Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2008 - 6 K 4205/07

bei uns veröffentlicht am26.02.2008

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine Ausweisungsverfügung und Abschiebungsandrohung, die der Beklagte erlassen hat.
Der Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er wurde am … 1979 in ..., Marokko, geboren. Sein Vater hielt sich seit Anfang der siebziger Jahre im Bundesgebiet als Gastarbeiter auf. Seine Mutter zog 1986 mit einem Teil der acht Geschwister nach, während der Kläger weiter bei den Großeltern aufwuchs. Am 26.08.1990 reiste auch er in das Bundesgebiet ein und lebte fortan bei den Eltern in Stuttgart. Nach Erreichen des Hauptschulabschlusses im Jahr 1995 folgte eine Ausbildung zum Energieelektroniker- Fachbereich Anlagentechnik- bis Frühjahr 1999. Nachdem der Kläger zuvor befristete Aufenthaltstitel erhalten hatte (18.05.1995 und 16.04.1997), wurde ihm am 08.02.2000 von der Landeshauptstadt Stuttgart eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Er war bis Ende 2001 bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt, danach arbeitslos. Von Januar bis November 2004 arbeitete er wieder bei einer Zeitarbeitsfirma. Nach eigenen Angaben konsumierte er seit 1997 Drogen und Alkohol. Seit 1999 trat er strafrechtlich wiederholt in Erscheinung. Es kam zu Verurteilungen, darunter zwei Freiheitsstrafen, und sechs Strafbefehlen mit Geldstrafen. Diese Strafverfahren betrafen insbesondere Straftaten der Trunkenheit im Verkehr, Straßenverkehrsgefährdung, Körperverletzung, Beleidigung und Leistungserschleichung. Im Sommer 2003 suchte der Kläger nach seinen Angaben bei einem Heiler in Marokko Hilfe wegen seines Drogenkonsums. Seit Sommer 2004 bewohnte er eine eigene Mietwohnung, er tauchte jedoch im Februar 2005 nach einer Polizeikontrolle unter. Er ist ledig und kinderlos. Seine Eltern besitzen aufgrund Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Familie lebt in ....
Am 14.02.2006 wurde der Kläger vom Amtsgericht Stuttgart (Az. ...; rechtskräftig seit 14.02.2006) wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und anderer Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und 2 Monaten verurteilt. Am 24.05.2007 wurde er vom Landgericht Stuttgart (Az. ..., rechtskräftig seit 01.06.2007) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Diese Verurteilung betraf 16 Einzeltaten im Zeitraum der Jahre 2002 bis 2004. Aufgrund ergangener Haftbefehle (AG Stuttgart v. 12.02.2005; v. 08.02.2006) bzw. Haftstrafen ist der Kläger seit 27.09.2005 in Haft. Mit Schreiben vom 05.10.2005 gab das Regierungspräsidium Stuttgart ihm Gelegenheit, sich zu einer möglichen Ausweisung und Abschiebung zu äußern. Er nahm durch Schreiben vom 13.11.2005 Stellung.
Mit Verfügung vom 12.07.2007 – dem Kläger zugestellt am 14.07.2007 – wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus und drohte ihm die Abschiebung nach Marokko ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise an; die Abschiebung wurde ihm auf den Zeitpunkt der Haftentlassung angekündigt. Das Regierungspräsidium geht von einem Fall der Regelausweisung bei besonderem Ausweisungsschutz gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 i.V.m. § 53 AufenthG aus. Der seit 1990 bestehende Aufenthalt im Bundesgebiet sei kein Umstand, der gegenüber schwerwiegenden Gründen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einen Ausnahmefall von der Regelvermutung des § 56 Abs. 1 S. 3 AufenthG darstelle. Schwerwiegende Gründe seien dagegen mit Blick auf die konkrete Wiederholungsgefahr der Begehung von Straftaten, das Gewicht der dadurch bedrohten Rechtsgüter und generalpräventive Erwägungen zu bejahen. Eine Ausnahme von der Regelausweisung nach § 56 Abs. 1 S. 4 AufenthG komme aufgrund derselben Gründe angesichts ihres hohen Gewichts nicht in Betracht. Eine atypische Situation werde weder aufgrund des siebzehnjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet noch des Verbleibs der Familie des Klägers in Deutschland begründet, da aufgrund der noch bestehenden Sprachkenntnisse die Eingewöhnung in Marokko möglich sei und eine Lebensperspektive bestehe. Die familiäre Bindung zu Eltern und Geschwistern sei zwar eng, aber aufgrund der Eigenständigkeit des erwachsenen Klägers und einer fehlenden Beistandssituation kein besonderer Umstand. Auch die mögliche Erwerbschance infolge abgeschlossener Berufsausbildung und die Therapiewilligkeit bei nicht notwendig therapiebedürftiger Drogenabhängigkeit seien nicht atypisch. Nach der Gesetzessystematik sei ferner ein unbefristeter Aufenthaltstitel kein an dieser Stelle nochmals berücksichtigungsfähiger Umstand. Daher stelle die persönliche Lebenssituation des Klägers insgesamt keinen atypischen Fall dar. Selbst wenn von einer ausnahmsweise zu erfolgenden Ausweisung auszugehen wäre, läge die Entscheidung darüber im behördlichen Ermessen und im Rahmen einer Abwägung erhielten die spezial- und generalpräventiven Gründe entscheidendes Gewicht. Das Regierungspräsidium hält die auf Dauer angelegte Ausweisung auch mit Blick auf das Recht des Klägers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK für verhältnismäßig. Die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, die persönlichen Beziehungen zur Familie sowie die Kenntnis der Sprache und Lebensverhältnisse Marokkos ergäben bei Abwägung mit den öffentlichen Interessen einen zulässigen Eingriff in das Achtungsgebot.
Gegen diese Verfügung erhob der Kläger am 24.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart.
Der Kläger ist der Ansicht, dass seine private Lebenssituation bei der erforderlichen Abwägung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die Ausführungen des Regierungspräsidiums hierzu seien lediglich formelhaft. Dies betreffe zum einen den zwei Drittel seines Lebens dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet, welcher als Umstand geeignet sei, von der Regel-Ausweisung abzuweichen. Zum anderen bestünden eine enge Verbundenheit mit der in Deutschland verbleibenden Familie und die Entfremdung von seinem Geburtsland Marokko, zu dem es keine sozialen Bindungen mehr gebe. Insbesondere im Hinblick auf die lebenslang unmögliche Rückkehr bei unbefristeter Ausweisung sei die Entscheidung unverhältnismäßig. Die verfügte Ausweisung sei auch als Ermessensausweisung unzulässig, da sie Art. 8 EMRK nicht gerecht werde. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sei die Prüfung einer Befristung bei der Entscheidung über die Ausweisung geboten und eine Ausweisung ohne eine erforderliche Befristung fehlerhaft. Er sei seit 28.08.2007 in der drogenfreien Zone der Justizvollzugsanstalt - hierzu legt er eine Bescheinigung vom 24.01.“2007“ vor- , nach der bei ihm eine Änderungsmotivation unterstellt werden könne. Er lebe drogenfrei. „Überragende Gründe“ für die Ausweisung lägen nicht vor.
Der Kläger beantragt,
die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.07.2007, Aktenzeichen Nr. ..., aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Er hält daran fest, dass die persönlichen Belange des Klägers rechtlich zutreffend und konkret auf den Fall bezogen gewürdigt worden seien. Angesichts der durch die Straftaten des Klägers gefährdeten Rechtsgüter sei die Verfügung verhältnismäßig. Eine Befristung der Ausweisung sei nicht erforderlich, und sie sei hierzu nach der Rechtsprechung auch nicht verpflichtet. Auch unter Beachtung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2007 -1 C 10.07- liege kein Ausnahmefall vor. Der Kläger habe die ersten elf Lebensjahre in seinem Heimatland verbracht. Er sei ledig und kinderlos, und er sei auch nicht auf die Hilfe seiner hier lebenden Familienangehörigen angewiesen. Im übrigen habe er, der Beklagte in der angefochtenen Verfügung hilfsweise das Ermessen ausgeübt. Ein sozial adäquates Verhalten während des Strafvollzuges stelle den Normalfall dar. Ein allgemeiner Rechtssatz, dass für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung stets schon bei deren Erlass die Befristung zu prüfen sei, lasse sich der Rechtsprechung des EGMR nicht entnehmen.
12 
Der Kläger sagte in der mündlichen Verhandlung, er sei in der „Drogenfreien Zone“ der JVA .... Dies sei eine Behandlungsabteilung für suchtgefährdete Gefangene. Durch Urinproben werde man auf Drogenkonsum getestet. Er arbeite in der Anstaltsküche und koche für etwa 40 Leute. Im September wolle er eine Ausbildung zum „Teilkoch“ beginnen. Außerdem nehme er an Computerkursen teil. Im April habe er in B. ein Computerseminar.
13 
Seine Eltern und Geschwister seien deutsche Staatsangehörige geworden, bis auf einen Bruder, der in Marokko lebe. Dieser sei psychisch krank.
14 
Er sei 2003 nach Marokko zu einem Naturheiler gefahren. Er habe Drogen konsumiert und Wahnvorstellungen gehabt. Seine Eltern hätten ihm geraten, Hilfe zu suchen. Während der Zeit in Marokko sei es ihm gut gegangen. Er habe das aber abgebrochen, als er von einem Bruder die Nachricht erhalten habe, dass er in Deutschland eine Haftstrafe anzutreten habe.
15 
Er komme aus dem Norden Marokkos, aus dem Rif-Gebirge. Er könne nur das dort in einem kleinen Gebiet gesprochene Berberisch. Er sei in Marokko in die Schule bis zur dritten Klasse gegangen und habe die Schule dort dann beendet. Er habe auch dort nur unzureichend Arabisch gelernt.
16 
Nach seiner ersten Haftentlassung habe er sich eine Wohnung gesucht und sei eine Zeitlang abstinent gewesen. Dann sei er wieder in seinen alten Freundeskreis und dadurch wieder in die Drogenszene geraten. Zum Untertauchen vor seiner zweiten Verhaftung sagte er, er habe sich in der Nähe seines Elternhauses ein Zimmer gesucht; der Vermieter habe seine richtige Identität nicht wissen wollen.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Strafurteile, der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart und die Androhung der Abschiebung vom 12.07.2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Maßgebend ist nach geänderter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, – 1 C 45.06 – Juris; dagegen noch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 – 11 S 409/06 –, InfAuslR 2007, 357). Ein Vorverfahren war gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. § 6a S. 1 AGVwGO Bad.-Württ. entbehrlich.
19 
Die Ausweisung des Klägers ist formell und materiell rechtmäßig.
20 
Das Regierungspräsidium Stuttgart ist gemäß § 10 Abs. 1 S. 1, 2 AAZuVO Bad-Württ. für den Erlass der Ausweisungsverfügung zuständig. Ort des ersten Hafttages des Klägers am 27.09.2005 war Stuttgart. Er wurde vor Erlass der Verfügung auch angehört.
21 
Die materiellen Voraussetzungen des § 53 Nr. 1, Nr. 2 AufenthG sind gegeben. Durch die rechtskräftigen Verurteilungen (Amtsgericht Stuttgart vom 14.02.2006, Landgericht Stuttgart vom 24.05.2007) zu Freiheitsstrafen von jeweils über drei Jahren sind die Tatbestände jeweils doppelt erfüllt. Der Kläger wurde wegen vorsätzlicher Straftaten nach dem BtMG ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
22 
Dem Kläger kommt besonderer Ausweisungsschutz zugute. Aufgrund der Fortgeltung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis vom 08.02.2000 als Niederlassungserlaubnis (vgl. § 101 Abs. 1 S. 1 AufenthG) und des rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit 1990 liegt ein Fall des § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG vor.
23 
Gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 AufenthG wird der Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen. Im Falle des § 53 AufenthG liegen solche schwerwiegenden Gründe regelmäßig vor (§ 56 Abs. 1 S. 3 AufenthG).
24 
Mithin findet gemäß § 56 Abs. 1 S. 4 AufenthG eine Herabstufung zur Regelausweisung statt. Ein Ausnahmefall zur Regelausweisung liegt nach bisheriger Rechtsprechung vor, wenn er sich durch ganz besondere Umstände und atypische Geschehensabläufe auszeichnet, die so bedeutsam sind, dass sie das ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen und eine Ermessensentscheidung erfordern. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07-, Juris) liegt ein Ausnahmefall ferner bereits dann vor, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der EMRK geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten. Das Urteil vom 23.10.2007 betraf allerdings einen in Deutschland geborenen italienischen Staatsangehörigen, so dass es nicht ohne weiteres auf den vorliegenden, ganz anders gelagerten Fall übertragen werden kann. Es spricht daher manches dafür, dass die Verneinung eines Ausnahmefalles weiterhin rechtmäßig ist. Die zugrunde liegenden Straftaten des Klägers bieten jedenfalls keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles. Sie stellen vielmehr angesichts des Ausmaßes und der Anzahl der Verstöße einen typischen und vom Gesetzgeber erfassten Anlass für eine Ausweisung dar. Durch die persönlichen Verhältnisse des Klägers, die sich, wie ausgeführt wurde, deutlich von denen unterscheiden, die dem Urteil vom 23.10.2007 zugrunde lagen, verliert die gesetzliche Wertung zugunsten der Regelausweisung eventuell nicht ihr ausschlaggebendes Gewicht. Dies kann aber letztlich dahinstehen, denn selbst wenn eine Ausnahme von der Regelausweisung vorläge - wovon das Gericht im folgenden zugunsten des Klägers ausgeht - wäre die Ausweisungsverfügung rechtmäßig, weil dem Beklagten kein Ermessensfehler unterlaufen ist. Auf Seite 12 ff. der Verfügung finden sich hilfsweise angestellte -zutreffende- Ermessenserwägungen, die sich auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als fehlerfrei erweisen (vgl. zu solchen Hilfserwägungen Seite 14 des amtlichen Abdrucks des Urteils vom 23.10.2007). Im übrigen hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung weitere Ausführungen zur Ermessensbetätigung gemacht (§ 114 S. 2 VwGO).
25 
Das Aufenthaltsgesetz entspricht zwar grundsätzlich den Anforderungen der EMRK (VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 10.01.2007 – 11 S 2616/06 –, InfAuslR 2007, 153; BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 – 2 BvR 304/07 –, InfAuslR 2007, 275). In seinem soeben genannten Beschluss vom 10.05.2007 hat aber bereits das Bundesverfassungsgericht darauf verwiesen, dass schon bei der Regel-Ausnahmeprüfung des § 56 Abs. 1 S. 4 AufenthG die Verhältnismäßigkeit hinsichtlich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK gewahrt werden muss(BVerfG, a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Urteil vom 23.10.2007 aus, dass die Ermessensentscheidung Gewähr bietet für eine Berücksichtigung und angemessene Gewichtung aller Aspekte des Einzelfalles. Im übrigen war es auch bisher schon– unabhängig von der Frage, ob die Verortung der Prüfung beim Ermessen zwingend ist oder aufgrund der Systematik des AufenthG an anderer Stelle vorgenommen werden muss (VG Stuttgart, Urt. v. 09.11.2007 – 9 K 3199/97 –, anderer Ansicht VG Freiburg, Urt. v. 10.10.2007 – 1 K 876/06 –) – entscheidend, ob das Verhältnismäßigkeitsgebot hinsichtlich Art. 8 EMRK gewahrt ist. Stellt die unbefristete Regelausweisung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Klägers dar, so muss sie ausnahmsweise unterbleiben (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007, a.a.O.; VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2006 – 8 K 2575/06 –, InfAuslR 2007, 73). Die Unverhältnismäßigkeit besteht aber nur in Ausnahmefällen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.10.2002 – 11 S 1410/02 –, NVwZ-RR 2003, 304). Diese können bei signifikanter Besonderheit des Falles entweder bei gesteigertem Gewicht der Schutzgüter (Privat- und Familienleben des Betroffenen) oder einer geminderten Bedeutung der Ausweisungsziele vorliegen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.10.2002, a.a.O.).
26 
Der Eingriff in das Recht des Klägers aus Art. 8 EMRK ist nicht unverhältnismäßig. Das Recht auf Achtung des Privatlebens beinhaltet das Recht, mit anderen Menschen Beziehungen, auch beruflicher und geschäftlicher Art, aufzubauen und zu entwickeln (EGMR, Urt. v. 07.08.1996 – Nr. 35/1995/541/627 –, InfAuslR 1997, 185; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.07.2001 – 13 S 2401/99 –, InfAuslR 2002, 3). Die Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach mindestens siebzehnjährigem Aufenthalt stellt diesbezüglich einen Eingriff in das Recht des Klägers dar. Demgegenüber liegt ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens -wenn überhaupt- nur geringfügig vor. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 17.04.2003 – 52853/99 –, Yilmaz, NJW 2004, 2147; Urt. v. 15.07.2003 – 52206/99 –, Mokrani, InfAuslR 2004, 183) genießen Beziehungen zwischen Erwachsenen nicht ohne weiteres den Schutz nach Art. 8 EMRK, wenn keine zusätzlichen Elemente einer Abhängigkeit dargelegt werden, die über die üblichen gefühlsmäßigen Bindungen hinausgehen. Angesichts der Eigenständigkeit des Klägers, insbesondere aufgrund eigener Wohnung seit dem Jahr 2004, ist dies zu verneinen, da weitere Umstände nicht dargelegt sind.
27 
Entscheidungen der Ausländerbehörden müssen, wenn sie in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, also einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und zu dem verfolgten berechtigten Ziel im Verhältnis stehen (EGMR, Fall Yilmaz, a.a.O.). Die Verwaltungsgerichte haben bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung dieselben Kriterien wie der EGMR heranzuziehen, namentlich Aufenthaltsdauer, Schul- und Berufsausbildung, die Art des Aufenthaltsrechtes, wirtschaftliche und familiäre Beziehungen, Bindung zum Herkunftsstaat, Schwere der Straftaten, Strafaussetzung und Sozialprognose sowie die Beteiligung an Drogendelikten (vgl. VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2006 – 8 K 2575/06 –, InfAuslR 2007, 73). Im Falle eigener Kinder bzw. Ehegatten und Lebenspartner des Ausländers, denen es nicht möglich oder zuzumuten ist, in den Herkunftsstaat nachzuziehen, bekommt der Eingriff in das Familienleben ein ganz besonderes Gewicht und kann ein unbefristetes Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig machen (vgl. die Fälle EGMR, Urt. v. 31.01.2006 – 50252/99 –, Sezen, InfAuslR 2006, 255; Urt. v. 27.10.2005 – 32231/02 –, Keles, InfAuslR 2006, 3; Urt. v. 11.07.2002 – 56811/00 –, Amrollahi, InfAuslR 2004, 180; vgl. auch die Fälle BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007, a.a.O.; VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2006, a.a.O.). Eine solche Fallgestaltung liegt beim Kläger aber nicht vor. Die allein zu Eltern und Geschwistern bestehenden Bindungen des Klägers in Deutschland sind zu berücksichtigen; es ist aber nicht ersichtlich, dass sich der Fall des Klägers in besonderer Weise von anderen Fällen abhebt. Insbesondere lebt er nicht mehr mit seiner Familie zusammen bzw. steht zu ihr in keinem Abhängigkeitsverhältnis und er führte vor seiner Verhaftung ein eigenständiges Leben. Anhaltspunkte dafür, dass die Familie gehindert wäre, etwa durch Besuche in Marokko, familiäre Kontakte in angemessenem Umfang zu pflegen, bestehen nicht. Im übrigen lebt zumindest ein naher Verwandter (Bruder) in Marokko; dies ergibt sich aus den Akten des Beklagten und aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung.
28 
Zu bedenken ist auch, dass der EGMR großes Verständnis für ein entschlossenes Durchgreifen bei BtMG- Delikten zeigt (Fall Keles, a.a.O.; Fall Sezen, a.a.O.). Schwerwiegende Straftaten und Verurteilungen gerade wegen Suchtdelikten sind für ihn entscheidende Kriterien (Urt. v. 22.4.2004 – 42703/98 –, Fall Radovanovic, InfAuslR 2004, 374). Der Kläger ist gerade wegen derartiger Straftaten zu erheblichen Freiheitsstrafen von jeweils über drei Jahren verurteilt worden. Durch die zugrunde liegenden zahlreichen Einzeltaten, die sich über den Zeitraum der Jahre 2002 bis 2005 erstrecken, und den Handel mit erheblichen Mengen – auch harter – Drogen erhält dieser Gesichtspunkt ein besonderes Gewicht. Demgegenüber sind die vorliegende Drogenfreiheit nach Antritt der Haftstrafe und der Wille des Klägers, eine Therapie durchzuführen, zwar anerkennenswert, aber keine maßgebend gegen die Ausweisung sprechenden Gründe. Wie im Strafurteil vom 24.05.2007 festgestellt wurde, gelang dem Kläger schon während eines zweimonatigen Haftaufenthalts im Jahr 2003 ein relativ problemloser Entzug, und dennoch wurde er anschließend nach kurzer Zeit wieder straffällig.
29 
