, wobei es zum Erkennen der Fehlzahlung weder besoldungsrechtlicher Spezialkenntnisse noch schwieriger Überlegungen bedurft habe. Bei pflichtgemäßer Überprüfung habe er erkennen müssen, dass ein Teil der Bezüge ihm nicht zustehen könne. Aus dem Informationsschreiben des Gemeindetags Baden-Württemberg vom 06.08.2007 ergebe sich eindeutig, dass zum Nettoeinkommen das jeweilige Kindergeld - bei der Berechnung mit zwei Kindern das Kindergeld für zwei Kinder, bei der Berechnung mit drei Kindern folglich für drei - hinzuzurechnen sei. Entgegen der Behauptung des Klägers sei der Abrechnungsfehler nicht aufgrund einer Unkenntnis des Berechnungsmodus erfolgt, sondern allein auf ein Versehen zurückzuführen. Im Übrigen sei diese Unterscheidung aber auch nicht erheblich. Maßgeblich sei allein, dass der Bezugsempfänger verpflichtet sei, seinen Festsetzungsbescheid oder eine ihm sonst zugeleitete aufgeschlüsselte Berechnungsgrundlage auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Pflichtverletzungen und damit Fehler seitens der Behörde seien unbeachtlich. Nach dem 13.11.2007 getätigte Schenkungen und Zahlungen seien irrrelevant und könnten schon wegen § 819 Abs. 1 BGB nicht zur Entreicherung führen.
17 
Dem Gericht liegt die Personalakte betreffend den Kläger vor.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 14.04.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat zu Recht die dem Kläger mit den Bezügen für den Monat Oktober 2007 gewährte einmalige Zahlung i.H. von 11.290,79 EUR brutto (= 7.675,38 EUR netto) zurückgefordert.
19 
Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG). Danach regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Satz 1). Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen (Satz 2). Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden (Satz 3).
20 
Die „Monatsabrechnung“ für Oktober 2007 stellt keinen Verwaltungsakt dar, der Rechtsgrund für die hier in Rede stehende einmalige Zahlung sein könnte (vgl. GKÖD, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, K § 12 Rdnr. 13). Dies entspricht auch den Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes, nach denen Dienstbezüge grundsätzlich ohne vorhergehenden Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheid gewährt werden. Anknüpfend an diese Rechtslage bedarf es daher keiner Aufhebung eines solchen Bescheids als Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 12 Abs. 2 BBesG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.01.2008 - 2 B 72.07 -, ).
21 
Der Kläger hat für den Zeitraum 2002 bis 2006 insgesamt i.H. von 12.391,79 EUR brutto (= 8.455,18 EUR netto) zuviel und damit ohne Rechtsgrund familienbezogene Besoldung nachgezahlt bekommen. Statt der ihm mit den Bezügen für den Monat Oktober 2007 überwiesenen einmaligen Zahlung i.H. von 13.742,02 EUR brutto (= 9.406,89 EUR netto) kann er nur 1.350,23 EUR brutto (= 951,71 EUR netto) beanspruchen, woraus sich der oben genannte Differenzbetrag errechnet. Die „Korrigierte Berechnung“ (Anlagenkonvolut B1) stimmt mit den Vorgaben des Gemeindetags Baden-Württemberg (Gt-info v. 06.08.2007) überein, welche wiederum den (bindenden) Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE 99, 300 = NJW 1999, 1013) entsprechen. Danach sind zunächst die Nettoeinkommen eines Beamten mit zwei Kindern sowie eines Beamten derselben Besoldungsgruppe mit mehr als zwei Kindern zu ermitteln. Der Vergleich beider Nettoeinkommen ergibt die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Differenz des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei und eines Beamten mit mehr als zwei Kindern. Dieser Einkommensdifferenz ist der alimentationsrechtliche Bedarf des dritten (und jedes weiteren) Kindes auf der Grundlage von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gegenüber zu stellen. Soweit die Differenz zwischen beiden Vergleichsgrößen den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf unterschreitet, besteht ein Anspruch auf Nachzahlung familienbezogener Gehaltsbestandteile, sofern der Anspruch nicht aus anderen Gründen - etwa wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung - ausscheidet. Im Einzelnen ist das danach durchzuführende Berechnungsverfahren auch im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.02.2007 (- 4 S 2289/05 -, VBlBW 2007, 466) dargestellt. Mit dieser Entscheidung, die im Gt-info vom 06.08.2007 teilweise wörtlich übernommen wurde, stimmt die korrigierte Berechnung der Beklagten weitgehend überein. Soweit die Beklagte es unterlassen hat, aus der Differenz zwischen den beiden Vergleichsgrößen, d.h. dem Jahresnettoeinkommen eines Beamten mit zwei Kindern einerseits und dem Jahresnettoeinkommen eines Beamten mit drei Kindern andererseits, einen Monatsbetrag zu errechnen und diesen sodann dem alimentationsrechtlichen Bedarf des dritten Kindes auf der Grundlage von 115 v.H. des durchschnittlichen monatlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gegenüber zu stellen, ergibt sich daraus im Ergebnis kein Unterschied. Denn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg errechnet wiederum aus der monatlichen Differenz den Jahresbetrag.
22 
Übereinstimmend mit dem vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg dargestellten Berechnungsverfahren hat die Beklagte auch zu Recht bei der Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei Kindern nur Kindergeld für zwei Kinder berücksichtigt und damit den Fehler in der ursprünglichen Berechnung vom 11.09.2007 (Anlage K 8 bzw. Anlagenkonvolut B 2), in der - wohl versehentlich - Kindergeld für drei Kinder berücksichtigt worden war, korrigiert. Es versteht sich von selbst, dass ein Beamter mit zwei Kindern nur Kindergeld für zwei Kinder erhalten kann und deshalb bei der Ermittlung seines Nettoeinkommens auch nur Kindergeld für zwei Kinder zu berücksichtigen ist. Zu Unrecht bezieht sich der Kläger für seine entgegenstehende Auffassung auf die Formulierung im Gt-info sowie in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.02.2007 (a.a.O.), wonach darüber hinaus der Familienzuschlag und „das Kindergeld für eine Beamtenfamilie jeweils mit einem dritten, vierten und jedem weiteren Kind einzubeziehen“ sind. Denn diese Ausführungen beziehen sich nur auf die Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit mehr als zwei Kindern und sind deshalb für die Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei Kindern nicht von Bedeutung. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg auch bei der in einer Tabelle zusammengefassten Berechnung bei der Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei Kindern Kindergeld nur für zwei Kinder und bei der Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit drei Kindern Kindergeld für drei Kinder berücksichtigt. Auch im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 (- 2 C 34.02 -, BVerwGE 171, 91) wurde in gleicher Weise verfahren. Dort heißt es, dass zu den Jahresnettobezügen jeweils das Kindergeld für zwei Kinder sowie das Kindergeld für drei Kinder hinzuzuaddieren sei.
23 
Hat der Kläger mithin 12.391,79 EUR brutto bzw. 8.455,18 EUR netto zuviel erhalten, haftet er nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Er kann damit grundsätzlich nach § 818 Abs. 3 BGB den Einwand der Entreicherung dem Rückforderungsanspruch entgegenhalten. Der Bezügeem-pfänger haftet allerdings gem. § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB nach den allgemeinen Vorschriften und damit verschärft, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes kennt oder ihn später erfährt. Gleiches gilt gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG, wenn der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Zum Zeitpunkt der Überweisung der einmaligen Zahlung mit den Bezügen für den Monat Oktober 2007 war es wohl für den Kläger nicht offensichtlich erkennbar, dass ihm von dem überwiesenen Betrag von 13.742,02 EUR brutto nur 1.350,23 EUR brutto zustanden. Ein Mangel des rechtlichen Grundes ist offensichtlich, wenn der Empfänger ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat. Für das Erkennenmüssen kommt es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten an. Davon hängt auch ab, in welchem Umfang er zur Überprüfung einer ihm zur Verfügung gestellten Bezügemitteilung verpflichtet ist (vgl. GKÖD a.a.O., Rdnr. 23). Dem Kläger kann - auch unter Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zur Laufbahn des gehobenen Dienstes - wohl nicht der Vorwurf einer Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße gemacht werden. Denn die Monatsabrechnung enthielt keinerlei Angaben zur Berechnung der Höhe der einmaligen Zahlung. Die Berechnungstabellen wurden ihm - wie er unwidersprochen vorgetragen hat - erst in dem Gespräch am 13.11.2007 überreicht, als ihm mitgeteilt worden war, dass die Nachzahlung falsch berechnet worden sei. Der Monatsabrechnung ist nicht einmal zu entnehmen, für welche Jahre familienbezogene Gehaltsbestandteile nachgezahlt werden sollten. Allein die Höhe des überwiesenen Betrages bot keinen Anlass für Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung der Beklagten, zumal dem Kläger im Februar 2000 für den Zeitraum 1990 bis 1998 (8 Jahre) 8.461,10 EUR netto überwiesen wurden und der ihm im Oktober 2007 überwiesene Betrag von 9.406,89 EUR netto bezogen auf den in Betracht zu ziehenden Zeitraum von 1999 bis 2006 (7 Jahre) hiervon nicht in einer Weise abweicht, dass es sich für den Kläger hätte aufdrängen müssen, bei der Beklagten zumindest nachzufragen und eine Überprüfung anzuregen. Er durfte vielmehr darauf vertrauen, dass der zuständige Sachbearbeiter, dem allem Anschein nach trotz der Höhe der Zahlung (ebenfalls) keine Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung kamen, die Nachzahlung fehlerfrei berechnet haben würde.
24 
Der Kläger haftet aber deshalb verschärft, weil ihm am 13.11.2007 und damit nur wenige Wochen nach der Auszahlung, die zu Beginn des Monats Oktober 2007 erfolgte (vgl. § 3 Abs. 4 BBesG), in einem persönlichen Gespräch die fehlerhafte Berechnung mitgeteilt, Unterlagen über die Berechnung und außerdem der - durch den Erlass des hier streitgegenständlichen Bescheids vom 12.03.2008 gegenstandslos gewordene - Rückforderungsbescheid vom 13.11.2007 bekanntgegeben wurden. Damit kannte er den Mangel des rechtlichen Grundes mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Einrede der Entreicherung grundsätzlich ausgeschlossen ist.
25 
Der Kläger hat auch nicht - entsprechend der ihm obliegenden Beweislast (vgl. GKÖD, a.a.O., Rdnr. 30b) - nachgewiesen, dass er vor dem 13.11.2007 den ihm überwiesenen Betrag in einer Weise verbraucht hat, dass von Entreicherung auszugehen wäre. Soweit er zuletzt behauptet hat, er habe seinen Kindern unmittelbar nach der Auszahlung einen Betrag i. H. v. 3.000,-- EUR geschenkt, einen Betrag von 2.500,-- EUR auf dem Sparbuch der Volksbank angelegt und der Rest sei auf das überzogene Girokonto geflossen, steht dies im Widerspruch zu seinen Angaben im Gespräch am 13.11.2007. Dem anlässlich dieses Gesprächs gefertigten Aktenvermerk ist nämlich zu entnehmen, dass er die ihm ausgezahlte Summe „angelegt“ hat. Zwar hat er später behauptet, er habe das Geld nicht angelegt. Er lässt damit aber offen, ob der Aktenvermerk inhaltlich falsch ist bzw. seine Angaben unrichtig wiedergibt. Er setzt sich vielmehr in keiner Weise mit dem Aktenvermerk auseinander. Unter diesen Umständen kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass er noch vor dem 13.11.2007 die ihm überwiesene einmalige Zahlung (teilweise) verbraucht hat. Auch hat er keinen Nachweis für seine Behauptungen vorgelegt, insbesondere keine Bankunterlagen, aus denen sich ergäbe, in welcher Weise er über den ihm überwiesenen Betrag von 9.406,89 EUR netto verfügt hat.
26 
Im Übrigen wäre allenfalls hinsichtlich des Betrages von 3.000,-- EUR, der an seine Kinder geflossen sein soll, von Entreicherung auszugehen. Soweit er Schulden auf dem Girokonto getilgt hat, liegt kein Wegfall der Bereicherung vor (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, ZBR 1993, 248 = NVwZ -RR 1994, 32). Soweit er einen Teilbetrag auf ein Sparbuch eingezahlt haben will, ist der entsprechende Betrag noch in seinem Vermögen vorhanden, so dass keine Entreicherung vorliegt.
