Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 07. Mai 2009 - 4 K 3280/08

bei uns veröffentlicht am07.05.2009

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 25.06.2008 verpflichtet, den Kläger als Architekten im Praktikum in die Architektenliste Baden-Württemberg einzutragen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Eintragung in die Architektenliste. Er schloss am 20.02.2007 erfolgreich ein Architekturstudium an der Fachhochschule Konstanz nach drei Jahren mit dem Bachelorzeugnis ab. Am 31.08.2007 schloss er darüber hinaus ebenfalls an der Hochschule Konstanz erfolgreich ein Studium des Maschinenbaus mit Diplom ab.
Mit Schreiben vom 18.12.2007 beantragte er, ihn als Architekten im Praktikum in die hierüber geführte Liste bei der Beklagten einzutragen. Die Beklagte wies ihn darauf hin, dass ein nur dreijähriges Studium nicht als Nachweis eines Studienabschlusses im Sinn von § 4 Abs. 2 Nr. 1 ArchG ausreiche, da hierfür ein vierjähriges Vollzeitstudium erforderlich sei. Die Beklagte hat aufgrund der Sitzung ihres Eintragungsausschusses für den Kammerbezirk Freiburg vom 07.03.2008 durch Bescheid vom 25.06.2008 den Antrag abgelehnt. Nach § 4 Abs. 2 ArchG sei erste Voraussetzung für die Berufsbefähigung der Nachweis des erfolgreichen Abschlusses einer Ausbildung für die Berufsaufgaben eines Architekten an einer deutschen Universität, Kunsthochschule, Fachhochschule oder gleichwertigen Lehreinrichtung. Was als hinreichende Hochschulausbildung für die Eintragung als Architekt anerkannt werden könne, erschließe sich ergänzend aus der Richtlinie 2005/36 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Nach Art. 46 Abs. 1 dieser Richtlinie sei als Mindestvoraussetzung für die Ausbildung des Architekten eine Ausbildung von mindestens vier Studienjahren geregelt. Entsprechend enthielten die Architektengesetze fast aller deutschen Bundesländer die ausdrückliche Regelung, dass ein Architekturstudium mindestens vier Jahre zu dauern habe, wenn es in Vollzeit absolviert werde. Auch die Bundesarchitektenkammer stelle in ihrem Leitfaden für die Berufsqualifikation von Architekten eindeutig fest, dass eine vierjährige Studiendauer zu verlangen sei. Um der EU-Richtlinie zu genügen, gebe es in Deutschland keineswegs nur dreijährige Bachelorstudiengänge, sondern auch vierjährige. Es stelle die Entscheidung des jeweiligen Landes dar, drei- oder vierjährige Bachelorstudiengänge anzubieten.
Gegen den am 25.07.2008 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 22.08.2008 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Nach seinem Diplomabschluss im Maschinenbau habe er zunächst bei der Z. AG unter Anleitung eines Architekten/Stadtplaners gearbeitet und habe sonach die gemäß § 5 Abs. 2 ArchG erforderliche praktische Tätigkeit nachgewiesen. Der Bescheid der Beklagten sei unrichtig. Denn es werde verkannt, dass der Kläger bereits vor dem Jahr 2005, in welchem die fragliche EU-Richtlinie verabschiedet worden sei, mit dem Studium begonnen habe und von Anfang an auf einen dreijährigen Bachelorabschluss hingearbeitet habe. Zum Zeitpunkt des Studienbeginns sei die Frage, ob auch Bachelorabsolventen mit dreijährigem Studium den Anspruch hätten, in die Architektenliste aufgenommen zu werden, noch nicht eindeutig geklärt gewesen. In Baden-Württemberg sei zwischen Ministerium, der Hochschule Konstanz und der Fakultät AG (Architektur und Gestaltung) der Hochschule Konstanz vereinbart worden, dass auch Bachelorabsolventen eines dreijährigen Studiengangs sich in der Kammer bzw. in die Architektenliste eintragen lassen könnten. Der Eintragungsausschuss habe verkannt, dass die Richtlinie in Art. 46 Abs. 2 besage, dass die Aktualisierung für keinen der Mitgliedsstaaten eine Änderung bestehender gesetzlicher Grundsätze der Berufsordnung hinsichtlich der Ausbildung und der Bedingungen für den Zugang natürlicher Personen zum Beruf erfordern dürfe. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, eine Übergangsregelung für die Absolventen zu erlassen, die ihr dreijähriges Bachelorstudium zu einem Zeitpunkt begonnen hätten, als allgemeine Unsicherheit bestanden habe, wie eben diese nach dem Abschluss zu behandeln seien. Auf eine Novellierung des Architektengesetzes in dem von ihm gewünschten Sinn hinzuwirken, hätten sich u. a. Vertreter des Wissenschaftsministeriums und der Beklagten im Oktober 2008 verständigt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 25.06.2008 zu verpflichten, den Kläger als Architekten im Praktikum in die Architektenliste Baden-Württemberg einzutragen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, das Studium der Architektur mit Abschluss Diplom dauere an den Fachhochschulen regelmäßig acht Semester (Mindeststudium - bzw. Regelstudienzeit). Davon gehe das Architektengesetz aus. Mit dem Bachelorabschluss nach einem sechssemestrigen Fachhochschulstudium habe der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Wenn ein kürzeres Studium nach einem nur sechssemestriges Studium ausreichen solle, müsse das Architektengesetz entsprechend geändert werden. Bei der letzten Novellierung zum 03.05.2005 habe bereits die Richtlinie 1985/384/EWG des Rates vom 10.06.1985 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur gegolten. Diese EU-Richtlinie sei schon damals von einer vierjährigen Studienzeit ausgegangen. Hätte das Architektengesetz in Abweichung von dieser Richtlinie eine geringere Ausbildungsdauer für ausreichend erachten wollen, hätte dies im Gesetz verankert werden müssen. Es müsse deshalb dabei verbleiben, dass eine vierjährige Ausbildungsdauer Voraussetzung für die in § 4 Abs. 2 ArchG genannte Berufsbefähigung sei.
Weil der nationale Gesetzgeber und die EU immer schon von einer vierjährigen Mindeststudiendauer ausgegangen seien, könne Art. 46 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2005/36 im vorliegenden Fall nicht in der Weise ausgelegt werden, wie dies vom Prozessbevollmächtigten des Klägers getan werde. Eine Verschlechterung für das deutsche Recht sei gerade nicht eingetreten. Einer weitergehenden Übergangsvorschrift habe es deshalb nicht bedurft. Von einer Vereinbarung zwischen dem Wirtschaftsministerium und den baden-württembergischen Universitäten sei der Beklagten nichts bekannt. Es sei davon auszugehen, dass es eine solche Regelung nicht gebe, zumal eine derartige Vereinbarung gegen die eindeutigen Regelungen des baden-württembergischen Architektengesetzes verstoßen würde. Soweit der Kläger Gespräche zwischen Ministerien im Jahr 2008 mit dem Ziel der Aufnahme einer Übergangsregelung in das Architektengesetz angesprochen habe, könne dies de lege lata nicht berücksichtigt werden; im Übrigen erfülle er auch nicht die Voraussetzungen der dort ins Auge gefassten Übergangsregelung.
10 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
11 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig.
12 
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im vorliegenden Fall gemäß § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO nach dem Wohnsitz des Klägers, da sich die Zuständigkeit der Beklagten auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt. Der Wohnsitz des Klägers befand sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung in G. (Landkreis Heidenheim) und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Stuttgart.