In den Fällen eines ledigen kinderlosen Ausländers, der wie hier schwerwiegende Straftaten begangen hat und einen unbefristeten Aufenthaltstitel besitzt (vergleichbare Fälle: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002, – 11 S 862/02 –, NVwZ-RR 2003, 307; Urt. v. 27.01.2004, – 10 S 1610/03 –, InfAuslR 2004, 189), kommt es entscheidend auf die Bindungen zum Herkunftsstaat an und darauf, ob dem Ausländer ein Leben dort zuzumuten ist. Eine völlige Entfremdung zu seinem Herkunftsland ist beim Kläger nicht festzustellen. Sogar bei Ausländern der zweiten Generation ist ein solcher Fall eher außergewöhnlich (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2000 – 11 S 1206/00 –, InfAuslR 2001, 119, 120). Im Sommer 2003 hat sich der Kläger ja bewusst gerade in sein Heimatland begeben, um dort gesundheitliche Hilfe zu erlangen. Dies zeugt sowohl von Verbundenheit und Vertrauen als auch von der Fähigkeit, sich nach wie vor in Marokko zurechtzufinden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass sprachliche Hindernisse bei Ausländern nicht vorliegen, wenn sie wie im Falle des Klägers bei ihren Eltern aufwuchsen und dort deren Muttersprache lernten und gesprochen haben (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2000, a.a.O.;Urt. v. 27.01.2004, a.a.O.). Er trägt zwar vor, er spreche nur unzureichend Arabisch, sondern beherrsche nur Berberisch gut. Ob dies zutrifft, kann offenbleiben (immerhin hat er in Marokko einige Jahre die Schule besucht). Jedenfalls ist er die ersten elf Lebensjahre mit Berberisch gut in Marokko zurecht gekommen. Er ist ja, wie ausgeführt wurde, nicht im Bundesgebiet geboren (so aber bei EGMR, Fall Yilmaz, a.a.O.;Fall Mokrani, a.a.O.), sondern er lebte bis zum elften Lebensjahr in Marokko. Er ist auch nicht faktisch zum Inländer geworden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 – 1 C 8.96 –, InfAuslR 1999, 54). Vielmehr ist davon auszugehen, dass die in Marokko verbrachte Kindheit ihn maßgeblich geprägt hat. Der VGH Bad.-Württ. (Urt. v. 25.07.2001 – 13 S 2401/99 –, InfAuslR 2002, 2) hat in einer Entscheidung zwar eine Unverhältnismäßigkeit bezüglich Art. 8 EMRK angenommen. Neben Geburt und Aufwachsen des Ausländers im Bundesgebiet hat der VGH ungewöhnlich enge Beziehungen zum Elternhaus festgestellt. Entscheidend gegen die Verhältnismäßigkeit sprachen aber die äußerst geringe Gefahr erneuter Straffälligkeit, die stabile familiäre und berufliche Situation sowie die überwundene Drogenabhängigkeit. Die Situation des Klägers, vor allem seine Sozialprognose, stellt sich völlig anders dar. Er war seit Ende 2001 mit kurzer Unterbrechung arbeitslos, und er arbeitete zuvor bei wechselnden Zeitarbeitsfirmen. Nennenswerte wirtschaftliche Bindungen liegen daher nicht vor. Seine erworbenen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik sind ohne weiteres auch in Marokko einsetzbar. Über Jahre hinweg konnte seine Familie ihn von der Begehung zahlreicher Straftaten nicht abhalten, obwohl sie seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und die Eltern sowie fast alle Geschwister mittlerweile eingebürgert sind. Die zahlreichen Vorstrafen und Bewährungszeiten seit 1999 zeigten zu keinem Zeitpunkt Wirkung. Stattdessen beging der Kläger ausweislich des Strafurteils des Landgerichts vom 24.05.2007 innerhalb der Bewährungszeit weitere Straftaten. Das Landgericht bescheinigt dem Kläger insoweit auch eine nicht unerhebliche kriminelle Energie, welche die Straftaten nach dem BtMG kennzeichneten. Dies beruht auf dem über einen langen Zeitraum planmäßigen Umsatz erheblicher Mengen von Rauschgift. Soweit er in der mündlichen Verhandlung darum bat, noch eine Chance zu bekommen, hat der Vertreter des Beklagten mit Recht erwidert, der Kläger habe schon mehrere Chancen gehabt, diese aber nicht genutzt.
30 
Bei einer Gesamtbetrachtung der persönlichen Umstände des Klägers ist zwar kein schwerwiegender Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens festzustellen, sein Privatleben wird aber durch die dauernde Ausweisung zweifellos erheblich beeinträchtigt. Diesbezüglich ist aber zu berücksichtigen, dass er sich im Laufe der Jahre stets der rechtlichen und auch persönlichen Konsequenzen seines Verhaltens bewusst gewesen sein muss. Eine so schwerwiegende Beeinträchtigung, dass ihm ein künftiges Leben in Marokko nicht zuzumuten ist, liegt angesichts der dargestellten Umstände nicht vor. Es bestehen Gründe von überragendem Gewicht , welche für die Ausweisung sprechen. Bisher kann die Gefahr keinesfalls ausgeschlossen werden, dass der Kläger erneut Straftaten begeht, die erheblich schädliche Auswirkungen für Rechtsgüter höchster Stufe haben. Auch wenn er sich in der Haft anerkennenswert hält und sich bessern will, ist damit keineswegs gesagt, dass er seine Vorsätze nach der Haftentlassung auch dauerhaft verwirklichen könnte, wenn die Versuchungen durch Drogen und seine alte Clique wieder real werden und kein geschützter Raum mehr besteht. Eine günstige Prognose kann derzeit also nicht gestellt werden.
31 
Die Ausweisung ist entgegen der Auffassung des Kläger-Vertreters auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ihre Wirkungen vom Beklagten nicht bereits bei Erlass befristet worden sind. Nach den bei Abwägung im Ergebnis gegen den Kläger sprechenden Umständen des vorliegenden Falles, die oben im Einzelnen dargestellt wurden, war das Regierungspräsidium Stuttgart nicht verpflichtet, eine Befristung im Ausweisungszeitpunkt vorzunehmen (ebenso BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 a.a.O., mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EGMR).
32 
Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig, da der noch längere Zeit in Haft befindliche Kläger bei wirksam werdender Ausweisung ausreisepflichtig ist und ein Fall des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG vorliegt (vgl. § 59 Abs. 5 S. 1 AufenthG). Abschiebungsverbote hinsichtlich Marokko bestehen nicht.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart und die Androhung der Abschiebung vom 12.07.2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Maßgebend ist nach geänderter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, – 1 C 45.06 – Juris; dagegen noch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 – 11 S 409/06 –, InfAuslR 2007, 357). Ein Vorverfahren war gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. § 6a S. 1 AGVwGO Bad.-Württ. entbehrlich.
19 
Die Ausweisung des Klägers ist formell und materiell rechtmäßig.
20 
Das Regierungspräsidium Stuttgart ist gemäß § 10 Abs. 1 S. 1, 2 AAZuVO Bad-Württ. für den Erlass der Ausweisungsverfügung zuständig. Ort des ersten Hafttages des Klägers am 27.09.2005 war Stuttgart. Er wurde vor Erlass der Verfügung auch angehört.
21 
Die materiellen Voraussetzungen des § 53 Nr. 1, Nr. 2 AufenthG sind gegeben. Durch die rechtskräftigen Verurteilungen (Amtsgericht Stuttgart vom 14.02.2006, Landgericht Stuttgart vom 24.05.2007) zu Freiheitsstrafen von jeweils über drei Jahren sind die Tatbestände jeweils doppelt erfüllt. Der Kläger wurde wegen vorsätzlicher Straftaten nach dem BtMG ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
22 
Dem Kläger kommt besonderer Ausweisungsschutz zugute. Aufgrund der Fortgeltung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis vom 08.02.2000 als Niederlassungserlaubnis (vgl. § 101 Abs. 1 S. 1 AufenthG) und des rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit 1990 liegt ein Fall des § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG vor.
23 
Gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 AufenthG wird der Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen. Im Falle des § 53 AufenthG liegen solche schwerwiegenden Gründe regelmäßig vor (§ 56 Abs. 1 S. 3 AufenthG).
24 
Mithin findet gemäß § 56 Abs. 1 S. 4 AufenthG eine Herabstufung zur Regelausweisung statt. Ein Ausnahmefall zur Regelausweisung liegt nach bisheriger Rechtsprechung vor, wenn er sich durch ganz besondere Umstände und atypische Geschehensabläufe auszeichnet, die so bedeutsam sind, dass sie das ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen und eine Ermessensentscheidung erfordern. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07-, Juris) liegt ein Ausnahmefall ferner bereits dann vor, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der EMRK geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten. Das Urteil vom 23.10.2007 betraf allerdings einen in Deutschland geborenen italienischen Staatsangehörigen, so dass es nicht ohne weiteres auf den vorliegenden, ganz anders gelagerten Fall übertragen werden kann. Es spricht daher manches dafür, dass die Verneinung eines Ausnahmefalles weiterhin rechtmäßig ist. Die zugrunde liegenden Straftaten des Klägers bieten jedenfalls keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles. Sie stellen vielmehr angesichts des Ausmaßes und der Anzahl der Verstöße einen typischen und vom Gesetzgeber erfassten Anlass für eine Ausweisung dar. Durch die persönlichen Verhältnisse des Klägers, die sich, wie ausgeführt wurde, deutlich von denen unterscheiden, die dem Urteil vom 23.10.2007 zugrunde lagen, verliert die gesetzliche Wertung zugunsten der Regelausweisung eventuell nicht ihr ausschlaggebendes Gewicht. Dies kann aber letztlich dahinstehen, denn selbst wenn eine Ausnahme von der Regelausweisung vorläge - wovon das Gericht im folgenden zugunsten des Klägers ausgeht - wäre die Ausweisungsverfügung rechtmäßig, weil dem Beklagten kein Ermessensfehler unterlaufen ist. Auf Seite 12 ff. der Verfügung finden sich hilfsweise angestellte -zutreffende- Ermessenserwägungen, die sich auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als fehlerfrei erweisen (vgl. zu solchen Hilfserwägungen Seite 14 des amtlichen Abdrucks des Urteils vom 23.10.2007). Im übrigen hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung weitere Ausführungen zur Ermessensbetätigung gemacht (§ 114 S. 2 VwGO).
25 
Das Aufenthaltsgesetz entspricht zwar grundsätzlich den Anforderungen der EMRK (VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 10.01.2007 – 11 S 2616/06 –, InfAuslR 2007, 153; BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 – 2 BvR 304/07 –, InfAuslR 2007, 275). In seinem soeben genannten Beschluss vom 10.05.2007 hat aber bereits das Bundesverfassungsgericht darauf verwiesen, dass schon bei der Regel-Ausnahmeprüfung des § 56 Abs. 1 S. 4 AufenthG die Verhältnismäßigkeit hinsichtlich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK gewahrt werden muss(BVerfG, a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Urteil vom 23.10.2007 aus, dass die Ermessensentscheidung Gewähr bietet für eine Berücksichtigung und angemessene Gewichtung aller Aspekte des Einzelfalles. Im übrigen war es auch bisher schon– unabhängig von der Frage, ob die Verortung der Prüfung beim Ermessen zwingend ist oder aufgrund der Systematik des AufenthG an anderer Stelle vorgenommen werden muss (VG Stuttgart, Urt. v. 09.11.2007 – 9 K 3199/97 –, anderer Ansicht VG Freiburg, Urt. v. 10.10.2007 – 1 K 876/06 –) – entscheidend, ob das Verhältnismäßigkeitsgebot hinsichtlich Art. 8 EMRK gewahrt ist. Stellt die unbefristete Regelausweisung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Klägers dar, so muss sie ausnahmsweise unterbleiben (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007, a.a.O.; VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2006 – 8 K 2575/06 –, InfAuslR 2007, 73). Die Unverhältnismäßigkeit besteht aber nur in Ausnahmefällen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.10.2002 – 11 S 1410/02 –, NVwZ-RR 2003, 304). Diese können bei signifikanter Besonderheit des Falles entweder bei gesteigertem Gewicht der Schutzgüter (Privat- und Familienleben des Betroffenen) oder einer geminderten Bedeutung der Ausweisungsziele vorliegen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.10.2002, a.a.O.).
26 
Der Eingriff in das Recht des Klägers aus Art. 8 EMRK ist nicht unverhältnismäßig. Das Recht auf Achtung des Privatlebens beinhaltet das Recht, mit anderen Menschen Beziehungen, auch beruflicher und geschäftlicher Art, aufzubauen und zu entwickeln (EGMR, Urt. v. 07.08.1996 – Nr. 35/1995/541/627 –, InfAuslR 1997, 185; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.07.2001 – 13 S 2401/99 –, InfAuslR 2002, 3). Die Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach mindestens siebzehnjährigem Aufenthalt stellt diesbezüglich einen Eingriff in das Recht des Klägers dar. Demgegenüber liegt ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens -wenn überhaupt- nur geringfügig vor. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 17.04.2003 – 52853/99 –, Yilmaz, NJW 2004, 2147; Urt. v. 15.07.2003 – 52206/99 –, Mokrani, InfAuslR 2004, 183) genießen Beziehungen zwischen Erwachsenen nicht ohne weiteres den Schutz nach Art. 8 EMRK, wenn keine zusätzlichen Elemente einer Abhängigkeit dargelegt werden, die über die üblichen gefühlsmäßigen Bindungen hinausgehen. Angesichts der Eigenständigkeit des Klägers, insbesondere aufgrund eigener Wohnung seit dem Jahr 2004, ist dies zu verneinen, da weitere Umstände nicht dargelegt sind.
27 
Entscheidungen der Ausländerbehörden müssen, wenn sie in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, also einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und zu dem verfolgten berechtigten Ziel im Verhältnis stehen (EGMR, Fall Yilmaz, a.a.O.). Die Verwaltungsgerichte haben bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung dieselben Kriterien wie der EGMR heranzuziehen, namentlich Aufenthaltsdauer, Schul- und Berufsausbildung, die Art des Aufenthaltsrechtes, wirtschaftliche und familiäre Beziehungen, Bindung zum Herkunftsstaat, Schwere der Straftaten, Strafaussetzung und Sozialprognose sowie die Beteiligung an Drogendelikten (vgl. VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2006 – 8 K 2575/06 –, InfAuslR 2007, 73). Im Falle eigener Kinder bzw. Ehegatten und Lebenspartner des Ausländers, denen es nicht möglich oder zuzumuten ist, in den Herkunftsstaat nachzuziehen, bekommt der Eingriff in das Familienleben ein ganz besonderes Gewicht und kann ein unbefristetes Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig machen (vgl. die Fälle EGMR, Urt. v. 31.01.2006 – 50252/99 –, Sezen, InfAuslR 2006, 255; Urt. v. 27.10.2005 – 32231/02 –, Keles, InfAuslR 2006, 3; Urt. v. 11.07.2002 – 56811/00 –, Amrollahi, InfAuslR 2004, 180; vgl. auch die Fälle BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007, a.a.O.; VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2006, a.a.O.). Eine solche Fallgestaltung liegt beim Kläger aber nicht vor. Die allein zu Eltern und Geschwistern bestehenden Bindungen des Klägers in Deutschland sind zu berücksichtigen; es ist aber nicht ersichtlich, dass sich der Fall des Klägers in besonderer Weise von anderen Fällen abhebt. Insbesondere lebt er nicht mehr mit seiner Familie zusammen bzw. steht zu ihr in keinem Abhängigkeitsverhältnis und er führte vor seiner Verhaftung ein eigenständiges Leben. Anhaltspunkte dafür, dass die Familie gehindert wäre, etwa durch Besuche in Marokko, familiäre Kontakte in angemessenem Umfang zu pflegen, bestehen nicht. Im übrigen lebt zumindest ein naher Verwandter (Bruder) in Marokko; dies ergibt sich aus den Akten des Beklagten und aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung.
28 
Zu bedenken ist auch, dass der EGMR großes Verständnis für ein entschlossenes Durchgreifen bei BtMG- Delikten zeigt (Fall Keles, a.a.O.; Fall Sezen, a.a.O.). Schwerwiegende Straftaten und Verurteilungen gerade wegen Suchtdelikten sind für ihn entscheidende Kriterien (Urt. v. 22.4.2004 – 42703/98 –, Fall Radovanovic, InfAuslR 2004, 374). Der Kläger ist gerade wegen derartiger Straftaten zu erheblichen Freiheitsstrafen von jeweils über drei Jahren verurteilt worden. Durch die zugrunde liegenden zahlreichen Einzeltaten, die sich über den Zeitraum der Jahre 2002 bis 2005 erstrecken, und den Handel mit erheblichen Mengen – auch harter – Drogen erhält dieser Gesichtspunkt ein besonderes Gewicht. Demgegenüber sind die vorliegende Drogenfreiheit nach Antritt der Haftstrafe und der Wille des Klägers, eine Therapie durchzuführen, zwar anerkennenswert, aber keine maßgebend gegen die Ausweisung sprechenden Gründe. Wie im Strafurteil vom 24.05.2007 festgestellt wurde, gelang dem Kläger schon während eines zweimonatigen Haftaufenthalts im Jahr 2003 ein relativ problemloser Entzug, und dennoch wurde er anschließend nach kurzer Zeit wieder straffällig.
29 
In den Fällen eines ledigen kinderlosen Ausländers, der wie hier schwerwiegende Straftaten begangen hat und einen unbefristeten Aufenthaltstitel besitzt (vergleichbare Fälle: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002, – 11 S 862/02 –, NVwZ-RR 2003, 307; Urt. v. 27.01.2004, – 10 S 1610/03 –, InfAuslR 2004, 189), kommt es entscheidend auf die Bindungen zum Herkunftsstaat an und darauf, ob dem Ausländer ein Leben dort zuzumuten ist. Eine völlige Entfremdung zu seinem Herkunftsland ist beim Kläger nicht festzustellen. Sogar bei Ausländern der zweiten Generation ist ein solcher Fall eher außergewöhnlich (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2000 – 11 S 1206/00 –, InfAuslR 2001, 119, 120). Im Sommer 2003 hat sich der Kläger ja bewusst gerade in sein Heimatland begeben, um dort gesundheitliche Hilfe zu erlangen. Dies zeugt sowohl von Verbundenheit und Vertrauen als auch von der Fähigkeit, sich nach wie vor in Marokko zurechtzufinden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass sprachliche Hindernisse bei Ausländern nicht vorliegen, wenn sie wie im Falle des Klägers bei ihren Eltern aufwuchsen und dort deren Muttersprache lernten und gesprochen haben (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2000, a.a.O.;Urt. v. 27.01.2004, a.a.O.). Er trägt zwar vor, er spreche nur unzureichend Arabisch, sondern beherrsche nur Berberisch gut. Ob dies zutrifft, kann offenbleiben (immerhin hat er in Marokko einige Jahre die Schule besucht). Jedenfalls ist er die ersten elf Lebensjahre mit Berberisch gut in Marokko zurecht gekommen. Er ist ja, wie ausgeführt wurde, nicht im Bundesgebiet geboren (so aber bei EGMR, Fall Yilmaz, a.a.O.;Fall Mokrani, a.a.O.), sondern er lebte bis zum elften Lebensjahr in Marokko. Er ist auch nicht faktisch zum Inländer geworden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 – 1 C 8.96 –, InfAuslR 1999, 54). Vielmehr ist davon auszugehen, dass die in Marokko verbrachte Kindheit ihn maßgeblich geprägt hat. Der VGH Bad.-Württ. (Urt. v. 25.07.2001 – 13 S 2401/99 –, InfAuslR 2002, 2) hat in einer Entscheidung zwar eine Unverhältnismäßigkeit bezüglich Art. 8 EMRK angenommen. Neben Geburt und Aufwachsen des Ausländers im Bundesgebiet hat der VGH ungewöhnlich enge Beziehungen zum Elternhaus festgestellt. Entscheidend gegen die Verhältnismäßigkeit sprachen aber die äußerst geringe Gefahr erneuter Straffälligkeit, die stabile familiäre und berufliche Situation sowie die überwundene Drogenabhängigkeit. Die Situation des Klägers, vor allem seine Sozialprognose, stellt sich völlig anders dar. Er war seit Ende 2001 mit kurzer Unterbrechung arbeitslos, und er arbeitete zuvor bei wechselnden Zeitarbeitsfirmen. Nennenswerte wirtschaftliche Bindungen liegen daher nicht vor. Seine erworbenen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik sind ohne weiteres auch in Marokko einsetzbar. Über Jahre hinweg konnte seine Familie ihn von der Begehung zahlreicher Straftaten nicht abhalten, obwohl sie seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und die Eltern sowie fast alle Geschwister mittlerweile eingebürgert sind. Die zahlreichen Vorstrafen und Bewährungszeiten seit 1999 zeigten zu keinem Zeitpunkt Wirkung. Stattdessen beging der Kläger ausweislich des Strafurteils des Landgerichts vom 24.05.2007 innerhalb der Bewährungszeit weitere Straftaten. Das Landgericht bescheinigt dem Kläger insoweit auch eine nicht unerhebliche kriminelle Energie, welche die Straftaten nach dem BtMG kennzeichneten. Dies beruht auf dem über einen langen Zeitraum planmäßigen Umsatz erheblicher Mengen von Rauschgift. Soweit er in der mündlichen Verhandlung darum bat, noch eine Chance zu bekommen, hat der Vertreter des Beklagten mit Recht erwidert, der Kläger habe schon mehrere Chancen gehabt, diese aber nicht genutzt.
30 
Bei einer Gesamtbetrachtung der persönlichen Umstände des Klägers ist zwar kein schwerwiegender Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens festzustellen, sein Privatleben wird aber durch die dauernde Ausweisung zweifellos erheblich beeinträchtigt. Diesbezüglich ist aber zu berücksichtigen, dass er sich im Laufe der Jahre stets der rechtlichen und auch persönlichen Konsequenzen seines Verhaltens bewusst gewesen sein muss. Eine so schwerwiegende Beeinträchtigung, dass ihm ein künftiges Leben in Marokko nicht zuzumuten ist, liegt angesichts der dargestellten Umstände nicht vor. Es bestehen Gründe von überragendem Gewicht , welche für die Ausweisung sprechen. Bisher kann die Gefahr keinesfalls ausgeschlossen werden, dass der Kläger erneut Straftaten begeht, die erheblich schädliche Auswirkungen für Rechtsgüter höchster Stufe haben. Auch wenn er sich in der Haft anerkennenswert hält und sich bessern will, ist damit keineswegs gesagt, dass er seine Vorsätze nach der Haftentlassung auch dauerhaft verwirklichen könnte, wenn die Versuchungen durch Drogen und seine alte Clique wieder real werden und kein geschützter Raum mehr besteht. Eine günstige Prognose kann derzeit also nicht gestellt werden.
31 
Die Ausweisung ist entgegen der Auffassung des Kläger-Vertreters auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ihre Wirkungen vom Beklagten nicht bereits bei Erlass befristet worden sind. Nach den bei Abwägung im Ergebnis gegen den Kläger sprechenden Umständen des vorliegenden Falles, die oben im Einzelnen dargestellt wurden, war das Regierungspräsidium Stuttgart nicht verpflichtet, eine Befristung im Ausweisungszeitpunkt vorzunehmen (ebenso BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 a.a.O., mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EGMR).
32 
Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig, da der noch längere Zeit in Haft befindliche Kläger bei wirksam werdender Ausweisung ausreisepflichtig ist und ein Fall des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG vorliegt (vgl. § 59 Abs. 5 S. 1 AufenthG). Abschiebungsverbote hinsichtlich Marokko bestehen nicht.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2008 - 6 K 4205/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2008 - 6 K 4205/07