27 
Zwar ist in den Fällen der verschärften Haftung - wie hier - die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nicht schlechthin ausgeschlossen. In außergewöhnlich gelagerten Fällen kann es Treu und Glauben verbieten, den Umstand der Entreicherung unberücksichtigt zu lassen (vgl. GKÖD a.a.O. Rdnr. 22 mit Hinweise auf die Rechtsprechung des BVerwG). Für das Vorliegen solcher Umstände ist hier aber nichts ersichtlich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass hier eine einmalige Zahlung in Rede steht und es sich nicht um wiederkehrende Leistungen handelt. In einem solchen Fall kann im bloßen Verbrauch der Zahlung grundsätzlich keine Entreicherung gesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.08.1964 - VI C 27.62 -, BVerwGE 19, 188; GKÖD a.a.O. Rdnr. 21).
28 
Auch die von der Beklagten gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG getroffene Billigkeitsentscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Billigkeitsentscheidung hat die Aufgabe, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare, für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern, Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken. Sie ist insbesondere in Fällen der verschärften Haftung bedeutsam. Dabei ist nicht nochmals die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu würdigen, sondern es ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Dafür kommt es entscheidend auf die Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an und nicht auf die Lage in dem Zeitraum, für den die Leistung geschuldet worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.02.2009 - 2 B 29.08 - ). Gemessen hieran ist die Entscheidung der Beklagten, den Rückforderungsanspruch in vollem Umfang geltend zu machen, dem Kläger aber zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen Ratenzahlung anzubieten, nicht zu beanstanden.
29 
Soweit die Beklagte im angefochtenen Rückforderungsbescheid die Aufrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch des Klägers für die Jahre 1999 bis 2001 i.H. von 1.101,-- EUR brutto (= 779,80 EUR netto) erklärt hat, handelt es sich nicht um eine hoheitliche Regelung und damit nicht um einen Verwaltungsakt i.S. von § 35 LVwVfG. Die Aufrechnung ist vielmehr ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2008 - 3 C 13.08 -, NJW 2009, 1099). Sie führt zwar zu einer Minderung des Betrages, in dessen Höhe vom Kläger Bezüge zurückgefordert werden. Sie nimmt aber - wegen ihres nicht hoheitlichen Charakters - nicht an der Regelungswirkung des hier angefochtenen Leistungsbescheids teil.
30 
Die Klage hat auch insoweit keinen Erfolg, als der Kläger mit dem Klageantrag Ziff. 2 für die Zeiträume 1999 bis 2001, das Jahr 2007 sowie die Monate Januar bis Juni 2008 weitere Ansprüche auf familienbezogene Gehaltsbestandteile geltend macht. Hinsichtlich des Zeitraums 1999 bis 2001 ist der Anspruch auf den von der Beklagten in der korrigierten Berechnung ermittelten Nachzahlungsbetrag von 1.101,-- EUR brutto (= 779,80 EUR netto) bereits durch Aufrechnung erloschen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Denn die von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist - wie auch die Berechnung für die Jahre 2002 bis 2006 - nicht zu beanstanden.
31 
Zulässig ist die Klage zwar, soweit der Kläger Ansprüche für das Jahr 2007 i. H. v. 139,84 EUR sowie die Monate Januar bis Juni 2008 i. H. v. 300,-- EUR geltend macht. Die darin liegende Änderung der Klage ist zulässig, da die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat und damit ihre Einwilligung in die Klageänderung anzunehmen ist (§ 91 Abs. 2 VwGO). Unschädlich ist auch, dass der Kläger nicht das vor Erhebung der Leistungsklage nach § 126 Abs. 3 BRRG bzw. § 54 Abs. 2 BeamtStG erforderliche Vorverfahren durchgeführt hat. Denn das Vorverfahren ist hier ausnahmsweise entbehrlich, da sich die auch für die Widerspruchsentscheidung zuständige Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.07.2002 - 2 C 13.01 -, NVwZ 2002, 1505 = DÖV 2003, 123).
32 
Die Klage ist aber auch insoweit nicht begründet, da der für das Jahr 2007 sowie die Monate Januar bis Juni 2008 geltend gemachte Anspruch aufgrund der in den Schreiben der Beklagten vom 14.11.2008 und 30.01.2009 erklärten Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch erloschen ist. Durch diese Aufrechnung mindert sich der mit dem Rückforderungsbescheid vom 12.03.2008 angeforderte Betrag von 7.675,38 EUR netto.
33 
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Entscheidung, den Rückforderungsanspruch teilweise durch Aufrechnung geltend zu machen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.08.2007 - 2 PKH 2.07 -, Buchholz 303 § 81 ZPO Nr. 1 m. w. N. auf die Rechtssprechung des BVerwG).
34 
An der Wirksamkeit der Aufrechnung ändert auch nichts der Umstand, dass der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Rückforderungsanspruch von ihr mit dem hier angefochtenen Leistungsbescheid vom 12.03.2008 geltend gemacht wurde, der Kläger Klage gegen diesen Bescheid erhoben hat und diese Klage gem. § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Denn die Aufrechnung stellt sich nicht als Vollziehung des Leistungsbescheids dar, an der die Beklagte aufgrund der aufschiebenden Wirkung gehindert wäre. Sie ist vielmehr ein im Ausgangspunkt von der Privatrechtsordnung gewährleistetes Mittel der Rechtsverteidigung gegenüber einem vom Gegner erhobenen Anspruch (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.06.1985 - 2 C 43.82 -, DVBl 1986, 146 = ZBR 1986, 87, und Urt. v. 27.10.1982 - 3 C 6.82 -, BVerwGE 66, 218). Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 20.11.2008 - 3 C 13.08 -, NJW 2009, 1099) nur, wenn es um die Aufrechnung solcher Gegenforderungen geht, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt, sofern und solange die Vollziehung dieses Verwaltungsakts ausgesetzt ist. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung gelte eine solche Gegenforderung einstweilen als nicht aufrechenbar. Bei dem von der Beklagten - mit dem Leistungsbescheid vom 12.03.2008 geltend gemachten - Rückforderungsanspruch handelt es sich aber nicht um eine (Gegen)Forderung, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt. Denn der Dienstherr darf zwar die seinen Beamten geleisteten Überzahlungen durch Verwaltungsakt zurückfordern. Er ist aber dazu nicht verpflichtet. Stattdessen ist auch die Leistungsklage des Dienstherrn zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.1967 - II C 37.67 -, BVerwGE 28, 1).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 14.04.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat zu Recht die dem Kläger mit den Bezügen für den Monat Oktober 2007 gewährte einmalige Zahlung i.H. von 11.290,79 EUR brutto (= 7.675,38 EUR netto) zurückgefordert.
19 
Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG). Danach regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Satz 1). Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen (Satz 2). Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden (Satz 3).
20 
Die „Monatsabrechnung“ für Oktober 2007 stellt keinen Verwaltungsakt dar, der Rechtsgrund für die hier in Rede stehende einmalige Zahlung sein könnte (vgl. GKÖD, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, K § 12 Rdnr. 13). Dies entspricht auch den Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes, nach denen Dienstbezüge grundsätzlich ohne vorhergehenden Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheid gewährt werden. Anknüpfend an diese Rechtslage bedarf es daher keiner Aufhebung eines solchen Bescheids als Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 12 Abs. 2 BBesG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.01.2008 - 2 B 72.07 -, ).
21 
Der Kläger hat für den Zeitraum 2002 bis 2006 insgesamt i.H. von 12.391,79 EUR brutto (= 8.455,18 EUR netto) zuviel und damit ohne Rechtsgrund familienbezogene Besoldung nachgezahlt bekommen. Statt der ihm mit den Bezügen für den Monat Oktober 2007 überwiesenen einmaligen Zahlung i.H. von 13.742,02 EUR brutto (= 9.406,89 EUR netto) kann er nur 1.350,23 EUR brutto (= 951,71 EUR netto) beanspruchen, woraus sich der oben genannte Differenzbetrag errechnet. Die „Korrigierte Berechnung“ (Anlagenkonvolut B1) stimmt mit den Vorgaben des Gemeindetags Baden-Württemberg (Gt-info v. 06.08.2007) überein, welche wiederum den (bindenden) Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 24.11.1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE 99, 300 = NJW 1999, 1013) entsprechen. Danach sind zunächst die Nettoeinkommen eines Beamten mit zwei Kindern sowie eines Beamten derselben Besoldungsgruppe mit mehr als zwei Kindern zu ermitteln. Der Vergleich beider Nettoeinkommen ergibt die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Differenz des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei und eines Beamten mit mehr als zwei Kindern. Dieser Einkommensdifferenz ist der alimentationsrechtliche Bedarf des dritten (und jedes weiteren) Kindes auf der Grundlage von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gegenüber zu stellen. Soweit die Differenz zwischen beiden Vergleichsgrößen den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf unterschreitet, besteht ein Anspruch auf Nachzahlung familienbezogener Gehaltsbestandteile, sofern der Anspruch nicht aus anderen Gründen - etwa wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung - ausscheidet. Im Einzelnen ist das danach durchzuführende Berechnungsverfahren auch im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.02.2007 (- 4 S 2289/05 -, VBlBW 2007, 466) dargestellt. Mit dieser Entscheidung, die im Gt-info vom 06.08.2007 teilweise wörtlich übernommen wurde, stimmt die korrigierte Berechnung der Beklagten weitgehend überein. Soweit die Beklagte es unterlassen hat, aus der Differenz zwischen den beiden Vergleichsgrößen, d.h. dem Jahresnettoeinkommen eines Beamten mit zwei Kindern einerseits und dem Jahresnettoeinkommen eines Beamten mit drei Kindern andererseits, einen Monatsbetrag zu errechnen und diesen sodann dem alimentationsrechtlichen Bedarf des dritten Kindes auf der Grundlage von 115 v.H. des durchschnittlichen monatlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gegenüber zu stellen, ergibt sich daraus im Ergebnis kein Unterschied. Denn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg errechnet wiederum aus der monatlichen Differenz den Jahresbetrag.
22 
Übereinstimmend mit dem vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg dargestellten Berechnungsverfahren hat die Beklagte auch zu Recht bei der Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei Kindern nur Kindergeld für zwei Kinder berücksichtigt und damit den Fehler in der ursprünglichen Berechnung vom 11.09.2007 (Anlage K 8 bzw. Anlagenkonvolut B 2), in der - wohl versehentlich - Kindergeld für drei Kinder berücksichtigt worden war, korrigiert. Es versteht sich von selbst, dass ein Beamter mit zwei Kindern nur Kindergeld für zwei Kinder erhalten kann und deshalb bei der Ermittlung seines Nettoeinkommens auch nur Kindergeld für zwei Kinder zu berücksichtigen ist. Zu Unrecht bezieht sich der Kläger für seine entgegenstehende Auffassung auf die Formulierung im Gt-info sowie in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.02.2007 (a.a.O.), wonach darüber hinaus der Familienzuschlag und „das Kindergeld für eine Beamtenfamilie jeweils mit einem dritten, vierten und jedem weiteren Kind einzubeziehen“ sind. Denn diese Ausführungen beziehen sich nur auf die Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit mehr als zwei Kindern und sind deshalb für die Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei Kindern nicht von Bedeutung. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg auch bei der in einer Tabelle zusammengefassten Berechnung bei der Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei Kindern Kindergeld nur für zwei Kinder und bei der Ermittlung des Nettoeinkommens eines Beamten mit drei Kindern Kindergeld für drei Kinder berücksichtigt. Auch im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 (- 2 C 34.02 -, BVerwGE 171, 91) wurde in gleicher Weise verfahren. Dort heißt es, dass zu den Jahresnettobezügen jeweils das Kindergeld für zwei Kinder sowie das Kindergeld für drei Kinder hinzuzuaddieren sei.