13 
Zwar hat der Kläger ausweislich einer Auskunft der Meldebehörde F. vom 06.05.2009 und seiner eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung seinen Hauptwohnsitz in F. und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Sigmaringen begründet; dies erfolgte aber erst im November 2008 und damit nach Erhebung der Klage. Ein Wohnsitzwechsel nach Klageerhebung konnte nach den Grundsätzen der perpetuatiofori (§ 83 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart aber nicht mehr verändern. Die Tatsache, dass die F.-Adresse bereits in der Klageschrift benannt wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, seinen Lebensmittelpunkt erst mit der Ummeldung nach F. verlegt zu haben. Das Bestehen einer Nebenwohnung schon bei Klagerhebung führt nicht zur Annahme von mehreren Wohnsitzen im Sinne von § 7 Abs. 2 BGB. Diese grundsätzlich bestehende Möglichkeit ist vielmehr auf die Fälle beschränkt, in denen mehrere Lebensmittelpunkte bestehen (vgl. VG Stuttgart, Beschl. v. 18.02.2009 - 9 K 384/09 - unter Hinweis auf VGH Baden-Württ, Beschl. v. 28.06.2005 - 4 S 2543/04 -, NVwZ-RR 2006, 203). Daher war für eine im Falle des Bestehens mehrerer Wohnsitze in unterschiedlichen Gerichtsbezirken eingreifende Zuständigkeitsbestimmung durch den Verwaltungsgerichtshof nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO kein Raum.
14 
Die Verpflichtungsklage ist ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig. Denn nach § 16 Abs. 3 Satz 3 ArchG entfällt ein Vorverfahren bei allen Entscheidungen des Eintragungsausschusses. Hierzu zählt die Entscheidung über die Eintragung in die Architektenliste (§ 3 Abs. 3 Satz 1 ArchG).
15 
Die Klage ist auch begründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO) Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Eintragung in die Architektenliste.
16 
Er erfüllt die Voraussetzungen des für die Eintragung maßgeblichen § 4 ArchG. Danach ist in die Architektenliste der jeweiligen Fachrichtung ein Bewerber auf Antrag u. a. einzutragen, wer in Baden-Württemberg seinen Wohnsitz oder eine Niederlassung hat oder überwiegend beschäftigt ist und die Berufsbefähigung nach Absatz 2 bis 5 nachweist (§ 4 Abs. 1 ArchG).
17 
Der Kläger besitzt entgegen der Auffassung der Beklagten die Berufsbefähigung nach § 4 Abs. 2 ArchG im Hinblick auf seinen Studienabschluss in Architektur. Nach dieser Vorschrift besitzt die Berufsbefähigung, wer
18 
1. eine Ausbildung für die Berufsaufgaben seiner Fachrichtung nach § 1 an einer deutschen Universität, Kunsthochschule, Fachhochschule oder gleichwertigen Lehreinrichtung mit Erfolg abgeschlossen hat und
19 
2. nach der Ausbildung eine praktische Tätigkeit im Aufgabenbereich seiner Fachrichtung nach § 1 von mindestens zwei Jahren unter Anleitung bei einem Architekten dieser Fachrichtung oder bei einem Stadtplaner oder eine gleichwertige Tätigkeit nachweist.
20 
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ArchG. Denn er hat ein Bachelor-Studium in Architektur an der Fachhochschule Konstanz erfolgreich abgeschlossen und damit gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 LHG den Regelabschluss eines Hochschulstudiums erreicht. Anders als die Beklagte annimmt, ergibt sich normativ nicht, dass ein dreijähriges Bachelorstudium hierfür nicht ausreichen sollte. Vielmehr bestimmt § 29 Abs. 2 Satz 3 LHG ausdrücklich, dass Bachelorabschlüsse dieselben Berechtigungen wie die bisherigen Diplomabschlüsse der Fachhochschulen verleihen. Nach § 29 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 LHG beträgt die Regelstudiendauer bei Studiengängen mit dem Hochschulabschluss Bachelor mindestens drei und höchstens vier Jahre. Angesichts des klaren Normwortlauts ist kein Raum für die Einfügung zusätzlicher Kriterien, wie sie die Beklagte aus Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABlEG L 255 S. 22) entnehmen will. Aus den dortigen Grundsätzen ergeben sich Voraussetzungen für die Anerkennung einer im Ausland durchgeführten Architektenausbildung im Inland; unmittelbare Anforderungen an die Ausgestaltung der nationalen Eintragungsvoraussetzungen werden in der Richtlinie dagegen nicht geregelt. Auch der Umstand, dass bereits vor Inkrafttreten der genannten Richtlinie und der Neufassung des Architektengesetzes vom 05.10.1999 gemäß der Richtlinie 1985/384/EWG des Rates vom 10.06.1985 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (ABlEG L 223 S. 15) von einer vierjährigen Ausbildungsdauer als Anerkennungsvoraussetzung auszugehen war, ändert entgegen der Auffassung der Beklagten nichts an diesem Befund. Auch wenn der Gesetzgeber - ohne dies ausdrücklich zu regeln - (früher) von einer mindestens vierjährigen Ausbildungsdauer ausgegangen sein sollte, fehlt es - angesichts der konkreten Regelungen im Architektengesetz und im Landeshochschulgesetz - derzeit an einem normativen Spielraum, der durch die von der Beklagten befürwortete systematische oder europarechtskonforme Auslegung ausgefüllt werden könnte.
21 
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass auch die Bundesarchitektenkammer vom Erfordernis eines vierjährigen Vollzeitstudiums ausgehe und auf die entsprechende Ausgestaltung in den Architektengesetzen mehrerer Bundesländer Bezug nimmt, ist ihr wiederum entgegenzuhalten, dass im baden-württembergischen Architektengesetz eine derartige Mindestzeit gerade nicht geregelt ist. Vielmehr wird dort nur auf den (erfolgreichen) Abschluss einer Ausbildung abgestellt und damit der Sache nach auf die Regelungen des Landeshochschulgesetzes verwiesen, in welchem u. a. Regelungen zu den neuen Studienabschlüssen Bachelor und Master getroffen worden sind. Hätte man die - unterstellten - bisherigen ungeschriebenen Grundsätze eines vierjährigen Vollzeitstudiums für Architekten inhaltlich beibehalten wollen, hätte es unter diesen Umständen einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung entweder im Landeshochschulgesetz oder im Architektengesetz bedurft. Hieran fehlt es jedoch. Ein anderes Verständnis wäre auch nur schwer mit dem Vertrauensschutz von Absolventen der neuen Studiengänge vereinbar. Wer sich im Vertrauen auf die geltenden Regelungen einer berufsqualifizierenden Bachelorausbildung unterzieht, darf nach ihrer Durchführung vor der Aufnahme des angestrebten Berufs allenfalls dann vor zusätzliche Hürden gestellt werden, wenn sich diese zu Beginn der Ausbildung klar abzeichnen.
22 
Die Beklagte kann auch nicht mit ihrer Argumentation durchdringen, dass die dreijährige Bachelorausbildung jedenfalls deshalb nicht zum Abschluss einer Ausbildung nach § 1 ArchG führen könne, weil in derartigen Ausbildungsgängen deutlich weniger als bei der vierjährigen Ausbildung in den Bereichen „Entwurf“ und „wirtschaftliche Planung“ unterrichtet und vermittelt werde. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass § 1 ArchG kein quantitatives Mindestmaß an Ausbildungsanforderungen regelt. Vielmehr ist nach § 1 Abs. 1 ArchG Berufsaufgabe des Architekten die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Der vom Kläger absolvierte Studiengang in Architektur vermittelt - wie auch die Beklagte nicht bestreitet - jedenfalls Kenntnisse in den genannten Bereichen. Das wird im Übrigen auch konkret aus dem in den Akten der Beklagten befindlichen Bachelorzeugnis des Klägers deutlich, in dem Leistungsbewertungen u. a. für „Entwerfen und Städtebau“, „Konstruktion und Technik“ sowie „Planungs- und Baumanagement“ enthalten sind.