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2008 - 6 K 4205/07 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 58 Abschiebung


(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Si

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 101 Fortgeltung bisheriger Aufenthaltsrechte


(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Auf

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2008 - 6 K 4205/07 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2008 - 6 K 4205/07 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 10. Okt. 2007 - 1 K 876/06

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

Tenor Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.04.2006 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Jan. 2007 - 11 S 2616/06

bei uns veröffentlicht am 10.01.2007

Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2006 - 8 K 2575/06 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszüge

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Jan. 2004 - 10 S 1610/03

bei uns veröffentlicht am 27.01.2004

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 - ist insoweit, d.h. hinsicht

Referenzen

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2006 - 8 K 2575/06 - geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29.10.2006 ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO) und begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Ausweisung wiederhergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid des Antragsgegners vom 29.08.2006 genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Aus ihr ergibt sich, dass der Antragsgegner den Ausnahmecharakter der Anordnung der sofortigen Vollziehung erkannt hat. Ob die Begründung der Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs inhaltlich zutrifft und in jeder Hinsicht fehlerfrei ist, bedarf keiner Erörterung, denn der Senat trifft eine eigenständige Entscheidung. Sie ergeht entsprechend dem Charakter des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund summarischer Prüfung und anhand präsenter Beweismittel (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.11.1991 - 9 S 2743/91 -, NVwZ-RR 1993, 19).
Bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet der Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der angegriffenen Verfügung vorläufig verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage stellt sich die Ausweisungsverfügung als voraussichtlich rechtmäßig dar. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Antragstellers wegen der bislang unterbliebenen Entscheidung über die Befristung der Ausweisungswirkungen nicht.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht Überwiegendes dafür, dass die Wirkungen der Ausweisung des Antragstellers im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - zu Art. 8 EMRK bereits in der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.08.2006 zu befristen gewesen wären, weil der Antragsteller in Deutschland geboren, mit Ausnahme einer geringen Aufenthaltszeit in seiner Heimat stets in Deutschland gelebt und einen Schulabschluss erreicht habe. Es komme hinzu, dass er einen gefestigten Aufenthaltstatus besitze und zeitweilig in Arbeit gestanden habe sowie Vater eines Kindes sei. Zu seiner Heimat unterhalte der Antragsteller - soweit ersichtlich - keine Kontakte.
Mit dieser Begründung würdigt das Verwaltungsgericht jedoch nur einen Teil der persönlichen Verhältnisse des Antragstellers. Insbesondere wegen der mehrfachen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, die dreimal zu Haftstrafen geführt haben, ist es - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK - nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Ausweisungsverfügung erlassen hat, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
1. Das Aufenthaltsgesetz unterscheidet zwischen dem Ausweisungsverfahren und dem Verfahren, das auf eine erneute Gestattung des Aufenthaltsrechts gerichtet ist (so schon BVerwG zum früheren Ausländergesetz, s. Urteil vom 20.05.1980 - 1 C 82.76 -, DÖV 1980, 725, 727). Die Ausweisung hat zur Folge, dass der betroffene Ausländer das Bundesgebiet zu verlassen hat. Eine Entscheidung darüber, wie lange die Abwesenheit vom Bundesgebiet gegebenenfalls dauern muss, wird im Ausweisungsverfahren nicht getroffen. Hierfür sieht das Gesetz ein weiteres Verfahren - das Befristungsverfahren – vor, in dem über die Geltungsdauer der gesetzlichen Folgen der Ausweisung (Sperrwirkung) nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG entschieden wird. Die Einleitung des Befristungsverfahrens setzt nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG einen Antrag voraus; die Befristung hat „in der Regel“ zu erfolgen. Sie steht somit nicht im Ermessen der Behörde, sondern darf - sofern kein Fall des § 11 Abs. 1 Satz 5 AufenthG vorliegt - nur in Ausnahmefällen unterbleiben und unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, Urteil vom 11.08.2000 – 1 C 5.00 -, InfAuslR 2000, 483). Weitere Entscheidungsvoraussetzungen enthält § 11 Abs. 1 AufenthG nicht. Die Vorschrift macht die Zulässigkeit eines Befristungsantrags oder einer Entscheidung darüber insbesondere nicht von einer vorherigen freiwilligen Ausreise des Ausländers oder der Bezahlung möglicherweise angefallener Abschiebekosten abhängig.
Eine der Garantie effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG widersprechende Erschwerung der Rechtsverfolgung oder gar eine Verkürzung des Rechtsweges bedeutet die Trennung der beiden Verfahren nicht (s. BVerwG, Urteil vom 20.05.1980, a.a.O.). Auch eine Beeinträchtigung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung des Privat- und Familienlebens kann der Senat hierin nicht erkennen. Der EGMR hat zwar in mehreren Entscheidungen die Ausweisung eines Ausländers als unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK erachtet, weil (noch) keine Entscheidung über die Befristung ihrer Wirkungen getroffen worden war (vgl. Urteil vom 17.04.2003 - 52853/99 -, , NJW 2004, 2147, 2149; Urteil vom 22.04.2004 - 42703/98 -, , InfAuslR 2004, 374; Urteil vom 27.10.2005 - 32231/92 - , InfAuslR 2006, 3). Den Urteilen des EGMR lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets bereits mit der Ausweisungsentscheidung zusammen getroffen werden muss und dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Das Urteil vom 22.04.2004 (, a.a.O.) betrifft zudem ein unbefristetes Aufenthaltsverbot nach österreichischem Recht und kann schon wegen der unterschiedlichen rechtlichen Ausgangslage nicht ohne weiteres herangezogen werden.
Das deutsche Recht verhindert eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers dadurch, dass es ihm für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, gewährt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG; vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 18.07.1979 - 1 BvR 650/77 -, BVerfGE 51, 386, 398 f. und BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 1 B 126/97 -, Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 13). Es macht somit - anders als der EGMR - die Entscheidung über das „Ob“ der Befristung der Ausweisungswirkungen im Regelfall nicht einmal von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abhängig. Die regelmäßige Befristung setzt lediglich einen entsprechenden Antrag voraus, der seinerseits wiederum weder in zeitlicher noch in qualitativer Hinsicht an weitere Anforderungen geknüpft ist. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ist nur erforderlich, wenn die Ausländerbehörde ausnahmsweise die Befristung versagen will. In diese Prüfung sind unter anderem die nach Art. 8 EMRK relevanten Gesichtspunkte einzubeziehen. Nach Auffassung des Senats steht daher das Aufenthaltsgesetz, das eine Befristung nur auf Antrag vorsieht, weder zu dem - gleichrangigen - Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR in Widerspruch (zur Bedeutung der Rechtsprechung des EGMR vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1579/03 -, DVBl. 2004, 1097, 1098 ff.).
2. Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 8 EMRK, wie er durch den EGMR ausgelegt wird.
10 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff in dieses Recht ist nach Abs. 2 der Vorschrift nur statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen ist, ein legitimes Ziel verfolgt und zur Erreichung dieses Ziels notwendig ist.
11 
a) Ein schützenswertes Familienleben des Antragstellers i.S.d. Art. 8 Abs. 1 EMRK mit seiner früheren Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter erscheint entgegen seinem Vortrag äußerst zweifelhaft. Der Antragsteller bezeichnet die Mutter seiner Tochter im Rahmen seiner Anhörung zu der beabsichtigten Ausweisung zwar als seine Verlobte, die er vor seinem Haftantritt noch habe heiraten wollen. Auch trägt er vor, dass er und seine Verlobte die gemeinsame, nun fast sieben Jahre alte Tochter in familiärer Lebensgemeinschaft erzogen hätten. Der Antragsteller bleibt jedoch eine Erklärung dafür schuldig, wie diese familiäre Lebensgemeinschaft hergestellt worden sein soll. Denn seine Tochter lebt nicht nur gemeinsam mit ihrer Mutter in ..., während der Antragsteller vor seiner Inhaftierung in ... bei seinen Eltern wohnte. Es musste vielmehr im Januar 2002, als seine frühere Lebensgefährtin Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die gemeinsame Tochter beantragte, sein Wohnsitz erst ermittelt werden, da offensichtlich auch seine frühere Lebensgefährtin seine Anschrift nicht kannte. Auch in den Gründen des Urteils des Amtsgerichts Calw vom 14.12.2004, in dem der Antragsteller wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten mit Bewährung verurteilt wurde, ist ausgeführt, dass eine Beziehung zur Mutter des gemeinsamen Kindes nicht mehr bestehe. In den Gründen seines Urteils vom 07.04.2005 führt das Amtsgericht Calw aus, dass der Antragsteller keinen Kontakt zu seinem Kind unterhalte. Verstärkt werden die Zweifel am Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft schließlich noch dadurch, dass der Antragsteller nicht einmal das Alter seiner Tochter korrekt angeben konnte. Im Zeitpunkt seiner Anhörung war sie nämlich nicht bereits fast sieben, sondern lediglich viereinhalb Jahre alt. Aus den Akten lässt sich im Übrigen kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Antragsteller überhaupt Kontakt mit seiner Tochter und deren Mutter hat. Er trägt dies auch nicht substantiiert vor.
12 
Eine familiäre Lebensgemeinschaft könnte daher wohl allenfalls mit seinen Eltern bestehen, bei denen er nach Aktenlage vor seiner Inhaftierung wohnte.
13 
b) Der Eingriff in diese familiäre Lebensgemeinschaft dürfte jedoch gesetzlich vorgesehen sein. Die Ausweisung ist gestützt auf § 53 Abs. 1 Nr. 2, § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Sie ist vom Antragsteller bislang in tatbestandlicher Hinsicht nicht angegriffen worden. Sie begegnet nach der im vorläufigen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nach Aktenlage insoweit auch keinen rechtlichen Bedenken, so dass zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung auf die Begründung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.08.2006 verwiesen werden kann.
14 
Die Ausweisung erweist sich entgegen der Auffassung des Antragstellers wohl auch nicht mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse als fehlerhaft. Die Ausweisung wurde am 29.08.2006 verfügt. Die letzte Verurteilung des Antragstellers lag zu diesem Zeitpunkt nur gut fünf Monate zurück. In dem Urteil des Amtsgerichts Calw vom 07.03.2006 wird ausgeführt, dass keine günstige Sozialprognose mehr gestellt werden könne und letztlich zu hoffen sei, dass der Antragsteller eine Drogentherapie erfolgreich absolvieren könne und danach doch noch ein normales Leben führen werde. Die Absicht, eine Drogentherapie durchzuführen hat der Antragsteller auch im Rahmen seiner Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung am 26.05.2006 mitgeteilt und darüber hinaus angekündigt, den Antragsgegner umgehend über das Ergebnis des noch laufenden Antragsverfahrens zur Kostenübernahme zu informieren. Weitere Informationen sind entgegen dieser Zusage jedoch nicht eingegangen. Auch im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller hierzu nichts vorgetragen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner vor Erlass der Ausweisungsverfügung keinen Führungsbericht der Haftanstalt angefordert hat. Der Antragsteller trägt nichts dazu vor, welche Erkenntnisse hierdurch hätten gewonnen werden können, sondern verweist lediglich auf die Pflicht der Behörde zur Amtsermittlung. Den Antragsteller trifft jedoch nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch die Pflicht, seine Belange und für ihn günstige Umstände unverzüglich geltend zu machen. Dieser Mitwirkungspflicht ist er nicht nachgekommen. Zuverlässige Erkenntnisse über die weitere Entwicklung des Antragstellers seit seiner Anhörung hätten angesichts der Kürze des Berichtszeitraums wohl auch nicht gewonnen werden können. Eine Änderung der privaten und familiären Verhältnisse des Antragstellers ist ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
15 
c) Die Ausweisung verfolgt legitime Ziele im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK, nämlich die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Verhinderung von strafbaren Handlungen. Sie ist darüber hinaus notwendig zur Erreichung dieses Ziels. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
16 
aa) Ein Eingriff ist nach der Rechtsprechung des EGMR notwendig, wenn ein dringendes soziales Bedürfnis besteht und er verhältnismäßig zum legitimen Ziel ist (Urteil vom 22.04.2004 , a.a.O.). Es muss ein gerechter Ausgleich getroffen werden zwischen dem Recht des Antragstellers auf Achtung des Familienlebens auf der einen und den Interessen der öffentlichen Sicherheit und der Verhinderung von Straftaten auf der anderen Seite (EGMR, Urteil vom 27.10.2005 , a.a.O.). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sind die Natur und die Schwere der vom Antragsteller begangenen Straftaten, die Dauer seines Aufenthalts in der Bundesrepublik, die seit der Straftat vergangene Zeit und das Verhalten des Antragsteller in dieser Zeit, die Staatsangehörigkeiten der betroffenen Personen, die Familiensituation des Antragstellers und die Erheblichkeit der Schwierigkeiten im Herkunftsland zu berücksichtigen (EGMR, Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - , InfAuslR 2001, 476, 478).
17 
bb) Selbst wenn nach der Rechtsprechung des EGMR eine Entscheidung über die Befristung der Ausweisungswirkungen von Amts wegen zu erfolgen hätte, ist die Ausweisung des Antragstellers ohne gleichzeitige Befristung ihrer Wirkungen gemessen an den dargestellten Kriterien nicht unverhältnismäßig. Der Antragsteller beruft sich insoweit zwar auf die Urteile des EGMR vom 17.04.2003 (, a.a.O.), vom 22.04.2004 (, a.a.O.), vom 27.10.2005 (, a.a.O.) und vom 31.01.2006 (Az. 50252/99 , InfAuslR 2006, 255). Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Antragsgegners, dass die Umstände des vorliegenden Falles mit denen der vom EGMR entschiedenen Fälle nicht vergleichbar sind. Ein allgemeiner Rechtssatz, dass „für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung stets schon bei deren Erlass die Befristung zu prüfen ist“, lässt sich der Rechtsprechung des EGMR entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht entnehmen. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen Umstände handelt. Solche besonderen Umstände sind im Fall des Antragstellers nicht erkennbar.
18 
Die Urteile in den Verfahren „Yilmaz“, „Radovanovic“ und „Keles“ betrafen Ausweisungen vor dem Hintergrund von Delikten ohne Betäubungsmittelbezug. Demgegenüber ist der Antragsteller bereits dreimal wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden, zuletzt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Der EGMR hat stets betont, dass er Verständnis dafür habe, „dass die Vertragsstaaten gegen diejenigen, die zur Verbreitung dieser Geisel beitragen, entschlossen durchgreifen (vgl. Urteil vom 17.04.2003 , a.a.O., S. 2148; Urteil vom 22.04.2004 , a.a.O., S. 375).
19 
Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Antragsteller „lediglich“ Marihuana erworben und verkauft hat. Die strafgerichtliche Wertung des Verkaufs von Marihuana „an ihm gut bekannte ‚Kumpels’ aus der Szene“ als minderschweren Fall im Urteil des Amtsgerichts Calw vom 07.03.2006 gebietet es nicht, in ordnungsrechtlicher Hinsicht die Drogendelikte des Antragstellers insgesamt als ungewichtig zu erachten. Denn der Antragsteller ist bereits viermal wegen Drogendelikten verurteilt worden und er ist nach Aktenlage selbst nach wie vor drogenabhängig. Jedenfalls ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller die beabsichtigte Drogentherapie bereits erfolgreich durchgeführt hat.
20 
Soweit der Antragsteller auf das Urteil des EGMR vom 31.01.2006 in der Sache „Sezen“ (a.a.O.) verweist, ist sein Fall ebenfalls nicht mit dem dort entschiedenen vergleichbar. Der dort betroffene Ausländer war zwar wegen Besitzes von 52 kg Heroin zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Hintergrund der Entscheidung ist jedoch nicht eine Ausweisung als Reaktion auf das Drogendelikt, sondern die Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, die erforderlich geworden war, weil die ursprüngliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis wegen eines kurzzeitigen Getrenntlebens der betroffenen Ehegatten erloschen war. Als „Kernelement“ erachtet der Gerichtshof daher auch die Tatsache, dass die Ehe des betroffenen Ausländers wegen der kurzzeitigen Trennung der Eheleute als endgültig zerrüttet angesehen wurde, obwohl sie anschließend wieder zusammenlebten und sogar in der Trennungszeit ein Kind zeugten. Ausschlaggebend war schließlich, dass der betroffene Ausländer nach seiner Haftentlassung noch zwei Jahre in den Niederlanden bleiben und einer Erwerbstätigkeit nachgehen durfte und durch die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis eine funktionierende Familie auseinander gerissen worden wäre. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner früheren Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind besteht - wie oben ausgeführt - wohl nicht. Das Zusammenleben mit seinen Eltern ist nicht vergleichbar mit einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen Eltern und kleinen Kindern. Denn Eltern und erwachsene Kinder sind in der Regel nicht mehr aufeinander angewiesen, auch wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen zusammen wohnen. Etwaige wirtschaftliche Unterstützung kann auch durch Geldüberweisungen geleistet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, DVBl. 2004, 1097, 1098). Dass dies im Fall des Antragstellers anders sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern des Antragstellers beispielsweise wegen Krankheit auf dessen Unterstützung angewiesen sind oder umgekehrt.
21 
Bei dieser Sachlage begegnet die Ausweisung des Antragstellers keinen rechtlichen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner nicht über die Dauer der Ausweisungswirkungen entschieden hat. Einen Antrag auf Befristung der Ausweisungswirkungen hat der Antragsteller - soweit ersichtlich - bislang nicht gestellt.
22 
Die Abschiebungsandrohung ist infolge dessen ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 58 und 59 AufenthG.,
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
24 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
25 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.04.2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 16.09.2003 ins Bundesgebiet ein und stellte am 30.09.2003 als angeblicher Staatsbürger von Liberia unter dem falschen Namen ... einen Asylantrag, der vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 22.12.2003 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Zugleich wurde ihm seine Abschiebung nach Nigeria angedroht. Es sei völlig unglaubwürdig, dass er wie behauptet aus Liberia stamme. Seine Sprache habe während der Anhörung dem nigerianischen Englisch zugeordnet werden können, so dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wie in vielen gleichgelagerten Fällen, nicht aus Liberia, sondern in Wahrheit aus Nigeria stamme. Sein dagegen gerichteter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (- A 1 K 10051/04 - Beschluss v. 19.02.2004) und seine Hauptsacheklage (A 1 K 10050/04 - Urteil v. 29.04.2005) blieben erfolglos. Selbst bei Wahrunterstellung einer Herkunft aus Liberia seien keine Verfolgungsgründe oder sonstigen Abschiebungshindernisse gegeben. Infolge der Ablehnung seines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz war der Kläger seit 19.02.2004 vollziehbar ausreisepflichtig.
Am 22.07.2005 wurde er nach seiner Festnahme in Untersuchungshaft genommen. Am 15.11.2005 wurde er vom Amtsgericht ... wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit der Beihilfe zu unerlaubtem gewerbsmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Jugendstrafe von 24 Monaten auf Bewährung verurteilt. Grund dafür war, dass er am 03.09.2004 ein Briefchen mit 227 mg Heroin zu einem Preis von 10,-- EUR in ... in Gewinnerzielungsabsicht verkauft hatte. Dabei bewahrte er bei sich noch eine Kugel Crack auf, die er ebenfalls gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Ferner hatte er zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 04.11. und 06.11.2004 in ... von einer unbekannten Person 200 g Kokain übernommen, die er für einen anderen abholen und nach ... bringen sollte. Die geplante Übergabe in ... scheiterte. 100 g Kokain übergab der Kläger schließlich am 08.11.2004 in einem Asylbewerberheim in ...-... einem Dritten. Die übrigen 100 g Kokain gab er dem Auftraggeber zurück. Als Entlohnung für den Transport erhielt er 100,-- EUR.
Das Amtsgericht kam zu dem Ergebnis, der seinen Angaben zufolge am 12.12.1987 in Monrovia/Liberia geborene Kläger sei zur Tatzeit Jugendlicher gewesen. Er sei nach seiner Entwicklung reif genug, das Unrecht der Tat einzusehen und danach zu handeln. Bei ihm seien schädliche Neigungen festzustellen. Angesichts des von ihm abgelegten Geständnisses und der erlittenen viermonatigen Untersuchungshaft sei zur erzieherischen Einwirkung auf ihn eine Jugendstrafe von 24 Monaten erforderlich. Diese könne jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden, weil das Gericht einen weiteren Vollzug nicht für erforderlich halte.
Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger zu seiner beabsichtigten Ausweisung angehört.
Mit Schreiben vom 11.08.2005 hatte die Kläger-Vertreterin dazu Stellung genommen und das Regierungspräsidium Freiburg darauf hingewiesen, dass der Kläger bis zu seiner Inhaftierung mit seiner deutschen Lebensgefährtin in ... in einer eheähnlichen Beziehung gelebt habe. Er behandle deren Kind wie sein eigenes und sei Teil der Familie. Er sei mit der Lebensgefährtin verlobt. Diese arbeite ab 01.09.2005 nach Ablauf der Mutterschutzfrist wieder im ... Zentrum in ... und es sei geplant, dass der Kläger während ihrer Arbeitszeiten das Kind versorge. Die Menschenrechtslage in Liberia, wo er herstamme, sei nach wie vor prekär.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 06.04.2006 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung verwies es darauf, dass die Straftaten des Klägers den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 3 AufenthG erfüllten, wonach ein Ausländer in der Regel auszuweisen sei. Auf einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG könne er sich nicht berufen. Er erfülle keine der gesetzlich hierfür genannten Voraussetzungen. Auch nach § 56 Abs. 4 AufenthG komme ihm ein solcher besonderer Ausweisungsschutz nicht zu. Danach könne ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt habe, nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar abgeschlossen sei. Von dieser Bedingung könne allerdings abgesehen werden, wenn eine Abschiebungsandrohung nach dem Asylverfahrensgesetz vollziehbar sei. So liege es hier. Es liege auch kein atypischer Ausnahmefall vor, der das ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitige. Vielmehr habe der Kläger durch seine Beteiligung am illegalen Rauschgifthandel ein besonders gefährliches und schwer zu bekämpfendes Delikt begangen. Dem Schutz der Bevölkerung vor den außerordentlich schädlichen gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der Drogenkriminalität komme daher eine hervorragende Bedeutung zu. Er habe nicht davor zurückgeschreckt, auch mit den besonders gefährlichen Drogen Heroin und Kokain zu handeln und offenbar über gute Kontakte in die Drogenszene verfügt und diese genutzt, um seinen Lebensunterhalt aufzubessern. Dass das Gericht die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt habe, stehe der Gefahrenprognose, wonach von ihm auch künftige weitere Straftaten zu erwarten seien, nicht entgegen. Die strafrechtliche Sozialprognose unterscheide sich nämlich nach Voraussetzungen und Zweck von der ordnungsrechtlichen Gefahrenprognose. Im Gefahrenabwehrrecht, hier im Rahmen der Ausweisung nach dem Aufenthaltsgesetz genüge eine entfernte Wiederholungsgefahr. Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei nicht nötig. Zudem sprächen auch generalpräventive Gesichtspunkte für die Ausweisung. Gemäß § 55 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK sei ebenfalls nicht von einer Ausweisung abzusehen. Schutzwürdige familiäre oder sonstige Bindungen seien nicht ersichtlich. Der Kläger sei nach den vorliegenden Unterlagen ledig und habe keine eigenen Kinder. Selbst wenn er tatsächlich mit einer Deutschen verlobt sein sollte, stehe dies seiner Ausweisung nicht entgegen. Sonstige Duldungsgründe seien nicht ersichtlich. Insoweit liege eine nach § 42 AsylVfG verbindliche Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vor.
Nach Zustellung dieses Bescheids am 10.04.2006 an die Kläger-Vertreterin hat der Kläger vertreten durch diese am 29.04.2006 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei der Vater des Kindes, das seine Lebensgefährtin und Verlobte voraussichtlich am 02.12.2006 zur Welt bringen werde. Er habe ausweislich der insoweit von ihm vorgelegten Unterlagen am 27.04.2006 die Vaterschaft für dieses künftig noch zu gebärende Kind anerkannt und am gleichen Tag auch zusammen mit seiner Verlobten eine gemeinsame Sorgerechtserklärung für dieses Kind abgegeben. Seine Verlobte verfüge über ausreichend Wohnraum, so dass der Kläger bei seiner Familie leben könne. Bereits jetzt versorge er deren zweijähriges Kind, so dass sie ihrer Arbeit als ... nachgehen könne. Unter diesen Umständen bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Er sei nur wegen eines Vergehens verurteilt worden. Die verbüßte Untersuchungshaft von vier Monaten habe ihn deutlich beeindruckt und werde ihn auch von weiteren Straftaten dieser Art abhalten. Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr seien nicht ersichtlich. Bevor er straffällig geworden sei, habe er sich intensiv um Arbeit bemüht. Aufgrund der schlechten Arbeitsmarktlage und der nur eingeschränkten Arbeitsmöglichkeit für Asylbewerber sei er trotz vieler Bemühungen arbeitslos geblieben. Deprimiert und frustriert habe er einem falschen Freund vertraut, der ihm ein paar Euro für einen Drogentransport versprochen habe. In der Hauptverhandlung habe er dann aber ein umfassendes Geständnis abgelegt, ohne dass eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich gewesen wäre. Damit habe er unter Beweis gestellt, dass er seine Tat bereue und sich von derartigen Straftaten künftig distanziere. Es könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Kläger jemals wieder gegen das BTM-Gesetz verstoßen werde. Auch aufgrund des Geständnisses weiche sein Sachverhalt mithin deutlich von der Regelausweisungssituation ab. Eine Ausweisung des Klägers sei unverhältnismäßig und auch mit Blick auf die damit verbundene Trennung von seinem Kind und seiner Verlobten unzumutbar. Ein berechtigtes Interesse eines Ausländers an der Pflege und Erziehung seines deutschen Kindes werde auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung als zwingender Duldungsgrund angesehen. Gerade mit Rücksicht darauf, dass Bindungen zu Eltern in erster Linie im Kleinkindalter begründet würden, sei eine längere Trennungszeit von Vater und Kind verfassungsrechtlich unzumutbar.
Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens gab er mit Schreiben vom 16.03.2007 an, er sei tatsächlich Nigerianer und hat zum Beleg dafür eine Geburtsurkunde und seinen nigerianischen Reisepass vorgelegt, wonach er tatsächlich ... ... heißt und am 12.12.1981 geboren ist. Der nigerianische Reisepass wurde ihm am 21.03.2005 ausgestellt. Er bereue, falsche Angaben gemacht zu haben. Er sei naiv und unerfahren gewesen und habe falschen Freunden vertraut, die ihm geraten hätten, eine andere Identität anzugeben. Sein Kind, das er gemeinsam mit seiner Verlobten habe, sei mittlerweile am 05.12.2006 geboren worden. Seit 01.02.2007 gehe seine Verlobte wieder ihrer Tätigkeit als ... im Schichtdienst nach. Zum Teil beginne ihre Schicht schon um 6.00 Uhr morgens. Der Kläger betreue und versorge seinen Sohn sowie das andere Kind seiner Lebensgefährtin, damit sie in ihrem Beruf arbeiten und den Lebensunterhalt für den Kläger und die beiden Kinder und sich selbst erarbeiten könne. Im Falle einer Abschiebung des Klägers wäre sie gezwungen, ihre Arbeitsstelle aufzugeben, da sie von ihren Einkünften keine Tagesmutter finanzieren könne. Insoweit hat er eine Bestätigung des ... Zentrums ... vom 31.01.2007 über eine Beschäftigung seiner Verlobten von wöchentlich 30 Stunden sowie einen Plan über die verschiedenen Schichtdienste vorgelegt, der ausweist, dass die Verlobte nicht nur frühmorgens, sondern zum Teil auch spätabends noch arbeiten muss.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind der Kläger und insbesondere seine deutsche Verlobte vom Berichterstatter angehört worden. Sie hat angegeben, ca. 1.000,-- EUR netto zuzüglich zweimal Kindergeld und einmal Erziehungsgeld (in Höhe von 500,-- EUR monatlich) zu beziehen.
10 
Die Kläger-Vertreterin hat ferner darauf hingewiesen, dass die Unterlagen für eine Eheschließung praktisch komplett seien. Es fehle lediglich noch die für Dezember angekündigte Bestätigung der Identität des Klägers durch die deutsche Botschaft in Lagos. Kennengelernt habe der Kläger seine Verlobte im April 2005. Infolge der Haft und späteren Umverteilungsschwierigkeiten habe er erst seit August 2006 mit ihr in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben können. Seine Bewährungszeit laufe im November 2007 ab. Nach dem jetzt schon vorliegenden Bericht des Bewährungshelfers sei das Ergebnis positiv. Der Kläger habe sich seit den beiden Straftaten, für die er verurteilt worden sei, in keiner Weise mehr irgendetwas zu Schulden kommen lassen und regelmäßig die Termine mit dem Bewährungshelfer wahrgenommen. Mit Schriftsatz vom 14.03.2007 sei beim Ausländeramt der Stadt ...-... ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt worden, wobei ein ausdrücklicher Antrag auf Befristung der Ausweisung darin nicht formuliert worden sei.
11 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.04.2006 aufzuheben.
14 
Das beklagte Land beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Es verweist zur Begründung auf die Gründe des angegriffenen Bescheids und hat mit der Klageerwiderung ferner ausgeführt, die Klagebegründung führe nicht dazu, dass nunmehr ein atypischer Ausnahmefall anzunehmen sei. Die Ausweisung des Klägers sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich. Für die Erfüllung der Voraussetzung des § 54 Nr. 3 AufenthG spiele es keine Rolle, dass der Kläger „nur“ zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden sei. Dass er als abgelehnter Asylbewerber nicht habe arbeiten können, könne seine schweren Rauschgiftstraftaten nicht entschuldigen. Auch der Umstand seiner Verlobung mit einer Deutschen und eines gemeinsamen deutschen Kindes könne ein Absehen von der Ausweisung nicht rechtfertigen. Solche Umstände könnten ggf. im Wege der Befristung der Wirkungen der Ausweisung berücksichtigt werden. Der Kläger habe im Übrigen über Jahre hinweg seine wahre Identität bewusst verschleiert, um eine Aufenthaltsbeendigung zu erschweren und unmöglich zu machen. Auch das zeige schon, dass er nicht bereit sei, sich an die Rechtsordnung zu halten. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung sei der Zeitpunkt ihres Erlasses. Art. 8 EMRK könne im Befristungsverfahren die Geltung verschafft werden, das sei zumindest nach der Rechtsprechung des OVG Hamburg so. Selbst wenn man hinsichtlich der Prüfung des Art. 8 EMRK auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstelle, bedeutet dies nicht, dass wegen der später erfolgten Anerkennung der Vaterschaft für ein deutsches Kind die Regelausweisung vom 06.04.2006 aufzuheben wäre. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg auch zu berücksichtigen, dass das deutsche Aufenthaltsrecht zwischen der Ausweisung und der Abschiebung trenne und die Wirkungen der Ausweisung in der Regel insbesondere unter Berücksichtigung familiärer Belange befristet werden könne. Die Frage einer weiteren Duldung bzw. der Abschiebung des Klägers sei nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens. Gegebenenfalls könne der Kläger gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. § Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG eine Aufenthaltserlaubnis trotz einer Ausweisung erhalten. Da er unter diesen Umständen dann ohnedies wegen seiner familiären Bindungen nicht abgeschoben werden könne, sei die Ausweisung in ihren Folgen mangels einer wirklich dadurch bewirkten Trennung des Klägers von seiner Familie nicht unverhältnismäßig.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (1 Heft) sowie der Behördenakten (2 Hefte Akten des Regierungspräsidiums Freiburg) und der beigezogenen Akten des Gerichts zum vorangegangenen Asylverfahren (A 1 K 10050/04 und A 1 K 10051/04) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Ausweisungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
20 
Bisher wurde in der Rechtsprechung zwar hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses bzw. der letzten Behördenentscheidung abgestellt und nur in den Fällen freizügigkeitsberechtigter Bürger der EU bzw. assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung abgestellt (BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 18 und Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 26) bzw. nur hinsichtlich der isolierten Teilausschnittsprüfung zur Vereinbarkeit der Ausweisungsverfügung mit Art. 8 EMRK auf diesen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2004 - 10 S 1610/03 -, InfAuslR 2004, 18 und Urt. v. 06.10.2005 - 11 S 2508/04 - sowie Beschl. v. 28.06.2006 - 11 S 1731/05 - und Urt. v. 22.03.2006 - 11 S 1342/05 sowie Beschl. v. 28.02.2007 - 11 S 1788/06 -; ausführlich auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.03.2005 - 11 S 2885/04 - m.w.N.; so bisher auch die 1. Kammer des VG Freiburg - siehe z. B. Urt. v. 22.01.2007 - 1 K 998/05 und Urt. v. 28.03.2007 - 1 K 1368/05 sowie Beschl. v. 19.03.2007 - 1 K 791/07 -). Im Ausgangspunkt geht diese Rechtsprechung davon aus, dass ein sich aus den Vorgaben des Art. 8 EMRK insbesondere zur Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung möglicherweise ergebender Ausweisungsschutz gesondert zu prüfen und nicht im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zu behandeln ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1993 - 1 B 7.93 -, InfAuslR 1993, 257 und v. 29.09.1998 - 1 C 8/96 -, InfAuslR 1999, 54; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 -, VBlBW 2003, 28 und Beschl. v. 23.10.2002 - 11 S 1410/02 -, VBlBW 2003, 324).
21 
Im Rahmen dieser unmittelbar und einzig Art. 8 Abs. 1 EMRK als Prüfungsmaßstab zugrundeliegenden Prüfung wird aber nicht nur das Vorliegen eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schutzwürdigen Privat- und Familienlebens geprüft, sondern in einem zweiten Schritt anhand von Art. 8 Abs. 2 EMRK und dann auch geprüft, ob der Eingriff in dieses Privat- und Familienleben gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer usw. notwendig ist.
22 
An dieser Stelle zeigt sich, dass diese Abwägung eine solche Aufspaltung der für die beiden Prüfungsschritte maßgeblichen Beurteilungszeitpunkte genau besehen nicht erlaubt, die darauf hinaus läuft, hinsichtlich der Frage, ob ein schutzwürdiges Familien- und Privatleben vorliegt, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, hingegen hinsichtlich der damit abzuwägenden öffentlichen Sicherheitsinteressen auf die Situation zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
23 
Vielmehr erweist sich, dass die Aufspaltung in eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand der Vorschriften des nationalen Rechts bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Situation zur Zeit der letzten Behördenentscheidung und eine davon abgekoppelte eigenständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand von Art. 8 EMRK mit einer nur bezogen auf die familiäre Situation auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellenden Prüfung künstlich und dogmatisch nicht wirklich überzeugend. Denn sie nimmt die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, in dem die familiäre Situation unter dem Aspekt des Art. 8 EMRK betrachtet wird, nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes geltende Einschätzung des Gewichts der öffentlichen Interessen, wie sie in den Ausweisungsvorschriften der §§ 53 - 56 AufenthG zum Ausdruck kommt, nicht in den Blick, sondern überlässt es dem Gericht, im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK diese Interessen zu definieren und unter die dort sehr allgemein genannten Tatbestandmerkmale der öffentlichen Sicherheit usw. zu subsumieren.
24 
Die genannte Rechtsprechung, die hinsichtlich einer Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nach den Vorschriften des nationalen Rechts auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abstellt, beruht zudem auf dem Grundgedanken, dass alle späteren, nach diesem Zeitpunkt liegenden Entwicklungen und Veränderungen etwa hinsichtlich der Entstehung eines schutzwürdigen Familienlebens dann eben im Rahmen einer späteren auf Antrag des Ausländers erfolgenden Entscheidung über die Befristung (§ 11 AufenthG) der zunächst im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch mangels Vorliegens eines solchen Familienlebens als rechtmäßig zu bestätigenden Ausweisungsentscheidung Berücksichtigung finden können.
25 
Das Bundesverfassungsgericht, das schon in einer früheren Entscheidung die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs zu Art. 8 EMRK für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG hervorgehoben und auf diese europäische Rechtsprechung als Auslegungshilfe verwiesen hat (BVerfG, Beschl. v. 01.03.2004 - 2 BvR 2570/03 -, InfAuslR 2004, 280) hat jedoch in seiner Entscheidung vom 10.05.2007 (2 BvR 304/07) jüngst betont, dass es dem Schutzgehalt des Art. 8 EMRK nicht genüge, wenn sich ein Gericht mit dieser Vorschrift insgesamt nur unter dem Aspekt einer notwendigen Befristung der Ausweisung und damit verkürzt befasse, da die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei und durch eine Befristung der Ausweisungswirkungen die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung dann nicht wieder hergestellt werden könne, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet ein Wiedereinreiserecht nicht vorsehe und somit der Wegfall des Aufenthaltsverbots praktisch ohne Wirkung bleibe. Insoweit hat es betont, vorrangig sei im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die Ausweisung überhaupt - unabhängig von einer Befristung - dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspreche und in diesem Zusammenhang sei eine Prüfung des Art. 8 EMRK angezeigt. In derselben Entscheidung hat es ferner hervorgehoben, Art. 8 EMRK sei bereits im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Regelfall i.S.d. § 54 AufenthG vorliege, zu prüfen. Bereits an dieser Stelle und im Rahmen dieser Prüfung müsse nämlich untersucht werden, ob eine Regelausweisung einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Ausländers auf Achtung seines Privatlebens i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstelle. Falls dies zu verneinen sei, liege ein Ausnahmefall i.S.d. § 54 AufenthG vor. In diesem Zusammenhang könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass eine solche Berufung auf die Geltung des Art. 8 EMRK „verbraucht“ sei, da etwa schon die gesetzlichen Regelungen in § 54 AufenthG, die in Anknüpfung an das geschützte Familienleben eine Herabstufung der Ausweisung vorsähen, diesem Belang umfassend und abschließend Rechnung getragen hätten. Trotz dieser Herabstufungsvorschriften müsse Art. 8 EMRK noch als Verhältnismäßigkeitsmaßstab bei der Frage, ob ein Regel- oder ein Ausnahmefall vorliegt, erneut und eigenständig individuell in der Prüfung mit berücksichtigt werden. Die bloße Zurückstufung zu einer Regelausweisung garantiere nicht ohne Weiteres die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung.
26 
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ferner ausgeführt, die differenzierten Regelungen des Aufenthaltsgesetzes trügen zwar der Europäischen Menschenrechtskonvention grundsätzlich in ausreichender Weise Rechnung. Diese Feststellung entbinde jedoch nicht von der Verpflichtung, im Rahmen der Prüfung, ob ein Regelfall nach § 54 AufenthG vorliege, die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im konkreten Fall und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs namentlich zu Art. 8 Abs. 2 EMRK zu untersuchen, sondern setze diese Verpflichtung voraus. Die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Ausländers sowie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung seien daher in ihrer Gesamtheit zu betrachten und entsprechend konkret zu gewichten und abzuwägen. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung erfordere angesichts der Vielschichtigkeit der dabei zu berücksichtigenden tatsächlichen Umstände und der rechtlichen Komplexität eine „umfassende Prüfung unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklung des Ausländers“ (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, Beschlussabdruck S. 16 - 21).
27 
Unter Berücksichtigung dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erscheint es dem Gericht geboten, die bisherigen Rechtsprechung aufzugeben und hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vorliegend streitigen Ausweisungsverfügung insgesamt, also nicht mehr nur bezogen auf einen isolierten Teilausschnitt der Prüfung der Rechtmäßigkeit nach Art. 8 EMRK, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Nur so ergibt sich ein stimmiges Prüfungskonzept, das der umfassenden Bedeutung des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, der nicht isoliert, sondern als ein Kriterium der Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits direkt im Rahmen der Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung mit geprüft werden muss und dann, wenn für das Vorliegen eines schutzwürdigen Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auch alle Entwicklungen seit der Ausweisungsentscheidung bis zur gerichtlichen Entscheidung in den Blick zu nehmen sind, konsequenterweise auch die zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes und die darin zum Ausdruck kommende Gewichtung öffentlicher Interessen begriffsnotwendig mit einbeziehen muss.
28 
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 10.10.2007 lagen hier jedoch - anders als noch zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ausweisungsverfügung vom 06.04.2006 - die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vor, da der Kläger spätestens seit der Geburt seines Kindes am 05.12.2006, das er gemeinsam mit seiner deutschen Verlobten hat und für das er bereits am 27.04.2006 die Vaterschaft anerkannt und auch eine gemeinsame Sorgerechtserklärung mit seiner deutschen Verlobten abgegeben hat, mit diesem Kind in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Der besondere Ausweisungsschutz, den § 56 Abs. 1 AufenthG in Anknüpfung an die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seinem deutschen Kind gewährt, bedeutet zum einen, dass der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überhaupt ausgewiesen werden kann (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) und dass dann, wenn solche Gründe vorliegen, nämlich die Voraussetzungen des § 54 AufenthG gegeben sind (hier § 54 Nr. 3 AufenthG) diese Ausweisung nicht mehr regelmäßig zu verfügen ist, sondern darüber von der Ausländerbehörde nach Ermessen zu entscheiden ist.
29 
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlte es aber schon am Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Regelbeispiele für das Vorliegen solcher Gründe, wie sie in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannt werden, nämlich Fälle, des § 53 bzw. § 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG, sind hier schon nicht erfüllt. Ansonsten liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für eine Ausweisung außerhalb der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur dann vor, wenn dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt, das sich bei Straftaten insbesondere aus der Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Außerdem müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft drohen und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996, - NVwZ 1997, 297=InfAuslR 1997, 8 und VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.09.2001 - 10 S 1230/01 -, InfAuslR 2002, 26 und im Anschluss daran VG Freiburg, Beschl. v. 23.05.2007 - 1 K 706/07 -). Ausweisungsgründe nach § 56 AufenthG können - allerdings nur in Ausnahmefällen - auch im Bereich der Generalprävention schwerwiegend sein, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Bedeutung zukommt. Voraussetzung hierfür ist, dass die der Ausweisung zugrundeliegende Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, dass andere Ausländer über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abgehalten werden. Schwerwiegend bedeutet, dass eine lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Störungen nicht genügt, sondern dass vielmehr ein hinreichender Grad an Wiederholungsgefahr gegeben sein muss, bei dessen Ermittlung auch normativen Bewertungskriterien wie dem Gewicht, der Gefährlichkeit und den Schadensfolgen der Straftat eine gewisse Bedeutung zukommen kann.
30 
Eine solche qualifizierte Wiederholungsgefahr ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu verneinen. Der Kläger hat zwar im Herbst 2004 in der Tat zweimal mit gefährlichen Drogen gehandelt und ist dafür zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Es kann auch nicht verkannt werden, dass er wohl allein deshalb nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, weil er sich seinerzeit unter seiner falschen Identität jünger gemacht hatte, als er tatsächlich ausweislich des jetzt vorliegenden nigerianischen Reisepass ist und damals schon war. Bei der Drogenkriminalität handelt es sich auch um eine gewichtige Schwerkriminalität, andererseits hat der Kläger wohl nur in zwei vereinzelten Fällen und für vergleichsweise niedrigere Summen eher amateurhaft versucht, auf Bitten eines anderen hin sich mit einem Eigengewinn von insgesamt nur 110,-- EUR am Drogengeschäft zu beteiligen, was obendrein beim zweiten Mal weitestgehend schief lief. Nachdem er vier Monate Untersuchungshaft verbüßt hat und mittlerweile seine gesamte zweijährige Bewährungszeit bis Anfang November offenbar ohne jede weitere Auffälligkeit absolviert hat und insbesondere seitdem er mit seiner deutschen Verlobten und deren Kind seit Dezember 2006 nunmehr auch mit dem gemeinsamen eigenen Kind in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und sich insofern in stabilen Lebensverhältnissen befindet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass vom dem Kläger noch irgendwann einmal wieder die Gefahr ausgeht, er werde sich am illegalen Drogenhandel oder an sonstigen Straftaten beteiligen. Auch was die Wiederholungsgefahr bezüglich der vom Beklagten angeführten Identitätstäuschung durch den Kläger angeht, ist eine solche Gefahr nicht mehr gegeben, seitdem er seine wahre Identität unter Vorlage seines echten nigerianischen Reisepasses offengelegt hat, in Kürze im Dezember 2007 aller Voraussicht nach auch seine Verlobte formal gültig heiraten wird, in stabilen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit ihr lebt und von daher keinerlei Motivation oder Anlass mehr hat, irgendwann wieder erneut über seine Identität zu täuschen. Ganz abgesehen davon würde diese Täuschung jedenfalls keinen „schwerwiegenden“ Grund der öffentlichen Sicherheit darstellen. Insofern ist beim Kläger, der bei Begehung der Straftaten im Herbst 2004 mit seiner Verlobten noch gar nicht zusammen war, da er sie erst im April 2005 kennenlernte, von einer Zäsur in seiner Lebensentwicklung auszugehen, die eine Wiederholungsgefahr ausschließt. Das deckt sich auch mit der Einschätzung durch das Amtsgericht, das eine Strafaussetzung zur Bewährung für vertretbar gehalten hat und - wie sich mittlerweile herausgestellt hat - mit dieser Prognose richtig lag.
31 
Selbst wenn man im vorliegenden Fall mit Blick auf die Drogenkriminalität des Klägers allein aus generalpräventiven Gründen einen schwerwiegenden Grund der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit einen Ausweisungsgrund nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausnahmsweise annehmen wollte, so erweist sich die angegriffene Ausweisungsverfügung im vorliegenden Fall zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls als ermessensfehlerhaft (§§ 114 VwGO, 40 VwVfG).
32 
Der angegriffene Bescheid enthält in seiner Begründung - vor dem Hintergrund der damaligen Sachlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids völlig zutreffend - keinerlei Ermessenserwägungen, da das Regierungspräsidium seinerzeit zu Recht davon ausgehen konnte, dass kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG vorlag, der die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft hätte.
33 
Selbst wenn man die Ausführungen des Regierungspräsidiums in der Klageerwiderung bzw. in der mündlichen Verhandlung, die es zu Art. 6 bzw. Art. 8 EMRK bezogen auf den vorliegenden Fall gemacht hat, als Erwägungen und Begründungen ansehen wollte, mit denen es erstmals sein Ermessen hinsichtlich einer Ausweisung des Klägers für den Fall ausgeübt hätte, dass entgegen der bisher vom Regierungspräsidium vertretenen Ansicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen und daher vom Vorliegen eines besonderen Ausweisungsschutzes und deshalb von einer Herabstufung der Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung auszugehen ist, würden diese Erwägungen für eine ermessenfehlerfreie, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die dabei zu beachtenden Rechte des Klägers aus Art. 6 GG berücksichtigende Ermessensausübung nicht ausreichen.
34 
Nach der jetzigen Sachlage steht - wie auch das Regierungspräsidium in der mündlichen Verhandlung weitgehend konzediert hat - fest, dass Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einer Abschiebung des nach Ablehnung seines Asylverfahrens grundsätzlich vollziehbar ausreisepflichtigen Klägers rechtlich eindeutig entgegenstehen würden. Insbesondere mit Rücksicht auf seine tatsächlich gelebten familiären Beziehungen nicht nur zu seinem deutschen Kind, sondern auch zu seiner deutschen Verlobten und auf seine tatsächlichen Erziehungs- und Betreuungsleistungen, mit denen er seine Unterhaltsverpflichtung erfüllt, sind diese Beziehungen mit Blick auf das noch sehr geringe Alter des noch nicht einmal ein Jahr alten Kindes, das offenbar ein gutes und enges Verhältnis zum Kläger hat, wie dies auch in der mündlichen Verhandlung sichtbar wurde, von solchem Gewicht, dass ihm und insbesondere dem Kind eine auch nur vorübergehende Trennung durch Abschiebung zur Nachholung des Visumsverfahrens bzw. sogar eine längere Trennung für die Dauer der Sperrwirkung der Ausweisung nicht zumutbar wäre (vgl. insoweit zu einem dem vorliegenden Fall nahezu vergleichbaren Fall VG Freiburg, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 K 1104/06 -, bestätigt durch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.05.2007 - 11 S 1640/06 -, jeweils m.w.N.).
35 
Bei der Ermessensabwägung aber sind gem. § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG diese Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, sowie gem. § 55 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 60a Abs. 2 AufenthG auch entsprechende Abschiebungsverbote rechtlicher Art zu berücksichtigen. Mit dem bloßen Verweis darauf, dass den familiären Belangen des Klägers im Rahmen einer späteren Befristungsentscheidung Rechnung getragen werden könne und dass die Ausweisung wegen des sich aus Art. 6 GG/Art. 8 EMRK ergebenden Abschiebungsverbots nicht zu einer tatsächlichen Trennung des Klägers von seinem deutschen Kind und seiner deutschen Verlobten führen und insoweit das Grundrecht auf familiäres Zusammenleben nicht wirklich beeinträchtigen werde, hat das Regierungspräsidium jedoch im vorliegenden Fall sein Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.
36 
Wie das Bundesverfassungsgericht in der oben erwähnten Entscheidung deutlich gemacht hat, genügt es nämlich den Anforderungen des Art. 8 EMRK nicht, auf eine spätere Befristungsmöglichkeit zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dieser Ausweisung zu verweisen. Vielmehr muss Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG bereits im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes der Ausweisung gegen den das Ermessen beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.
37 
Im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung kann zwar berücksichtigt werden, dass es aufgrund eines konkreten rechtlichen Abschiebungsverbots tatsächlich gar nicht zu einer Trennung der Familienangehörigen in Folge der Ausweisung kommen wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 - und Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/05 -, juris = FamRZ 2005, 1907 = EZAR-NF 044 Nr. 2). Insofern soll auch eine lediglich generalpräventiv zur Abschreckung anderer Drogenhändler motivierte Ausweisung ihren Sinn noch erfüllen können, wenn sie zwar nicht zu einer Abschiebung des Ausländers, wohl aber zumindest zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/04 -).
38 
Dafür ist hier aber nichts ersichtlich, weil dem Kläger zumindest nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK i.V.m. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nach mehr als 18monatiger Duldung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sogar ungeachtet der verfügten Ausweisung zustehen würde, so dass eine Legalisierung seines Aufenthalts ungeachtet der Ausweisung möglich ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52).
39 
Unter diesen Umständen ist aber eine wirklich abschreckende Wirkung der Ausweisung nicht zu erwarten, da sie weder zu einer Abschiebung und Trennung des Klägers von seiner Familie, noch zu einer wirklichen Statusverschlechterung und einem Ausschluss der Möglichkeit der Legalisierung des Aufenthalts führt.
40 
Rein spezialpräventiv kann eine solche Ausweisung angesichts der Duldung des Aufenthalts des Klägers bzw. seines Anspruchs auf Duldung außerdem schon deshalb keine Wirkung entfalten, weil eine Abwehr der nach Ansicht des Beklagten vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahren, so sie denn heute überhaupt noch vorliegen mögen, durch zwangsweise Entfernung des Klägers vom Bundesgebiet gar nicht möglich ist.
41 
Unter diesen Umständen aber erweist sich die gleichwohl verfügte Ausweisung, die nach dem oben Gesagten ohnehin allenfalls noch generalpräventiven Zwecken zu dienen vermag, als unverhältnismäßig, weil letztlich ohne praktische Auswirkung.
42 
Der bloße Umstand, dass die Ausweisung in Folge ihrer Sperrwirkung zu verhindern vermag, dass dem Kläger selbst bei formal gültiger Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 und 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 AufenthG, sondern nur nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden kann, vermag nach allem die Ausweisung nicht zu rechtfertigen.
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Es ist bislang obergerichtlich nicht geklärt, inwieweit mit Rücksicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt in Fällen mit Bezug zu Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK nunmehr einheitlich hinsichtlich der gesamten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsentscheidung auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts abzustellen ist.