23 
Hat der Kläger mithin 12.391,79 EUR brutto bzw. 8.455,18 EUR netto zuviel erhalten, haftet er nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Er kann damit grundsätzlich nach § 818 Abs. 3 BGB den Einwand der Entreicherung dem Rückforderungsanspruch entgegenhalten. Der Bezügeem-pfänger haftet allerdings gem. § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB nach den allgemeinen Vorschriften und damit verschärft, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes kennt oder ihn später erfährt. Gleiches gilt gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG, wenn der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Zum Zeitpunkt der Überweisung der einmaligen Zahlung mit den Bezügen für den Monat Oktober 2007 war es wohl für den Kläger nicht offensichtlich erkennbar, dass ihm von dem überwiesenen Betrag von 13.742,02 EUR brutto nur 1.350,23 EUR brutto zustanden. Ein Mangel des rechtlichen Grundes ist offensichtlich, wenn der Empfänger ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat. Für das Erkennenmüssen kommt es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten an. Davon hängt auch ab, in welchem Umfang er zur Überprüfung einer ihm zur Verfügung gestellten Bezügemitteilung verpflichtet ist (vgl. GKÖD a.a.O., Rdnr. 23). Dem Kläger kann - auch unter Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zur Laufbahn des gehobenen Dienstes - wohl nicht der Vorwurf einer Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße gemacht werden. Denn die Monatsabrechnung enthielt keinerlei Angaben zur Berechnung der Höhe der einmaligen Zahlung. Die Berechnungstabellen wurden ihm - wie er unwidersprochen vorgetragen hat - erst in dem Gespräch am 13.11.2007 überreicht, als ihm mitgeteilt worden war, dass die Nachzahlung falsch berechnet worden sei. Der Monatsabrechnung ist nicht einmal zu entnehmen, für welche Jahre familienbezogene Gehaltsbestandteile nachgezahlt werden sollten. Allein die Höhe des überwiesenen Betrages bot keinen Anlass für Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung der Beklagten, zumal dem Kläger im Februar 2000 für den Zeitraum 1990 bis 1998 (8 Jahre) 8.461,10 EUR netto überwiesen wurden und der ihm im Oktober 2007 überwiesene Betrag von 9.406,89 EUR netto bezogen auf den in Betracht zu ziehenden Zeitraum von 1999 bis 2006 (7 Jahre) hiervon nicht in einer Weise abweicht, dass es sich für den Kläger hätte aufdrängen müssen, bei der Beklagten zumindest nachzufragen und eine Überprüfung anzuregen. Er durfte vielmehr darauf vertrauen, dass der zuständige Sachbearbeiter, dem allem Anschein nach trotz der Höhe der Zahlung (ebenfalls) keine Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung kamen, die Nachzahlung fehlerfrei berechnet haben würde.
24 
Der Kläger haftet aber deshalb verschärft, weil ihm am 13.11.2007 und damit nur wenige Wochen nach der Auszahlung, die zu Beginn des Monats Oktober 2007 erfolgte (vgl. § 3 Abs. 4 BBesG), in einem persönlichen Gespräch die fehlerhafte Berechnung mitgeteilt, Unterlagen über die Berechnung und außerdem der - durch den Erlass des hier streitgegenständlichen Bescheids vom 12.03.2008 gegenstandslos gewordene - Rückforderungsbescheid vom 13.11.2007 bekanntgegeben wurden. Damit kannte er den Mangel des rechtlichen Grundes mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Einrede der Entreicherung grundsätzlich ausgeschlossen ist.
25 
Der Kläger hat auch nicht - entsprechend der ihm obliegenden Beweislast (vgl. GKÖD, a.a.O., Rdnr. 30b) - nachgewiesen, dass er vor dem 13.11.2007 den ihm überwiesenen Betrag in einer Weise verbraucht hat, dass von Entreicherung auszugehen wäre. Soweit er zuletzt behauptet hat, er habe seinen Kindern unmittelbar nach der Auszahlung einen Betrag i. H. v. 3.000,-- EUR geschenkt, einen Betrag von 2.500,-- EUR auf dem Sparbuch der Volksbank angelegt und der Rest sei auf das überzogene Girokonto geflossen, steht dies im Widerspruch zu seinen Angaben im Gespräch am 13.11.2007. Dem anlässlich dieses Gesprächs gefertigten Aktenvermerk ist nämlich zu entnehmen, dass er die ihm ausgezahlte Summe „angelegt“ hat. Zwar hat er später behauptet, er habe das Geld nicht angelegt. Er lässt damit aber offen, ob der Aktenvermerk inhaltlich falsch ist bzw. seine Angaben unrichtig wiedergibt. Er setzt sich vielmehr in keiner Weise mit dem Aktenvermerk auseinander. Unter diesen Umständen kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass er noch vor dem 13.11.2007 die ihm überwiesene einmalige Zahlung (teilweise) verbraucht hat. Auch hat er keinen Nachweis für seine Behauptungen vorgelegt, insbesondere keine Bankunterlagen, aus denen sich ergäbe, in welcher Weise er über den ihm überwiesenen Betrag von 9.406,89 EUR netto verfügt hat.
26 
Im Übrigen wäre allenfalls hinsichtlich des Betrages von 3.000,-- EUR, der an seine Kinder geflossen sein soll, von Entreicherung auszugehen. Soweit er Schulden auf dem Girokonto getilgt hat, liegt kein Wegfall der Bereicherung vor (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, ZBR 1993, 248 = NVwZ -RR 1994, 32). Soweit er einen Teilbetrag auf ein Sparbuch eingezahlt haben will, ist der entsprechende Betrag noch in seinem Vermögen vorhanden, so dass keine Entreicherung vorliegt.
27 
Zwar ist in den Fällen der verschärften Haftung - wie hier - die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nicht schlechthin ausgeschlossen. In außergewöhnlich gelagerten Fällen kann es Treu und Glauben verbieten, den Umstand der Entreicherung unberücksichtigt zu lassen (vgl. GKÖD a.a.O. Rdnr. 22 mit Hinweise auf die Rechtsprechung des BVerwG). Für das Vorliegen solcher Umstände ist hier aber nichts ersichtlich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass hier eine einmalige Zahlung in Rede steht und es sich nicht um wiederkehrende Leistungen handelt. In einem solchen Fall kann im bloßen Verbrauch der Zahlung grundsätzlich keine Entreicherung gesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.08.1964 - VI C 27.62 -, BVerwGE 19, 188; GKÖD a.a.O. Rdnr. 21).
28 
Auch die von der Beklagten gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG getroffene Billigkeitsentscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Billigkeitsentscheidung hat die Aufgabe, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare, für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern, Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken. Sie ist insbesondere in Fällen der verschärften Haftung bedeutsam. Dabei ist nicht nochmals die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu würdigen, sondern es ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Dafür kommt es entscheidend auf die Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an und nicht auf die Lage in dem Zeitraum, für den die Leistung geschuldet worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.02.2009 - 2 B 29.08 - ). Gemessen hieran ist die Entscheidung der Beklagten, den Rückforderungsanspruch in vollem Umfang geltend zu machen, dem Kläger aber zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen Ratenzahlung anzubieten, nicht zu beanstanden.
29 
Soweit die Beklagte im angefochtenen Rückforderungsbescheid die Aufrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch des Klägers für die Jahre 1999 bis 2001 i.H. von 1.101,-- EUR brutto (= 779,80 EUR netto) erklärt hat, handelt es sich nicht um eine hoheitliche Regelung und damit nicht um einen Verwaltungsakt i.S. von § 35 LVwVfG. Die Aufrechnung ist vielmehr ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2008 - 3 C 13.08 -, NJW 2009, 1099). Sie führt zwar zu einer Minderung des Betrages, in dessen Höhe vom Kläger Bezüge zurückgefordert werden. Sie nimmt aber - wegen ihres nicht hoheitlichen Charakters - nicht an der Regelungswirkung des hier angefochtenen Leistungsbescheids teil.
30 
Die Klage hat auch insoweit keinen Erfolg, als der Kläger mit dem Klageantrag Ziff. 2 für die Zeiträume 1999 bis 2001, das Jahr 2007 sowie die Monate Januar bis Juni 2008 weitere Ansprüche auf familienbezogene Gehaltsbestandteile geltend macht. Hinsichtlich des Zeitraums 1999 bis 2001 ist der Anspruch auf den von der Beklagten in der korrigierten Berechnung ermittelten Nachzahlungsbetrag von 1.101,-- EUR brutto (= 779,80 EUR netto) bereits durch Aufrechnung erloschen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Denn die von der Beklagten durchgeführte Berechnung ist - wie auch die Berechnung für die Jahre 2002 bis 2006 - nicht zu beanstanden.
31 
Zulässig ist die Klage zwar, soweit der Kläger Ansprüche für das Jahr 2007 i. H. v. 139,84 EUR sowie die Monate Januar bis Juni 2008 i. H. v. 300,-- EUR geltend macht. Die darin liegende Änderung der Klage ist zulässig, da die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat und damit ihre Einwilligung in die Klageänderung anzunehmen ist (§ 91 Abs. 2 VwGO). Unschädlich ist auch, dass der Kläger nicht das vor Erhebung der Leistungsklage nach § 126 Abs. 3 BRRG bzw. § 54 Abs. 2 BeamtStG erforderliche Vorverfahren durchgeführt hat. Denn das Vorverfahren ist hier ausnahmsweise entbehrlich, da sich die auch für die Widerspruchsentscheidung zuständige Beklagte auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.07.2002 - 2 C 13.01 -, NVwZ 2002, 1505 = DÖV 2003, 123).
32 
Die Klage ist aber auch insoweit nicht begründet, da der für das Jahr 2007 sowie die Monate Januar bis Juni 2008 geltend gemachte Anspruch aufgrund der in den Schreiben der Beklagten vom 14.11.2008 und 30.01.2009 erklärten Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch erloschen ist. Durch diese Aufrechnung mindert sich der mit dem Rückforderungsbescheid vom 12.03.2008 angeforderte Betrag von 7.675,38 EUR netto.
33 
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Entscheidung, den Rückforderungsanspruch teilweise durch Aufrechnung geltend zu machen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.08.2007 - 2 PKH 2.07 -, Buchholz 303 § 81 ZPO Nr. 1 m. w. N. auf die Rechtssprechung des BVerwG).
34 
An der Wirksamkeit der Aufrechnung ändert auch nichts der Umstand, dass der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Rückforderungsanspruch von ihr mit dem hier angefochtenen Leistungsbescheid vom 12.03.2008 geltend gemacht wurde, der Kläger Klage gegen diesen Bescheid erhoben hat und diese Klage gem. § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Denn die Aufrechnung stellt sich nicht als Vollziehung des Leistungsbescheids dar, an der die Beklagte aufgrund der aufschiebenden Wirkung gehindert wäre. Sie ist vielmehr ein im Ausgangspunkt von der Privatrechtsordnung gewährleistetes Mittel der Rechtsverteidigung gegenüber einem vom Gegner erhobenen Anspruch (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.06.1985 - 2 C 43.82 -, DVBl 1986, 146 = ZBR 1986, 87, und Urt. v. 27.10.1982 - 3 C 6.82 -, BVerwGE 66, 218). Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 20.11.2008 - 3 C 13.08 -, NJW 2009, 1099) nur, wenn es um die Aufrechnung solcher Gegenforderungen geht, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt, sofern und solange die Vollziehung dieses Verwaltungsakts ausgesetzt ist. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung gelte eine solche Gegenforderung einstweilen als nicht aufrechenbar. Bei dem von der Beklagten - mit dem Leistungsbescheid vom 12.03.2008 geltend gemachten - Rückforderungsanspruch handelt es sich aber nicht um eine (Gegen)Forderung, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt. Denn der Dienstherr darf zwar die seinen Beamten geleisteten Überzahlungen durch Verwaltungsakt zurückfordern. Er ist aber dazu nicht verpflichtet. Stattdessen ist auch die Leistungsklage des Dienstherrn zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.09.1967 - II C 37.67 -, BVerwGE 28, 1).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.



Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Beschränkung des Hinausschiebens seines Ruhestandsbeginns und begehrt die Abgeltung nicht genommenen Erholungsurlaubs.

2

Der 1945 geborene Kläger ist Beamter des beklagten Landes. Zuletzt war er im Amt eines Leitenden Regierungsschuldirektors als Leiter des Referats X bei der Außenstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – ADD – tätig. Am 1. August 2009 beantragte er, seinen Ruhestandsbeginn um ein Jahr hinauszuschieben. Hierzu teilte die ADD dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur – MBWJK – mit, an einer Weiterbeschäftigung des Klägers bestehe bis zum 31. Juli 2010 ein dienstliches Interesse. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe im Rahmen der Schulreform die Aufgabe übernommen, die Verwaltungs- und Arbeitsabläufe zweier vormals getrennter Referate zusammenzuführen. Sein reguläres Ausscheiden falle in die Anfangsphase der Planung des Schuljahres 2010/2011, weshalb ein Hinausschieben des Ruhestands den reibungslosen Ablauf des Personalgeschäfts und damit die Unterrichtsversorgung sicherstelle. Auch die – gleichfalls durch die Schulreform ausgelöste – hohe Zahl von Besetzungsvorgängen erfordere den Erhalt des gesamten Personals bis zum Schuljahresende. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 schob daraufhin das MBWJK den Beginn des Ruhestands des Klägers auf den 1. August 2010 hinaus.