23 
Soweit die Beklagte mit ihrer genannten Argumentation vortragen will, der Umfang der in einem dreijährigen Bachelorstudium vermittelten Kenntnisse bleibe hinter dem eines vierjährigen Architekturstudiums zurück, bedarf es hierzu keiner weiteren Aufklärung durch das Gericht. Denn selbst wenn dem so sein sollte, käme es im vorliegenden Verfahren hierauf nicht an. Es liegt nämlich im Rahmen der Einschätzungsprärogative und des Entscheidungsspielraums des Landesgesetzgebers, die Berufsqualifikation normativ auch nach dem erfolgreichen Abschluss von Ausbildungen zu bejahen, die einen gegenüber bisherigen Ausbildungsgängen eingeschränkteren Kenntnisumfang vermitteln. Soweit die Beklagte diesen Kenntnisumfang für nicht mehr ausreichend hält, um den beruflichen Anforderungen an einen Architekten zu genügen, bleibt ihr eine solche rechtspolitische Einschätzung unbenommen. Rechtliche Relevanz nach außen erhält diese Position aber erst dann, wenn es gelingt, den Landesgesetzgeber hiervon zu überzeugen und ihn zu veranlassen, normativ Zusatzanforderungen in ihrem Sinn zu regeln.
24 
Im Hinblick darauf, dass der Kläger derzeit noch nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 ArchG erfüllt, aber den Beginn der praktischen Tätigkeit nach § 5 Abs. 2 ArchG schriftlich angezeigt hat, hat er einen Anspruch auf Eintragung als „Architekt im Praktikum“ (vgl. § 2 Abs. 1, Abs. 2 ArchG i. V. m. § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 7 Architekteneintragungsverordnung vom 13.07.1999, GBl. S. 350).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
26 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
27 
Beschluss vom 07. Mai 2009
28 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
11 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig.
12 
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im vorliegenden Fall gemäß § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO nach dem Wohnsitz des Klägers, da sich die Zuständigkeit der Beklagten auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt. Der Wohnsitz des Klägers befand sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung in G. (Landkreis Heidenheim) und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Stuttgart.
13 
Zwar hat der Kläger ausweislich einer Auskunft der Meldebehörde F. vom 06.05.2009 und seiner eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung seinen Hauptwohnsitz in F. und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Sigmaringen begründet; dies erfolgte aber erst im November 2008 und damit nach Erhebung der Klage. Ein Wohnsitzwechsel nach Klageerhebung konnte nach den Grundsätzen der perpetuatiofori (§ 83 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart aber nicht mehr verändern. Die Tatsache, dass die F.-Adresse bereits in der Klageschrift benannt wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, seinen Lebensmittelpunkt erst mit der Ummeldung nach F. verlegt zu haben. Das Bestehen einer Nebenwohnung schon bei Klagerhebung führt nicht zur Annahme von mehreren Wohnsitzen im Sinne von § 7 Abs. 2 BGB. Diese grundsätzlich bestehende Möglichkeit ist vielmehr auf die Fälle beschränkt, in denen mehrere Lebensmittelpunkte bestehen (vgl. VG Stuttgart, Beschl. v. 18.02.2009 - 9 K 384/09 - unter Hinweis auf VGH Baden-Württ, Beschl. v. 28.06.2005 - 4 S 2543/04 -, NVwZ-RR 2006, 203). Daher war für eine im Falle des Bestehens mehrerer Wohnsitze in unterschiedlichen Gerichtsbezirken eingreifende Zuständigkeitsbestimmung durch den Verwaltungsgerichtshof nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO kein Raum.
14 
Die Verpflichtungsklage ist ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig. Denn nach § 16 Abs. 3 Satz 3 ArchG entfällt ein Vorverfahren bei allen Entscheidungen des Eintragungsausschusses. Hierzu zählt die Entscheidung über die Eintragung in die Architektenliste (§ 3 Abs. 3 Satz 1 ArchG).
15 
Die Klage ist auch begründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO) Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Eintragung in die Architektenliste.
16 
Er erfüllt die Voraussetzungen des für die Eintragung maßgeblichen § 4 ArchG. Danach ist in die Architektenliste der jeweiligen Fachrichtung ein Bewerber auf Antrag u. a. einzutragen, wer in Baden-Württemberg seinen Wohnsitz oder eine Niederlassung hat oder überwiegend beschäftigt ist und die Berufsbefähigung nach Absatz 2 bis 5 nachweist (§ 4 Abs. 1 ArchG).
17 
Der Kläger besitzt entgegen der Auffassung der Beklagten die Berufsbefähigung nach § 4 Abs. 2 ArchG im Hinblick auf seinen Studienabschluss in Architektur. Nach dieser Vorschrift besitzt die Berufsbefähigung, wer
18 
1. eine Ausbildung für die Berufsaufgaben seiner Fachrichtung nach § 1 an einer deutschen Universität, Kunsthochschule, Fachhochschule oder gleichwertigen Lehreinrichtung mit Erfolg abgeschlossen hat und
19 
2. nach der Ausbildung eine praktische Tätigkeit im Aufgabenbereich seiner Fachrichtung nach § 1 von mindestens zwei Jahren unter Anleitung bei einem Architekten dieser Fachrichtung oder bei einem Stadtplaner oder eine gleichwertige Tätigkeit nachweist.
20 
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ArchG. Denn er hat ein Bachelor-Studium in Architektur an der Fachhochschule Konstanz erfolgreich abgeschlossen und damit gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 LHG den Regelabschluss eines Hochschulstudiums erreicht. Anders als die Beklagte annimmt, ergibt sich normativ nicht, dass ein dreijähriges Bachelorstudium hierfür nicht ausreichen sollte. Vielmehr bestimmt § 29 Abs. 2 Satz 3 LHG ausdrücklich, dass Bachelorabschlüsse dieselben Berechtigungen wie die bisherigen Diplomabschlüsse der Fachhochschulen verleihen. Nach § 29 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 LHG beträgt die Regelstudiendauer bei Studiengängen mit dem Hochschulabschluss Bachelor mindestens drei und höchstens vier Jahre. Angesichts des klaren Normwortlauts ist kein Raum für die Einfügung zusätzlicher Kriterien, wie sie die Beklagte aus Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABlEG L 255 S. 22) entnehmen will. Aus den dortigen Grundsätzen ergeben sich Voraussetzungen für die Anerkennung einer im Ausland durchgeführten Architektenausbildung im Inland; unmittelbare Anforderungen an die Ausgestaltung der nationalen Eintragungsvoraussetzungen werden in der Richtlinie dagegen nicht geregelt. Auch der Umstand, dass bereits vor Inkrafttreten der genannten Richtlinie und der Neufassung des Architektengesetzes vom 05.10.1999 gemäß der Richtlinie 1985/384/EWG des Rates vom 10.06.1985 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (ABlEG L 223 S. 15) von einer vierjährigen Ausbildungsdauer als Anerkennungsvoraussetzung auszugehen war, ändert entgegen der Auffassung der Beklagten nichts an diesem Befund. Auch wenn der Gesetzgeber - ohne dies ausdrücklich zu regeln - (früher) von einer mindestens vierjährigen Ausbildungsdauer ausgegangen sein sollte, fehlt es - angesichts der konkreten Regelungen im Architektengesetz und im Landeshochschulgesetz - derzeit an einem normativen Spielraum, der durch die von der Beklagten befürwortete systematische oder europarechtskonforme Auslegung ausgefüllt werden könnte.