Gründe

 
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Ausweisungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
20 
Bisher wurde in der Rechtsprechung zwar hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses bzw. der letzten Behördenentscheidung abgestellt und nur in den Fällen freizügigkeitsberechtigter Bürger der EU bzw. assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung abgestellt (BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 18 und Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 26) bzw. nur hinsichtlich der isolierten Teilausschnittsprüfung zur Vereinbarkeit der Ausweisungsverfügung mit Art. 8 EMRK auf diesen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2004 - 10 S 1610/03 -, InfAuslR 2004, 18 und Urt. v. 06.10.2005 - 11 S 2508/04 - sowie Beschl. v. 28.06.2006 - 11 S 1731/05 - und Urt. v. 22.03.2006 - 11 S 1342/05 sowie Beschl. v. 28.02.2007 - 11 S 1788/06 -; ausführlich auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.03.2005 - 11 S 2885/04 - m.w.N.; so bisher auch die 1. Kammer des VG Freiburg - siehe z. B. Urt. v. 22.01.2007 - 1 K 998/05 und Urt. v. 28.03.2007 - 1 K 1368/05 sowie Beschl. v. 19.03.2007 - 1 K 791/07 -). Im Ausgangspunkt geht diese Rechtsprechung davon aus, dass ein sich aus den Vorgaben des Art. 8 EMRK insbesondere zur Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung möglicherweise ergebender Ausweisungsschutz gesondert zu prüfen und nicht im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zu behandeln ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1993 - 1 B 7.93 -, InfAuslR 1993, 257 und v. 29.09.1998 - 1 C 8/96 -, InfAuslR 1999, 54; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 -, VBlBW 2003, 28 und Beschl. v. 23.10.2002 - 11 S 1410/02 -, VBlBW 2003, 324).
21 
Im Rahmen dieser unmittelbar und einzig Art. 8 Abs. 1 EMRK als Prüfungsmaßstab zugrundeliegenden Prüfung wird aber nicht nur das Vorliegen eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schutzwürdigen Privat- und Familienlebens geprüft, sondern in einem zweiten Schritt anhand von Art. 8 Abs. 2 EMRK und dann auch geprüft, ob der Eingriff in dieses Privat- und Familienleben gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer usw. notwendig ist.
22 
An dieser Stelle zeigt sich, dass diese Abwägung eine solche Aufspaltung der für die beiden Prüfungsschritte maßgeblichen Beurteilungszeitpunkte genau besehen nicht erlaubt, die darauf hinaus läuft, hinsichtlich der Frage, ob ein schutzwürdiges Familien- und Privatleben vorliegt, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, hingegen hinsichtlich der damit abzuwägenden öffentlichen Sicherheitsinteressen auf die Situation zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
23 
Vielmehr erweist sich, dass die Aufspaltung in eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand der Vorschriften des nationalen Rechts bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Situation zur Zeit der letzten Behördenentscheidung und eine davon abgekoppelte eigenständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand von Art. 8 EMRK mit einer nur bezogen auf die familiäre Situation auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellenden Prüfung künstlich und dogmatisch nicht wirklich überzeugend. Denn sie nimmt die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, in dem die familiäre Situation unter dem Aspekt des Art. 8 EMRK betrachtet wird, nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes geltende Einschätzung des Gewichts der öffentlichen Interessen, wie sie in den Ausweisungsvorschriften der §§ 53 - 56 AufenthG zum Ausdruck kommt, nicht in den Blick, sondern überlässt es dem Gericht, im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK diese Interessen zu definieren und unter die dort sehr allgemein genannten Tatbestandmerkmale der öffentlichen Sicherheit usw. zu subsumieren.
24 
Die genannte Rechtsprechung, die hinsichtlich einer Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nach den Vorschriften des nationalen Rechts auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abstellt, beruht zudem auf dem Grundgedanken, dass alle späteren, nach diesem Zeitpunkt liegenden Entwicklungen und Veränderungen etwa hinsichtlich der Entstehung eines schutzwürdigen Familienlebens dann eben im Rahmen einer späteren auf Antrag des Ausländers erfolgenden Entscheidung über die Befristung (§ 11 AufenthG) der zunächst im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch mangels Vorliegens eines solchen Familienlebens als rechtmäßig zu bestätigenden Ausweisungsentscheidung Berücksichtigung finden können.
25 
Das Bundesverfassungsgericht, das schon in einer früheren Entscheidung die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs zu Art. 8 EMRK für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG hervorgehoben und auf diese europäische Rechtsprechung als Auslegungshilfe verwiesen hat (BVerfG, Beschl. v. 01.03.2004 - 2 BvR 2570/03 -, InfAuslR 2004, 280) hat jedoch in seiner Entscheidung vom 10.05.2007 (2 BvR 304/07) jüngst betont, dass es dem Schutzgehalt des Art. 8 EMRK nicht genüge, wenn sich ein Gericht mit dieser Vorschrift insgesamt nur unter dem Aspekt einer notwendigen Befristung der Ausweisung und damit verkürzt befasse, da die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei und durch eine Befristung der Ausweisungswirkungen die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung dann nicht wieder hergestellt werden könne, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet ein Wiedereinreiserecht nicht vorsehe und somit der Wegfall des Aufenthaltsverbots praktisch ohne Wirkung bleibe. Insoweit hat es betont, vorrangig sei im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die Ausweisung überhaupt - unabhängig von einer Befristung - dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspreche und in diesem Zusammenhang sei eine Prüfung des Art. 8 EMRK angezeigt. In derselben Entscheidung hat es ferner hervorgehoben, Art. 8 EMRK sei bereits im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Regelfall i.S.d. § 54 AufenthG vorliege, zu prüfen. Bereits an dieser Stelle und im Rahmen dieser Prüfung müsse nämlich untersucht werden, ob eine Regelausweisung einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Ausländers auf Achtung seines Privatlebens i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstelle. Falls dies zu verneinen sei, liege ein Ausnahmefall i.S.d. § 54 AufenthG vor. In diesem Zusammenhang könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass eine solche Berufung auf die Geltung des Art. 8 EMRK „verbraucht“ sei, da etwa schon die gesetzlichen Regelungen in § 54 AufenthG, die in Anknüpfung an das geschützte Familienleben eine Herabstufung der Ausweisung vorsähen, diesem Belang umfassend und abschließend Rechnung getragen hätten. Trotz dieser Herabstufungsvorschriften müsse Art. 8 EMRK noch als Verhältnismäßigkeitsmaßstab bei der Frage, ob ein Regel- oder ein Ausnahmefall vorliegt, erneut und eigenständig individuell in der Prüfung mit berücksichtigt werden. Die bloße Zurückstufung zu einer Regelausweisung garantiere nicht ohne Weiteres die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung.
26 
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ferner ausgeführt, die differenzierten Regelungen des Aufenthaltsgesetzes trügen zwar der Europäischen Menschenrechtskonvention grundsätzlich in ausreichender Weise Rechnung. Diese Feststellung entbinde jedoch nicht von der Verpflichtung, im Rahmen der Prüfung, ob ein Regelfall nach § 54 AufenthG vorliege, die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im konkreten Fall und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs namentlich zu Art. 8 Abs. 2 EMRK zu untersuchen, sondern setze diese Verpflichtung voraus. Die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Ausländers sowie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung seien daher in ihrer Gesamtheit zu betrachten und entsprechend konkret zu gewichten und abzuwägen. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung erfordere angesichts der Vielschichtigkeit der dabei zu berücksichtigenden tatsächlichen Umstände und der rechtlichen Komplexität eine „umfassende Prüfung unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklung des Ausländers“ (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, Beschlussabdruck S. 16 - 21).
27 
Unter Berücksichtigung dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erscheint es dem Gericht geboten, die bisherigen Rechtsprechung aufzugeben und hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vorliegend streitigen Ausweisungsverfügung insgesamt, also nicht mehr nur bezogen auf einen isolierten Teilausschnitt der Prüfung der Rechtmäßigkeit nach Art. 8 EMRK, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Nur so ergibt sich ein stimmiges Prüfungskonzept, das der umfassenden Bedeutung des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, der nicht isoliert, sondern als ein Kriterium der Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits direkt im Rahmen der Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung mit geprüft werden muss und dann, wenn für das Vorliegen eines schutzwürdigen Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auch alle Entwicklungen seit der Ausweisungsentscheidung bis zur gerichtlichen Entscheidung in den Blick zu nehmen sind, konsequenterweise auch die zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes und die darin zum Ausdruck kommende Gewichtung öffentlicher Interessen begriffsnotwendig mit einbeziehen muss.
28 
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 10.10.2007 lagen hier jedoch - anders als noch zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ausweisungsverfügung vom 06.04.2006 - die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vor, da der Kläger spätestens seit der Geburt seines Kindes am 05.12.2006, das er gemeinsam mit seiner deutschen Verlobten hat und für das er bereits am 27.04.2006 die Vaterschaft anerkannt und auch eine gemeinsame Sorgerechtserklärung mit seiner deutschen Verlobten abgegeben hat, mit diesem Kind in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Der besondere Ausweisungsschutz, den § 56 Abs. 1 AufenthG in Anknüpfung an die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seinem deutschen Kind gewährt, bedeutet zum einen, dass der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überhaupt ausgewiesen werden kann (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) und dass dann, wenn solche Gründe vorliegen, nämlich die Voraussetzungen des § 54 AufenthG gegeben sind (hier § 54 Nr. 3 AufenthG) diese Ausweisung nicht mehr regelmäßig zu verfügen ist, sondern darüber von der Ausländerbehörde nach Ermessen zu entscheiden ist.
29 
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlte es aber schon am Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Regelbeispiele für das Vorliegen solcher Gründe, wie sie in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannt werden, nämlich Fälle, des § 53 bzw. § 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG, sind hier schon nicht erfüllt. Ansonsten liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für eine Ausweisung außerhalb der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur dann vor, wenn dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt, das sich bei Straftaten insbesondere aus der Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Außerdem müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft drohen und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996, - NVwZ 1997, 297=InfAuslR 1997, 8 und VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.09.2001 - 10 S 1230/01 -, InfAuslR 2002, 26 und im Anschluss daran VG Freiburg, Beschl. v. 23.05.2007 - 1 K 706/07 -). Ausweisungsgründe nach § 56 AufenthG können - allerdings nur in Ausnahmefällen - auch im Bereich der Generalprävention schwerwiegend sein, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Bedeutung zukommt. Voraussetzung hierfür ist, dass die der Ausweisung zugrundeliegende Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, dass andere Ausländer über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abgehalten werden. Schwerwiegend bedeutet, dass eine lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Störungen nicht genügt, sondern dass vielmehr ein hinreichender Grad an Wiederholungsgefahr gegeben sein muss, bei dessen Ermittlung auch normativen Bewertungskriterien wie dem Gewicht, der Gefährlichkeit und den Schadensfolgen der Straftat eine gewisse Bedeutung zukommen kann.
30 
Eine solche qualifizierte Wiederholungsgefahr ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu verneinen. Der Kläger hat zwar im Herbst 2004 in der Tat zweimal mit gefährlichen Drogen gehandelt und ist dafür zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Es kann auch nicht verkannt werden, dass er wohl allein deshalb nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, weil er sich seinerzeit unter seiner falschen Identität jünger gemacht hatte, als er tatsächlich ausweislich des jetzt vorliegenden nigerianischen Reisepass ist und damals schon war. Bei der Drogenkriminalität handelt es sich auch um eine gewichtige Schwerkriminalität, andererseits hat der Kläger wohl nur in zwei vereinzelten Fällen und für vergleichsweise niedrigere Summen eher amateurhaft versucht, auf Bitten eines anderen hin sich mit einem Eigengewinn von insgesamt nur 110,-- EUR am Drogengeschäft zu beteiligen, was obendrein beim zweiten Mal weitestgehend schief lief. Nachdem er vier Monate Untersuchungshaft verbüßt hat und mittlerweile seine gesamte zweijährige Bewährungszeit bis Anfang November offenbar ohne jede weitere Auffälligkeit absolviert hat und insbesondere seitdem er mit seiner deutschen Verlobten und deren Kind seit Dezember 2006 nunmehr auch mit dem gemeinsamen eigenen Kind in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und sich insofern in stabilen Lebensverhältnissen befindet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass vom dem Kläger noch irgendwann einmal wieder die Gefahr ausgeht, er werde sich am illegalen Drogenhandel oder an sonstigen Straftaten beteiligen. Auch was die Wiederholungsgefahr bezüglich der vom Beklagten angeführten Identitätstäuschung durch den Kläger angeht, ist eine solche Gefahr nicht mehr gegeben, seitdem er seine wahre Identität unter Vorlage seines echten nigerianischen Reisepasses offengelegt hat, in Kürze im Dezember 2007 aller Voraussicht nach auch seine Verlobte formal gültig heiraten wird, in stabilen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit ihr lebt und von daher keinerlei Motivation oder Anlass mehr hat, irgendwann wieder erneut über seine Identität zu täuschen. Ganz abgesehen davon würde diese Täuschung jedenfalls keinen „schwerwiegenden“ Grund der öffentlichen Sicherheit darstellen. Insofern ist beim Kläger, der bei Begehung der Straftaten im Herbst 2004 mit seiner Verlobten noch gar nicht zusammen war, da er sie erst im April 2005 kennenlernte, von einer Zäsur in seiner Lebensentwicklung auszugehen, die eine Wiederholungsgefahr ausschließt. Das deckt sich auch mit der Einschätzung durch das Amtsgericht, das eine Strafaussetzung zur Bewährung für vertretbar gehalten hat und - wie sich mittlerweile herausgestellt hat - mit dieser Prognose richtig lag.
31 
Selbst wenn man im vorliegenden Fall mit Blick auf die Drogenkriminalität des Klägers allein aus generalpräventiven Gründen einen schwerwiegenden Grund der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit einen Ausweisungsgrund nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausnahmsweise annehmen wollte, so erweist sich die angegriffene Ausweisungsverfügung im vorliegenden Fall zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls als ermessensfehlerhaft (§§ 114 VwGO, 40 VwVfG).
32 
Der angegriffene Bescheid enthält in seiner Begründung - vor dem Hintergrund der damaligen Sachlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids völlig zutreffend - keinerlei Ermessenserwägungen, da das Regierungspräsidium seinerzeit zu Recht davon ausgehen konnte, dass kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG vorlag, der die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft hätte.
33 
Selbst wenn man die Ausführungen des Regierungspräsidiums in der Klageerwiderung bzw. in der mündlichen Verhandlung, die es zu Art. 6 bzw. Art. 8 EMRK bezogen auf den vorliegenden Fall gemacht hat, als Erwägungen und Begründungen ansehen wollte, mit denen es erstmals sein Ermessen hinsichtlich einer Ausweisung des Klägers für den Fall ausgeübt hätte, dass entgegen der bisher vom Regierungspräsidium vertretenen Ansicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen und daher vom Vorliegen eines besonderen Ausweisungsschutzes und deshalb von einer Herabstufung der Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung auszugehen ist, würden diese Erwägungen für eine ermessenfehlerfreie, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die dabei zu beachtenden Rechte des Klägers aus Art. 6 GG berücksichtigende Ermessensausübung nicht ausreichen.
34 
Nach der jetzigen Sachlage steht - wie auch das Regierungspräsidium in der mündlichen Verhandlung weitgehend konzediert hat - fest, dass Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einer Abschiebung des nach Ablehnung seines Asylverfahrens grundsätzlich vollziehbar ausreisepflichtigen Klägers rechtlich eindeutig entgegenstehen würden. Insbesondere mit Rücksicht auf seine tatsächlich gelebten familiären Beziehungen nicht nur zu seinem deutschen Kind, sondern auch zu seiner deutschen Verlobten und auf seine tatsächlichen Erziehungs- und Betreuungsleistungen, mit denen er seine Unterhaltsverpflichtung erfüllt, sind diese Beziehungen mit Blick auf das noch sehr geringe Alter des noch nicht einmal ein Jahr alten Kindes, das offenbar ein gutes und enges Verhältnis zum Kläger hat, wie dies auch in der mündlichen Verhandlung sichtbar wurde, von solchem Gewicht, dass ihm und insbesondere dem Kind eine auch nur vorübergehende Trennung durch Abschiebung zur Nachholung des Visumsverfahrens bzw. sogar eine längere Trennung für die Dauer der Sperrwirkung der Ausweisung nicht zumutbar wäre (vgl. insoweit zu einem dem vorliegenden Fall nahezu vergleichbaren Fall VG Freiburg, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 K 1104/06 -, bestätigt durch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.05.2007 - 11 S 1640/06 -, jeweils m.w.N.).
35 
Bei der Ermessensabwägung aber sind gem. § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG diese Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, sowie gem. § 55 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 60a Abs. 2 AufenthG auch entsprechende Abschiebungsverbote rechtlicher Art zu berücksichtigen. Mit dem bloßen Verweis darauf, dass den familiären Belangen des Klägers im Rahmen einer späteren Befristungsentscheidung Rechnung getragen werden könne und dass die Ausweisung wegen des sich aus Art. 6 GG/Art. 8 EMRK ergebenden Abschiebungsverbots nicht zu einer tatsächlichen Trennung des Klägers von seinem deutschen Kind und seiner deutschen Verlobten führen und insoweit das Grundrecht auf familiäres Zusammenleben nicht wirklich beeinträchtigen werde, hat das Regierungspräsidium jedoch im vorliegenden Fall sein Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.
36 
Wie das Bundesverfassungsgericht in der oben erwähnten Entscheidung deutlich gemacht hat, genügt es nämlich den Anforderungen des Art. 8 EMRK nicht, auf eine spätere Befristungsmöglichkeit zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dieser Ausweisung zu verweisen. Vielmehr muss Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG bereits im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes der Ausweisung gegen den das Ermessen beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.
37 
Im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung kann zwar berücksichtigt werden, dass es aufgrund eines konkreten rechtlichen Abschiebungsverbots tatsächlich gar nicht zu einer Trennung der Familienangehörigen in Folge der Ausweisung kommen wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 - und Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/05 -, juris = FamRZ 2005, 1907 = EZAR-NF 044 Nr. 2). Insofern soll auch eine lediglich generalpräventiv zur Abschreckung anderer Drogenhändler motivierte Ausweisung ihren Sinn noch erfüllen können, wenn sie zwar nicht zu einer Abschiebung des Ausländers, wohl aber zumindest zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/04 -).
38 
Dafür ist hier aber nichts ersichtlich, weil dem Kläger zumindest nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK i.V.m. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nach mehr als 18monatiger Duldung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sogar ungeachtet der verfügten Ausweisung zustehen würde, so dass eine Legalisierung seines Aufenthalts ungeachtet der Ausweisung möglich ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52).
39 
Unter diesen Umständen ist aber eine wirklich abschreckende Wirkung der Ausweisung nicht zu erwarten, da sie weder zu einer Abschiebung und Trennung des Klägers von seiner Familie, noch zu einer wirklichen Statusverschlechterung und einem Ausschluss der Möglichkeit der Legalisierung des Aufenthalts führt.
40 
Rein spezialpräventiv kann eine solche Ausweisung angesichts der Duldung des Aufenthalts des Klägers bzw. seines Anspruchs auf Duldung außerdem schon deshalb keine Wirkung entfalten, weil eine Abwehr der nach Ansicht des Beklagten vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahren, so sie denn heute überhaupt noch vorliegen mögen, durch zwangsweise Entfernung des Klägers vom Bundesgebiet gar nicht möglich ist.
41 
Unter diesen Umständen aber erweist sich die gleichwohl verfügte Ausweisung, die nach dem oben Gesagten ohnehin allenfalls noch generalpräventiven Zwecken zu dienen vermag, als unverhältnismäßig, weil letztlich ohne praktische Auswirkung.
42 
Der bloße Umstand, dass die Ausweisung in Folge ihrer Sperrwirkung zu verhindern vermag, dass dem Kläger selbst bei formal gültiger Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 und 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 AufenthG, sondern nur nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden kann, vermag nach allem die Ausweisung nicht zu rechtfertigen.
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Es ist bislang obergerichtlich nicht geklärt, inwieweit mit Rücksicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt in Fällen mit Bezug zu Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK nunmehr einheitlich hinsichtlich der gesamten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsentscheidung auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts abzustellen ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 - ist insoweit, d.h. hinsichtlich der Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 (Abschiebungsandrohung), unwirksam.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, geändert. Die Klage wird, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und die Abschiebungsandrohung.
Der am 12.08.1979 in Berlin geborene ledige Kläger besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Seine Schulausbildung schloss der Kläger mit dem Hauptschulabschluss ab. Anschließend besuchte er eine Fachschule für Nachrichtentechnik, die er nach einem Jahr mit einem Abgangszeugnis verließ. Im Jahre 1998 begann der Kläger mit einer Ausbildung zum Fahrradmechaniker, die er aber bereits nach einem Monat wieder abbrach. Anschließend war er arbeitslos, eine im September 1999 begonnene Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte er lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und schließlich als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Der Vater des Klägers ist im Jahr 1995 verstorben. Am 15.08.1995 erteilte das Landeseinwohneramt Berlin dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Im Sommer 1999 verließ der Kläger mit dem Ziel, sein Leben in einer neuen Umgebung zu stabilisieren, die Wohnung seiner Mutter in Berlin und lebte für mehrere Monate bei seiner Tante in Stuttgart. Ende 1999 zogen auch seine Mutter und sein Bruder nach Stuttgart und lebten wieder mit dem Kläger in einer Wohnung zusammen.
Strafrechtlich trat der Kläger wie folgt in Erscheinung:
1. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Berlin-Tiergarten vom 08.12.1997: 3 Tage Jugendarrest wegen Körperverletzung;
2. Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 27.07.1998: Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 15 DM wegen Diebstahls geringwertiger Sachen;
3. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Tiergarten vom 14.12.1998: Jugendstrafe von 6 Monaten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wobei die Vollstreckung der Strafe auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde;
4. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Tiergarten vom 19.05.1999: Jugendstrafe von 18 Monaten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in 6 Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung von Ziff. 4); die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung wurde zunächst für die Dauer von 6 Monaten zurückgestellt und schließlich mit Beschluss vom 28.03.2000 gewährt;
5. Urteil des Amtsgerichts Stuttgart - Jugendschöffengericht - vom 14.09.2000: Unter Einbeziehung des Urteils vom 19.05.1999 Jugendstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen. Die vom Kläger gegen dieses Urteil eingelegte Berufung verwarf das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 09.01.2001. Tattage waren der 05.02. und der 14.02.2000.
Mit Schreiben vom 20.12.1999 setzte die Stadt Stuttgart den Kläger davon in Kenntnis, dass im Hinblick auf die von ihm begangenen Straftaten seine Ausweisung geprüft werde, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
10 
Am 29.11.2000 wurde der Kläger von der Polizei einer Personenkontrolle unterzogen. Bei ihm wurden 1,9 Gramm Marihuana gefunden, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte.
11 
Am 09.04.2001 trat der Kläger seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim an. Am 19.04.2002 wurde der Kläger aus der Haft wieder entlassen.
12 
Mit Schreiben vom 24.09.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger darauf hin, dass im Hinblick auf seine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz seine Ausweisung in Betracht komme, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Hinblick auf die angekündigte Ausweisung machte der Kläger geltend, dass er erstmals wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt worden sei und es sich zudem um die weiche Droge Marihuana gehandelt habe. Angesichts der Verurteilung von weit unter zwei Jahren sei eine Ausweisung unverhältnismäßig.
13 
Mit Verfügung vom 01.10.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet unter Anordnung des Sofortvollzugs aus und drohte ihm ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat an, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Zur Begründung wies das Regierungspräsidium darauf hin, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erfülle. Er genieße jedoch besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG. Der geahndete Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz stelle einen schwerwiegenden Ausweisungsanlass dar. Auch das Strafgericht sei von einer denkbar ungünstigen Zukunftsprognose ausgegangen. Angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger auch durch zwei Bewährungsappelle nicht von der Begehung weiterer Straftaten habe abhalten lassen, sei auch in Zukunft mit weiteren Straftaten zu rechnen. Auch sei die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Die Stützung der Ausweisung auf generalpräventive Gründe sei auch nicht nach den Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 unzulässig. Die Ausweisung des Klägers sei auch aus spezialpräventiven Erwägungen erfolgt. Er habe zum Zeitpunkt seines Haftantritts in einem Arbeitsverhältnis gestanden; das von der Sozialberatung getragene Beschäftigungsprojekt habe aber noch nicht die für eine diesbezügliche Rechtsposition erforderliche Eingliederung in den vorhandenen Arbeitsmarkt vermittelt. Nach § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG werde die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft. Das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers gehe aber seinem privaten Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Der Kläger habe durch sein strafrechtlich relevantes Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich künftig straffrei zu führen. Auch habe sich der Kläger nicht in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Weder im gesellschaftlichen noch im sozialen Bereich noch in beruflicher Hinsicht habe der Kläger Fuß gefasst. Auch ein Ortswechsel von Berlin nach Stuttgart habe nicht zu einer Verbesserung geführt. Er habe weder eine Berufsausbildung zu Ende gebracht noch sei er kontinuierlich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Als Angehöriger der zweiten Generation von im Bundesgebiet lebenden Ausländern sei er wohl zweisprachig aufgewachsen. Dadurch seien ihm die kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seines Heimatlandes nicht gänzlich fremd. Auch sei ihm angesichts seines Alters ein Neubeginn in seinem Heimatland möglich. Das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft habe ihn nicht von Straftaten abgehalten. Art. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens stehe der Ausweisung des Klägers nicht entgegen. Vor seiner Inhaftierung sei der Kläger zwar im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig gewesen. Diese Rechtsposition im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 habe er durch seine Inhaftierung wieder verloren. Auch sei eine Berufung auf Art. 6 ARB 1/80 ausgeschlossen, wenn Art. 14 ARB 1/80 eingreife. Die Ausweisung des Klägers aus dem Bundesgebiet habe aber ordnungsrechtlichen Charakter. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen der Privilegierung in Art. 6 und 7 ARB 1/80 erfülle. Die Ausweisung sei auch nicht nach Art. 8 EMRK unzulässig. Die im Ausländergesetz eröffnete Möglichkeit der Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen erfülle die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Durch die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisung erlösche die ihm erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Damit sei der Kläger auch vollziehbar ausreisepflichtig. Da der Kläger in Strafhaft einsitze, bedürfe es nach § 50 Abs. 5 AuslG keiner Fristsetzung.
14 
Am 31.10.2001 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Er habe in der Türkei keine Verwandten mehr. Seine Mutter lebe seit 23 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, sein Vater sei 1995 verstorben. Auch seine Geschwister lebten im Bundesgebiet. Sein Heimatland sei die Bundesrepublik Deutschland und nicht die Türkei. Eine Rückkehr in die Türkei habe für ihn irreversible Folgen. Auch habe seine Familie in der Türkei ihr gesamtes Hab und Gut verkauft. Aus § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG sei zu schließen, dass in den Fällen des § 47 Abs. 2 AuslG nur unter ganz bestimmten Umständen von schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen werden könne. Es sei zu berücksichtigen, dass er nicht mit gefährlichen Drogen wie Kokain oder Heroin, sondern mit der weitaus weniger gefährlichen Droge Haschisch in Berührung gekommen sei.
15 
Mit Beschluss vom 19.03.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 5 K 4278/01) die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausweisung wieder hergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet.
16 
Zur Begründung des Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vorgetragen, dass mit weiteren Straftaten des Klägers zu rechnen sei. Der Kläger sei bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ohne dass ihn vom Gericht ausgesprochene Bewährungsstrafen letztendlich von neuerlichen Straftaten hätten abhalten können. Dementsprechend bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr.
17 
Mit Urteil vom 08.10.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 aufgehoben. Zur Begründung des Urteils hat es ausgeführt: Die Ausweisung des Klägers sei wegen Verstoßes gegen Art. 8 EMRK rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Aus dem Inhalt der Akten und dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger faktisch zum Inländer geworden sei, den mit der Türkei außer der Staatsangehörigkeit nichts mehr verbinde. Zwar sei davon auszugehen, dass dem Kläger aufgrund des Zusammenlebens mit seinen Eltern und Geschwistern gewisse soziale und kulturelle Beziehungen zur Türkei vermittelt worden seien. Diese Einflüsse seien aber in der Bundesrepublik deutlich in den Hintergrund gedrängt worden. Eine Übersetzung in das Türkische sei ihm nur bei einfacheren Wörtern möglich gewesen. Die Prägung als faktischer Inländer ergebe sich auch aus seinem intensiven Kontakt im Alter von 11 bis 12 Jahren zu einer deutschen Nachbarin und Arbeitskollegin seiner Mutter sowie deren Sohn in Berlin. Diese Nachbarin sei für den Kläger in der Zeit, in der sich seine Eltern getrennt hätten, eine Ersatzmutter gewesen. Auch sei er außerhalb des häuslichen Bereichs vielfältigen deutschen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Die Türkei habe der Kläger lediglich als Urlaubsland während seiner Kindheit kennen gelernt. In der Türkei lebten keine Verwandten des Klägers mehr. Der Kläger sei daher in einem Ausmaß faktisch zum Inländer geworden, dass ihm von vornherein der Weggang aus der Bundesrepublik Deutschland und der Verbleib in der Türkei unzumutbar und daher unverhältnismäßig seien. Sei die Ausweisung rechtswidrig, so sei auch die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
18 
Mit Beschluss vom 21.07.2003 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen. Im Hinblick auf die am 19.04.2002 erfolgte Entlassung des Klägers aus der Strafhaft haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache hinsichtlich der in der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 in Ziff. 3 ausgesprochenen Abschiebungsandrohung übereinstimmend für erledigt erklärt.
19 
Mit am 04.08.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.10.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat der Beklagte auf die Ausführungen im Antrag auf Zulassung der Berufung verwiesen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 -, soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist, zu ändern und die Klage, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen, soweit das Verfahren in der Hauptsache nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen noch anhängig ist.
24 
Entgegen der Annahme des Beklagten habe er im Jahr 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Dieser sei jedoch wegen der langen Verfahrensdauer abgelehnt worden, weil er nach Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis Jugendverfehlungen begangen habe. Der Beklagte verkenne, dass er bereits als Kind wesentlich mehr Kontakt zu Deutschen gehabt habe als dies bei vergleichbaren türkischen Staatsangehörigen der zweiten und dritten Generation üblicherweise der Fall sei. Insbesondere habe eine sehr intensive Beziehung zu seiner deutschen "Ersatzmutter" bestanden, die ihn wie einen Sohn betreut habe. Im Ergebnis sei er wegen seiner Beziehungen zu Deutschen ein faktischer Inländer. Nach dem Urteil vom 14.09.2000 habe er keine Straftaten mehr begangen. Die Straftaten habe er sämtlich als Jugendlicher oder Heranwachsender und damit in einer Zeit der Orientierung begangen. Mittlerweile habe er sich jedoch weiterentwickelt und erkennbar stabilisiert. Das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart entspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK. Im Übrigen verweist der Kläger auf die Begründung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts und seine Ausführungen im Verfahren auf Zulassung der Berufung.
25 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akten des Verwaltungsgerichts des Klageverfahrens sowie des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, auf die Ausländerakte sowie auf die Akte des Ausweisungsverfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

Gründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2006 - 8 K 2575/06 - geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29.10.2006 ist zulässig (vgl. §§ 146, 147 VwGO) und begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Ausweisung wiederhergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid des Antragsgegners vom 29.08.2006 genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Aus ihr ergibt sich, dass der Antragsgegner den Ausnahmecharakter der Anordnung der sofortigen Vollziehung erkannt hat. Ob die Begründung der Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs inhaltlich zutrifft und in jeder Hinsicht fehlerfrei ist, bedarf keiner Erörterung, denn der Senat trifft eine eigenständige Entscheidung. Sie ergeht entsprechend dem Charakter des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund summarischer Prüfung und anhand präsenter Beweismittel (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.11.1991 - 9 S 2743/91 -, NVwZ-RR 1993, 19).
Bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet der Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der angegriffenen Verfügung vorläufig verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage stellt sich die Ausweisungsverfügung als voraussichtlich rechtmäßig dar. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Antragstellers wegen der bislang unterbliebenen Entscheidung über die Befristung der Ausweisungswirkungen nicht.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht Überwiegendes dafür, dass die Wirkungen der Ausweisung des Antragstellers im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - zu Art. 8 EMRK bereits in der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.08.2006 zu befristen gewesen wären, weil der Antragsteller in Deutschland geboren, mit Ausnahme einer geringen Aufenthaltszeit in seiner Heimat stets in Deutschland gelebt und einen Schulabschluss erreicht habe. Es komme hinzu, dass er einen gefestigten Aufenthaltstatus besitze und zeitweilig in Arbeit gestanden habe sowie Vater eines Kindes sei. Zu seiner Heimat unterhalte der Antragsteller - soweit ersichtlich - keine Kontakte.
Mit dieser Begründung würdigt das Verwaltungsgericht jedoch nur einen Teil der persönlichen Verhältnisse des Antragstellers. Insbesondere wegen der mehrfachen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, die dreimal zu Haftstrafen geführt haben, ist es - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK - nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Ausweisungsverfügung erlassen hat, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
1. Das Aufenthaltsgesetz unterscheidet zwischen dem Ausweisungsverfahren und dem Verfahren, das auf eine erneute Gestattung des Aufenthaltsrechts gerichtet ist (so schon BVerwG zum früheren Ausländergesetz, s. Urteil vom 20.05.1980 - 1 C 82.76 -, DÖV 1980, 725, 727). Die Ausweisung hat zur Folge, dass der betroffene Ausländer das Bundesgebiet zu verlassen hat. Eine Entscheidung darüber, wie lange die Abwesenheit vom Bundesgebiet gegebenenfalls dauern muss, wird im Ausweisungsverfahren nicht getroffen. Hierfür sieht das Gesetz ein weiteres Verfahren - das Befristungsverfahren – vor, in dem über die Geltungsdauer der gesetzlichen Folgen der Ausweisung (Sperrwirkung) nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG entschieden wird. Die Einleitung des Befristungsverfahrens setzt nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG einen Antrag voraus; die Befristung hat „in der Regel“ zu erfolgen. Sie steht somit nicht im Ermessen der Behörde, sondern darf - sofern kein Fall des § 11 Abs. 1 Satz 5 AufenthG vorliegt - nur in Ausnahmefällen unterbleiben und unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, Urteil vom 11.08.2000 – 1 C 5.00 -, InfAuslR 2000, 483). Weitere Entscheidungsvoraussetzungen enthält § 11 Abs. 1 AufenthG nicht. Die Vorschrift macht die Zulässigkeit eines Befristungsantrags oder einer Entscheidung darüber insbesondere nicht von einer vorherigen freiwilligen Ausreise des Ausländers oder der Bezahlung möglicherweise angefallener Abschiebekosten abhängig.
Eine der Garantie effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG widersprechende Erschwerung der Rechtsverfolgung oder gar eine Verkürzung des Rechtsweges bedeutet die Trennung der beiden Verfahren nicht (s. BVerwG, Urteil vom 20.05.1980, a.a.O.). Auch eine Beeinträchtigung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung des Privat- und Familienlebens kann der Senat hierin nicht erkennen. Der EGMR hat zwar in mehreren Entscheidungen die Ausweisung eines Ausländers als unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK erachtet, weil (noch) keine Entscheidung über die Befristung ihrer Wirkungen getroffen worden war (vgl. Urteil vom 17.04.2003 - 52853/99 -, , NJW 2004, 2147, 2149; Urteil vom 22.04.2004 - 42703/98 -, , InfAuslR 2004, 374; Urteil vom 27.10.2005 - 32231/92 - , InfAuslR 2006, 3). Den Urteilen des EGMR lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets bereits mit der Ausweisungsentscheidung zusammen getroffen werden muss und dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Das Urteil vom 22.04.2004 (, a.a.O.) betrifft zudem ein unbefristetes Aufenthaltsverbot nach österreichischem Recht und kann schon wegen der unterschiedlichen rechtlichen Ausgangslage nicht ohne weiteres herangezogen werden.
Das deutsche Recht verhindert eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers dadurch, dass es ihm für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, gewährt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG; vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 18.07.1979 - 1 BvR 650/77 -, BVerfGE 51, 386, 398 f. und BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997 - 1 B 126/97 -, Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 13). Es macht somit - anders als der EGMR - die Entscheidung über das „Ob“ der Befristung der Ausweisungswirkungen im Regelfall nicht einmal von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abhängig. Die regelmäßige Befristung setzt lediglich einen entsprechenden Antrag voraus, der seinerseits wiederum weder in zeitlicher noch in qualitativer Hinsicht an weitere Anforderungen geknüpft ist. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ist nur erforderlich, wenn die Ausländerbehörde ausnahmsweise die Befristung versagen will. In diese Prüfung sind unter anderem die nach Art. 8 EMRK relevanten Gesichtspunkte einzubeziehen. Nach Auffassung des Senats steht daher das Aufenthaltsgesetz, das eine Befristung nur auf Antrag vorsieht, weder zu dem - gleichrangigen - Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR in Widerspruch (zur Bedeutung der Rechtsprechung des EGMR vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1579/03 -, DVBl. 2004, 1097, 1098 ff.).
2. Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen Art. 8 EMRK, wie er durch den EGMR ausgelegt wird.
10 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff in dieses Recht ist nach Abs. 2 der Vorschrift nur statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen ist, ein legitimes Ziel verfolgt und zur Erreichung dieses Ziels notwendig ist.
11 
a) Ein schützenswertes Familienleben des Antragstellers i.S.d. Art. 8 Abs. 1 EMRK mit seiner früheren Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter erscheint entgegen seinem Vortrag äußerst zweifelhaft. Der Antragsteller bezeichnet die Mutter seiner Tochter im Rahmen seiner Anhörung zu der beabsichtigten Ausweisung zwar als seine Verlobte, die er vor seinem Haftantritt noch habe heiraten wollen. Auch trägt er vor, dass er und seine Verlobte die gemeinsame, nun fast sieben Jahre alte Tochter in familiärer Lebensgemeinschaft erzogen hätten. Der Antragsteller bleibt jedoch eine Erklärung dafür schuldig, wie diese familiäre Lebensgemeinschaft hergestellt worden sein soll. Denn seine Tochter lebt nicht nur gemeinsam mit ihrer Mutter in ..., während der Antragsteller vor seiner Inhaftierung in ... bei seinen Eltern wohnte. Es musste vielmehr im Januar 2002, als seine frühere Lebensgefährtin Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die gemeinsame Tochter beantragte, sein Wohnsitz erst ermittelt werden, da offensichtlich auch seine frühere Lebensgefährtin seine Anschrift nicht kannte. Auch in den Gründen des Urteils des Amtsgerichts Calw vom 14.12.2004, in dem der Antragsteller wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten mit Bewährung verurteilt wurde, ist ausgeführt, dass eine Beziehung zur Mutter des gemeinsamen Kindes nicht mehr bestehe. In den Gründen seines Urteils vom 07.04.2005 führt das Amtsgericht Calw aus, dass der Antragsteller keinen Kontakt zu seinem Kind unterhalte. Verstärkt werden die Zweifel am Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft schließlich noch dadurch, dass der Antragsteller nicht einmal das Alter seiner Tochter korrekt angeben konnte. Im Zeitpunkt seiner Anhörung war sie nämlich nicht bereits fast sieben, sondern lediglich viereinhalb Jahre alt. Aus den Akten lässt sich im Übrigen kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Antragsteller überhaupt Kontakt mit seiner Tochter und deren Mutter hat. Er trägt dies auch nicht substantiiert vor.
12 
Eine familiäre Lebensgemeinschaft könnte daher wohl allenfalls mit seinen Eltern bestehen, bei denen er nach Aktenlage vor seiner Inhaftierung wohnte.
13 
b) Der Eingriff in diese familiäre Lebensgemeinschaft dürfte jedoch gesetzlich vorgesehen sein. Die Ausweisung ist gestützt auf § 53 Abs. 1 Nr. 2, § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Sie ist vom Antragsteller bislang in tatbestandlicher Hinsicht nicht angegriffen worden. Sie begegnet nach der im vorläufigen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nach Aktenlage insoweit auch keinen rechtlichen Bedenken, so dass zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung auf die Begründung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.08.2006 verwiesen werden kann.
14 
Die Ausweisung erweist sich entgegen der Auffassung des Antragstellers wohl auch nicht mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse als fehlerhaft. Die Ausweisung wurde am 29.08.2006 verfügt. Die letzte Verurteilung des Antragstellers lag zu diesem Zeitpunkt nur gut fünf Monate zurück. In dem Urteil des Amtsgerichts Calw vom 07.03.2006 wird ausgeführt, dass keine günstige Sozialprognose mehr gestellt werden könne und letztlich zu hoffen sei, dass der Antragsteller eine Drogentherapie erfolgreich absolvieren könne und danach doch noch ein normales Leben führen werde. Die Absicht, eine Drogentherapie durchzuführen hat der Antragsteller auch im Rahmen seiner Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung am 26.05.2006 mitgeteilt und darüber hinaus angekündigt, den Antragsgegner umgehend über das Ergebnis des noch laufenden Antragsverfahrens zur Kostenübernahme zu informieren. Weitere Informationen sind entgegen dieser Zusage jedoch nicht eingegangen. Auch im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller hierzu nichts vorgetragen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner vor Erlass der Ausweisungsverfügung keinen Führungsbericht der Haftanstalt angefordert hat. Der Antragsteller trägt nichts dazu vor, welche Erkenntnisse hierdurch hätten gewonnen werden können, sondern verweist lediglich auf die Pflicht der Behörde zur Amtsermittlung. Den Antragsteller trifft jedoch nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch die Pflicht, seine Belange und für ihn günstige Umstände unverzüglich geltend zu machen. Dieser Mitwirkungspflicht ist er nicht nachgekommen. Zuverlässige Erkenntnisse über die weitere Entwicklung des Antragstellers seit seiner Anhörung hätten angesichts der Kürze des Berichtszeitraums wohl auch nicht gewonnen werden können. Eine Änderung der privaten und familiären Verhältnisse des Antragstellers ist ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
15 
c) Die Ausweisung verfolgt legitime Ziele im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK, nämlich die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Verhinderung von strafbaren Handlungen. Sie ist darüber hinaus notwendig zur Erreichung dieses Ziels. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
16 
aa) Ein Eingriff ist nach der Rechtsprechung des EGMR notwendig, wenn ein dringendes soziales Bedürfnis besteht und er verhältnismäßig zum legitimen Ziel ist (Urteil vom 22.04.2004 , a.a.O.). Es muss ein gerechter Ausgleich getroffen werden zwischen dem Recht des Antragstellers auf Achtung des Familienlebens auf der einen und den Interessen der öffentlichen Sicherheit und der Verhinderung von Straftaten auf der anderen Seite (EGMR, Urteil vom 27.10.2005 , a.a.O.). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sind die Natur und die Schwere der vom Antragsteller begangenen Straftaten, die Dauer seines Aufenthalts in der Bundesrepublik, die seit der Straftat vergangene Zeit und das Verhalten des Antragsteller in dieser Zeit, die Staatsangehörigkeiten der betroffenen Personen, die Familiensituation des Antragstellers und die Erheblichkeit der Schwierigkeiten im Herkunftsland zu berücksichtigen (EGMR, Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - , InfAuslR 2001, 476, 478).
17 
bb) Selbst wenn nach der Rechtsprechung des EGMR eine Entscheidung über die Befristung der Ausweisungswirkungen von Amts wegen zu erfolgen hätte, ist die Ausweisung des Antragstellers ohne gleichzeitige Befristung ihrer Wirkungen gemessen an den dargestellten Kriterien nicht unverhältnismäßig. Der Antragsteller beruft sich insoweit zwar auf die Urteile des EGMR vom 17.04.2003 (, a.a.O.), vom 22.04.2004 (, a.a.O.), vom 27.10.2005 (, a.a.O.) und vom 31.01.2006 (Az. 50252/99 , InfAuslR 2006, 255). Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Antragsgegners, dass die Umstände des vorliegenden Falles mit denen der vom EGMR entschiedenen Fälle nicht vergleichbar sind. Ein allgemeiner Rechtssatz, dass „für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung stets schon bei deren Erlass die Befristung zu prüfen ist“, lässt sich der Rechtsprechung des EGMR entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht entnehmen. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen Umstände handelt. Solche besonderen Umstände sind im Fall des Antragstellers nicht erkennbar.
18 
Die Urteile in den Verfahren „Yilmaz“, „Radovanovic“ und „Keles“ betrafen Ausweisungen vor dem Hintergrund von Delikten ohne Betäubungsmittelbezug. Demgegenüber ist der Antragsteller bereits dreimal wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden, zuletzt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Der EGMR hat stets betont, dass er Verständnis dafür habe, „dass die Vertragsstaaten gegen diejenigen, die zur Verbreitung dieser Geisel beitragen, entschlossen durchgreifen (vgl. Urteil vom 17.04.2003 , a.a.O., S. 2148; Urteil vom 22.04.2004 , a.a.O., S. 375).
19 
Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Antragsteller „lediglich“ Marihuana erworben und verkauft hat. Die strafgerichtliche Wertung des Verkaufs von Marihuana „an ihm gut bekannte ‚Kumpels’ aus der Szene“ als minderschweren Fall im Urteil des Amtsgerichts Calw vom 07.03.2006 gebietet es nicht, in ordnungsrechtlicher Hinsicht die Drogendelikte des Antragstellers insgesamt als ungewichtig zu erachten. Denn der Antragsteller ist bereits viermal wegen Drogendelikten verurteilt worden und er ist nach Aktenlage selbst nach wie vor drogenabhängig. Jedenfalls ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller die beabsichtigte Drogentherapie bereits erfolgreich durchgeführt hat.
20 
Soweit der Antragsteller auf das Urteil des EGMR vom 31.01.2006 in der Sache „Sezen“ (a.a.O.) verweist, ist sein Fall ebenfalls nicht mit dem dort entschiedenen vergleichbar. Der dort betroffene Ausländer war zwar wegen Besitzes von 52 kg Heroin zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Hintergrund der Entscheidung ist jedoch nicht eine Ausweisung als Reaktion auf das Drogendelikt, sondern die Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, die erforderlich geworden war, weil die ursprüngliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis wegen eines kurzzeitigen Getrenntlebens der betroffenen Ehegatten erloschen war. Als „Kernelement“ erachtet der Gerichtshof daher auch die Tatsache, dass die Ehe des betroffenen Ausländers wegen der kurzzeitigen Trennung der Eheleute als endgültig zerrüttet angesehen wurde, obwohl sie anschließend wieder zusammenlebten und sogar in der Trennungszeit ein Kind zeugten. Ausschlaggebend war schließlich, dass der betroffene Ausländer nach seiner Haftentlassung noch zwei Jahre in den Niederlanden bleiben und einer Erwerbstätigkeit nachgehen durfte und durch die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis eine funktionierende Familie auseinander gerissen worden wäre. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner früheren Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind besteht - wie oben ausgeführt - wohl nicht. Das Zusammenleben mit seinen Eltern ist nicht vergleichbar mit einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen Eltern und kleinen Kindern. Denn Eltern und erwachsene Kinder sind in der Regel nicht mehr aufeinander angewiesen, auch wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen zusammen wohnen. Etwaige wirtschaftliche Unterstützung kann auch durch Geldüberweisungen geleistet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, DVBl. 2004, 1097, 1098). Dass dies im Fall des Antragstellers anders sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern des Antragstellers beispielsweise wegen Krankheit auf dessen Unterstützung angewiesen sind oder umgekehrt.
21 
Bei dieser Sachlage begegnet die Ausweisung des Antragstellers keinen rechtlichen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner nicht über die Dauer der Ausweisungswirkungen entschieden hat. Einen Antrag auf Befristung der Ausweisungswirkungen hat der Antragsteller - soweit ersichtlich - bislang nicht gestellt.
22 
Die Abschiebungsandrohung ist infolge dessen ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 58 und 59 AufenthG.,
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
24 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
25 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.04.2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 16.09.2003 ins Bundesgebiet ein und stellte am 30.09.2003 als angeblicher Staatsbürger von Liberia unter dem falschen Namen ... einen Asylantrag, der vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 22.12.2003 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Zugleich wurde ihm seine Abschiebung nach Nigeria angedroht. Es sei völlig unglaubwürdig, dass er wie behauptet aus Liberia stamme. Seine Sprache habe während der Anhörung dem nigerianischen Englisch zugeordnet werden können, so dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wie in vielen gleichgelagerten Fällen, nicht aus Liberia, sondern in Wahrheit aus Nigeria stamme. Sein dagegen gerichteter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (- A 1 K 10051/04 - Beschluss v. 19.02.2004) und seine Hauptsacheklage (A 1 K 10050/04 - Urteil v. 29.04.2005) blieben erfolglos. Selbst bei Wahrunterstellung einer Herkunft aus Liberia seien keine Verfolgungsgründe oder sonstigen Abschiebungshindernisse gegeben. Infolge der Ablehnung seines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz war der Kläger seit 19.02.2004 vollziehbar ausreisepflichtig.
Am 22.07.2005 wurde er nach seiner Festnahme in Untersuchungshaft genommen. Am 15.11.2005 wurde er vom Amtsgericht ... wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit der Beihilfe zu unerlaubtem gewerbsmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Jugendstrafe von 24 Monaten auf Bewährung verurteilt. Grund dafür war, dass er am 03.09.2004 ein Briefchen mit 227 mg Heroin zu einem Preis von 10,-- EUR in ... in Gewinnerzielungsabsicht verkauft hatte. Dabei bewahrte er bei sich noch eine Kugel Crack auf, die er ebenfalls gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Ferner hatte er zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 04.11. und 06.11.2004 in ... von einer unbekannten Person 200 g Kokain übernommen, die er für einen anderen abholen und nach ... bringen sollte. Die geplante Übergabe in ... scheiterte. 100 g Kokain übergab der Kläger schließlich am 08.11.2004 in einem Asylbewerberheim in ...-... einem Dritten. Die übrigen 100 g Kokain gab er dem Auftraggeber zurück. Als Entlohnung für den Transport erhielt er 100,-- EUR.
Das Amtsgericht kam zu dem Ergebnis, der seinen Angaben zufolge am 12.12.1987 in Monrovia/Liberia geborene Kläger sei zur Tatzeit Jugendlicher gewesen. Er sei nach seiner Entwicklung reif genug, das Unrecht der Tat einzusehen und danach zu handeln. Bei ihm seien schädliche Neigungen festzustellen. Angesichts des von ihm abgelegten Geständnisses und der erlittenen viermonatigen Untersuchungshaft sei zur erzieherischen Einwirkung auf ihn eine Jugendstrafe von 24 Monaten erforderlich. Diese könne jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden, weil das Gericht einen weiteren Vollzug nicht für erforderlich halte.
Bereits mit Schreiben vom 04.08.2005 hatte das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger zu seiner beabsichtigten Ausweisung angehört.
Mit Schreiben vom 11.08.2005 hatte die Kläger-Vertreterin dazu Stellung genommen und das Regierungspräsidium Freiburg darauf hingewiesen, dass der Kläger bis zu seiner Inhaftierung mit seiner deutschen Lebensgefährtin in ... in einer eheähnlichen Beziehung gelebt habe. Er behandle deren Kind wie sein eigenes und sei Teil der Familie. Er sei mit der Lebensgefährtin verlobt. Diese arbeite ab 01.09.2005 nach Ablauf der Mutterschutzfrist wieder im ... Zentrum in ... und es sei geplant, dass der Kläger während ihrer Arbeitszeiten das Kind versorge. Die Menschenrechtslage in Liberia, wo er herstamme, sei nach wie vor prekär.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 06.04.2006 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung verwies es darauf, dass die Straftaten des Klägers den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 3 AufenthG erfüllten, wonach ein Ausländer in der Regel auszuweisen sei. Auf einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG könne er sich nicht berufen. Er erfülle keine der gesetzlich hierfür genannten Voraussetzungen. Auch nach § 56 Abs. 4 AufenthG komme ihm ein solcher besonderer Ausweisungsschutz nicht zu. Danach könne ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt habe, nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar abgeschlossen sei. Von dieser Bedingung könne allerdings abgesehen werden, wenn eine Abschiebungsandrohung nach dem Asylverfahrensgesetz vollziehbar sei. So liege es hier. Es liege auch kein atypischer Ausnahmefall vor, der das ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitige. Vielmehr habe der Kläger durch seine Beteiligung am illegalen Rauschgifthandel ein besonders gefährliches und schwer zu bekämpfendes Delikt begangen. Dem Schutz der Bevölkerung vor den außerordentlich schädlichen gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der Drogenkriminalität komme daher eine hervorragende Bedeutung zu. Er habe nicht davor zurückgeschreckt, auch mit den besonders gefährlichen Drogen Heroin und Kokain zu handeln und offenbar über gute Kontakte in die Drogenszene verfügt und diese genutzt, um seinen Lebensunterhalt aufzubessern. Dass das Gericht die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt habe, stehe der Gefahrenprognose, wonach von ihm auch künftige weitere Straftaten zu erwarten seien, nicht entgegen. Die strafrechtliche Sozialprognose unterscheide sich nämlich nach Voraussetzungen und Zweck von der ordnungsrechtlichen Gefahrenprognose. Im Gefahrenabwehrrecht, hier im Rahmen der Ausweisung nach dem Aufenthaltsgesetz genüge eine entfernte Wiederholungsgefahr. Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei nicht nötig. Zudem sprächen auch generalpräventive Gesichtspunkte für die Ausweisung. Gemäß § 55 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK sei ebenfalls nicht von einer Ausweisung abzusehen. Schutzwürdige familiäre oder sonstige Bindungen seien nicht ersichtlich. Der Kläger sei nach den vorliegenden Unterlagen ledig und habe keine eigenen Kinder. Selbst wenn er tatsächlich mit einer Deutschen verlobt sein sollte, stehe dies seiner Ausweisung nicht entgegen. Sonstige Duldungsgründe seien nicht ersichtlich. Insoweit liege eine nach § 42 AsylVfG verbindliche Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vor.
Nach Zustellung dieses Bescheids am 10.04.2006 an die Kläger-Vertreterin hat der Kläger vertreten durch diese am 29.04.2006 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei der Vater des Kindes, das seine Lebensgefährtin und Verlobte voraussichtlich am 02.12.2006 zur Welt bringen werde. Er habe ausweislich der insoweit von ihm vorgelegten Unterlagen am 27.04.2006 die Vaterschaft für dieses künftig noch zu gebärende Kind anerkannt und am gleichen Tag auch zusammen mit seiner Verlobten eine gemeinsame Sorgerechtserklärung für dieses Kind abgegeben. Seine Verlobte verfüge über ausreichend Wohnraum, so dass der Kläger bei seiner Familie leben könne. Bereits jetzt versorge er deren zweijähriges Kind, so dass sie ihrer Arbeit als ... nachgehen könne. Unter diesen Umständen bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr. Er sei nur wegen eines Vergehens verurteilt worden. Die verbüßte Untersuchungshaft von vier Monaten habe ihn deutlich beeindruckt und werde ihn auch von weiteren Straftaten dieser Art abhalten. Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr seien nicht ersichtlich. Bevor er straffällig geworden sei, habe er sich intensiv um Arbeit bemüht. Aufgrund der schlechten Arbeitsmarktlage und der nur eingeschränkten Arbeitsmöglichkeit für Asylbewerber sei er trotz vieler Bemühungen arbeitslos geblieben. Deprimiert und frustriert habe er einem falschen Freund vertraut, der ihm ein paar Euro für einen Drogentransport versprochen habe. In der Hauptverhandlung habe er dann aber ein umfassendes Geständnis abgelegt, ohne dass eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich gewesen wäre. Damit habe er unter Beweis gestellt, dass er seine Tat bereue und sich von derartigen Straftaten künftig distanziere. Es könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Kläger jemals wieder gegen das BTM-Gesetz verstoßen werde. Auch aufgrund des Geständnisses weiche sein Sachverhalt mithin deutlich von der Regelausweisungssituation ab. Eine Ausweisung des Klägers sei unverhältnismäßig und auch mit Blick auf die damit verbundene Trennung von seinem Kind und seiner Verlobten unzumutbar. Ein berechtigtes Interesse eines Ausländers an der Pflege und Erziehung seines deutschen Kindes werde auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung als zwingender Duldungsgrund angesehen. Gerade mit Rücksicht darauf, dass Bindungen zu Eltern in erster Linie im Kleinkindalter begründet würden, sei eine längere Trennungszeit von Vater und Kind verfassungsrechtlich unzumutbar.
Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens gab er mit Schreiben vom 16.03.2007 an, er sei tatsächlich Nigerianer und hat zum Beleg dafür eine Geburtsurkunde und seinen nigerianischen Reisepass vorgelegt, wonach er tatsächlich ... ... heißt und am 12.12.1981 geboren ist. Der nigerianische Reisepass wurde ihm am 21.03.2005 ausgestellt. Er bereue, falsche Angaben gemacht zu haben. Er sei naiv und unerfahren gewesen und habe falschen Freunden vertraut, die ihm geraten hätten, eine andere Identität anzugeben. Sein Kind, das er gemeinsam mit seiner Verlobten habe, sei mittlerweile am 05.12.2006 geboren worden. Seit 01.02.2007 gehe seine Verlobte wieder ihrer Tätigkeit als ... im Schichtdienst nach. Zum Teil beginne ihre Schicht schon um 6.00 Uhr morgens. Der Kläger betreue und versorge seinen Sohn sowie das andere Kind seiner Lebensgefährtin, damit sie in ihrem Beruf arbeiten und den Lebensunterhalt für den Kläger und die beiden Kinder und sich selbst erarbeiten könne. Im Falle einer Abschiebung des Klägers wäre sie gezwungen, ihre Arbeitsstelle aufzugeben, da sie von ihren Einkünften keine Tagesmutter finanzieren könne. Insoweit hat er eine Bestätigung des ... Zentrums ... vom 31.01.2007 über eine Beschäftigung seiner Verlobten von wöchentlich 30 Stunden sowie einen Plan über die verschiedenen Schichtdienste vorgelegt, der ausweist, dass die Verlobte nicht nur frühmorgens, sondern zum Teil auch spätabends noch arbeiten muss.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind der Kläger und insbesondere seine deutsche Verlobte vom Berichterstatter angehört worden. Sie hat angegeben, ca. 1.000,-- EUR netto zuzüglich zweimal Kindergeld und einmal Erziehungsgeld (in Höhe von 500,-- EUR monatlich) zu beziehen.
10 
Die Kläger-Vertreterin hat ferner darauf hingewiesen, dass die Unterlagen für eine Eheschließung praktisch komplett seien. Es fehle lediglich noch die für Dezember angekündigte Bestätigung der Identität des Klägers durch die deutsche Botschaft in Lagos. Kennengelernt habe der Kläger seine Verlobte im April 2005. Infolge der Haft und späteren Umverteilungsschwierigkeiten habe er erst seit August 2006 mit ihr in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben können. Seine Bewährungszeit laufe im November 2007 ab. Nach dem jetzt schon vorliegenden Bericht des Bewährungshelfers sei das Ergebnis positiv. Der Kläger habe sich seit den beiden Straftaten, für die er verurteilt worden sei, in keiner Weise mehr irgendetwas zu Schulden kommen lassen und regelmäßig die Termine mit dem Bewährungshelfer wahrgenommen. Mit Schriftsatz vom 14.03.2007 sei beim Ausländeramt der Stadt ...-... ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt worden, wobei ein ausdrücklicher Antrag auf Befristung der Ausweisung darin nicht formuliert worden sei.
11 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.04.2006 aufzuheben.
14 
Das beklagte Land beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Es verweist zur Begründung auf die Gründe des angegriffenen Bescheids und hat mit der Klageerwiderung ferner ausgeführt, die Klagebegründung führe nicht dazu, dass nunmehr ein atypischer Ausnahmefall anzunehmen sei. Die Ausweisung des Klägers sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich. Für die Erfüllung der Voraussetzung des § 54 Nr. 3 AufenthG spiele es keine Rolle, dass der Kläger „nur“ zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden sei. Dass er als abgelehnter Asylbewerber nicht habe arbeiten können, könne seine schweren Rauschgiftstraftaten nicht entschuldigen. Auch der Umstand seiner Verlobung mit einer Deutschen und eines gemeinsamen deutschen Kindes könne ein Absehen von der Ausweisung nicht rechtfertigen. Solche Umstände könnten ggf. im Wege der Befristung der Wirkungen der Ausweisung berücksichtigt werden. Der Kläger habe im Übrigen über Jahre hinweg seine wahre Identität bewusst verschleiert, um eine Aufenthaltsbeendigung zu erschweren und unmöglich zu machen. Auch das zeige schon, dass er nicht bereit sei, sich an die Rechtsordnung zu halten. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung sei der Zeitpunkt ihres Erlasses. Art. 8 EMRK könne im Befristungsverfahren die Geltung verschafft werden, das sei zumindest nach der Rechtsprechung des OVG Hamburg so. Selbst wenn man hinsichtlich der Prüfung des Art. 8 EMRK auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstelle, bedeutet dies nicht, dass wegen der später erfolgten Anerkennung der Vaterschaft für ein deutsches Kind die Regelausweisung vom 06.04.2006 aufzuheben wäre. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg auch zu berücksichtigen, dass das deutsche Aufenthaltsrecht zwischen der Ausweisung und der Abschiebung trenne und die Wirkungen der Ausweisung in der Regel insbesondere unter Berücksichtigung familiärer Belange befristet werden könne. Die Frage einer weiteren Duldung bzw. der Abschiebung des Klägers sei nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens. Gegebenenfalls könne der Kläger gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. § Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG eine Aufenthaltserlaubnis trotz einer Ausweisung erhalten. Da er unter diesen Umständen dann ohnedies wegen seiner familiären Bindungen nicht abgeschoben werden könne, sei die Ausweisung in ihren Folgen mangels einer wirklich dadurch bewirkten Trennung des Klägers von seiner Familie nicht unverhältnismäßig.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (1 Heft) sowie der Behördenakten (2 Hefte Akten des Regierungspräsidiums Freiburg) und der beigezogenen Akten des Gerichts zum vorangegangenen Asylverfahren (A 1 K 10050/04 und A 1 K 10051/04) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Ausweisungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
20 
Bisher wurde in der Rechtsprechung zwar hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses bzw. der letzten Behördenentscheidung abgestellt und nur in den Fällen freizügigkeitsberechtigter Bürger der EU bzw. assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung abgestellt (BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 18 und Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 26) bzw. nur hinsichtlich der isolierten Teilausschnittsprüfung zur Vereinbarkeit der Ausweisungsverfügung mit Art. 8 EMRK auf diesen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2004 - 10 S 1610/03 -, InfAuslR 2004, 18 und Urt. v. 06.10.2005 - 11 S 2508/04 - sowie Beschl. v. 28.06.2006 - 11 S 1731/05 - und Urt. v. 22.03.2006 - 11 S 1342/05 sowie Beschl. v. 28.02.2007 - 11 S 1788/06 -; ausführlich auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.03.2005 - 11 S 2885/04 - m.w.N.; so bisher auch die 1. Kammer des VG Freiburg - siehe z. B. Urt. v. 22.01.2007 - 1 K 998/05 und Urt. v. 28.03.2007 - 1 K 1368/05 sowie Beschl. v. 19.03.2007 - 1 K 791/07 -). Im Ausgangspunkt geht diese Rechtsprechung davon aus, dass ein sich aus den Vorgaben des Art. 8 EMRK insbesondere zur Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung möglicherweise ergebender Ausweisungsschutz gesondert zu prüfen und nicht im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zu behandeln ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1993 - 1 B 7.93 -, InfAuslR 1993, 257 und v. 29.09.1998 - 1 C 8/96 -, InfAuslR 1999, 54; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 -, VBlBW 2003, 28 und Beschl. v. 23.10.2002 - 11 S 1410/02 -, VBlBW 2003, 324).
21 
Im Rahmen dieser unmittelbar und einzig Art. 8 Abs. 1 EMRK als Prüfungsmaßstab zugrundeliegenden Prüfung wird aber nicht nur das Vorliegen eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schutzwürdigen Privat- und Familienlebens geprüft, sondern in einem zweiten Schritt anhand von Art. 8 Abs. 2 EMRK und dann auch geprüft, ob der Eingriff in dieses Privat- und Familienleben gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer usw. notwendig ist.
22 
An dieser Stelle zeigt sich, dass diese Abwägung eine solche Aufspaltung der für die beiden Prüfungsschritte maßgeblichen Beurteilungszeitpunkte genau besehen nicht erlaubt, die darauf hinaus läuft, hinsichtlich der Frage, ob ein schutzwürdiges Familien- und Privatleben vorliegt, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, hingegen hinsichtlich der damit abzuwägenden öffentlichen Sicherheitsinteressen auf die Situation zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
23 
Vielmehr erweist sich, dass die Aufspaltung in eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand der Vorschriften des nationalen Rechts bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Situation zur Zeit der letzten Behördenentscheidung und eine davon abgekoppelte eigenständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand von Art. 8 EMRK mit einer nur bezogen auf die familiäre Situation auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellenden Prüfung künstlich und dogmatisch nicht wirklich überzeugend. Denn sie nimmt die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, in dem die familiäre Situation unter dem Aspekt des Art. 8 EMRK betrachtet wird, nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes geltende Einschätzung des Gewichts der öffentlichen Interessen, wie sie in den Ausweisungsvorschriften der §§ 53 - 56 AufenthG zum Ausdruck kommt, nicht in den Blick, sondern überlässt es dem Gericht, im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK diese Interessen zu definieren und unter die dort sehr allgemein genannten Tatbestandmerkmale der öffentlichen Sicherheit usw. zu subsumieren.
24 
Die genannte Rechtsprechung, die hinsichtlich einer Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nach den Vorschriften des nationalen Rechts auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abstellt, beruht zudem auf dem Grundgedanken, dass alle späteren, nach diesem Zeitpunkt liegenden Entwicklungen und Veränderungen etwa hinsichtlich der Entstehung eines schutzwürdigen Familienlebens dann eben im Rahmen einer späteren auf Antrag des Ausländers erfolgenden Entscheidung über die Befristung (§ 11 AufenthG) der zunächst im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch mangels Vorliegens eines solchen Familienlebens als rechtmäßig zu bestätigenden Ausweisungsentscheidung Berücksichtigung finden können.
25 
Das Bundesverfassungsgericht, das schon in einer früheren Entscheidung die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs zu Art. 8 EMRK für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG hervorgehoben und auf diese europäische Rechtsprechung als Auslegungshilfe verwiesen hat (BVerfG, Beschl. v. 01.03.2004 - 2 BvR 2570/03 -, InfAuslR 2004, 280) hat jedoch in seiner Entscheidung vom 10.05.2007 (2 BvR 304/07) jüngst betont, dass es dem Schutzgehalt des Art. 8 EMRK nicht genüge, wenn sich ein Gericht mit dieser Vorschrift insgesamt nur unter dem Aspekt einer notwendigen Befristung der Ausweisung und damit verkürzt befasse, da die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei und durch eine Befristung der Ausweisungswirkungen die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung dann nicht wieder hergestellt werden könne, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet ein Wiedereinreiserecht nicht vorsehe und somit der Wegfall des Aufenthaltsverbots praktisch ohne Wirkung bleibe. Insoweit hat es betont, vorrangig sei im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die Ausweisung überhaupt - unabhängig von einer Befristung - dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspreche und in diesem Zusammenhang sei eine Prüfung des Art. 8 EMRK angezeigt. In derselben Entscheidung hat es ferner hervorgehoben, Art. 8 EMRK sei bereits im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Regelfall i.S.d. § 54 AufenthG vorliege, zu prüfen. Bereits an dieser Stelle und im Rahmen dieser Prüfung müsse nämlich untersucht werden, ob eine Regelausweisung einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Ausländers auf Achtung seines Privatlebens i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstelle. Falls dies zu verneinen sei, liege ein Ausnahmefall i.S.d. § 54 AufenthG vor. In diesem Zusammenhang könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass eine solche Berufung auf die Geltung des Art. 8 EMRK „verbraucht“ sei, da etwa schon die gesetzlichen Regelungen in § 54 AufenthG, die in Anknüpfung an das geschützte Familienleben eine Herabstufung der Ausweisung vorsähen, diesem Belang umfassend und abschließend Rechnung getragen hätten. Trotz dieser Herabstufungsvorschriften müsse Art. 8 EMRK noch als Verhältnismäßigkeitsmaßstab bei der Frage, ob ein Regel- oder ein Ausnahmefall vorliegt, erneut und eigenständig individuell in der Prüfung mit berücksichtigt werden. Die bloße Zurückstufung zu einer Regelausweisung garantiere nicht ohne Weiteres die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung.
26 
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ferner ausgeführt, die differenzierten Regelungen des Aufenthaltsgesetzes trügen zwar der Europäischen Menschenrechtskonvention grundsätzlich in ausreichender Weise Rechnung. Diese Feststellung entbinde jedoch nicht von der Verpflichtung, im Rahmen der Prüfung, ob ein Regelfall nach § 54 AufenthG vorliege, die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im konkreten Fall und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs namentlich zu Art. 8 Abs. 2 EMRK zu untersuchen, sondern setze diese Verpflichtung voraus. Die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Ausländers sowie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung seien daher in ihrer Gesamtheit zu betrachten und entsprechend konkret zu gewichten und abzuwägen. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung erfordere angesichts der Vielschichtigkeit der dabei zu berücksichtigenden tatsächlichen Umstände und der rechtlichen Komplexität eine „umfassende Prüfung unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklung des Ausländers“ (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, Beschlussabdruck S. 16 - 21).
27 
Unter Berücksichtigung dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erscheint es dem Gericht geboten, die bisherigen Rechtsprechung aufzugeben und hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vorliegend streitigen Ausweisungsverfügung insgesamt, also nicht mehr nur bezogen auf einen isolierten Teilausschnitt der Prüfung der Rechtmäßigkeit nach Art. 8 EMRK, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Nur so ergibt sich ein stimmiges Prüfungskonzept, das der umfassenden Bedeutung des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, der nicht isoliert, sondern als ein Kriterium der Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits direkt im Rahmen der Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung mit geprüft werden muss und dann, wenn für das Vorliegen eines schutzwürdigen Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auch alle Entwicklungen seit der Ausweisungsentscheidung bis zur gerichtlichen Entscheidung in den Blick zu nehmen sind, konsequenterweise auch die zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes und die darin zum Ausdruck kommende Gewichtung öffentlicher Interessen begriffsnotwendig mit einbeziehen muss.
28 
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 10.10.2007 lagen hier jedoch - anders als noch zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ausweisungsverfügung vom 06.04.2006 - die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vor, da der Kläger spätestens seit der Geburt seines Kindes am 05.12.2006, das er gemeinsam mit seiner deutschen Verlobten hat und für das er bereits am 27.04.2006 die Vaterschaft anerkannt und auch eine gemeinsame Sorgerechtserklärung mit seiner deutschen Verlobten abgegeben hat, mit diesem Kind in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Der besondere Ausweisungsschutz, den § 56 Abs. 1 AufenthG in Anknüpfung an die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seinem deutschen Kind gewährt, bedeutet zum einen, dass der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überhaupt ausgewiesen werden kann (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) und dass dann, wenn solche Gründe vorliegen, nämlich die Voraussetzungen des § 54 AufenthG gegeben sind (hier § 54 Nr. 3 AufenthG) diese Ausweisung nicht mehr regelmäßig zu verfügen ist, sondern darüber von der Ausländerbehörde nach Ermessen zu entscheiden ist.
29 
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlte es aber schon am Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Regelbeispiele für das Vorliegen solcher Gründe, wie sie in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannt werden, nämlich Fälle, des § 53 bzw. § 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG, sind hier schon nicht erfüllt. Ansonsten liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für eine Ausweisung außerhalb der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur dann vor, wenn dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt, das sich bei Straftaten insbesondere aus der Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Außerdem müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft drohen und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996, - NVwZ 1997, 297=InfAuslR 1997, 8 und VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.09.2001 - 10 S 1230/01 -, InfAuslR 2002, 26 und im Anschluss daran VG Freiburg, Beschl. v. 23.05.2007 - 1 K 706/07 -). Ausweisungsgründe nach § 56 AufenthG können - allerdings nur in Ausnahmefällen - auch im Bereich der Generalprävention schwerwiegend sein, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Bedeutung zukommt. Voraussetzung hierfür ist, dass die der Ausweisung zugrundeliegende Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, dass andere Ausländer über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abgehalten werden. Schwerwiegend bedeutet, dass eine lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Störungen nicht genügt, sondern dass vielmehr ein hinreichender Grad an Wiederholungsgefahr gegeben sein muss, bei dessen Ermittlung auch normativen Bewertungskriterien wie dem Gewicht, der Gefährlichkeit und den Schadensfolgen der Straftat eine gewisse Bedeutung zukommen kann.
30 
Eine solche qualifizierte Wiederholungsgefahr ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu verneinen. Der Kläger hat zwar im Herbst 2004 in der Tat zweimal mit gefährlichen Drogen gehandelt und ist dafür zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Es kann auch nicht verkannt werden, dass er wohl allein deshalb nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, weil er sich seinerzeit unter seiner falschen Identität jünger gemacht hatte, als er tatsächlich ausweislich des jetzt vorliegenden nigerianischen Reisepass ist und damals schon war. Bei der Drogenkriminalität handelt es sich auch um eine gewichtige Schwerkriminalität, andererseits hat der Kläger wohl nur in zwei vereinzelten Fällen und für vergleichsweise niedrigere Summen eher amateurhaft versucht, auf Bitten eines anderen hin sich mit einem Eigengewinn von insgesamt nur 110,-- EUR am Drogengeschäft zu beteiligen, was obendrein beim zweiten Mal weitestgehend schief lief. Nachdem er vier Monate Untersuchungshaft verbüßt hat und mittlerweile seine gesamte zweijährige Bewährungszeit bis Anfang November offenbar ohne jede weitere Auffälligkeit absolviert hat und insbesondere seitdem er mit seiner deutschen Verlobten und deren Kind seit Dezember 2006 nunmehr auch mit dem gemeinsamen eigenen Kind in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und sich insofern in stabilen Lebensverhältnissen befindet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass vom dem Kläger noch irgendwann einmal wieder die Gefahr ausgeht, er werde sich am illegalen Drogenhandel oder an sonstigen Straftaten beteiligen. Auch was die Wiederholungsgefahr bezüglich der vom Beklagten angeführten Identitätstäuschung durch den Kläger angeht, ist eine solche Gefahr nicht mehr gegeben, seitdem er seine wahre Identität unter Vorlage seines echten nigerianischen Reisepasses offengelegt hat, in Kürze im Dezember 2007 aller Voraussicht nach auch seine Verlobte formal gültig heiraten wird, in stabilen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit ihr lebt und von daher keinerlei Motivation oder Anlass mehr hat, irgendwann wieder erneut über seine Identität zu täuschen. Ganz abgesehen davon würde diese Täuschung jedenfalls keinen „schwerwiegenden“ Grund der öffentlichen Sicherheit darstellen. Insofern ist beim Kläger, der bei Begehung der Straftaten im Herbst 2004 mit seiner Verlobten noch gar nicht zusammen war, da er sie erst im April 2005 kennenlernte, von einer Zäsur in seiner Lebensentwicklung auszugehen, die eine Wiederholungsgefahr ausschließt. Das deckt sich auch mit der Einschätzung durch das Amtsgericht, das eine Strafaussetzung zur Bewährung für vertretbar gehalten hat und - wie sich mittlerweile herausgestellt hat - mit dieser Prognose richtig lag.
31 
Selbst wenn man im vorliegenden Fall mit Blick auf die Drogenkriminalität des Klägers allein aus generalpräventiven Gründen einen schwerwiegenden Grund der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit einen Ausweisungsgrund nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausnahmsweise annehmen wollte, so erweist sich die angegriffene Ausweisungsverfügung im vorliegenden Fall zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls als ermessensfehlerhaft (§§ 114 VwGO, 40 VwVfG).
32 
Der angegriffene Bescheid enthält in seiner Begründung - vor dem Hintergrund der damaligen Sachlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids völlig zutreffend - keinerlei Ermessenserwägungen, da das Regierungspräsidium seinerzeit zu Recht davon ausgehen konnte, dass kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG vorlag, der die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft hätte.
33 
Selbst wenn man die Ausführungen des Regierungspräsidiums in der Klageerwiderung bzw. in der mündlichen Verhandlung, die es zu Art. 6 bzw. Art. 8 EMRK bezogen auf den vorliegenden Fall gemacht hat, als Erwägungen und Begründungen ansehen wollte, mit denen es erstmals sein Ermessen hinsichtlich einer Ausweisung des Klägers für den Fall ausgeübt hätte, dass entgegen der bisher vom Regierungspräsidium vertretenen Ansicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen und daher vom Vorliegen eines besonderen Ausweisungsschutzes und deshalb von einer Herabstufung der Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung auszugehen ist, würden diese Erwägungen für eine ermessenfehlerfreie, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die dabei zu beachtenden Rechte des Klägers aus Art. 6 GG berücksichtigende Ermessensausübung nicht ausreichen.
34 
Nach der jetzigen Sachlage steht - wie auch das Regierungspräsidium in der mündlichen Verhandlung weitgehend konzediert hat - fest, dass Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einer Abschiebung des nach Ablehnung seines Asylverfahrens grundsätzlich vollziehbar ausreisepflichtigen Klägers rechtlich eindeutig entgegenstehen würden. Insbesondere mit Rücksicht auf seine tatsächlich gelebten familiären Beziehungen nicht nur zu seinem deutschen Kind, sondern auch zu seiner deutschen Verlobten und auf seine tatsächlichen Erziehungs- und Betreuungsleistungen, mit denen er seine Unterhaltsverpflichtung erfüllt, sind diese Beziehungen mit Blick auf das noch sehr geringe Alter des noch nicht einmal ein Jahr alten Kindes, das offenbar ein gutes und enges Verhältnis zum Kläger hat, wie dies auch in der mündlichen Verhandlung sichtbar wurde, von solchem Gewicht, dass ihm und insbesondere dem Kind eine auch nur vorübergehende Trennung durch Abschiebung zur Nachholung des Visumsverfahrens bzw. sogar eine längere Trennung für die Dauer der Sperrwirkung der Ausweisung nicht zumutbar wäre (vgl. insoweit zu einem dem vorliegenden Fall nahezu vergleichbaren Fall VG Freiburg, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 K 1104/06 -, bestätigt durch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.05.2007 - 11 S 1640/06 -, jeweils m.w.N.).
35 
Bei der Ermessensabwägung aber sind gem. § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG diese Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, sowie gem. § 55 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 60a Abs. 2 AufenthG auch entsprechende Abschiebungsverbote rechtlicher Art zu berücksichtigen. Mit dem bloßen Verweis darauf, dass den familiären Belangen des Klägers im Rahmen einer späteren Befristungsentscheidung Rechnung getragen werden könne und dass die Ausweisung wegen des sich aus Art. 6 GG/Art. 8 EMRK ergebenden Abschiebungsverbots nicht zu einer tatsächlichen Trennung des Klägers von seinem deutschen Kind und seiner deutschen Verlobten führen und insoweit das Grundrecht auf familiäres Zusammenleben nicht wirklich beeinträchtigen werde, hat das Regierungspräsidium jedoch im vorliegenden Fall sein Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.
36 
Wie das Bundesverfassungsgericht in der oben erwähnten Entscheidung deutlich gemacht hat, genügt es nämlich den Anforderungen des Art. 8 EMRK nicht, auf eine spätere Befristungsmöglichkeit zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dieser Ausweisung zu verweisen. Vielmehr muss Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG bereits im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes der Ausweisung gegen den das Ermessen beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.
37 
Im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung kann zwar berücksichtigt werden, dass es aufgrund eines konkreten rechtlichen Abschiebungsverbots tatsächlich gar nicht zu einer Trennung der Familienangehörigen in Folge der Ausweisung kommen wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 - und Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/05 -, juris = FamRZ 2005, 1907 = EZAR-NF 044 Nr. 2). Insofern soll auch eine lediglich generalpräventiv zur Abschreckung anderer Drogenhändler motivierte Ausweisung ihren Sinn noch erfüllen können, wenn sie zwar nicht zu einer Abschiebung des Ausländers, wohl aber zumindest zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/04 -).
38 
Dafür ist hier aber nichts ersichtlich, weil dem Kläger zumindest nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK i.V.m. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nach mehr als 18monatiger Duldung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sogar ungeachtet der verfügten Ausweisung zustehen würde, so dass eine Legalisierung seines Aufenthalts ungeachtet der Ausweisung möglich ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52).
39 
Unter diesen Umständen ist aber eine wirklich abschreckende Wirkung der Ausweisung nicht zu erwarten, da sie weder zu einer Abschiebung und Trennung des Klägers von seiner Familie, noch zu einer wirklichen Statusverschlechterung und einem Ausschluss der Möglichkeit der Legalisierung des Aufenthalts führt.
40 
Rein spezialpräventiv kann eine solche Ausweisung angesichts der Duldung des Aufenthalts des Klägers bzw. seines Anspruchs auf Duldung außerdem schon deshalb keine Wirkung entfalten, weil eine Abwehr der nach Ansicht des Beklagten vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahren, so sie denn heute überhaupt noch vorliegen mögen, durch zwangsweise Entfernung des Klägers vom Bundesgebiet gar nicht möglich ist.
41 
Unter diesen Umständen aber erweist sich die gleichwohl verfügte Ausweisung, die nach dem oben Gesagten ohnehin allenfalls noch generalpräventiven Zwecken zu dienen vermag, als unverhältnismäßig, weil letztlich ohne praktische Auswirkung.
42 
Der bloße Umstand, dass die Ausweisung in Folge ihrer Sperrwirkung zu verhindern vermag, dass dem Kläger selbst bei formal gültiger Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 und 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 AufenthG, sondern nur nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden kann, vermag nach allem die Ausweisung nicht zu rechtfertigen.
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Es ist bislang obergerichtlich nicht geklärt, inwieweit mit Rücksicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt in Fällen mit Bezug zu Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK nunmehr einheitlich hinsichtlich der gesamten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsentscheidung auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts abzustellen ist.