3

Dieser rügte unter dem 1. Juni 2010, in Anbetracht der hohen Arbeitsbelastung sei die Verlängerung seiner Dienstzeit um lediglich fünf Monate nicht verständlich. Die „heiße Phase“ der Personalplanung für das Schuljahr ende im Oktober. Erst danach könne die erforderliche Einarbeitung eines neuen Referenten und eines neuen Referatsleiters erfolgen. Ein Ausscheiden vor dem 1. März 2011 liege daher nicht im dienstlichen Interesse. Die zwangsweise Pensionierung mit Erreichen der Altersgrenze bedeute zudem eine unzulässige Altersdiskriminierung. Das MWBJK wertete das vorgenannte Schreiben als Widerspruch und wies diesen nach Einholung einer weiteren Stellungnahme der ADD mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010 zurück. Der bisherige stellvertretende Referatsleiter garantiere ein reibungsloses Funktionieren aller Abläufe auch nach dem Ausscheiden des Klägers. Die Besetzung einer Referentenstelle stehe unmittelbar bevor. Die Stelle des Referatsleiters werde demnächst ausgeschrieben. Im Übrigen sei der Großteil der Planungen bis zum Ende des vorhergehenden Schuljahres abgeschlossen.

4

Mit seiner am 16. Juli 2010 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend zu seinen vorangegangenen Ausführungen geltend gemacht, weder seine Nachfolge noch eine Einarbeitung seines Stellvertreters seien bislang erfolgt. Die verbleibende Zeit reiche hierfür auch nicht aus. Eine frühere Unterweisung sei wegen des Urlaubs des Stellvertreters und dessen Einbindung in das laufende Geschäft nicht möglich gewesen. Insbesondere verfüge dieser bislang nicht über die erforderlichen Kenntnisse für die Anwendung der vom Kläger entwickelten Computerprogramme. Ohne den Kläger sei deshalb eine ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Arbeiten nicht gewährleistet. Er sei darüber hinaus nicht mehrfach aufgefordert worden, seinen Urlaub zu nehmen. Vielmehr habe es ihm die – vom Dienstvorgesetzten hingenommene – Arbeitsüberlastung im Referat unmöglich gemacht, Urlaub zu nehmen.

5

Ein Antrag des Klägers vom 23. Juli 2010, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu einer Weiterbeschäftigung über den 31. Juli 2010 hinaus zu verpflichten, blieb ohne Erfolg (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 27. Juli 2010 – 6 L 779/10.NW –; OVG RP, Beschlüsse vom 30. Juli und 25. August 2010 – 2 B 10878/10.OVG –).

6

Der Kläger hat beantragt,

7

1. den Beklagten zu verpflichten, ihn zu unveränderten Bedingungen als Leitenden Regierungsdirektor bis zum 28. Februar 2011 weiter zu beschäftigen,

8

2. den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 aufzuheben,

9

hilfsweise

10

1. festzustellen, dass das Dienstverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten erst am 28. Februar 2011 endet,

11

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihn bis zum 28. Februar 2011 auch in Höhe der bisherigen Dienstbezüge während der aktiven Tätigkeit zu vergüten,

12

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm 55 Tage Urlaub zu vergüten,

13

4. festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten vom 28. Dezember 2009, ihn zum 31. Juli 2010 zu entlassen, europarechtswidrig gewesen ist,

14

5. festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten vom 28. Dezember 2009 gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstößt,

15

6. festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten vom 28. Dezember 2009 auf Ablehnung der Dienstzeit bis zum 28. Februar 2011 ihm gegenüber gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verstößt.

16

Der Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Er hat vorgetragen, angesichts der personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten der ADD bestehe über den 31. Juli 2010 hinaus kein Bedarf für eine weitere Beschäftigung des Klägers. Dessen Weg wolle der Beklagte gerade verlassen und künftig eine Abhängigkeit von personengebundenen Kenntnissen vermeiden. Die Anpassungsschwierigkeiten durch den Weggang des Klägers gingen nicht über das normale Maß hinaus. Die Vorbereitung des Übergangs habe zudem zu dessen Dienstpflichten gehört. Der auf eine Urlaubsvergütung gerichtete Hilfsantrag sei unzulässig.

19

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat die Klage mit Urteil vom 16. November 2010 abgewiesen. Ein etwaiger Anspruch auf Weiterbeschäftigung sei mit dem Ablauf des Verlängerungszeitraums am 31. Juli 2010 entfallen, die hierauf gerichtete Klage daher unzulässig. Das zwangsweise Ausscheiden aus dem aktiven Dienst mit Erreichen der Altersgrenze stelle keine Altersdiskriminierung dar. Der auf die Vergütung von Urlaubsansprüchen gerichtete Hilfsantrag sei mangels Durchführung eines Vorverfahrens sowie wegen des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet.

20

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung führt der Kläger ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen aus, allein durch das Schaffen von Tatsachen wie den Ruhestandseintritt könne kein unveränderlicher Rechtszustand geschaffen werden. Die Pensionierung aus Altersgründen verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Der Beklagte habe weiterhin nicht dargelegt, wer als Ersatz für den Kläger eingestellt worden sei und wie sich die (Alters-)Struktur verändert habe. Das fehlende dienstliche Interesse sei damit nach wie vor nicht belegt. Der Antrag auf Feststellung eines Anspruchs auf eine Urlaubsabgeltung sei zulässig und auch begründet. Der Kläger hätte gerne Urlaub genommen, er sei ihm jedoch nicht gewährt worden. Seine Arbeitsüberlastung zeige sich auch daran, dass nunmehr – verteilt auf vier Bedienstete – 110 Wochenstunden angesetzt seien für die Tätigkeit des Klägers, die dieser in 40 Stunden erledigt habe. In der Vergangenheit habe er auch während seines Urlaubs arbeiten müssen. Er sei zudem nicht darauf hingewiesen worden, dass der Urlaub mit der Beendigung des aktiven Dienstes verfalle.

21

Der Kläger beantragt,

22

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. November 2010 sowie des Bescheides des Beklagten vom 28. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Kläger bis zum 28. Februar 2011 bei Fortzahlung der Dienstbezüge weiter zu beschäftigen,

23

sowie

24

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. November 2010 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger für den nicht in Anspruch genommenen Urlaub der Jahre 2009 und 2010 in Höhe von insgesamt 55 Kalendertagen finanziell zu entschädigen und die Beklagte zu verpflichten, an den Kläger 16.643,25 € als Urlaubsabgeltung zu zahlen.

25

Der Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dem Kläger sei beantragter Urlaub jederzeit gewährt worden. Dieser habe jedoch trotz ausdrücklicher Hinweise wiederholt Urlaubstage verfallen lassen. Urlaub könne letztlich nur gewährt werden, wenn überhaupt ein Antrag gestellt worden sei. Dies habe der Kläger jedoch unterlassen.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) sowie die Gerichtsakte 6 L 779/10.NW verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

29

Die Berufung hat keinen Erfolg.

30

Der Beklagte war weder verpflichtet, den Kläger bis zum 28. Februar 2011 weiter zu beschäftigen (I.), noch hat der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs (II.). Das Verwaltungsgericht hat die Klage deshalb zu Recht abgewiesen.

I.

31

Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, entsprechend seinem Antrag vom 1. August 2009 bis zum 28. Februar 2011 im aktiven Dienst zu verbleiben. Er ist vielmehr gemäß § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz – LBG – in Verbindung mit § 25 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – mit Ablauf der im Bescheid vom 28. Dezember 2009 bestimmten Frist am 1. August 2010 in den Ruhestand getreten. Der danach allein an die Vollendung eines bestimmten Lebensalters geknüpfte Ruhestandsbeginn verstößt weder gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – AGG – (1.) noch steht er im Widerspruch zu europarechtlichen Vorgaben (2.). Auch § 55 LBG begründete keinen Anspruch auf eine weiterreichende Verlängerung des aktiven Beamtenverhältnisses (3.).