21 
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass auch die Bundesarchitektenkammer vom Erfordernis eines vierjährigen Vollzeitstudiums ausgehe und auf die entsprechende Ausgestaltung in den Architektengesetzen mehrerer Bundesländer Bezug nimmt, ist ihr wiederum entgegenzuhalten, dass im baden-württembergischen Architektengesetz eine derartige Mindestzeit gerade nicht geregelt ist. Vielmehr wird dort nur auf den (erfolgreichen) Abschluss einer Ausbildung abgestellt und damit der Sache nach auf die Regelungen des Landeshochschulgesetzes verwiesen, in welchem u. a. Regelungen zu den neuen Studienabschlüssen Bachelor und Master getroffen worden sind. Hätte man die - unterstellten - bisherigen ungeschriebenen Grundsätze eines vierjährigen Vollzeitstudiums für Architekten inhaltlich beibehalten wollen, hätte es unter diesen Umständen einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung entweder im Landeshochschulgesetz oder im Architektengesetz bedurft. Hieran fehlt es jedoch. Ein anderes Verständnis wäre auch nur schwer mit dem Vertrauensschutz von Absolventen der neuen Studiengänge vereinbar. Wer sich im Vertrauen auf die geltenden Regelungen einer berufsqualifizierenden Bachelorausbildung unterzieht, darf nach ihrer Durchführung vor der Aufnahme des angestrebten Berufs allenfalls dann vor zusätzliche Hürden gestellt werden, wenn sich diese zu Beginn der Ausbildung klar abzeichnen.
22 
Die Beklagte kann auch nicht mit ihrer Argumentation durchdringen, dass die dreijährige Bachelorausbildung jedenfalls deshalb nicht zum Abschluss einer Ausbildung nach § 1 ArchG führen könne, weil in derartigen Ausbildungsgängen deutlich weniger als bei der vierjährigen Ausbildung in den Bereichen „Entwurf“ und „wirtschaftliche Planung“ unterrichtet und vermittelt werde. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass § 1 ArchG kein quantitatives Mindestmaß an Ausbildungsanforderungen regelt. Vielmehr ist nach § 1 Abs. 1 ArchG Berufsaufgabe des Architekten die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Der vom Kläger absolvierte Studiengang in Architektur vermittelt - wie auch die Beklagte nicht bestreitet - jedenfalls Kenntnisse in den genannten Bereichen. Das wird im Übrigen auch konkret aus dem in den Akten der Beklagten befindlichen Bachelorzeugnis des Klägers deutlich, in dem Leistungsbewertungen u. a. für „Entwerfen und Städtebau“, „Konstruktion und Technik“ sowie „Planungs- und Baumanagement“ enthalten sind.
23 
Soweit die Beklagte mit ihrer genannten Argumentation vortragen will, der Umfang der in einem dreijährigen Bachelorstudium vermittelten Kenntnisse bleibe hinter dem eines vierjährigen Architekturstudiums zurück, bedarf es hierzu keiner weiteren Aufklärung durch das Gericht. Denn selbst wenn dem so sein sollte, käme es im vorliegenden Verfahren hierauf nicht an. Es liegt nämlich im Rahmen der Einschätzungsprärogative und des Entscheidungsspielraums des Landesgesetzgebers, die Berufsqualifikation normativ auch nach dem erfolgreichen Abschluss von Ausbildungen zu bejahen, die einen gegenüber bisherigen Ausbildungsgängen eingeschränkteren Kenntnisumfang vermitteln. Soweit die Beklagte diesen Kenntnisumfang für nicht mehr ausreichend hält, um den beruflichen Anforderungen an einen Architekten zu genügen, bleibt ihr eine solche rechtspolitische Einschätzung unbenommen. Rechtliche Relevanz nach außen erhält diese Position aber erst dann, wenn es gelingt, den Landesgesetzgeber hiervon zu überzeugen und ihn zu veranlassen, normativ Zusatzanforderungen in ihrem Sinn zu regeln.
24 
Im Hinblick darauf, dass der Kläger derzeit noch nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 ArchG erfüllt, aber den Beginn der praktischen Tätigkeit nach § 5 Abs. 2 ArchG schriftlich angezeigt hat, hat er einen Anspruch auf Eintragung als „Architekt im Praktikum“ (vgl. § 2 Abs. 1, Abs. 2 ArchG i. V. m. § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 7 Architekteneintragungsverordnung vom 13.07.1999, GBl. S. 350).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
26 
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
27 
Beschluss vom 07. Mai 2009
28 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) auf 15.000,- EUR festgesetzt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 07. Mai 2009 - 4 K 3280/08

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Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auf 5.700.- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Für den Rechtsstreit um den Antrag der Antragstellerin, „dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Antragstellerin vorläufig in den mittleren Polizeivollzugsdienst zum Frühjahr 2009 gem. § 15 ff. LVO Pol. bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache einzustellen“, ist das angerufene Verwaltungsgericht Stuttgart örtlich zuständig . Denn für Klagen (und damit auch Eilverfahren), die sich auf die Entstehung eines Beamtenverhältnisses richten, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Antragstellerin ihren dienstlichen oder in Ermangelung dessen ihren privaten Wohnsitz hat (§ 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO). Eine Einstellungsbewerberin hat noch keinen dienstlichen Wohnsitz (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2008 - 4 S 2332/08 - ), so dass es auf den privaten Wohnsitz der Antragstellerin ankommt. Dieser richtet sich nach § 7 ff. BGB. Zwar hat die Antragstellerin zwei melderechtliche Wohnsitze in L. und in W. Doch nach ihren glaubhaften Angaben im Schriftsatz vom 16.2.2009 ist ihr Lebensschwerpunkt nach wie vor in L., da sie in der Wohnung in W. allenfalls einmal wöchentlich nächtigt. Somit kann noch nicht von einem Doppelwohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 2 BGB gesprochen werden, da dieser eine Gleichwertigkeit beider Wohnsitze erfordert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.6.2005, NVwZ-RR 2006, 203). Mithin ist L. Wohnsitz der Antragstellerin im Sinne von § 7 BGB und § 52 Abs. 4 Satz 1 VwGO; L. liegt im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Stuttgart.
Allerdings bedarf der Antrag der Antragstellerin einer Auslegung , da er in der gestellten Form wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig wäre. Denn eine auf die vorläufige Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf gerichtete einstweilige Anordnung beinhaltet eine Vorwegnahme auf Hauptsache (so auch OVG NRW, Beschl. v. 9.1.2008, IÖD 2008, 146), weil eine Einstellung einer Ernennung bedarf (vgl. § 9 Nr. 1 LBG) und eine dazu erforderliche Urkunde (§ 12 Abs. 1 Satz 1 LBG) nicht nur vorläufig ausgehändigt werden kann. Die Kammer erachtet auch die Verpflichtung zur Freihaltung eines Ausbildungsplatzes für die Antragstellerin (so OVG NRW, Beschl. v. 4.12.2008 - 6 B 1520/08 - ) nicht als sinnvollen Antragsinhalt, da dieser Antrag dazu führen könnte, dass die Antragstellerin mitten in das Ausbildungsprogramm mit dann uneinholbaren Rückständen gegenüber den anderen Anwärterinnen und Anwärtern einsteigen müsste. Grundsätzlich wäre es rechtlich möglich, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig am Ausbildungsprogramm teilnehmen zu lassen. Dem steht jedoch im vorliegenden Fall entgegen, dass die Antragstellerin (möglicherweise durch das Verhalten des Antragsgegners bedingt) medizinische Auflagen noch nicht erfüllt hat, so dass schon aus gesundheitlichen Gründen derzeit kein Anspruch auf Teilnahme am Ausbildungsprogramm besteht. Somit bleibt als zulässiger Antrag nur, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur zügigen Fortsetzung des Bewerbungsverfahrens der Antragstellerin vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu verpflichten.
So ausgelegt ist der Antrag zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt nämlich voraus, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Antragstellerin ist es jedoch nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Denn weder hat sie eine Einstellungszusicherung erhalten (dazu 1.), noch ist derzeit hinreichend glaubhaft, dass der Abbruch ihres Bewerbungsverfahrens rechtsfehlerhaft war (dazu 2.).
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin stellt das Schreiben des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 9.9.2008 keine Einstellungszusicherung dar (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). Denn eine Zusicherung setzt einen erkennbaren unbedingten Bindungswillen der erklärenden Behörde voraus (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 26.9.1996, BVerwGE, 102, 81). Und selbst ein Laie vermag unschwer zu erkennen, dass das Schreiben vom 9.9.2008 zwar mit einer „direkten Zusage für eine Einstellung“ beginnt, schon im folgenden Satz aber einen umfassenden Vorbehalt formuliert („dass keine Hinderungsgründe [z. Bsp. Krankheit, Strafverfahren usw.] entgegenstehen“).