Gründe

 
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Ausweisungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
20 
Bisher wurde in der Rechtsprechung zwar hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses bzw. der letzten Behördenentscheidung abgestellt und nur in den Fällen freizügigkeitsberechtigter Bürger der EU bzw. assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung abgestellt (BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 18 und Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 26) bzw. nur hinsichtlich der isolierten Teilausschnittsprüfung zur Vereinbarkeit der Ausweisungsverfügung mit Art. 8 EMRK auf diesen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2004 - 10 S 1610/03 -, InfAuslR 2004, 18 und Urt. v. 06.10.2005 - 11 S 2508/04 - sowie Beschl. v. 28.06.2006 - 11 S 1731/05 - und Urt. v. 22.03.2006 - 11 S 1342/05 sowie Beschl. v. 28.02.2007 - 11 S 1788/06 -; ausführlich auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.03.2005 - 11 S 2885/04 - m.w.N.; so bisher auch die 1. Kammer des VG Freiburg - siehe z. B. Urt. v. 22.01.2007 - 1 K 998/05 und Urt. v. 28.03.2007 - 1 K 1368/05 sowie Beschl. v. 19.03.2007 - 1 K 791/07 -). Im Ausgangspunkt geht diese Rechtsprechung davon aus, dass ein sich aus den Vorgaben des Art. 8 EMRK insbesondere zur Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung möglicherweise ergebender Ausweisungsschutz gesondert zu prüfen und nicht im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zu behandeln ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1993 - 1 B 7.93 -, InfAuslR 1993, 257 und v. 29.09.1998 - 1 C 8/96 -, InfAuslR 1999, 54; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 -, VBlBW 2003, 28 und Beschl. v. 23.10.2002 - 11 S 1410/02 -, VBlBW 2003, 324).
21 
Im Rahmen dieser unmittelbar und einzig Art. 8 Abs. 1 EMRK als Prüfungsmaßstab zugrundeliegenden Prüfung wird aber nicht nur das Vorliegen eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schutzwürdigen Privat- und Familienlebens geprüft, sondern in einem zweiten Schritt anhand von Art. 8 Abs. 2 EMRK und dann auch geprüft, ob der Eingriff in dieses Privat- und Familienleben gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer usw. notwendig ist.
22 
An dieser Stelle zeigt sich, dass diese Abwägung eine solche Aufspaltung der für die beiden Prüfungsschritte maßgeblichen Beurteilungszeitpunkte genau besehen nicht erlaubt, die darauf hinaus läuft, hinsichtlich der Frage, ob ein schutzwürdiges Familien- und Privatleben vorliegt, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, hingegen hinsichtlich der damit abzuwägenden öffentlichen Sicherheitsinteressen auf die Situation zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
23 
Vielmehr erweist sich, dass die Aufspaltung in eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand der Vorschriften des nationalen Rechts bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Situation zur Zeit der letzten Behördenentscheidung und eine davon abgekoppelte eigenständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung anhand von Art. 8 EMRK mit einer nur bezogen auf die familiäre Situation auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellenden Prüfung künstlich und dogmatisch nicht wirklich überzeugend. Denn sie nimmt die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, in dem die familiäre Situation unter dem Aspekt des Art. 8 EMRK betrachtet wird, nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes geltende Einschätzung des Gewichts der öffentlichen Interessen, wie sie in den Ausweisungsvorschriften der §§ 53 - 56 AufenthG zum Ausdruck kommt, nicht in den Blick, sondern überlässt es dem Gericht, im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK diese Interessen zu definieren und unter die dort sehr allgemein genannten Tatbestandmerkmale der öffentlichen Sicherheit usw. zu subsumieren.
24 
Die genannte Rechtsprechung, die hinsichtlich einer Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nach den Vorschriften des nationalen Rechts auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abstellt, beruht zudem auf dem Grundgedanken, dass alle späteren, nach diesem Zeitpunkt liegenden Entwicklungen und Veränderungen etwa hinsichtlich der Entstehung eines schutzwürdigen Familienlebens dann eben im Rahmen einer späteren auf Antrag des Ausländers erfolgenden Entscheidung über die Befristung (§ 11 AufenthG) der zunächst im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch mangels Vorliegens eines solchen Familienlebens als rechtmäßig zu bestätigenden Ausweisungsentscheidung Berücksichtigung finden können.
25 
Das Bundesverfassungsgericht, das schon in einer früheren Entscheidung die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs zu Art. 8 EMRK für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG hervorgehoben und auf diese europäische Rechtsprechung als Auslegungshilfe verwiesen hat (BVerfG, Beschl. v. 01.03.2004 - 2 BvR 2570/03 -, InfAuslR 2004, 280) hat jedoch in seiner Entscheidung vom 10.05.2007 (2 BvR 304/07) jüngst betont, dass es dem Schutzgehalt des Art. 8 EMRK nicht genüge, wenn sich ein Gericht mit dieser Vorschrift insgesamt nur unter dem Aspekt einer notwendigen Befristung der Ausweisung und damit verkürzt befasse, da die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei und durch eine Befristung der Ausweisungswirkungen die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung dann nicht wieder hergestellt werden könne, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet ein Wiedereinreiserecht nicht vorsehe und somit der Wegfall des Aufenthaltsverbots praktisch ohne Wirkung bleibe. Insoweit hat es betont, vorrangig sei im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die Ausweisung überhaupt - unabhängig von einer Befristung - dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspreche und in diesem Zusammenhang sei eine Prüfung des Art. 8 EMRK angezeigt. In derselben Entscheidung hat es ferner hervorgehoben, Art. 8 EMRK sei bereits im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Regelfall i.S.d. § 54 AufenthG vorliege, zu prüfen. Bereits an dieser Stelle und im Rahmen dieser Prüfung müsse nämlich untersucht werden, ob eine Regelausweisung einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Ausländers auf Achtung seines Privatlebens i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstelle. Falls dies zu verneinen sei, liege ein Ausnahmefall i.S.d. § 54 AufenthG vor. In diesem Zusammenhang könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass eine solche Berufung auf die Geltung des Art. 8 EMRK „verbraucht“ sei, da etwa schon die gesetzlichen Regelungen in § 54 AufenthG, die in Anknüpfung an das geschützte Familienleben eine Herabstufung der Ausweisung vorsähen, diesem Belang umfassend und abschließend Rechnung getragen hätten. Trotz dieser Herabstufungsvorschriften müsse Art. 8 EMRK noch als Verhältnismäßigkeitsmaßstab bei der Frage, ob ein Regel- oder ein Ausnahmefall vorliegt, erneut und eigenständig individuell in der Prüfung mit berücksichtigt werden. Die bloße Zurückstufung zu einer Regelausweisung garantiere nicht ohne Weiteres die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung.
26 
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ferner ausgeführt, die differenzierten Regelungen des Aufenthaltsgesetzes trügen zwar der Europäischen Menschenrechtskonvention grundsätzlich in ausreichender Weise Rechnung. Diese Feststellung entbinde jedoch nicht von der Verpflichtung, im Rahmen der Prüfung, ob ein Regelfall nach § 54 AufenthG vorliege, die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im konkreten Fall und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs namentlich zu Art. 8 Abs. 2 EMRK zu untersuchen, sondern setze diese Verpflichtung voraus. Die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Ausländers sowie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung seien daher in ihrer Gesamtheit zu betrachten und entsprechend konkret zu gewichten und abzuwägen. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung erfordere angesichts der Vielschichtigkeit der dabei zu berücksichtigenden tatsächlichen Umstände und der rechtlichen Komplexität eine „umfassende Prüfung unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklung des Ausländers“ (BVerfG, Beschl. v. 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, Beschlussabdruck S. 16 - 21).
27 
Unter Berücksichtigung dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erscheint es dem Gericht geboten, die bisherigen Rechtsprechung aufzugeben und hinsichtlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vorliegend streitigen Ausweisungsverfügung insgesamt, also nicht mehr nur bezogen auf einen isolierten Teilausschnitt der Prüfung der Rechtmäßigkeit nach Art. 8 EMRK, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Nur so ergibt sich ein stimmiges Prüfungskonzept, das der umfassenden Bedeutung des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, der nicht isoliert, sondern als ein Kriterium der Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits direkt im Rahmen der Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung mit geprüft werden muss und dann, wenn für das Vorliegen eines schutzwürdigen Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auch alle Entwicklungen seit der Ausweisungsentscheidung bis zur gerichtlichen Entscheidung in den Blick zu nehmen sind, konsequenterweise auch die zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes und die darin zum Ausdruck kommende Gewichtung öffentlicher Interessen begriffsnotwendig mit einbeziehen muss.
28 
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 10.10.2007 lagen hier jedoch - anders als noch zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ausweisungsverfügung vom 06.04.2006 - die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vor, da der Kläger spätestens seit der Geburt seines Kindes am 05.12.2006, das er gemeinsam mit seiner deutschen Verlobten hat und für das er bereits am 27.04.2006 die Vaterschaft anerkannt und auch eine gemeinsame Sorgerechtserklärung mit seiner deutschen Verlobten abgegeben hat, mit diesem Kind in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Der besondere Ausweisungsschutz, den § 56 Abs. 1 AufenthG in Anknüpfung an die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seinem deutschen Kind gewährt, bedeutet zum einen, dass der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überhaupt ausgewiesen werden kann (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) und dass dann, wenn solche Gründe vorliegen, nämlich die Voraussetzungen des § 54 AufenthG gegeben sind (hier § 54 Nr. 3 AufenthG) diese Ausweisung nicht mehr regelmäßig zu verfügen ist, sondern darüber von der Ausländerbehörde nach Ermessen zu entscheiden ist.
29 
Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlte es aber schon am Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Regelbeispiele für das Vorliegen solcher Gründe, wie sie in § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannt werden, nämlich Fälle, des § 53 bzw. § 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG, sind hier schon nicht erfüllt. Ansonsten liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für eine Ausweisung außerhalb der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur dann vor, wenn dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt, das sich bei Straftaten insbesondere aus der Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Außerdem müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft drohen und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996, - NVwZ 1997, 297=InfAuslR 1997, 8 und VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.09.2001 - 10 S 1230/01 -, InfAuslR 2002, 26 und im Anschluss daran VG Freiburg, Beschl. v. 23.05.2007 - 1 K 706/07 -). Ausweisungsgründe nach § 56 AufenthG können - allerdings nur in Ausnahmefällen - auch im Bereich der Generalprävention schwerwiegend sein, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Bedeutung zukommt. Voraussetzung hierfür ist, dass die der Ausweisung zugrundeliegende Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, dass andere Ausländer über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abgehalten werden. Schwerwiegend bedeutet, dass eine lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Störungen nicht genügt, sondern dass vielmehr ein hinreichender Grad an Wiederholungsgefahr gegeben sein muss, bei dessen Ermittlung auch normativen Bewertungskriterien wie dem Gewicht, der Gefährlichkeit und den Schadensfolgen der Straftat eine gewisse Bedeutung zukommen kann.
30 
Eine solche qualifizierte Wiederholungsgefahr ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu verneinen. Der Kläger hat zwar im Herbst 2004 in der Tat zweimal mit gefährlichen Drogen gehandelt und ist dafür zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Es kann auch nicht verkannt werden, dass er wohl allein deshalb nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, weil er sich seinerzeit unter seiner falschen Identität jünger gemacht hatte, als er tatsächlich ausweislich des jetzt vorliegenden nigerianischen Reisepass ist und damals schon war. Bei der Drogenkriminalität handelt es sich auch um eine gewichtige Schwerkriminalität, andererseits hat der Kläger wohl nur in zwei vereinzelten Fällen und für vergleichsweise niedrigere Summen eher amateurhaft versucht, auf Bitten eines anderen hin sich mit einem Eigengewinn von insgesamt nur 110,-- EUR am Drogengeschäft zu beteiligen, was obendrein beim zweiten Mal weitestgehend schief lief. Nachdem er vier Monate Untersuchungshaft verbüßt hat und mittlerweile seine gesamte zweijährige Bewährungszeit bis Anfang November offenbar ohne jede weitere Auffälligkeit absolviert hat und insbesondere seitdem er mit seiner deutschen Verlobten und deren Kind seit Dezember 2006 nunmehr auch mit dem gemeinsamen eigenen Kind in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und sich insofern in stabilen Lebensverhältnissen befindet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass vom dem Kläger noch irgendwann einmal wieder die Gefahr ausgeht, er werde sich am illegalen Drogenhandel oder an sonstigen Straftaten beteiligen. Auch was die Wiederholungsgefahr bezüglich der vom Beklagten angeführten Identitätstäuschung durch den Kläger angeht, ist eine solche Gefahr nicht mehr gegeben, seitdem er seine wahre Identität unter Vorlage seines echten nigerianischen Reisepasses offengelegt hat, in Kürze im Dezember 2007 aller Voraussicht nach auch seine Verlobte formal gültig heiraten wird, in stabilen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit ihr lebt und von daher keinerlei Motivation oder Anlass mehr hat, irgendwann wieder erneut über seine Identität zu täuschen. Ganz abgesehen davon würde diese Täuschung jedenfalls keinen „schwerwiegenden“ Grund der öffentlichen Sicherheit darstellen. Insofern ist beim Kläger, der bei Begehung der Straftaten im Herbst 2004 mit seiner Verlobten noch gar nicht zusammen war, da er sie erst im April 2005 kennenlernte, von einer Zäsur in seiner Lebensentwicklung auszugehen, die eine Wiederholungsgefahr ausschließt. Das deckt sich auch mit der Einschätzung durch das Amtsgericht, das eine Strafaussetzung zur Bewährung für vertretbar gehalten hat und - wie sich mittlerweile herausgestellt hat - mit dieser Prognose richtig lag.
31 
Selbst wenn man im vorliegenden Fall mit Blick auf die Drogenkriminalität des Klägers allein aus generalpräventiven Gründen einen schwerwiegenden Grund der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit einen Ausweisungsgrund nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausnahmsweise annehmen wollte, so erweist sich die angegriffene Ausweisungsverfügung im vorliegenden Fall zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls als ermessensfehlerhaft (§§ 114 VwGO, 40 VwVfG).
32 
Der angegriffene Bescheid enthält in seiner Begründung - vor dem Hintergrund der damaligen Sachlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids völlig zutreffend - keinerlei Ermessenserwägungen, da das Regierungspräsidium seinerzeit zu Recht davon ausgehen konnte, dass kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG vorlag, der die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft hätte.
33 
Selbst wenn man die Ausführungen des Regierungspräsidiums in der Klageerwiderung bzw. in der mündlichen Verhandlung, die es zu Art. 6 bzw. Art. 8 EMRK bezogen auf den vorliegenden Fall gemacht hat, als Erwägungen und Begründungen ansehen wollte, mit denen es erstmals sein Ermessen hinsichtlich einer Ausweisung des Klägers für den Fall ausgeübt hätte, dass entgegen der bisher vom Regierungspräsidium vertretenen Ansicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen und daher vom Vorliegen eines besonderen Ausweisungsschutzes und deshalb von einer Herabstufung der Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung auszugehen ist, würden diese Erwägungen für eine ermessenfehlerfreie, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die dabei zu beachtenden Rechte des Klägers aus Art. 6 GG berücksichtigende Ermessensausübung nicht ausreichen.
34 
Nach der jetzigen Sachlage steht - wie auch das Regierungspräsidium in der mündlichen Verhandlung weitgehend konzediert hat - fest, dass Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einer Abschiebung des nach Ablehnung seines Asylverfahrens grundsätzlich vollziehbar ausreisepflichtigen Klägers rechtlich eindeutig entgegenstehen würden. Insbesondere mit Rücksicht auf seine tatsächlich gelebten familiären Beziehungen nicht nur zu seinem deutschen Kind, sondern auch zu seiner deutschen Verlobten und auf seine tatsächlichen Erziehungs- und Betreuungsleistungen, mit denen er seine Unterhaltsverpflichtung erfüllt, sind diese Beziehungen mit Blick auf das noch sehr geringe Alter des noch nicht einmal ein Jahr alten Kindes, das offenbar ein gutes und enges Verhältnis zum Kläger hat, wie dies auch in der mündlichen Verhandlung sichtbar wurde, von solchem Gewicht, dass ihm und insbesondere dem Kind eine auch nur vorübergehende Trennung durch Abschiebung zur Nachholung des Visumsverfahrens bzw. sogar eine längere Trennung für die Dauer der Sperrwirkung der Ausweisung nicht zumutbar wäre (vgl. insoweit zu einem dem vorliegenden Fall nahezu vergleichbaren Fall VG Freiburg, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 K 1104/06 -, bestätigt durch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.05.2007 - 11 S 1640/06 -, jeweils m.w.N.).
35 
Bei der Ermessensabwägung aber sind gem. § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG diese Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, sowie gem. § 55 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 60a Abs. 2 AufenthG auch entsprechende Abschiebungsverbote rechtlicher Art zu berücksichtigen. Mit dem bloßen Verweis darauf, dass den familiären Belangen des Klägers im Rahmen einer späteren Befristungsentscheidung Rechnung getragen werden könne und dass die Ausweisung wegen des sich aus Art. 6 GG/Art. 8 EMRK ergebenden Abschiebungsverbots nicht zu einer tatsächlichen Trennung des Klägers von seinem deutschen Kind und seiner deutschen Verlobten führen und insoweit das Grundrecht auf familiäres Zusammenleben nicht wirklich beeinträchtigen werde, hat das Regierungspräsidium jedoch im vorliegenden Fall sein Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.
36 
Wie das Bundesverfassungsgericht in der oben erwähnten Entscheidung deutlich gemacht hat, genügt es nämlich den Anforderungen des Art. 8 EMRK nicht, auf eine spätere Befristungsmöglichkeit zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dieser Ausweisung zu verweisen. Vielmehr muss Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG bereits im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes der Ausweisung gegen den das Ermessen beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.
37 
Im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung kann zwar berücksichtigt werden, dass es aufgrund eines konkreten rechtlichen Abschiebungsverbots tatsächlich gar nicht zu einer Trennung der Familienangehörigen in Folge der Ausweisung kommen wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2002 - 11 S 862/02 - und Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/05 -, juris = FamRZ 2005, 1907 = EZAR-NF 044 Nr. 2). Insofern soll auch eine lediglich generalpräventiv zur Abschreckung anderer Drogenhändler motivierte Ausweisung ihren Sinn noch erfüllen können, wenn sie zwar nicht zu einer Abschiebung des Ausländers, wohl aber zumindest zu einer Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Position im Bundesgebiet führt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.05.2005 - 11 S 2885/04 -).
38 
Dafür ist hier aber nichts ersichtlich, weil dem Kläger zumindest nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK i.V.m. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nach mehr als 18monatiger Duldung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sogar ungeachtet der verfügten Ausweisung zustehen würde, so dass eine Legalisierung seines Aufenthalts ungeachtet der Ausweisung möglich ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2004 - 13 S 778/02 -, InfAuslR 2005, 52).
39 
Unter diesen Umständen ist aber eine wirklich abschreckende Wirkung der Ausweisung nicht zu erwarten, da sie weder zu einer Abschiebung und Trennung des Klägers von seiner Familie, noch zu einer wirklichen Statusverschlechterung und einem Ausschluss der Möglichkeit der Legalisierung des Aufenthalts führt.
40 
Rein spezialpräventiv kann eine solche Ausweisung angesichts der Duldung des Aufenthalts des Klägers bzw. seines Anspruchs auf Duldung außerdem schon deshalb keine Wirkung entfalten, weil eine Abwehr der nach Ansicht des Beklagten vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahren, so sie denn heute überhaupt noch vorliegen mögen, durch zwangsweise Entfernung des Klägers vom Bundesgebiet gar nicht möglich ist.
41 
Unter diesen Umständen aber erweist sich die gleichwohl verfügte Ausweisung, die nach dem oben Gesagten ohnehin allenfalls noch generalpräventiven Zwecken zu dienen vermag, als unverhältnismäßig, weil letztlich ohne praktische Auswirkung.
42 
Der bloße Umstand, dass die Ausweisung in Folge ihrer Sperrwirkung zu verhindern vermag, dass dem Kläger selbst bei formal gültiger Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 und 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 AufenthG, sondern nur nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden kann, vermag nach allem die Ausweisung nicht zu rechtfertigen.
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Es ist bislang obergerichtlich nicht geklärt, inwieweit mit Rücksicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt in Fällen mit Bezug zu Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK nunmehr einheitlich hinsichtlich der gesamten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsentscheidung auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts abzustellen ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 - ist insoweit, d.h. hinsichtlich der Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 (Abschiebungsandrohung), unwirksam.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, geändert. Die Klage wird, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und die Abschiebungsandrohung.
Der am 12.08.1979 in Berlin geborene ledige Kläger besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Seine Schulausbildung schloss der Kläger mit dem Hauptschulabschluss ab. Anschließend besuchte er eine Fachschule für Nachrichtentechnik, die er nach einem Jahr mit einem Abgangszeugnis verließ. Im Jahre 1998 begann der Kläger mit einer Ausbildung zum Fahrradmechaniker, die er aber bereits nach einem Monat wieder abbrach. Anschließend war er arbeitslos, eine im September 1999 begonnene Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte er lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und schließlich als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Der Vater des Klägers ist im Jahr 1995 verstorben. Am 15.08.1995 erteilte das Landeseinwohneramt Berlin dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Im Sommer 1999 verließ der Kläger mit dem Ziel, sein Leben in einer neuen Umgebung zu stabilisieren, die Wohnung seiner Mutter in Berlin und lebte für mehrere Monate bei seiner Tante in Stuttgart. Ende 1999 zogen auch seine Mutter und sein Bruder nach Stuttgart und lebten wieder mit dem Kläger in einer Wohnung zusammen.
Strafrechtlich trat der Kläger wie folgt in Erscheinung:
1. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Berlin-Tiergarten vom 08.12.1997: 3 Tage Jugendarrest wegen Körperverletzung;
2. Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 27.07.1998: Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 15 DM wegen Diebstahls geringwertiger Sachen;
3. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Tiergarten vom 14.12.1998: Jugendstrafe von 6 Monaten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wobei die Vollstreckung der Strafe auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde;
4. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Tiergarten vom 19.05.1999: Jugendstrafe von 18 Monaten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in 6 Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung von Ziff. 4); die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung wurde zunächst für die Dauer von 6 Monaten zurückgestellt und schließlich mit Beschluss vom 28.03.2000 gewährt;
5. Urteil des Amtsgerichts Stuttgart - Jugendschöffengericht - vom 14.09.2000: Unter Einbeziehung des Urteils vom 19.05.1999 Jugendstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen. Die vom Kläger gegen dieses Urteil eingelegte Berufung verwarf das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 09.01.2001. Tattage waren der 05.02. und der 14.02.2000.
Mit Schreiben vom 20.12.1999 setzte die Stadt Stuttgart den Kläger davon in Kenntnis, dass im Hinblick auf die von ihm begangenen Straftaten seine Ausweisung geprüft werde, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
10 
Am 29.11.2000 wurde der Kläger von der Polizei einer Personenkontrolle unterzogen. Bei ihm wurden 1,9 Gramm Marihuana gefunden, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte.
11 
Am 09.04.2001 trat der Kläger seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim an. Am 19.04.2002 wurde der Kläger aus der Haft wieder entlassen.
12 
Mit Schreiben vom 24.09.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger darauf hin, dass im Hinblick auf seine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz seine Ausweisung in Betracht komme, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Hinblick auf die angekündigte Ausweisung machte der Kläger geltend, dass er erstmals wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt worden sei und es sich zudem um die weiche Droge Marihuana gehandelt habe. Angesichts der Verurteilung von weit unter zwei Jahren sei eine Ausweisung unverhältnismäßig.
13 
Mit Verfügung vom 01.10.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet unter Anordnung des Sofortvollzugs aus und drohte ihm ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat an, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Zur Begründung wies das Regierungspräsidium darauf hin, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erfülle. Er genieße jedoch besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG. Der geahndete Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz stelle einen schwerwiegenden Ausweisungsanlass dar. Auch das Strafgericht sei von einer denkbar ungünstigen Zukunftsprognose ausgegangen. Angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger auch durch zwei Bewährungsappelle nicht von der Begehung weiterer Straftaten habe abhalten lassen, sei auch in Zukunft mit weiteren Straftaten zu rechnen. Auch sei die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Die Stützung der Ausweisung auf generalpräventive Gründe sei auch nicht nach den Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 unzulässig. Die Ausweisung des Klägers sei auch aus spezialpräventiven Erwägungen erfolgt. Er habe zum Zeitpunkt seines Haftantritts in einem Arbeitsverhältnis gestanden; das von der Sozialberatung getragene Beschäftigungsprojekt habe aber noch nicht die für eine diesbezügliche Rechtsposition erforderliche Eingliederung in den vorhandenen Arbeitsmarkt vermittelt. Nach § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG werde die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft. Das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers gehe aber seinem privaten Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Der Kläger habe durch sein strafrechtlich relevantes Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich künftig straffrei zu führen. Auch habe sich der Kläger nicht in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Weder im gesellschaftlichen noch im sozialen Bereich noch in beruflicher Hinsicht habe der Kläger Fuß gefasst. Auch ein Ortswechsel von Berlin nach Stuttgart habe nicht zu einer Verbesserung geführt. Er habe weder eine Berufsausbildung zu Ende gebracht noch sei er kontinuierlich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Als Angehöriger der zweiten Generation von im Bundesgebiet lebenden Ausländern sei er wohl zweisprachig aufgewachsen. Dadurch seien ihm die kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seines Heimatlandes nicht gänzlich fremd. Auch sei ihm angesichts seines Alters ein Neubeginn in seinem Heimatland möglich. Das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft habe ihn nicht von Straftaten abgehalten. Art. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens stehe der Ausweisung des Klägers nicht entgegen. Vor seiner Inhaftierung sei der Kläger zwar im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig gewesen. Diese Rechtsposition im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 habe er durch seine Inhaftierung wieder verloren. Auch sei eine Berufung auf Art. 6 ARB 1/80 ausgeschlossen, wenn Art. 14 ARB 1/80 eingreife. Die Ausweisung des Klägers aus dem Bundesgebiet habe aber ordnungsrechtlichen Charakter. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen der Privilegierung in Art. 6 und 7 ARB 1/80 erfülle. Die Ausweisung sei auch nicht nach Art. 8 EMRK unzulässig. Die im Ausländergesetz eröffnete Möglichkeit der Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen erfülle die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Durch die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisung erlösche die ihm erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Damit sei der Kläger auch vollziehbar ausreisepflichtig. Da der Kläger in Strafhaft einsitze, bedürfe es nach § 50 Abs. 5 AuslG keiner Fristsetzung.
14 
Am 31.10.2001 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Er habe in der Türkei keine Verwandten mehr. Seine Mutter lebe seit 23 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, sein Vater sei 1995 verstorben. Auch seine Geschwister lebten im Bundesgebiet. Sein Heimatland sei die Bundesrepublik Deutschland und nicht die Türkei. Eine Rückkehr in die Türkei habe für ihn irreversible Folgen. Auch habe seine Familie in der Türkei ihr gesamtes Hab und Gut verkauft. Aus § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG sei zu schließen, dass in den Fällen des § 47 Abs. 2 AuslG nur unter ganz bestimmten Umständen von schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen werden könne. Es sei zu berücksichtigen, dass er nicht mit gefährlichen Drogen wie Kokain oder Heroin, sondern mit der weitaus weniger gefährlichen Droge Haschisch in Berührung gekommen sei.
15 
Mit Beschluss vom 19.03.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 5 K 4278/01) die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausweisung wieder hergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet.
16 
Zur Begründung des Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vorgetragen, dass mit weiteren Straftaten des Klägers zu rechnen sei. Der Kläger sei bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ohne dass ihn vom Gericht ausgesprochene Bewährungsstrafen letztendlich von neuerlichen Straftaten hätten abhalten können. Dementsprechend bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr.
17 
Mit Urteil vom 08.10.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 aufgehoben. Zur Begründung des Urteils hat es ausgeführt: Die Ausweisung des Klägers sei wegen Verstoßes gegen Art. 8 EMRK rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Aus dem Inhalt der Akten und dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger faktisch zum Inländer geworden sei, den mit der Türkei außer der Staatsangehörigkeit nichts mehr verbinde. Zwar sei davon auszugehen, dass dem Kläger aufgrund des Zusammenlebens mit seinen Eltern und Geschwistern gewisse soziale und kulturelle Beziehungen zur Türkei vermittelt worden seien. Diese Einflüsse seien aber in der Bundesrepublik deutlich in den Hintergrund gedrängt worden. Eine Übersetzung in das Türkische sei ihm nur bei einfacheren Wörtern möglich gewesen. Die Prägung als faktischer Inländer ergebe sich auch aus seinem intensiven Kontakt im Alter von 11 bis 12 Jahren zu einer deutschen Nachbarin und Arbeitskollegin seiner Mutter sowie deren Sohn in Berlin. Diese Nachbarin sei für den Kläger in der Zeit, in der sich seine Eltern getrennt hätten, eine Ersatzmutter gewesen. Auch sei er außerhalb des häuslichen Bereichs vielfältigen deutschen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Die Türkei habe der Kläger lediglich als Urlaubsland während seiner Kindheit kennen gelernt. In der Türkei lebten keine Verwandten des Klägers mehr. Der Kläger sei daher in einem Ausmaß faktisch zum Inländer geworden, dass ihm von vornherein der Weggang aus der Bundesrepublik Deutschland und der Verbleib in der Türkei unzumutbar und daher unverhältnismäßig seien. Sei die Ausweisung rechtswidrig, so sei auch die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
18 
Mit Beschluss vom 21.07.2003 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen. Im Hinblick auf die am 19.04.2002 erfolgte Entlassung des Klägers aus der Strafhaft haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache hinsichtlich der in der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 in Ziff. 3 ausgesprochenen Abschiebungsandrohung übereinstimmend für erledigt erklärt.
19 
Mit am 04.08.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.10.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat der Beklagte auf die Ausführungen im Antrag auf Zulassung der Berufung verwiesen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 -, soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist, zu ändern und die Klage, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen, soweit das Verfahren in der Hauptsache nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen noch anhängig ist.
24 
Entgegen der Annahme des Beklagten habe er im Jahr 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Dieser sei jedoch wegen der langen Verfahrensdauer abgelehnt worden, weil er nach Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis Jugendverfehlungen begangen habe. Der Beklagte verkenne, dass er bereits als Kind wesentlich mehr Kontakt zu Deutschen gehabt habe als dies bei vergleichbaren türkischen Staatsangehörigen der zweiten und dritten Generation üblicherweise der Fall sei. Insbesondere habe eine sehr intensive Beziehung zu seiner deutschen "Ersatzmutter" bestanden, die ihn wie einen Sohn betreut habe. Im Ergebnis sei er wegen seiner Beziehungen zu Deutschen ein faktischer Inländer. Nach dem Urteil vom 14.09.2000 habe er keine Straftaten mehr begangen. Die Straftaten habe er sämtlich als Jugendlicher oder Heranwachsender und damit in einer Zeit der Orientierung begangen. Mittlerweile habe er sich jedoch weiterentwickelt und erkennbar stabilisiert. Das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart entspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK. Im Übrigen verweist der Kläger auf die Begründung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts und seine Ausführungen im Verfahren auf Zulassung der Berufung.
25 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akten des Verwaltungsgerichts des Klageverfahrens sowie des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, auf die Ausländerakte sowie auf die Akte des Ausweisungsverfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

Gründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.