32

1. Der Regelung des § 54 Abs. 1 LBG steht § 7 Abs. 1 AGG nicht entgegen. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – u. a. des Alters – benachteiligt werden. Dies gilt gemäß § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für die Beamtinnen und Beamten der Länder. Zwar beinhaltet § 54 Abs. 1 LBG eine Ungleichbehandlung wegen des Alters, weil die Betroffenen allein aufgrund des Erreichens der Altersgrenze vom aktiven Dienst ausgeschlossen werden. Sie ist jedoch durch § 10 AGG gerechtfertigt, dem zufolge eine solche unterschiedliche Behandlung erfolgen darf, wenn sie objektiv angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und wenn die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Gemäß § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG ist insbesondere eine Vereinbarung zulässig, welche die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann. In entsprechender Anwendung auf das Beamtenverhältnis gemäß § 24 Nr. 1 AGG folgt hieraus die Zulässigkeit eines zwangsweisen Ausscheidens aus dem aktiven Dienst mit Erreichen der Altersgrenze, weil gemäß § 4 Abs. 2 Beamtenversorgungsgesetz mit Beginn des Ruhestands der Anspruch des Beamten auf Ruhegehalt entsteht.

33

2. Die Festlegung einer allgemeinen Altersgrenze widerspricht darüber hinaus nicht den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303 S. 16).

34

Zwar liegt gemäß Art. 2 Abs. 1, 2 in Verbindung mit Art. 1 RL 2000/78/EG grundsätzlich eine Diskriminierung vor, wenn – wie durch § 25 BeamtStG in Verbindung mit § 54 Abs. 1 LBG – eine Person wegen des Alters eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person. Jedoch können die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, wenn sie objektiv und angemessen, im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und wenn die Mittel zur Erreichen dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt (vgl. OVG RP, Urteil vom 25. Februar 2011 – 2 A 11201/10.OVG –, juris Rn. 26 ff.).

35

a) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem zwangsweisen Ausscheiden des Beamten aus dem aktiven Dienst bei Erreichen der Altersgrenze ein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG.

36

aa) Insoweit hat er die Fortgeltung der Altersgrenze in § 37 Landesbeamtengesetz vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), der inhaltsgleich mit § 54 Abs. 1 LBG ist und am 1. Juli 2012 in Kraft tritt, noch im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem hier umstrittenen Zeitpunkt des Ruhestandsbeginns bekräftigt und damit begründet, sie diene dem Erhalt und der Förderung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung durch eine ausgewogene Altersstruktur, dem Schutz der Beamten vor einer übermäßigen Belastung im Alter sowie der Entlastung des Arbeitsmarktes durch Schaffung zusätzlicher bzw. früherer Einstellungsmöglichkeiten (vgl. LT-Drucks. 15/4465, S. 103).

37

Diese Gründe für die Einführung und Aufrechterhaltung der allgemeinen Altersgrenze sind ungeachtet des Umstands zu berücksichtigen, dass sie ihren Niederschlag nicht im Wortlaut des § 25 BeamtStG in Verbindung mit § 54 Abs. 1 LBG gefunden haben. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG setzt nicht voraus, dass die nach dem Alter differenzierende Regelung einen ausdrücklichen Hinweis auf das mit ihr verfolgte Ziel enthält. Ausreichend ist vielmehr, wenn andere – aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete – Anhaltspunkte wie insbesondere die Gesetzgebungsmaterialien die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs. C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3340]; Urteil vom 5. März 2009 – Rs. C-388/07 – [Age Concern England], NZA 2009, 305 [308]). Der Gesetzgeber war daher auch nicht verpflichtet, die Voraussetzungen eines ausgeglichenen Altersaufbaus im Gesetz abschließend festzulegen.

38

bb) Die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur und die Entlastung des Arbeitsmarktes sind Ziele, die eine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Januar 2011 – 1 BvR 2870/10 –, NJW 2011, 1131 [1132]). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob auch der Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beamter vor Überlastung den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG genügt.

39

(1) Bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, haben die Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum. Hierbei sind sie nicht an die in Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG genannten Ziele gebunden. Diese haben vielmehr nur einen Hinweischarakter mit der Folge, dass der nationale Gesetzgeber auch andere Ziele verfolgen kann, sofern sie im Sinne der vorgenannten Vorschrift legitim und die Ungleichbehandlung zu ihrer Erreichung angemessen und erforderlich ist. Maßgeblich ist insoweit allein, dass es sich um sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung handelt (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs. C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3341]; Urteil vom 5. März 2009 – Rs. C-388/07 – [Age Concern England], NZA 2009, 305 [308]; Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 – [Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3768, Rn. 40]).

40

(2) Das Ziel, freie Stellen für die Aufnahme Arbeitssuchender oder für den beruflichen Aufstieg jüngerer Beamter zu schaffen, unterfällt den Bereichen der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarktes im Sinne des Art. 6 Abs.1 RL 2000/78/EG. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass jede einzelne Stelle tatsächlich mit jüngeren Bewerbern besetzt wird, solange der Gesetzgeber – wie vorliegend – insgesamt beabsichtigt, den fortlaufenden Ein- und Aufstieg von Berufsanfängern zu gewährleisten. Andernfalls wäre es beispielsweise unmöglich, Pensionierungen zum Anlass für Stelleneinsparungen oder für eine Umstrukturierung zu nehmen.

41

Aber auch bei der Sicherstellung eines geordneten Altersaufbaus in der Verwaltung handelt es sich um ein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Eintrittsalters der staatlichen Altersversorgung in vielen EU-Mitgliedstaaten üblich ist. Derartige Regelungen beruhen auf einem Ausgleich politischer, wirtschaftlicher, sozialer, demografischer und haushaltsbezogener Erwägungen durch den nationalen Gesetzgeber und sind Ausdruck eines langjährigen gesellschaftlichen Konsenses. Daher rechtfertigt nicht nur die Einstellung jüngerer Arbeitnehmer, sondern auch die Ermöglichung eines in der Altersstruktur ausgewogenen Personalaufbaus grundsätzlich die mit der Einführung einer Altersgrenze einhergehende Ungleichbehandlung (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 – [Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3769 f., Rn. 44 f., 66 ff.]).

42

cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 55 LBG ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand ermöglicht und diesen in § 6b Landesbesoldungsgesetz mit finanziellen Anreizen versehen hat. Hiermit soll allein dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in Ausnahmefällen ein dienstliches Interesse an der vorübergehenden Weiterbeschäftigung eines Beamten bestehen kann. Überlegungen in der Vergangenheit, die Altersgrenze hinauszuschieben, sind nicht Gesetz geworden und daher unbeachtlich.

43

b) Die Einführung und Aufrechterhaltung einer Altersgrenze ist zur Erreichung der vorgenannten Ziele angemessen und erforderlich.

44

Die Mitgliedstaaten verfügen bei der Entscheidung, welche Maßnahmen sie zum Erreichen eines legitimen Zieles ergreifen, und insbesondere hinsichtlich der Festlegung eines Zeitpunkts für den Ruhestandseintritt der Beschäftigten über einen weiten Ermessensspielraum. Zwar darf dieser nicht zu einer Aushöhlung des Verbots der Altersdiskriminierung führen. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich jedoch darauf, ob die Maßnahmen kohärent bzw. die verfolgten Ziele nicht widersprüchlich sind und damit als nicht unvernünftig erscheinen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs. C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3341]; Urteil vom 5. März 2009 – Rs. C-388/07 – [Age Concern England], NZA 2009, 305 [308]; Urteil vom 18. Juni 2009 – Rs. C-88/08 – [Hütter], NVwZ 2009, 1089 [1091]).

45

Danach begegnet die zwangsweise Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist Ergebnis eines Ausgleichs divergierender rechtmäßiger Interessen, der sich in einen vielschichtigen Zusammenhang von Beziehungen des Arbeitslebens einfügt und eng mit politischen Entscheidungen im Bereich Ruhestand und Beschäftigung verknüpft ist. Sie bietet den Beamten einen langfristig vorhersehbaren Eintritt in den Ruhestand und ermöglicht gleichzeitig dem Dienstherrn eine gewisse Flexibilität in seiner Personalplanung (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 – [Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3770, Rn. 68 f.]).

46

Aufgrund der notwendigen Befugnis des Gesetzgebers zur Generalisierung ist er hierbei nicht gehalten, Altersgrenzen individuell für einzelne Beamtengruppen einzuführen oder auszugestalten. Vielmehr kann er statt dessen Sonderfällen durch eine ausnahmsweise Verlängerung der aktiven Dienstzeit – wie in § 55 Abs. 1 LBG vorgesehen – Rechnung tragen. Auch muss er nicht erst eine schwierige Arbeitsmarktsituation abwarten, sondern kann bereits deren Entstehung entgegenwirken. Zudem erscheint es jedenfalls nicht unvernünftig, mit der Einführung einer Regelaltersgrenze einer Überalterung entgegenzuwirken, innovatives Handeln zu fördern und die Zukunftschancen Jüngerer zu berücksichtigen (vgl. hierzu VGH RP, Beschluss vom 2. November 2006 – VGH B 27/06 und VGH A 28/06 –, AS 34, 38 [45]; zum Bedürfnis nach Innovation: OVG RP, Beschluss vom 23. November 2006 – 2 B 11281/06.OVG –, AS 34, 70 [72]).