2. Es ist derzeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner durch den Abbruch des Bewerbungsverfahrens der Antragstellerin rechtsfehlerhaft gehandelt hat.
Die von ihr angestrebte zügige Fortführung des Bewerbungsverfahrens zielt im Ergebnis auf die Ernennung der Antragstellerin zur Polizeianwärterin und damit zur Beamtin auf Widerruf (§§ 7 Abs. 1 Nr. 4a, 9 Nr. 1 LBG) ab. Die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers liegt im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung , Befähigung und fachlicher Leistung (§ 11 LBG) ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2008, a.a.O.). Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist bei einer Auswahlentscheidung überlassen, welchen Umständen er das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den verfassungsrechtlichen Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1983, BVerwGE 68, 109).
Bricht der Dienstherr ein Auswahlverfahren wegen Zweifeln an der - hier charakterlichen - Eignung einer Bewerberin ab und gibt anderen den Vorzug, ist der Maßstab zur Bewertung dieser Handlung ein völlig anderer, als wenn bei einem bereits eingestellten Beamten auf Widerruf oder Probe dessen Eignung mit dem Ziel verneint werden soll, ihn aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder auf Probe zu entlassen. Dann gelten erheblich strengere Maßstäbe (so auch OVG NRW, Beschl. v. 4.12.2008, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist stattdessen aus einer Vielzahl von Bewerberinnen und Bewerber um die Anwärterplätze (ca. 1.500 Bewerber auf 252 Plätze) eine Auswahl zu treffen. In dieser Konstellation genügen zur Ablehnung der Einstellung einer Bewerberin bzw. ihres Aufrückens in die nächste Auswahlverfahrensstufe bereits berechtigte und belegbare Zweifel des Dienstherrn daran, ob die Beamtin jedenfalls in ähnlicher Weise wie eine Vielzahl anderer Bewerberinnen und Bewerber geeignet ist .
Vor diesem Hintergrund ist es der Antragstellerin nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung, wie sie bei einer Vielzahl anderer Bewerberinnen und Bewerber bislang nicht bekannt sind, bei ihr zu Unrecht angenommen werden. Dem Bereitschaftspolizeipräsidium wurden nämlich anonym Auszüge aus einem Internet-Forum mit über einer Million Nutzern zugeleitet. Dort hatte sich die Antragstellerin noch während des Auswahlverfahrens einerseits als Polizeimeisteranwärterin bezeichnet (wobei streitig ist, ob einschränkende Zusätze: „ab…“ vorhanden waren), andererseits Fotos eingestellt gehabt, die jedenfalls wie „Table-Dancing“ vor Publikum wirkten. Die Antragstellerin bringt dazu vor, abgesehen davon, dass diese Fotos inzwischen gelöscht seien, habe sie nur in der C.-Bar bedient und in Stiefeln und Bikini zum Amüsement der z.T. auch jugendlichen Gäste getanzt.
Gleichwohl darf der Antragsgegner derzeit voraussichtlich schon deswegen Zweifel an der charakterlichen Eignung der Antragstellerin haben, weil ein Ermittlungsverfahren gegen sie wegen des Verdachts des Missbrauchs von Dienstbezeichnungen (§ 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB) anhängig ist. Zwar wurde dieses Verfahren durch eine Anzeige des Bereitschaftspolizeipräsidiums eingeleitet, so dass es einer kritischen Würdigung bedarf. Doch dürfte die Einleitung jedenfalls im Hinblick auf den objektiven Tatbestand dieses Vergehens nicht abwegig sein. Das gilt ungeachtet dessen, dass Rechtsprechung und Literatur nahezu einhellig der Ansicht sind, dieser umfasse nicht jede Äußerung gegenüber Dritten. Doch jedenfalls das Abwarten der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erscheint geboten.
10 
Unabhängig davon dürften sich Zweifel an der charakterlichen Eignung der Antragstellerin jedenfalls auf die für viele Internetnutzer einsehbare Verknüpfung zwischen einer (auch nur künftigen) Tätigkeit bei der Polizei und ihren Aktivitäten als „Table-Dancerin“ oder Ähnliches stützen lassen. Denn diese Verknüpfung lässt es jedenfalls nicht ausschließen, dass sich die Antragstellerin durch die Angabe der (künftigen) Berufstätigkeit einen stärkeren Zulauf bei ihrem Job als Kellnerin versprochen hat, worin ein merkwürdiges Verständnis des Verhältnisses von Beamtenstatus zu etwaigen Nebentätigkeiten liegen dürfte.
11 
Nachdem die Antragstellerin unterliegt, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO).
12 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und ist nach der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin bemessen. Nach Ziffer 10.1. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist diese bei Klagen auf Einstellung in ein Anwärterverhältnis mit dem 6,5-fachen des Anwärtergrundbetrags zu bemessen. Eine Halbierung im Eilverfahren hat hier deswegen zu unterbleiben, weil der Antrag der Antragstellerin auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet war.

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2004 - 7 K 3172/02 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 4.380,43 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Beklagten genannten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen  oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, bzw. wenn der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Beschluss des Senats vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263). Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000, VBlBW 2000, 392). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten dürfte das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt haben, dass der Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 d) BVO a.F. nicht greift, weil es sich nicht um eine Rückbeförderung wegen Erkrankung während einer Urlaubs- oder anderen Reise gehandelt hat. Der Begriff der Reise ist in den Beihilfevorschriften nicht ausdrücklich definiert. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter einer Reise die unterschiedliche Zwecke verfolgende Fahrt vom Wohnsitz zu einem entfernten Ort einschließlich einer gewissen Dauer des Fortbleibens (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 16.11.1990 , VersR 1991, 689 ). Die Frage, ob der Kläger zu dem maßgebenden Zeitpunkt einen Wohnsitz im Inland gehabt hat, beurteilt sich nach § 7 BGB. Nach dessen Absatz 1 begründet eine Person einen Wohnsitz an einem Ort, an dem sie sich ständig niederlässt. Dies setzt den Willensentschluss, sich an einem bestimmten Ort ständig niederzulassen (Domizilwille), und die Ausführung dieses Entschlusses durch tatsächliche Niederlassung voraus, wobei "sich niederlassen" bedeutet, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse an den betreffenden Ort zu verlegen (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 20.09.2001, LKV 2002, 230). Nach § 7 Abs. 2 BGB kann zwar der Wohnsitz gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Ein weiterer Wohnsitz ist aber nur gegeben, wenn der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse ungefähr gleichmäßig auf die verschiedenen Orte verteilt ist, was auch dann der Fall sein kann, wenn der dauernde, obschon nicht ununterbrochene Aufenthalt in der Weise wechselt, dass von dem jeweiligen Aufenthaltsort aus die gesamten Lebensverhältnisse schwerpunktmäßig bestimmt werden. Eine Person hat aber keinen Wohnsitz an einem Ort, an dem sie sich regelmäßig für kürzere oder längere Zeit aufhält, wenn der Aufenthalt an diesem Ort jeweils nur im Hinblick auf einen eng begrenzten Teil ihrer gesamten Lebensverhältnisse genommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.1985, BVerwGE 71, 309 ff.).
Nach diesen Grundsätzen ist entgegen der Auffassung des Beklagten davon auszugehen, dass der Kläger in Deutschland keinen Wohnsitz mehr im oben genannten Sinne hat. Nach seinen insoweit unwidersprochen gebliebenen Angaben hält er sich in der Regel mehr als elf Monate in Rumänien auf, so dass schon in zeitlicher Hinsicht die Annahme ausscheidet, der Mittel- oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse des Klägers sei ungefähr gleichmäßig auf Rumänien und Deutschland verteilt. Dass der Kläger noch ein Wohnhaus in Deutschland besitzt, dort polizeilich gemeldet ist und sich für einige Wochen im Jahr zu Besuchszwecken im Bundesgebiet aufhält, vermag hieran nichts zu ändern.
Ausgehend hiervon befand sich der Kläger im Zeitpunkt seiner Erkrankung in Rumänien mangels eines Wohnsitzes in Deutschland nicht auf einer Reise, so dass es sich bei den angefallenen Transportkosten - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - auch nicht um Rückbeförderungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 Buchst. d) BVO a.F. handelte.
Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Beklagten, die angefallenen Transportkosten stellten keine unvermeidbaren Fahrtkosten im Sinne des § 13 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 BVO a.F. dar, weil der vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme der Vertrauensärztin des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt vom 25.03.2004 nur zu entnehmen sei, dass die postoperative Versorgung in Rumänien nicht der Maximalversorgung in Deutschland entspreche. Denn unabhängig von der Frage nach einer „Maximalversorgung“ hat die Vertrauensärztin ausdrücklich bestätigt, dass weder das Hermannstädter Kreiskrankenhaus noch die übrigen großen Kliniken in Bukarest oder Klausenburg, die als eventuelle Alternativen zur Verlegung nach Deutschland in Betracht gekommen wären, die Kriterien einer - lediglich - fachgerechten postoperativen Versorgung im konkreten Fall des Klägers erfüllten. Wie das Verwaltungsgericht sieht auch der Senat keinerlei Anlass, an der Richtigkeit dieser Stellungnahme zu zweifeln.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts unterliegt entgegen der Auffassung des Beklagten schließlich auch nicht deswegen ernstlichen Zweifeln, weil bei der Vergleichsberechnung im Sinne des § 13 Abs. 1 BVO a.F. nicht die Kosten eines Rettungsdienstfahrzeuges, sondern die eines Rettungsfluges anzusetzen seien.
Die Regelung des § 13 Abs. 1 BVO a.F. dient nicht dazu, von der Beihilfefähigkeit die Folgen der Tatsache auszunehmen, dass die Behandlung im Ausland notwendig geworden ist, sondern nur dazu, die Kosten insoweit zu mindern, wie sie im Ausland höher entstanden sind, als dies im Inland der Fall gewesen wäre. Man darf sich dabei nicht dadurch irreführen lassen, dass § 13 Abs. 1 BVO a.F. als inländischen Vergleichswert für die Beihilfeberechnung die Kosten vorschreibt, die in der Bundesrepublik Deutschland beim Verbleiben am Wohnort entstanden wären. Das heißt nämlich nicht, der Beamte sei im Beihilferecht so zu stellen, als sei er nicht im Ausland gewesen, sondern zu Hause geblieben. Diese Regelung ist im Gegenteil einzig und allein deshalb notwendig geworden, weil der Wohnort bzw. der Sitz der Beihilfestelle im Bundesgebiet der einzige vertretbare inländische Anknüpfungspunkt zur Gewinnung eines Vergleichswerts ist (vgl. auch Bayer. VGH, Urteil vom 07.12.1987, ZBR 1988, 294; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Anm. 2 zu BhV § 13). Die Krankenbehandlung des Klägers ist im Ausland nötig geworden. Dort musste er mit einem Rettungsflug nach Deutschland transportiert werden. Eine Fahrt mit dem Krankenwagen kam nicht in Betracht. Deshalb können inländische Vergleichswerte nicht die Kosten einer Fahrt mit dem Krankenwagen, sondern nur die Kosten eines Rettungsfluges sein. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats, wonach die im Ausland tatsächlich entstandenen Aufwendungen den Aufwendungen gegenüber gestellt werden, die bei Durchführung der gleichen Leistungen im Inland entstanden wären. Grundlage des Vergleichs ist danach immer die tatsächlich in Anspruch genommene Leistung, die entsprechend beihilferechtlich einzuordnen ist (vgl. Urteil des Senats vom 21.07.2004 - 4 S 2068/02 -).
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Beschluss des Senats vom 05.06.1997 - 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420, m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht. Die vom Beklagten aufgeworfene Frage stellt sich im hier zu entscheidenden Fall nicht, da sich der Kläger - wie dargelegt - nicht auf „einer anderen Reise“ befand und auch nicht an seinem „ausländischen Zweitwohnsitz“ erkrankt ist. Aus den gleichen Gründen kann die grundsätzliche Bedeutung auch nicht auf eine Abweichung von der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vom 03.12.1999 - 10 A 11914/99 - gestützt werden, da es sich im dort entschiedenen Fall ebenfalls um einen Rücktransport von einer „anderen privaten Reise“ handelte. Schließlich rechtfertigt auch der Hinweis auf die, wie der Beklagte vorträgt, divergierende Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vom 21.02.1990 - 2 A 78/90 -  die Zulassung der Berufung wegen Grundsätzlichkeit nicht. Das folgt schon daraus, dass sich die Beihilfefähigkeit von Beförderungskosten auch bei Erkrankungen im Ausland jedenfalls nach den baden-württembergischen Beihilfevorschriften aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F., der u.a. auf § 6 BVO a.F. verweist, nach dessen Abs. 1 Nr. 9 Fahrt- und Transportkosten grundsätzlich beihilfefähig sind).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 3 GKG n.F.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch das nächsthöhere Gericht bestimmt,

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist,
2.
wenn es wegen der Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist,
3.
wenn der Gerichtsstand sich nach § 52 richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen,
4.
wenn verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben,
5.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 52 nicht gegeben ist, bestimmt das Bundesverwaltungsgericht das zuständige Gericht.

(3) Jeder am Rechtsstreit Beteiligte und jedes mit dem Rechtsstreit befaßte Gericht kann das im Rechtszug höhere Gericht oder das Bundesverwaltungsgericht anrufen. Das angerufene Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auf 5.700.- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Für den Rechtsstreit um den Antrag der Antragstellerin, „dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Antragstellerin vorläufig in den mittleren Polizeivollzugsdienst zum Frühjahr 2009 gem. § 15 ff. LVO Pol. bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache einzustellen“, ist das angerufene Verwaltungsgericht Stuttgart örtlich zuständig . Denn für Klagen (und damit auch Eilverfahren), die sich auf die Entstehung eines Beamtenverhältnisses richten, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Antragstellerin ihren dienstlichen oder in Ermangelung dessen ihren privaten Wohnsitz hat (§ 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO). Eine Einstellungsbewerberin hat noch keinen dienstlichen Wohnsitz (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2008 - 4 S 2332/08 - ), so dass es auf den privaten Wohnsitz der Antragstellerin ankommt. Dieser richtet sich nach § 7 ff. BGB. Zwar hat die Antragstellerin zwei melderechtliche Wohnsitze in L. und in W. Doch nach ihren glaubhaften Angaben im Schriftsatz vom 16.2.2009 ist ihr Lebensschwerpunkt nach wie vor in L., da sie in der Wohnung in W. allenfalls einmal wöchentlich nächtigt. Somit kann noch nicht von einem Doppelwohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 2 BGB gesprochen werden, da dieser eine Gleichwertigkeit beider Wohnsitze erfordert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.6.2005, NVwZ-RR 2006, 203). Mithin ist L. Wohnsitz der Antragstellerin im Sinne von § 7 BGB und § 52 Abs. 4 Satz 1 VwGO; L. liegt im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Stuttgart.