47

Die hiervon Betroffenen wiederum werden durch die zwangsweise Versetzung in den Ruhestand nicht übermäßig beeinträchtigt, weil § 54 Abs. 1 LBG nicht nur auf ein bestimmtes Alter abstellt, sondern gleichermaßen den Umstand berücksichtigt, dass die Beamten ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Versorgungsbezüge in Höhe von bis zu 71,75 v.H. ihrer ruhegehaltfähigen Dienstbezüge haben; zudem werden die Betroffenen durch das automatische Ausscheiden nicht gehindert, sich eine neue Beschäftigung zu suchen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – Rs. C-411/05 – [Palacios de la Villa], NJW 2007, 3339 [3341]; Urteil vom 28. April 2010 – Rs. C-45/09 – [Rosenbladt], NJW 2010, 3767 [3771, Rn. 75]; Urteil vom 18. November 2010 – Rs. C-250/09 – [Georgiev], NJW 2011, 42 [45]).

48

c) Ist demnach die Vereinbarkeit der allgemeinen Altersgrenze mit europarechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs offenkundig, so scheidet eine diesbezügliche Vorlage dorthin aus (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Januar 2011 – 1 BvR 2870/10 –, NJW 2011, 1131 [1132]).

49

3. Der Kläger hatte schließlich keinen Anspruch auf eine Verlängerung seiner aktiven Dienstzeit bis zum 28. Februar 2011. Der Bescheid vom 28. Dezember 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010 waren deshalb rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

50

a) Gemäß § 55 Abs. 1 LBG kann die oberste Dienstbehörde auf Antrag des Beamten bis zur Vollendung dessen 68. Lebensjahres den Eintritt in den Ruhestand um eine bestimmte Frist, die jeweils ein Jahr nicht übersteigen darf, hinausschieben, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Ob das der Fall ist, unterliegt zwar grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn über einen derartigen Verlängerungsantrag wird jedoch maßgebend durch verwaltungspolitische Entscheidungen (vor-)geprägt, die ihrerseits gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind. Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, in Ausübung der ihm zugewiesenen Personal- und Organisationsgewalt zur Umsetzung gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Prioritäten zu bestimmen, sie auf die einzelnen Organisationseinheiten zu verteilen und ihre Erfüllung durch den bestmöglichen Einsatz von Personal sowie der zur Verfügung stehenden Sachmittel sicherzustellen. Angesichts der ihm insoweit zukommenden Einschätzungsprärogative und Gestaltungsfreiheit ist die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidungen auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Organisationsermessens überschritten sind oder von diesem gegenüber dem Beamten in unsachlicher Weise Gebrauch gemacht worden ist (OVG RP, Urteil vom 25. Februar 2011 – 2 A 11201/10.OVG –, juris Rn. 40).

51

b) Dies zugrunde gelegt, begegnet die teilweise Ablehnung des Antrags des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Der Beklagte hat ein dienstliches Interesse mit dem Hinweis auf ausreichende Kapazitäten im Referat ab dem 1. August 2010 verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände des Klägers laufen letztlich darauf hinaus, einerseits sei sein früherer Stellvertreter, Herr Leitender Regierungsschuldirektor Y, nicht in der Lage, die Aufgaben des Referats ebenso gut zu erledigen wie er, und andererseits erfordere auch der Arbeitsanfall im zweiten Halbjahr 2010 seinen weiteren Einsatz. Hieraus folgt jedoch keine Ermessensfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung.

52

Der Beamte kann von vornherein nicht geltend machen, er verfüge über ein besseres Konzept als der Dienstherr. Davon, dass sich dessen Erwartungen in Bezug auf die (künftige) Durchführung des Dienstbetriebes tatsächlich realisieren, hängt das Vorliegen eines dienstlichen Interesses nicht ab. Vielmehr unterfällt diese Einschätzung – und damit auch die Möglichkeit, dass sie sich nicht bewahrheitet – dem Kernbereich des Organisationsermessens des Dienstherrn.

53

Darüber hinaus ist der Umstand, dass sich Nachfolger des Klägers unter Umständen in einzelne Aufgaben einarbeiten müssen, mit jedem Ausscheiden aus dem Dienst und der damit einhergehenden Notwendigkeit einer Aufgabenübertragung verbunden. Dies kann ein dienstliches Interesse an einer Weiterbeschäftigung ebenso wenig begründen wie seine subjektive Bewertung der Qualität seiner und der Leistungen anderer Kollegen. Soweit der Kläger geltend macht, der stellvertretende Referatsleiter sei nicht hinreichend eingearbeitet, muss er sich zudem entgegen halten lassen, dass die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung auch im Fall seiner Abwesenheit oder seines Ausscheidens zu seinen Dienstpflichten als Referatsleiter gehörte. Sie oblag ihm nicht erst am Ende seiner aktiven Dienstzeit, das ihm zudem seit dem Beginn des Jahres 2010 bekannt war. Sein Einwand, aufgrund eines Urlaubs des Stellvertreters sei eine Einarbeitung unmöglich gewesen, ist deshalb unbeachtlich. Des Weiteren bestehen angesichts des Umstands, dass LRSD Y das gleiche Amt wie der Kläger bekleidet und zuvor Leiter eines der beiden unter dem Kläger zusammengelegten Referate war, keine Zweifel an der Einschätzung des Beklagten, die Aufgabenerledigung im Referat sei nach dem Weggang des Klägers gewährleistet. Dessen Behauptung, nur er könne die von ihm entwickelten Computerprogramme bedienen, ist der Beklagte mit dem Hinweis entgegen getreten, von dieser Art einer isolierten – und damit personengebundenen – Wissensansammlung gerade abgehen zu wollen. Darüber hinaus vermögen die Angriffe des Klägers auch deshalb keinen Ermessensfehler zu begründen, weil er hiermit zum einen lediglich seine Einschätzung an diejenige des Beklagten setzt und es zum anderen ansonsten der Beamte selbst in der Hand hätte, ein dienstliches Bedürfnis für seine Weiterbeschäftigung herbeizuführen.

54

Schließlich verstößt die teilweise Ablehnung des Verlängerungsgesuchs des Klägers nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Sie ist nicht auf das Alter, sondern auf ein fehlendes dienstliches Bedürfnis gestützt. Insoweit kommt dem Alter keine eigenständige, über die – europarechtskonforme – allgemeine Altersgrenze hinausgehende Bedeutung zu. Der Beklagte war deshalb nicht verpflichtet darzulegen, warum es zur Gewährleistung einer angemessenen Altersstruktur sowie zur Nachwuchsförderung erforderlich war, eine weitere Verlängerung des Ruhestandsbeginns gerade des Klägers abzulehnen.

II.

55

Die Berufung bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als der Kläger die Feststellung seines Anspruchs auf eine finanzielle Abgeltung des nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs begehrt. Dabei kann die Zulässigkeit des Antrags dahingestellt bleiben. Er ist jedenfalls unbegründet.

56

1. Weder Bundes- noch Landesrecht sehen für Beamte eine Abfindung für nicht genommenen Erholungsurlaub vor.

57

a) Gemäß § 44 BeamtStG, § 101 Abs. 1 LBG steht den Beamtinnen und Beamten jährlicher Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Dienstbezüge zu. Eine Regelung für eine Vergütung von Urlaubsansprüchen ist darin ebenso wenig enthalten wie in der Urlaubsverordnung vom 17. März 1971 (GVBl. S. 125) in der Fassung der Verordnung vom 29. Januar 2008 (GVBl. S. 45) – UrlVO –. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 UrlVO bestimmt lediglich, Urlaub solle im Urlaubsjahr verbraucht werden und verfalle, wenn er nicht bis zum 30. September des Folgejahres abgewickelt werde.

58

b) Einer analogen Anwendung des unmittelbar nur für Arbeitnehmer geltenden § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz – BUrlG –, dem zufolge Urlaub abzugelten ist, soweit er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, stehen die strukturellen Unterschiede des Beamten- und des Arbeitnehmerverhältnisses entgegen.

59

Sowohl der Status als auch die Vergütungssysteme von Beamten und Arbeitnehmern unterscheiden sich grundlegend, weshalb es an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehlt. Ihr stehen insbesondere das Alimentationsprinzip sowie die das Beamtenverhältnis prägende Pflicht des Beamten entgegen, seine ganze Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen und diesem – grundsätzlich auf Lebenszeit – seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Infolge dessen knüpft der Besoldungsanspruch des Beamten nicht an die konkrete Dienstleistung an und unterscheidet sich damit wesentlich von dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des Angestellten, welches auf einen wirtschaftlichen Austausch von Leistung und Gegenleistung ausgerichtet ist.