Allerdings bedarf der Antrag der Antragstellerin einer Auslegung , da er in der gestellten Form wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig wäre. Denn eine auf die vorläufige Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf gerichtete einstweilige Anordnung beinhaltet eine Vorwegnahme auf Hauptsache (so auch OVG NRW, Beschl. v. 9.1.2008, IÖD 2008, 146), weil eine Einstellung einer Ernennung bedarf (vgl. § 9 Nr. 1 LBG) und eine dazu erforderliche Urkunde (§ 12 Abs. 1 Satz 1 LBG) nicht nur vorläufig ausgehändigt werden kann. Die Kammer erachtet auch die Verpflichtung zur Freihaltung eines Ausbildungsplatzes für die Antragstellerin (so OVG NRW, Beschl. v. 4.12.2008 - 6 B 1520/08 - ) nicht als sinnvollen Antragsinhalt, da dieser Antrag dazu führen könnte, dass die Antragstellerin mitten in das Ausbildungsprogramm mit dann uneinholbaren Rückständen gegenüber den anderen Anwärterinnen und Anwärtern einsteigen müsste. Grundsätzlich wäre es rechtlich möglich, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig am Ausbildungsprogramm teilnehmen zu lassen. Dem steht jedoch im vorliegenden Fall entgegen, dass die Antragstellerin (möglicherweise durch das Verhalten des Antragsgegners bedingt) medizinische Auflagen noch nicht erfüllt hat, so dass schon aus gesundheitlichen Gründen derzeit kein Anspruch auf Teilnahme am Ausbildungsprogramm besteht. Somit bleibt als zulässiger Antrag nur, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur zügigen Fortsetzung des Bewerbungsverfahrens der Antragstellerin vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu verpflichten.
So ausgelegt ist der Antrag zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt nämlich voraus, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Antragstellerin ist es jedoch nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Denn weder hat sie eine Einstellungszusicherung erhalten (dazu 1.), noch ist derzeit hinreichend glaubhaft, dass der Abbruch ihres Bewerbungsverfahrens rechtsfehlerhaft war (dazu 2.).
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin stellt das Schreiben des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 9.9.2008 keine Einstellungszusicherung dar (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). Denn eine Zusicherung setzt einen erkennbaren unbedingten Bindungswillen der erklärenden Behörde voraus (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 26.9.1996, BVerwGE, 102, 81). Und selbst ein Laie vermag unschwer zu erkennen, dass das Schreiben vom 9.9.2008 zwar mit einer „direkten Zusage für eine Einstellung“ beginnt, schon im folgenden Satz aber einen umfassenden Vorbehalt formuliert („dass keine Hinderungsgründe [z. Bsp. Krankheit, Strafverfahren usw.] entgegenstehen“).
2. Es ist derzeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner durch den Abbruch des Bewerbungsverfahrens der Antragstellerin rechtsfehlerhaft gehandelt hat.
Die von ihr angestrebte zügige Fortführung des Bewerbungsverfahrens zielt im Ergebnis auf die Ernennung der Antragstellerin zur Polizeianwärterin und damit zur Beamtin auf Widerruf (§§ 7 Abs. 1 Nr. 4a, 9 Nr. 1 LBG) ab. Die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers liegt im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung , Befähigung und fachlicher Leistung (§ 11 LBG) ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2008, a.a.O.). Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist bei einer Auswahlentscheidung überlassen, welchen Umständen er das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den verfassungsrechtlichen Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1983, BVerwGE 68, 109).
Bricht der Dienstherr ein Auswahlverfahren wegen Zweifeln an der - hier charakterlichen - Eignung einer Bewerberin ab und gibt anderen den Vorzug, ist der Maßstab zur Bewertung dieser Handlung ein völlig anderer, als wenn bei einem bereits eingestellten Beamten auf Widerruf oder Probe dessen Eignung mit dem Ziel verneint werden soll, ihn aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder auf Probe zu entlassen. Dann gelten erheblich strengere Maßstäbe (so auch OVG NRW, Beschl. v. 4.12.2008, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist stattdessen aus einer Vielzahl von Bewerberinnen und Bewerber um die Anwärterplätze (ca. 1.500 Bewerber auf 252 Plätze) eine Auswahl zu treffen. In dieser Konstellation genügen zur Ablehnung der Einstellung einer Bewerberin bzw. ihres Aufrückens in die nächste Auswahlverfahrensstufe bereits berechtigte und belegbare Zweifel des Dienstherrn daran, ob die Beamtin jedenfalls in ähnlicher Weise wie eine Vielzahl anderer Bewerberinnen und Bewerber geeignet ist .
Vor diesem Hintergrund ist es der Antragstellerin nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung, wie sie bei einer Vielzahl anderer Bewerberinnen und Bewerber bislang nicht bekannt sind, bei ihr zu Unrecht angenommen werden. Dem Bereitschaftspolizeipräsidium wurden nämlich anonym Auszüge aus einem Internet-Forum mit über einer Million Nutzern zugeleitet. Dort hatte sich die Antragstellerin noch während des Auswahlverfahrens einerseits als Polizeimeisteranwärterin bezeichnet (wobei streitig ist, ob einschränkende Zusätze: „ab…“ vorhanden waren), andererseits Fotos eingestellt gehabt, die jedenfalls wie „Table-Dancing“ vor Publikum wirkten. Die Antragstellerin bringt dazu vor, abgesehen davon, dass diese Fotos inzwischen gelöscht seien, habe sie nur in der C.-Bar bedient und in Stiefeln und Bikini zum Amüsement der z.T. auch jugendlichen Gäste getanzt.
Gleichwohl darf der Antragsgegner derzeit voraussichtlich schon deswegen Zweifel an der charakterlichen Eignung der Antragstellerin haben, weil ein Ermittlungsverfahren gegen sie wegen des Verdachts des Missbrauchs von Dienstbezeichnungen (§ 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB) anhängig ist. Zwar wurde dieses Verfahren durch eine Anzeige des Bereitschaftspolizeipräsidiums eingeleitet, so dass es einer kritischen Würdigung bedarf. Doch dürfte die Einleitung jedenfalls im Hinblick auf den objektiven Tatbestand dieses Vergehens nicht abwegig sein. Das gilt ungeachtet dessen, dass Rechtsprechung und Literatur nahezu einhellig der Ansicht sind, dieser umfasse nicht jede Äußerung gegenüber Dritten. Doch jedenfalls das Abwarten der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erscheint geboten.
10 
Unabhängig davon dürften sich Zweifel an der charakterlichen Eignung der Antragstellerin jedenfalls auf die für viele Internetnutzer einsehbare Verknüpfung zwischen einer (auch nur künftigen) Tätigkeit bei der Polizei und ihren Aktivitäten als „Table-Dancerin“ oder Ähnliches stützen lassen. Denn diese Verknüpfung lässt es jedenfalls nicht ausschließen, dass sich die Antragstellerin durch die Angabe der (künftigen) Berufstätigkeit einen stärkeren Zulauf bei ihrem Job als Kellnerin versprochen hat, worin ein merkwürdiges Verständnis des Verhältnisses von Beamtenstatus zu etwaigen Nebentätigkeiten liegen dürfte.
11 
Nachdem die Antragstellerin unterliegt, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO).
12 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und ist nach der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin bemessen. Nach Ziffer 10.1. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist diese bei Klagen auf Einstellung in ein Anwärterverhältnis mit dem 6,5-fachen des Anwärtergrundbetrags zu bemessen. Eine Halbierung im Eilverfahren hat hier deswegen zu unterbleiben, weil der Antrag der Antragstellerin auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet war.