60

In Letzterem besteht ein Entgeltanspruch grundsätzlich nur für tatsächlich erbrachte Leistungen (vgl. Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl., § 1 BUrlG Rn. 29). Mit der Vergütungspflicht während des Urlaubs wird daher ein zusätzlicher, dem darauf entfallenden Zeitraum konkret zuordenbarer Vermögensvorteil des Arbeitnehmers begründet, dessen Erhalt § 17 Abs. 4 BUrlG bezweckt. Im Beamtenverhältnis hingegen erhält der Beamte, solange er nicht unentschuldigt dem Dienst fernbleibt, aufgrund des verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz – GG – verankerten Alimentationsprinzips seine Besoldung unabhängig von seiner Arbeitsleistung und damit auch während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit. Die Vorschriften der § 44 BeamtStG, § 101 Abs. 1 LBG begründen daher, soweit darin die Fortgewährung der Dienstbezüge angeordnet wird, für ihn keinen eigenständigen Vermögensvorteil (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. Mai 1982 – 2 A 126/81 –, NVwZ 1984, 52 [53]), sondern befreien ihn lediglich von der Arbeitspflicht. Zugleich folgt aus dem Alimentationsgrundsatz, dass die Besoldung nicht im Sinne eines Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung einzelnen Tagen zugeordnet werden kann. Eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 4 BUrlG widerspräche damit den das Beamtenrecht prägenden Grundsätzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1962 – VI C 110.61 –, Buchh 232 § 89 BBG Nr. 1; Beschluss vom 31. Juli 1997 – 2 B 138.96 –, juris Rn. 8; HessVGH, Urteil vom 19. Juni 1996 – 1 UE 1395/93 –, juris Rn. 32). Sie verstieße darüber hinaus gegen den für die Besoldung der Beamten geltenden Gesetzesvorbehalt gemäß § 2 Abs. 1 BBesG i.V.m. Art. 125a Abs. 1 GG (vgl. OVG RP, Urteil vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09.OVG –, LKRZ 2010, 271).

61

c) Ein Anspruch auf die finanzielle Vergütung von Urlaubsansprüchen kann demnach auch nicht auf den Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung gestützt werden. Insbesondere wurde der Beklagte dadurch, dass der Kläger seinen Urlaub nicht angetreten, weder von seiner Zahlungspflicht befreit noch kommt dem Erholungsurlaub ein Vermögenswert zu, den er zum Nachteil des Klägers erlangt hätte (vgl. OVG RP, Urteil vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09.OVG –, LKRZ 2010, 271).

62

d) Gegen den Ausschluss eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Hierin liegt zunächst kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 und 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz. Die vorstehend aufgezeigten strukturellen Unterschiede rechtfertigen auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern und Beamten. Des Weiteren kann sich der Kläger nicht auf die durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierte Fürsorgepflicht des Beklagten berufen. Hieraus können grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden, die über diejenigen hinausgehen, die einfachrechtlich in Konkretisierung der Fürsorgepflicht – wie auf dem Gebiet der Urlaubsregelung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 1982 – 2 B 95.81 –, juris Rn. 3) – speziell und abschließend geregelt sind. Auf die Fürsorgepflicht kann allenfalls dann zurückgegriffen werden, wenn diese andernfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. November 1994 – 10 B 1.94 –, Buchh 262 § 1 TGV Nr. 2).

63

Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere war der Beklagte nicht verpflichtet, in stärkerem Maße auf einen Urlaubsantrag des Klägers hinzuwirken oder ihn gesondert über den drohenden Verfall zu belehren. Die Fürsorgepflicht gebietet grundsätzlich nicht, dass der Dienstherr seine Beamten von sich aus auf die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Antragstellung hinweist. Etwas anderes gilt grundsätzlich nur dann, wenn der Beamte den Dienstherrn um entsprechende Auskünfte bittet, er sich offenkundig in einem bedeutsamen Punkt irrt oder bei Bestehen einer allgemeinen Praxis, die Beamten über einschlägige Rechtsvorschriften zu belehren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2002 – 2 B 3.02 –, Buchh 232 § 79 BBG Nr. 120). Dass Urlaub nur auf Antrag gewährt wird und bei nicht rechtzeitigem Antritt verfällt, musste dem Kläger jedoch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit sowie angesichts bereits in der Vergangenheit verfallener Urlaubsansprüche auch ohne gesonderten Hinweis des Beklagten bekannt sein.

64

2. Die Regelung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG, der zufolge der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf, begründet auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Beamte keinen Anspruch auf eine Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubs (vgl. OVG RP, Urteil vom 30. März 2010 – 2 A 11321/09.OVG –, LKRZ 2010, 271).

65

Allerdings gilt die Richtlinie gemäß Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 RL 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 (ABl EG Nr. L 183 S. 1) grundsätzlich auch im Beamtenverhältnis. Danach findet sie Anwendung auf alle öffentlichen Tätigkeitsbereiche. Aus der Vorschrift des Art. 2 Abs. 2 RL 89/391/EWG, die einzelne Funktionen im öffentlichen Dienst wie beispielsweise bei der Polizei aus dem Geltungsbereich herausnimmt, folgt im Umkehrschluss, dass von ihr grundsätzlich auch Beamte erfasst werden. Dennoch begründet Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG keinen Zahlungsanspruch des Klägers.

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a) Die Vorschrift steht einer Regelung, die für die Ausübung des Urlaubsanspruchs Modalitäten oder den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums vorsieht, nicht entgegen, sofern der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen. Nur wenn dies nicht der Fall war ist die Norm dahin auszulegen, dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – Rs. C-350/06 u.a. – [Schultz-Hoff u.a.], NJW 2009, 495 [497]).

67

Von einer derartigen Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs kann jedoch in Fällen, in denen sie – anders als beispielsweise bei fortdauernder Dienstunfähigkeit – nicht offensichtlich ist, nur ausgegangen werden, wenn der Beamte gemäß § 4 UrlVO einen Urlaubsantrag gestellt hat und dieser vom Dienstherrn abgelehnt wurde. Gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 Satz 1 UrlVO wird Urlaub nur auf Antrag und unter Berücksichtigung der Wünsche des Beamten gewährt. Dessen Mitwirkung ist somit unabdingbare Voraussetzung hierfür. Der Dienstherr kann das Urlaubsgesuch wiederum gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UrlVO nur ablehnen, soweit dienstliche Belange entgegenstehen. Diese Befugnis erfasst zudem nur die Einteilung, nicht jedoch die – gemäß § 11 Abs. 1 UrlVO grundsätzlich kalenderjährliche – Gewährung des Urlaubs als solche. Die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub ist damit – die Fälle krankheitsbedingter Fehlzeiten ausgenommen – grundsätzlich schon von Rechts wegen ausgeschlossen.

68

Einen Urlaubsantrag hat der Kläger hinsichtlich der verbliebenen 55 Urlaubstage vor seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst am 31. Juli 2010 nicht gestellt. Sein Antrag datiert vielmehr vom 14. Oktober 2010. Nach der Pensionierung ist eine Urlaubsgewährung jedoch ausgeschlossen.

69

Der Einwand, der Arbeitsanfall im Referat habe einen Urlaub nicht zugelassen, vermag hingegen ohne rechtzeitige Stellung eines Urlaubsantrags keinen Abgeltungsanspruch zu begründen. Insofern unterstreichen die widerstreitenden Einschätzungen der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens gerade die Notwendigkeit einer förmlichen Befassung des Dienstherrn mit dem Urlaubsgesuch, weil nur so mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, ob dem Beamten die Inanspruchnahme seines Urlaubs möglich war. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, inwiefern die geltend gemachte Unabkömmlichkeit im Referat auf dem Beklagten zuzurechnenden Umständen oder auf der Arbeitsweise des Klägers – insbesondere die Verwendung selbst entwickelter, vorgeblich nur von ihm zu bedienender Programme – beruhte.

70

b) Darüber hinaus kann sich der Kläger auch deshalb nicht auf Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG berufen, weil dem Urlaubsanspruch des Beamten – wie vorstehend dargelegt – kein Vermögenswert zukommt. Der Abfindungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG soll, vergleichbar § 7 Abs. 4 BUrlG, einen etwaigen Vermögenswert erhalten. Die Norm setzt ihn daher voraus, ohne ihn zu begründen. Auch aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG folgt keine Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers, die Entgeltfortzahlung während des Urlaubs derart auszugestalten, dass sie diesem Zeitraum konkret zugeordnet werden kann. Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG legt den Mitgliedstaaten lediglich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels – die Weitergewährung des Arbeitsentgelts während des Urlaubs – Verpflichtungen auf, überlässt ihnen jedoch die Art und Weise der Durchführung des bezahlten Jahresurlaubs (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2001 – Rs. C-173/99 – [BECTU], EuZW 2001, 605 [606 ff.]). Gewährleistet sein muss lediglich, dass der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum in Bezug auf seinen Lohn in eine Lage versetzt wird, die mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist, und er über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen kann, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit sichergestellt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006 – Rs. C-131/04 u.a. – [Robinson-Steele u.a.], EuZW 2006, 244 [246). Diesen Anforderungen genügt die Alimentation der Beamten.

III.

71

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. Zivilprozessordnung.

72

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinne der §§ 127 Beamtenrechtsrahmengesetz, 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

73

Beschluss

74

Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 55.981,84 € festgesetzt (§ 52 Abs.3, 5 Satz 2, §§ 39, 40, 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz – GKG –). Er entspricht hinsichtlich des Antrags auf Feststellung des Fortbestehens des Dienstverhältnisses der Hälfte des dreizehnfachen Betrages des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 16 (6.052,09 € im gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung) und hinsichtlich der Vergütung des Urlaubsanspruchs dem vom Kläger geltend gemachten Betrag.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.