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2004 - 7 K 3172/02 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 4.380,43 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Beklagten genannten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen  oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, bzw. wenn der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Beschluss des Senats vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263). Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000, VBlBW 2000, 392). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten dürfte das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt haben, dass der Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 d) BVO a.F. nicht greift, weil es sich nicht um eine Rückbeförderung wegen Erkrankung während einer Urlaubs- oder anderen Reise gehandelt hat. Der Begriff der Reise ist in den Beihilfevorschriften nicht ausdrücklich definiert. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter einer Reise die unterschiedliche Zwecke verfolgende Fahrt vom Wohnsitz zu einem entfernten Ort einschließlich einer gewissen Dauer des Fortbleibens (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 16.11.1990 , VersR 1991, 689 ). Die Frage, ob der Kläger zu dem maßgebenden Zeitpunkt einen Wohnsitz im Inland gehabt hat, beurteilt sich nach § 7 BGB. Nach dessen Absatz 1 begründet eine Person einen Wohnsitz an einem Ort, an dem sie sich ständig niederlässt. Dies setzt den Willensentschluss, sich an einem bestimmten Ort ständig niederzulassen (Domizilwille), und die Ausführung dieses Entschlusses durch tatsächliche Niederlassung voraus, wobei "sich niederlassen" bedeutet, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse an den betreffenden Ort zu verlegen (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 20.09.2001, LKV 2002, 230). Nach § 7 Abs. 2 BGB kann zwar der Wohnsitz gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. Ein weiterer Wohnsitz ist aber nur gegeben, wenn der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse ungefähr gleichmäßig auf die verschiedenen Orte verteilt ist, was auch dann der Fall sein kann, wenn der dauernde, obschon nicht ununterbrochene Aufenthalt in der Weise wechselt, dass von dem jeweiligen Aufenthaltsort aus die gesamten Lebensverhältnisse schwerpunktmäßig bestimmt werden. Eine Person hat aber keinen Wohnsitz an einem Ort, an dem sie sich regelmäßig für kürzere oder längere Zeit aufhält, wenn der Aufenthalt an diesem Ort jeweils nur im Hinblick auf einen eng begrenzten Teil ihrer gesamten Lebensverhältnisse genommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.1985, BVerwGE 71, 309 ff.).
Nach diesen Grundsätzen ist entgegen der Auffassung des Beklagten davon auszugehen, dass der Kläger in Deutschland keinen Wohnsitz mehr im oben genannten Sinne hat. Nach seinen insoweit unwidersprochen gebliebenen Angaben hält er sich in der Regel mehr als elf Monate in Rumänien auf, so dass schon in zeitlicher Hinsicht die Annahme ausscheidet, der Mittel- oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse des Klägers sei ungefähr gleichmäßig auf Rumänien und Deutschland verteilt. Dass der Kläger noch ein Wohnhaus in Deutschland besitzt, dort polizeilich gemeldet ist und sich für einige Wochen im Jahr zu Besuchszwecken im Bundesgebiet aufhält, vermag hieran nichts zu ändern.
Ausgehend hiervon befand sich der Kläger im Zeitpunkt seiner Erkrankung in Rumänien mangels eines Wohnsitzes in Deutschland nicht auf einer Reise, so dass es sich bei den angefallenen Transportkosten - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - auch nicht um Rückbeförderungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 Buchst. d) BVO a.F. handelte.
Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Beklagten, die angefallenen Transportkosten stellten keine unvermeidbaren Fahrtkosten im Sinne des § 13 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 BVO a.F. dar, weil der vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme der Vertrauensärztin des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt vom 25.03.2004 nur zu entnehmen sei, dass die postoperative Versorgung in Rumänien nicht der Maximalversorgung in Deutschland entspreche. Denn unabhängig von der Frage nach einer „Maximalversorgung“ hat die Vertrauensärztin ausdrücklich bestätigt, dass weder das Hermannstädter Kreiskrankenhaus noch die übrigen großen Kliniken in Bukarest oder Klausenburg, die als eventuelle Alternativen zur Verlegung nach Deutschland in Betracht gekommen wären, die Kriterien einer - lediglich - fachgerechten postoperativen Versorgung im konkreten Fall des Klägers erfüllten. Wie das Verwaltungsgericht sieht auch der Senat keinerlei Anlass, an der Richtigkeit dieser Stellungnahme zu zweifeln.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts unterliegt entgegen der Auffassung des Beklagten schließlich auch nicht deswegen ernstlichen Zweifeln, weil bei der Vergleichsberechnung im Sinne des § 13 Abs. 1 BVO a.F. nicht die Kosten eines Rettungsdienstfahrzeuges, sondern die eines Rettungsfluges anzusetzen seien.
Die Regelung des § 13 Abs. 1 BVO a.F. dient nicht dazu, von der Beihilfefähigkeit die Folgen der Tatsache auszunehmen, dass die Behandlung im Ausland notwendig geworden ist, sondern nur dazu, die Kosten insoweit zu mindern, wie sie im Ausland höher entstanden sind, als dies im Inland der Fall gewesen wäre. Man darf sich dabei nicht dadurch irreführen lassen, dass § 13 Abs. 1 BVO a.F. als inländischen Vergleichswert für die Beihilfeberechnung die Kosten vorschreibt, die in der Bundesrepublik Deutschland beim Verbleiben am Wohnort entstanden wären. Das heißt nämlich nicht, der Beamte sei im Beihilferecht so zu stellen, als sei er nicht im Ausland gewesen, sondern zu Hause geblieben. Diese Regelung ist im Gegenteil einzig und allein deshalb notwendig geworden, weil der Wohnort bzw. der Sitz der Beihilfestelle im Bundesgebiet der einzige vertretbare inländische Anknüpfungspunkt zur Gewinnung eines Vergleichswerts ist (vgl. auch Bayer. VGH, Urteil vom 07.12.1987, ZBR 1988, 294; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Anm. 2 zu BhV § 13). Die Krankenbehandlung des Klägers ist im Ausland nötig geworden. Dort musste er mit einem Rettungsflug nach Deutschland transportiert werden. Eine Fahrt mit dem Krankenwagen kam nicht in Betracht. Deshalb können inländische Vergleichswerte nicht die Kosten einer Fahrt mit dem Krankenwagen, sondern nur die Kosten eines Rettungsfluges sein. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats, wonach die im Ausland tatsächlich entstandenen Aufwendungen den Aufwendungen gegenüber gestellt werden, die bei Durchführung der gleichen Leistungen im Inland entstanden wären. Grundlage des Vergleichs ist danach immer die tatsächlich in Anspruch genommene Leistung, die entsprechend beihilferechtlich einzuordnen ist (vgl. Urteil des Senats vom 21.07.2004 - 4 S 2068/02 -).
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Beschluss des Senats vom 05.06.1997 - 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420, m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht. Die vom Beklagten aufgeworfene Frage stellt sich im hier zu entscheidenden Fall nicht, da sich der Kläger - wie dargelegt - nicht auf „einer anderen Reise“ befand und auch nicht an seinem „ausländischen Zweitwohnsitz“ erkrankt ist. Aus den gleichen Gründen kann die grundsätzliche Bedeutung auch nicht auf eine Abweichung von der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vom 03.12.1999 - 10 A 11914/99 - gestützt werden, da es sich im dort entschiedenen Fall ebenfalls um einen Rücktransport von einer „anderen privaten Reise“ handelte. Schließlich rechtfertigt auch der Hinweis auf die, wie der Beklagte vorträgt, divergierende Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vom 21.02.1990 - 2 A 78/90 -  die Zulassung der Berufung wegen Grundsätzlichkeit nicht. Das folgt schon daraus, dass sich die Beihilfefähigkeit von Beförderungskosten auch bei Erkrankungen im Ausland jedenfalls nach den baden-württembergischen Beihilfevorschriften aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F., der u.a. auf § 6 BVO a.F. verweist, nach dessen Abs. 1 Nr. 9 Fahrt- und Transportkosten grundsätzlich beihilfefähig sind).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 3 GKG n.F.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch das nächsthöhere Gericht bestimmt,

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist,
2.
wenn es wegen der Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist,
3.
wenn der Gerichtsstand sich nach § 52 richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen,
4.
wenn verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben,
5.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 52 nicht gegeben ist, bestimmt das Bundesverwaltungsgericht das zuständige Gericht.

(3) Jeder am Rechtsstreit Beteiligte und jedes mit dem Rechtsstreit befaßte Gericht kann das im Rechtszug höhere Gericht oder das Bundesverwaltungsgericht anrufen. Das angerufene Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.